Eine neue rezessive Erbkrankheit entdeckt

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PRESSEMITTEILUNG
Genf | 17. März 2016
SPERRFRIST: 17. März 2016, 18 Uhr Ortszeit
Eine neue
rezessive
Erbkrankheit
entdeckt
Syndrom, das geistige Behinderung, Epilepsie und
Hypotonie vereint, resultiert
aus Defekt eines einzigen
Gens
Die medizinische Genetik hat es sich zur Aufgabe gemacht, das gesamte menschliche Genom zu sequenzieren und dadurch so viele
genetische Krankheiten wie möglich zu finden. In der Tat hat jede
Genvariante das Potential, spezifische Defekte auszulösen. Sogenannte rezessive Erbkrankheiten treten jedoch nur auf, wenn sowohl
der Vater als auch die Mutter gesunde Träger des geschädigten Gens
sind, welches dann an ihre Kinder vererbt werden kann. Zu dieser Kategorie gehört eine neu entdeckte Krankheit, die eine geistige Behinderung, Epilepsie und niedrigen Blutdruck vereint. Um die Ursache
dieses Syndroms zu finden, haben Wissenschaftler der Universität
Genf (UNIGE) das Genom von Familien sequenziert, die von diesen
Symptomen betroffen sind und dabei das verantwortliche Gen entdeckt: PIGG. In Zusammenarbeit mit japanischen Forschern konnten
sie die entscheidende Rolle dieses Gens bei der Entstehung der Krankheit bestätigen, was den Weg zu spezialisierter Diagnostik und Vorbeugung ebnen kann. Die Studie ist nun im Fachjournal The American
Journal of Human Genetics erschienen.
Das menschliche Genom besteht aus etwa 20 000 Genen. Aktuell
werden rund 3200 davon als krankheitsverursachend eingestuft,
darunter 1700, die verantwortlich für rezessive Erbkrankheiten gelten. Bei dem Versuch, die Ursache für eine geistige Behinderung zu
finden, die von Hypotonie und epileptischen Anfällen begleitet wird,
hat sich Perikilis Makrythanasis, Erstautor der Studie und Forscher
in der Abteilung für genetische Medizin und Entwicklung der medizinischen Fakultät der UNIGE, auf blutsverwandte Familien konzentriert, in denen dieses Syndrom vorkommt. Warum blutsverwandt?
„Weil die Wahrscheinlichkeit für eine rezessive Erbkrankheit in diesem Fall höher ist, da Vater und Mutter die gleiche defekte Erbanlage
in sich tragen. Unsere Chancen, das verantwortliche Gen zu finden,
steigen also dadurch, Betroffene aus blutsverwandten Familien zu
untersuchen“, erklärt Makrythanasis. Gleichwohl betrifft diese Krankheit nicht nur inzüchtige Gruppen, diese sind einfach einem höheren Risiko ausgesetzt.
Die Forscher der UNIGE haben sich besonders für Familien interessiert, in denen mehrere Mitglieder alle drei Symptome aufweisen.
Durch Gensequenzierung konnten sie ein Gen ausmachen, das für
diese geistige Behinderung verantwortlich ist. Dieses PIGG genannte
Gen ist ein wichtiges Glied in der Produktionskette von Proteinen. Es
hat die Aufgabe, ein Enzyme zu kodieren, welches die Modifikation
anderer Proteine ausführt. Ist PIGG funktionsgestört, hindert es die
Proteine daran, ebenfalls normal zu funktionieren und verursacht so
die geistige Behinderung, Epilepsie und Hypotonie.
Einmal gefunden, musste das Forscherteam bestätigen, dass PIGG
wirklich das krankheitsverursachende Gen ist. „Daher haben wir
PIGG in einer internationalen Datenbank namens Matchmaker registriert, um herauszufinden, ob andere Wissenschaftler ebenfalls eine
Beteiligung dieses Gens bei Patienten mit den gleichen Symptomen
gefunden haben. Japanische und britische Wissenschaftler konnten
dies bestätigen, ein Glücksfall für unsere Forschung!“, sagt Stylianos
Antonarakis, in dessen Labor die Studie durchgeführt wurde.
In Zusammenarbeit mit japanischen Kollegen der Universität Osaka
unter der Führung von Professor Yoshiko Murakami, Letzautorin der
Studie, untersuchten die Wissenschaftler das Gen biochemisch in in
vitro Experimenten, was schliesslich seine Rolle als Krankheitsverursacher bestätigte.
Für die Erforschung und Vorbeugung von rezessiven Erbkrankheiten
spielt diese Entdeckung eine wichtige Rolle. In der Tat können potentielle Schädigungen des PIGG Gens durch die Sequenzierung sowohl
bei Patienten aus blutsverwandten als auch allen anderen Familien
aufgedeckt werden. Eine solche Analyse kann bereits pränatal durchgeführt werden. „Die personalisierte genetische Diagnostik ermöglicht, dass diese Krankheit bei anderen Personen mit den gleichen
Symptomen feststellbar sein wird. Diese Resultate eröffnen uns ausserdem den Weg zu zukünftigen Therapien. Um ein Problem zu lösen,
muss man erst einmal die Ursache dafür finden, und das ist uns bei
dieser Krankheit gelungen“, fasst Periklis Makrythanasis zusammen.
Kontakt
Periklis Makrythanasis
+ 41 22 379 51 12
[email protected]
UNIVERSITÉ DE GENÈVE
Service de communication
24 rue du Général-Dufour
CH-1211 Genève 4
Tél. 022 379 77 17
[email protected]
www.unige.ch
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