DISSIPATION IN DER LICHT-ATOM WECHSELWIRKUNG

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DISSIPATION IN DER LICHT-ATOM
WECHSELWIRKUNG
Realisierung und Anwendung
der Laserkühlung von Atomen
Hanspeter Helm1
Wahlpflichtfach II, Vorlesung WS06/07
m=-1
40
0µ
m=0
m=+1
m
11. Oktober 2006
1 http://frhewww.physik.uni-freiburg.de
[email protected]
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Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Geschichte der mechanischen Lichtkraft . . . . . . . . . . . . . . .
3
6
2 Mechanische Kräfte des Lichtes
2.1 Lichtdruck (Spontankraft) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.2 Gradientenkraft (Dipolkraft) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.3 Impuls des Photons . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
9
10
14
16
3 Optische Melasse
3.1 Strahlungsdruck ebener Wellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.2 Reibung in optischer Melasse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.3 Diffusion in optischer Melasse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
17
21
21
23
4 Magneto-optische Falle
27
5 Kopplung zweier Zustände
5.1 Zeitunabhängiger Fall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5.2 Zweiniveausystem im Feld einer Mode . . . . . . . . . . . . . . . .
5.3 Spontane Emission . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
33
33
35
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6 Dressed States
6.1 Ungekoppelte Atom-Laser Zustände . . . . . . . . . . . . . . . . .
6.2 Atom-Laser Kopplung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
6.3 Effekt der spontanen Emission . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
41
41
42
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7 Dipolkraft
7.1 Hamiltonian bekleideter Zustände
7.2 Mollow Triplett . . . . . . . . . .
7.3 Mittlere Dipolkraft . . . . . . . .
7.4 Dissipative Beiträge . . . . . . . .
7.5 Bewegung in einer Stehwelle . . .
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48
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53
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I
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II
INHALTSVERZEICHNIS
8 Oszillator Modell für Dipolkraft
8.1 Atomare Polarisierbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
8.2 Dipolpotential und Streurate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
65
66
66
9 Polarisations-Gradienten
9.1 Zeitskalen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
69
70
10 Polarisationsgradienten mit lin⊥lin Polarisation
10.1 Sisyphus Effekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
10.2 Größenordnung der Reibung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
10.3 Semiklassische Berechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
73
76
77
79
11 Orientierungskühlen
11.1 Gleichgewicht für ruhendes Atom
11.2 Zustand des bewegten Atoms . .
11.3 Kopplung im bewegten System .
11.4 Bewegungsinduzierte Orientierung
11.5 Lichtdruck bei Orientierung . . .
11.6 Energiedissipation . . . . . . . . .
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12 VSCPT
12.1 Dunkelzustände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
12.2 Optisches Pumpen im Geschwindigkeitsraum
12.3 Impuls-Familien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
12.4 Atomare Kopplung durch Bewegung . . . . . . . . .
12.5 Zerfall auf Grund spontaner Emission . . . . . . . . .
12.6 Spontaner Transfer zwischen Familien . . . . . . . . .
12.7 Impulsverteilung im Dunkelzustand . . . . . . . . . .
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13 Seitenbandkühlen
101
13.1 Lamb-Dicke-Effekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102
13.2 Dunkelzustandskühlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105
14 Verdampfungskühlung
14.1 Bose-Einstein Kondensation . . . . . .
14.2 Atom-Atom Wechselwirkungen . . . .
14.3 Stöße kalter Atome . . . . . . . . . . .
14.4 Streulänge und Molekularfeldnäherung
14.5 Magnetischer Einschluss . . . . . . . .
14.6 Verdampfungskühlung . . . . . . . . .
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INHALTSVERZEICHNIS
A Dichtematrix für ein Zweiniveau-System
A.1 Liouville-Gleichung . . . . . . . . . . . .
A.2 Spontane Emission . . . . . . . . . . . .
A.3 Anwendung auf ein Zweiniveausystem . .
A.4 Ergebnisse für den stationären Fall . . .
A.5 Spontankraft . . . . . . . . . . . . . . .
A.6 Suszeptibilität . . . . . . . . . . . . . . .
A.7 Dipolkraft . . . . . . . . . . . . . . . . .
1
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127
129
B Bloch Vektor
131
ANHANG
121
C Kohärenz Phänomene
C.1 Hanle Effekt . . . . . . . . . . . . . . . . .
C.2 Dunkelzustände . . . . . . . . . . . . . . .
C.3 Elektromagnetisch induzierte Transparenz
C.4 Brechungsindex-Kontrolle . . . . . . . . .
133
133
135
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D Clebsch-Gordan Koeffizienten
145
E Drehung der Basis
149
F Diagnostik von Bose-Einstein Kondensaten
153
G Landau-Zener Übergangswahrscheinlichkeit
157
H Partialwellenstreuung
159
I
163
Atom-Interferometrie
LITERATURVERZEICHNIS
167
2
Einleitung
Kapitel 1
Einleitung
Wenn wir ein Blatt Papier in die Hand nehmen, dann nähern sich unsere Finger dem Papier auf jeder Seite bis auf atomare Dimensionen. Die Elektronen auf
der Oberfläche unserer Finger und die im Papier stoßen sich ab und die dabei
entstehende Ladungsverschiebung erzeugt ein elektrisches Feld, das stark genug
ist, das Papier zwischen den Fingern einzuquetschen. Damit entsteht der mechanische Halt und die Reibung die notwendig sind um makroskopische Objekte zu
bewegen. Ursache dafür sind elektrische Kräfte, die bei Abständen im Bereich
atomarer Dimensionen auftreten.[1]
Neutrale Objekte werden traditionell “mechanisch“ bewegt.
Viel schwieriger ist es neutrale Objekte, die atomar klein sind, also einzelne Atome
und Moleküle zu manipulieren. Bei geladenen Teilchen ist das noch relativ leicht,
da man mit elektrischen und magnetischen Feldern ihre Bewegung kontrollieren
kann.
In den letzten 30 Jahren ist es aber möglich geworden, Atome und mikroskopisch kleine, neutrale Teilchen mit Lichtkräften zu führen. Und zwar mit erstaunlicher Genauigkeit und Leichtigkeit. Der Hauptunterschied zur mechanischen Manipulation ist, dass man damit neutrale Teilchen ohne den konventionellen physikalischen Kontakt bewegen kann (trotzdem bleibt uns für den Kontakt nur“ die
”
elektromagnetische Wechselwirkung). Wesentlich für die Kontrolle der externen
Freiheitsgrade neutraler Teilchen sind dabei
• der Impulsübertrag, der mit der Absorption und Emission von Photonen
verbunden ist, und
• die gezielte Wahl der physikalischen Parameter, sodass in der Licht-AtomWechselwirkung dissipative Terme (Reibung) auftreten.
Die Geschichte, wie es dazu kam, zeigt das Wechselspiel zwischen Grundlagenforschung auf der einen Seite und der Entwicklung von neuen Technologien, die
3
4
Einleitung
das Potential für neue Anwendungsbereiche zeigen. Die Grundlagenforschung dabei war ursprünglich angetrieben vom Versuch die Unschärfe bei Meßprozessen,
die durch die atomare Bewegung entsteht, zu eliminieren, um genauere spektrale
Messungen an atomaren Systemen durchführen zu können.
Der Doppler-Effekt ist eine der Grenzen, wenn man atomare Übergänge genau
vermessen will. Dabei gilt für die vom Atom gesehene Frequenz, ωA
ωA = ωL − ~k · ~v
(1.1)
wobei ωL die Laborfrequenz des Lasers ist, ~k der Wellenvektor und ~v die atomare
Geschwindigkeit.1 Mit Verstimmung δ bezeichnen wir die Differenz zwischen der
vom Atom gesehenen Frequenz ωA und der atomaren Resonanz ω0
δ = ωA − ω0
(1.2)
Für eine thermische Geschwindigkeitsverteilung führt der Doppler-Effekt zu einer Gauß-Verteilung des Absorptions- bzw. Emissionsprofils. Für N a-Atome bei
300 K ist die Breite der Gauß-Verteilung ∆ω = 2π × 1.7 GHz. Im Vergleich dazu
ist die natürliche Linienbreite in der Größenordnung ∆ω = 2π ×10 M Hz. “Dopplerfreie” Experimente (z.B. Zweiphotonen-Anregung mit gegenläufigen Laserstrahlen) erreichen hohe spektrale Auflösung in dem sie ein Signal liefern das nur
von Atomen herrührt, die keine nennenswerte Geschwindigkeitskomponente entlang ~k haben. Damit kann man im Prinzip Auflösung im Bereich der natürlichen
Linienbreite erreichen. Einem solchen Experiment sind letztlich Grenzen durch
die Flugzeitverbreiterung gesetzt: Die Dauer der Meßzeit (∆t) begrenzt die Energieschärfe (∆E) jeder Messung: ∆E · ∆t ≥ h̄. Ein Ziel des Laserkühlens war es,
ein Atom in einer Falle einzusperren, in eine Ruhelage zu bringen, ungestört von
Nachbaratomen, um es lange beobachten zu können.
Bilder einzelner atomarer Ionen wurden um 1980 erstmals von Dehmelt
und Toschek [2] aufgenommen. Sichtbar wird das Atom dabei über Fluoreszenzphotonen. Bilder von einzelnen Atomen gab es schon vorher z.B. im Feldionenmikroskop oder im Tunnelmikroskop. Bei Dehmelt und Toschek war es anders:
ihnen gelang es, ein einzelnes Atom im Vakuum festzuhalten, nahezu in Ruhe,
sodass man mit diesem einzelnen Atom über sehr lange Zeiten (viele Tage!) Untersuchungen machen konnte. Laser-Kühlen machte dieses Experiment möglich.
Die kinetische Energie des Ions wurde hier auf 10−3 K abgesenkt.
Der Ausdruck ~k · ~v kommt
aus der Näherung für die Dopplerverschiebung bei kleinen Gep
schwindigkeiten: ω 0 = ω 1 − β 2 /(1 + βcosθ) (Jackson, Classical Electrodynamics). Dabei ist
β = v/c und θ ist der Winkel zwischen ~k und ~v .
1
Einleitung
5
Warum sollte man versuchen Atome oder geladene Teilchen mit Lasern abzukühlen? Neugierde, aber es gibt auch viele Anwendungen:
• Genaue atomare Uhren basieren auf hochauflösender Spektroskopie. Heutige Technologie am Markt erreichen eine Auflösung von 1 : 1014 , Die Möglichkeit ungestörte Atome frei fallen zu lassen bzw. in einem atomaren Springbrunnen freie Atome am Umkehrpunkt zu beobachten, erlaubt sehr viel
längere Beobachtungszeiten, als sie mit konventionellen thermischen Atomstrahlen erreichbar sind. (Beobachtung eines Atoms, das auf einer Oberfläche liegt, ist wegen der Wechselwirkung mit der Unterlage nicht akzeptabel). Man ist dabei die derzeitigen Rb bzw. Cs Frequenzstandards in
ihrer Ganggenauigkeit um mehrere Größenordnungen zu verbessern, ein
Auflösung im Bereich von 1 : 1018 erscheint jetzt als möglich.2 In naher
Zukunft: wird der an der PTP Braunschweig entwickelte Sr-Standard die
Zeitbasis bilden.
• Rückstoßeffekte bei der Photoionisation, beim Ladungstausch sind erstmals
direkt vermessbar (mögliche Anwendung in Experimenten zur Bestimmung
der Neutrinomasse).
• Nur mit Licht wird man Antimaterie kontrolliert manipulieren und untersuchen können.
• Bose-Einstein Kondensation von schwach miteinander wechselwirkenden
Teilchen (verdünntes, nahezu ideales Gas) wurde damit erreicht.
• Stöße zwischen sehr langsamen Atomen finden auf Zeitskalen statt, die
länger sind als typische Relaxationszeiten des freien Atoms (ultracold collisions). Kontrollierte Stöße erlauben Kontrolle der Molekülbildung.
• Atomoptik: Aus Licht aufgebaute Linsen kann man verwenden um sehr
langsame Atomstrahlen zu fokussieren und kollimieren. Mit geeigneten Lichtfeldern kann man optische Elemente zur Führung von neutralen Teilchen
herstellen: Linsen, Spiegel, Gitter, und Strahlteiler aus Licht. Diese Bauelemente arbeiten nur, wenn man Atome schon vorgekühlt hat, weil sonst
die Kräfte zu klein sind. Glas und sichtbares Licht (konventionelle Optik)
machen dieselbe Physik wie Licht und Atome. Dabei übernimmt das Lichtfeld die Rolle von Glas und Atome die Rolle des Lichtes. Die Brechung von
Atomstrahlen an einer stehenden Lichtwelle gehört heute zum StandardRepertoire der Atomoptiker.
2
Warum braucht man atomare Uhren: Hochauflösende Radioastronomie wird verbessert
durch die Synchronisation der Signale, welche von verschiedenen Radioteleskopen aufgenommen
werden. Ebenso die Synchronisation von schnellen Rechnern, die in der Telekommunikation
eingesetzt werden. Global Positioning (GPS) lebt von der Genauigkeit der Atomuhren.
6
Einleitung
• Architektur im atomaren Bereich (Nanotechnologie) wird durch kontrollierte Führung einzelner Atome mit maßgeschneiderten Lichtfeldern möglich.
• Atominterferometer: So wie Photonen mit sich selbst (und nur mit sich
selbst) interferieren können, können Atome oder auch Moleküle nur mit
sich selbst interferieren. Ansatz ist dabei wie im Falle des Lichtes, dass
sich mindestens zwei Komponenten des atomaren Wellenpaketes räumlich
unterschiedlich entwickeln und später überlagert werden. Die De-BroglieWellenlänge eines gekühlten Atoms (Beispiel Rb bei einer Energie, die der
Photonenrückstoßenergie bei der Resonanzlinie, 780 nm entspricht) ist
λdB =
h
h
= 780 nm
=
p
M vR
(1.3)
Die Rückstoßgeschwindigkeit vR berechnet sich aus h̄ k = M vR . Mit Interferometrie an frei fallenden Atomen gelang 1999 die bisher genaueste
Messung der lokalen Gravitationskraft.3
• Es gibt mehrere Ansätze für Atomgyroskope als verbessertes inertial guiding
system.
• Optische Gitter erlauben die Beobachtung der quantisierten Bewegung von
Atomen in einem periodischen externen Potential. Das externe Potential
erzeugt man z.B. durch geeignete Lichtfelder (stehende Wellen) über die
Lichtverschiebung atomarer Zustandsenergien.
• Manipulation von mikroskopischen Teilchen, einzelnen Proteinen oder Stücken
von DNA mit sogenannten Laserpinzetten ist heute Standardtechnologie in
der Biologie.
1.1
Geschichte der mechanischen Lichtkraft
1619 postuliert Kepler: Lichtdruck bewirkt, dass ein Kometenschweif von der
Sonne wegzeigt.
1873 glaubte Crookes den Strahlungsdruck gefunden zu haben, er hatte das
Radiometer4 erfunden.
1873: Maxwell berechnete die Kraft, die elektromagnetische Wellen infolge der
Absorption bzw. Reflexion auf Materie ausüben. Diese Kraft liegt 5 Größenordnungen unter dem Effekt im Crookeschen Radiometer. Nach Maxwell ist
3
Warum will man wissen, wie g vom Ort abhängt? z.B. Oil exploration, or just for fun.
die Lichtmühle dreht sich entgegengesetzt dem Lichtdruck auf Grund der Erwärmung der
Gasatome in der Umgebung der schwarzen nichtreflektierenden Oberfläche.
4
Einleitung
7
die Lichtkraft, die durch den Strahlungsdruck auf eine Fläche A wirkt
W
(1 + r) = A · w · (1 + r)
(1.4)
c
wobei r das Reflexionsvermögen des Körpers ist. Mit W bezeichnen wir
die pro Zeiteinheit auf die Fläche A auftreffende Energiemenge (Leistung,
W att), mit c die Lichtgeschwindigkeit. Der Druck wirkt in Richtung der
Lichtausbreitung und ist so groß wie die auf die Volumeneinheit bezogene
Strahlungsenergie (w ist die Energiedichte des elektromagnetischen Feldes).
Das Reflexionsvermögen ist r = 0 für einen schwarzen Körper und r =
1 für einen idealen Spiegel. Im Photonenbild kommt die Kraft (1.4) wie
folgt Zustande: Jedes Photon übertragt den Impuls p = h̄ k (1 + r). Die
Strahlungsintensität (W/m2 ) ergibt sich als
F =
N h̄ω
(1.5)
A
wobei A die Fläche ist, N die Anzahl der Photonen, die pro Sekunde auf die
Fläche treffen (Photonenfluss) und h̄ω die Photonenenergie. Die Leistung
ist im Photonenbild
I=
W = I A = N h̄ω
(1.6)
Die Strahlungsdruckkraft auf die Fläche A ist gleich dem Impulsübertrag
pro Sekunde, also
F = N p = N h̄k (1 + r)
(1.7)
Wenn wir für N aus (2.21) einsetzen ergibt sich für den Strahlungsdruck
(mit k = ω/c )
F =
W
W
h̄k (1 + r) =
(1 + r)
h̄ω
c
(1.8)
Sonneneinstrahlung, die senkrecht auf eine 1 m2 große Oberfläche fällt, übt
eine Lichtkraft von 0.4 mg (schwarz) bzw. 0.8 mg (idealer Spiegel) aus.
Maxwell sagte vorher, dass concentriertes elektrisches Licht einen größeren
”
Druck als die Sonnenstrahlung hervorrufen wird, sodass man den Druck mit
einem dünnen Blättchen, das an einem Faden in Vakuum aufgehängt ist,
als mechanischen Effekt beobachten kann.“
1900 Lebedev in Moskau: erste Messungen [3] zur Größe dieser Kraft bestätigten Maxwells Vorhersagen.5 Mit einer Bogenentladung als Lichtquelle bestrahlte er ein Blättchen auf einer empfindliche Drehwaage mit der Leistung
von von 70 mW . Damit sollte sich nach Maxwell ein Strahlungsdruck von
2.3 · 10−10 N ergeben, Lebedev beobachtete (3 ± 0.2) · 10−10 N .
5
Freiburger Glasbläser C. Kramer liefert einen wesentlichen experimentellen Beitrag, indem
er so gute Glasschliffe erzeugt, dass Lebedev das beste Vakuum seiner Zeit erzeugen konnte.
8
1905: Poynting (als Präsident der British Physical Society) kommentierte das
Experiment von Lebedev etwas abfällig: “A very short experience in attempting to measure these light forces is sufficient to make one realize their
extreme minuteness - a minuteness which appears to put them beyond consideration in terrestrial affairs.“
1909: Debye (in seiner Doktorarbeit zum Thema Strahlungsdruck) suchte einen
praktischen Fall für optische Levitation“ (Strahlungsdruck hält der Gra”
vitationskraft die Waage). Er kam zum Schluß, das sehr kleine Teilchen in
Sonnennähe diese Bedingung erfüllen könnten.
1917 Nachdem Einstein das Konzept des Photons eingeführt hatte, zeigte er,
dass die Impulserhaltung ein wichtiger Aspekt des Gleichgewichtes zwischen Strahlung und Materie ist. Ein Photon trägt einen diskreten Wert
der Energie h̄ω und des Impulses p = h̄k.
1925 Compton und Simon und später Bothe und Geiger führen experimentelle
Studien zum Compton-Effekt durch (Rückstoß, den ein einzelnes Elektron
im Stoß mit einem Photon erfährt).
1933 zeigte Otto Frisch in Hamburg an der Ablenkung eines N a Atomstrahls,
dass Atomen durch Photoabsorption Impuls übertragen wird.
Um 1970 wurden diese Experimente wesentlich einfacher, da man Laser,
und damit viel höhere Photonenströme zur Verfügung hatte. Größere Ablenkungen wurden erreicht, da viele Photonen in kurzer Folge absorbiert
werden konnten. Diese Möglichkeit führte bald zu neuen Gedanken: Kann
man eine optische Falle bauen, um mit Lichtkraft Atome einzusperren? Erste Ideen dazu publizierten russische Autoren (Gruppe um Lethokov [4])
und in den Bell Laboratories Ashkin [5].
1970 Ashkin “the forces exerted by a focused beam of laser light are strong
enough to push tiny particles around freely in various mediums. Several
applications based on this finding are proposed “.
Seit dieser Zeit haben sich viele Gruppen mit Laserkühlen und Atomfallen
beschäftigt. Völlig neue Technologien haben sich eröffnet.
1997 Nobelpreis an
Steven Chu, William D. Phillips und Claude Cohen-Tannoudji
“for development of methods to cool and trap atoms with laser light “
2001 Nobelpreis an
Eric A. Cornell, Carl E. Wieman und Wolfgang Ketterle
“for the achievement of Bose-Einstein condensation in dilute gases of alkali
atoms, and for early fundamental studies of the properties of the condensates“
Kapitel 2
Mechanische Kräfte des Lichtes
Den Impulsübertrag eines Photons auf ein Elektron beobachtete Compton 1925
in der Wellenlängenänderung der gestreuten Röntgenstrahlung. Dabei gilt die
Impulserhaltung:
h̄~k + M v~i = h̄~k 0 + M v~f
(2.1)
p = h̄|k| =
h̄ω
c
v
a
mit dem Photonenimpuls
(2.2)
b
v - h k
m
Die Bilder a) und b) zeigen den Fall,
dass ~k antiparallel zu ~vi liegt und
ein Photon vollständig absorbiert
c
wird (resonante Anregung). Wird
das Photon von einem Atom der
Masse M absorbiert, dann ist die
Rückstoßgeschwindigkeit des Atoms
h̄~k
~vR = ~vi − ~vf =
.
(2.3)
M
Liegt der Photonenimpuls antiparallel zur Schwerteilchenbewegung, dann gilt
für die Geschwindigkeitsänderung nach Absorption eines Photons am Beispiel
Natrium ( |k| = 2π/λ wobei λ = 586 nm)
vR = 3 cm/s .
(2.4)
Der Impulsübertrag im sichtbaren Wellenlängenbereich ist also recht klein. Der
Impulsübertrag entspricht einer Temperatur (für Na)
T =
M vR2
≈ 10−6 K .
kB
(2.5)
9
10
Mechanische Kräfte des Lichtes
Bei einer natürlichen Lebensdauer τ = 16 ns beträgt die Lorentzbreite (natürliche
Linienbreite) ∆ω = 2π×10 M Hz. Im Vergleich dazu ist die Rückstoßverschiebung
von der Resonanz bei bei 586 nm:
ωi − ωf = ∆ω = k vR ≈ 2π × 50 kHz .
(2.6)
Geschwindigkeitsänderungen, die bei der Wechselwirkung von sichtbarem Licht
mit Materie auftreten, sind also sehr klein.
Vorschläge den Photonenimpuls zum Kühlen von Atomen auszunutzen wurden ursprünglich 1968 von Lethokov in Moskau [4], und später (1975) von Wineland und Dehmelt in Seattle [6] sowie von Hänsch und Schawlow in
Stanford [7] gemacht. Im Jahre 1985 wurden neutrale Atome damit auf etwa
1 mK abgekühlt (mit einer Laseranordnung die optische Melasse genannt wird).
Diese Erfindung erlaubte letzendlich das Einsperren von Atomen und führte zu
einer Vielzahl von Atomfallen, optische, magnetische und magneto-optische, wie
sie heute in großer Verwendung sind. Später gelang es Temperaturen von 100 µK,
dann 200 nK zu erreichen, die niedrigsten Temperaturen, die je im Labor realisiert wurden.
In einem vereinfachten Ansatz kann man zwei Ursachen für Lichtkräfte identifizieren (bei hoher Intensität und räumlich inhomogener Verteilung der Lichtintensität ist diese Unterscheidung schwierig).
2.1
Lichtdruck (Spontankraft)
Einfach zu verstehen: Lichtdruck entsteht aus dem Impuls, der einem Atom übertragen wird, wenn es ein Photon streut. Die mittlere Streukraft wirkt in Richtung
der einfallenden Photonen und ist proportional dem Produkt des Impulses eines
einzelnen Photons h̄k, mal der Streurate (wie viele spontane Emissionen finden
pro Sekunde statt). Wir definieren die Verstimmung des Lasers relativ zur atomaren Frequenz als
ϑ = ωL − ~k · ~v − ω0 .
(2.7)
Wenn der Laser rotverstimmt ist (ϑ < 0), dann werden auf Grund des DopplerEffektes die auf den Laserstrahl zulaufenden Atome bevorzugt absorbieren und
dabei abgebremst. Damit kann eine Kühlung der Atombewegung erfolgen, da die
spontane Emission isotrop erfolgt, also im Mittel keine gerichtete Kraft durch
die spontane Emission entsteht. Die effektiv vorliegende Kraft (aus einer Folge von Absorption und spontaner Emission) ist zeitlich nicht konstant, sondern
sie fluktuiert, weil Richtung und Zeitpunkt der Emission statistisch verteilt sind.
Das führt zu einer Diffusion der Atombewegung im Impulsraum. Die spontane
Mechanische Kräfte des Lichtes
11
Emission bewirkt also auch eine geringe Aufheizung und begrenzt so die niedrigste erreichbare Temperatur. Die Kraft hängt stark von der Verstimmung ab:
Je näher man an der Resonanz liegt, um so häufiger kommt es zur Absorption.
Aber: die stimulierte Emission konkurriert mit der spontanen Emission und der
Photonenrückstoss bei der stimulierten Emission hebt gerade den Impulsübertrag
bei der stimulierten Absorption auf, aber nur wenn beide Prozesse über “dieselbe“
ebene Lichtwelle ablaufen.
Wie groß kann die Spontankraft werden? Für E(t) = E0 cos (ωL t) ist
die Laserintensität
1
I = 0 cE02
[W att/cm2 ] .
(2.8)
2
Die Intensität kann beliebig gesteigert werden. Ebenfalls beliebig steigern kann
man formal die Rabifrequenz in einem Zweiniveausystem (die Rate mit der ein
Zustand entvölkert und wieder besetzt werden kann)
Ω1 = |d|
E0
h̄
(2.9)
wobei d das Dipolmoment des optischen Übergangs ist. Die Rate der Emission
spontaner Photonen steigt allerdings nur bei kleiner Intensität linear mit der
Pumpintensität an. Wenn wir zu stark pumpen, hat der angeregte Zustand gar
nicht mehr Zeit um spontan zu emittieren und stimulierte Emission überwiegt.1
Wenn wir mit Γscatt die Rate der spontan gestreuten Photonen bezeichen,
dann gilt für die spontane Kraft
F~ = h̄~k Γscatt
(2.10)
Im Zweiniveausystem gilt für die Spontankraft (siehe Anhang A)
Γ
I/I0
F~ = h̄~k ·
,
2 1 + I/I0 + (2δ/Γ)2
(2.11)
wobei I0 die sogenannte Sättigungsintensität ist. Die natürliche Zerfallsrate Γ ist
mit der natürlichen Lebensdauer des angeregten Zustandes τ = 1/Γ verknüpft.
Die Sättigungsintensität ist definiert als die Intensität eines unverstimmten Lasers
(δ = 0) für den Fall, dass die Streurate gleich ist einem Viertel der spontanen
Rate ist: Γscatt = Γ/4 (siehe Kapitel ).
Die maximale spontane Kraft (I → ∞) ist
Γ
F~max = h̄~k
(2.12)
2
In diesem Fall ist die Streurate für spontane Photonen gerade Γscatt = Γ/2.
1
Diese trägt im Falle einer ebenen Welle nicht zur Spontankraft bei.
12
Mechanische Kräfte des Lichtes
Wir untersuchen diese Kraft am Beispiel von Natrium
Die charakteristischen Größen sind: λ = 586 nm, Γ = 1/16 ns−1 , M = 23 amu.
• Der Betrag des Wellenvektors ist
k=
2π
2π
=
106 = 1.07 × 107 m−1
λ
0.586
und die Beschleunigung (Abbremsung) durch das Licht
a=
Γ
109 1027
F
= h̄k
= 10−34 107
= 1 × 106 m/s2
M
2M
16 1.6 · 23
• im Vergleich ist die Schwerebeschleunigung g = 9.81 m/s2 also etwa 105
mal kleiner als der maximale spontane Lichtdruck.
~ bei einer Feldstärke
• die Coulombkraft auf ein einfach geladenes Ion F~ = q E
~ = 1 V /cm ergibt als Beschleunigung auf ein N a+ -Ion:
|E|
a=
F
qE
1
=
= 1.6 × 10−19 · 100 ·
· 1027 = 4 × 1010 m/s2 .
M
M
1.6 · 23
• Die Streukraft des Lichtes kann viel größer als die Gravitationskraft sein,
ist aber doch um vieles kleiner als “typische” elektrische Kräfte.
Wir überlegen uns in welcher Zeit wir ein Atom mit Licht abbremsen können :
• Die mittlere thermische Geschwindigkeit von Na bei 300 K beträgt
r
8kT
hvi =
≈ 500 m/s
(2.13)
πM
• Die Rückstoßgeschwindigkeit, die ein Natrium Atom bei Absorption von
einem Photon bei 586 nm erfährt ist:
vR =
h̄k
107
= 10−34
· 1027 ≈ 0.03 m/s
M
1.6 · 23
(2.14)
• Das heißt wir müssen 500/0.03 ≈ 17 000 Photonen absorbieren um ein thermisches Natrium-Atom vollständig abzubremsen.
Wie lange brauchen wir dazu? Nach Gl. 2.12 mindestens 2 mal 17 000 spontane
Emissionszeiten
t=2
17000
≈ 1 ms
Γ
Mechanische Kräfte des Lichtes
13
Bei diesem Konzept zum Abbremsen eines Atoms treten aber Probleme auf:
Wir richten den Laser gegen einen Atomstrahl und kompensieren die DopplerVerschiebung δ = ~k ·~v durch eine entsprechende Verstimmung des Lasers von der
atomaren Resonanzfrequenz ω0 . Kühlen wir somit den Atomstrahl für einige Zeit
ab, dann kommen die Atome außer Resonanz. Zum weiteren Abkühlen muß man
den Laser nachstimmen. Das geht entweder aktiv, indem man die Laserfrequenz
zeitlich abgestimmt verändert oder indem man die atomare Resonanzfrequenz
über den Zeeman-Effekt [8] geeignet verschiebt (Zeeman-slower ). Zeitlicher oder
räumlicher Chirp sind notwendig, sonst kommt es zum Lochbrennen bei einer
Geschwindigkeitskomponente.
ta p e r
a to m ic
b e a m
s o u rc e
b ia s
c o o lin g la s e r
d e n s ity o f a to m s
B (z )
z
0
4 0 0
8 0 0
1 2 0 0
v e lo c ity ( m /s )
Mit dem Konzept der Spontankraft ist auch eine seitliche Ablenkung eines Atomstrahles möglich [9]. Ein Laserstrahl in Resonanz δ = 0 trifft senkrecht auf einen
Atomstrahl. Die Beschleunigung des Atomstrahls ist (für ~k · ~v = 0)
a=
F
h̄kΓ
I/I0
=
·
M
2M 1 + I/I0
Im Lichtfeld einer Zylinderlinse gelang es unter Erreichung der Bedingung
M vθ2
= F (~k · ~v = 0)
R
x
4
Atomstrahlen mit v = 10 cm/s um den
Winkel von 30o , bei einem Krümmungsradius
von 62 mm, abzulenken. Wenn Atome diese Bedingung nicht exakt erfüllen, kommen
sie außer Resonanz und erfahren im Falle einer Verstimmung δ < 0 eine Reibungskraft
welche die Radialgeschwindigkeit dämpft [9].
Die Spontankraft ist im Allgemeinen dissipativ (siehe Kapitel 3).
R
z
Q
a to m ic b e a m
d e fle c tin g
la s e r b e a m
14
Mechanische Kräfte des Lichtes
2.2
Gradientenkraft (Dipolkraft)
Die Dipolkraft ist weniger anschaulich, aber auch für sie gibt es einfache klassische Bilder: Ein Atom ist polarisierbar. Das optische Feld induziert im Atom (in
der Materie) ein elektrisches Dipolmoment und das elektrische Feld des Lichtes
tritt mit diesem Dipol in Wechselwirkung. In einem homogenen Feld erfährt ein
Dipol nur eine Drehung, aber in einem inhomogenen Feld auch eine Kraft. Diese
Dipolkraft hat, wie die Spontankraft, starken Resonanzcharakater. Auf Grund
des Phasensprungs bei Resonanz ist sie anziehend, wenn die treibende Frequenz
unterhalb der Resonanz liegt und abstoßend, wenn sie über der Resonanz liegt.
Außerdem ist die Dipolkraft für ruhende Atome nicht dissipativ.
1) Man kann die Dipolkraft in Analogie zu einem getriebenen Oszillator verstehen. Eine gebundene Ladung, die durch ein oszillierendes elektrisches Feld
angetrieben wird, ist in Phase mit dem Feld, wenn die Erregerfrequenz unter der
Resonanzfrequenz liegt (rotverstimmt, δ 0), und gegenphasig um 180o , wenn
die Erregerfrequenz über der Resonanzfrequenz liegt (blauverstimmt, δ 0). Die
~ (α ist die
Wechselwirkungsenergie zwischen dem induzierten Dipol p~ = α · E
~ = α · |E|
~ 2 . Damit ist die WechPolarisierbarkeit) und dem Feld ist Udip = −~p · E
selwirkungsenergie negativ unterhalb der Resonanzfrequenz und der Oszillator
wird in Richtung höherer Lichtintensität gezogen. Bei Frequenzen oberhalb der
Resonanzfrequenz wird er in Richtung kleinerer Lichtintensität beschleunigt.
U
d ip
ro t
k B T
Die potentielle Energie des induzierten Dipols in einem fokussierten Laserstrahl bei Rotverstimmung.
Die horizontale Koordinate entspricht
der radialen Position im Laserfokus,
das Minimum der Fokusmitte.
Bei großer Verstimmung δ ist das Dipolpotential entlang einer Koordinate r
Udip (r) ≈
h̄Ω21 (r)
4δ
(2.15)
(siehe Kapitel 5) wobei δ = ωL − ω0 . Die Rabi-Frequenz lässt sich im Sinne der
Sättigungsintensität I0 ausdrücken (also Udip ∝ I)
2Ω21 (r)
I(r)
=
.
2
Γ
I0
(2.16)
2) Die Dipolkraft (auch Gradientenkraft oder stimulierte Kraft) kann man sich
vorstellen als Folge von Absorption und nachfolgender stimulierter Emission. Im
Unterschied dazu ist der Strahlungsdruck eine Folge der Absorption (und darauf
Mechanische Kräfte des Lichtes
15
folgender spontaner Emission oder anderer Energiedissipation). Wichtig ist, dass
bei der Dipolkraft Absorption und stimulierte Emission nicht als getrennte Prozesse angesehen werden können. Dieses Bild stammt von Cohen-Tannoudji [10]
und wird in Kapitel 7 eingehend diskutiert: Wenn man nicht eine einzelne ebene
Welle vor sich hat, dann kann man aus einer Welle absorbieren und in eine andere stimulieren. Die Energie des Feldes ändert sich dabei nicht, weil alle Wellen
bei derselben Frequenz liegen. Weil aber die einzelnen ebenen Wellen ungleiche
~k Vektoren haben, kommt es zu einer Umverteilung der Photonenimpulse und
damit zur Änderung des Impulses des Atoms. Solange das Atom ruht, gibt es
keine Netto-Absorption von Energie durch das Atom oder das gesamte Lichtfeld. Letztlich ist die Dipolkraft eine Konsequenz der AC-Stark Verschiebung
(Lichtverschiebung der atomaren Niveaus, siehe Kapitel 6).
3) Ein gänzlich anderes Bild für die Dipolkraft stammt von Ashkin [5]. Wir
stellen uns einen Gauß’schen Laserstrahl in Luft vor, der eine Kugel mit einem
Brechungsindex nk > 1 beleuchtet (siehe dazu das Bild unten, links). Das Zentrum der Kugel liegt im Intensitätsgradienten eines Laserfeldes.
F
a
F
b
b
a
a
a
b
b
b
F
b
a
F
a
Wenn wir Reflektion ausser Acht lassen, dann wird insgesamt mehr Licht in Richtung kleinerer Intensität gebrochen. Damit ergibt sich eine Beschleunigung der
Kugel ins Zentrum des Laserstrahles (Richtung höherer Intensität).
Wenn hingegen der Gauß’sche Laserstrahl im Wasser vorliegt und auf eine
Luftblase trifft, gilt nk < nH2 O und genau das Umgekehrte ist der Fall, die Luftblase wird aus dem Gebiet hoher Intensität herausbeschleunigt (rechtes Bild).
Da sich in der Nähe einer optischen Resonanz der Brechungsindex von einem
Wert n < 1 nach n > 1 ändert, ist diese Bild identisch mit der Aussage des klassischen Oszillators. Dieses Bild zeigt auch, dass die Dipolkraft nicht dissipativ ist.
Eine wichtige Anwendung der Dipolkraft stellen die sogenannten Laserpinzetten
dar. Mit diesen werden fast makroskopische Objekte (Zellen, Blutkörperchen)
manipuliert. Die dabei auftretende Dissipation rührt von der Reibung des bewegten Objektes im Flüssigkeitsbad bzw der Luft her. Beobachtet wird dabei
auch eine durch das Laserlicht induzierte Rotation des Objektes. Diese Rotation
ist im obigen Bild von Ashkin durch die unterschiedlichen Kräfte auf die dem
Laserfokus näheren bzw. weiter entfernt liegenden Teile des Objektes erklärbar.
16
2.3
Impuls des Photons
Der Strahlungsdruck kann als Effekt der magnetischen Komponente einer elektromagnetischen Welle gedeutet werden [11]. Ein Lichtstrahl entlang der z-Richtung
wirkt auf eine Ladung q. Das elektrische Feld führt zu einer Oszillationsbewegung
der Ladung entlang x mit der Geschwindigkeit vx . Im Magnetfeld der Welle wirkt
auf die bewegte Ladung die Lorentz-Kraft
Fz = q · vx × By .
(2.17)
Diese Kraft wirkt in Richtung der Lichtausbreitung. Wegen |B| = |E|/c ist der
Mittelwert der Kraft
q
hF i = hv Ei .
(2.18)
c
Da qE die elektrische Kraft auf die Ladung q ist (Einheit: [N ]) und Kraft mal
Geschwindigkeit gleich ist der pro Zeiteinheit verrichteten Arbeit, dW/dt, also
der Leistung [N m/s = J/s = W ], gilt
hF i =
dW/dt
.
c
(2.19)
Deshalb ist die pro Sekunde aus der Lichtwelle absorbierte Energie gleich c mal
der Kraft. Wegen dp/dt = F ist der Impuls, den das Lichtfeld abgibt, gleich der
pro Zeiteinheit absorbierten Energie W dividiert durch c. Der Impuls, den eine
vollständig absorbierte Lichtwelle der Leistung W [Js−1 ] überträgt, ist
p=
W
.
c
(2.20)
Mit der Definition der Leistung im Photonenbild (N ist die Anzahl der Photonen
die pro Sekunde auf die Fläche A treffen, h̄ω ist die Energie eines Photons )
W = I A = N h̄ω
(2.21)
ergibt sich nach Gl. (2.20) für den Impuls eines Photons
p=
h̄ω
h̄2π
=
= h̄k .
c
λ
(2.22)
~
Nach Gl. (2.17) zeigt der Impuls in die Richtung von ~k da vx ||E.
Für den Strahlungsdruck P gilt
P =
F
= w.
A
(2.23)
Der Strahlungsdruck auf einen vollständig absorbierenen Körper ist also gleich
der Energiedichte w [W s/m3 = J/m3 = N/m2 ] der einfallenden Strahlung.
Kapitel 3
Optische Melasse
Die Konfiguration gegenläufiger Strahlen hat die Bezeichnung optische Melasse
(optischer Sirup, optischer Honig, optical molasses). Die erste Realisierung geht
auf Chu, Bjorklund, Ashkin, and Coble [12] zurück. Bei geeigneter Verstimmung
der Laser tritt ein Reibungsterm in der Spontankraft auf. Wir untersuchen
die auftretende Kraft, Reibung und Diffusion, zuerst an Hand eines klassischen
Ratenmodells für das optische Pumpen.
Natürliche Linienbreite Das Absorptionsprofil eines ruhenden Atoms ist durch
eine Lorentz-Kurve gegeben
L(ω) = L(ω0 )
Γ2
4(ω − ω0 )2 + Γ2
(3.1)
wobei die Kreisfrequenz ω = 2πν ist und L(ω0 ) die Amplitude des Profils bei der
Zentralfrequenz, ω0 angibt. Die volle Breite der Lorentz-Kurve bei halber Höhe
(FWHM) ist ∆ω = 2π∆ν = Γ.
Führt man als Verstimmung die
Größe δ = ω − ω0 ein, und normiert
das Kurvenmaximum auf Eins, so
ergibt sich für die Lorentz-Kurve
1
0.8
0.6
0.4
0.2
L(δ) =
0
3
2
1
0
2∆ 1
2
1
.
1 + (2δ/Γ)2
(3.2)
3
Bestrahlt man eine mit Gasatomen der Dichte N [m−3 ] gefüllte Schicht der Dicke
x mit der Strahlungsintensität I(ω), so erfolgt eine Schwächung gemäß
I(x) = I(0)e−α(ω)x ,
(3.3)
17
18
Optische Melasse
wobei der Absorptionskoeffizient α die Dimension [m−1 ] hat. Der Schwächungskoeffizient leitet sich vom Wirkungsquerschnitt für die Absorption ab:
σ(ω) =
α(ω)
.
N
(3.4)
Für ruhende Atome ist die spektrale Verteilung von σ durch eben diese LorentzKurve
σ(ω) = σ(ω0 )
1
,
1 + (2δ/Γ)2
(3.5)
gegeben, wobei für ein Zweiniveausystem näherungsweise gilt1
σ(ω0 ) ≈ 6πλ2 = 24π 3 c2 /ω02 .
(3.6)
Optisches Pumpen Wir betrachten die klassische Änderung der Besetzungsdichte des Zweiniveausystems durch optisches Pumpen. Die Pumprate (Dimension [s−1 ]) bezeichnen wir mit R = Bw(ω) = σ(ω)I(ω)/h̄ω, wobei B der Einstein
B-Koeffizient ist. Die Besetzungsdichte im Grundzustand ist N1 , die Dichte im
angeregten Zustand ist N2 . Die Dichte der Atome ist N = N1 + N2 . Damit ist
die zeitliche Änderung der Dichten gleich
dN1
dN2
=−
= −RN1 + RN2 + ΓN2 .
dt
dt
(3.7)
Im stationären Fall haben wir dN1 /dt = 0
0 = RN1 − N2 (Γ + R) .
Mit der Beziehung N1 + N2 = N wird
N1 = N
Γ+R
1 + R/Γ
=N
Γ + 2R
1 + 2R/Γ
(3.8)
Die Differenz in der Besetzungsdichte ergibt sich als
N1 − N2 =
1
N
N
=
.
1 + 2R/Γ
1+S
(3.9)
Wir verwenden oft als Beispiel den Übergang der Natrium D-Linie (2 P1/2 →2 S1/2 ). Die
natürliche Lebensdauer des 2 P1/2 -Zustandes ist τ = 16ns, das entspricht einer Zerfallsrate von
Γ = 1/τ = 6.25 × 107 s−1 und einer Linienbreite ∆ν = Γ/2π = 10M Hz. Mit der Wellenlänge
des Überganges λ = 584 nm ergibt sich für σ(ω0 ) = 6 × 10−8 cm2 .
Optische Melasse
19
1
1
0.8
0.8
0.6
0.6
N1 N2
N1
0.4
0.4
0.2
0.2
1
2
3
S2 R 4
5
1
2
3
S2 R 4
5
Folgende Grenzfälle gibt es
• R = 0 : In diesem Fall ist N1 = N , alle Atome sind im Grundzustand.
• R >> Γ : In diesem Fall ist N1 = N/2.
• R = Γ/2 : In diesem Fall ist N2 = N/4 und N1 = 3N/4.
Der Sättigungsparameter S ist definiert als das Verhältnis der Pumprate zur
halben spontanen Rate:
S(ω) =
2R
2 I(ω)
=
· σ(ω)
Γ
h̄ω · Γ
2 I(ω)
1
=
· σ(ω0 )
h̄ω · Γ
1 + (2δ/Γ)2
I(ω)
1
=
·
,
I0
1 + (2δ/Γ)2
(3.10)
wobei wir ω ≈ ω0 vorausgesetzt haben. Im letzten Ausdruck auf der rechten Seite
verwenden wir die Sättigungsintensität
I0 =
h̄ω0 · Γ
2σ(ω0 )
(3.11)
Bei I0 ist die Pumprate (bei δ = 0) gerade ein Viertel der spontanen Zerfallsrate.2
Sättigung des Absorptionskoeffizienten Im Falle hoher Intensität verändert
die Sättigung auch den Absorptionskoeffizienten, da sich nicht mehr alle Atome
im Grundzustand befinden (wir leiten dies auch im Dichtematrix Modell her,
siehe Anhang A):
α(ω) = σ(ω)Nef f = σ(ω)(N1 − N2 ) = σ(ω)
2
N
.
1+S
(3.12)
Die Sättigungsintensität ist gleich 1.6 mW/cm2 für Rubidium und 3? mW/cm2 für Natrium.
20
Optische Melasse
Damit wird der Absorptionskoeffizient
σ(ω0 )
N σ(ω0 )
N
α(ω) =
=
2 ·
1 + (2δ/Γ) 1 + S
1 + I/I0 + (2δ/Γ)2
= σef f (δ, I) · N ,
wobei wir für S den Ausdruck aus Gl. (3.10) eingeführt haben.
Die spektrale Verteilung des Absorptionskoeffizienten ist wiederum ein LorentzProfil, aber mit einer größeren Breite. Unter Berücksichtigung der Sättigung bei
hoher Intensität ist die Streurate für spontane Photonen (die effektive Pumprate,
die zur spontanen Emission führt) für ein einzelnes Atom (N = 1)
1
0.4
II0 5
II0 0
0.8
0.3
scatt 0.6
Α
1
0.4
1
0.1
5
0.2
0.2
0.1
0
4
2
0
0
2∆
2
4
4
2
0
2∆
2
4
Γ
I
= σef f I/I0
h̄ω
2σ(ω0 )
Γ
I/I0
.
·
=
(3.13)
2 1 + I/I0 + (2δ/Γ)2
Die Streurate erreicht im Grenzfall hoher Intensität und kleiner Verstimmung den
Wert Γ/4. Dieser Ausdruck ergibt sich auch aus der Beschreibungung des Zweiniveausystems über die Dichtematrix (siehe Anhang A). Unter Berücksichtigung
der spontanen Emission mit der Rate Γ ergibt sich für die Population im angeregten Zustand
Γscatt = σef f
ρee =
Ω21
Γ2 + 2Ω21 + 4δ 2
(3.14)
und damit für die Rate der Streuung von spontanen Photonen
Γscatt = Γ · ρee
2Ω21
Γ
·
=
2 Γ2 + 2Ω21 + 4δ 2
2Ω21 /Γ2
Γ
·
=
2 1 + 2Ω21 /Γ2 + (2δ/Γ)2
Γ
I/I0
·
=
2 1 + I/I0 + (2δ/Γ)2
(3.15)
Optische Melasse
21
wobei wir die Definition für I/I0 aus Gl.2.16 verwendet haben.
Mit diesem Ausdruck untersuchen wir im Folgenden den Strahlungsdruck,
dem Atome in ebenen Lichtwellen (räumlich homogene Intensität) ausgesetzt
sind.
3.1
Strahlungsdruck ebener Wellen
Die mittlere Kraft, die ein unbewegtes Zweiniveausystem erfährt, das von einer
ebenen Welle bestrahlt wird, ergibt sich als Produkt des Impulsübertrags h̄~k, der
bei jeder Absorption stattfindet, mal der Streurate spontaner Photonen
F~ = h̄~k · Γscatt
Γ
I/I0
= h̄~k
.
2 1 + I/I0 + (2δ/Γ)2
(3.16)
Bewegt sich das atomare System mit der Geschwindigkeit ~v , dann ist die DopplerVerschiebung durch die Verstimmung δef f = δ − ~k~v = ωL − ω0 − ~k · ~v zu
berücksichtigen:
Γ
F~ (~v ) = h̄~k
2
I/I0
h
i2 .
~
1 + I/I0 + 2(δ − k · ~v )/Γ
(3.17)
Für kleine Intensitäten (I I0 ) ist dieser Ausdruck
Γ
F~ (~v ) ≈ h̄~k ·
2
3.2
I/I0
i2 .
~
1 + 2(δ − k · ~v )/Γ
h
(3.18)
Reibung in optischer Melasse
Im Folgenden betrachten wir zwei gegenläufige Strahlen gleicher Frequenz. Wenn
die Intensität in jedem Strahl klein ist, also I/I0 1, dann ist die totale Kraft
auf das Atom gleich der Summe beider Strahlungsdrucke. Wir gehen auch davon
aus, dass sich die Intensität im Lichtstrahl nicht räumlich ändert, beziehungsweise dass diese Kraft über die Ausdehnung einer Wellenlänge gemittelt ist. In
einer Dimension erhalten wir für die Kraft auf ein Atom aus zwei antiparallelen
Laserstrahlen in der Näherung kleiner Intensität, Gl.(3.18):
F (v) = h̄k ·
Γ
I/I0
Γ
I/I0
.
2 − h̄k ·
2 1 + [2(δ − kv)/Γ]
2 1 + [2(δ + kv)/Γ]2
(3.19)
F (v) hängt in der Umgebung von v = 0 ist über einen kleinen Bereich ∆v ≈ Γ/k
linear von v ab. Die Steigung von F (v) bei v = 0 ist maximal, wenn 2|δ|/Γ =
22
Optische Melasse
√
1/ 3. Für δ < 0 (rotverstimmt) ist die Kraft der atomaren Bewegung entgegengesetzt. Die Beispiele zeigen den Fall für 2δ/Γ = −2 und − 1.
1.0
1.0
2Π 10 MHz
2Π 10 MHz
∆ 2Π 10 MHz
0.5
7
∆ 2Π 5 MHz
0.5
1
k 107 m1
k 10 m
F
0.0
F
0.5
0.0
0.5
1.0
10
5
0
v ms
5
10
1.0
10
5
0
v ms
5
10
Für kleine Geschwindigkeiten läßt sich (3.19) über die Reihenentwicklung
1
1
16kδv/Γ2
−
=
+ O(v 3 )
2
2
2
2
1 + [2(δ − kv)/Γ]
1 + [2(δ + kv)/Γ]
[1 + (2δ/Γ) ]
vereinfachen zu
F (v) ≈ 4h̄k 2
2δ
I/I0
v
= −α · v = −γ M v
Γ 1 + (2δ/Γ)2 2
(3.20)
Der Reibungskoeffizient α = M γ hat die Dimension [kg s−1 ], wobei M die Atommasse ist. Für δ < 0 ist α > 0 und die Kraft dämpft die atomare Geschwindigkeit
mit der Rate
γ=
α
v̇
= .
M
v
(3.21)
Die charakteristische Zeit zur Dämpfung der atomaren Geschwindigkeit ist γ −1 .
Für einen gegebenen Wert von I/I0 ist diese Zeit ein Minimum für
√
2δ/Γ = −1/ 3 .
(3.22)
Mit dieser Verstimmung folgt eine externe Zeitskala
h̄
I0
1
∝
·
,
γ max
ER
I
(3.23)
die uns angibt, nach welcher mittleren Zeit ein Photonenrückstoß erfolgt. Für das
Natrium Beispiel ist diese Zeit bei I = I0 gleich τscatt = 130 ns.
Optische Melasse
3.3
23
Diffusion in optischer Melasse
Bisher haben wir nur die Kraft im zeitlichen Mittel betrachtet.
In Wirklichkeit haben wir diskrete Überträge von
Impuls, wenn das Atom Photonen absorbiert bzw.
emittiert. Diskret bedeutet, dass die Kraft um einen
Mittelwert herum fluktuiert. Diese Fluktuationen
heizen die Atome auf und haben zwei Ursachen:
Fluktuationen in der Zahl der pro Zeiteinheit abv x
sorbierten Photonen und Fluktuationen in der Richtung der spontan emittierten Photonen.
Wir nehmen an, dass die Kraft im Mittel Null ist, aber eben Photonen absorbiert und emittiert werden. Im Bereich kleiner Intensitäten sind diese Prozesse
willkürlich, und damit unterliegt das Atom im Impulsraum einem random walk
mit der Schrittweite h̄~k. Das mittlere Quadrat des Impulses erhöht sich mit der
Zeit, also steigt die mittlere kinetische Energie der Atome. Der Einfachheit halber
betrachten wir ein Zweiniveausystem in zwei entgegenlaufenden Wellen kleiner
Intensität, entlang x. Spontane Emission sei nur entlang der x-Achse erlaubt.
Die spontan emittierten Photonen sind in ihrer Richtung unkorreliert, also
induzieren diese Prozesse immer einen random walk mit der Schrittgröße h̄k.
Für jeden spontanen Streuprozess erfolgen zwei Impulsschritte, einer in Folge der
Absorption aus einer der Wellen und einer in Folge der spontanen Emission. Nach
n spontanen Emissionen ist der Mittelwert
v
y
hp2x i = 2nh̄2 k 2 = 2Γscatt t h̄2 k 2
(3.24)
wobei t die Zeit angibt, für die eine Streurate Γscatt herrscht. Der Faktor Zwei
stammt von den zwei Rückstoßvorgängen pro Streuprozess. Die zeitliche Änderung
des mittleren Impulsquadrates ist
d 2
hp i = 2Γscatt · h̄2 k 2
dt x
(3.25)
Die folgenden Bilder zeigen die Monte-Carlo Entwicklung des Wertes von px und
p2x , für 104 Atome nach 103 Absorptionszyklen (Annahme: h̄k = 1).
20000
150
17500
100
px
15000
50
12500
0
p2x 10000
-50
7500
-100
5000
2500
-150
0
2000
4000
6000
atom number
8000
10000
0
2000
4000
6000
atom number
8000
10000
24
Optische Melasse
Der Impuls-Diffusionskoeffizient ist als die Rate des zeitlichen Anstiegs von hp2x i
definiert, und dieser hängt von der totalen Streurate aus den zwei Laserstrahlen,
jeder mit der Intensität I, ab (I/I0 sei klein):
Dspont =
d 2
I/I0
2 2
hpx i = 2Γ
2 h̄ k
dt
1 + (2δ/Γ)
(3.26)
wobei der Faktor 2 auf der rechten Seite von den beiden Strahlen herkommt.
Jetzt setzen wir die Rate des Anstiegs der kinetischen Energie durch Diffusion
gleich mit der Rate der Energieabnahme durch die Strahlungsreibung (Gl. 3.20).
Die Reibungskraft ist F = −αv. Die Kühlrate bestimmen wir aus der Energieabnahme pro Zeiteinheit. Ein Atom läuft pro Sekunde v Zentimeter gegen die Kraft
F an. Also ist die Kühlrate gleich hF vi = −αhv 2 i. Im stationären Zustand haben
wir:
hĖheating i =
d 2
hp i/2M = −hĖcooling i = αhv 2 i
dt x
(3.27)
In diesem eindimensionalen Beispiel haben wir einen einzelnen Freiheitsgrad. Für
die Bewegung definieren wir eine “Temperatur” T
1
1
M hv 2 i = kB T
2
2
(3.28)
Für diese Temperatur ergibt sich nach Einsetzen von (3.27), (3.26) und (3.20)
Diese Temperatur wird bei kleinen
Intensitäten minimal für δ = −Γ/2,
wobei [13]
kB T =
h̄Γ
(1 + O(I/I0 ) + . . .)
2
δ
Γ
+
2δ 2Γ
(3.29)
2 .0
te m p e ra tu re (k B T /h G )
h̄Γ
h̄Γ 1 + (2δ/Γ)2
·
=−
kB T = −
4
2δ/Γ
4
1 .5
1 .0
die Doppler-Kühlungsgrenze ist.
0 .5
(Diese Gleichung gilt auch für den
3-D-Fall). Die minimale Temperatur
0 .0
ergibt sich für Natrium als 240 µK
3
0
1
2
4
d e tu n in g (d / G )
(hvi = 30 cm/s), für Cäsium als
125 µK (9 cm/s).
Wir haben bisher die Strahlungskraft zweier unabhängiger Wellen als additiv
angenommen. Für I/I0 > 1 versagt dieses Modell, da es nicht berücksichtigt,
dass aus einer Welle absorbiert und in die andere stimuliert werden kann.
Temperatur in optischer Melasse
Das Bild zeigt die typische Anordnung
einer 3-D Melasse. Nach Abschalten der
Melassestrahlen fallen die gekühlten Atome auf Grund der Schwerkraft durch den
Probestrahl und werden als Funktion der
Zeit über Fluoreszenzstrahlung detektiert.
m o la s s e s
b e a m s
m o la s s e s
fa llin g
a to m s
c o lle c tio n
o p tic s
25
Aus der zeitlichen Verbreiterung der Ankunftszeitverteilung der Melasse-Atome im
Probestrahl kann auf ihre Temperatur geschlossen werden.
p ro b e
b e a m
d e te c to r
Wenn eine externe Kraft auf das Atom in der Melasse einwirkt, dann kann das
Atom eine Driftgeschwindigkeit erreichen, derart, dass die Reibung der externen
Kraft das Gleichgewicht hält.
vdrif t = Fext /α
(3.30)
Wenn die externe Kraft die Schwerkraft ist, Fext = −αv = −M g erhalten wir
vdrif t = g/γ. Für die optimalen Bedingungen (3.22) ergibt sich eine durch der
Schwerkraft induzierte Drift von 0.4 mm/s für Natrium und 5 mm/s für Cäsium.
Für eine Melasse, die etwa 1 cm gross ist, wäre das ein erheblicher Verlustprozess, der die Lebensdauer der Melasse auf Sekunden erniedrigt. Ähnliche Verluste würde man bei nicht präzise ausbalanzierten Laserintensitäten in den gegenläufigen Strahlen erwarten. Beobachtet wird hinbgegen, dass die Melasse relativ resistent gegen solche Abweichungen ist.
te m p e ra tu re (m K )
5 0 0
4 0 0
3 0 0
2 0 0
1 0 0
0
0
1 0
2 0
3 0
d e tu n in g ( M H z )
4 0
Außerdem wurden in der Melasse erheblich niedrigere Temperaturen gefunden,
als sie von (3.29) vorhergesagt werden.
Die Punkte zeigen die beobachtete minimale Temperatur als Funktion der
Laserverstimmung [13]. Die volle Kurve
zeigt das in Gl. (3.29) vorhergesagte Ergebnis.
Ein weiterer Unterschied zum Doppler-Bild ist, dass die niedrigste erreichbare Temperatur bei viel größeren Werten der Verstimmung erreicht wird als für
den Doppler-Fall vorhergesagt wurde und dass die minimale Temperatur von der
Stärke des Magnetfeldes und von der Laser Polarisation abhängt [14]. Ursachen
dafür sind zusätzliche Kühlmechanismen (z.B. Sisyphus-Effekte, Polarisationsgradientenkühlung, siehe Kapitel 9 bis 11), die für realistische Systeme (mehr als
2 Niveaus!) in gegenläufigen Laserstrahlen auftreten.
26
Magneto-optische Falle
Kapitel 4
Magneto-optische Falle
Die heute gängige Konfiguration für eine magneto-optische Falle (MOT) ist auf
Vorschlag von Dalibard entstanden und wurde erstmals 1987 verwirklicht [15].
Das Funktionsprinzip kann am einfachsten im eindimensionalen Fall an einem
optischen Übergang von F = 0 (Grundzustand) nach F = 1 (angeregter Zustand) verstanden werden.
Entgegengepolte Spulen erzeugen
ein Magnetfeld mit B = 0 im Fallenzentrum. Die mF Niveaus im angeregten Zustand F = 1 sind im Fallenzentrum entartet. Der ZeemanEffekt führt zu einer Aufspaltung.
Die Aufspaltung vergößert sich mit
dem Abstand vom Fallenzentrum.
In Natrium erzeugt ein Magnetfeldgradient von 10 G/cm eine Aufpaltung der magnetischen Unterzustände von 2π × 14 M Hz/cm.
F=1
mF=+1
E
mF= 0
mF=-1
hw0
hwL
s+
s-
F=0
z
Für einen rot verstimmten Laser der Frequenz ωL wird ein Atom, das sich vom
Zentrum wegbewegt, zum Zentrum zurückgetrieben, da der Zeeman-Effekt als
Funktion des Ortes zu einer Verstimmung führt, die das Atom in Resonanz mit
dem entgegenlaufenden zirkular polarisierten Laserstrahl bringt. Wir analysieren
die Falle unter den Bedingungen I/I0 1, kv Γ, µB/h̄ Γ, wobei µB/h̄ die
Zeeman Verstimmung des oberen Zustandes ist.
27
28
Magneto-optische Falle
B
+y
s-
s+
4
s
3
s+
s-
2
s+
4 0
1
R (c m )
+z
1
-
0
3 0
+x
4 0
1 0
-1
2 0
-2
3 0
-3
-4
-4
Magnetic Field Coils
-3
-2
-1
0
1
2
4
3
Z (c m )
Wenn sich das Magnetfeld linear mit dem Abstand vom Zentrum ändert, ist die
Frequenzverschiebung durch den Zeeman Effekt ∆ωz = βz. Im Bereich kleiner
Intensitäten setzen wir die Kraft auf die Atome gleich der Summe der Kräfte der
einzelnen Strahlen:
F (v) = Fσ+ + Fσ−
h̄kΓ
Iσ+ /I0
Iσ− /I0
=
−
2
1+4 [(δ−kv−βz)/Γ]2 1+4 [(δ+kv +βz)/Γ]2
1
Β 1, 2, 5 mTcm
1
∆ 2Π 10 MHz
2Π 10 MHz
v 0 ms
0.75
0.5
Β 1, 2, 5 mTcm
∆ 2Π 10 MHz
2Π 10 MHz
v 2 ms
0.75
0.5
0.25
F
(4.1)
0.25
0
F
5
0.25
0.5
1
0.75
4
5
0.5
2
10 8 6 4 2 0
2
z mm
0
0.25
6
8
2
1
0.75
10
10 8 6 4 2 0
2
z mm
4
6
8
10
Im Bild ist diese Kraft als Funktion des Abstandes von der Fallenmitte dargestellt.
Die Kraft wird für v = 0 und v = 2 ms−1 in Einheiten 0.5h̄kΓI/I0 berechnet. Im
Grenzfall kleiner Geschwindigkeiten und kleiner Zeeman-Verschiebung gilt (wir
setzen Iσ+ = Iσ− = I)
Magneto-optische Falle
8h̄kδ
I/I0
(kv + βz)
Γ 1 + (2δ/Γ)2 2
α
= −αv + βz
k
29
F (v, z) =
(4.2)
Dieser Ausdruck ist identisch dem der optischen Molasse, nur dass kv durch
kv + βz ersetzt wurde. Das inhomogene Magnetfeld führt zu einer ortsabhängigen
Kraft mit einem Reibungsterm. Damit spüren die Atome, wo sich das Zentrum
der Falle befindet.
Gedämpfter harmonischer Oszillator Die Bewegung des Atoms unter dem
Einfluss der Kraft (4.2) ist die eines gedämpften harmonischen Oszillators:
2
z̈ + γ ż + ωtrap
z=0
(4.3)
wobei γ = α/M , siehe Gl.(3.20)
γ=
8h̄k 2 δ
I/I0
M Γ 1 + (2δ/Γ)2 2
(4.4)
und aus der Ortsabhängigkeit in Gleichung (4.2)
2
ωtrap
=
I/I0
8h̄kβδ
.
M Γ 1 + (2δ/Γ)2 2
(4.5)
Der Charakter der Bewegung in der Falle wird durch das Verhältnis
h̄k 3 2δ
I/I0
γ2
=
2
4ωtrap
βM Γ 1 + (2δ/Γ)2 2
(4.6)
beschrieben. Wenn dieses Verhältnis grösser Eins ist, dann ist die Bewegung
überdämpft. Wenn wir 2δ/Γ = −1 und I/I0 = 1 setzen, dann wird
γ2
πER
=
2
4ωtrap
λβh̄
(4.7)
Dieses Verhältnis ist gleich dem Verhältnis der Rückstoß-Energie zur Änderung
der Zeeman-Energie über eine optische Wellenlänge. Ein typischer experimenteller Wert für β = 1mT /cm (14 M Hz/cm). Das führt zu einem Verhältnis von
Gl.(4.7) von 25 für N a und 2.5 für Cs. Mit diesen Parametern ist die Oszillati2
onsfrequenz in der Falle ωtrap
= βvR . Das entspricht einer Winkelfrequenz von
3 −1
8 × 10 s , also etwa 1 kHz für Na. In einem Abstand von 0.5 cm vom Zentrum
(B = 0) ist bei diesen Parametern die Tiefe der Falle 2 K. Mit der Fallentiefe
30
Magneto-optische Falle
haben wir hier die statische Tiefe bezeichnet. Da ein Atom, das sich in die Falle
hineinbewegt, gleichzeitig Dopplerkühlung erfährt, ist die effektive Tiefe grösser.
Experimentell funktioniert die MOT auch gut in 3-D. Die in der MOT erreichbaren Temperaturen liegen höher als im Fall der optischen Molasse. Aus diesem
Grund wird häufig zuerst eine MOT geladen und dann nach Ausschalten des
Magnetfeldes eine Melassephase verwendet.
Grenzen Eine Grenze in der maximal erreichbaren Dichte in der MOT ergibt
sich durch Strahlungseinschluß [16]. Licht, das von Atomen im Zentrum gestreut
wird, stösst Atome im äußeren Bereich ab (erhöhte Dichte erreicht man durch
Verdunkelung des Fallenzentrums (dark spot MOT [17]). Ebenso führen Stösse
von angeregten Atomen mit Grundzustandsatomen zu einer Beschleunigung, die
nach Photoemission zum Verlassen des Fallenbereiches führen können.
F ' = 3
2
1
0
F ' = 3
2
1
0
re p u m p e r
c o o lin g
F = 2
1
F = 2
1
Damit ein Fallenbetrieb möglich ist,
muss man verhindern, dass durch
nichtresonantes Pumpen auf dem F =
2 → F 0 = 2 Übergang (dieser ist nur
wenige 100 M Hz vom Kühllaser verstimmt) der Grundzustand F = 1 besetzt wird. Dazu wird ein Rückpumplaser verwendet, der die Population
von F = 1 entleert.
Anwendungen Die MOT ist die heute weitest verbreitete Atomfalle. Man hat
damit Atome eingefangen, die zuerst mit Zeemann-Kühlung abgebremst wurden.
Man hat metastabile Atome seltener Isotope eingefangen [18]. Man kann damit
direkt die langsamen Atome aus einer Boltzmann Verteilung bei Zimmertemperatur einfangen [19]. Man kann die Dichte so hoch machen, dass Stösse und der
Strahlungsdruck durch die Fluoreszenz der Atome [16] begrenzende Faktoren für
die erreichbaren Dichten sind. In 2-D hat man eine MOT verwendet um einen
atomaren Trichter zu erzeugen. Mit diesem kann man Na Atome auf longitudinale
Geschwindigkeiten von nahezu Null anreichern [20], bzw einen Atomstrahl bei 50
m/s longitudinaler Geschwindigkeit [21]. Eine MOT mit einem Dunkelbereich in
einem Arm, wurde als Quelle für langsame Atome entwickelt [22].
Vapor-cell MOT Monroe zeigte erstmals, dass man Atome direkt aus der
Maxwell-Verteilung bei Zimmertemperatur in das gedämpfte harmonische Potential der MOT einfangen kann.[19] (107 Cs-Atome in eine Wolke von 1 mm3 )
Die erreichbare Dichte ergibt sich aus der Balance: Einfangrate = Verlustrate.
Magneto-optische Falle
31
Die normierte Geschwindigkeitsverteilung der Atome im Dampf ist
r
2
4 v2
2kB T
v
f (v) = √ 3 exp − 2
wobei
u=
u
M
πu
(4.8)
die wahrscheinlichste Geschwindigkeit ist. Wir definieren eine maximale Einfanggeschwindigkeit vc . Die Einfangrate ergibt sich aus der Zahl der Atome die mit
einer Geschwindigkeit unterhalb von vc durch die Kugeloberfläche mit Volumen
V , Radius r fliegen:
Z
1 vc
1 v4
v6
n v f (v) dv × 4πr2 = √ c3 n × 4πr2 + O( c5 )
(4.9)
4 0
u
πu
Damit ergibt sich als Einfangrate aus der Anzahl der pro Sekunde durch die
Oberfläche einer Kugel einströmenden thermischen Teilchen
R = 0.68 n V
2/3 4
vc
M
2kB T
3/2
,
(4.10)
wobei n die Dichte der Atome ist, die im Dampf bei einer Temperatur T (300 K)
vorliegt. Das Volumen der Falle ist V (etwa 0.1 cm3 ).
Die Verlustrate ist durch Stösse mit (heissen) Cs Atomen gegeben:
p
1/τ = nσhvi = nσ 8kB T /πM
(4.11)
Die Anzahl der Atome in der Falle ergibt sich aus der Bedingung für Stationarität
Ns
dNs
=R−
=0
dt
τ
(4.12)
Da N (t = 0) = 0 baut sich die Dichte nach dem Gesetz
N (t) = Ns (1 − exp(−t/τ ))
auf, und führt zur stationären Besetzung
2
V 2/3 4
M
Ns = Rτ = 0.6
v
.
σ c 2kB T
(4.13)
(4.14)
Die stationäre Dichte, die erreicht werden kann, ist unabhängig vom Druck. Aber
die Zeit, die man braucht um die Falle zu füllen, hängt vom Druck ab.
Welche Parameter bestimmen die Einfanggeschwindigkeit? Die typisch verwendete Verstimmung von der atomaren Resonanz ist eine natürliche Linienbreite.
Dann ist
Γ≈δ ≈k·v
→
vc = 2Γλ .
(4.15)
32
Magneto-optische Falle
Das ist die Geschwindigkeit, die zu einer Dopplerverstimmung von einer natürlichen
Linienbreite führt (bei Cs etwa 5 M hz, 1500 cm/s). Für Cs bei T = 300 K ist etwa ein Atom von 104 langsam genug um aus dem Dampf eingefangen zu werden.
Parameter im Experiment von Monroe: Kühlen von Cs auf dem F = 4 →
F = 5 Übergang. Rückpump-Übergang bei F = 3 → F = 4. Drei Strahlen mit
5 mm Durchmesser, je 2 mW . Magnetfeldgradient im Fallenzentrum 10 G/cm.
Cs-Druck 6 × 10−9 Torr (−20o C).
Radiation trapping (Strahlungseinschluß) begrenzt die Dichte Ns (der kalten
Atome) auf etwa 5 × 1010 Atome/cm3 . Erreichte Temperatur 30 µK. Ladezeiten:
t = 0.06 s bei 10−7 Torr und t = 4s bei 6 × 10−9 T orr.
Im Bild ist die verwendete Falle (Glas mit Glas-Metallübergang zur Ionenpumpe) dargestellt.
Kapitel 5
Kopplung zweier Zustände
5.1
Zeitunabhängiger Fall
Wir untersuchen ein Zweiniveausystem, das im ungestörten Fall durch den HamiltonOperator H0 beschrieben wird, mit den Eigenzuständen |1i , |2i
H0 |ϕn i = En |ϕn i .
(5.1)
und einem Spektrum mit diskreten Eigenwerten
E1 , E2 . Wir setzen E1 = 0 und E2 = h̄ω0 . Der
exakte Hamiltonian sei (W ist zeitunabhängig)
H = H0 + W ,
2 E2
(5.2)
Ω0
wobei der Störterm W die Zustände |1i und |2i
koppelt. Wir suchen Lösungen für
H |ψi = E |ψi .
(5.3)
In diesem Fall muss der gestörte Zustand
|ψi = c1 |1i + c2 |2i
1 E1
(5.4)
sein, wobei c1 und c2 Konstanten sind. Wir setzen Gl. (5.4) in Gl. (5.3) ein
c1 (H − E)|1i + c2 (H − E)|2i = 0 ,
(5.5)
multiplizieren von links mit den bras h1| bzw. h2|, beachten die Orthonormalitätsbeziehung hϕn |ϕm i = δnm und erhalten
c1 (H11 − E) + c2 H12 = 0
c1 H21 + c2 (H22 − E) = 0 ,
(5.6)
wobei wir die Abkürzung Hnm = hϕn |H|ϕm i verwenden. Dabei ist H11 = E1 = 0,
∗
H22 = E2 = h̄ω0 und H12 = H21
= W = hϕ1 |W|ϕ2 i. Nicht-triviale Lösungen für
33
34
Zweiniveausystem
Gl.(5.6) ergeben sich für den Fall, dass die Determinante der Koeffizienten von
c1 und c2 verschwindet:
H11 − E
H
12
=0
(5.7)
H21
H22 − E Diese Gleichung wird für zwei Energiewerte erfüllt:
r
1
1
E± = h̄ω0 ±
(h̄ω0 )2 + W 2
2
4
(5.8)
Typische Lösungen dazu sind in den folgenden Bildern dargestellt:
E
E
E
+
+
E
2
E
h w
0
1
E
E
E
2
E
1
2
h w
2 W
2 W
E
E
D E
E
-
b )
a )
+
0
1
-
-
c )
Im Bild c) (rechts) ändert sich der Energieabstand zwischen den ungestörten
Zuständen gemäß h̄ω0 = x entlang der x-Achse. Die konstante Störung W bewirkt nach Gl.(5.8) eine Abstoßung der ungestörten Zustände (Energie E1 , E2 ),
umso stärker, je kleiner der Energieabstand h̄ω0 der ungestörten Niveaus ist. Der
Energieabstand zwischen den gestörten Zuständen ist
p
E+ − E− = (h̄ω0 )2 + 4W 2 .
(5.9)
Wenn die beiden ungestörten Zustände entartet sind (mittleres Bild) gilt
E+ − E− = 2W .
(5.10)
Wenn die Störung W viel kleiner ist als der ungestörte Energieabstand h̄ω0 dann
ist die Verschiebung (linkes Bild), nach Reihenentwicklung von Gl.(5.9)
∆E =
1
W2
(E+ − E− − h̄ω0 ) ≈
.
2
h̄ω0
(5.11)
Die gestörten Wellenfunktionen erhalten wir indem wir aus Gl.(5.6) die Koeffizienten c1 und c2 mit den Lösungen E = E+ und E = E− aus Gl.(5.8) berechnen:
|ψ+ i = sin β |2i + cos β |1i
|ψ− i = cos β |2i − sin β |1i ,
(5.12)
Zweiniveausystem in Feld einer Mode
35
wobei der Mischungswinkel β definiert ist als
tan 2β =
2W
8
≈ 2β + β 3 + O(β 5 ).
h̄ω0
3
(5.13)
Ist die Störung sehr klein gegenüber dem Energieabstand der ungestörten Zustände
(tan 2β ≈ 2β), dann gilt
W
|2i
h̄ω0
W
|ψ+ i ≈ |2i +
|1i .
h̄ω0
|ψ− i ≈ |1i −
(5.14)
Im Fall einer Entartung der Eigenzustände ( tan 2β = ∞, β = π/4 ) gilt
1
|ψ+ i = √ [|2i + |1i]
2
1
|ψ− i = √ [|2i − |1i]
2
(5.15)
d.h. die gestörten Zustände sind eine 50% Mischung der ungestörten.
5.2
Zweiniveausystem im Feld einer Mode
Mit Mode bezeichnen wir hier ein elektromagnetisches Feld fester Frequenz ωL
und fester linearer Polarisation entlang ˆx . Der allgemeine Zustandsvektor des
Zweiniveausystems |ψ(t)i sei [23]
|ψ(t)i = ce (t)|ei + cg (t)|gi .
(5.16)
Die Bewegungsgleichung für |ψ(t)i ist die zeitabhängige Schrödingergleichung
i
d
|ψi = − H|ψi
dt
h̄
(5.17)
mit dem Hamiltonian
H = H0 + H1 (t)
(5.18)
wobei H0 das ungestörte Atom und H1 die Atom-Laser Wechselwirkung beschreiben. Wenn wir die Vollständigkeitsrelation
|eihe| + |gihg| = 1
(5.19)
verwenden ist
H0 =
|eihe| + |gihg| H0 |eihe| + |gihg|
= h̄ωe |eihe| + h̄ωg |gihg|
(5.20)
36
Zweiniveausystem in Feld einer Mode
mit den Eigenwertgleichungen H0 |ei = h̄ωe |ei und H0 |gi = h̄ωg |gi, wobei die
atomare Frequenz gleich ω0 = ωe − ωg ist.
Das Dipolmatrixelement definieren wir als d~eg = |q| he|ˆx x|gi. Damit schreibt
sich der Feldanteil als
~
H1 (t) = − |q| ˆx xE(t)
~
= − |eihe| + |gihg| |q|ˆx x |eihe| + |gihg| E(t)
~
= − d~eg E(t)
( |eihg| + |gihe| )
(5.21)
mit
1
~
E(t)
= ˆx E0 cos ωL t = ˆx E0 eiωL t + e−iωL t
2
(5.22)
Wir definieren die Rabi-Frequenz als
Ω1 =
|dge |E0
.
h̄
(5.23)
Die Bewegungsgleichungen für die Amplituden erhalten wir, indem wir Gl.(5.16)
in Gl.(5.17) einsetzen und einmal von links die bras he| bzw. hg| anwenden
i
ċe = −iωe ce + Ω1 cg eiωL t + e−iωL t
2
i
ċg = −iωg cg + Ω1 ce eiωL t + e−iωL t .
2
(5.24)
Zur Lösung machen wir zuerst den Ansatz mit den zeitabhängigen Basisfunktionen (rotating wave approximation )
ce = Ce e−iωe t
cg = Cg e−iωg t
und
(5.25)
und erhalten
i
Ω1 Cg ei(ω0 −ωL )t + ei(ω0 +ωL )t
2
i
Ω1 Ce e−i(ω0 −ωL )t + e−i(ω0 +ωL )t
=
2
Ċe =
(5.26)
Ċg
(5.27)
Wenn wir die Verstimmung
δ = ωL − ω0
(5.28)
einführen und die schnell variierenden Exponentialterme mit e±i(ω0 +ωL )t vernachlässigen, dann vereinfachen sich die Gleichungen zu
i
Ċe = Ω1 Cg e−iδt
2
und
i
Ċg = Ω1 Ce e+iδt
2
(5.29)
Zweiniveausystem in Feld einer Mode
37
Jetzt differenzieren wir die Gleichungen (5.29) einmal und setzen jeweils Ċg und
Ċe aus Gl.(5.29) ein:
Ω21
Ce
4
Ω2
= +iδ Ċg − 1 Cg
4
C̈e = −iδ Ċe −
C̈g
(5.30)
Mit der verallgemeinerten Rabifrequenz
q
Ω = Ω21 + δ 2
(5.31)
ergeben sich für die Gleichungen (5.30) die Lösungen
Ce (t) = a1 eiΩt/2 + a2 e−iΩt/2 e−iδt/2
Cg (t) = b1 eiΩt/2 + b2 e−iΩt/2 e+iδt/2
(5.32)
wobei sich die Integrationskonstanten aus den Anfangsbedingungen ergeben
1
[(Ω ± δ)Ce (0) ± Ω1 Cg (0)]
2Ω
1
=
[(Ω ∓ δ)Cg (0) ± Ω1 Ce (0)]
2Ω
a1,2 =
b1,2
Mit der Anfangsbedingung Ce (0) = 0; Cg (0) = 1 erhalten wir
Ω1
Ωt −iδt/2
Ce (t) =
+i
sin
e
Ω
2
Ωt +iδt/2
Ωt iδ
− sin
e
Cg (t) =
cos
2
Ω
2
(5.33)
(5.34)
wobei die Erhaltung der Wahrscheinlichkeitsdichte gilt
|Ce (t)|2 + |Cg (t)|2 = 1 .
(5.35)
Populationen :
Zuerst betrachten wir die Besetzungsdichten in den beiden Zuständen. Mit den
Anfangsbedingungen Ce (0) = 0 und Cg (0) = 1 ist die Inversion zur Zeit t :
2
Ωt
Ωt
Ω1 − δ 2
2
2
2
2
sin
− cos
(5.36)
|Ce (t)| − |Cg (t)| =
2
Ω
2
2
Bei Resonanz (δ = 0) gilt Ω = Ω1 und wegen sin2 α − cos2 α = − cos(2α)
|Ce (t)|2 − |Cg (t)|2 = − cos (Ω1 t)
(5.37)
38
Zweiniveausystem in Feld einer Mode
Die Inversion oszilliert mit der Rabi-Frequenz zwischen −1 und +1. Im allgemeinen Fall gilt für die Besetzung des angeregten Zustandes
2
Ω1 − δ 2
Ωt
2
2
|Ce (t)| =
sin
(5.38)
Ω2
2
Das Bild zeigt Besetzung des angeregten Zustandes nach Gl.5.38 als Funktion der
Zeit, einmal für Resonanz (δ = 0) und für eine Verstimmung (δ = 0.3). In beiden
Fällen ist Ω1 = 1, sodass die Population bei Resonanz nach einer Zeit t = 2π/Ω
wieder komplett in den Grundzustand zurückkehrt. Bei Verstimmung erreicht die
Population nie den Wert von 1 und oszilliert rascher als die Rabifrequenz Ω1 .
1
0.8
Ce t
2
∆0
0.6
∆ 0.3
0.4
0.2
2Π
4Π
6Π
8Π
10 Π
t
1
Ce t
1
∆0
1 1
0.8
0.6
Ce t
0.4
∆ .4
1 1
0.8
0.2
0.6
0.4
0.2
Π
2Π
Π
t
∆0
1 1
1
∆ .4
1 1
1
0.5
Pt
2Π
t
0.5
Pt
0
0.5
0
0.5
Π
2Π
t
Π
2Π
t
Polarisation : Im Weiteren untersuchen wir die sogenannten Kohärenzen, die
sich aus der Überlagerung von Grundzustand und angeregtem Zustand ergeben.
Das oszillierende elektrische Feld induziert im Atom das zeitlich oszillierende
Dipolmoment
P(t) = qhψ(t)|x|ψ(t)i
= c∗e (t)cg (t) |deg | + c.c.
(5.39)
Spontane Emission
39
Für den Realteil des Dipolmomentes ergibt sich:
iΩ1
Ωt
iδ
Ωt
Ωt iωL t
P(t) = 2<e
|deg | cos
− sin
sin
e
Ω
2
Ω
2
2
(5.40)
In den Bildern oben ist die Population im angeregten Zustand Gl. (5.38) für δ = 0
und δ = 0.4 aufgetragen. Darunter finden sich die entsprechenden momentanen
Werte des Dipolmomentes für deg = 1, ωL = 100 (Ω1 = 1).1
5.3
Spontane Emission
In diesen Betrachtungen ist die spontane Emission nicht enthalten. Im Gegensatz
zur stimulierten Emission, bei der Anregungsenergie und Impuls des ZweiniveauSystems im Photon des Laserfeldes wiedererscheint, ist der Wellenvektor des spontanen Photons willkürlich verteilt. So kommt es im spontanen Prozess zur Impulsänderung und zum Energieverlust des Systems (Zweiniveau-Atom plus Laserfeld) dar. Da das spontane Photon dem System verloren geht, ist die damit verbundene Impulsänderung und der Energieverlust irreversibel. Anschaulich kann
die spontane Emission in einer Monte-Carlo Simulation des zeitlichen Verlaufes
der Population des angeregten Zustandes |Ce (t)|2 ) aus Gl.(5.38) verfolgt werden.
Hier wird angenommen, dass die Wahr1
scheinlichkeit der spontanen Emission
0.8
1 Atom
2
proportional ist zu |Ce (t)| und dass das
0.6
Zweiniveau-System nach einer spontanen
0.4
Emission mit der Bedingung Cg = 1, Ce = 0
0.2
erneut mit Rabioszillationen beginnt.
2Π
Für ein einzelnes Atom erkennt man
die Unterbrechung der Rabi-Oszillation
bei spontener Emission zu den Zeitpunkten, die durch Pfeilen gekennzeichnet sind.
Für mehrere Atome zeigt sich, dass die Oszillationen gedämpft werden und die Anregungswahrscheinlichkeit sich einem stationären Wert nähert. Bei Resonanz (δ =
0) und bei vernachlässigbarer spontaner
Emission ist der stationäre Wert gleich 12 ,
ansonsten kleiner als 21 .
1
4Π
1
0.8
0.6
0.4
0.2
6Π
8Π
10 Atome
2Π
4Π
1
0.8
0.6
0.4
0.2
6Π
8Π
50 Atome
2Π
4Π
6Π
8Π
Unter realistischen Bedingungen ist das Verhältnis ωL /Ω1 um Größenordnungen höher als
hier angenommen. Im optischen Fall ist ωL /Ω1 ≈ 107 bei I = I0 .
40
Spontane Emission
Kapitel 6
Dressed States
6.1
Ungekoppelte Atom-Laser Zustände
Unser Atom habe nur zwei diskrete
Zustände, |gi und |ei mit den Energien
0 und h̄ω0 . Der atomare Hamiltonian
ist dann
|N + 1 >
w
L
w
L
|e >
w
HA = h̄ω0 |eihe| , oder
0 0
HA = h̄
.
0 ω0
0
|N >
|g >
|N - 1 >
Der Hamiltonian der Lasermode ist
†
HL = h̄ωL aL aL + 1/2 ,
A
L
wobei a†L und aL die Erzeugungs- und Vernichtungsoperatoren für Photonen in
der Lasermode sind. Der Anzahloperator a†L aL angewandt auf die Eigenfunktionen von HL gibt uns die Anzahl der Photonen N in der Lasermode. Der atomare elektrische Dipoloperator ist ungerade. Er verknüpft nur atomare Zustände
unterschiedlicher Parität. In einer ersten Betrachtung zur Konstruktion der mit
Photonen bekleideten Zustände wird der Dipoloperator abgeschaltet (keine Wechselwirkung Photonen - Atom, lediglich Bekleidung eines Atomzustandes mit einer
gewissen Anzahl N von Photonen).
Die bekleideten Zustände (dressed states) sind Eigenzustände von HA + HL .
Sie werden durch zwei Quantenzahlen beschrieben, die Anzahl der Laserphotonen
N und die atomaren Zustände |gi und |ei.
41
42
Bekleidete Zuände
Wenn die Verstimmung klein ist,
δ = ωL − ω0 << ω0 , dann liegen
die Zustände |g, N + 1i und |e, N i
sehr nahe beisammen. Sie bilden
auf der Achse der Gesamtenergie
eine Leiter mit jeweils zwei naheliegenden Sprossen (Abstand h̄δ),
die vom nächsten Sprossenpaar
um den Betrag h̄ωL getrennt sind.
Ein Sprossenpaar ( Familie“)
”
E(N ) kennzeichnen wir als
n
o
E(N ) = |g, N + 1i, |e, N i .
6.2
w
|g , N + 2 >
d
L
d
L
d
L
|e , N + 1 >
- (N + 1 )
L
w
|g , N + 1 >
|e , N >
- (N )
L
|g , N >
|e , N - 1 >
- (N - 1 )
Atom-Laser Kopplung
In der elektrischen Dipolnäherung (atomares Dipolmoment d~ = q · ~x) definieren
wir die Kopplung
~L
VAL = −d~ · E
mit dem quantisierten Feld [25]
r
h̄ωL
~L =
~L aL + a†L ,
E
20 V
(6.1)
(6.2)
wobei V das Modenvolumen und ~L die Laserpolarisation ist. Der Dipol-Operator
verknüpft Zustände unterschiedlicher Parität (siehe Gl.(5.21))
d~ = d~ge (|eihg| + |gihe|) = d~ge b† + b
(6.3)
~ = he|d|gi
~ eine reelle Größe ist. Mit der Abkürzung
wobei d~ge = hg|d|ei
r
h̄ωL
v=−
~L · d~ge
20 V
wird der Kopplungsterm
VAL = v b + b† aL + a†L .
(6.4)
(6.5)
Der Kopplungsterm enthält vier Beiträge. Der Operator aL vernichtet ein Photon
der Lasermode, der Operator a†L erzeugt ein Photon. Der Operator b bringt ein
Atom vom angeregten Zustand in den Grundzustand, der Operator b† bringt ein
Atom vom Grundzustand in den angeregten Zustand.
Dressed States
43
• Damit beschreibt a†L b den Übergang vom angeregten in den Grundzustand
unter gleichzeitiger Erzeugung eines Photons in der Lasermode.
• aL b† beschreibt den Übergang vom Grundzustand in den angeregten Zustand unter Vernichtung eines Photons in der Lasermode.
• Die Terme aL b und a†L b† erfüllen die Energieerhaltung nicht und werden
nicht berücksichtigt.
√
√
Wegen a†L |N i = N + 1|N + 1i und aL |N + 1i = N + 1|N i ist das Matrixelement der Kopplung zwischen den beiden Zuständen eines Sprossenpaares E(N )
†
†
he, N |VAL |g, N +1i = v he, N | b + b
aL + aL |g, N +1i
√
= v N +1
p
≈ v hN i
(6.6)
wobei in der letzten Zeile die Näherung
gemacht
p wurde, dass viele Photonen in
√
der Lasermode vorliegen (dann ist N + 1 ≈ hN i). In diesem Fall läßt sich die
~ 0 und Intensität I des klassischen externen Feldes E(t)
~
~ 0 cos ωL t
Amplitude E
=E
p
√
|E0 | ∝ hN i/V ∝ I
mit dem quantisierten Feld in Verbindung bringen [26]
r
h̄ωL p
~
hN i .
E0 = 2~L
20 V
(6.7)
Mit der Rabi-Frequenz
Ω1 =
~ 0|
|d~ge E
h̄
(6.8)
schreibt sich der Wechselwirkungsterm
1
he, N |VAL |g, N +1i = h̄Ω1
2
(6.9)
Zur Abschätzung von Größenordnungen nehmen wir einen “guten” Übergang mit
Dipolmoment
1 debye = 3.33 × 10−30 A s m
(6.10)
und eine Feldstärke von 1 V /cm (entspricht I ≈ 1.3 mW/cm2 ). Unter diesen
Bedingungen ist Ω1 = 3 × 106 s−1 . Wenn wir diese Wechselwirkung zwischen
den zwei Partnern eines Sprossenpaares einschalten, ergeben sich nach Gleichung
(5.9) gestörte Zustände mit dem Energieabstand
q
h̄Ω = h̄ Ω21 + δ 2 .
(6.11)
44
Bekleidete Zuände
Die Aufspaltung entspricht der
verallgemeinerten Rabi-Frequenz,
Gl.(5.31). Die Energieverschiebung
Ω − δ wird als Wechselfeld-Stark
Verschiebung (ac-Stark shift,
Lichtverschiebung ) bezeichnet.
|1 ,N >
|g , N + 1 >
d
W
L
|e , N >
|2 ,N >
Diese Verschiebung ist meist winzig klein! Bei Resonanz (δ = 0) ist die Lichtverschiebung des atomaren Niveaus im obigen Beispiel nur
Ω1 = 3 × 106 s−1 = 2 neV = 2 × 10−9 104 = 2 µK
Analog zu Gleichung 5.12 berechnen sich die gestörten Zustandsvektoren |1, N i
und |2, N i als
|1, N i = sin β |g, N +1i + cos β |e, N i
|2, N i = cos β |g, N +1i − sin β |e, N i ,
wobei
tan 2β = Ω1 /δ
sin 2β = Ω1 /Ω
cos 2β = −δ/Ω .
Das Bild zeigt das gestörte Sprossenpaar als Funktion der Verstimmung δ.
Für δ = 0 ist β = 45o (völlige Mischung), Für Ω1 = 0 ist β = 90o (ungestörte Zustände).
(6.12)
w
E n e rg y
|1 ,N >
|g , N + 1 >
0
|e , N >
W
1
0
|2 ,N >
D e tu n in g
d
Für das Zweiniveausystem ergibt sich damit im herkömmlichen Bild folgende
Änderung der potentiellen Energie des Atoms:
• Wenn die Verstimmung rot ist, (δ < 0) werden |gi und |ei auseinandergedrückt, die potentielle Energie des Grundzustandes erniedrigt sich.
• Die Zustände nähern sich aber, wenn die Verstimmung blau ist (δ > 0), die
potentielle Energie des Grundzustandes steigt an.
L
Dressed States
d
45
L
> 0
d
< 0
|e >
|e >
w
w
0
w
L
|g >
w
0
L
|g >
V
6.3
L
A L = 0
V
V
A L = 0
A L = 0
V
A L = 0
Effekt der spontanen Emission
Die Kopplung des Atoms über spontane Emission in die leeren Moden des Strahlungsfeldes wurde bisher nicht berücksichtigt.
Die induzierte Absorption und
Emission ist im Bild rechts
durch die horizonalen Pfeile
angedeutet. In der nichtgekoppelten Basis sind die einzig erlaubten spontanen Übergänge
die von |e, N i nach |g, N i bzw.
|e, N −1i nach |g, N −1i u.s.w.
(Wellenlinien).
|g , N + 1 >
|e , N >
|g , N >
|e , N - 1 >
|g , N - 1 >
|e , N - 2 >
|1 ,N >
In der gekoppelten Basis enthalten beide Zustände jeder
E(N ) Familie sowohl |gi als
auch von |ei Charakter.
Demzufolge gibt es Übergänge
aus jedem E(N )-Paar in das
nächst tiefer liegende Paar.
Das Emissionsspektrum besteht aus 3 Linien: Mollow Triplet.
|g , N + 1 >
d
w
|e , N >
W
- (N )
W
- (N - 1 )
|2 ,N >
L
|1 ,N - 1 >
|g , N >
d
|e , N - 1 >
|2 ,N - 1 >
Mollow-Triplet Bei spektraler Auflösung des Fluoreszenzspektrums findet man
in der spontanen Emission nicht eine einzelne Linie, sondern ein Mollow-Triplet,
46
dessen Ursprung man in der gekoppelten Basis verstehen kann: Die gestörten
Zustände |1, N i und |2, N i sind nach Gl.(6.12) Mischungen aus den Zuständen
|g, N i und |e, N − 1i. Dasselbe gilt für die Mitglieder des nächst tiefer gelegenen Sprossenpaares. Aus diesem Grund sind spontane Übergänge von jedem der
beiden oberen gestörten Zustände E(N ) zu jedem der beiden unteren gestörten
Zustände E(N − 1) möglich. Diese vier Übergänge separieren energetisch in ein
Mollow-Triplet. Symmetrisch zur Zentralfrequenz bei ωL gibt es zwei Seitenbänder
ωL ± Ω. Breite und Abstand dieser drei Linien hängen von der Rabifrequenz (Ω)
ab.
Der sogenannte Sisyphus-Kühlmechanismus (siehe Kapitel 7 und 11) leitet
sich aus einem Ungleichgewicht in der Intensität der beiden Seitenbänder ab. Sind
beide Seitenbänder gleich stark bedeutet dies, dass sich stimulierte Absorption
und Emission die Waage halten und kein Netto Impulsübertrag resultiert.
Autler-Townes Profil Pumpt man mit einem starken Feld den Übergang |gi
nach |ei, dann kann ein schwacher Probe-Strahl bei einer Frequenz ωp , der einen
Übergang von |1, N i nach |p, N i untersucht (z.B. über Beobachtung der Absorption bei ωp bzw. einer spezifischen Fluoreszenz aus dem Zustand |pi), die RabiAufspaltung direkt sichtbar machen. Im Spektrum entsteht ein Autler-Townes
doublet.
|p , N >
w
p
|e , N >
d
|p , N >
|1 (N )>
W
L
|g , N + 1 >
|2 (N )>
Kapitel 7
Dipolkraft
Dalibard und Cohen-Tannoudji1 führten folgendes Prinzip für den Ursprung der
Dipolkraft ein: Die Energiezustände des Atoms verschieben sich mit der Intensität um einen Betrag, der proportional zum Quadrat der Rabifrequenz ist (um
die sogenannte ac-Stark Verschiebung). Bei einem räumlich inhomogenen Laserfeld ändert sich die Rabifrequenz im Raum. Daraus folgt, dass sich die potentielle
Energie des atomaren Zustandes und damit die potentielle Energie des Atoms im
Raum ändert. Die Dipolkraft erklärt sich aus dem Gradienten dieser potentiellen Energie. Dabei machen die Autoren die Annahme, dass die Ausdehnung des
atomaren Wellenpakets klein ist gegenüber der Laserwellenlänge,
∆r λ
(7.1)
Zudem wird angenommen, dass die Dopplerdispersion klein ist im Vergleich zur
natürlichen Linienbreite,
k ∆v Γ
(7.2)
Da aus der Unschärferelation M ∆r ∆v ≥ h̄ gilt, sind die Annahmen in Gl.(7.1)
und (7.2) nur erfüllt, wenn die Rückstoßenergie klein ist gegenüber der natürlichen
Breite:
h̄2 k 2
ER =
h̄Γ
2M
Γ
2 π×6 M Hz
λ
780 nm
k
6
8 × 10
m
(7.3)
aus (7.2) ∆v 1 m/s
h̄/M ∆v
−1
ER
1
∆r ≈ 1 nm
3.5 kHz
Dressed-atom approach to atomic motion in laser light: the dipole force revisited,
J. Dalibard und C. Cohen-Tannoudji, JOSA B 2 1707-1720 (1985).[27]
47
48
Dipolkraft
Wir betrachten ein Zwei-Niveau System am Ort r. Der Hamiltonian ist
H = HA + HL + VAL
(7.4)
Mit den Projektoren b† und b
b† = |eihg|
b = |gihe|
(7.5)
schreibt sich der atomare Hamiltonian,
HA =
P2
P2
+ h̄ω0 b† b =
+ h̄ω0 |eihe|
2M
2M
(7.6)
Der Projektor b† b gibt uns den Erwartungswert des angeregten Zustandes. Der
Hamiltonian des freien Strahlungsfeldes ist
HL =
X
h̄ωλ a†λ aλ + 1/2
(7.7)
λ
wobei a†λ , aλ die Erzeugungs- und Vernichtungsoperatoren eines Photons in der
Mode λ sind. Der Erwartungswert von a†λ aλ gibt die Anzahl der Photonen in
der Mode λ. Eine Komponente davon ist das Laserfeld ωL . Das elektromagnetische Feld ist in einem Satz orthogonaler Feldverteilungen Eλ (r) quantisiert. Die
Kopplung des Atomes mit dem Laserfeld erfolgt über die stimulierte Einphotonenabsorption und -emission: (d = Dipoloperator)
VAL = −dEL (r) b† aL − dEL∗ (r) b a†L
7.1
(7.8)
Hamiltonian bekleideter Zustände
Wenn die Atom-Laser Kopplung viel stärker ist als die Atom-Vakuum Kopplung, dann kann die spontane Emission in erster Näherung vernachlässigt werden. Anfänglich sei die atomare Geschwindigkeit v = 0. Die Summe der inneren
atomaren Energie, der Energie in der Lasermode, und der Kopplung zwischen
Atom und Laserfeld (Verstimmung δ = ωL − ω0 ):
HDA (r) = h̄ (ωL −δ) b† b + h̄ωL a†L aL + VAL
(7.9)
Die ursprünglichen (feldfreien) Basiszustände sind |ei und |gi.
Wir schalten die Kopplung (7.8) vorerst aus. Die Basis der bekleideten Zustände
besteht aus den Familien E(N ) = {|e, N i, |g, N +1i}, wobei N die Photonenanzahl in der Lasermode angibt.
Dipolkraft
49
Jedes
Leitersprossenpaar
(=Familie) ist um die Verstimmung δ energetisch getrennt.
Benachbarte
Sprossenpaare
liegen im Abstand von ωL .
|g , N + 2 >
d
w
|e , N + 1 >
L
|g , N + 1 >
d
Die Wechselwirkung, VAL , koppelt die beiden Zustände einer
Familie E(N ) über stimulierte Absorption und stimulierte
Emission:
w
|e , N >
1
h̄Ω1 (r)
2
1
h̄Ω1 (r)
hg, N +1|VAL |e, N i =
2
- (N )
L
d
he, N |VAL |g, N +1i =
- (N + 1 )
|g , N >
|e , N - 1 >
- (N - 1 )
(7.10)
(7.11)
wobei Ω1 die Rabifrequenz ist
Ω1 =
d · E0
.
h̄
(7.12)
Die Matrix der gekoppelten bekleideten Zustände ist damit (auf einer Energieskala relativ zu (N +1) h̄ωL − h̄δ/2 )

HDA =
+δ
h̄ 
Ω1 (r)
2
Ω1 (r)

−δ

(7.13)
Wenn wir diese Basis diagonalisieren, dann erhalten wir neue bekleidete Zustände:
die Gruppe E(N ) besteht aus den diagonalisierten Zuständen |1, N i und |2, N i
mit den Energien:
1
U1,N (r) = + h̄Ω(r)
2
1
U2,N (r) = − h̄Ω(r)
2
(7.14)
(7.15)
wobei die effektive Rabifrequenz über die lokale Lichtintensität vom Ort r abhängig
ist.
q
Ω(r) = Ω21 + δ 2
(7.16)
Die Größe h̄ Ω(r) entspricht gerade dem Energieabstand zwischen den neuen Basiszuständen. Auch diese Leitersprossen wiederholen sich periodisch im Abstand
50
Dipolkraft
ωL . Diese neuen Zustände sind Mischungen aus den Basiszuständen |g, N+1i und
|e, N i mit den Eigenvektoren:
|1, N ; ri = + cos β |e, N i + sin β |g, N +1i
|2, N ; ri = − sin β |e, N i + cos β |g, N +1i
(7.17)
(7.18)
wobei der Mischwinkel β definiert ist als
cos 2β(r) = −
δ
Ω(r)
und
sin 2β(r) =
Ω1 (r)
Ω(r)
(7.19)
• Für Ω1 = 0 (kein Laserfeld) ist sin 2β = 0 und der Mischwinkel β = 90o ,
damit ist cos β = 0 und der Zustand |1, N ; ri = |g, N +1i, ist also der reine
Grundzustand, und der Zustand |2, N ; ri = |e, N i ist der reine angeregte
Zustand.
• Für δ = 0 (maximale Mischung) ist cos 2β = √0 und der Mischwinkel ist
β = 45o , damit ist der Zustand |1, N ; ri = (1/ 2)(|g, N +1i + |e, N i). Er
hat 50 % Beimengung des angeregten Zustandes.
Die Ursache für die Dipolkraft ist jetzt, dass im inhomogenen Laserfeld diese
Energien und Eigenvektoren abhängig sind von der Position (r), weil sich die
Intensität und damit die Rabifrequenz räumlich ändern.
|1 (N )>
|g ,N + 1 >
|g , N + 1 >
d
d
- (N )
W
|e , N >
|e , N >
|2 (N )>
O u ts id e th e
la s e r b e a m
In s id e th e
la s e r b e a m
O u ts id e th e
la s e r b e a m
P o s itio n
|1 (N - 1 )>
|g , N >
d
|e , N - 1 >
|g ,N >
d
W
|2 (N - 1 )>
- (N - 1 )
|e , N - 1 >
Außerhalb des Laserfeldes fallen die bekleideten Zustände
mit den Ungekoppelten zusammen. Ihr Sprossenabstand
ist gleich der Verstimmung
δ. Innerhalb des Laserfeldes
sind die beiden Zustände
Überlagerungen aus |g, N + 1i
und |e, N i und die Aufspaltung ist größer (gleich h̄Ω).
Die Richtung der Energieverschiebung
der
Zustände
|gi und |ei hängt von der
Verstimmung ab:
Der Zustand |g, N +1i und damit |gi verschieben sich nach oben, wenn δ positiv
ist, |g, N +1i und damit |gi verschieben sich nach unten, wenn δ negativ ist. Das
Bild oben zeigt die Energieverschiebung bei δ > 0. Die Größe der Verschiebung
relativ zur Laserfrequenz ωL ist stark übertrieben gezeichnet ist.
Dipolkraft
w
7.2
L
51
Mollow Triplett
Die Kopplung mit den leeren Moden des Strahlungsfeldes haben wir bisher nicht
berücksichtigt. In der nichtgekoppelten Basis sind die einzig erlaubten spontanen
Übergänge die von |e, N i nach |g, N i, wobei N beliebig sein kann (siehe Bild auf
Seite 45). In der gekoppelten Basis enthalten beide Zustände eines E(N ) Sprossenpaars Anteile sowohl von |gi als auch von |ei. Demzufolge gibt es spontane
Übergänge aus beiden Zuständen der E(N ) Familie in die nächst tiefer liegende Familie E(N −1). Das Emissionsspektrum besteht deshalb aus 3 Linien, das
sogenannte Mollow Triplet [28].
Bei spektraler Auflösung des Fluoreszenzspektrums findet man in der spontanen Emission nicht eine einzelne Linie, sondern ein Mollow-Triplet, dessen Ursprung man in der gekoppelten Basis verstehen kann:
Die gestörten Zustände |1, N i und |2, N i sind gemäß Gl.(7.17) und Gl.(7.18) Mischungen aus den Zuständen |g, N i und |e, N−1i. Dasselbe gilt für die Mitglieder
des nächst tiefer gelegenen Sprossenpaares. Aus diesem Grund sind spontane
Übergänge von jedem Teil des Sprossenpaares E(N ) zu jedem Teil des Sprossenpaares E(N −1) möglich.
Diese vier Übergänge separie|1 ,N >
ren sich in ein Mollow-Triplet.
|g , N + 1 >
Symmetrisch zur Zentralfred
- (N )
W
quenz bei ωL gibt es zwei
|2 ,N >
|e , N >
Seitenbänder ωL ± Ω. Die
Breite dieser drei Linien und
ihr Abstand hängen von der
Pumprate Ω ab.
|1 ,N - 1 >
Die Stärken der einzelnen
|g , N >
Übergänge
des
Mollowd
- (N - 1 )
W
Triplets sind durch die betref|e , N - 1 >
|2 ,N - 1 >
fenden Dipolmatrixelemente
bestimmt:
dij = hi, N −1|d(b + b† )|j, N i
(7.20)
Nach Einsetzen der Zustandsvektoren aus Gl.(7.17) und Gl.(7.18) ergibt sich:
d11 = −d22 = d cos β sin β
d12 = −d sin2 β
d21 = d cos2 β
(7.21)
Die Dipolmatrixelemente dij hängen über den Mischwinkel von Ω und diese über
die lokale Intensität vom Orte r ab. Damit kann man jetzt eine Master Gleichung
für die Dichtematrix, ρ, für das bekleidete Atom am Ort r anschreiben. Diese Gleichung (siehe Anhang G) beschreibt die Zeitabhängigkeit des Zweiniveausystems
52
Dipolkraft
auf Grund der Kopplung mit dem Laserfeld unter Berücksichtigung der Relaxation durch spontane Emission (also der Kopplung mit den leeren Moden des
Vakuums). Die Lösung der Master-Gleichung ist zur Herleitung des Ursprungs der
Dipolkraft auf ein Zweiniveauatom nicht notwendig, sondern nur eine Kenntnis
der reduzierten Populationen Πi (wobei i = 1, 2 die Bezeichnung für die beiden
Zustände eines Sprossenpaars ist)
Πi (r) = ρii =
X
hi, N ; r|ρ(r)|i, N ; ri
(7.22)
N
sowie Kenntnis der Kohärenzen ρij (r) (für die Herleitung von Beiträgen höherer
Ordnung zur Dipolkraft)
ρij (r) =
X
hi, N ; r|ρ(r)|j, N ; ri .
(7.23)
N
Im folgenden wird die Annahme gemacht, dass die Linien des Mollow Triplets
gut separiert sind: Ω1 (r) Γ. Das ist der Fall, wenn entweder die Verstimmung
sehr hoch ist (|δ| Γ ), oder wenn die Intensität sehr hoch ist.
Wir betrachten zuerst die Änderung der Besetzungsdichte an einem festen
Ort r bei fester Intensität. Die Übergänge bei ωL im Mollow-Triplet führen zu
keiner Änderung in den Populationen Πi , da diese gleich sind der Summe der
Besetzung aller Leitersprossen i :
dΠ1 /dt = −Γ21 Π1 + Γ12 Π2
dΠ2 /dt = +Γ21 Π1 − Γ12 Π2
(7.24)
Die Transfer Raten 1 ↔ 2 sind proportional zum Quadrat der Dipolmatrixelemente (Gl. 7.21)
Γ12 = Γ sin4 β
Γ21 = Γ cos4 β
(7.25)
Im stationären Fall ist die Änderung (7.24) gleich Null. Wegen Π1 +Π2 = 1 gilt
für die stationären Populationen
Γ12
sin4 β
=
Γ21 + Γ12
sin4 β + cos4 β
cos4 β
Γ21
=
=
Γ21 + Γ12
sin4 β + cos4 β
Πstat
=
1
Πstat
2
(7.26)
Dipolkraft
53
90
1
2
85
0.8
80
75
0.6
Β
i
0.4
70
65
60
55
0.2
1
50
0
0
30
60
90
Β
120
150
180
45
1
2
3
4
5
1 ∆
Da sich die Intensität in dem hier betrachteten Fall von Ort zu Ort ändert,
hängen die Größen, Π und β vom Ort ab! Wie lange braucht es bis die stationären
Besetzungen ereicht werden, wenn wir ein Atom an einen neuen Ort bringen? Eine
Größenordnung dafür gibt uns die Summe der spontanen Raten aus den beiden
Sprossen eines Leiterpaares:
Γpop = Γ12 + Γ21 = Γ sin4 β + cos4 β
(7.27)
Für ein unbewegtes Atom im stationären Zustand gilt Γ12 Πstat
= Γ21 Πstat
1
2 . Dann
erscheinen in beiden Seitenbändern gleich viele spontane Photonen. Deshalb erscheint im stationären Zustand ein symmetrisches Mollow Triplet.
7.3
Mittlere Dipolkraft
Die mittlere Dipolkraft lässt sich aus der räumlichen Änderung der relativen
potentiellen Energie der bekleideten Zustände verstehen
1
U1 (r) = + h̄Ω(r)
2
1
U2 (r) = − h̄Ω(r) = −U1 (r)
2
(7.28)
Für große Verstimmung (Ω1 /δ 1) ist dies gerade
U1 (r) − h̄δ/2 =
=
=
=
≈
1
h̄ {Ω(r) − δ}
2 q
1
2
2
h̄
Ω1 + δ − δ
2
q
1
2
2
h̄δ
1 + Ω1 /δ − 1
2
1 2 2
1
h̄δ
Ω /δ − . . .
2
2 1
h̄Ω21
4δ
(7.29)
54
Dipolkraft
Das folgende Bild zeigt das Verhalten von Gl.( 7.28) über den Querschnitt eines
Gauss’schen Laserstrahl-Profils für positive und negative Verstimmung. Die Dicke der Punkte ist als ein Maß für die stationäre Population in den bekleideten
Zuständen als Funktion des Ortes gedacht. Im linken Bild der Fall von Blauverstimmung (hier entsteht effektiv ein abstoßendes Potential), im rechten Bild im
Fall von Rotverstimmung (anziehend).
|1 ,N >
|1 ,N )
|g , N + 1 >
|e , N >
|e , N >
|g , N + 1 >
d > 0
|2 ,N >
d < 0
|2 ,N >
Die Population Π1 (das ist im feldfreien Fall der Grundzustand) sieht für Blauverstimmung (δ > 0) einen Gradienten, der aus dem Laserfeld zeigt, die Population
Π2 einen in Richtung größerer Laserintensität. Für Rotverstimmung ergibt sich in
der Summe ein attraktives Potential, für Blauverstimmung ein repulsives Potential. Die Kraft ist proportional zum räumlichen Gradienten der Rabi-Frequenz. Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich die stationäre Population auf beide Zustände
einer Familie verteilt (grosser und kleiner Punkt) und die beiden Anteile unterschiedliche Kraftrichtung erfahren. Eine erste Näherung zur resultierenden Kraft
ergibt sich aus der Gewichtung der beiden Kräfte mit der relativen Population.
Unbewegtes Atom: Wir nehmen an, dass sich die Gleichgewichtspopulation
(7.26) eingestellt hat. Die Dipolkraft ist der Mittelwert der Energiegradienten,
gewichtet mit der Wahrscheinlichkeit für die Besetzung in den Zuständen:
stat
~ 1 (r) − Πstat
~ 2 (r)
F~dip
(r) = −Πstat
∇U
∇U
1
2
(7.30)
Zur Vereinfachung der Schreibweise unterdrücken wir im Folgenden die explizite
Ortsabhängigkeit. Nach Einsetzen von Gl.(7.26) und Gl.(7.28) in diese Gleichung
erhalten wir :
stat
F~dip
4
1 ~
sin β − cos4 β
= − h̄∇Ω
2
sin4 β + cos4 β
1 ~
cos 2β
= − h̄∇Ω
2
1 − 12 (sin 2β)2
Dipolkraft
55
Mit Gl.(7.19) wird daraus
stat
F~dip
=
− h̄δ
Ω2
~
∇Ω
Ω21 + 2δ 2
(7.31)
Ω2
~ 1
− h̄δ 2 1 2 ∇Ω
Ω1 + 2δ
2
h̄δ
Ω
1
~
= −∇
ln 1 + 2
2
2δ
=
(7.32)
Gleichung (7.31) läßt sich auch schreiben als:
~ (I/I0 )
h̄δ
∇
stat
F~dip
=−
4 1 + I/I0 + (2δ/Γ)2
(7.33)
In (Gl. 7.32) steht der Gradient des Potentiales, das die Dipolkraft beschreibt:
h̄δ
Ω21
(7.34)
ln 1 + 2
Udip =
2
2δ
0.4
Udip 1
0.2
0
7.34
0.2
0.4
7.29
3
2
1
0
∆1
1
2
3
Die strichlierte Kurve gibt die potentielle Energie der Basiszustände |1, N i und
|2, N i in der Näherung Ω1 /δ 1 an (Gl. 7.29). Der Erwartungswert der potentiellen Energie des ruhenden Atoms (Gl. 7.34) wächst anfänglich mit der Verstimmung δ an, erreicht ein Maximum und fällt dann mit der Verstimmung ab,
wobei das Vorzeichen von der Verstimmung abhängt. Größenordnung: für eine
Rabifrequenz von 1000 Γ liegt das Maximum der potentiellen Energie bei einer
Verstimmung δ ≈ 500 Γ, bei einer Potentialtiefe von etwa 100 mK.
Wichtige Schlussfolgerung:
• Reibung trat bisher nicht auf! Für ruhende Atome ist die Dipolkraft konservativ. Dissipative Terme erscheinen erst, wenn wir die atomare Bewegung
berücksichtigen.
56
7.4
Dipolkraft
Dissipative Beiträge
Dazu überlegen wir uns die Energiebilanz bei einer kleinen Verschiebung des
Atoms im Laserfeld. Welche Arbeit müssen wir leisten um das bekleidete Atom
um den Weg dr zu verschieben?
dW = −Fdip dr = dUA + dUF
(7.35)
Dabei ist die Änderung der mittleren potentiellen Energie des Atoms
dUA = Π1 ∆U1 + Π2 ∆U2
(7.36)
Die Änderung der Energie des elektromagnetischen Feldes (Laserphotonen plus
Fluoreszenzphotonen) während der Zeit dt, die wir brauchen, um das Atom um
dr zu verschieben, ist
dUF = (Γ21 Π1 h̄Ω − Γ12 Π2 h̄Ω) dt
(7.37)
Während dieser Zeit dt verschwinden dN Laserphotonen mit der Energie h̄ωL und
dN Fluoreszenzphotonen werden emittiert. Die Photonen, die bei Übergängen
zwischen
|i, N ; ri → |i, N −1; ri
(7.38)
emittiert werden, können wir aus der Bilanz weglassen, weil sie dieselbe Energie
wie die Laserphotonen haben. Aber jede Emission in den Seitenbändern
|1, N ; ri → |2, N −1; ri
|2, N ; ri → |1, N −1; ri
(7.39)
ändert die Energie des elektromagnetischen Feldes um den Betrag h̄Ω, entweder
+h̄Ω oder −h̄Ω. Wenn also dUF ungleich Null ist, dann ist die Intensität in den
Seitenbändern nicht gleich und ein asymmetrisches Mollow Spektrum erscheint.
Mittlere Dipolkraft für ein sehr langsames Atom:
wir wiederum den Ausdruck
~ 1 − Π2 ∇U
~ 2
F~dip = −Π1 ∇U
Für die Kraft setzen
(7.40)
ein und nehmen an, dass die Doppler Verschiebung sehr viel kleiner ist als die
Linienbreite: kv Γ. Das entspricht dem Fall, dass
vΓ−1 λ .
(7.41)
Unter dieser Bedingung bewegt sich das Atom während seiner spontanen Relaxationszeit nur über einen Bruchteil einer optischen Wellenlänge. In diesem Fall werden
Dipolkraft
57
die Populationen sehr nahe den stationären Werten aus Gl.(7.26) sein und wir
~ i (r)
setzen die zeitliche Änderung der Population dΠi (r)/dt gleich ~v · ∇Π
~ i (r) = −Γpop Πi (r) − Πstat
dΠi (r)/dt = ~v · ∇Π
(r) .
(7.42)
i
Dabei entspricht Γpop der Rate, mit der sich die stationäre Population einstellt.
Die charakteristische Zeit dafür ist τpop = 1/Γpop . Die Population im Gradientenausdruck in (7.42) kann man mit der stationären Population annähern:
~ i (r)stat ≈ −Πi (r) + Πstat
τpop~v · ∇Π
(r)
i
stat
Πi (r) ≈ Πi (r − v · τpop )
(7.43)
(7.44)
Die Relaxation zwischen den Zuständen |1, N i und |2, N i braucht eine gewisse charakteristische Zeit, τpop . Wenn sich das Atom bewegt, dann kann sich
die Population nicht instantan auf die Änderung der Gleichgewichtsbesetzung
einstellen. Diese Verzögerung in der Gleichgewichtseinstellung bewirkt, dass die
Population beim Ort r in etwa der Population entspricht, die an einem vorherigem Punkt, nämlich bei r − v · τpop geherrscht hat.
P
P
s t
1
1
s t
(r)
P
1 ,N ;r
(r-d r)
g , N + 1
d r = u t
1
(r) = P
1
s t
(r-d r)
1 ,N ;r
p o p
g , N + 1
u
u = 0
e ,N
P
2
s t
e ,N
(r-d r)
2 ,N ;r
P
r-d r
2
s t
P
2
(r) = P
2
s t
2 ,N ;r
(r-d r)
(r)
r
r
Für δ > 0 wird der Zustand |1, N ; ri kontinuierlich in den Zustand |g, N + 1i
transformiert, wenn wir uns aus dem Laserfeld herausbewegen. Bei δ > 0 hat
der Zustand |1, N ; ri immer mehr Grundzustandscharakter beigemengt als der
Zustand |2, N ; ri. Damit ist er auch immer stärker besetzt als |2, N ; ri. Also gilt
stat
Πstat
1 (r) > Π2 (r)
(7.45)
Darüberhinaus nimmt die Kontaminierung von |1, N ; ri durch |e, N i zu, wenn
die Rabifrequenz steigt. Daraus folgt, dass Πstat
1 (r) kleiner wird, wenn wir in
Richtung höherer Laserintensität gehen, also
stat
Πstat
1 (r−dr) > Π1 (r)
(7.46)
58
Dipolkraft
Jetzt untersuchen wir ein Atom, das sich mit der Geschwindigkeit v in Richtung
höherer Laserintensität bewegt (Bild rechts auf Seite 57): Bei der Position r ist die
Population Π1 (r) nicht gleich Πstat
1 (r), sondern sie entspricht etwa der Population
Πstat
(r−dr),
wobei
dr
=
vτ
ist.
Daraus folgt
pop
1
stat
Π1 (r) = Πstat
1 (r−vτpop ) > Π1 (r) .
(7.47)
stat
Π2 (r) = Πstat
2 (r−vτpop ) < Π2 (r) .
(7.48)
Die Kraft mit der das bewegte Atom aus dem Feld herausgedrückt wird:
~
h̄∇Ω
F~dip = −
[Π1 (r) − Π2 (r)]
2
(7.49)
ist also größer als die Kraft, die ein ruhendes Atom im stationären Fall erfährt
(Gleichung 7.30). Diese zusätzliche Kraft hängt von der Geschwindigkeit ab und
wirkt als Dämpfungskraft. Je größer die Geschwindigkeit, umso größer ist die
Abweichung der Population beim Ort r von der stationären Population. Die Dipolkraft entpuppt sich als Reibungskraft, wenn δ positiv ist (!). 2
Die explizite Geschwindigkeitsabhängigkeit erhalten wir indem wir
Πi (r) = Πstat
(r−vτpop )
i
(7.50)
in (7.49) einsetzen und die stationären Besetzungen (7.26) verwenden:
2h̄δ
stat
F~dip (r, v) = F~dip
(r) −
Γ
Ω21 (r)
Ω21 (r) + 2δ 2
3
(~
α · ~v ) α
~
(7.51)
wobei
α
~=
∇Ω1 (r)
Ω
= 2 ∇Ω .
Ω1 (r)
Ω1
(7.52)
Erfolgt die Bewegung parallel zum Gradienten der Lichtintensität, gilt
stat
Fdip (r, v) = Fdip
(r) − γ(r)M v
(7.53)
wobei γ eine Dämpfungsrate (analog zu Gl.(3.19) ist.
2
Wenn die Verstimmung δ < 0 ist, dann gilt das Umgekehrte, die geschwindigkeitsabhängige
Dipolkraft führt zum Aufheizen.
Dipolkraft
7.5
59
Bewegung in einer Stehwelle
1
In der stehenden Welle ändert sich die
Rabifrequenz periodisch mit der Position
E
0
(7.54)
1
wobei Ωmax
die Rabifrequenz an den
1
Maxima der stehenden Welle ist.
1
Ω1 (z) = Ωmax
· | cos kz|
1
Mit dem Ansatz aus dem vorhergehenden Abschnitt untersuchen wir die
Dipolkraft hF i auf ein sehr langsames
Atom, gemittelt über eine Wellenlänge.
Es interessiert uns die Abhängigkeit von
hF i von der atomaren Geschwindigkeit.
0
0.5Λ
Λ
1.5Λ
0
0.5Λ
Λ
1.5Λ
0
0.5Λ
Λ
1.5Λ
1
0
1
1
2
0
Die Bilder zeigen als Funktion der
Position in der Stehwelle (für Ω = 1 und
δ = +0.2)
1
E1
E2
• den Betrag der Rabifrequenz |Ω1 |,
• die Dämpfungsrate aus Gl.(7.53).
0
0.5Λ
Λ
1.5Λ
0
0.5Λ
Λ
1.5Λ
0
0.5Λ
Λ
1.5Λ
1
F
0
1
• die Energie der Zustände U1 und U2 ,
• die Kraft auf ein unbewegtes Atom F
aus Gl.(7.30) und
∆
1
• die elektrische Feldstärke E,
• die Populationen Π1 und Π2 ,
0
0
Γ
1
2
Jetzt untersuchen wir die Änderung der kinetischen Energie des Atoms bei
Bewegung über die Strecke einer Wellenlänge:
Z
λ
Fdip dz = λ hF i
∆W =
0
Nach Gl.(7.35) rührt die mittlere Energieänderung von der
(7.55)
60
Dipolkraft
• Änderung der atomaren potentiellen Energie und
• der Änderung des Energieinhaltes des elektromagnetischen Feldes her.
Z
Z
1 λ
1 λ
hF i = −
dUA −
dUF
(7.56)
λ 0
λ 0
Da Πi und Ui periodische Funktionen von z sind, ist der erste Beitrag Null. Der
zweite Beitrag ist ungleich Null, wenn das Mollow Triplet nicht symmetrisch ist.
Die Änderung der Feldenergie (Umverteilung in den Strahlungsmoden bei ωL ±
Ω)) bewirkt eine Änderung der kinetischen Energie des Atoms. Das untersuchen
wir jetzt für zwei Fälle:
• kv << Γ (sehr kleine Geschwindigkeiten) und
• Γ < kv << kvcr (mittlere Geschwindigkeiten).
sehr kleine Geschwindigkeiten: Hier ist die Zeit, die ein Atom braucht um
sich eine Wellenlänge fortzubewegen, viel länger als die spontane Emissionszeit.
(das entspricht sehr vielen spontanen Emissionen pro Wellenlänge Wegstrecke).
Die Ursache für die Geschwindigkeitsabhängigkeit der Dipolkraft ist in diesem
Fall die endliche Rate für die Strahlungsrelaxation. Dies führt zu einer Zeitverzögerung in der Einstellung der Population.
Mit Gl.(7.51) erhalten wir
Z
1 λ
hF i =
Fdip (z, v)dz
λ 0
3
Z
Z
1 λ 2h̄δ
1 λ stat
Ω21 (r)
=
α2 v dz
Fdip (z)dz −
2
2
λ 0
λ 0 Γ
Ω1 (r) + 2δ
Z λ
1
= −
γ v dz
λ 0
(7.57)
(7.58)
Der erste Beitrag auf der rechten Seite in (7.57) verschwindet, den zweiten Teil
(7.58) schreiben wir als (M =Masse des Atoms)
hF i = −
Mv
τ
(7.59)
wobei die charakteristische Zeit τ positiv ist für δ > 0 und negativ für δ < 0.
Dieser Beitrag ist als Dämpfung der Bewegung bei Blauverstimmung zu verstehen. Die Zeit τ kann viel kürzer sein (proportional 1/δ) als die charakteristische
Zeit für die Kühlung mit dem Strahlungsdruck (Gleichung 3.23):
τstr =
M
= h̄/ER
h̄k 2
(7.60)
Dipolkraft
61
Der Reibungseffekt der Dipolkraft in einer stehenden Welle hoher Laserintensität
kann (bei kleiner Atomgeschwindigkeit) viel stärker sein als die Dämpfung, die
mit der Spontankraft erreichbar ist.
-1 0 0
F o rc e f
( u n its h k G /2 )
-5 0
F (h k G /2 )
-7 5
-5 0
0
0 .1
0 .2
-2 5
V e lo c ity v
( u n its G /k )
0
0
2 .5
5
7 .5
1 0
Im Bild ist die mittlere Dipolkraft in Einheiten der maximalen Spontankraft
h̄kΓ/2 (siehe Gleichung 3.16) gezeigt. Der Ausschnitt bei kleinen Geschwindigkeiten
zeigt den linearen Anstieg Gl.(7.59) mit der strichlierten Geraden.
Zum Kraftverlauf (siehe Bild auf Seite 61)
• Woher kommt das Maximum in der Kraft? Es tritt auf, wenn etwa v ≈
0.5 Γ/k ist. Bei dieser Geschwindigkeit bewegt sich das Atom während der
spontanen Emissionszeit gerade um eine halbe Wellenlänge. Dann kommt
es zum optimalen Sisyphus Effekt.
• Bei kleineren Geschwindigkeiten steigt die Kraft linear mit v an, weil die
nicht stationäre Population über immer größere Potentialdifferenzen transportiert wird, und damit das Ungleichgewicht in den Seitenbändern des
Mollow-Tripletts ausgeprägter ist.
• Bei größeren Geschwindigkeiten wird die Verweilzeit bei den guten Orten
für die Emission immer kleiner und die Kraft fällt mit 1/v ab.
mittlere Geschwindigkeiten: Wenn kv viel größer ist als Γ, dann hat das
Atom nur eine sehr geringe Wahrscheinlichkeit ein Photon während der Bewegung
entlang des Weges einer Wellenlänge zu emittieren. Ist aber kv ≈ Γ, dann ist ein
sehr effektiver Austausch zwischen kinetischer Energie des Atoms und der Energie des Strahlungsfeldes möglich: Ohne komplizierte Ableitung kann man sich
62
Dipolkraft
überlegen, an welchen Orten in der stehenden Welle (Wellental, Wellenberg) die
Emission in den Seitenbändern des Mollow-Tripletts am wahrscheinlichsten ist.
Im folgenden Bild kann man diesen Effekt anschaulich erkennen.
Gezeigt ist hier die periodische Aufspaltung der bekleideten Zustände entlang der
stehenden Welle (entspricht dem vierten Bild auf Seite 59). Bei den Knotenstellen
der Welle ist der Energieabstand der Zustände eines Sprossenpaares klein,
p gleich
h̄δ. An den Antinoden ist die Abstoßung ein Maximum, gleich h̄Ω = h̄ Ω21 + δ 2 .
Der hier gezeigte Fall gilt für Blauverstimmung (δ > 0).
1 ,N + 1 ;r
-
n + 1
n
2 ,N + 1 ;r
1 ,N ;r
2 ,N ;r
1 ,N -1 ;r
2 ,N -1 ;r
n -1
Ein Seitenband wird preferentiell bei
den Antinoden emittiert: Dort ist
der Zustand |1, N + 1; zi, der ohne
Feld reiner Grundzustand ist, am
stärksten mit |e, N i kontaminiert.
(Siehe Pfeil aus dem Zustand |1i bei
z = 0.5 λ auf Seite 63). Er macht
an dieser Stelle am ehestesten einen
Übergang in den Zustand |2, N ; zi.
Letzterer ist ohne Feld ein reiner angeregter Zustand, hat aber bei den
Antinoden die höchste Beimengung
von Grundzustandscharakter |g, N i.
Das andere Seitenband wird speziell
bei den Noden emittiert. Dort ist
|2, N ; zi reiner angeregter Zustand
(Siehe Pfeil aus dem Zustand |2i bei
z = 0.25 λ auf Seite 63). In diesem
Fall führt die Emission bevorzugt
zum Zustand |1, N − 1; zi. Dazwischen sieht das Atom (für δ > 0)
immer mehr Steigung als Gefälle.
Dieser Sisyphus-Effekt führt zu einem kontinuierlichen Energieverlust. In
diesem Bild wurde angenommen, dass die Bewegung des Atoms immer adiabatisch entlang der bekleideten Energiezustände erfolgt. Oberhalb einer kritischen
Geschwindigkeit vcr ,
kvcr =
2πΓδ 4
Ω̄21
1/3
(7.61)
Dipolkraft
63
müssen auch kinetische, “nichtadiabatische” Kopplungen3 , die Übergänge zwischen den Zuständen |1, N ; zi und |2, N ; zi erlauben, berücksichtigt werden. Die
Herleitung4 von Gl.(7.61) zeigt, dass in diesem Fall die Dipolkraft proportional
1/v ist.
Die folgenden Bilder zeigen als Funktion des Ortes entlang der Stehwelle (für die
Parameter Ω1 = 1 und δ = 0.2):
1
• die elektrische Feldstärke E, mit
Knotenstellen bei z = 0.25, 0.75, ..
E
• den Mischwinkel β (Gl.7.19), reine
Zustände bei den Knotenstellen.
0
1
0
0.5Λ
Λ
1.5Λ
0
0.5Λ
Λ
1.5Λ
90
• die Zustandsenergien U1 und U2 ,
• den Betrag der Amplituden von
|gi und |ei im Zustand |1i aus
Gl.(7.30). Die Pfeile zeigen Orte
bevorzugter Emission aus dem
Zustand |1i. Diesen entsprechen
Maxima der Energie U1 . Punkte
zeigen Orte, an denen spontane
Emission bevorzugt in |1i endet
(Minima der Energie U1 ).
• den Betrag der Amplituden von |gi
und |ei im Zustand |2i aus Gl.(7.53).
Die Pfeile zeigen Orte bevorzugter
Emission aus dem Zustand |2i. Diesen entsprechen Maxima der Energie U2 . Punkte zeigen Orte, an denen spontane Emission bevorzugt in
|2i endet (Minima der Energie U2 ).
Β
60
30
1
E1
E2
0
∆
1
0
0.5Λ
Λ
1
1.5Λ
g
1
e
0
0
0.5Λ
Λ
1
1.5Λ
e
2
g
0
0
0.5Λ
Λ
1.5Λ
Unter realistischen Bedingungen kann die Dipolkraft die Spontankraft weit
übersteigen. Z. B. ein 1 W Laser, fokussiert auf 100 µm erzeugt eine Rabifrequenz
Ω1 = 1000 Γ. Das Bild auf Seite 61 zeigt diesen Fall bei einer Verstimmung von
δ = 200 Γ.
Aspect et al. [29] haben eine blauverstimmte stehende Welle verwendet, um
diese Kühlkraft über die Kollimation eines Atomstrahls zu zeigen.
3
4
Siehe dazu auch Landau-Zener Modell, Anhang G .
Gleichungen 5.10-5.23 in [27].
64
Dipolkraft
Kapitel 8
Oszillator Modell für Dipolkraft
~ induziert in einem Atom das DipolEin Lichtfeld der elektrischen Feldstärke E
moment p~, das mit der Lichtfrequenz ω oszilliert. Für die Laserpolarisation entlang ˆ gilt (c.c. bedeutet konjugiert komplexer Ausdruck)
~ t) = ˆ E(z)e−iωt + c.c.
E(z,
(8.1)
und für das induzierte Dipolmoment
p~(z, t) = ˆ α E(z)e−iωt + c.c.
(8.2)
Dabei ist α die komplexe Polarisierbarkeit, die von der treibenden Frequenz
abhängt. Die potentielle Energie bestimmt sich aus dem zeitlichen Mittel
1
~ = − <e(α) I
Udip = − h~p · Ei
2
20 c
(8.3)
für die Intensität
1
I = 0 c|E|2 .
2
(8.4)
Die Dipolkraft ergibt sich aus dem Gradienten
~ dip (z) = − <e(α) ∇I(z)
~
F~dip (z) = −∇U
.
20 c
(8.5)
Die vom Oszillator absorbierte Leistung (und als Dipolstrahlung wieder abgegebene Leistung) ergibt sich aus dem Imaginärteil der Polarisierbarkeit
~ = 2ω =m(pE ∗ ) = −2ω =m(α) I(z)
Pabs = hp~˙ · Ei
20 c
(8.6)
Die entsprechende Photonenstreurate ist
Γscatt (z) =
Pabs
=m(α)
=−
I(z)
h̄ω
h̄0 c
(8.7)
65
66
8.1
Oszillatormodell
Atomare Polarisierbarkeit
Aus dem Lorentz Modell eines klassischen Oszillators der Masse m und Ladung
q mit der Eigenfrequenz ω0 und einem Dämpfungsterm Γ (dieser beschreibt die
Abstrahlung auf Grund der Beschleunigung der Ladung) folgt die Bewegungsgleichung
ẍ(t) + Γω ẋ(t) + ω02 x(t) +
q
E(t) = 0 .
m
(8.8)
Mit E(t) = E0 e−iωt ergibt sich für die atomare Polarisation α = qx(t)/E(t))
α=−
1
q2
· 2
2
m ω0 − ω − iωΓω
(8.9)
Wenn wir die Dämpfungsrate bei der Resonanzfrequenz Γω0 ≡ Γ einführen
q2ω2
ω2
= 2Γ
Γω =
6π0 mc3
ω0
(8.10)
dann schreibt sich Gleichung 8.9 als
α = 6π0 mc3
Γ
1
ω02 ω02 − ω 2 − i(ω 3 /ωo2 )Γ
(8.11)
Die Dämpfungsrate entspricht der spontanen Zerfallsrate des angeregten Zustandes. Diese ergibt sich aus dem Zweiniveausystem als
Γ=
ω03
|he|d|gi|2
3
3π0 h̄c
(8.12)
Dieses klassische Oszillatormodell (Gl. 8.11) ist bei großer Verstimmung und kleiner Streurate (keine Sättigung) gültig.
8.2
Dipolpotential und Streurate
Mit dem Ausdruck für die Polarisierbarkeit in Gleichung (8.11) ergibt sich für
das Dipolpotential aus Gleichung (8.3)
3πc2
Γ
Γ
Udip (z) = − 3
+
I(z)
(8.13)
2ω0 ω0 − ω ω0 + ω
und für die Streurate aus Gleichung (8.7)
3πc2
Γscatt (z) =
2h̄ω03
ω
ω0
3 Γ
Γ
+
ω0 − ω ω0 + ω
2
I(z)
(8.14)
Oszillatormodell
67
Da meist gilt, dass die Verstimmung δ = ω − ω0 dem Betrag nach klein ist
gegenüber der Resonanzfrequenz kann man den zweiten Term (mit ω0 + ω im
Nenner) vernachlässigen. Damit vereinfachen sich die beiden Gleichungen zu
Udip (z) = −
3πc2 Γ
h̄Γ2 I(z)
I(z)
=
2ω03 δ
8δ I0
(8.15)
und wenn wir ω/ω0 ≈ 1 setzen
3πc2
Γscatt (z) =
2h̄ω03
2
Γ
Γ3 I(z)
I(z) = 2
δ
8δ I0
(8.16)
wobei wir die Definition von I0 aus Gl.(3.11) verwendet haben. Aus dem Verhältnis
ergibt sich der Ausdruck
(8.17)
104 Wcm2
0.3
0.2
0.1
0.
0.1
0.2
0.3
780
785 790
Λ nm
795
800
104 Wcm2
106
scatt 1s
4
3
2
1
0
1
2
3
775
Γ
Udip
δ
Udip ΜeV
Udip mK
h̄Γscatt =
105
105
104
104
103
103
102
102
101
775
780
785
790
Λ nm
795
101
800
Die Bilder zeigen das Verhalten von Gl.(8.13) und (8.14) für Rubidium in der
Umgebung der Resonanzübergänge von Rb(2 S) + h̄ω → Rb(2 P1/2 ,2 P3/2 ). Auf der
roten Seite beider Resonanzen ist das Potential anziehend, auf der blauen Seite ist
es jeweils anziehend. Im Bereich hoher Werte von |Udip | ist auch die Streurate sehr
hoch. Die Beziehungen Gl.(8.13) bis (8.17) spiegeln die wesentlichen Abhängigkeiten der Dipolkraft wieder [30, 31] :
• Bei Rotverstimmung δ < 0 ist das Dipolpotential negativ und die Wechselwirkung zieht Atome in das Lichtfeld hinein, umgekehrt ist der Fall bei bei
Blauverstimmung δ > 0 .
• Das Dipolpotential skaliert wie I/δ, hingegen geht die Streurate wie I/δ 2 .
Da die Streurate immer zur Aufheizung der Atome führt ist eine große
Verstimmung oft sehr vorteilhaft. Unter Verwendung eines Lasers im fernen Infrarot kann die Streurate im Bereich von nur wenigen Photonen pro
Sekunde gehalten werden, obwohl das Dipolpotential stark anziehend ist.
68
Oszillatormodell
Im folgenden Bild untersuchen wir Gl.(8.13) und (8.14) für einen CO2 -Laser bei
einer Leistung von P = 100 W , der auf einen Bereich von 50 µm-Radius fokussiert
ist (Wellenlänge liegt bei 10 µm = 10000 nm). In diesem Fall ist die maximale
Intensität im Fokus bei
P
100
=
= 1.27 × 1010 W/m2
2
−10
r π
25 × 10 π
I≈
(8.18)
Dipolpotential und Streurate bei dieser Intensität zeigen die folgenden Bilder.
1.271010 Wm2
0.2
1
0.1
0
0.
1
0.1
2
0.2
scatt 1s
2
0
1.271010 Wm2
103
Udip ΜeV
Udip mK
3
102
102
101
101
100
100
0
2000 4000 6000 8000 10000
Λ nm
101
2000 4000 6000 8000 10000
Λ nm
Die folgenden Bilder zeigen einen Schnitt durch einen rotverstimmten Laserfokus
(links) und eine Falle aus zwei blauverstimmten, nahe beisammen liegenden Foci
(rechts). Dieser Fall lässt sich zum Beispiel durch Fokussierung eines Laserstrahls
erreichen, dessen räumliche Intensitätsverteilung einer Laguerre-Gauss-Mode entspricht [32].
U
d ip
b la u
ro t
k B T
Kapitel 9
Polarisations-Gradienten
Literatur: Laser cooling below the Doppler limit by polarization gradients: simple
theoretical models J. Dalibard and C. Cohen-Tannoudji J. Opt. Soc. Am. B 6
2023-2045 (1989).
In dieser Arbeit stellen Dalibard und Cohen-Tannoudji zwei Kühlmechanismen
vor, die es erlauben unter die Dopplergrenze (Gl.3.29) zu kommen. Sie funktionieren nur bei Grundzuständen mit einem Gesamtdrehimpuls Jg > 0 und bei
kleinen Laserintensitäten. Die Laserintensität muss sehr klein gewählt werden,
sodass die Zeit zum optischen Umpumpen zwischen Zeeman-Unterzuständen des
Grundzustandes relativ lange ist. Dann kann es passieren, dass sich das Atom
nach einem Absorptions-Emissions-Zyklus an einem Ort geänderter potentieller
Energie findet. Damit kann die atomare Bewegung das Atom in ein Gebiet mit
anderer Gleichgewichtsbesetzung der Zeeman Niveaus und mit anderen Absolutenergien verschieben, ehe das System sich darauf einstellen kann. Aus diesem
Zusammenhang ergeben sich sehr starke Kühlkräfte.
Prinzipiell kann zwischen zwei Arten von Polarisationgradienten unterschieden
werden. Diese ergeben sich aus zwei verschiedenen Polarisations-Konfigurationen:
Lin⊥Lin
Zwei antiparallele linear-polarisierte Laserstrahlen mit orthogonaler Polarisation. Die Energieverschiebung der Zeeman-Grundzustandsniveaus wird dabei räumlich periodisch moduliert. Optisches Pumpen bei
Rotverstimmung führt zu einem Sisyphus Effekt, ähnlich wie in der stimulierten Melasse bei Blauverstimmung (siehe Dipolkraft).
σ+ − σ−
Zwei entgegengesetzt zirkular-polarisierte Strahlen laufen antiparallel. Die resultierende Laser-Polarisation ˆ ist dann überall linear, aber
die Richtung des Polarisationsvektors rotiert im Raum. In diesem Fall ergibt
sich ein völlig anderer Disspationsmechanismus. Die Ausrichtung des atomaren Drehimpulses im Grundzustand |gi ist parallel zu ˆ. Bei Bewegung
des Atoms muss diese Ausrichtung im Raum mitrotieren. Die Arbeit, die bei
69
70
Polarisations-Gradienten
diesem Rotieren der Ausrichtung geleistet wird, führt zur sogenannten Orientierungskühlung. Sogar bei sehr kleinen Geschwindigkeiten führt die
atomare Bewegung zu einem Besetzungsunterschied zwischen den ZeemanNiveaus des Grundzustandes. Das bedingt bei Bewegung des Atoms ein
Nichtgleichgewicht der Strahlungsdrucke entgegengesetzt laufender Laserstrahlen.
Zuerst leiten wir aus semi-klassischen Überlegungen Reibungskoeffizienten her.
Diese ergeben sich als unabhängig von der Laserintensität. Wenn unter diesen
Umständen die Intensität sehr klein ist, dann kann die Temperatur die Rückstoßenergie erreichen. In diesem Fall ist die De-Broglie-Wellenlänge der atomaren
Bewegung etwa gleich der Laserwellenlänge (Kohärenz trifft Kohärenz ) und damit
bricht die semi-klassische Behandlung zusammen.
9.1
Zeitskalen
Die ursprünglichen Vorschläge zum Laserkühlen beruhen auf dem Doppler-Effekt.
Für ein freies Atom, das sich bei leichter Rotverstimmung des Lasers (ωL − ω0 =
δ < 0) in einer stehenden Lichtwelle bewegt, erscheint wegen des Doppler-Effektes
die entgegenlaufende Welle näher an der atomaren Resonanz. Diese Welle übt
damit einen größeren Strahlungsdruck aus, als die Welle, die sich in Richtung
der atomaren Bewegung ausbreitet. Daraus folgt, dass die atomare Bewegung
gedämpft wird, so als ob sich das Atom in einem viskosen Medium bewegt (optische Melasse). Der Einfangbereich der Geschwindigkeiten, für einen solchen
Prozess liegt im Bereich der natürlichen Linienbreite des angeregten Zustandes:1
k · ∆v ≈ Γ .
(9.1)
Die spontane Emission führt zu einer Diffusionsheizung, und aus einem Vergleich
der Kühlung und Heizung findet man für die niedrigste erreichbare Temperatur
die Dopplergrenze2 (siehe Seite 24):
Γ
kB · TD = h̄ .
2
(9.2)
In Experimenten um 1988 [14, 33] erschien es erstmals, dass die experimentell
erreichbaren Temperaturen unter diese Grenze fallen können und zwar wurden
für Rb, Na und Cs Temperaturen nahe der Rückstoßenergie3 gefunden:
kB · TR =
h̄2 k 2
2M
Für Rb ist ∆v = Γ/k ≈ 6·106 · 780·10−9 ≈ 5 m/s.
Für Rb ist TD = h̄Γ/(2kB ) ≈ 2π · 10−34 · 6·106 /(2 · 1.38·10−23 ) ≈ 140 µK.
2
3
Für Rb ist TR ≈ 2π 10−34 /(780·10−9 ) /(2 · 87·1.6·10−27 · 1.38·10−23 ) ≈ 170 nK.
1
2
(9.3)
Polarisations-Gradienten
71
Daraufhin haben zwei Gruppen unabängig voneinander Erklärungen für den starken Kühlmechanismus vorgestellt ( Dalibard et al. [27], Chu et al. [34]):
1) Die Reibungskraft für das Atom ergibt sich daraus, dass im Falle atomarer Bewegung der innere atomare Gleichgewichts-Zustand sich nicht schnell
genug an das räumlich veränderte Laserfeld anpassen kann. Dieser Prozess
wird durch einen Adiabadizitäts-Parameter ζ gekennzeichnet. Dieser Parameter ist das Verhältnis der Distanz vτ , die das Atom während seiner
internen Relaxationszeit τ zurücklegt, zur Laserwellenlänge, λ = 2π/k.4
ζ = 2π
vτ
= kvτ
λ
(9.4)
2) Für ein Zweiniveauatom gibt es eine einzige charakteristische interne Zeit,
die spontane Emissionszeit τ = 1/Γ. Der entsprechende Parameter ist
ζS = kvτ =
kv
Γ
(9.5)
Aber Alkali Atome haben mehrere Zeemann-Unterzustände im Grundzustand.
Damit gibt es eine weitere interne Zeit, nämlich die optische Pumpzeit um
von einem Zeemann-Niveau gM in ein anderes Zeemann Niveau z.B. g−M
zu kommen. Diese optische Pumpzeit nennen wir
τZ =
1
Γ0
(9.6)
wobei Γ0 die mittlere Streurate von einfallenden Photonen ist (also sozusagen die Breite des Grundzustandes). Die Streurate Γ0 hängt von der
verwendeten Laserintensität ab und kann sehr klein gehalten werden. Für
ein Vielniveauatom kann man also einen zweiten Adiabatizitäts-Paramater
einführen,
ζZ = kvτZ =
kv
Γ0
(9.7)
Bei sehr kleinen Laserintensitäten (wenn die Rabifrequenz Ω1 klein ist im
Vergleich zu Γ) ergibt sich eine optische Pumpzeit, die viel länger ist als die
spontane Emissionzeit, also Γ0 Γ:
Ω1 Γ
→
Γ0 Γ
→
ζZ ζ
(9.8)
Daraus folgt, dass nichtadiabatische Effekte bei Geschwindigkeiten vorkommen können (kv ≈ Γ0 ), die viel kleiner sind, als die Geschwindigkeiten im
regulären Doppler Schema (kv ≈ Γ). Dann können sehr langsame Atome
sehr große Reibungskräfte erfahren.
4
Für Rb ist ζ = k v/Γ ≈ v/(5 m/s). Also erfolgt für ein Rb-Atom mit v=5 m/s eine spontane
Emission über die Strecke einer Weglänge.
72
Polarisations-Gradienten
3) Ein weiterer wichtiger Punkt betrifft den räumlichen Polarisationsgradienten.
Lange Pumpzeiten können nur dann zu starker Dissipation führen, wenn
die Anisotropie im Zustand |gi stark von der Position des Atoms entlang
der Laserwelle abhängt. Mit Anisotropie in |gi ist Orientierung (ungleiche
Besetzung der Zeeman-Komponenten umgekehrten Vorzeichens) gemeint.
Was bedeutet Orientierung?
Orientierung liegt vor, wenn M -Werte entgegengesetzten Vorzeichens nicht
gleichbesetzt sind.
Was bedeutet Alignment?
Alignment zeigt an, dass keine Gleichgewichtsverteilung besteht, aber dass
Zustände mit gleichem Wert von |M | gleichbesetzt sind.
Zur Kühlung über Polarisationsgradienten ist das Vorhandensein mehrerer ZeemannUnterzustände im Grundzustand wesentlich. Dann ist zu berücksichtigen, dass
die Rabifrequenz von der Polarisation des Lichtfeldes und dem Wert der magnetischen Quantenzahl abhängt. Diese Abhängigkeit wird in den Clebsch-Gordan
Koeffizienten ausgedrückt (Siehe Anhang D).
Kapitel 10
Polarisationsgradienten mit
lin⊥lin Polarisation
Für den Fall lin⊥lin sind die beiden gegenläufigen Laserstrahlen linear und senkrecht zueinander polarisiert. In diesem Fall ändert sich die resultierende Polarisation räumlich periodisch von σ + nach σ − . Damit ändert sich auch der interne
Gleichgewichtszustand des Atoms von einem, in dem der Zustand g+M optisch
gepumpt wird, zu einem, in dem der Zustand g−M optisch gepumpt wird. Damit
das Umschaufeln der Population in den M -Unterzuständen zum Kühlen führt,
muß das Laserfeld auch eine unterschiedliche Lichtverschiebung (ac-Stark-Verschiebung) für die unterschiedlichen Zeeman-Niveaus herbeiführen. Ist dies der
Fall, dann haben die Zeeman-Zustände als Funktion des Ortes im Laserfeld nicht
nur eine sich ändernde Gleichgewichtsbesetzung, sondern auch durch das Lichtfeld unterschiedlich verschobene Energien. Dabei treten Dipolkräfte (Gradientenkräfte) auf.
Wir untersuchen das Feld von zwei gegenläufigen, ebenen Wellen der Frequenz
ωL . Die Wellen laufen entlang der z-Achse und sie sollen gleiche reelle Amplituden
E0 haben. Damit ergibt sich für das Feld
~ t) = E + (z) E0 e−iωL t + c.c.
E(z,
(10.1)
mit den räumlich gegeneinander laufenden Wellen
E + (z) = ˆ eikz + ˆ0 e−ikz .
(10.2)
Die Polarisationsvektoren ˆ und ˆ0 der beiden räumlich gegeneinander laufenden
Wellen sind für lin⊥lin
ˆ = x
und
ˆ0 = y .
(10.3)
Damit ist
+
E (z) =
√
2
x + y
y − x
√
cos kz − i √
sin kz
2
2
73
(10.4)
74
Polarisations-Gradienten
Dies entspricht zwei Feldern
mit
√
den Amplituden
E0 2 cos kz
√
und E0 2 sin kz, die entlang
zweier orthogonaler Vektoren
√
X = (x + y ) / 2
√
Y = (y − x ) / 2
e
e
x
s
1
s
-
e
x
0
polarisiert sind.
l /8
+
-e
2
l /4
3 l /8
l /2
1
e
y
z
y
Das resultierende Feld hat eine
Elliptizität, die sich entlang der
z-Achse ändert. Die Änderung
ist von von linear zu zirkular
über eine Wegstrecke von λ/8.
e
-3 /2
e
g
-1 /2
-1 /2
e
g
+ 1 /2
e
+ 3 /2
+ 1 /2
Damit schreibt sich das Feld als
E + (z) =
√
2 (X cos kz − i Y sin kz)
Position
z
z
z
z
z
z
kz
=0
0
= λ/8
π/4
= λ/4
π/2
= 3λ/8 3π/4
= λ/2
π
= 5λ/8 5π/4
...
...
(10.5)
Polarisation
linear,
zirkular,
linear,
zirkular,
linear,
zirkular,
%
σ
−
&
σ+
.
σ−
...
Richtung
X
√
+ (X − iY ) / 2
Y
√
− (X + iY ) / 2
−X
√
− (X − iY ) / 2
...
Eine Änderung in der Polarisationsart im Raum tritt auch auf, wenn die Amplituden der beiden Wellen ungleich sind, und generell immer, mit Ausnahme bei
zwei parallel-linear polarisierten bzw. entgegengesetzt zirkular polarisierten Wellen. In diesem Lichtfeld untersuchen wir jetzt den Übergang
Jg = 1/2 → Je = 3/2 .
(10.6)
Das folgende Bild zeigt die Zeeman-Niveaus, die am Übergang 10.6 teilnehmen.
Ebenfalls angegeben sind die Clebsch-Gordan Koeffizienten1 für Übergänge
mit linear, bzw zirkular polarisiertem Licht. Das Quadrat des Clebsch-Gordan
Koeffizienten ist proportional zur Stärke des betreffenden Übergangs. Die Rabi
Frequenzen sind den Clebsch-Gordan Koeffizienten proportional.
1
Siehe Anhang D
lin ⊥ lin Polarisation
75
Auf Grund der unterschiedlichen Clebsch-Gordan Koeffizienten ist die Rabi Frequenz für jede Zeeman Komonente unterschiedlich. Dabei ergibt sich eine ortsabhängige Energieverschiebung der Zeeman-Zustände.
Der σ + Übergang aus g+1/2 ist dreimal so stark wie der σ − Übergang aus
g+1/2 . Gerade umgekehrt ist der Fall für g−1/2 . Damit folgt eine sich räumlich
ändernde Lichtverschiebung der Zeeman-Komponenten.
e
e
-3 /2
1
3
E n e rg y
g
l /8
0
L in
s
g
-
-1 /2
e
-1 /2
1
2
1
3
3
3
g
-1 /2
l /4
3 l /8
L in
s
2
+ 3 /2
1
+ 1 /2
l /2
L in
+
g
e
+ 1 /2
+ 1 /2
5 l /8
s
z
g
-
-1 /2
• Lineare Polarisation (bei z = 0, λ/4, λ/2, . . .): Die Übergänge von g+1/2 und
von g−1/2 sind gleich stark. Nach Gleichung (7.29) ist die Energie-Verschiebung
beider Zeeman Grundzustände proportional zu 2/3.
• Zirkular, σ − , (bei z = λ/8, 5λ/8, . . .): Der Übergang von g−1/2 ist dreimal so
stark wie der Übergang von g+1/2 . Also wird an Orten von σ − -Polarisation der
g−1/2 Zustand dreimal tiefer geschoben als g+1/2 .
• Zirkular, σ + , (bei z = 3λ/8, 7λ/8, . . .): Der Übergang von g+1/2 ist dreimal so
stark wie der Übergang von g−1/2 . Also wird an Orten von σ + -Polarisation der
g+1/2 Zustand dreimal tiefer geschoben als g−1/2 .
76
Polarisations-Gradienten
10.1
Sisyphus Effekt
Gleichgewichtszustand eines ruhenden Atoms : Wir nehmen an, dass
die Verstimmung, δ = ωL −ω0 < 0 negativ ist (rotverschoben). Damit werden die
Hyperfein-Niveaus des Grundzustandes im Mittel nach unten verschoben.
• Wenn wir uns bei z = λ/8 befinden, dann ist die stationäre Besetzung
in Π(g−1/2 ) = 1 und in Π(g+1/2 ) = 0. Die Lichtverschiebung des |g−1/2 iZustandes, ∆− , ist dreimal so groß wie die Lichtverschiebung des |g+1/2 iZustandes, ∆+ wenn wir uns an einem Ort von σ − -Polarisation befinden.
An diesen Orten gilt ∆− = 3∆+ .
• Wenn sich das Atom bei z = 3λ/8 (Ort von σ + -Polarisation) befindet ist
es genau umgekehrt. Dort gilt ∆+ = 3∆− und die stationären Besetzungen
sind Π(g−1/2 ) = 0 und in Π(g+1/2 ) = 1 .
• Bei z = 0, λ/4, λ/2, . . . hingegen (lineare Polarisation) sind im Gleichgewicht beide Grunzustände gleichbesetzt. In der Abbildung auf Seite 75
sind die Besetzungsdichten im Gleichgewicht durch die Stärke der schwarzen
Punkte markiert.
Zustand des bewegten Atoms : Zum Sisyphus Effekt kommt es, wenn die
Zeit zum Umpumpen zwischen den beiden Zeemann Grundzuständen τZ in der
Größenordnung der Zeit liegt, die das Atom braucht, um sich um die Strecke λ/4
zu bewegen. In diesem Fall bleibt das Atom in seinem Zustand, z. B. g−1/2 und
klettert auf den Potentialhügel, ehe es nach Absorption eines σ + -Photons in den
Zustand, g+1/2 , gepumpt wird (siehe Bild unten).
0
E n e rg y
Das ist ähnlich wie bei der
stimulierten Melasse (siehe
Seite 62). Aber hier ist die
Laserintensität viel kleiner.
l /8
l /4
3 l /8
l /2
5 l /8
z
Beim Kühlen mit Polarisationsgradienten ist die Zustandsverschiebung ∆ viel
kleiner als Γ. Bei der stimulierten Melasse war EnergieModulation der Zustände viel
größer als Γ.
lin ⊥ lin Polarisation
10.2
77
Größenordnung der Reibung
Aus der Abbildung auf Seite 76 sehen wir, dass die atomare kinetische Energie
effektiv in potentielle Energie umgewandelt wird, wenn nur die Zeit für das Umpumpen zwischen den Grundzustandsniveaus richtig gewählt wird. Der atomare
Impuls verringert sich während des Kletterns auf Grund einer kohärenten Umverteilung von Photonen zwischen den beiden gegenläufigen Wellen. Photonen
werden von einer Welle absorbiert und in die gegenläufige Welle durch stimulierte Emissison emittiert. Diese konservativen Prozesse können sowohl zur Energieabnahme als auch zum Energiegewinn des Atoms führen. Wenn aber optisches
Pumpen zur Umverteilung der Besetzung in den Zeeman-Unterniveaus führt, ist
die Energiedissipation irreversibel.
Angenommen das Atom startet im Zustand g−1/2 bei z = λ/8 und klettert
auf Grund seiner Bewegungskomponente auf den Hügel bei z = 3λ/8. Dort ist
die Wahrscheinlichkeit am höchsten, dass es nach e+1/2 gepumpt wird. Wenn dies
passiert, dann überwiegt die Wahrscheinlichkeit einer Emission nach g+1/2 um
einen Faktor Zwei! Damit führt das blauverschobene Photon die beim Klettern
gewonnene potentielle Energie ab.
Damit das so abläuft, muß die Intensität umso kleiner sein, je langsamer das
Atom wird. Das Schema funktioniert offensichtlich nur, wenn mehr als ein Grundzustandsniveau vorhanden ist (Jg > 0).
Wir machen den Ansatz für die Reibungskraft
F = −α · v
(10.7)
Sie sollte ein Maximum sein, wenn v · τZ ≈ λ/4 ist. Das ist der Fall für
k · v ≈ Γ0 = 1/τZ
(10.8)
Bei diesem Wert der Geschwindigkeit ist die Energie, die während der Zeit τZ
dissipiert wird, in der Größenordnung von −h · ∆ (negativ, weil die Verstimmung
δ < 0 ). Damit ist der Energieverlust pro Zeiteinheit:
dW
∆
= −h̄ ·
= −h̄ · ∆ · Γ0
dt
τz
(10.9)
Aus der Annahme, dass F linear mit v steigt (Gl.10.7) erhalten wir
dW
= −F · v = −α · v 2
dt
Wenn wir 10.8 und 10.10 gleichsetzen, ergibt sich
α ≈ −h̄ · k 2
∆
Γ0
(10.10)
(10.11)
78
Polarisations-Gradienten
Da sowohl die Lichtverschiebung ∆ als auch die Pumprate zwischen den Zeemann
Zuständen Γ0 proportional zur Laserintensität ist, ergibt sich ein Reibungskoeffizient α, der unabhängig von der Laserintensität ist.
Im Gegensatz dazu ist der Reibungskoeffizient beim Dopplerkühlen proportional zur Laserintensität (Gl.3.20). Die ausführliche Berechnung [27] ergibt das
folgende Bild (berechnet für die Parameter Ω1 = 0.3Γ , δ = −Γ)
0 .2
h k G /2
0
0
0 .0 4
-0 .0 2
V E L O C IT Y
u n it G /k
-2
2
-0 .2
Die strichlierte Linie zeigt den Strahlungsdruck der zwei Doppler-verschobenen
gegenläufigen Wellen (Gleichung 3.17). Die Reibungskraft auf Grund des Polarisationsgradienten ist fett ausgezogen gezeichnet. In der Vergösserung sieht man,
dass diese bei kleinen Geschwindigkeiten etwa linear mit der Geschwindigkeit
geht, aber sehr viel steiler als der konventionelle Doppler-Strahlungsdruck der
beiden Laserstrahlen (strichliert eingezeichnet).
Gleichung (10.11) kann umgeschrieben werden, wenn wir für ∆ und Γ0 die Werte für kleine Laserintensität einsetzen (Ω1 Γ). Wenn wir weiters eine große
Verstimmung δ voraussetzen |δ| Γ erhalten wir aus 3.15
Γ0 ∝ Ω21 Γ/δ 2
∆ ∝ Ω21 /δ
αZ ∝ −hk 2 · δ/Γ
(10.12)
Bei großer Verstimmung δ ist damit der Reibungskoeffizient αZ viel größer als
der optimale Reibungskoeffizient beim Doppler-Kühlen αD ( siehe Gl.(3.29)), der
für den Fall 2δ/Γ = −1 erreicht wird :
αD ≈ −h · k 2 .
(10.13)
lin ⊥ lin Polarisation
79
Aber: Der Geschwindigkeitsbereich, der mit diesem Kühlmechanismus eingefangen werden kann (Gl. 10.8) ist viel kleiner als beim Doppler-Kühlen (kv ≈ Γ).
Im Experiment sind aber beide Effekte gleichzeitig vorhanden, sodass man mit
Doppler-Kühlen einfangen und mit Gradienten-Kühlung weiterarbeiten kann,
wenn die Atome schon niedrige Geschwindigkeiten erreicht haben. Dazu erniedrigt
man in der Polarisationsgradienten-Kühlphase die Laserintensität und verstimmt
den Laser weit nach Rot.
10.3
Semiklassische Berechnung
Die räumliche Modulation der potentiellen Energie der Zeemann-Komponenten
ist
2Ω21 /Γ2
2 1
U±1/2 = h̄∆± = h̄δ
± cos 2kz
(10.14)
1 + (2δ/Γ)2 3 3
wobei wir den Ursprung des Koordinatensystems auf der z-Achse um λ/8 verschoben haben. Damit definieren wir die ortsabhängige Kraft für jede ZeemanKomponente
d
U±1/2
dz
2
2Ω21 /Γ2
sin 2kz
= ∓ h̄kδ
3
1 + (2δ/Γ)2
f±1/2 = −
(10.15)
und eine mittlere Kraft
hF i = f+1/2 Π+1/2 + f−1/2 Π−1/2 .
(10.16)
Für ein ruhendes Atom gilt mit der stationären Besetzung
2
Πstat
+1/2 = sin kz
2
Πstat
−1/2 = cos kz
(10.17)
hF (z, v = 0)i = −
=
dU
dz
2
2Ω21 /Γ2
h̄kδ
sin 2kz cos 2kz
3
1 + (2δ/Γ)2
(10.18)
Für die Berechnung der Kraft auf ein bewegtes Atom kann in Gl.(10.16) eine
retardierte Besetzung, analog zu den Überlegungen in Gl. (7.42-7.44) eingesetzt
werden. Damit ergibt sich das Verhalten der Kraft als Funktion der Geschwindigkeit, das auf Seite 78 gezeigt ist (dick ausgezogene Linie).
80
Kühlgrenze: Die Gleichgewichtstemperatur kann für den Fall δ Γ als
kB T =
hΩ21
8|δ|
(10.19)
hergeleitet werden. Dabei ergibt sich für die niedrigste mittlere Geschwindigkeit
(rms ≡ root mean square)
vrms h̄k |δ|
.
M Γ
(10.20)
Dieser Wert ist größer als die Rückstoßgeschwindigkeit, da bei diesem Kühlschema
δ|/Γ 1 gilt.
Kapitel 11
Orientierungskühlen
In diesem Beispiel untersuchen Dalibard und Cohen-Tannoudji [35] einen Kühlmechanismus, der bei Überlagerung von σ + − σ − Strahlen auftritt. In diesem
Fall ist die resultierende Laser-Polarisation linear, aber sie rotiert im Raum. Die
Laserintensität ist dabei räumlich konstant. Hier treten keine Dipolkräfte auf.
Zwei gegenläufige, entgegengesetzt zirkular polarisierte Strahlen führen zu einem völlig anderen Kühleffekt. Sogar bei sehr kleinen Geschwindigkeiten führt
die atomare Bewegung zu einem Besetzungsunterschied zwischen den ZeemanUnterzuständen des Grundzustandes. Der Besetzungsunterschied führt zu einem
Nichtgleichgewicht zwischen den Spontankräften der beiden gegenläufigen Laserstrahlen.
Wir untersuchen das Feld zweier gegenläufiger Wellen der Frequenz ωL . Die ebenen Wellen laufen entlang der z-Achse und sie sollen gleiche reelle Amplituden
E0 haben. Damit ergibt sich für das Feld
E(z, t) = E + (z) E0 e−iωL t + c.c.
(11.1)
mit der Komponente:
E + (z) = ˆ eikz + ˆ0 e−ikz
(11.2)
wobei ˆ, ˆ0 die Polarisationen der beiden Wellen sind. Für σ + − σ − haben wir die
Polarisationsvektoren
1
ˆ = − √ (x + iy )
2
1
ˆ0 = + √ (x − iy )
2
(11.3)
Damit ist
E + (z) =
√
2 (y cos kz + x sin kz) =
81
√
2 Y
(11.4)
82
Orientierungs-Kühlen
Für z = 0 fällt Y mit y zusammen, das resultierende Feld ist linear polarisiert.
Die lineare Polarisation dreht sich um den Winkel ϕ = kz, wenn man sich entlang
von z bewegt, wobei die Intensität konstant bleibt.1 Unter diesen Bedingungen
tritt ein spezieller Kühlmechanismus auf (das Orientierungskühlen), und zwar
nur, wenn der Gesamtdrehimpuls des Grundzustandes Jg > 1/2 ist.
s
s
+
e
-
y
x
0
z
y
Dieser Kühlmechanismus funktioniert, wenn man einen gemeinsamen angeregten
Zustand hat, der über σ +−σ − Licht mit zwei Zeeman-Komponenten des Grundzuständes verknüpft ist. Für das folgende Beispiel betrachten wir die Clebsch
Gordan Koeffizienten für Je = 2 ↔ Jg = 1 :
e
e
-2
1
e
-1
1
2
2
g
-1
1
6
e
0
1
6
g
3
0
2
e
+ 1
+ 2
1
2
1
g
2
1
1
+ 1
In diesem Termschema ist der gemeinsame angeregte Zustand |e0 i. Dieser ist
über σ + und σ − Licht mit |g−1 i und |g+1 i verknüpft. Die thermische Besetzung
entarteter Zeeman-Niveaus ist
NM =
N
2J + 1
(11.5)
Dabei ist N die Gesamtzahl der Atome und NM der Bruchteil, der sich im
Zeeman-Niveau mit der Quantenzahl M befindet. Im Gleichgewicht (ohne äußeres
Strahlungsfeld) trägt also jedes der drei Zeeman-Niveaus ein Drittel der Besetzung. Durch optisches Pumpen wird die Gleichverteilung unter den Zeeman Komponenten gestört.
1
Wenn die Amplituden der gegenläufigen Wellen nicht identisch sind, dann resultiert eine
elliptische Polarisation, aber die Achsen der Ellipse drehen sich im Raum, während die Halbachsen konstant bleiben.
Orientierungs-Kühlen
11.1
83
Gleichgewicht für ruhendes Atom
Bei z = 0 liegt die Laser-Polarisation entlang y . Die Eigenzustände von Jy
bezeichnen wir mit |g−1 iy , |g0 iy und |g+1 iy . Die effektive lineare Polarisation des
Lasers konzentriert durch optisches Pumpen die Besetzung inpden p
Zustand |g0 iy ,
weil die optische Pumprate von |g−1 iy → |g0 iy proportional
1/2)2 = 1/4
p p( 1/2
ist, hingegen die Pumprate von |g0 iy → |g−1 iy nur ( 2/3 1/6)2 = 1/9.
Auf Grund der Clebsch-Gordan Koeffizienten stellt sich die stationäre Populati2
on in den Zuständen |g−1 iy , |g0 iy und |g+1 iy als 4/17, 9/17pund 4/17
p ein.2 Dazu
kommt, dass der π-Übergang (∆M = 0) aus |g0 iy gleich ( 2/3 / 1/2) = 4/3
mal so stark ist als die π-Übergänge, die von |g−1 iy und |g+1 iy aus starten. Damit folgt eine Lichtverschiebung der Zeeman Komponenten, die für |g0 iy 4/3 mal
größer ist als für |g−1 iy und |g+1 iy :
3
∆1 = ∆−1 = ∆0
4
h D
1
= 34 h D
0
h D
0
h D
1
= 34 h D
0
Wenn der Laser rotverstimmt ist,
dann ist ∆0 < 0. Das bedeutet,
g -1
g + 1
y
y
dass die Zeeman-Komponenten
des Grundzustandes nach unten
g 0
y
verschoben werden.
Wie sieht in diesem Fall das Fluoreszenzspektrum aus? Wenn die Laserintensität sehr schwach (Ω1 Γ) und die Verstimmung groß (|δ| Γ) ist, dann finden
wir eine Raleigh Linie bei der Laserfrequenz ωL . Diese entspricht der Absorption
und Emission zurück in den gleichen Zeeman-Zustand. Dazu gibt es eine StokesLinie bei ωL + ∆0 /4 (wenn das Atom in |g0 iy startet und nach |g−1 iy oder |g+1 iy
emittiert). Weiters gibt es eine Anti-Stokes Linie bei ωL − ∆0 /4 (wenn das Atom
in |g−1 iy oder |g+1 iy startet und nach |g0 iy emittiert). Im Gleichgewicht stellt sich
die Besetzung so ein, dass beide Seitenbänder gleich stark sind (mit Intensitäten
im Verhältnis 1:3:1).
Wenn sich das Atom an einem anderen Ort z befindet, dann stellt sich auch
2
Bei Anregung mit linearer Polarisation gilt für die zeitliche Änderung der Populationen
Π̇0
Π̇±1
2
2
= − Π0 + ·
3
3
1
2
= − Π±1 +
2
3
2
1
Π0 + ·
3
2
1
1
· Π0 +
6
2
1
1 1
Π1 + · Π−1
2
2 2
1
· Π±1
2
Im stationären Fall ergibt sich z.B. aus der zweiten Gleichung 9Π1 = 4Π0 . Mit der Bedingung
Π−1 + Π0 + Π+1 = 1 sind die stationären Populationen 4/17, 9/17 und 4/17.
84
Orientierungs-Kühlen
dieses Gleichgewicht ein (die Laserintensität ist unabhängig von z). Lediglich die
Laserpolarisation zeigt in eine andere Richtung. Damit ändert sich die Wellenfunktion, da die Zustände Eigenfunktionen der neuen Orientierung der Polarisationsachse Y sind. Der Der Orientierungsvektor J zeigt entlang Y und Y
dreht sich im Raum entlang z.
11.2
Zustand des bewegten Atoms
Wir betrachten ein Atom das sich mit der Geschwindigkeit v entlang von z bewegt
z = vt
(11.6)
und führen eine Transformation in das bewegte System durch. Im bewegten
Bezugssystem bemerkt das Atom, dass mit fortlaufender Zeit der Polarisationsvektor in der x-O-y-Ebene den Winkel
ϕ = −kz = −kv · t
(11.7)
überstreicht. Jetzt führen wir ein rotierendes, bewegtes Bezugssystem ein, in dem
das Atom eine konstante Laserpolarisation sieht. Wie im folgenden gezeigt wird
entsteht in diesem Bezugssystem ein Inertialfeld, das eine Kopplung der Eigenzustände |g−1 iy und |g+1 iy mit dem Zustand |g0 iy bewirkt. Diese Kopplung ist
proportional zur atomaren Geschwindigkeit v. Die Kopplung ist in der Abbildung
auf Seite 83 mit den dicken Pfeilen angedeutet. Als Konsequenz dieser Kopplung
entstehen gestörte Zustände |Gm iy , die eine Überlagerung der ungestörten Niveaus |g+1 iy , |g−1 iy und |g0 iy darstellen. Wie wir unten zeigen, führt diese Kopplung
Vrot = kvJz
(11.8)
zu einer atomaren Orientierung parallel zu z, der Ausbreitungsrichtung der Laserstrahlen. Die Ursache des daraus resultierenden Kühlvorganges liegt hier letzlich
im unterschiedlichen Spontandruck, den die links- bzw. rechtslaufende Welle auf
den orientierten Grundzustand ausübt.
Transformation in das rotierende System: Um die Scheinkraft im bewegten System zu berücksichtigen, überlegen wir uns zunächst die Eigenschaften der
Wellenfunktion Ψ0 , die nach bei Transformation in das bewegte System aus der
Wellenfunktion im Laborsystem Ψ, entsteht. Die Laborkoordinaten ~r beschreiben wir mit den Einheitsvektoren {êx , êy , êz }. Im bewegten, rotierenden System
~ die Einheitsvektoren {êX , êY , êZ }. Zur Zeit
verwenden wir für die Koordinate R
t = 0 fallen die beiden Koordinatensysteme bei z = 0 zusammen.3 Für den
Transformationsoperator gilt
3
Wir legen fest, dass bei vt = z = 0 die Polarisationsachse entlang y liegt.
Orientierungs-Kühlen
85
Ψ(~r)
T
−→
↓ T HT +
↓ H
HΨ(~r)
~
Ψ0 (R)
T
−→
~
T HT + Ψ0 (R)
woraus wir die Beziehungen T Ψ = Ψ0 und Ψ = T + Ψ0 ablesen. Diese verwenden
wir in der zeitabhängigen Schrödinger Gleichung
ih̄
∂Ψ
= HΨ
∂t
(11.9)
indem wir Ψ durch T + Ψ0 ersetzen:
∂Ψ0 +
∂T + 0
Ψ + ih̄
T = HT + Ψ0
ih̄
∂t
∂t
(11.10)
und auf diese Gleichung T anwenden:
ih̄
∂T +
∂Ψ0
T Ψ0 + ih̄
T T + = T HT + Ψ0
∂t
∂t
(11.11)
Damit ergibt sich für die zeitabhängige Schrödinger Gleichung im bewegten System
∂T +
∂Ψ0
+
ih̄
= −ih̄
T + T HT
(11.12)
Ψ0
∂t
∂t
∂Ψ0
=
Vrot + H0 Ψ0
ih̄
∂t
wobei Vrot + H0 der Hamiltonian im rotierenden System ist.
Hamiltonian im bewegten System: Die Laser-Atom Wechselwirkung ist proportional der Komponente des Dipolmomentes, die entlang der am Orte z gültigen
Orientierung der Laserpolarisation ˆY liegt. Wenn wir z in Gl.(11.4) durch vt
ersetzen, dann gilt im bewegten System
~ · ˆY = Dx sin kvt + Dy cos kvt
VAL ∝ D
(11.13)
Eine Transformation in das bewegte System erreicht man durch Anwendung der
unitären4 Transformation (siehe Anhang C, bzw. Ref.[38])
T (t) = exp(−ikvtJz /h̄) .
4
(11.14)
Eine unitäre Transformation ändert die Physik nicht. Der Operator T ist unitär, wenn sein
Inverses T −1 gleich ist seinem Adjungierten T + ist. Da Jz ein hermitescher Operator ist gilt
+
T + = eiJz /h̄ = eiJz /h̄ und T T + = 1.
86
Orientierungs-Kühlen
Da die Laserintensität bei einer Verschiebung entlang z konstant ist, ändert sich
bei einer Transformation lediglich der Term VAL im Hamiltonian. Die Transformation T (t)H(t)T + (t) ergibt[35]
T (t) [Dx sin kvt + Dy cos kvt] T + (t) = Dy .
(11.15)
Das ist zu erwarten, da ja durch die Transformation erreicht werden soll, dass
im bewegten Koordinatensystem die Polarisation raumfest ist. Mit der Definition
in Gl.(11.13) verbleibt von dem zweiten Term auf der rechten Seite von (11.12)
nur das Dipolmatrixelement Dy . Weil T von der Zeit abhängt, erscheint aber im
Hamiltonian für das bewegte, rotierende System der zusätzliche Term
+ ∂T (t)
ih̄
T (t) = kvJz = Vrot .
(11.16)
∂t
In der Folge betrachten wir das bewegte System im quasi-stationären Fall (die
Laserintensität ist ja an jedem Punkt dieselbe, nur die Richtung des Polarisationsvektors ändert sich) und berücksichtigen den zusätzlichen Term im Hamiltonoperator im Rahmen der Störungsrechnung erster Ordnung.
11.3
Kopplung im bewegten System
Wenn wir den Inertialterm (11.16) vernachlässigen, dann sind die Eigenzustände
des Grundniveaus die Zustände |g+1 iy von Jy . Diese Zustände kann man in der
Basis von Eigenzuständen von Jz , {|gm iz } beschreiben: Nach einer Rotation um
π/2 um die x-Achse ergibt sich (siehe Anhang E)
√
1
|g+1 iy =
+ |g+1 iz − |g−1 iz + i 2 |g0 iz
(11.17)
2
√
1
− |g+1 iz + |g−1 iz + i 2 |g0 iz
|g−1 iy =
(11.18)
2
1 |g0 iy = √
|g+1 iz + |g−1 iz
(11.19)
2
In dieser Basis kann man jetzt die Matrixelemente des Intertialterms
Vrot = kvJz
zwischen den {|gM iy } berechnen, um in 1. Ordung Störungstheorie eine Vorhersage für den Einfluß von Vrot = kvJz zu erhalten:5
√
(11.20)
y hg+1 |Vrot |g0 iy = y hg0 |Vrot |g+1 iy = +h̄kv/ 2
√
(11.21)
y hg−1 |Vrot |g0 iy = y hg0 |Vrot |g−1 iy = −h̄kv/ 2
(11.22)
y hgm |Vrot |gm iy = 0
Da keine diagonalen Elemente von Vrot auftreten, bleibt das Energiediagramm
der Grundzustände (in 1. Ordnung) gleich dem in der Abbildung auf Seite 83.
5
Dabei gilt z hgm0 |kvJz |gm iz = z hgm0 |kvmh̄|gm iz = h̄kvm δm0 m .
Orientierungs-Kühlen
11.4
87
Bewegungsinduzierte Orientierung
Welchen Einfluß hat der Inertialterm auf den Energieaustausch zwischen Laserfeld und bewegtem Atom? Den Einfluß von Vrot auf die Wellenfunktionen {|gm iy }
berechnen wir mit Störungsrechnung 1. Ordnung: Jz koppelt die Grundzustandsniveaus |g+1 iy , |g−1 iy und |g0 iy zu den gestörten Zuständen {|Gm iy }
√
kv/ 2
|G+1 iy = |g+1 iy +
|g0 iy
(11.23)
∆1 − ∆0
√
kv/ 2
|G−1 iy = |g−1 iy −
(11.24)
|g0 iy
∆1 − ∆0
√
√
kv/ 2
kv/ 2
|g+1 iy −
|g−1 iy
|G0 iy = |g0 iy +
(11.25)
∆0 − ∆1
∆0 − ∆1
In der gestörten Basis erscheint ein endlicher Erwartungswert von Jz :
y hG±1 |Jz |G±1 iy
y hG0 |Jz |G0 iy
1 h̄kv
2 ∆1 − ∆0
h̄kv
=
∆0 − ∆1
=
(11.26)
Dieser endliche Erwartungswert bedeutet, dass die Amplituden der Eigenzustände
von Jz , |g−1 iz und |g+1 iz (in denen sich die Funktionen {|Gm iy } ausdrücken
lassen) ungleich sind, also Orientierung vorliegt. Unter der Annahme, dass die
stationäre Besetzung in den gestörten Zuständen {|Gm iy } etwa gleich ist der
Besetzung in den ungestörten Zuständen {|gm iy }, ergibt sich nach Gewichtung
der Terme in den Gleichungen 11.26 mit den stationären Populationen 4/17, 9/17
und 4/17 und Summation über die m-Werte für den stationären Wert von Jz
h̄kv
9
2
2
20 h̄kv
stat
hJz i
=
−
−
=
(11.27)
∆0 − ∆1 17 17 17
17 ∆0
Dieser Erwartungswert von Jz bedeutet eine Orientierung des Grundzustandes,
hervorgerufen durch die Bewegung. Diese Orientierung bedeutet, dass die Population der Zustände |g±1 iz ungleich ist, und zwar
Πz+1 − Πz−1 = hJz istat /h̄ =
20 kv
.
17 ∆0
(11.28)
Der Populationsunterschied nimmt mit der Geschwindigkeit zu und ist invers
proportional zur Lichtverschiebung. Aus diesem Populationsunterschied (11.28)
lässt sich anschaulich die Ursache für einen neuen Kühlmechanismus zeigen. Dieser Mechanismus bremst bei kleinen Geschwindigkeiten erheblich effektiver als
das Doppler-Kühlen.
88
Orientierungs-Kühlen
11.5
Lichtdruck bei Orientierung
Bei Rotverstimmung (δ < 0) erfährt der Grundzustand eine negative Lichtverschiebung (∆ < 0, siehe Bild auf Seite 83). Wir betrachten ein Atom, das
sich nach z > 0 bewegt, also v > 0. Dann folgt aus Gl.(11.28), dass der Zustand
|g−1 iz stärker besetzt ist als der Zustand |g+1 iz .
Um die Konsequenzen dieser ungleichen Besetzung zu verfolgen, betrachten
wir die Clebsch-Gordan Koeffizienten für Absorption von zirkular polarisiertem
Licht und die Strahlanordnung auf Seite 82: der σ − -Strahl propagiert entgegen
die z-Achse und der σ + -Strahl in Richtung der z-Achse. Die Wahrscheinlichkeit,
dass ein Atom im Zustand |g−1 iz ein σ − Photon absorbiert, ist sechsmal größer
als die Wahrscheinlichkeit, dass es ein σ + Photon absorbiert. Genau das Gegenteil gilt für den Zustand |g+1 iz . Da der Zustand |g−1 iz stärker besetzt ist als der
Zustand |g+1 iz folgt daraus, dass der Strahlungsdruck beider Strahlen nicht ausbalanciert ist: das Atom streut mehr entgegengesetzt laufende σ − Photonen als
mitlaufende σ + Photonen. Dieser Unterschied ist nicht eine Folge des DopplerEffektes, sondern hat seinen Ursprung in der unterschiedlichen Besetzung der
Zeeman-Zustände, die das bewegte Atom in ein Gebiet geänderter Gleichgewichtsbesetzung trägt, ehe die Relaxation einen Ausgleich herbeiführen kann.
Die Größenordnung der gestreuten Photonen pro Zeiteinheit ist
Γ0
Γ0 Πz+1 − Πz−1 ∝
kv
∆0
(11.29)
wobei Γ0 die mittlere Streurate eines Grundzustandsatoms ist. Da jedes σ − Photon dem Atom einen Impuls −h̄k überträgt, und jedes σ + Photon einen Impuls
+h̄k, ist die mittlere Rate des Impulsübertrages an das Atom (also die mittlere
Kraft) von der Größenordnung
F ∝ −h̄k 2
Γ0
v.
∆0
(11.30)
Diese Kraft ist proportional zu v und gegen v gerichtet, wenn die Verstimmung,
und damit die Lichtverschiebung negativ sind. Die Kraft ist unabhängig von der
Laserintensität, und der Reibungskoeffizient ist
α ∝ −h̄k 2
Γ0
.
∆0
(11.31)
Eine genauere Berechnung der Kraft [35] ergibt die im folgenden Bild (für Ω1 =
0.25Γ, δ = −0.5Γ ) gezeigte Abhängigkeit von der Geschwindigkeit.
Orientierungs-Kühlen
89
0 .1 5
F O R C E ( U n it h k G /2 )
0
0
0 .0 4
-0 .0 1 5
V E L O C IT Y
u n it G /k
-1
1
-0 .1 5
Die Steigung im Bereich um v = 0 ist sehr hoch. Dieses Kühlprinzip arbeitet nur
über den beschränkten Bereich kv ≈ ∆. Die strichlierte Linie zeigt im Vergleich
dazu das Ergebnis des Doppler-Kühlens (Gleichung 3.19).
11.6
Energiedissipation
Die kinetische Energie des Atoms wird nicht durch einen Sisyphus Effekt dissipiert, sondern deshalb, weil das Atom mehr Photonen aus einem Strahl streut,
nämlich dem ihm entgegengerichteten. Die Erklärung ist, dass das Emissionstriplett im Laborsystem leicht blauverschoben ist. Als Beispiel untersuchen wir
die Fluoreszenz, die in Folge einer Absorption von einem σ − Photon erfolgt (dieses Photon läuft nach z < 0): Wenn das Photon nach z < 0 emittiert wird, dann
hat es im Laborsystem keine Dopplerverschiebung. Wenn es nach z > 0 emittiert
wird, dann hat es im Laborsystem eine Dopplerverschiebung von 2kv. Im Mittel
ist der Energieverlust nach Absorption eines σ − Photons h̄kv. Für ein σ + Photon ist er −h̄kv. Die kinetische Energie (Doppler Energie), die pro Zeiteinheit
verloren geht ist also gleich
dW
Γ0
∝ −h̄kvΓ0 Πz+1 − Πz−1 ∝ − h̄k 2 v 2
dt
∆
(11.32)
Das stimmt mit dem Leistungsverlust −F v überein, der aus der Reibungskraft
in Gleichung (11.30) folgt.
Die bisherigen Betrachungen galten einer mittleren Reibungskraft, gemittelt
über Wegstrecken im Bereich einer Wellenlänge, unter Annahme einer kontinuierlichen Verminderung der Geschwindigkeit. Bei Temperaturen im Bereich weit
unterhalb der Dopplergrenze kommt die de-Broglie Wellenlänge des Atoms in
90
den Bereich der optischen Wellenlänge und die mittlere Energie der Atome in
den Bereich der Rückstoßenergie
h̄2 k 2
= kB TR .
2M
(11.33)
Für Rb bei 780 nm liegt TR bei etwa 700 nK. Um in diesem Energiebereich die diskrete Energieabnahme zu berücksichtigen haben Dalibard und Cohen-Tannouddji
eine volle quantenmechanische Behandlung des Problems unter Berücksichtigung
der diskreten Impulsänderung bei Absorption und Emission durchgeführt.
In dieser Rechnung wurde das unten gezeigte, fiktive W -System zu Grunde gelegt.
Aus dieser Rechnung ergab sich für die zeitliche Entwicklung der Impulsbreite
auf Grund der bewegungsinduzierten Orientierungskühlung der unten gezeigte
Befund. [35] Startpunkt ist eine Gauss’sche Verteilung mit einer Breite von 15
Rückstoßgeschwindigkeiten. Nach einiger Zeit entwickelt sich ein Peak mit der
Breite von etwa 2 Rückstoßgeschwindigkeiten.
e
e
-2
e
0
2
Parameter:
1
1
1
2
1
2
t = 2 0 0 0 G
t = 1 0 0 0 G
t = 3 0 0 G
g
-1
g
-1
-5 0 h k
0
σ+ − σ−
δ = −Γ
-1
t = 0
+ 1
-1
5 0 h k
Ω1 = 0.2Γ
=================
Zusammenfassend lassen sich folgende Abhängigkeiten der Kühlmechanismen von
der Laserintensität angeben:
Reibung
Einfangbereich
Endtemperatur
Doppler-Kühlen
proportional zu I
unabhängig von I
unabhängig von I
PolarisationsGradientenkühlung
unabhängig von I
proportional zu I
proportional zu I
Kapitel 12
VSCPT
Velocity Selective Coherent Population Trapping
Literatur: Laserkühlung an der Grenze des Machbaren, C. Cohen-Tannoudji, Physikalische Blätter 51 91-5 (1995). New Laser Cooling Mechanisms, C. Cohen-Tannoudji,
in Laser Manipulation of Atoms and Ions, Proc. of the Varenna Summer School 1991,
North Holland 99-169. Laser Cooling below the one-photon recoil energy, A. Aspect et
al. JOSA B 6 2112 (1989).
Alle bisher besprochenen Kühlmechanismen zeigen bei bestimmten Bedingungen
(Verstimmung, Intensität) einen Reibungsterm, der die Bewegung dämpft. Die spontane Emission spielt dabei eine Hauptrolle bei der Kühlung, da sie die Energie aus dem
bewegtem Atom entfernt. Zum Beipiel beim Sisyphus Kühlen: sowohl bei hoher Intensität und Blauverstimmung, als auch bei niedriger Intensität und Rotverstimmung,
entnimmt die spontane Emission einen Teil der kinetischen Energie, die das bewegte Atom kurz vor der Emission eines Photons in potentielle Energie umgesetzt hat.
Beim Doppler Kühlen und beim Polarisationsgradienten Kühlen mit σ + σ − –Licht ist
die Blauverschiebung der spontanen Emission, relativ zum absorbierten Photon, die
Ursache für die Dissipation kinetischer Energie. Weil in diesen Kühlmechanismen der
Fluoreszenz-Zyklus nie aufhört, erscheint die einfache Rückstoßenergie
ER = kB TR =
h̄2 k 2
2M
(12.1)
als scharfe Grenze der niedrigsten erreichbaren Energie. In diesem Temperaturbereich
ist die Ausdehnung des atomaren Wellenpaketes in der Größe der Laserwellenlänge
und eine quantenmechanische Beschreibung der atomaren Bewegung, gemeinsam mit
der Atom-Laser-Wechselwirkung ist notwendig.
Atom
λL
ER
vR
λdB (v = vR )
He
Na
Cs
1082
589
894
nm
≈4
≈1
≈ 0.1
µK
90
30
3
mm/s
1082
589
894
nm
91
92
VSCPT
Trotz dieser scheinbar scharfen Grenze ist Kühlung unterhalb des Rückstoßlimits
möglich! Um unter die Rückstoßenergie zu kommen, muß der spontane Emissionsprozess aufhören. Das kann für bestimmte Kombinationen von Laserpolarisation und
Übergangsschema erzwungen werden (z.B. für σ + −σ − –Licht und Übergänge von Jg =
1 → Je = 1). In diesen Fällen kann die Fluoreszenzrate gleich Null werden, wenn das
Atom ohne Bewegung ist, vorausgesetzt man gibt dem Atom genügend Zeit sich von
selbst in einen sogenannten Dunkelzustand (dark state) zu entwickeln. Ein Dunkelzustand entsteht, wenn das Atom in einen linearen Superpositionszustand gepumpt wird,
der nicht absorbiert. Im Fall von VSCPT ist der Superpositionszustand eine Kombination von Zeeman-Niveaus des Grundzustandes mit unterschiedlichem linearen Impuls.
Diese Kombination stellt eine perfekte Falle für v = 0 dar, und eine weniger gute für
|v| > 0. Das VSCPT-Verfahren selektiert von selbst Atome mit Geschwindigkeiten um
v = 0 und schützt sie vor der schlechten spontanen Emission, weil diese Atome nicht
mehr am Fluoreszenz-Zyklus teilnehmen. Um damit auch kühlen zu können, braucht
man auch einen Weg, um die Atome in einen sehr kleinen Geschwindigkeitsbereich dv
um v = 0 hineinzubringen.
Das Anreichern der Atomdichte im Geschwindigkeitsbereich um v = 0 nennt man Velocity Selective Coherent Population Trapping .1 Die Anreicherung erfolgt auf
Grund zufälliger spontaner Emissionsprozesse.
12.1
Dunkelzustände
Ein nicht-absorbierender Dunkelzustand lässt sich wie folgt beschrieben:2 Ein Atom mit
drei Niveaus wird mit zwei Lasern gepumpt, wie im folgenden Bild für ein sogenanntes Λ-System gezeigt wird. Gegenüber der Resonanzfrequenz des stimulierten RamanProzesses sind die Laser um δ verstimmt. Die stationäre Fluoreszenzrate aus dem angeregten Zustand |ei bzw. die Absorptionsrate aus dem Grundzustand zeigt ein Minimum
bei δ = 0, wenn die Atome in einen quantenmechanischen Überlagerungszustand von
|g1 i und |g2 i eingefangen werden und die Absorptionsamplituden von |g1 i nach |ei und
von |g2 i nach |ei destruktiv interferieren. Die Breite des Einbruchs ist die Energiebreite des Grundzustandes Γ0 . Sie ist bei kleiner Rabi-Frequenz und bei Abwesenheit von
Stößen viel kleiner als die natürliche Linienbreite des angeregten Zustandes, Γ.
e
w
g
L 1
A b s
w
g
1
G '
L 2
G
d
2
0
d
Als Beispiel für ein solches Λ-System betrachten wir metastabiles Helium und zwar den
1
2
abgekürzt: VSCPT, “geschwindigkeits-selektiver kohärenter Besetzungseinschluß“
Siehe Anhang C.2
VSCPT
93
Übergang vom metastabilen Niveau: 23 S1 ↔ 23 P1 . In diesem Fall ist der Übergang von
m = 0 nach m = 0 verboten. Das folgende Bild gibt die Clebsch-Gordan Koeffizienten
für diesen Übergang.
s
e
e
-1
1
1
2
1
e
0
1
2
0
2
g
-1
g
2
1
+ 1
e
g
1
+ 1
H e
e
-
s
2
0
4
+
2
-
e
s
1
0
+
2
g
0
z
-
0
+
g
s
+
e = 2 3 P
1
g = 2 3 S
1
-
1
2
g
+
In einer Dimension behandeln wir für zwei entgegengesetzt laufende σ + σ − –Strahlen
gleicher Frequenz diesen Übergang als ein Dreiniveau, Λ-System: Zwei entartete Grundzustände |g±1 i (ohne Magnetfeld !) koppeln an einen einzelnen angeregten Zustand,|e0 i.
1) Ruhendes Atom : Das Atom sieht beide Laserstrahlen bei derselben Frequenz. In
diesem Fall kann sich eine kohärente Superposition von |g+1 i und |g−1 i ausbilden, die
nicht an |e0 i gekoppelt ist. Dies passiert, wenn die Amplituden für die Anregung |g+1 i
→ |e0 i und |g−1 i→ |e0 i gleicher absoluter Größe sind aber destruktiv interferieren. Der
nichtabsorbierende kohärente Zustand (Dunkelzustand) besteht aus einer Überlagerung
1
ΨN C = √ (|g+1 i + |g−1 i)
2
(12.2)
Der Dunkelzustand existiert nur in Anwesenheit des Lichtfeldes. Trotzdem absorbiert
ein Atom im Dunkelzustand das Laserlicht nicht, erreicht also nie den angeregten Zustand |e0 i.
2) Atom bewegt sich entlang der z-Achse: Die Raman Resonanzbedingung ist
nicht mehr erfüllt, weil der Dopplereffekt unterschiedliche Frequenzen im atomaren
System bedingt, und die Anregungsamplituden nicht mehr vollständig destruktiv interferieren können. Dieses einfache Argument zeigt, dass nur Atome bei Geschwindigkeit Null im Dunkelzustand eingefangen werden können (jedenfalls bei gegenläufigen
Laserstrahlen). Wie kommen die Atome in den Dunkelzustand hinein?
Zufällig können sie bei einer spontanen Emission in diese Klasse fallen.
94
VSCPT
12.2
Optisches Pumpen im Geschwindigkeitsraum
Weil dem Atom beim Pumpen der Impuls h̄k mitgegeben wird und weil dieser Impuls
wieder durch das Fluoreszenzphoton entnommen wird, erfolgt bei jedem FluoreszenzZyklus eine willkürliche Änderung des Impulses des Atoms. Es kann passieren, dass ein
Atom mit vR > v > dv im Floureszenz-Zyklus in einer Geschwindigkeitsklasse v < dv
endet. Diese stochastische Impulsdiffusion kann man als optischen Pumpprozess im
Geschwindigkeitsraum ansehen. Dieser Prozess kann Atome aus dem absorbierenden
in den nicht-absorbierenden Zustand befördern. Wenn sie einmal dort gelandet sind,
dann bleiben sie dort, sammeln sich dort an und bilden eine Peak in der Geschwindigkeitsverteilung um v = 0.
R
N (v )
0
0
v
v
Dieser Kühlmechanismus ist radikal anders als die bisher diskutierten Prozesse. Hier
ist keine Reibungkraft am Werk, sondern eine Kombination aus Impulsdiffusion und
CPT. Die Kühlung hängt nicht von der Verstimmung ab, die niedrigste Temperatur ist
scheinbar unbegrenzt, die Atome werden umso kälter, je länger man wartet.
12.3
Impuls-Familien
Bisher haben wir den Ort des Atoms entlang einer Laserwellenlänge fest vorgegeben.
Der Ort z = vt war wohldefiniert. Wenn aber die Impulsunschärfe ∆p kleiner ist als
h̄k, dann ist die räumliche Kohärenzlänge ζA = h̄/∆p größer als die Laserwellenlänge.
Die atomare Wellenfunktion muß dann zwei Komponenten haben, eine beschreibt den
inneren Zustand des Atoms, die andere die Translation des Wellenpaketes.
Man führt Basiszustände ein mit Quantenzahlen für die inneren Freiheitsgrade und für
die Translation. Diese Zustände beschreiben geschlossene Familien, deren Mitglieder
durch Absorption und stimulierte Emission zueinander gekoppelt sind.
Der Zustand |e0 , pi beschreibt ein Atom im angeregten Zustand mit dem linearen
Impuls p entlang der z-Richtung. Auf Grund der Impulserhaltung kann dieser Zustand
mit der σ + -Welle nur mit dem Grundzustand |g−1 , p − h̄ki koppeln, da diese Welle entlang der positiven z-Richtung läuft und bei der stimulierten Emission ein Rückstoß mit
−h̄k erfolgt. Umgekehrt kann die σ − -Welle den angeregten Zustand nur mit |g+1 , p+h̄ki
koppeln. Die Familie der drei Zustände:
F(p) =
n
|e0 , pi, |g−1 , p − h̄ki, |g+1 , p + h̄ki
o
(12.3)
VSCPT
95
ist geschlossen, solange keine spontane Emission stattfindet. In dieser Basis sind die
nicht-diagonalen Matrixelemente auf Grund der Laser-Atom Kopplung (siehe Gleichung
6.9 auf Seite 43)
1 h̄Ω1
VAL |g−1 , p − h̄ki = − √
|e0 , pi
2 2
1 h̄Ω1
VAL |g+1 , p + h̄ki = + √
|e0 , pi
2 2
(12.4)
(12.5)
wobei Ω1 die Rabi-Frequenz ist. Vorfaktor und Vorzeichen spiegeln die unterschiedlichen Clebsch-Gordan Koeffizienten wieder (siehe Bild auf Seite 93).
Gleichung (12.4) bedeutet, dass das Atom in |g−1 i nur ein σ + Photon absorbieren
kann. Da dieses Photon in unserem Beispiel (siehe Bild auf Seite 93) in der positiven
z-Richtung läuft, transferiert es +h̄k, wenn es das Atom in den angeregten Zustand
befördert. Umgekehrt ist es für |g+1 i. Wenn man jetzt den sogenannten Dunkelzustand
(N C=non coupled) einführt:
i
1 h
(12.6)
|ΨN C (p)i = √ |g−1 , p − h̄ki + |g+1 , p + h̄ki
2
findet man, dass er nicht an den Laser gekoppelt ist, da
VAL |ΨN C (p)i = −
h̄Ω1
h̄Ω1
|e0 , pi +
|e0 , pi = 0
4
4
(12.7)
Die Amplituden für Absorption aus den beiden Grundzuständen enden im selben Endzustand und interferieren destruktiv. Wichtig ist, dass diese destruktive Interferenz aus
zwei Zuständen heraus erfolgt, die einen um 2h̄k unterschiedlichen Impuls haben.
Ebenso kann man einen gekoppelten Zustand (Hellzustand) definieren:
1
|ΨC (p)i = √ [ −|g−1 , p − h̄ki + |g+1 , p + h̄ki ]
2
(12.8)
Diese Kombination ist orthogonal zu (12.6). Für den gekoppelten Zustand erfolgt konstruktive Interferenz. Der Zustand koppelt an das Laserfeld mit
VAL |ΨC (p)i = +
h̄Ω1
h̄Ω1
|e0 , pi +
|e0 , pi =
6 0
4
4
(12.9)
Anschaulich läßt sich sagen: Wenn sich das Atom im Dunkelzustand |ΨN C (p)i befindet,
ist es nie in der Lage den angeregten Zustand zu besetzen und ist so von der Möglichkeit
der Fluoreszenz ausgeschlossen. Wenn es sich hingegen im “hellen” Zustand |ΨC (p)i
befindet, wird es oft in den angeregten Zustand transferiert und hat so die Möglichkeit
der spontanen Emission.
12.4
Atomare Kopplung durch Bewegung
Wir nehmen an, dass die interne Energie der Zeeman-Niveaus im Grundzustand identisch ist (kein äußeres Magnetfeld) und definieren sie bei der potentiellen Energie
96
VSCPT
Epot = 0. Der atomare Hamiltonian enthält dann einen Beitrag aus der Translationsext und einen inneren Anteil Hint :
bewegung HA
A
int
ext
+ HA
=
HA = HA
p2
+ h̄ω0 |e0 ihe0 | .
2M
(12.10)
In Abwesenheit der Laser-Atom Kopplung werden die Eigenzustände der Familie F(p)
durch die Schrödinger Gleichungen
(p ± h̄k)2
|g±1 , p ± h̄ki
2M
p2
+ h̄ω0 |e0 , pi
HA |e0 , pi =
2M
HA |g±1 , p ± h̄ki =
beschrieben. Damit ergibt sich für den nicht gekoppelten Zustand:
1
(p−h̄k)2
(p+h̄k)2
HA |ΨN C (p)i = √
|g−1 , p−h̄ki +
|g+1 , p+h̄ki
2M
2M
2
Nach Einführen von Gl. 12.6 und 12.8 erhalten wir
2
h̄kp
p
HA |ΨN C (p)i =
+ ER |ΨN C (p)i +
|ΨC (p)i
2M
M
2
h̄kp
p
HA | Ψ C (p) i =
+ ER |ΨC (p)i +
|ΨN C (p)i
2M
M
(12.11)
(12.12)
(12.13)
(12.14)
(12.15)
HA bewirkt eine Energieverschiebung von Dunkel- und Hellzustand um den Betrag
p2 /2M +ER und eine Bewegungskopplung zwischen Dunkel- und Hellzustand von der
Größe h̄kp/M :
hΨC (p)|HA |ΨN C (p)i =
h̄kp
= h̄kv
M
(12.16)
Die Kopplungsfrequenz ist gerade gleich der Doppler-Frequenzverschiebung kp/M , die
von der Geschwindigkeit v = p/M herrührt.
12.5
Zerfall auf Grund spontaner Emission
Wir gehen davon aus, dass es keine Stöße mit anderen Atomen gibt, die zu einer
Änderung der Geschwindigkeit des Atoms führen. Dann bleibt unter Anwesenheit der
Atom-Laser Kopplung VAL die Familie der 3 Zustände
F(p) = { |e0 , pi, |g−1 , p − h̄ki, |g+1 , p + h̄ki }
(12.17)
geschlossen, solange keine spontane Emission vorliegt. Die Familie dieser drei Zustände
kann man auch durch die drei orthogonalen Zustände ΨN C , ΨC und e0 ausdrücken:
n
o
F(p) = |e0 , pi, |ΨC (p)i, |ΨN C (p)i
(12.18)
VSCPT
97
Mit der Verstimmung δ = ωL − ω0 ist die Energie des angeregten Zustandes im bekleideten Bild h̄δ̄ = h̄ωL − h̄ω0 + ER . Der Energieabstand zwischen |e0 , pi und |ΨC (p)i bzw
|ΨN C (p)i ist dann gleich −(h̄δ + ER ) = −h̄δ̄.
e 0 ,p
G
W
2
1
d
k p /M
G C'
y
C
G N'
y 'N
(p )
C
C
(p )
Folgende Kopplungen gibt es zwischen den Mitgliedern dieser Familie: Die Zustände
|e0 , pi und |ΨC (p)i sind über das Matrixelement von VAL = h̄Ω1 /2 gekoppelt. Die
ext = h̄kp/M
Zustände |ΨC (p)i und |ΨN C (p)i sind über das Matrixelement von HA
gekoppelt. In Abwesenheit dieser Kopplungen ist der einzig strahlungsinstabile Zustand
|e0 , pi mit der natürlichen Breite Γ. Da auf Grund von VAL und HA die Zustände
|ΨC (p)i und |ΨN C (p)i eine Komponente von |e0 , pi erhalten, haben auch sie endliche
Energiebreiten. Diese bezeichnen wir mit Γ0C und Γ0N C .
Die zeitliche Evolution der Familie ist dann durch einen effektiven (nicht hermiteschen) Hamiltonian gegeben [40]:



Hef f = h̄ 

−δ̄ − iΓ/2
Ω1 /2
Ω1 /2
0
0
kp/M
0


kp/M 


0
(12.19)
Gleichung 12.19 ergibt drei komplexe Eigenwerte mit unterschiedlichem Imaginärteil.
Physikalische Bedeutung der drei spontanen Zerfallsmoden : Wir machen die Annahme, dass die nichtdiagonalen Elemente (die Kopplungen) in Gleichung
12.19 sehr klein sind.
1. Spezialfall: p = 0
1 |ΨN C (p = 0)i = √ |g−1 , −h̄ki + |g+1 , h̄ki
2
(12.20)
Dieser Zustand ist von den beiden anderen der Familie Gl.(12.18) völlig entkoppelt.
Das bedeutet, dass ein Atom, das zur Zeit t = 0 in diesen Zustand versetzt wird, ewig
98
VSCPT
dort bleibt, eine perfekte Falle für Atome, jedenfalls solange die beiden Laserstrahlen angeschaltet bleiben und keine geschwindigkeitsändernden Stöße stattfinden. Die
Zerfallsraten der beiden anderen finden wir aus Gl.(12.19)


−δ̄ − iΓ/2 Ω1 /2

Hef f (p = 0) = h̄ 
(12.21)
Ω1 /2
0
mit der Störungsrechnung zweiter Ordnung. Der angeregte Zustand strahlt spontan
mit einer Breite Γ. Wenn Ω1 Γ und Ω1 |δ̄| ist, ergibt sich für den komplexen
Energieeigenwert des gekoppelten Zustandes
0
− iΓ0C /2 =
h̄ δ̄C
(h̄Ω1 /2)2
.
h̄ δ̄ + iΓ/2
(12.22)
Dieser Wert geht gegen Null für Ω1 → 0. Der Eigenwert hat einen Imaginärteil
Γ0C = Γ
Ω21
,
4δ̄ 2 + Γ2
(12.23)
der die Energiebreite darstellt und einen Realteil (eine Energieverschiebung)
0
δ̄C
= δ̄
Ω21
.
4δ̄ 2 + Γ2
(12.24)
Der gekoppelte Zustand |ΨC (0)i erhält eine endliche Breite durch das optische Pumpen
von der Größenordnung Γ0C ∝ Ω21 . Dieser Breite entspricht einer Kontamination von
|ΨC (0)i durch den angeregten Zustand.
2. p ist nicht Null, aber sehr klein:
Wir nehmen hier an, dass die Kopplung h̄kp/M zwischen |ΨC (0)i und |ΨN C (0)i sehr
klein ist gegenüber der Lichtverschiebung bzw. der Breite aus den Gleichungen (12.23,12.24),
die für den Fall p = 0 gelten. In diesem Fall sind die Eigenwerte von zwei der drei
Zuständen immer noch sehr nahe an denen von Gleichung (12.21), nämlich
−h̄δ̄ − ih̄(Γ/2)
(12.25)
0
h̄δ̄C
(12.26)
−
ih̄(Γ0C /2)
Die Energie des dritten Zustandes ermitteln wir mit Störungstheorie zweiter Ordnung
unter Berücksichtigung der Kopplung h̄kp/M zwischen |ΨN C (0)i und dem gestörten
Zustand |ΨC (0)i mit dem Eigenwert (12.25). Damit erhalten wir
0
0
h̄ δN
C − iΓN C /2 =
(h̄kp/M )2
.
0 − iΓ0 /2
h̄ −δ̄C
C
(12.27)
Für die Energieverschiebung und Breite des ungekoppelten Zustandes in Anwesenheit
geringer Bewegungskopplung ergibt sich aus dem Imaginärteil ein Term
Γ0N C (p) = Γ0C
4 (kp/M )2
4k 2 p2
=
Γ
,
2
M 2 Ω21
4δ¯0 + Γ0 2
C
C
(12.28)
VSCPT
99
der die Energiebreite darstellt und über den Realteil eine geringfügige Energieverschiebung. Der Zustand |ΨN C (p)i erfährt eine Kontamination durch |ΨC (p)i über den
nichtdiagonalen Term kp/M in Gl.(12.19). Damit erhält auch der Dunkelzustand eine (noch kleinere!) Kontamination durch den angeregten Zustand. Die Kontamination
verschwindet, wenn p gegen Null geht. Der Zustand ist dann fast für immer stabil. Oder
in anderen Worten, wenn wir sehr lange warten, selektieren wir damit jene Atome, die
sehr nahe bei p = 0 liegen. Diese Dunkelzustände sind eine lineare Superposition zweier
unterschiedlicher Bewegungszustände der entarteten Grundzustandsniveaus |g−1 i und
|g+1 i. Diese unterscheiden sich um zwei Photonenimpulse, |g−1 i hat p + h̄k und |g+1 i
hat p − h̄k. Die im gekoppelten System verbleibende restliche Impulsbreite ∆p wird
umso kleiner, je länger wir warten und ist durch die Bedingung
Θ > 1/Γ0N C (p)
(12.29)
charakterisiert. Θ beschreibt die Zeit, für die sich das gekoppelte System im Laserfeld
entwickeln durfte. Mit Gl.(12.28) wird der Wert für die restliche Impulsbreite
∆p <
12.6
M Ω1
√ √
2k Γ Θ
(12.30)
Spontaner Transfer zwischen Familien
Wenn das Atom eine Familie durch spontane Emission verläßt, dann landet es in einer
anderen Familie. Wenn wir von der eindimensionalen Betrachtung weggehen und uns
nicht für die Impulsgröße entlang der x und y-Koordinate kümmern, dann sehen wir,
dass die Impulsänderung entlang z irgendwo zwischen −h̄k und +h̄k zu liegen kommt.
Diese Diffusion im Impulsraum ist Ursprung für die Besetzung von Zuständen |ΨN C (p)i
mit kleinem Werten von |p|.
Das folgende Diagramm gibt zwei mögliche Endzustände der z-Komponente des
Impulses nach der spontanen Emission eines Photons in 3-D (Wellenlinie), gefolgt von
einer Photonenabsorption (strichlierte Linien). Die Komponente des Impulses des spontanen Photons entlang der z-Richtung ist mit u gekennzeichnet. Aus der Familie mit
dem Impuls Pz = p entsteht entweder eine mit Pz = p − u − h̄k (linkes Bild) oder
Pz = p − u + h̄k (rechtes Bild).
e 0 ,p -u -h k
e 0 ,p
g
. (p -u -h k )
-1
,p -u -2 h k
e 0 ,p
g
. (p )
-1
,p -h k
g
-1
. (p )
,p -u
g
-1
,p + h k
g
-1
,p -h k
g
e 0 ,p -u + h k
. (p -u + h k )
-1
,p -u
g 1 ,p + h k
g
-1
,p -u + 2 h k
100
VSCPT
Wenn die Landung in einer Familie mit kleinerem Wert von Pz erfolgt, bleibt das Atom
länger in dem neuen Zustand |ΨN C (Pz )i, ehe dieser wieder zerfällt. Dieses Bild kann
als Grundlage für eine Monte-Carlo Simulation der Zeitevolution der Impulsverteilung
verwendet werden. Quantensprünge an zufälligen Zeitpunkten zwingen schließlich das
Atom in den ungekoppelten Dunkelzustand nahe p = 0. Das folgende Bild zeigt eine
solche Entwicklung als Funktion der Zeit in Einheiten der spontanten Zeit.
P (p z)
3 = 5 0 /
-1
-h k
12.7
0
3 = 1 5 0 /
+ h k
p
z
-1
3 = 4 0 0 /
-1
-1
3 = 1 0 0 0 /
-h k
0
+ h k
p
z
Impulsverteilung im Dunkelzustand
Der Zustand |ΨN C (p)i ist kein Eigenzustand der Komponente Pz des Impulsoperators.
Eine Messung von Pz sollte zwei Werte ergeben: p + h̄k und p − h̄k.
Experimentell wurde dieser Befund für VSCPT in ein, zwei und drei Dimensionen unterucht [41, 42, 43]. Gezeigt ist hier das Experiment für VSCPT in zwei Dimensionen [42]:
Nach Abschalten der Lichtfelder und nach einem Gravitationsfall über 5 cm beobachtet
man am Bildschirm makroskopische Teilchenwellenpakete mit den Impulsen +h̄k bzw
−h̄k entlang den Laserstrahlrichtungen. Die Auftrefforte liegen im Abstand von etwa
1 cm vom Zentrum des Bildes.
Kapitel 13
Seitenbandkühlen
Diese Kühlkonzepte gehen auf Experimente mit gespeicherten Ionen zurück.[63] In
den vergangenen Jahren wurden sie besonders in den Gruppen um C. Salomon in
Paris[68], und um S. Chu in Stanford[69] weiterentwickelt. Voraussetzung für diesen
Kühlmechanismus ist der Einschluß der Atome (Ionen) in einem externen Potential,
am einfachsten in einem harmonischen Potentialtopf der Eigenfrequenz ωv . Wenn die
energetische Breite des angeregten Zustandes eines Zweiniveau-Systems kleiner ist als
der Energieabstand h̄ωv , dann werden im Spektrum Seitenbänder aufgelöst. Diese Seitenbänder entsprechen Übergängen im Zweiniveausystem mit gleichzeitiger Änderung
der Schwingungsquantenzahl v.
E
E
E
e
v1
v
v1
e
v1
v
v1
e
v1
v
v1
g
v1
v
v1
g
v1
v
v1
g
v1
v
v1
x
x
x
Effizientes Seitenbandkühlen ist möglich, wenn drei Bedingungen erfüllt sind:
• Äquidistante Translationszustände (harmonischer Oszillator, h̄ωv )
• Räumliche Teilchenbewegung ist eingeschränkt auf p
Bereich kleiner als die Wellenlänge des Kühl-Lasers (Lamb-Dicke Bereich, λ > h̄/(M ωv )). Ein Maß dafür
ist die räumliche
der Grundzustandswellenfunktion im harmonip Ausdehnung
p
schen Potential hx2 i = h̄/(M ωv ).
• Die Energieunschärfe (Breite) der Übergänge ist kleiner als der Abstand zwischen
den Bewegungszuständen Γ < ωv .
101
102
Seitenbandkühlen
Unter diesen Bedingungen kann man selektiv Seitenbänder anregen, wie sie im Bild auf
Seite 101 (Mitte und Rechts) eingetragen sind. Nach Anregung von v nach v ± 1 erfolgt
bevorzugt spontane Emission nach v ± 1, wodurch sich die Schwingungsquantenzahl
um Eins erniedrigt, bzw. um Eins erhöht.
Wenn wir mit ω0 den freien atomaren Übergang bezeichnen, dann erfolgt ein Kühlübergang
bei der Frequenz ω0 − ωv im roten Seitenband
|g, vi + h̄(ω0 − ωv ) → |e, v − 1i
(13.1)
Der Übergang zurück (spontan oder induziert) findet mit der höchsten Wahrscheinlichkeit
diagonal, ohne Änderung der Translationsbewegung statt:
|e, v − 1i → |g, v − 1i + h̄ω0
(13.2)
Diese Bedingung (keine Änderung des Schwingungszustandes) ist im Lamb-Dicke Bereich besonders gut erfüllt. So kann sich in jedem Kühlschritt die Schwingungsanregung
um eine Quantenzahl erniedrigen. Die Kühlgrenze bei diesem Prozess ist durch nichtresonante Anregung auf den Übergängen
|g, vi + h̄(ω0 − ωv ) → |e, vi
(13.3)
|g, vi + h̄(ω0 − ωv ) → |e, v + 1i
(13.4)
gefolgt von roten Seitenbändern bei der Emission gegeben. Diese führen zur Aufheizung.
Gerade die Bedingung für Resonanz und für Γ < ωv ist bei hohen Laserintensitäten
schwer erfüllbar. Dieses Problem umgeht das Konzept der Dunkelzustandskühlung,
das im Jahre 2000 erstmals vorgestellt wurde.[70] Im Jahre 2001 gelang das erste Experiment zur Kühlung positiver Ionen in einer Paulfalle nach diesem Schema.[71] Für
neutrale Atome wurde das Konzept bisher noch nicht demonstriert.
13.1
Lamb-Dicke-Effekt
Bei der spontanen Emission entsteht ein Photon mit dem Wellenvektor ~k und der
Polarisation ~. Die Photonenanzahl in der Mode ~k~ erhöht sich um Eins und das Atom
geht von einem internen Zustand |ei in einen tiefer-liegenden Zustand |gi über.
Der Anfangszustand des globalen Systems ist ein Atom im internen Zustand |ei mit
~ und einem Feld im Vakuumzustand
dem Impuls h̄K
~ 0i
|φi i = |e, K;
(13.5)
~ 0 und einem
Der Endzustand ist ein Atom im internen Zustand |gi mit dem Impuls h̄K
Photon im Feld
~ 0 ; ~k~ i
|φf i = |g, K
(13.6)
Auf Grund der Energieerhaltung fordern wir
Ee +
h̄2 K 2
h̄2 K 02
= Eg +
+ h̄ω
2M
2M
(13.7)
Seitenbandkühlen
103
und auf Grund der Impulserhaltung
~ = h̄K
~ 0 + h̄~k
h̄K
(13.8)
~ = 0 und damit K
~ 0 = −~k. Die Photonenenergie
Im Schwerpunktsystem des Atoms gilt K
ist dann
h̄ω = Ee − Eg − Erec
(13.9)
h̄2 k 2
h̄2 ω 2
=
2M
2M c2
(13.10)
wobei
Erec =
Da h̄ω M c2 wird der Rückstoßbeitrag häufig vernachlässigt. Damit ist h̄ω ≈ h̄ω0 =
Ee −Eg . Dies ist gleichbedeutend mit der Annahme M = ∞.
Wenn wir ein bewegtes Bezugssystem einführen, in dem sich das Atom mit der
~
Geschwindigkeit ~v = h̄K/M
bewegt, dann ergibt sich aus (13.7) und (13.8)
h̄ω = h̄ω0 − Erec + h̄ ~k · ~v
(13.11)
Dann gibt es für jede Emissionsrichtung eine spezifische Emissionsfrequenz, die von der
atomaren Geschwindigkeit und von dem Winkel zwischen ~v und ~k abhängt (DopplerEffekt).
Bei diesen Überlegungen haben wir angenommen, dass sich der Schwerpunkt des
Atoms frei bewegen kann. Wenn das Atom in einem externen Potential eingeschlossen
ist, dann gilt (13.8) nicht mehr und aus (13.7) wird
(i)
(f )
Ee + Ec.m.
= Eg + Ec.m.
+ h̄ω
(13.12)
()
wobei Ec.m. die Energie der Schwerpunktsbewegung vor und nach der spontanen Emis(i)
(f )
sion ist. Unter gewissen Umständen ist Ec.m. = Ec.m. . Dann erscheint das emittierte
Photon bei der Frequenz ω0 und zeigt keinen Rückstoß- und keinen Dopplereffekt.
Diese Situation ensteht, wenn das Atom fest in einer kristallinen Matrix eingebunden
ist und die Phononenenergie-Schwellen im Kristall größer sind als die Rückstoßenergie
(Mößbauer-Effekt) oder wenn die mittlere freie Weglänge des Atoms kleiner ist das die
Wellenlänge der emittierten Strahlung (Dicke-Effekt[72]). Letzterer tritt auf wenn ein
Ion in einem externen Potential (eingeschränkte Bewegung in einer Paul-Falle), oder
bei hohem Druck beobachtet wird.
Dazu beschreiben wir den Zustand des Ions als Produktfunktion |ii × |χi, wobei |ii
den internen Zustand des Ions beschreibt und |χi die externe Bewegung des Massen~
schwerpunktes. Das Ion befindet sich in einem externen anziehenden Potential V (R)
~ = 0. Aus dem Hamiltonian
mit einem Minimum bei R
Hext =
P~ 2
~
+ V (R)
2M
(13.13)
104
Seitenbandkühlen
ergeben sich gebundene Schwingungs-Zustände |χn i mit der Energie En . Vor der spontanen Emission ist der Zustandsvektor
|φi i = |e, χn ; 0 i ,
(13.14)
nach der Emission haben wir
|φf i = |g, χm ; ~k~ i .
(13.15)
Wir interessieren uns für die Übergangswahrscheinlichkeit und die Frequenz der emittierten Photonen. Dazu betrachten wir ein Atom mit einem Elektron der Masse m1 und
der Ladung q und einem Kern der Masse m2 und Ladung −Zq. Die beiden Teilchen
~ und P~ .
haben die internen Variablen ~r und p~. Die Variablen des Schwerpunktes sind R
m1~r1 + m2~r2
m1 + m2
= p~1 + p~2
~ =
R
P~
Mit dem Hamiltonian in der Coulomb-Eichung
2
~ / 2M
H1 =
P~ − q A
Zq
q
~ R)
~ + ...
p~1 −
p~2 · A(
= −
m1
m2
~ R)
~ = −∂ A(
~ R)/∂t
~
und dem Vektorpotential E(
mit
h
i
~ R)
~ = 1 Eω~ e−i~k·R~ + c.c.
E(
2
(13.16)
(13.17)
ergibt sich die Übergangswahrscheinlichkeit als[73]
~ ~
T ∝ hg| p~ · ~ |eihχm | e−ik·R |χn i
(13.18)
wobei p~ = p~1 − p~2 der Relativimpuls zwischen beiden Teilchen ist. Auf Grund der
Energieerhaltung ist die Energie der emittierten Photonen
h̄ω = h̄ω0 + En − Em
(13.19)
Wenn wir mit R die räumliche Ausdehnung der Schwingungswellenfunktion identifizieren dann gilt für |kR| 1, dass der Exponentialterm in (13.18) sich über die Aus~ ~
dehnung der örtlichen Wellenfunktionen kaum ändert, e−ik·R ≈ 1. Wegen der Orthogonalität der Wellenfunktionen χ sind dann diagonale Übergänge am wahrscheinlichsten. Für
h̄2 k 2
|En − Em |
2M
(13.20)
ist das Ion sehr stark an die Falle gebunden und das Atom kann selbst nicht die
Rückstoßenergie absorbieren. In diesem Fall nimmt die gesamte Falle die Rückstoßenergie
auf, analog zum Mößbauer Effekt.
Seitenbandkühlen
13.2
105
Dunkelzustandskühlen
Die Methode beruht darauf, dass die Anregung eines Zweiniveau-Systems bei ∆v = 0
und ∆v = +1, das in einem äußeren Potential gebundenen ist, durch eine maßgeschneiderte Transparenz bei diesen Frequenzen unterdrückt werden kann.
Absorption
Detuning δg
|e>
δg,Ω g,k g
δr,Ωr,kr
|r>
|g>
Dazu betrachten wir ein Dreiniveau System aus Grundzustand |gi, angeregtem
Zustand |ei und einem dritten Zustand
|ri. Der angeregte Zustand hat eine
natürliche Breite Γ und ist optisch mit
|gi und |ri verknüpft. Den Übergang
|ri → |ei pumpen wir mit einem starken
blauverstimmten Laser bei der Frequenz
ωr = ωre + δr .
Das Absorptionsspektrum des Systems
beobachten wir mit einem schwachen
Kühllaser am Übergang |gi → |ei bei der
Frequenz ωg = ωge + δg .
Im Feld des Kopplungslasers entstehen Sprossenpaare bekleideter Zustände
{|r, N i, |e, N − 1i}, im Abstand von δr . Dabei ist N die Zahl der Photonen im Kopplungslaserfeld. Unter der Wechselwirkung mit dem Kopplungslaser (Rabifrequenz Ωr )
schieben sich die Sprossenpaare ±∆ auseinander, wobei
p
(13.21)
2∆ = δr2 + Ω2r − |δr |
ist und die beiden Zustände
|+i = cos θ|r, N i + sin θ|e, N − 1i
(13.22)
|−i = sin θ|r, N i − cos θ|e, N − 1i
(13.23)
über den Mischwinkel
2θ = arctan
Ωr
δr
(13.24)
definiert sind. Da Ωr klein ist im Vergleich zu δr enthält der |+i-Zustand nur eine geringe Beimenung von |ei und eine Breite Γ0 Γ. Der schwache Kühl-Laser beobachtet
diese AC-Stark verschobenen Zustände vom Grundzustand aus (Energie E = 0) bei
der Energie h̄ωge − ∆ und h̄ωge + δr + ∆, mit stark unterschiedlichen Breiten, wie im
Inlet zum Bild auf Seite 105 gezeigt.
Der Kühllaser beobachtet die Zustandspräparation durch den Kopplungslaser als
ein Fano-Profil mit einer Nullstelle bei δg = δr und einer starken Asymmetrie um die
Nullstelle. Für Blauverstimmung des Kopplungslasers treten zwei Absorptionsmaxima
für den Kühllaser auf. Ein breites Maximum bei Resonanz δg ≈ 0 mit einer Breite von
106
Seitenbandkühlen
etwa Γ und eine sehr schmale Resonanz, blauverschoben von der Nullstelle δg ≈ δr mit
einer Breite Γ0 Γ. Die kleine Breite Γ0 spiegelt die geringfügige Beimengung von |ei
zum oberen bekleideten Niveau wieder.
∆r 0 MHz, Ir 1.
0.04 0.04
∆r 0∆MHz,
Ir 0.6
Ir 1.
r 1 MHz,
∆r 1 MHz, Ir 0.9
0.03 0.03
0.03
∆r 4 MHz, Ir 1.
20 10
0
10
∆g MHz
0.04 0.04
20
∆r 4∆MHz,
Ir 1.4
Ir 1.
r 9 MHz,
3
0.01
20 10
2
1
0
0
1
g MHz
∆g∆MHz
10
2
20
2
3
0.03
0.03
0.03
Χg 0.02
0.01 0.01
0.01
0.01
0.01
0.04 0.04
20 20
10 10
0
20
010 10
∆g MHz
∆g MHz
2
3
4 0 5 10 6 20 7
20
10
∆g∆MHz
g MHz
6
∆r 16 MHz, Ir 2.6
∆r 16
Ir 2.6
∆r MHz,
25 MHz,
Ir 1.
0.03
0.03
Χg 0.02
Χg 0.02
0.01
0.01
0.03
Χg 0.02
0.01
13
4
14
15
16
17
20 10
0
10
∆g MHz
∆g MHz
18
19
20
7
8
9
10
∆g MHz
11
12
27
28
0.04
0.04
20
3
∆r 25 MHz, Ir 3.2
∆r 25 MHz, Ir 3.2
0.04
0.01 0.01
20
1
1
2
∆g MHz
∆r 9 MHz, Ir 2.
ΧΧgg 0.02
0.02
20
0
0.04
0.03 0.03
20 20
10 10
0
20
010 10
∆g MHz
∆g MHz
1
MHz,
9 MHz,
2.
∆r ∆r 4
Ir Ir 1.4
0.04
0.04
Χg 0.02
Χg 0.02
0
10
∆g MHz
Χg 0.02
0.01
0.03 0.03
20 10
0.03
Χg 0.02
Χg 0.02
Χg 0.02
20
∆r 16 MHz, Ir 1.
0.03
0.01
20 20
10 10
0
20
010 10
∆g MHz
∆g MHz
20
0.04
Χg 0.02
0.01 0.01
0
10
∆g MHz
∆r 1 MHz, Ir 0.9
0.04
Χg 0.02
Χg 0.02
20 10
∆r 0 MHz, Ir 0.6
0.04
22
23
24
25 26
∆g MHz
Die linke Spalte zeigt die Entwicklung der Dunkelresonanz bei den Verstimmungen δr =
1, 9, und 25 M Hz bei konstanter Intensität des Kopplungslasers, Ir = 1.0 mW/cm2 .
Für die Bilder in der mittleren Spalte wurde die Intensität des Kopplungslasers so
gewählt, dass in jedem Fall der Abstand zwischen dem Absorptionsminimum und dem
Maximum des |+i Zustandes gerade 1 M Hz beträgt. (Die Intensität Ir ist in Einheiten
von mW/cm2 angegeben. Diese Anpassung ist aus der vergößerten Aufnahme in der
rechten Spalte ersichtlich.
Jetzt führen wir die quantisierte Translationsbewegung der Atome im äußeren Potential über die Schwingungsquantenzahl v ein. Wir machen dabei die Annahme, dass
die Schwingungsquanten h̄ωv im harmonischen Potential für die drei elektronischen
Zustände identisch sind.1 Im Falle der Speicherung von Ionen in einer Dipolfalle liegen typische Eigenfrequenzen im Bereich von h̄ωv = 2π · 1 M Hz während die typische
natürliche Linienbreite des angeregten Zustandes bei Γ = 2π · 20 M Hz liegt.
Berücksichtigt man die Translationsbewegung, dann gelten die oben gezeigten Bilder der Maxima und Dunkelresonanz für die diagonalen Übergänge v → v 0 . Für
nichtdiagonale Übergänge v → v 0 ± ∆v ist die effektive Verstimmung des Kühllasers
1
Diese Annahme ist für eine Ionenfalle in guter Näherung gerechtfertigt, da der räumliche
Einschluß auf die Ionenladung zurückgeht. Diese Annahme gilt nicht für neutrale Atome in
einer optischen Dipolfalle, da deren Polarisierbarkeit vom internen Zustand abhängig ist.
Seitenbandkühlen
107
δgef f → δg ∓ ∆v ωv . Dieser Umstand ist im folgenden Bild für ∆v = +1, 0, −1 gezeigt, wobei vorerst angenommen ist, dass diagonale und nichtdiagonale Übergänge
mit gleicher Wahrscheinlichkeit erfolgen. Die Verstimmung des Kopplungslasers wurde
als δr = +25 M Hz gewählt.
Die Wahrscheinlichkeit für Übergänge mit ∆v 6= 0 wird durch den Lamb-Dicke Parameter
p
η = |~kg − ~kr | hx2 i
kontrolliert. Dabei ist die räumliche
Ausdehnung der Grundzustandswellenfunktion des
p
p
harmonischen Oszillators hx2 i = h̄/(M ωv ) und ~kg (~kr ) der Wellenvektor des Kühl, bzw. Kopplungs-Lasers. Für kleine Werte von η sind nur Übergänge mit ∆v = 0 und
∆ = ±1 wahrscheinlich.
Χg
v v 1
22 23 24 25 26 27 28
∆eff
g MHz
Χg
vv
22 23 24 25 26 27 28
∆eff
g MHz
Χg
v v 1
So läßt sich durch die Abstimmung des
Kühllasers auf die Dunkelresonanz δg = δr
und geeignete Wahl der Intensität des
Kopplungslasers Ir erreichen, dass die
AC-Stark Verschiebung ∆ gerade gleich ωv
entspricht, in unserem Fall hier 1 M Hz.
Bei geeignetem Parameter η läßt sich so
erreichen, dass an der Position δg = δr
der diagonale Übergang unterdrückt wird,
siehe Bild in der Mitte.
Demgegenüber werden Übergänge mit
v → v 0−1 im schmalen Seitenmaximum des
Fanoprofils gut gepumpt, siehe Bild unten.
Zusätzlich bedingt die starke Asymmetrie
des Profils, dass Übergänge mit v → v 0 +
1 nur schwach gepumpt werden, siehe Bild
oben.
22 23 24 25 26 27 28
∆eff
g MHz
Unter diesen Bedingungen pumpt der Kühllaser bevorzugt ∆v = −1 Übergänge während
die stimulierte Emission ∆v = 0 betont. So kommt es zu stetigem Absinken der Schwingungsanregung bis fast alle Atome im niedrigsten Schwingungszustand gelandet sind.
108
Verdampfungskühlung
Kapitel 14
Verdampfungskühlung
14.1
Bose-Einstein Kondensation
Wenn wir Atome als quantenmechanische Wellenpakete mit der Ausdehnung
h
h
hλdB i =
=
=
hpi
M hvi
πh2
M 8kB T
1/2
(14.1)
betrachten, dann ist einsichtig, dass bei kleinen Temperaturen und bei genügend großer
Dichte die Pakete benachbarter Atome überlappen und ihre Ununterscheidbarkeit zum
Tragen kommt. Ein quantenmechanischer Phasenübergang findet statt, wenn der
mittlere Teilchenabstand und die de-Broglie Wellenlänge, die dem Impuls der Teilchen
entspricht, eine vergleichbare Größe besitzen. Dann können ununterscheidbare Teilchen einen kohärenten, makroskopischen Quantenzustand einnehmen. Für freie Teilchen findet der Phasenübergang statt, wenn das Produkt aus de-Broglie Wellenlänge
und Dichte den kritischen Wert
N · λ3dB = 2.612
(14.2)
übertrifft. Nehmen alle Teilchen denselben Grundzustand ein, kann die makroskopische
Wellenfunktion als Produkt aller Einteilchenwellenfunktionen angesehen werden. Das
erstaunliche an der Bose-Einstein Kondensation ist, dass es sich hier nicht um eine
Wechselwirkung zwischen den Teilchen handelt, wie wir es bei Phasenübergängen in
realen Gasen kennen. Wichtig ist, dass BE-Kondensation ohne Wechselwirkung der
Atomen eintreten kann und die Wechselwirkung zwischen den Atomen letzlich einen
Störfaktor vom idealen Bild darstellt. Näherungsweise1 gelingt die Bose-Einstein Kondensation auch, wenn eine geringfügige Wechselwirkung zwischen den Teilchen vorliegt,
vorausgesetzt der mittlere Teilchenabstand ist nicht zu klein.
Auf Grund der immer vorhandenen Wechselwirkung zwischen reellen Atomen wurde
lange Zeit geglaubt, dass bei genügend großer Dichte und genügend kleiner Temperatur
die Kondensation in die feste Phase eher eintreten würde als BEC.
1
Im Sinne für eine bestimmte Zeitspanne.
109
110
Verdampfungskühlung
H ig h T :
d
l
d B
v
" B illia r d b a lls "
L o w T :
"W a v e p a c k e ts "
T = T c :
B E C l dB » d
" M a tte r w a v e o v e r la p "
T = 0 :
P u re B o s e c o n d e n s a te
" G ia n t m a tte r w a v e "
In einem Gas bei hoher Temperatur ist der mittlere Atomabstand
(∝ N 1/3 ) typisch viel größer als
die atomare Ausdehnung.
Bei kleinen Temperaturen kann
die atomare Ausdehnung über die
Streulänge für s-Wellenstreuung
definiert werden.
Die makroskopische Begrenzung
bildet die Fallengröße. Für ein harmonisches Potential ist ist die geometrische Ausdehnung des Grundzustandes
p
(14.3)
aHO = h̄/M ωHO .
BEC wurde zuerst mit Alkali Atomen (1995) [49],[50],[51], dann mit H-Atomen (1998)
[52] und jüngst mit He-Atomen (2001) [53] gezeigt. In allen BEC-Experimenten wurde
mit einer Stufe des Vorkühlens in einer magneto-optischen Falle begonnen. In der MOT
ist die Temperatur durch spontane Emission begrenzt und die maximale Dichte durch
Strahlungseinschluß (Reabsorption der spontanen Photonen) sowie durch beschleunigende Stöße angeregter Atome mit Atomen im Grundzustand. In einer Standard MOT
ist das Produkt aus Dichte und de-Broglie Wellenlänge etwa sechs Größenordnungen
unter dem Kriterium. Der wesentliche Schritt bei der Erhöhung der Phasenraumdichte gelang bisher immer durch Verdampfungkühlung von laser-vorgekühlten Atomen in
einer magnetischen Falle oder jüngst auch in einer optischen Dipolfalle.
Die Verdampfungsmethode unterliegt nicht den Temperatur- und Dichte-Grenzen
des Laserkühlens. Beim Verdampfen wird die hochenergetische Komponente der thermischen Verteilung aus einem Fallenvolumen abgeschöpft. Diese Methode ist also immer
mit Teilchenverlust verbunden. Eine wesentliche Voraussetzung für den Abkühlprozess
beim Verdampfen ist, dass die zurückbleibenden Atome durch elastische Stöße rethermalisieren. Dieser Vorgang kann kontinuierlich wiederholt werden, indem man die
Barriere des Potentialtopfes langsam (1 − 30 s) absenkt. Da dabei gleichzeitig auch
das Volumen verkleinert wird, kann sich dabei die Dichte erhöhen. Gelingt dies, dann
wird auch die Zeit zur Rethermalisierung kürzer und man spricht von einer runaway evaporation. Typisch erreicht man mit der Verdampfungsmethode eine Erhöhung
der Phasenraumdichte um den Faktor 106 , bei einer Reduktion der Gesamtzahl der
Teilchen um den Faktor 103 . Wichtige Voraussetzung für das Gelingen der Verdampfungskühlung ist, dass die Lebensdauer der kalten Atome lang ist gegenüber der Zeit,
die das Ensemble braucht, um durch elastische Stöße zu thermalisieren. Da die Dichte
des gasförmigen Ensembles relativ klein ist, dauert es typisch Sekunden um effektiv
Verdampfungskühlung
111
zu thermalisieren. Die größten bisher demonstrierten Kondensate bestehen aus etwa
2 × 107 Atomen im Fall von Natrium und etwa 1 × 109 Atomen im Fall von atomarem
Wasserstoff.
14.2
Atom-Atom Wechselwirkungen
Verdünnte Gase unterscheiden sich in ihrer BEC von den BEC Beispielen in kondensierter Materie (Supraflüssigkeit von 4 He, Bose-Kondensation von Cooper-Paaren bzw.
Exzitonen) dadurch, dass die starke und komplexe (Mehrteilchen-) Atom-Atom Wechselwirkung in einem verdünnten Gas nur eine geringe Rolle spielt. Zum Beispiel finden sich spin-polarisierte Wasserstoffatome bei Annäherung im Molekülzustand
H2 3 Σ+
u . Dieser Zustand, hat ein sehr schwaches Minimum in der potentiellen Energie bei etwa 8 a.u. (van der Waals Wechselwirkung), unterhält aber keine gebundenen
Schwingungsniveaus. Das Potentialminimum dieses triplet-Grundzustandes liegt bei
etwa 5 cm−1 . Spin-polarisierte H-Atome kommen sich also bis auf etwa 8 a.u. nahe,
binden aber nicht stabil (die Nullpunktsenergie im singlet-Grundzustand von H2 1 Σ+
g
liegt bei etwa 2000 cm−1 ). Erst durch Spin-Umklapp-Prozesse könnten spin-polarisierte
H-Atome in den stark gebundenen singlet Grundzustand kommen. Daher glaubte man
ursprünglich, dass spin-polarisierte H-Atome ideale Objekte wären um BEC in einem
verdünnten Gases zu realisieren.
40000
4000
20000
cm1
3 u
H1s H1s
0
20000
40000
2000
1 g
2
4
6
R bohr
3 u
cm1
1 g
2000
8
10
Rb5s Rb5s
0
4000
5
10
15
R bohr
20
25
Alkalis haben dem Wasserstoff ähnliche Potentialkurven, nur ist die triplet-Form stärker
gebunden und unterhält stabile Schwingungszustände (grössere Masse!). Allerdings erwies sich bei den typischen Dichten in Alkali-Kondensaten die Dreierstoßrekombination
Rb + Rb + Rb → Rb2 + Rb + ∆E
(14.4)
als eine nur unwesentliche Beschränkung zum Erreichen der Kondensation. Die Dreierstoßrekombination beschränkt aber die maximal erreichbare Dichte und die Lebensdauer des Kondensates. Der Ratenkoeffizient für Drei-Körperstoße liegt im Bereich von
10−28 cm6 s−1 . Typische Lebensdauern für Kondensate liegen im Bereich von Sekunden
bis Minuten. So lange dauert es bei den typischen Temperaturen (0.5 bis 2 µK) und
Dichten (1014 − 1015 cm−1 ) bis Dreierstoßprozesse zur Molekül- und Clusterbildung (≈
feste Phase) und zur Verdampfung des Kondensates führen. Zur Verdampfung kommt
112
Verdampfungskühlung
es, da beim Prozess 14.4 die Bindungsenergie des Moleküls, ∆E, frei wird (im Fall von
Rb2 1 Σ+
g etwa 0.6 eV).
Bosonische Atome Atome sind Bosonen, wenn ihr Gesamtspin ganzzahlig ist. Dies
ergibt sich für den Fall, dass die Summe von Protonen, Neutronen und Elektronen eine
gerade Zahl ist. Mit Ausnahme von Beryllium haben alle neutralen Elemente unter
ihren Isotopen bosonische Vertreter.
Unter welchen Bedingungen können wir also Teilchen, die aus Fermionen bestehen
als punktförmige Bosonen behandeln? Die fermionische Natur der atomaren Bausteine
zeigt sich in der internen Anregung der Teilchen. Wenn die interne Anregungsenergie
viel größer ist als kB T , dann sind die internen Freiheitsgrade praktisch ausgefroren und
für die thermodynamische Beschreibung der Teilchen unwesentlich.
Die Bosonen eines Isotops können mit unterschiedlicher Spinstruktur vorliegen.
Dadurch ergeben sich mehrere Hyperfeinzustände mit sehr geringen Energiedifferenzen
(z.B. H(1s)-Atome in F = 1 und F = 0). So ergibt sich die Möglichkeit für Kondensate,
die aus mehreren Komponenten bestehen.
14.3
Stöße kalter Atome
Die Streuung zweier Teilchen, die über ein Zentralpotential U (R) miteinander wechselwirken, entspricht der Streuung eines Teilchens der reduzierten Masse µ in den relativen
Koordinaten der beiden Teilchen. In einem klassischen Streuprozess lässt sich ein kontinuierlicher Stoßparameter b einführen. Mit der Relativgeschwindigkeit der Stoßpartner
v0 und dem Stoßparameter lässt sich der Drehimpuls des gestreuten Teilchens definieren
Lklass = µ b v0 .
(14.5)
In der Quantenmechanik beschreibt man die Streuung als Überlagerung einer (einlaufenden) ebenen Welle und einer Kugelwelle, die vom Streuzentrum abgestrahlt wird
Ψ ∝ eikz + f (k, θ)
eikR
,
R
(14.6)
wobei f (k, θ) die Streuamplitude ist. Wie in Anhang D gezeigt wird ergibt sich die
Streuamplitude
aus den Phasenverschiebungen δ` der Partialwellen mit Drehimpuls
p
L = `(` + 1) h̄
f (k, θ) =
∞
h
i
1 X
(2` + 1) e2iδ` (k) − 1 P` (cos θ)
2ik
(14.7)
`=0
Die Phasenverschiebungen ergeben sich aus den Lösung der Radialgleichung für das
Teilchen im Zentralpotential
d2
`(`+1) 2µ
2
uk,` (R) + k −
+ 2 U (R) uk,` (R) = 0
(14.8)
dR2
R2
h̄
Verdampfungskühlung
113
für die Amplituden der Partialwellen mit der Randbedingung uk,` (0) = 0. Der zweite
Term in der Klammer von Gl.(14.8) gibt das Zentrifugalpotential an. Im folgendem
Bild ist das effektive Potential, das Streupartner erleben,
Uef f (R) = U (R) +
`(` + 1) 2
h̄
2µR2
(14.9)
für drei Werte des quantenmechanischen Drehimpulses angegeben. Für das Potential
wurde das für den triplet Grundzustand von Rb2 zutreffende van-der-Waals Potential
U (R) = −C6 /R6 mit C6 = 4700 a.u. angenommen.
8
2
U MHz
6
4
1
2
0
0
2
4
0
100
200
R bohr
300
400
Der totale Streuquerschnitt ist durch das Betragsquadrat der Streuamplitude, integriert
über den gesamten Raumwinkel, definiert, in der Partialwellenentwicklung als Summe
über Beiträge aller Streuphasen δ` :
Z
σ(k) = 2π
∞
|f (θ)|2 sin θ dθ =
0
8π
k2
∞
X
(2` + 1) sin2 δ` (k)
(14.10)
`(gerade)
wobei für identische Bosonen wegen der Ununterscheidbarkeit der Streuwinkel θ und
π + θ nur gerade Partiallwellen beitragen. Dabei gibt δ` die Phasenverschiebung
der ge√
streuten Welle, relativ zur einfallenden Welle an. Die Wellenzahl k = 2µE/h̄ gibt die
Anzahl der Schwingungen der Kontinuumsfunktion pro Längeneinheit an. Das effektive
Potential ist für jede Partialwelle spezifisch und damit auch die betreffende Phasenverschiebung. Aus dem Bild ist auch ersichtlich, dass die höheren Partialwellen bei kleinen
Temperaturen das atomare Potential nicht “spüren”, sie werden an der Außenwand der
effektiven Potentialkurve reflektiert.2 Bei niedrigen Temperaturen dominiert also der
Beitrag der s-Wellen Streuung (` = 0). In diesem Fall verschwindet der Zentrifugalterm
und der totale Streuquerschnitt ist
σ0 (k) =
8π
sin2 δ0 (k)
k2
(14.11)
Zur Veranschaulichung der Bedeutung der Phasenverschiebung betrachten wir numerische Lösungen der radialen Schrödingergleichung für typische Potentialkurven des
2
Die relative Energie zweier Rb-Atome bei T = 100µK entspricht Uef f ≈ 3 M Hz.
114
Verdampfungskühlung
87 Rb
2 -Moleküls.
Im linken Bild sind Lösungen für gebundene Zustände (E < 0) dargestellt. Diese Zustände entsprechen Schwingungszuständen des Rb2 -Moleküls.3 Das rechte Bild zeigt Beispiele für Kontinuumsfunktionen (E > 0) für den triplet Grundzustand
87 Rb(5s)+ 87 Rb(5s). Bei großen Kernabständen verhalten sich Kontinuumsfunktionen
immer wie sin(kR + δ), eine um die Phasendifferenz δ verschobene Welle.
20
0
16
15
3
10
GHz 6
MHz
8
5
9
4
2
1
0
12
100
200
300
R bohr
400
500
100
200
300
R bohr
400
500
Ohne Potential ist die Lösung der Radialgleichung (14.8)
√
uk (R) ∝ sin kR
mit
k=
2µE
h̄
(14.12)
mit der kinetischen Energie E > 0. Mit Potential gilt bei großen Abständen für s-Wellen
Streuung für E > 0
uk,0 (R) ∝ sin k(R +
δ0
)
k
(14.13)
Die Streulänge a0 (für die Partialwelle ` = 0) ist definiert als der Grenzfall
− lim (
k→0
3
δ0
) = a0
k
(14.14)
Das im linken Bild verwendete Potential entspricht der Wechselwirkung von Rb(5p)+Rb(5s),
für diese gilt das langreichweitige Potential U (R) = −C3 /R3 . Die Lösungen für den Grundzustand Rb(5s) + Rb(5s) sind ähnlich, allerdings auf viel kürzere Reichweite begrenzt. Der
höchste gebundene Zustand im rechts gezeigten Potential (Triplet Grundzustand) liegt bei 1.3 cm−1 ≈ −39000M Hz!
Verdampfungskühlung
115
12
20
∆0 k
15
10
10
MHz
MHz 8
5
6
0
10
20
30
40
50
R bohr
60
70
100
80
200
300 400
R bohr
500
600
700
Aus dem rechten Bild auf Seite 115 erkennt man, dass die Streulänge etwa a0 = +90 bohr
beträgt, das Potential schiebt die Welle vom Ursprung weg. Für positive Streulänge ist
das Potential “abstoßend”.
Es gibt auch den Fall negativer Streulänge (anziehendes Potential). Die exakte
Größe der Streulänge hängt extrem empfindlich von der Lage des letzten gebundenen Schwingungszustandes ab. Liegt der höchste gebundene Zustand gerade unterhalb
der Bandkante (E = 0) ist die Streulänge positiv und das Potential abstoßend. Hätte
hingegen fast noch ein weiterer gebundener Zustand im Potentialtopf Platz, ist die
Streulänge negativ und das Potential ist anziehend. Liegt der letzte gebundene Zustand4 gerade an der Bandkante, dann ist die Streuphase δ = π/2 und die Streulänge
a0 → −∞. Bei Durchgang der Resonanz durch E = 0 springt die Streulänge von −∞
nach +∞.
Mit der Definition 14.14 ist der totale Streuquerschnitt für s-Wellen Streuung
σ0 = 8πa20
Der totale elatische Streuquerschnitt kalter
(14.15)
87 Rb-Atome
liegt also bei etwa
σ0 = 8π 902 = 2 × 105 bohr2 = 5 × 10−12 cm2
(14.16)
Dieser Querschnitt bestimmt die Thermalisierungsrate kalter Atome
Rtherm = N v̄ σ0
(14.17)
4
Die Lage des letzten gebundenen Schwingungszustandes hängt von der Fläche ab, die von
der gebundenen Potentialkurve für E < 0 eingeschlossen wird. Die semiklassische Quantisierungsbedingung ist
r
Z Rmax
1
µ
h̄ v +
=
dR
[E − U (R)]
2
2
Rmin
wobei v die Schwingungsquantenzahl ist und wobei Rmin und Rmax den klassischen Umkehrpunkten der Teilchenbewegung im gebundenen Potentialtopf entsprechen.
116
Verdampfungskühlung
Bei einer Dichte kalter Atome von N = 1012 cm3 ist die Thermalisierungsrate
Rtherm ≈ 5 × 10−12 3 × 101 × 1012 = 15 s−1
(14.18)
Zur Berechnung des Streuquerschnittes bei Zimmertemperatur müssen mindestens alle
Partialwellen, für die das Maximum im effektiven Potential unterhalb der Stoßenergie
E liegt, herangezogen werden. Für U (R) = −C6 /R6 ist die Maximalbedingung im
effektiven Potential
dUef f (R)
6C6 `(` + 1)h̄2
= 7 −
=0
dR
R
µ R3
Daraus erhalten wir für die radiale Position der Potentialbarriere
s
6µC6
RB = 4
`(` + 1)h̄2
(14.19)
(14.20)
und für die Höhe der Barriere
EB = −C6
`(` + 1)h̄2
6µC6
23
(14.21)
Daraus schätzen wir den minimalen Wert von ` ab, der zur Behandlung bei Zimmertemperatur5 (EB ≤ E ≈ 0.001 a.u.) berücksichtigt werden muss:
`(` + 1) ≥
EB
C6
2
3
6µC6
6 · 1836 · 87 · 4700
≈ 4002
2 ≈
2/3
h̄
(4700/0.001)
(14.22)
Bei Zimmertemperatur müsste also die Summation über Partialwellen bis zu sehr hohen
Werten des Drehimpulses (` > 400) ausgeführt werden. Der elastische Querschnitt bei
Zimmertemperatur ist ein Maß für die Verlustrate (Rloss = Nrg v̄ σ) mit der kalte Atome
auf Grund von Stößen mit dem Restgas (Dichte Nrg ) aus der Falle entfernt werden. Bei
einem Restgasdruck von 10−8 mb und typischen MOT-Parametern liegen Verlustraten
durch elastische Stöße in der Größenordnung von 0.1−1 s−1 .
5
300 K entsprechen etwa 30 meV , also ≈ 1/1000 einer atomaren Energieeinheit.
Verdampfungskühlung
14.4
117
Streulänge und Molekularfeldnäherung
Bose-Einstein Kondensation erfolgt im idealen Gas. Im Experiment hat man es immer
mit einem realem Gas zu tun, die Näherung zum idealen Gas gelingt also nur bei extremer Verdünnung, wodurch die Wechselwirkung klein gehalten werden kann. Bei großer
Verdünnung ist die kritische Phasenraumdichte N λ3dB nur mit extrem kalten Atomen
erreichbar. Für sehr kalte Atome dominiert die s-Wellenstreuung und das Kriterium
für die√Verdünnung ist N a30 1. Dies bedeutet, dass der mittlere Teilchenabstand
(∝ 1/ 3 N ) viel größer ist als die Streulänge. In diesem Fall kann die Wechselwirkung
zwischen den Teilchen eines Kondensats als Summe aller Paarwechselwirkungen angenähert werden (bedeutet: drei Teilchen sind praktisch nie nahe beisammen). Die
Paarwechselwirkung wird durch die Streulänge für s-Wellenstreuung charakterisiert.
In einem verdünnten Gas ist die Streulänge und damit die charakteristische Reichweite des Wechselwirkungspotentials viel kleiner als der mittlere Teilchenabstand. In
dieser Näherung kann man ein Kontaktpotential einführen
V (~r) = g δ(~r)
(14.23)
wobei g ein Maß für die Stärke der Wechselwirkung ist:
g=
4π h̄2 a0
M
(14.24)
Den Grundzustande eines BECs, das in einem äußeren Potential Ve (~r) eingeschlossen
ist, beschreibt man mit der Gross-Pitaevskii -Gleichung6
∂
h̄2
2
ih̄ Φ(~r, t) = −
∆ + Ve (~r) + g|Φ(~r, t)| Φ(~r, t)
(14.25)
∂t
2M
Diese Gleichung beschreibt die Bewegung eines Teilchens des Kondensats im äußeren
Potential und in molekularen Feld g|Φ(~r, t)|2 aller kondensierten Teilchen. Dabei ist
die Dichteverteilung im Kondensat N (~r, t) = |Φ(~r, t)|2 . Die Stärke des Wechselwirkungsterms gN (~r) im Vergleich zum äußeren Potential bestimmt die Stabilität des
Kondensats. Für negative Streulängen ist g < 0 und ein stabiles Kondensat wird nur
bei Dichten beobachtet, für die gilt Ve (~r) + gN (~r) > 0. Ein anschauliches Bild für den
Einfluss der Streulänge auf den Potentialterm in 14.25 findet sich in der Arbeit von
Burnett.7
6
E. P. Gross, Nuovo Ciemento 20, 1193 (1961) und L. P. Pitaevskii, Sov. Phys. JETP-USSR
13, 451 (1961).
7
K. Burnett et al., Nature 416 225-232 (2002).
118
Verdampfungskühlung
14.5
Magnetischer Einschluss
Die ersten Beobachtungen zur Bose-Einstein Kondensation in verdünnten Gasen gelangen über Verdampfungskühlung kalter Atome in magnetischen Fallen. Aus diesem
Grund besprechen wir vorerst noch Konzepte des magnetischen Einschlusses.
Der Einschluss neutraler Atome durch statische Magnetfelder gelang erstmals Midgall [54]. Atome mit ungepaarten Elektronen (wie z.B. Alkalis) haben magnetische
Momente µm in der Größenordnung von 1 µB . In einem externen Magnetfeld ist die
Wechselwirkungsenergie des magnetischen Dipols
EmF
~ = −|µm ||B|cosθ
= −~
µm · B
= gF mF µB |B|
(14.26)
wobei das klassische Bild eines festen Wertes von θ (Winkel zwischen Magnetfeld und
magnetischem Moment) äquivalent ist zur quantenmechanischen Aussage, dass sich das
Atom (bei konstantem B!) in einem diskreten, unveränderlichen Wert mF befindet.
m
F
= + 2
m
F
= + 1
m
F
= 0
m
F
= -1
m
F
= -2
F
= + 1
m
F
= 0
m
F
= -1
4 0 0
2 0 0
F = 2
-2 0 0
E n e rg y (M H z )
Voraussetzung für eine Falle ist ein lokales Minimum der potentiellen Energie.
Die sogenannten weak-field seeking states
(das sind diejenigen, für die gF mF > 0 ist)
suchen das Minimum im Magnetfeld auf.
Umgekehrt suchen die strong-field seeking
states (gF mF < 0) das Maximum des Magnetfeldes. Da es aber im statischen Fall
kein Maximum von B im freien Raum
gibt, kann man strong-field seeking states
nicht statisch einschließen.
-4 0 0
-6 4 0 0
m
-6 6 0 0
F = 1
-7 0 0 0
2 0 0
4 0 0
1 0 0
3 0 0
M a g n e tic fie ld m a g n itu d e ( G a u s s )
Im inhomogenen Magnetfeld sieht ein bewegtes Atom ein Magnetfeld das sich in Betrag
und Richtung ändert, und das Ursache für Übergänge zwischen den mF -Komponenten
sein kann. Stabil in seinem mF Zustand bleibt das Atom nur, wenn die Rate mit der sich
die Feldrichtung ändert kleiner ist als die Präzessionsgeschwindigkeit des magnetischen
Momentes:
dθ
gF µB |B|
< ωLarmor =
dt
h̄
(14.27)
Diese adiabatische Bedingung ist aber für Atome, die durch die Fallenmitte einer Quadrupolfalle fliegen (B → 0), nicht gegeben. Sie können durch Spin-Flip (sogenannte
Majorana Übergänge) verloren gehen. Um dieses Loch zu stopfen wurden zusätzliche
konstante Magnetfelder eingeführt, bzw. der zentrale Bereich über die optische Dipolkraft (fokussierter blauverstimmter Laser) verschlossen.
Verdampfungskühlung
119
m
14.6
F
= 2
m
F
= 1
m
F
= 0
m
F
= -1
m
F
= -2
4 0 0
2 0 0
E n e rg y (M H z )
Im folgenden Bild ist die Aufspaltung der Zeeman-Niveaus aus
F = 2 als Funktion der Position in der Falle gezeigt für den
Fall, dass das Magnetfeld in Fallenmitte von Null verschieden ist
(B0 6= 0). Damit liegt auch im
Fallenzentrum eine Aufspaltung
vor.
0
-2 0 0
-4 0 0
P o s itio n in tr a p
r
Verdampfungskühlung
Hess (1986) schlug dieses Konzept vor [55]. Indem man die heißesten Atome aus einer
Falle entkommen läßt, kühlen sich die in der Falle verbleibenden Atome ab. Voraussetzung dafür ist eine Thermalisierungsrate, die höher ist als die Verdampfungsrate.
Ti
fE
Ecut
fE
E
Tf Ti
fE
E
E
Radiofrequenz Verdampfung: Das physikalische Prinzip ist dabei ein Spin-Umklapp
Prozess, der durch RF-Strahlung induziert wird. Wird dieser Prozess richtig gewählt,
dann ist damit verbunden ein Übergang von einem gebundenen Zustand (Falle) zu
einem ungebunden Zustand (Abstossung vom Fallenzentrum). Dabei wird ein RFÜbergang zwischen zwei Zeemann Unterniveaus am geometrischen Rand der Falle resonant gepumpt, womit Atome in Resonanz mit dem Übergang verloren gehen. Die Ortsabhängigkeit wird durch den Zeemann-Effekt gesteuert. Da die Zeeman-Aufspaltung
spezifisch ist für das lokal herrschende Magnetfeld, gelingt es die heissesten Atome
(diese sind in der Lage, sich am weitesten vom Fallenzentrum zu entfernen) spezifisch
zu eliminieren. Damit ist das RF-Messer selektiv für die potentielle Energie der Atome. Die Wahl der Frequenz bestimmt die Höhe der Barriere bei der abgeschnitten wird
(siehe Bild auf Seite 119). Die räumliche Koordinate für die Resonanzbedingung ist
durch die lokale Magnetfeldstärke gegeben
µB |gF | B = h̄ωRF
(14.28)
Die potentielle Energie eines Atoms im Zeeman-Zustand mF ist
V (mF , ~r) = mF µB gF [B(~r) − B0 ] .
(14.29)
Daher können Atome, deren Gesamtenergie über
Etot > h̄mF (ωRF − ω0 )
(14.30)
120
liegt, selektiv eliminiert werden. Dabei entspricht ω0 dem Frequenzabstand der ZeemanKomponenten im Fallenzentrum (Minimum des Magnetfeldes).8 Durch zeitliche Variation der RF-Frequenz ωRF kann die Barriere abgesenkt werden, ohne dass man etwas
an der magnetischen Falle selbst ändert.
O
C
D
E
m
A
R F k n ife
E n e rg y
Für den selektierten mF -Zustand spielt
die Abweichung vom linearen ZeemannEffekt eine Rolle. In den Bildern auf Seite 119 ist diese Abweichung vom linearen
Zeeman–Effekt mit vollen Linien gezeigt.
Auf Grund der Wechselwirkung zwischen
Zuständen mit gleichen mF Werten, die
aus F = 2 und F = 1 entspringen, werden Zustände mit gleichem mF weiter
verschoben, als aus dem linearen ZeemanEffekt folgt (Übergang zum Paschen-Back
Effekt).
F
= 2
m
F
= 1
m
F
= 0
m
F
= -1
F
= -2
B
U
m
0
P o s itio n in th e tr a p
H
Bei Einstrahlung einer fixen Frequenz liegen die resonanten Übergänge in unterschiedlichen Raumbereichen. Nach Präparation der Atome im Zeeman-Zustand mF = 2 sind
diese im externen Potential V (mF = 2, ~r) = 2 µB gF [B(~r) − B0 ] eingeschlossen. In diesem Bild ist das RF-Messers bei A, C, D, und E resonant. Heisse Atome, die A
erreichen können, werden nach B gepumpt. Die darauf folgende Bewegung eines heissen Atoms im Ortsraum ist eingezeichnet. Hier wird das Atom ein weiteres Mal bei C
und noch einmal bei D in das tiefer liegende Zeeman-Niveau gepumpt, ehe es auf der
Potentialkurve mF = −1 den Fallenbereich verläßt.[56]
Die Verdampfungskühlung ist nur erfolgreich, wenn elastische Stöße, welche eine
Thermalisierung der verbleibenden Atome erlauben, häufiger vorkommen, als Stöße, die
zum Verlust und Aufheizen führen. Das Schema funktioniert in 3D. Aus Monte-Carlo
Simulationen hat man gelernt, wie der Prozess zu optimieren ist [57]. Ein RF-induziertes
Kühlschema wurde auch in einer optischen Dipol-Falle versucht, führte aber bisher zu
nur geringen Kühleffekten.[?] Erfolgreich hingegen ist die Verdampfung bei kontinuierlicher Verringerung der Potentialtiefe einer Dipolfalle[65],[66],[67] Im letzteren Fall
erfolgt die kontinuierliche Energieverschiebung der kalten Atome zum Fallenrand hin
über stimulierte Emission und Absorption im Dipol-Laserfeld.
8
Der Energieabstand für ∆mF = 1 in
87
Rb (F = 2) ist gleich 2π · 0.7 M Hz/G.
Anhang A
Dichtematrix für ein
Zweiniveau-System
In Kapitel 5 haben wir die kohärente Entwicklung des Zweiniveausystems in einem
äußeren Feld beschrieben. Nicht enthalten in dieser Beschreibung waren Effekte der
Dissipation und Dekohärenz. Diese Prozesse können im Dichtematrixformalismus
berücksichtigt werden.
Zu Dissipation zählen z.B. die spontane Emission oder Stöße welche zur Änderung der
Besetzungsdichte der Zustände führen. Zu Dekohärenz führen Stöße, die eine stochastische Störung der Phase des Zustandsvektors hervorrufen. Für das Zweiniveau System
im kohärenten Laserfeld lässt sich die Bedeutung der Elemente der Dichtematrix besonders einfach erklären.
Zuerst versuchen wir das noch ohne Dissipation und Dekohärenz. Dabei behandeln
wir das Problem aus Kapitel 5 mit den Lösungen (5.36 bis 5.38). Diese beschreiben
das Zweineau-System aus Grundzustand |gi und angeregtem Zustand |ei mit dem Zustandsvektor
|ψ(t)i = ce (t)|ei + cg (t)|gi
(A.1)
~
in einem externen Feld E(t)
= ˆx E0 12 e−iωL t + c.c. . Mit dem Ansatz
ck = Ck e−iωk t
(A.2)
ergeben sich aus der zeitabhängigen Schrödinger-Gleichung
d
i
|ψi = − H|ψi
dt
h̄
(A.3)
mit dem Hamiltonian (5.18) die gekoppelten Gleichungen (5.29)
i
Ċe = Ω1 Cg e−iδt
2
i
Ċg = Ω1 Ce eiδt
2
(A.4)
Die atomare Frequenz ist ω0 = ωe − ωg , die Laserverstimmung δ = ωL − ω0 und die
Rabifrequenz Ω1 = |deg |E0 /h̄. Exponentialterme mit e±i(ω0 +ωL )t werden in der Folge vernachlässigt. Als Lösungen für die Populationen ergeben sich Rabi-Oszillationen
121
122
Dichtematrix für Zweiniveau-System
(Gl.5.38) und für die Polarisation der getriebene modulierte Dipol, (Gl.5.40), siehe die
Bilder auf Seite 38 und 38.
Dieses Zweiniveausystem kann durch die einzige Wellenfunktion Ψ charakterisiert
werden und bis auf eine allgemeine Phase genügen drei unabhängige Parameter zu
seiner Beschreibung (die Beträge |Ce |, |Cg |, und eine relative Phase zwischen den beiden
Koeffizienten). Der Hamiltonian (5.18) bewirkt, dass sich das Zeitverhalten von Ψ bei
bekannten Anfangsbedingungen genau vorhersagen läßt. Man könnte auch sagen, dass
zu jedem Zeitpunkt ein experimentelles Messkonzept entworfen werden kann, so dass
der Erwartungswert eines quantenmechanischen Operators A
hAi = hΨ|A|Ψi
(A.5)
vorhersagbar ist. Unter diesen Bedingungen ist Ψ ein reiner Zustand.1
A.1
Liouville-Gleichung
Diese Vorhersagen sind auch in einer verallgemeinerten Darstellung mit Hilfe der Dichtematrix möglich. Man führt man anstelle der Amplituden ce und cg die Dichtematrixelemente
ρee = he|ρ|ei = he|ψihψ|ei = |ce |2
ρgg = hg|ρ|gi = hg|ψihψ|gi = |cg |2
ρeg = he|ρ|gi = he|ψihψ|gi = ce c∗g = ρ∗ge
ein. Aus der Dichtematrix
ρee ρeg
ρ=
ρge ρgg
(A.6)
(A.7)
sehen wir, dass in diesem abgeschlossenen System die Spur der Matrix
T r(ρ) = |ce |2 + |cg |2 = 1
1
(A.8)
In der Quantenmechanik behandelt man bevorzugt Systeme in denen die maximal mögliche
Information über das System vorhanden ist. Für ein freies Teilchen ohne Spin zu einem festen
Zeitpunkt wäre das die Wellenfunktion Ψ(x, y, z), für ein Elektron in einem Zentralpotential
ein Zustand mit den Quantenzahlen (n, `, j, m) oder für einen Lichtstrahl die Kenntnis der Intensität, Frequenz, Richtung und Polarisation der Strahlung. Solche Zustände mit maximaler
Information heissen auch reine Zustände. Ein reiner Zustand ist dadurch charakterisiert, dass
es ein Experiment gibt, dessen Ausgang mit Sicherheit vorhergesagt werden kann. Zum Beispiel
geht für linear polarisiertes Licht jedes Photon mit Sicherheit durch einen geeignet orientierten Polarisationsanalysator. Umgekehrt kann dieser Filter verwendet werden um einen reinen
Zustand zu präparieren. Dabei bezieht sich die Aussage reiner Zustand in diesem Fall lediglich
auf die Polarisation, der Filter hat keine Aussagekraft z.B. über die Frequenz des Lichtes.
Dichtematrix für Zweiniveau-System
123
gleich Eins ist. Die Elemente von ρ sind die Matrixelemente des Projektors unseres
Zustandsvektors
ρ = |ψihψ|
=
cg |gi + ce |ei c∗g hg| + c∗e he|
(A.9)
= |cg |2 |gihg| + |ce |2 |eihe| + c∗g ce |eihg| + cg c∗e |gihe|
wobei die Koeffizienten im Allgemeinen Funktionen der Zeit sind. Die Diagonalelemente
geben die Populationen im Grund- und im angeregten Zustand, die nicht-diagonalen
Elemente die Kohärenz des Systems.
Für die zeitliche Änderung von ρ(t) (die Bewegungsgleichung aus der Definition
A.9) erhalten wir nach Einsetzen der zeitabhängigen Schrödingergleichung
d
d
d
ρ(t) =
|ψ(t)i hψ(t)| + |ψ(t)i
hψ(t)|
dt
dt
dt
1
−1
=
H(t) |ψ(t)ihψ(t)| +
|ψ(t)ihψ(t)| H(t)
ih̄
ih̄
i
ih
(A.10)
= − H(t), ρ(t)
h̄
die Liouville Gleichung. Sie ist allgemeiner als die Schrödinger Gleichung, da sie statistische und quantenmechanische Information liefern kann. Zum Beispiel kann eine
statistische Mischung von mehreren Systemen {Ψn }, die jeweils mit einer Wahrscheinlichkeit pi auftreten, über die Dichtematrix
X
ρ=
pi |Ψi ihΨi |
(A.11)
i
beschrieben werden. Für unser Thema ist wesentlich, dass die Liouville Gleichung erweitert werden kann um Effekte der spontanen Emission bzw. Dekohärenz zu berücksichtigen.
A.2
Spontane Emission
Der spontane Emissionsprozess ist im Normalfall irreversibel. Unter Berücksichtigung
der spontanen Emission wird aus einem Zweiniveau-System ein dissipatives Quantensystem [74]. Dieses System ist offen, es tauscht mit der Umgebung Energie und Polarisation aus.
De Facto ist der spontane Emissionsprozess natürlich reversibel: Ein Photon, das
von einem angeregten Zustand in ein leeres Reservoir von Vakuummoden entlassen
wird, könnte reabsorbiert werden. Nur ist diese Wiederabsorption sehr sehr unwahrscheinlich.2 Am einfachsten ist die Lösung, wenn man ein unbeobachtetes Reservoir R
einführt, das mit dem Atom über eine Wechselwirkung VAR koppelt. Das unbeobachtete
2
ist.
Es sei denn das Reservoir ist ein Resonator hoher Güte, in dem das Atom eingeschlossen
124
Dichtematrix für Zweiniveau-System
Reservoir habe so viele Freiheitsgrade, dass keine Rückwirkung auf das System stattfindet und sich das Reservoir effektiv immer im Gleichgewicht gefindet. Im Gegensatz
dazu hat das Atom nur eine begrenzte Anzahl von Freiheitsgraden. Die Wechselwirkung des Atoms mit dem Laserfeld beschreiben wir mit H1 . Der exakte Hamiltonian
wäre für diesen Fall
Hex = HA + HL + H1 + HR + VAR .
(A.12)
Wenn allerdings das Reservoir unbeobachtet (und infolge seiner Größe ohne Rückwirkung auf das Atom) bleibt, vernachlässigen wir den Term HR und behandeln die
spontane Emission VAR in Form einer phänomenologischen Relaxationsmatrix. Wenn
wir auch noch voraussetzen, dass die Besetzung in der Lasermode so hoch ist, dass
Absorption und stimulierte Emission die Photonenanzahl in der Lasermode praktisch
nicht beeinflussen, dann bleibt die bisher verwendete Näherung für den Hamiltonian
H ≈ HA + H1 .
(A.13)
Phänomenologischer Ansatz zur Dissipation Im Schrödinger Bild können
wir dissipative Effekte phänomenologisch durch einen zusätzlichen Term in (A.4)
Γe
i
Ċe = Ω1 Cg e−iδt − Ce
2
2
(A.14)
beücksichtigen. Ohne äußere Kopplung (Ω1 = 0) ergibt der Relaxationsterm den exponentiellen Zerfall
|Ce (t)|2 = |Ce (0)|2 e−Γe t .
(A.15)
In den Bloch Gleichungen führt die Relaxation zum zusätzlichen Term
ρ̇ij
= (ρ̇ij )no dissipation −
Γi + Γj
ρij
2
(A.16)
Für Populationselemente ergibt dieser Ausdruck wiederum den exponentiellen Zerfall
ρii ∝ exp(−Γi t). Beschreibt Γi einen spontanen Zerfall, dann ist Γi ρii gleich der Rate
der spontan emittierten Photonen. Dabei verliert der anregte Zustand Population
ρ̇ee = −Γe ρee ,
(A.17)
die der Grundzustand gewinnt:
ρ̇gg = +Γe ρee .
(A.18)
Es kann gezeigt werden[23], dass der nicht-diagonale Term durch diesen Übergang mit
ρ̇eg = −
Γe
ρeg .
2
(A.19)
zerfällt. Die Verluste können in der Bewegungsgleichung der Dichtematrix über
i
1
ρ̇ = − [H, ρ] − {Γ, ρ}
h̄
2
(A.20)
Dichtematrix für Zweiniveau-System
125
mit dem Antikommutator
{Γ, ρ} = Γρ + ρ Γ
(A.21)
berücksichtigt werden. Das ij-te Matrixelement in (A.20) ergibt sich damit als
iX
1X
ρ̇ij = −
(Hik ρkj − ρik Hkj ) −
(Γik ρkj + ρik Γkj )
(A.22)
h̄
2
k
A.3
k
Anwendung auf ein Zweiniveausystem
Mit dem Ansatz für das äußere Feld E = 21 E0 (e−iωL t +e+iωL t ) und für die Rabi-Frequenz
Ω1 = |deg |E0 /h̄ erhalten wir für die Wechselwirkung mit dem äußeren Feld
h̄Ω1 −iωL t
(e
+ e+iωL t ) |eihg| + |gihe| .
(A.23)
H1 = −
2
Den atomaren Hamiltonian schreiben wir als
HA = h̄ω0 |eihe|
(A.24)
Damit berechnen wir als Beispiel den Term (noch ohne Dissipation)
i
ih
ρ̇eg = − Hee ρeg − ρee Heg + Heg ρgg − ρeg Hgg
h̄ i
h̄Ω1 −iωL t +iωL t
= − h̄ω0 ρeg +
(e
+e
) (ρee −ρgg ) − 0
h̄
2
Die explizitete Zeitabhängigkeit läßt sich unterdrücken, wenn wir eine rotierende Basis
(RWA, rotating wave approximation) einführen:
ρ̃eg = ρeg e+iωL t
ρ̃ge = ρge e−iωL t
ρ̃gg = ρgg
ρ̃ee = ρee
(A.25)
Wenn wir die schnell oszillierenden Terme mit e±2iωL t vernachlässigen, dann ergeben
sich mit δ = ωL −ω0 die Matrixelemente
i
ρ̃˙ ee = + Ω1 ρ̃eg − ρ̃ge
2
i
ρ̃˙ gg = − Ω1 ρ̃eg − ρ̃ge
2
i
ρ̃˙ eg = + Ω1 ρ̃ee − ρ̃gg + iδ ρ̃eg
2
i
ρ̃˙ ge = − Ω1 ρ̃ee − ρ̃gg − iδ ρ̃ge
(A.26)
2
Diese Gleichungen heissen auch optische Bloch-Gleichungen. Sie geben die zeitliche Entwicklung des kohärent getriebenen Zweiniveau-Systems analog zum Ansatz in Kapitel
5 vor. Mit Hilfe des Bloch-Vektors liefern diese Gleichungen ein anschauliches Bild für
die zeitliche Entwicklung des getriebenen Zweiniveausystems (siehe Anhang B).
126
Dichtematrix für Zweiniveau-System
Dissipative Beiträge Aus dem Term − 21 {Γ, ρ} ergibt sich für die Bewegungsgleichungen zusätzlich
1
ρ̇ee + = − {Γeg ρge + ρeg Γge + Γee ρee + ρee Γee }
(A.27)
2
1
ρ̇gg + = − {Γge ρeg + ρge Γeg + Γgg ρgg + ρgg Γgg }
(A.28)
2
1
ρ̇eg + = − {Γee ρeg + ρee Γeg + Γeg ρgg + ρeg Γgg }
(A.29)
2
Diese Anteile beschreiben lediglich den Verlust von Population oder Kohärenz. Ein
analoger Ausdruck (mit Vorzeichen +) ist für Prozesse anzusetzen, die einen Gewinn
an Population bedeuten. Im folgenden diskutieren wir die Bedeutung der Zerfallsraten
Γij
Γee ist die Rate des Populationszerfalls des angeregten Zustandes., z. B. die Verlustrate durch spontane Emission Γee = Γ. Generell beinhaltet Γee alle Populationsverluste.3
Γgg ist analog die Rate des Populationszerfalls des Grundzustandes. Da dieser im
allgemeinen keine natürliche Breite hat ist Γgg = 0. 4
Γeg beschreibt die Rate des Verlustes von Kohärenz zwischen dem angeregten und
dem Grundzustand. Ursache dafür sind im allgemeinen phasenändernde Stöße. Gemeint
ist damit ein mit dem Stoß verbundener, willkürlicher Phasensprung φ, der verhindert,
dass sich unser Atom im Zustand nach dem Stoß, |eiexp[i(ωe t + φ)] an seine Vorgeschichte erinnert. In diesem Fall geht Kohärenz verloren.5
Im weiteren berücksichtigen wir nur die spontane Emission aus dem angeregten Zustand. Dann verbleiben als zusätzliche Terme (Γee = Γ)
ρ̃˙ ee + = −Γ ρ̃ee
ρ̃˙ gg + = +Γ ρ̃ee
ρ̃˙ eg + = −(Γ/2) ρ̃eg
ρ̃˙ ge + = −(Γ/2) ρ̃ge
(A.30)
wobei wir den Gewinn an Population des Grundzustandes durch den spontanen Zerfall
des angeregten Zustandes in (A.30) explizit berücksichtigt haben.
A.4
Ergebnisse für den stationären Fall
Die Gleichungen (A.26) und (A.30) ergeben zusammen die Bloch-Gleichungen unter
Berücksichtigung des spontanen Zerfalls. Im stationären Fall (ρ̇ij = 0) erhalten wir aus
3
Zum Beispiel wenn das Atoms die Beobachtungszone oder die berücksichtigte Geschwindigkeitsklasse auf Grund eines geschwindigkeitsändernden Stoßes verläßt.
4
Verluste ergeben sich aber, wenn das Atoms die Beobachtungszone oder die berücksichtigte
Geschwindigkeitsklasse auf Grund eines geschwindigkeitsändernden Stosses verläßt.
5
Die Wahrscheinlichkeit für eine Änderung der Phase hängt stark vom Stoßpartner ab. Ein
Rb-Atom vergisst praktisch bei jedem Stoß mit einem anderen Rb-Atom, hingegen überlebt
seine Phase unversehrt 106 Stösse mit Edelgasatomen [75].
Dichtematrix für Zweiniveau-System
127
diesen Gleichungen für die Populationen und Kohärenzen
ρ̃ee =
Ω21
4δ 2 + Γ2 + 2Ω21
(A.31)
ρ̃gg = 1 − ρ̃ee
ρ̃eg = −
2Ω1 (δ − iΓ/2)
4δ 2 + Γ2 + 2Ω21
(A.32)
∗
ρ̃ge = ρ̃eg
Mit diesen Gleichungen lassen sich wichtige Formeln für die Lichtkräfte und die Suszeptibilität eines Zweiniveau Systems herleiten. Mit der Definition der Sättigungsintensität
I0 (siehe Gl.3.11)
2Ω21
I
=
.
Γ2
I0
(A.33)
erhalten wir
ρ̃ee =
1
I/I0
·
2 1 + I/I0 + 4δ 2 /Γ2
(A.34)
(A.35)
A.5
Spontankraft
Die spontane Streurate des ruhenden Zweiniveau Systems ist
Γscat = Γ ρ̃ee =
Γ
I/I0
·
2 1 + I/I0 + 4δ 2 /Γ2
(A.36)
und die Spontankraft
Γ
I/I0
F~spontan = h̄~k Γ ρ̃ee = h̄~k ·
2 1 + I/I0 + 4δ 2 /Γ2
A.6
(A.37)
Suszeptibilität
Die lineare Antwort der Polarisation eines makroskopischen Systems auf ein externes
elektrisches Feld E beschreiben wir mit der Suszeptibilität χ
P = 0 χ E .
(A.38)
Die Polarisation eines atomaren Gases beschreiben wir als Produkt der Teilchendichte
N und der atomaren Polarisation
P = N pa
(A.39)
128
Dichtematrix für Zweiniveau-System
In der Näherung des Zweiniveau-Atoms ist die atomare Polarisation das Produkt aus
Dipolmoment deg und der Kohärenz ρ˜eg
p̃a = |deg | ρ̃eg
(A.40)
Damit ergibt sich eine Verbindung zwischen Suszeptibilität und Kohärenz6
χ=N
|deg |
|deg |2
ρ̃eg = N
ρ̃eg .
0 E0
0 h̄ Ω1
(A.41)
Die komplexe Kohärenz (A.32) führt also zu einer komplexen Suszeptibilität
χ = χ0 + iχ00
(A.42)
wobei
χ0 = −N
|deg |2
2δ
2
0 h̄ 4δ + Γ2 + 2Ω21
(A.43)
χ00 = +N
|deg |2
Γ
2
0 h̄ 4δ + Γ2 + 2Ω21
(A.44)
Für sehr kleine Rabifrequenzen Ω1 Γ kann der letzte Term im Nenner vernachlässigt
werden und die Suszeptibilitäten erscheinen als unabhängig von der Intensität der eingestrahlten Welle. Die Verbreiterung durch den letzten Term im Nenner bezeichnet
man als power broadening.
Re Χ
Im Χ
1
1
∆
4
2
2
4
∆
4
2
2
4
Durchstrahlen wir mit einer ebenen elektromagnetischen Welle
E(z, t) =
o
1n
E0 e−i(kz−ωL t) + c.c.
2
(A.45)
ein Medium der Suszeptibilität χ, dann erzeugen wir eine Polarisation
n
o
1
P(z, t) = 0 E0 χ e−i(kz−ωL t) + c.c. .
2
6
(A.46)
Die mit e+iωL t rotierende Basis schreiben wir nicht explizit an, erinnern uns aber daran,
dass in der Folge P und damit auch χ mit der Laserfrequenz oszillieren.
Dichtematrix für Zweiniveau-System
In diesem Fall ist die Wellengleichung
2
∂
1 ∂2
∂2
− 2
E(z, t) = µ0 P(z, t) .
∂z c ∂t
∂t
129
(A.47)
Der Quellterm auf der rechten Seite beschreibt die oszillierenden Ladungsverschiebungen als Quellen neuer Felder. Differenzieren wir (A.47) mit den Ausdrücken für ebene
Wellen (A.45) und (A.46), dann erhalten wir mit µ0 0 = 1/c2
ωL2
−k + 2 (1 + χ) E(z, t) = 0
c
2
(A.48)
die Dispersionsrelation
k2 =
ωL2 2
ωL2
2
(1
+
χ)
=
n = n2 kvac
c2
c2
(A.49)
Mit anderen Worten, im Medium bewegt sich die elektromagnetische Welle mit einem
effektiven k-Wert gleich n kvac , wobei kvac = 2π/λvac = ωL /c ist und c die Vakuum
Lichtgeschwindigkeit. Der komplexe Brechungsindex7 ist
p
n = 1 + χ = nr + ini
(A.50)
Der Effekt des Mediums wird jetzt deutlich, wenn wir die ebene Welle mit dem effektiven k-Wert (A.49) anschreiben
1
E(z, t) = E0 eiωL t ei kvac (nr +i ni )z + c.c.
2
(A.51)
Der Imaginärteil ni führt zu einer Dämpfung, also der Absorption der Welle im Medium, der Realteil nr bestimmt den effektiven Wert von k, den die eingestrahlte Welle
bei der Frequenz ωL sieht (Dispersion).
A.7
Dipolkraft
Der Ausdruck für die potentielle Energie des induzierten Dipols im Wechselfeld ergibt
sich als
~ t) .
Udip (r) = −P~ind · E(r,
(A.52)
Setzen wir die induzierte Polarisation P~ind gleich der vom äußeren Feld induzierten
atomaren Polarisation ergibt sich für die potentielle Energie des induzierten Dipols
1
E0 (r)eiωL t + c.c. .
Udip (r) = −|deg | ρeg + ρge
(A.53)
2
7
Dieser wird manchmal in der Näherung für |χ| 1 als n ≈ 1 + χ/2 verwendet.
130
BLOCH VEKTOR
Vernachlässigen wir schnell rotierende Terme, erhalten wir mit der Kohärenz
ρ̃eg = −
2Ω1 (δ − iΓ/2)
4δ 2 + Γ2 + 2Ω21
∗
ρ̃eg = ρ̃ge
(A.54)
und mit Ω1 = |deg |E0 /h̄ für das Dipolpotential den Ausdruck
Udip (r) =
h̄ δ Ω21
.
4δ 2 + Γ2 + 2Ω21
(A.55)
Für Ω1 Γ ergibt sich für die Dipolkraft
F = −∇Udip (r) ≈ −
h̄δ
∇Ω21 (r)
+ Γ2
4δ 2
(A.56)
Für große Werte der Verstimmung ist das Dipolpotential
Udip (r) =
h̄ Ω21 (r)
4δ
(A.57)
gleich dem Wert, den wir auf Seite 54 ermittelt haben. Mit der Einführung der Sättigungsintensität
aus Gl.(3.11) ergibt sich der Wert von (8.16).
Udip (r) =
h̄ Γ2 I(r)
8δ I0
(A.58)
Anhang B
Bloch Vektor
In den Gleichungen (A.26) gibt es nur drei freie, reelle Parameter. Diese bilden die drei
~ = (U, V, W )
Komponenten des Blochvektors R
U
=
( ρ̃eg + ρ̃ge ) /2
V
= i ( ρ̃eg − ρ̃ge ) /2
W
=
( ρ̃ee − ρ̃gg ) /2
= Re(ρ̃eg )
(B.1)
= Im(ρ̃eg )
(B.2)
= Inversion
(B.3)
Mit dieser Definition schreiben sich die Blochgleichungen ohne Dissipation (A.26)
U̇
= +δ V
(B.4)
V̇
= −δ U − Ω1 W
(B.5)
Ẇ
= +Ω1 V
(B.6)
Mit der Definition eines weiteren Vektors
W
~ = (Ω1 , 0, −δ)
Ω
(B.7)
reduzieren sich diese Gleichungen auf
1
U
V
∆
~
dR
~ ×R
~,
=Ω
dt
~ gleich der
wobei die Länge des Vektors Ω
verallgemeinerten Rabifrequenz ist
q
Ω = Ω21 + δ 2 .
(B.8)
(B.9)
~ um den Vektor Ω,
~ wobei die
In diesem Feynman-Vernan-Hellwarth Bild präzediert R
~
~
Länge von R erhalten bleibt. Der Vektor Ω wirkt wie ein Drehmomentvektor, der die
Achse und die Rate der Präzession bestimmt.
In diesem Bild werden alle möglichen Quantenzustände des Zweiniveausystems auf
die Oberfläche der Einheitskugel (Blochkugel ) projiziert. Es hat sich eingebürgert, die
131
132
W-Achse als z−Achse zu definieren: Am Südpol befindet sich das Atom im Grundzustand, am Nordpol im angeregten Zustand. Alle Punkte dazwischen stellen kohärente
Superpositionen beider Zustände dar. Eine Position entlang des Äquators bedeutet eine
gleichmäßige Superposition von Grund- und angeregtem Zustand mit unterschiedlichen
Phasen.
Für den Fall, dass δ Ω1 verläuft die Präzessionsachse sehr nahe an den Polen, das
System bleibt also entweder im Grund- oder im angeregten Zustand. Ein sogenannter
π-Puls bei Resonanz (δ = 0) entspricht einem vollständigen Transfer vom Grundzustand (Südpol) in den angeregten Zustand (Nordpol). Im nicht-resonanten Fall erreicht
man nur eine teilweise Besetzung des angeregten Zustandes.
z
z
z
G
Spulse
1.2
y
d=0
x
-y
.5
x
1.0
x
1.5
y
:
Für δ = 0 haben die Gleichungen exakte Lösungen für beliebige Pulsformen:
U (t, 0) = 0
(B.10)
V (t, 0) = − sin θ(t)
(B.11)
W (t, 0) = − cos θ(t)
(B.12)
wobei der Winkel
Z t
θ(t) =
dt0 Ω1 (t0 )
(B.13)
−∞
die Pulsfläche genannt wird. Beträgt diese Fläche gleich π wird das System invertiert,
für 2π gänzlich in den Grundzustand zurückgeführt. Mit Dissipation schreiben sich die
optischen Blochgleichungen
U̇
= + δ V − Γ U/2
(B.14)
V̇
= − δ U − Ω1 W − Γ V /2
(B.15)
Ẇ
= + Ω1 V − ΓW − Γ/2
(B.16)
In diesem Fall nimmt die Länge des Blochvektors mit der Zeit ab und fällt ohne äußeren
Antrieb in einer Spirale (im Inneren der Blochkugel) zum Südpol zurück.
Anhang C
Kohärenz Phänomene
Die Kohärenz in Quantensystemen führt manchmal zu ungewöhlichen Ergebnissen. Hier
besprechen wir die Beispiele Hanle-Effekt, Dunkelzustand, elektromagnetisch induzierte
Transparenz und Brechungsindexkontrolle.
C.1
Hanle Effekt
Früheste Demonstration atomarer Kohärenzeffekte. Der Quantenzustand eines VielniveauAtoms kann nicht allein durch Populationen
Πm = hgm |σ|gm i
(C.1)
der Zeeman Unterzustände |gm i beschrieben werden (σ = Dichteoperator). Neben den
Populationen spielen die nicht diagonalen Elemente von σ
σm,m0 = hgm |σ|gm0 i
(C.2)
die sogenannten Zeeman-Kohärenzen eine wichtige Rolle. Diese Kohärenzen treten auf,
wenn das Atom in einer linearen Superposition von Zeeman-Unterzuständen präpariert
wird. Auf Grund von Interferenzeffekten modifizieren diese Kohärenzen die Absorption
und Fluoreszenz von Licht.
Dies untersuchen wir an einem Übergang J = 1/2 → J = 1/2. Wir pumpen diese
Atome mit σ + polarisiertem Licht, das sich entlang der Achse Ox ausbreitet. Die Folge
des optischen Pumpens und der spontanen Emission ist, dass nach einiger Zeit alle
Atome im Zeeman-Grundzustand |g+1/2 ix gelandet sind.1 Auf Grund dieser Orientierung des Grundzustandes findet keine weitere Absorption mehr statt und besteht eine
effektive Magnetisierung hJx i entlang der x-Achse. Jetzt schalten wir ein schwaches
Magnetfeld Bz dazu, entlang Oz. Damit beginnt eine Präzession der Magnetisierung
um die z-Achse mit der Larmor Frequenz ωB , und ein Wettstreit zweier Prozesse mit
unterschiedlichen Quantisierungsachsen.
1
Das Subskript x bedeutet, dass die atomaren Basiszustände entlang der x-Achse definiert
sind.
133
134
Kohärenz Phenomene
Atom gepumpt
zur Zeit tΤ
y
z
Bz
e tΤ
y
Σ
ΩB Τ
x
1
Atom gerade
gepumpt Τ0
x
Zunächst betrachten wir die Orientierung der Atome in der xOy-Ebene. Die typische
Zeit für eine Photoanregung des Atoms bezeichnen wir mit τp . Um die gesamte vorliegende Magnetisierung zu einer gegebenen Zeit t anzugeben, müssen wir über die individuellen Beiträge der magnetischen Momente aufsummieren, die vor dieser Zeit, zum
Zeitpunkt t−τ im Zustand |g+1/2 ix erzeugt wurden. Deren Momente präzidierten inzwischen um den Betrag ωB τ aus dieser Richtung heraus und ein Bruchteil 1−Exp[−τ /τp ]
verschwand durch neuerliches optisches Pumpen. Die gesamte vorliegende Magnetisierung würde sich durch Integration von τ = 0 bis τ = ∞ ergeben.
Hier betrachten wir drei Grenzfälle
y
ΩB Τp 1
• ω B τp 1
In diesem Fall sind alle Vektoren fast parallel,
hJx i ist groß (maximal für ωB = 0),
hJy i ist klein und proportional zu ωB τp .
x
y
• ω B τp 1
Die Vektoren sind praktisch isotrop verteilt,
Die Mittelwerte hJx i ≈ 0 und hJy i ≈ 0.
x
• Bei einer kritischen Magnetfeld-Änderung gilt
δωB τp ≈ 1
Wenn die Laserintensität fällt, dann steigt τp und
δωB sinkt.
ΩB Τp 1
Dazu betrachten wir jetzt die Änderung der Mittelwerte als Funktion von ωB .
Jx Jy ∆ΩB 1Τp
ΩB
0
0
ΩB
∆ΩB 1Τp
Dunkelzustände
135
Wie beobachtet man diesen Effekt? Die Absorption des Laserlichts ist proportional zur
Population im Zustand |g−1/2 i, also proportional zu hJx i. Wenn die Zeit τp sehr lang
ist, dann kann δωB sehr klein sein. Die Larmorfrequenz ist etwa 1 MHz/Gauss, also
kann man bei Pumpzeiten τp ≈ 1 s sehr schwache Magnetfelder detektieren.2
C.2
Dunkelzustände
Ein atomares System mit zwei Grundzuständen |1i und |2i koppelt an den gemeinsamen angeregten Zustand |3i. Dieser Fall ist vielfach realisierbar.
3
Zum Beispiel könnten |1i und |2i zwei HyperfeinGrundzustandsniveaus eines Alkali-Atoms sein, oder
magnetische Unterzustände eines Zustandes.
13
1
32
2
Die optischen Übergänge von |1i nach |3i bzw. von |2i
nach |3i sind Dipol-erlaubt und führen bei Resonanz
für jeden einzelnen Laserstrahl zu starker Absorption,
und verbunden damit zu spontaner Emission aus dem
angeregten Zustand |3i.
Wenn ein Atom in einer kohärenten Überlagerung beider Grundzustände
1
|ΨN C i = √
|1i + |2i
2
(C.3)
präpariert wird, dann erscheint das System unter gewissen Bedingungen als transparent für die einfallende Strahlung und der Zustand |3i bleibt unbesetzt. Dies passiert,
wenn die Absorptionsamplituden |1i→|3i und |2i→|3i destruktiv interferieren. Dieser kohärente Überlagerungszustand existiert nur in Anwesenheit beider Laserfelder
(Rabifrequenzen Ω13 und Ω32 ), wobei die Laserintensität beliebig klein werden kann,
vorausgesetzt das System erlebt keine Kohärenz-zerstörenden Effekte (wie z.B. Stöße).
Ob in Gleichung (C.3) ein positives oder negatives Vorze erscheint, hängt vom Vorzeichen der beiden Dipolmatrixelemente d13 und d23 ab. Ebenso wichtig für das Auftreten
einer Dunkelresonanz ist, dass es parallel zum Zustand |ΨN C i einen gekoppelten Zustand |ΨC i gibt, der stark absorbiert:
1
|1i − |2i
(C.4)
|ΨC i = √
2
Nach einer spontanen Emission kann das System in |ΨN C i landen und wird transparent (das Atom sieht beide Laserfelder, besetzt aber den Zustand |3i nie).
2
Sogar 10−9 Gauss, siehe C. Cohen Tannoudji et al, Phys. Rev. Lett. 22 758 (1971).
136
Kohärenz Phenomene
Zur mathematischen Behandlung gehen wir von dem Hamiltonian
H = HA + H1
(C.5)
aus, wobei
HA = h̄ω1 |1ih1| + h̄ω2 |2ih2| + h̄ω3 |3ih3|
o
h̄ n
H1 = −
Ω13 e−i(φ1 −ωL1 t) |3ih1| + Ω32 e−i(φ2 −ωL2 t) |3ih2| + c.c.
2
(C.6)
(C.7)
Die ΩLi e−iφi sind die komplexen Rabi-Frequenzen, die mit den Lasermoden i = 1, 2
verbunden sind. Der Übergang |1i→|2i ist nicht dipol-erlaubt und bleibt in H1 unberücksichtigt. Die atomare Wellenfunktion schreiben wir als
|Ψ(t)i = c1 (t)e−iω1 t |1i + c2 (t)e−iω2 t |2i + c3 (t)e−iω3 t |3i
(C.8)
Unter der Annahme, dass die Laserfelder resonant mit den Übergangsfrequenzen sind
ωLi = ω3 − ωi , ergeben sich aus der zeitabhängigen Schrödingergleichung ih̄|Ψ̇i = H|ψi
die Koeffizienten
o
in
Ω13 e−iφ1 c1 + Ω32 e−iφ2 c2
(C.9)
ċ3 =
2
i
ċ2 =
Ω32 e+iφ1 c3
(C.10)
2
i
ċ1 =
(C.11)
Ω13 e+iφ2 c3
2
Wenn wir jetzt annehmen, dass der anfängliche atomare Zustand als Superposition der
Grundzustände in der Form
|Ψ(0)i = cos (θ/2) |1i + sin (θ/2)e−iφ |2i
(C.12)
vorliegt, ergibt sich aus einer Lösung3 der Gleichungen (C.9-C.11) mit (C.12) als Anfangsbedingung folgender Umstand:
Wenn Ω13 = Ω32 gewählt wird, dann erscheint ein Dunkelzustand unter der Bedingung,
dass der Mischwinkel θ = π/2 ist sowie die Phasendifferenz
φ1 − φ2 − φ = ±π
(C.13)
In diesem Fall sind die Lösungen
c3 = 0
√
c2 = 1/ 2
√
c1 = 1/ 2 e−iφ .
(C.14)
(C.15)
(C.16)
und die Grundzustandsüberlagerung zeigt in Anwesenheit des Laserfeldes eine Zeitentwicklung, die mit den beiden Laserfrequenzen in Schwebe ist. Die Population ist in
3
M. O. Scully und M. S. Zubairy [23], Seite 224, Gleichungen 7.2.9-7.2.11.
EIT
137
den beiden unteren Zuständen gefangen, der Zustand |3i wird nie besetzt. Die spontane
Emission fällt aus, da
h̄
H1 |ΨN C (t)i = √ Ω13 e−iφ1 + e−iφ2 e−iφ eiω3 t |3i = 0
2 2
(C.17)
gleich Null ist, wenn die Bedingung (C.13) erfüllt ist. Das ist experimentell realisierbar,
wenn entweder die Zustände |1i und |2i entartet sind und damit ein Laser für das
Experiment genügt, oder wenn zwei phasenstabilisierte Laserquellen zur Verfügung stehen, deren Differenzfrequenz auf den Energieabstand E21 = ω2 -ω1 abgestimmt sind.[44]
Die folgenden Bilder zeigen Dunkelresonanzen in 85 Rb in Anwesenheit eines Magnetfeldes von 5 µT .4
2
FM signal [a.u.]
1
0
−1
−2
500000
600000
700000
800000
900000
1000000
Detuning [Hz] + 3035 MHz
–1 0
1
–2 –1 0
F= 4
F= 3
F= 2
F= 1
1
2
–2 –1 0
1
–3 –2 –1 0
2
1
2
3
–3 –2 –1 0
1
2
–4 –3 –2 –1 0
1
2
3
4
3
F= 3
F= 2
C.3
Elektromagnetisch induzierte Transparenz
Dieser Effekt wurde erstmals von Harris [45] gezeigt. Ein starker Laser treibt den
Übergang |2i→|3i mit einem kohärenten Feld der Frequenz ωL2 mit der Rabifrequenz
Ω32 . Dann wird unter bestimmten Bedingungen das Medium für Frequenzen nahe ω31
transparent. Im Experiment beobachtet man dies, wenn der Übergang |1i nach |3i mit
4
Die Zeemann-Aufspaltung führt zu 15 Λ-Systemen, die sich in 11 Dunkelresonanzen im Abstand von 21 kHz ordnen. Damit sind Magnetfeldmessungen im nT Bereich möglich. Die erste
Ableitung der Dunkelresonanzminima erscheint, da die Aufnahme über Frequenzmodulation (1
kHz) erfolgte.
138
Kohärenz Phenomene
einem Probelaser der Rabifrequenz Ω13 abgefragt wird und wenn ωL1 − ωL2 = E21 ist.
Wir untersuchen die Dispersion und Absorption dieses Laserstrahls.
3
3
Auf Grund der Dipol-Auswahlregeln ist der Übergang von |1i→|2i dipol-verboten.
Die Zerfallsrate Γ2 beschreibt einen durch Stoß
induzierten Verlust und Γ3 den Verlust durch spontane Emission.
Anfänglich sind alle Atome im Zustand |1i. Der
Probelaser ist schwach, damit bleiben die Zustände
|3i und |2i praktisch unbesetzt. Im Fall Ω13 Ω32
erfolgt kein signifikanter Populationstransfer.
32
13
2
E21
2
1
EIT entwickelt sich in diesem System in einem Zeitraum von etwa 1/Ω32 , für einen
starken Laser sind das Nanosekunden.5 Auch EIT besteht bei sehr kleinen Pumpraten
(Γ2 < Ω32 ), allerdings skaliert die Breite des Fensters der Transparenz mit dem Quadrat der Rabifrequenz Ω32 .
Da der Zustand |2i metastabil ist (die Zerfallsrate Γ2 kann sehr klein sein) baut sich
eine starke Kohärenz zwischen |1i und |2i auf. In einem halbklassischen Bild kann man
sich die Kohärenz als einen oszillierenden elektrischen Dipol vorstellen, der durch die
Zustände gebildet wird, die das Laserfeld miteinander koppelt.
3
3
32
13
1
2
13
2
Die Transparenz kann als Interferenz zwischen dem direkten Kanal |1i → |3i (links) und dem niedrigsten Kanal der nächsten Ordnung
|1i → |3i → |2i → |3i (rechts) gedeutet werden .
1
In einem Gas ergibt sich eine makroskopische Polarisation, da die Atome in Phase
getrieben werden. Scully [23] hat dafür das Wort Phaseonium geprägt. Es kommt zu
signifikanten Änderungen der Suszeptibilität des Systems, diese sind Ursprung für elektromagnetisch induzierte Transparenz (EIT), für Lasing ohne Inversion (LWI) und für
langsames Licht (slow light).
5
Im Fall von CPT (siehe Kapitel 12) ist Ω13 ≈ Ω32 und die destruktive Interferenz im
ungekoppelten Zustand entwickelt sich im Zeitraum von einigen spontanen Lebensdauern. Der
CPT Zustand besteht auch bei sehr kleinen Pumpraten, jedenfalls solange Γ2 < Ω.
EIT
139
Im Bild bekleideter Zustände sind bei Resonanz
ωL2 = ω3 − ω2 die Zustände |2di und |3di 50:50
Prozent Mischungen der reinen Zustände
o
1 n
|2di = √ |2i + |3i
2
2d
3d
o
1 n
|3di = √ |2i − |3i
2
Der Übergang von |1i zu den bekleideten
Zuständen ist die Summe der Beiträge zu den
Zuständen |2di und |3di. Da in dieser Summe
die Beiträge |1i → |3i mit unterschiedlichem Vorzeichen auftreten, löschen sie sich aus.
13
1
Der Hamiltonian für das Dreiniveau-System ist durch die Gleichungen
H = HA + H1
(C.18)
gegeben, wobei wir der Einfachheit halber die Phasen der Laser gleich Null setzen
HA = h̄ω1 |1ih1| + h̄ω2 |2ih2| + h̄ω3 |3ih3|
h̄ H1 = −
Ω13 e−iωL1 t |3ih1| + Ω32 e−iωL2 t |3ih2| + c.c.
2
(C.19)
(C.20)
Diesen Hamiltonian verwenden wir in der Bewegungsgleichung der Dichtematrix
i
1
ρ̇ = − [H, ρ] − {Γ, ρ}
h̄
2
(C.21)
Das ij-te Matrixelement in Gl.(C.21) ergibt sich als
ρ̇ij = −
1X
iX
(Hik ρkj − ρik Hkj ) −
(Γik ρkj + ρik Γkj )
h̄
2
k
(C.22)
k
Mit den atomaren Energiedifferenzen ωij = ωi − ωj sind die Bewegungsgleichungen
i
i
ρ̇31 = − (iω31 + Γ3 ) ρ31 − Ω13 e−iωL1 t (ρ33 − ρ11 ) − Ω32 e−iωL2 t ρ21
2
2
i
i
−iωL1 t
−iωL2 t
ρ̇21 = − (iω21 + Γ2 ) ρ21 + Ω13 e
ρ23 − Ω32 e
ρ31
2
2
Dispersion und Absorption des schwachen Probelaserstrahles L1 sind durch die Kohärenz
ρ13 bestimmt, die wir in erster Näherung berechnen. Der Kopplungslaser L2 ist hingegen stark und wir müssen die Kopplung Ω32 exakt berücksichtigen. Anfänglich sind
alle Atome im Zustand |1i, also ρ11 = 1, ρ22 = ρ33 = ρ23 = 0. Mit dieser Näherung und
den Substitutionen
ρ31 = ρ̃31 e−iωL1 t
ρ21 = ρ̃21 e−i(ωL1 −ω32 )t
140
Kohärenz Phenomene
erhalten wir mit δ31 = ωL1 −ω31 und ωL2 = ω32 die gekoppelten Gleichungen
i
i
ρ̃˙ 31 = (iδ31 − Γ3 ) ρ̃31 − Ω32 ρ̃21 + Ω13
2
2
i
ρ̃˙ 21 = (iδ31 − Γ2 ) ρ̃21 − Ω32 ρ̃31
2
(C.23)
In Matrixform sind diese Gleichungen
Ṙ = −M R + A
(C.24)
mit
R=
ρ̃31
ρ̃21
, M=
−iδ31 + Γ3
+iΩ32 /2
+iΩ32 /2
−iδ31 + Γ2
, A=
iΩ13 /2
0
(C.25)
Im stationären Fall (R = M −1 A) erhalten wir
ρ31 =
iΩ13 (iδ31 + Γ2 ) /2
(−iδ31 + Γ3 )(−iδ31 + Γ2 ) + Ω232 /4
(C.26)
Im Fall von Ω32 = 0 entspricht dieser Ausdruck dem Wert von ρ̃eg aus (A.32) für
kleine Intensitäten Ω1 . Der Wert von ρ̃31 aus (C.26) beschreibt die Kohärenz auf dem
Übergang 1 ↔ 3 , die ein schwacher Probe-Laser der Verstimmung δ31 bei Anwesenheit
des Pumplasers der Frequenz ωL2 = ω32 sieht. Die lineare atomare Polarisation P31 auf
Grund des Feldes des Probelasers mit dem elektrischen Feld E1 ist
P31 = 0 χE1 = N |d31 |ρ31
(C.27)
wobei χ die komplexe Suszeptibilität beschreibt und N die Dichte der Atome ist. Mit
der Definition der Rabifrequenz als Ω13 = |d31 |E/h̄ ergibt sich
χ=N
|d13 |2
ρ31
0 h̄Ω13
(C.28)
Die Suszeptibilität
χ = χ0 + χ00
(C.29)
ist in den folgenden Bildern für Ω32 = 0 und Ω32 = 0.5 dargestellt. Im ersteren Fall
ergibt sich das konventionelle Bild für Absorption und Dispersion. Für Ω32 = 0.5 ensteht ein Minimum der Absorption bei Resonanz und gleichzeitig damit Transparenz
bei einer Frequenz, bei der die Ableitung des Brechungsindex dn/dω sehr groß und
positiv ist.
EIT
141
Absorption
2
Im Χ 1
0
Dispersion
1
2 0
3 1
∆32 0
32 0
4
Re Χ
0
1
2
0
2
∆31 ΩL1 Ω31
4
4
Absorption
2
Im Χ 1
0
4
Dispersion
1
2 0
3 1
∆32 0
32 0.5
4
2
0
2
∆31 ΩL1 Ω31
Re Χ
0
1
2
0
2
∆31 ΩL1 Ω31
4
4
2
0
2
∆31 ΩL1 Ω31
4
Berücksichtigt man auch noch die Verstimmung des Pumplasers, L2 von der Resonanzfrequenz δ32 = ωL2 − ω32 und definiert δ21 = ωL1 − ω31 − ω21 ergibt sich für die
Suszeptibilität, die von Laser L1 beobachtet wird [45, 46]
χ = χ0 + χ00
|d31 |2
0 h̄Z
|d31 |2
= N
0 h̄Z
χ0 = N
00
χ
(C.30)
h
i
+4δ21 |Ω32 |2 − 4δ21 δ31 − 4δ31 Γ22
h
2
+8δ21
Γ3
2
+ 2Γ2 |Ω32 | + Γ2 Γ3
i
(C.31)
(C.32)
wobei
Z = 4δ31 δ21 − Γ2 Γ3 − |Ω32 |2
2
+ 4 (Γ3 δ21 + Γ2 δ31 )2
(C.33)
Die Bilder auf Seite 142 zeigen den Realteil der komplexen Suszeptibiltät χ0 (Dispersion) und den Imagniärteil χ00 (Absorption) als Funktion der Verstimmung δ31 für
verschiedene Verstimmungen δ32 und Zerfallsraten Γ2 . In allen Fällen ist Γ3 = 1. Aus
den Bildern sehen wir, dass die Absorption bei δ31 = δ32 minimal wird.
Im Resonanzfall (δ31 = δ32 ) ist χ0 = 0 und χ00 ∝ Γ2 . Da die Rate Γ2 die Relaxationsrate des dipol-verbotenen Überganges von 2 → 1 darstellt, kann im Prinzip χ00
beliebig klein gemacht werden.
Im untersten Bild ist der Fall der EIT bei Verstimmung des Pumplasers von der Resonanzfrequenz ω32 dargestellt. Dabei entsteht ein breites Maximum der Absorption in
der Nähe des ungestörten Überganges |1i → |3i sowie ein zweites, schmäleres Maximum
142
Kohärenz Phenomene
der Absorption.
Der Abstand der beiden√Peaks ist durch die effektive Rabiaufspaltung
p
2
2
Ω = Ω32 + δ23 gegeben (im Beispiel 8 = 2.83). Die Interpretation ist Folgende:
Das breite Maximum bei δ31 = −0.45 entspricht dem bekleideten Zustand |3di. Dieser
trägt im wesentlichen den Zustandscharakter |3i und absorbiert stark. Der bekleidete Zustand |2di hingegen trägt im wesentlichen den Charakter |2i, der selbst keinen
Beitrag zur Absorption des Probelaserstrahles bringt. Aber die Beimengung von |3di
erlaubt Absorption und führt zu dem schmaleren Absorptionspeak bei δ31 = +2.38.
Dieser zusätzliche Peak liegt blauverschoben, da δ32 > 0 gewählt wurde.
Absorption
2
Im Χ 1
0
Dispersion
1
2 0
3 1
∆32 0
32 2
4
Re Χ
2
0
2
∆31 ΩL1 Ω31
0
1
4
4
Absorption
2
Im Χ 1
0
Dispersion
Re Χ
2
0
2
∆31 ΩL1 Ω31
0
1
4
4
Absorption
2
Im Χ 1
0
2
0
2
∆31 ΩL1 Ω31
4
Dispersion
1
2 0
3 1
∆32 2
32 2
4
4
1
2 0.2
3 1
∆32 0
32 2
4
2
0
2
∆31 ΩL1 Ω31
Re Χ
2
0
2
∆31 ΩL1 Ω31
0
1
4
4
2
0
2
∆31 ΩL1 Ω31
4
Massgeschneidertes Laserkühlen ist jetzt möglich, wenn die Verstimmung δ23 derart
gewählt wird, dass die starke Absorption an den Peaks zum Laserkühlen genützt wird,
das Minimum zum Besetzungseinschluss [70, 47].
EIT
143
C.4
Brechungsindex-Kontrolle
In der Umgebung einer Resonanz erreicht der reelle Brechungsindex oft sehr hohe Werte, allerdings liegt in diesem Frequenzbereich auch starke Absorption vor. Im getriebenen 3-Niveau-System kann die Dispersion bei verschwindender Absorption praktisch
beliebig hoch werden. Die Steigung in der Dispersion für δ23 = 0 nimmt mit kleiner
werdender Rabifrequenz Ω32 zu. Eine Grenze stellt sich in der im Experiment unvermeidlichen Dekohärenzrate Γ2 , welche die Steigung verringert (siehe Abbildung auf
Seite 142). Damit anomale Dispersion vorliegt muss Ω32 > Γ2 sein.
Die Gruppengeschwindigkeit eines Lichtpulses bei der Frequenz ωL ist gleich
vG =
∂k
∂ω
−1
=
c
dn
nL + ωL dω
(C.34)
Bei großer Dispersion (dn/dω) kann also die Lichtgeschwindigkeit praktisch beliebig
klein werden. Zur Beobachtung im Experiment muss ein Lichtpuls verwendet werden,
dessen Bandbreite ∆ω (erheblich) kleiner ist als die Rabiaufspaltung Ω32 . Nur dann
können alle Frequenzkomponenten die steile Dispersion miterleben. So sind in getriebenen Dreiniveausystemen jüngst Lichtgeschwindigkeiten im Bereich von 30 Meter pro
Sekunde gezeigt worden, siehe z.B. [48]. In einer gepufferten Gaszelle wurden Dispersionen beobachtet, die einer Gruppengeschwindigkeit unterhalb von 4 Meter pro Sekunde
entsprechen [44].
Mit der Ableitung von (C.26) nach δ31 finden wir bei Γ3 = Γ2 ≈ 0 für
vG =
h̄ c 0
c
Ω232
·
≈
dn
2ωL |d13 |2 N
nL + ωL dω
dn
wobei nL ωL dω
angenommen wurde.
(C.35)
144
Kohärenz Phenomene
Anhang D
Clebsch-Gordan Koeffizienten
Der Drehimpuls des Grundzustandes j1 wird mit dem des Photons j2 = 1 zum Drehimpuls des angeregten Zustandes J addiert. Wir suchen die Eigenwerte der Operatoren:
J2 = (j1 + j2 )2
(D.1)
Jz = j1z + j2z
und ihre Eigenvektoren |JM i unter der Annahme, dass die Eigenwerte der Operatoren j21 , j22 , j1z , j2z und die Funktionen |j1 m1 i und |j2 m2 i bekannt sind. Die erlaubten
Wertebereiche sind
J
M
= j1 + j2 , j1 + j2 − 1, j1 + j2 − 2, . . . , |j1 − j2 |
(D.2)
= m1 + m2
(D.3)
Da der so gebildete Zustand |j1 j2 ; J M i alle Werte von m1 und m2 enthält für welche
M = m1 + m2 gilt, liegt es nahe den gekoppelten (in unserem Fall den angeregten)
Zustand als Summe über die ungekoppelten Zustände darzustellen
|j1 j2 ; J M i =
j1
X
j2
X
C(j1 j2 J; m1 m2 M ) |j1 m1 ; j2 m2 i
m1 =−j1 m2 =−j2
=
j1
X
j2
X
hj1 m1 , j2 m2 |J M i |j1 m1 ; j2 m2 i
(D.4)
m1 =−j1 m2 =−j2
Die C(j1 j2 J; m1 m2 M ) heißen Vektorkopplungs-Koeffizienten, bzw. Clebsch-GordanKoeffizienten. Formal geben die Koeffizienten die Projektion der einzelnen |j1 m1 ; j2 m2 i
Wellenfunktionen auf die |j1 j2 ; J M i Wellenfunktion an. Die Koeffizienten geben also
die Amplitude an mit der jeder Produktzustand |j1 m1 ; j2 m2 i zum gekoppelten Zustand |j1 j2 ; J M i beiträgt. Die Koeffizienten bilden eine unitäre n × n-Matrix wobei
n = (2j1 + 1)(2j2 + 1).
In modifizierter Form werden diese Koeffizienten als 3j-Wigner-Symbole dargestellt.
Der Zusammenhang zwischen dem 3j-Wigner-Symbol und dem Clebsch-Gordan Koeffizienten ist
1
J
j2
j1
= (−1)2j1 +J+M √
C(j1 j2 J; m1 m2 M )
(D.5)
−M m2 m1
2J + 1
145
146
Clebsch-Gordan Koeffizienten
Für die Drehimpulsquantenzahlen muss die Dreiecksregel gelten, d.h. aus Vektoren
der Längen j1 , j2 und J muss sich ein Dreieck bilden lassen. Darüberhinaus muss
gelten, dass m1 + m2 − M = 0. In den Summen der Gleichung D.4 wird ein Zustand
mit spezifischem Wert von M definiert. Auf Grund der Bedingung (D.3) sind nur jene
Koeffizienten von Null verschieden, für die M = m1 +m2 gilt. Der formale Ausdruck für
den Clebsch-Gordan Koeffizienten ist sehr komplex.1 Die Clebsch-Gordon Koeffizienten
sind für ganz- und für halbzahlige Quantenzahlen definiert.
Relative Intensität der Zeemann Komponenten Ein Magnetfeld entlang
der z-Achse, die Beobachtung entlang z oder senkrecht dazu, entlang x oder y.
Die Wahrscheinlichkeit für spontane Emission in den Raumwinkel dΩ ist [37]
dWρ (γJM ; γ 0 j1 m1 ) =
ω03
~ 0 j1 m1 i |2 dΩ
| ˆρ hγJM |D|γ
hc3
(D.6)
~ das elektrische Dipolmoment ist, ˆρ der Einheitsvektor für die Polarisation
wobei D
und γ den elektronischen Zustand charakterisiert. Das Integral über den Raum und die
Summation über die Polarisationen und möglichen m-Werte ergibt für W den Einstein
A-Koeffizienten.
~ anstelle der kartesischen Basis ˆx , ˆy , ˆz ,
Es ist nützlich für den Vektoroperator D
die drei sphärischen Einheitsvektoren einzuführen [39]
ˆ 0 = ˆz
1
x ± iˆ
y )
ˆ±1 = ∓ √ (ˆ
2
~ die irreduziblen TensorMit diesen Einheitsvektoren können dem Vektoroperator D
operatoren erster Stufe
D 0 = Dz
1
D±1 = ∓ √ (Dx ± iDy )
2
(D.7)
zugeordnet werden.2 Der Vorteil dieses scheinbar komplexen Umweges über die sphärischen
Tensoroperatoren liegt in der unheimlichen Vereinfachung mit der ein allgemeiner Ausdruck eines Matrixelementes mit einem Vektoroperator (wie in Gleichung D.6 ) entwickelt werden kann. Mit der Abkürzung q = −1, 0, 1 schreibt sich das Produkt
X
~ = D cos θ ~ =
ˆρ · D
∗q Dq
(D.8)
ˆD
q
1
Siehe z.B. Gleichung 7.51 in W. J. Thomson, Angular Momentum, Seite 268. Tabellen für
Clebsch-Gordan bzw. 3j-Wigner-Symbole finden sich z. B. im Buch von R. N. Zare, Seite 57-63
[36].
2
~ = e~r (e ist die Elementarladung) sind die Ausdrücke (D.7) bis auf Konstanten gleich
Mit D
den Kugelflächenfunktionen Y`m :
p
p
D 0 = 4π/3 |~r| Y10
und
D±1 = 4π/3 |~r| Y1±1
Clebsch-Gordan Koeffizienten
147
und damit
~ 0 j1 m1 i =
ˆρ hγJM |D|γ
X
∗q hγJM |Dq |γ 0 j1 m1 i
(D.9)
q
wobei die q und Dq die sphärischen Komponenten der Vektoren r und D sind. Dieses
Matrixelement lässt sich nun in zwei Anteile separieren: Ein Ausdruck steht für die
Geometrie, Symmetrie und die Auswahlregeln des Systems, ein zweiter für die atomare
Dynamik. Diese Separation ist Inhalt des sogenannten Wigner-Eckart Theorems. Nach
dem Wigner-Eckart Theorem ist
0
J−M
J
−M
1
q
j1
m1
J
−M
1
q
j1
m1
hγJM |Dq |γ j1 m1 i = (−1)
J−M
= (−1)
γJ||D||γ 0 j1
{z
}
|
D
(D.10)
Das reduzierte Dipolmatrixelement D beinhaltet nur die elektonischen Eigenschaften
des Systems. Alle winkelabhängigen Terme stecken im Vorfaktor und im 3j-Symbol.
Die Auswahlregeln für elektrische Dipolstrahlung folgen aus den Eigenschaften der
3j-Symbole. Es gilt ∆M = −1, 0, +1, entsprechend q = −1, 0, 1 sowie ∆J = 0, ±1.
Dazu ist es notwendig, dass sich die Parität des elektronischen Zustandes γ ändert.
Die Komponenten des elektrischen Dipolmomentes ändern das Vorzeichen unter Inversion. Deshalb verknüpft die elektrische Dipolstrahlung nur Zustände unterschiedlicher
Parität: even ↔ odd.
Beobachtung entlang der z-Achse : Der k-Vektor des emittierten Lichtes
liegt entlang z, die Polarisationsvektoren liegen in der x,y Ebene. Damit wird aus (D.6)
dW ∝ |hγJM |Dx |γ 0 j1 m1 i |2 + |hγJM |Dy |γ 0 j1 m1 i |2 dΩ
(D.11)
oder
dW ∝
X
|hγJM |Dq |γ 0 j1 m1 i |2 dΩ
(D.12)
q=±1
Entlang der z-Achse wird rechts (∆M = +1) und links (∆M = −1) zirkular polarisierte Strahlung beobachtet. Diese Komponenten heissen σ + bzw σ − . Ihre Intensität
ist proportional dem Quadrat der 3j-Symbole.
∆M = +1 ,
dW ∝
∆M = −1 ,
dW ∝
J
−M
1
1
J
−M
1
−1
j1
M −1
2
j1
M +1
dΩ
(D.13)
2
dΩ
(D.14)
148
Clebsch-Gordan Koeffizienten
Beobachtung senkrecht zur z-Achse , z.B. entlang der x-Achse. In diesem
Fall können die Richtungen y und z als unabhängige Polarisationskomponenten gewählt
werden:
dW ∝ |hγJM |Dz |γ 0 j1 m1 i |2 + |hγJM |Dy |γ 0 j1 m1 i |2 dΩ
(D.15)
oder




X
1
|hγJM |Dq |γ 0 j1 m1 i |2 dΩ
dW ∝ |hγJM |D0 |γ 0 j1 m1 i |2 +


2
(D.16)
q=±1
Hier sieht man neben den σ-Komponenten (zirkular polarisiert) auch π-Komponenten
(linear polarisiert) (∆M = 0), die parallel zur Feld-Achse (entlang z) polarisiert sind.
Deren Intensität ist
2
J
1 j1
dΩ .
(D.17)
∆M = 0 ,
dW ∝
−M 0 M
M-abhängige Dipolmatrixelemente Wir betrachten einen Grundzustand mit
den Quantenzahlen j1 m1 und einen angeregten Zustand mit J M . Die relativen Amplituden für Absorption und Emission aus den unterschiedlichen Zeeman-Niveaus ergeben
sich aus Gl.(D.10) als
J
1
j1
−
0
J−M
σ :
hγJM |D−1 |γ j1 m1 i = (−1)
D
−M −1 M + 1
J
1
j1
σ+ :
hγJM |D+1 |γ 0 j1 m1 i = (−1)J−M
D
−M +1 M − 1
J
1 j1
0
J−M
π:
hγJM |D 0 |γ j1 m1 i = (−1)
D
−M 0 M
wobei D das reduzierte Matrixelement ist und für σ − Polarisation M = m1 + 1, für σ +
Polarisation M = m1 − 1, und für π Polarisation M = m1 gilt.
Clebsch-Gordan Koeffizienten für j = 1/2 → j = 3/2 Übergang Als Beispiel betrachten wir die Übergänge in einem 1/2 → 3/2 System. Das Quadrat der
Rabi-Frequenz für einen σ + -Übergang aus m1 = +1/2 ist dreimal so stark wie aus
m1 = −1/2. Das Quadrat der Rabi-Frequenz für einen π-Übergang aus m1 = +1/2 ist
doppelt so stark wie für einen σ − -Übergang.
e
e
-3 /2
e
1
-1 /2
g
3
1
2
1
3
-1 /2
e
+ 1 /2
3
3
g
+ 1 /2
2
1
+ 3 /2
Anhang E
Drehung der Basis
Im Kapitel zur Polarisationsgradientenkühlung [35] mit σ + − σ − Licht benötigen wir
Ausdrücke für die Transformation der Basiszustände unter Drehung des Koordinatensystems.1 Die Drehoperation Rn (α) ist durch drei Parameter ausgezeichnet: zwei fixieren die Position der Rotationsachse n̂ und einer den Rotationswinkel. Wir nehmen
zuerst ẑ als Rotationsachse. Die Transformation Rz (φ) überführt das System von φ0
nach φ0 = φ0 + φ
Rz (φ) |φ0 i = |φ0 i
(E.1)
Für eine infinitesimale Rotation des Zustandes |φ0 i schreiben wir in einer TaylorEntwicklung mit der Eigenschaft (Rz (φ→0) → 1)
|φ0 i = |φ0 i + (−φ)
1
∂2
∂
|φ0 i + (−φ)2 2 |φ0 i + . . .
∂φ
2!
∂φ
(E.2)
Das Minuszeichen drückt aus, dass bei einer positiven Drehung der Koordinaten der
negative Teil der Funktion |φ0 i abgefragt wird. Diese Reihenentwicklung entspricht der
Exponentialform
∂
0
|φ0 i
|φ i = exp −φ
∂φ
i
= exp − φJz |φ0 i
(E.3)
h̄
Die z-Komponente des Drehimpulsoperators ist die Erzeugende einer infinitesimalen
Rotation um die z-Achse. Für eine beliebige Rotation um eine beliebige Achse gilt
i ~
Rn (α) = exp − αJ · n̂ ,
(E.4)
h̄
wobei
∂
J~ · n̂ = −ih̄
.
∂α
In der Folge unterdrücken wir das h̄.
(E.5)
1
Die folgenden Überlegungen sind dem Buch Angular Momentum von R. N. Zare (Kapitel
3) entnommen [36].
149
150
Basisdrehung
Euler Winkel Die gängigste Beschreibung einer allgemeinen Rotation ist über die
Definition der drei Euler-Winkel φ, θ und χ wie in der Abbildung dargestellt. Um vom
alten Koordinatensystem X, Y, Z zum Neuen (x, y, z) zu kommen, werden nacheinander
folgende Drehungen ausgeführt: Im Bild sind alle positiven Rotationen im Uhrzeigersinn, wenn man vom Ursprung in Richtung der positiven Achse schaut:
RZ (φ): Rotation um φ um die Z-Achse legt die Y -Achse in die Knotenlinie N
RN (θ): Rotation um die neue y-Achse (=N ) um den Winkel θ
Rz (χ): Rotation um die neue z-Achse um den Winkel χ
Z
3
z
O
X
.
Y
.
c
y
N
x
Diese Drehung, zuerst um φ, dann um θ und dann um χ ist gleich dem Produkt
R(φ, θ, χ) = exp (−iχJz ) exp (−iθJN ) exp (−iφJZ )
(E.6)
Dieser Ausdruck ist umständlich, da bei jedem Rotationschritt (zum Teil) neue Achsen
definiert werden. Die Euler Winkel sind aber dadurch ausgezeichnet, dass diese Drehung
insgesamt equivalent ist zu
R(φ, θ, χ) = exp (−iφJZ ) exp (−iθJY ) exp (−iχJZ ) ,
(E.7)
also zuerst eine Rotation um χ um die urspüngliche Z-Achse, gefolgt von einer Rotation um θ um die Y -Achse, und dann nochmals eine Rotation um dieselbe Z-Achse, um
den Winkel φ.
Im alten Koordinatensystem hat neue z-Achse die Polarwinkel (θ, φ).
Basisdrehung
151
Drehmatrix und Kreiselfunktionen Wir untersuchen jetzt, wie sich eine Drehung des Bezugssystems auf die Darstellung der Eigenzustände |JM iZ von J~2 und JZ
auswirkt. Erfolgt die Rotation um den gemeinsamen Ursprung, dann kann sich dabei
die Größe J~2 nicht ändern. Den (2J + 1) Richtungsquantenzahlen (M ) in der Basis
mit der Quantisierungsachse Z entsprechen ebensoviele in der gedrehten Basis. Bei einer Rotation des Bezugssystems wird ein |JM iZ Zustand in eine Linearkombination
anderer Werte der Richtungsquantenzahl transfomiert:
X
J
R(φ, θ, χ)|JM iZ =
|JM 0 iZ DM
(E.8)
0 M (φ, θ, χ)
M0
Der rotierte Zustand hat im Allgemeinen keine wohldefinierte Projektion M mehr. Der
Wert von M ist vor der Rotation gültig. Nach der Rotation beschreiben die Amplituden
J
0
DM
0 M (φ, θ, χ) die Beiträge der unrotierten kets |JM iZ . Die Entwicklungskoeffizienten
(die Drehmatrix ) erhalten wir mit Hilfe von Gl.(E.7)
J
DM
=
0 M (φ, θ, χ)
=
Z hJM
0
|R(φ, θ, χ)|JM iZ
Z hJM
0
|e−iφJZ e−iθJY e−iχJZ |JM iZ .
(E.9)
Diese Funktion ist gleichzeitig Eigenfunktion des symmetrischen Kreisels und wird deshalb auch Kreiselfunktion genannt. Die Faktorisierung in Rotationen um die Eulerwinkel liefert für die Drehimpulsdarstellung besonders einfache Ausdrücke, da sich der erste
und letzte Term in Gl.(E.9) in gewöhnlichen Funktionen ausdrücken läßt
X 1
(−iα)ν (JZ )ν |JM i
e−iαJZ |JM i =
ν!
ν
X 1
(−iαM )ν |JM i
=
ν!
ν
= e−iαM |JM i
weil M (bzw. M 0 ) Eigenwerte von JZ darstellen. Damit ergibt sich
J
DM
= hJM 0 |e−iφJZ e−iθJY |JM i e−iχM
0 M (φ, θ, χ)
0
= e−iφM hJM 0 |e−iθJY |JM i e−iχM
0
= e−iφM dJM 0 ,M (θ) e−iχM
(E.10)
Problematischer ist die Berechnung der reduzierten Kreiselfunktionen
dJM 0 ,M (θ) = hJM 0 |e−iθJY |JM i ,
(E.11)
die eine relle Matrix darstellen. Ihre Berechnung (Seite 84-87 in [38]) gelang erstmals
Wigner. Für das Beispiel J = 1 ergeben sich (Tabelle auf Seite 89 von [36])
d11,+1 = d1−1,−1 = + cos2 θ/2
d11,−1 = d1−1,+1 = + sin2 θ/2
p
d10,+1 = d1−1, 0 = + 1/2 sin θ
p
d10,−1 = d1+1, 0 = − 1/2 sin θ
d10, 0
= + cos θ
152
Basisdrehung
Basis Drehung beim Orientierungskühlen : Im Fall der Kühlung mit Polarisationsgradienten werden für den Grundzustand mit J = 1 die Eigenzustände |gM 0 iz
von Jz bzw. |gM iy von Jy (zwei zueinander orthogonale Achsen) definiert (siehe Seite
83)
|g−1 iz , |g0 iz , |g+1 iz ,
|g−1 iy , |g0 iy , |g+1 iy
(E.12)
z
x
z
y '
y ''
y
x '
. = 9 0 °
3 = 9 0 °
z '''
z ''
x ''
x '''
c = - 9 0 °
y '''
Wenn wir die Quantisierungsachse (z-Achse) um den Winkel von 90o um die xAchse in die y-Achse drehen, dann entspricht dies den Euler Winkeln
φ = 90o , θ = 90o , χ = −90o
(E.13)
wie aus der Zeichnung ersichtlich ist. Damit gilt nach (E.8) in der y-Basis
X
1
|gM iy =
DM
0 M (φ, θ, χ) |gM 0 iz
M0
= e−iχM
X
0
dJM 0 ,M (θ) e−iφM |gM 0 iz
(E.14)
π
0π
d1M 0 M ( ) e−iM 2 |gM 0 iz .
2
(E.15)
M0
π
= e+iM 2
X
M0
Konkret erhalten wir damit
n π
o
π
π
π
π
π
|g−1 iy = e−i 2 ei 2 d1−1,−1 ( ) |g−1 iz + e−i 2 d11,−1 ( ) |g+1 iz + d10,−1 ( ) |g0 iz
2
2
2
o
√
1 n
+|g−1 iz − |g+1 iz + i 2|g0 iz ,
=
2
n π
o
π
π
π
π
π
|g+1 iy = e+i 2 ei 2 d1−1,1 ( ) |g−1 iz + e−i 2 d11,1 ( ) |g+1 iz + d10,1 ( ) |g0 iz
2
2
2
o
√
1 n
=
−|g−1 iz + |g+1 iz + i 2|g0 iz ,
2
π
π
π
π
π
|g0 iy = ei 2 d1−1,0 ( ) |g−1 iz + e−i 2 d11,0 ( ) |g+1 iz + d10,0 ( ) |g0 iz
2
2
2
o
1 n
= √
+|g−1 iz + |g+1 iz ,
2
gleich den Werten in den Gleichungen (11.17 - 11.19) die aus [35] stammen.
Anhang F
Diagnostik von Bose-Einstein
Kondensaten
Die makroskopische Ausdehnung der Wellenfunktion ist direkt optisch beobachtbar, da
ein großes Kondensat aus vielen Millionen identischer Kopien von Einteilchenwellenfunktionen besteht und zur Beobachtung nur ein kleiner Bruchteil beleuchtet werden
muß.
Mittels absorbierender oder dispersiver Abbildungsmethoden gelingt es Kondensate in-situ oder im Expansionsprozess zu beobachten. In beiden Fällen sieht man unter
idealen Bedingungen die Dichteverteilung. Die Wechselwirkung eines Lichtstrahls mit
Atomen (mit dem Kondensat) führt zu drei Prozessen: Photonenabsorption, Reemission
von Photonen und Phasenverschiebung des transmittierten Lichtes. Diese drei Prozesse
sind jeweils die Basis für die Beobachtung in Absorption, in Fluoreszenz bzw. in dispersiven Abbildungsverfahren. Die Licht-Atom Wechselwirkung kann man über einen
komplexen Brechungsindex
p
n= 1+χ
(F.1)
beschreiben, wobei χ die Suszeptibilität ist. In der Näherung n − 1 << 1 ist der
Brechungsindex für ein Zweiniveausystem bei kleiner Intensität1
σ0 N λ
iΓ
2δ/Γ
n−1=
(F.2)
+
Γ
Γ2 + 4δ 2 Γ2 + 4δ 2
|d |2
und λ = 2πc/ω0 ist. Zu berücksichtigen ist,
wobei N die atomare Dichte, σ0 = eg
0 h̄
dass die Intensität des einfallenden Strahles ein Strahlprofil (in der x − y Ebene) hat
und Absorption entlang der z-Koordinate stattfindet. Im einfachsten Fall ist das zu
untersuchende Objekt wie eine dünne Line, sodass der Lichtstrahl das Objekt bei den
gleichen Koordinaten x, y betritt und wieder verlässt. Dann gilt für die transmittierte
Feldstärke
E = t E0 eiφ
1
(F.3)
Siehe Anhang G
153
154
BEC Diagnostik
Wenn wir mit Ñ die integrierte Säulendichte Ñ =
missionsfaktor und Phasenwinkel
Γ2
t = exp −Ñ σ0 2
Γ + 4δ 2
φ = −
R
N · dz bezeichen, gilt für Trans-
(F.4)
Ñ σ0
δ
2
2
Γ Γ + 4δ 2
(F.5)
Ein Absorptionsbild zeigt die räumliche Verteilung von t2 .
Um ein transparentes Objekt sichtbar zu machen, muss man versuchen, die Phaseninformation mit Phasenkontrast-Methoden (Zernike) sichtbar zu machen (Auge und
Kamera sind nur auf Amplituden empfindlich). Diese dispersiven Methoden beruhen
darauf, dass man gestreute und ungestreute Komponenten des Probestrahls trennt und
nachbehandelt. Die Trennung gelingt in der Fourier-Ebene des abbildenden Systems.
* - +
* - +
.
.
Am Punkt F wird das ungestreute Probelicht fokussiert. Bringt man an dieser Stelle ein
absorbierendes Objekt ein, so sieht man am Bildschirm nur die gestreute Komponente
(Dunkelfeld-Methode)
hIDF i =
1
[E − E0 ]2 = I0 1 + t2 − 2tcosφ
2
(F.6)
wobei I0 = E02 /2. Für kleine Werte von φ ist das Signal proportional zu φ2 . Bringt man
hingegen im zentralen Bereich der Fourier-Ebene einen Phasenschieber mit ∆φ = ±π/2
an (das ist ein kleiner Bereich auf den eine Schicht mit dem Brechungsindex n mit der
λ
Dicke 4(n−1)
aufgedampft ist), so gilt
i2
1h
E − E0 e±iπ/2 − 1
2 h
i
√
= I0 2 + t2 − 2 2t cos (φ ± π/4)
≈ I0 2 + t2 − 2t ± 2tφ
hIP K i =
(F.7)
also ein Signal proportional zu φ. Nützt man die ansiotrope Polarisierbarkeit spinpolarisierter Atome aus, kann man auch abbildende Verfahren, die den Polarisationskontrast sichtbar machen, einsetzen.
Im folgenden Bild sind Phasenkontrast-Bilder des Phasenübergangs zum BE-Kondensat
gezeigt. Dabei wird sequentiell die Radio Frequenz zur Verdampfungskühlung von
BEC Diagnostik
155
von 1.45 MHz nach 1.10 MHz verringert. Im Bild auf Seite 120 entspricht dies einer Änderung des Einsatzpunktes des RF-Messers von anfänglich am Punkt A (1.45
MHz) zu einem etwa halb so großen Wert des Abstandes r vom Fallenzentrum. Der
unkondensierte Anteil verschwindet graduell, das Kondensat hat eine Länge von etwa
300 µm. Ursache für die zigarrenförmige Erscheinung des Kondensats ist die räumliche
Anisotropie der Magnetfeldkrümmung. Die radiale Eigenfrequenz liegt bei 230 Hz, die
axiale Eigenfrequenz bei 17 Hz.
Woher weiss man, dass ein Kondensat vorliegt? Nach Abschalten der Falle
beobachtet man mit den oben besprochenen Lichtstreumethoden die Expansion der
Atomwolke. Dabei zeigt sich, dass das Kondensat mit dramatisch kleinerer Geschwindigkeit expandiert als der unkondensierte Anteil.[58] Das makroskopische Wellenpaket
expandiert entlang der kleinen Achse schneller als entlang der großen Achse. Erklärung:
weil für das makroskopische Wellenpaket ∆p ∆x = h̄ gilt, ist die Impulsunschärfe entlang der kleineren Achse größer. Aus diesem Grund beobachtet man bei der Expansion
des Kondensates eine Inversion der Elliptizität.
Eindruckvolle Beweise zum Auftreten makroskopischer Wellenfunktion sind
Arbeiten, in denen makroskopische Interferenz zweier oder mehrerer Kondensate demonstriert wird.[59, 60, 61] Aus einem Kondensat macht man zwei, indem man ein
Kondensat mit einem blauverstimmten Laser auseinanderschneidet. Dass anfänglich
ein kohärentes Materiewellenweld vorliegt und dass diese Kohärenz beim Auseinanderschneiden erhalten bleibt, zeigt sich im Interferenzmuster, das entsteht, wenn beide
wieder zusammenfließen. Das Interferenzbild auf Seite 155 hat die realen Abmessungen
1 × 0.5 mm, also tatsächlich ein makroskopisches Quantenobjekt aus materiebehafteten
Teilchen!
Atom-Laser Ein Auskoppel-Spiegel aus einem Kondensat (wie aus einem Laser)
wurde 1997 erstmals realisiert.[62] Dabei wurde mit gepulster RF-Strahlung (siehe
156
BEC Diagnostik
unten, rechts) ein Teil des Kondensates in ungebundene Zeemann-Zustände gepumpt.2
Für Atome mit F = 1, die im Zustand mF = −1 gebunden sind, macht der RF-Puls
aus dem Kondensat |BECi = (|mF = −1i)N die Superposition
RF
|BECi → (α|mF = −1i + β|mF = 0i + γ|mF = +1i)N
(F.8)
Die nicht gebundenen Anteile des Kondensates (β|mF = 0i + γ|mF = +1i) fallen auf
Grund der Schwerkraft in einem Stück als kohärente Gruppe aus dem Fallenbereich.
Beispiele der kohärenten Atomstrahlen (gepulst und im Dauerstrich) finden sich in der
unten gezeigten Atom laser gallery.
2
Bilder stammen von http : //web.mit.edu/physics/people/wolf gang ketterle.htm
Anhang G
Landau-Zener
Übergangswahrscheinlichkeit
In der Arbeit zur Realisierung eines Auskoppelspiegels für einen Atomlaser1 wird das
Bild der Landau-Zener Übergangswahrscheinlichkeit beim RF-Pumpen aus dem gebundenen Zustand eines BE-Kondensats in der magnetischen Flasche verwendet. Dabei
stellt der Zustand |1i den gebundenen Kondensat-Zustand dar und |2i den KontinuumsZustand. In einer bestimmten Entfernung des Fallenzentrums sei der Energieabstand
zwischen beiden Zuständen E0 . Bei Einstrahlung der Radiofrequenz ωRF = E0 /h̄
mit einer Rabifrequenz Ω1 = |d12 |E0RF /h̄ über einen Zeitraum τ entwickelt sich eine
Überlagerung aus gebundenem Kondensatzustand und freien Kontinuum gemäß den
Gleichungen (5.32) und (5.33)
cos (Ω1 τ /2) |1i + sin (Ω1 τ /2) |2i
(G.1)
wobei Ω1 τ die Pulsfläche aus Gleichung (B.13) bedeutet. Um die Stärke der Auskopplung zu kontrollieren, verwendet man im Experiment eine zeitlich variable RadioFrequenz konstanter Amplitude. Damit ergibt sich im Bild bekleideter Zustände bei
festem Wert des Ortes (gemessen vom Fallenzentrum) eine Kurvenkreuzung zwischen
dem gebundenen Zustand |1i und dem mit einem RF-Photon bekleideten KontinuumsZustand |2i + h̄ωRF (t). Die Kurven kreuzen sich zu einem Zeitpunkt, wenn E0 =
h̄ωRF (t) ist.
Dieser Fall ist analog dem Fall einer verbotenen Kreuzung zwischen zwei quantenmechanischen Zuständen, die mit einer Geschwindigkeit v durchlaufen wird. Dieser
Fall wurde 1932 von Landau und Zener 2 behandelt. Diese Autoren betrachten ein
Zweiniveau-System indem sich die ungestörten (diabatischen) Eigenzustände entlang
einer Ortskoordinate x gemäß
H11 = +f1 (x − x0 )
H22 = +f2 (x − x0 )
1
2
M. -O. Mewes, Phys. Rev. Lett. 78 582-585 (1997).
L. D. Landau Phys. Z. Sowietunion 2 46 (1932), C. Zener Proc. Roy. Soc. A137 396 (1932)
157
158
verhalten und bei x = x0 entartet sind. Die Wechselwirkung sei
H12 = H21 = V = const
Im folgenden Bild ist die Kreuzung für f1 = 0, f2 = 1 und V = 1 dargestellt. Das rechte
Bild zeigt den energetischen Abstand zwischen den diabatischen Kurven (strichliert)
und zwischen den adiabatischen Kurven (ausgezogen).
7
8
2
6
6
4
5
2
E
1
0
1
E
2
4
3
2
4
2
6
6
1
4
2
0
2
4
6
6
8
4
2
0
2
4
6
8
x
x
Die Differenz der Steigungen der diabatischen Eigenwerte
ist ∆f = f1 − f2 , der Abp
2
stand zwischen den adiabatischen Kurven ∆E = ∆f (x−x0 )2 + 4V 2 . Für konstante
Geschwindigkeit im Kreuzungsbereich ergibt sich für die Übergangswahrscheinlichkeit
P12 = 1 − Exp[−2π
V2
]
h̄ ∆f v
und
P11 = P12 − 1
(G.2)
Bedeutung des Exponenten: Für hohe Geschwindigkeiten ist die Zeit zum Überqueren
der Kreuzung V /(∆f v) viel kleiner als die charakteristische Zeit der Wechselwirkung
h̄/V , dann bleibt das System diabatisch (P12 = 0). Aufspaltung in beide Kanäle wird signifikant, wenn die Energieunschärfe, gegeben durch die Aufenthaltsdauer des Systems
in der Umgebung der Kreuzung, in der Größenordnung des Energieabstandes zwischen
den beiden adiabatischen Zuständen (≈ 2V ) liegt.
1
0.8
P12
Für kleine Geschwindigkeiten ist die Energieunschärfe klein und die Kreuzung erfolgt
adiabatisch P12 → 1.
0.6
0.4
0.2
1
2
3
4
5
v
Im Atomlaser-Experiment von Mewes entspricht x ≡ t, ∆f v ≡ dωRF /dt und V ≡
Ω1 der Rabifrequenz. Variation von dωRF /dt erlaubt also eine experimentelle Steuerung
von P12 .
Anhang H
Partialwellenstreuung
Die Streuung zweier Teilchen, die über ein Zentralpotential U (R) miteinander wechselwirken, entspricht der Streuung eines Teilchens der reduzierten Masse µ in den relativen Koordinaten der beiden Teilchen. In einem klassischen Streuprozess lässt sich ein
kontinuierlicher Stoßparameter b einführen, über den der Drehimpuls des gestreuten
Teilchens angegeben werden kann.
Lklass = µ b v0
(H.1)
Dabei gibt v0 die Relativgeschwindigkeit der Stoßpartner an. In der Quantenmechanik beschreibt man das einlaufende Teilchen als ebene Welle, das als Kugelwelle vom
Streuzentrum abgestrahlt wird
Ψ ∝ eikz + f (k, θ)
eikR
R
(H.2)
wobei f (k, θ) die Streuamplitude ist. Über das Quadrat der Streuamplitude ist der
differentielle Wirkungsquerschnitt
dσ
= |f (k, θ)|2
dΩ
und der totale elastische Wirkungsquerschnitt
Z
σ=
dΩ |f (k, θ)|2
(H.3)
(H.4)
definiert. Da sich bei elastischer Streung die Energie der Welle nicht ändert, bestimmt
sich die Streuamplitude aus einer Lösung der Schrödinger Gleichung
h̄2
~
~ = Ek Ψk (R)
~
− ∆ + U (R) Ψk (R)
(H.5)
2µ
Dabei ist Ek = h̄2 k 2 /(2µ) = 21 µv02 die kinetische Energie der beiden Teilchen im Schwerpunktsystem. Im Fall eines Zentralpotentials ist der Drehimpuls erhalten und es bietet
~ nach Kugelflächenfunktionen an.
sich eine Entwicklung von Ψk (R)
Ψk (R, θ) =
∞
X
uk` (R)
`=0
R
P` (cos θ)
(H.6)
159
160
Partialwellen
In Analogie zur klassischen Streuung entspricht dies der Überlagerung vieler Partialwellen, wobei man jeder Partialwelle einen festen Drehimpuls `, gewichtet mit einem
Legendre- und radialsymmetrischen Term zuschreibt: Der Streuvorgang jeder einzelnen
Partialwelle kann jetzt nach Separation der Koordinaten gesondert betrachtet werden
indem man für jede Welle die radiale Schrödinger Gleichung löst.
`(`+1) 2µ
d2
2
uk,` (R) + k −
+ 2 U (R) uk,` (R) = 0
dR2
R2
h̄
(H.7)
Lösungen dieser Gleichung für U (R) = 0 sind sphärische Besselfunktionen. Bei großen
Werten von R gilt für diese die asymptotische Entwicklung
(0)
uk,` (R) ≈
e−ikR eikR
1
(2` + 1) (−1)`+1
+
2ik
R
R
(H.8)
Dies entspricht einer paarweisen Überlagerung einer ein- und auslaufenden Welle, gewichtet mit dem Phasenfaktor 0 oder π, je nach Parität von `. Für hinreichend große
Werte von R gilt auch im tyischen Streufall U (R) → 0, sodass die Lösung H.8 als
Näherungslösung für Gleichung H.7 dient. Da im elastischen Stoß die Teilchenzahl und
der Drehimpuls erhalten bleiben, kann man zusätzlich fordern, dass für jedes Partialwellenpaar die Amplituden der einlaufenden und auslaufenden Wellen gleich bleiben müssen. Damit kann sich die Potentialstreuung allein durch eine Phasenverschiebung der auslaufenden Welle bemerkbar machen. Mit dieser Forderung gilt für die
Streulösung bei großen Werten von R
∞
−ikR
ikR
1 X
`+1 e
2iδ` (k) e
Ψk, (R, θ) ≈
(2` + 1) P` (cos θ) (−1)
+e
2ik
R
R
(H.9)
`=0
Durch Koeffizientenvergleich mit H.2 ergibt sich damit für die Streuamplitude
f (k, θ) =
∞
h
i
1 X
(2` + 1) e2iδ` (k) − 1 P` (cos θ)
2ik
(H.10)
`=0
Zur Berechnung des Wirkungsquerschnittes müssen also die Streuphasen aus der Radialgleichung mit den Randbedingungen H.9 und uk,` (R = 0) = 0 bestimmt werden.
Identische Teilchen Da für identische Teilchen nicht zwischen einer Ablenkung
um θ und π + θ unterschieden werden kann gilt für identische Bosonen
dσ
= |f (k, θ) + f (k, π + θ)|2
dΩ
(H.11)
161
(1 )
(2 )
(1 )
(1 )
(2 )
(2 )
a )
(2 )
(1 )
b )
Diese Addition führt dazu, dass Partialwellen ungerader Parität nicht zur Streuung
beitragen, während sich der Effekt von Partialwellen gerader Parität verstärkt. So ergibt
sich letzlich für identische Bosonen der totale Wikrungsquerschnitt als
σ=
8π
k2
X
`(gerade)
(2` + 1) sin2 δ` (k)
(H.12)
162
Atom-Interferometer
Anhang I
Atom-Interferometrie
Die Gruppe von Chu[76] berichtete 2001
über ein verbessertes Mach-Zehnder AtomInterferometer zur Bestimmung der lokalen
Gravitationsbeschleunigung g mit einer
Genauigkeit von 10−9 g.
Zur Darstellung von Strahlteilern und Spiegeln verwendet dieses Instrument stimulierte
Raman-Übergänge zwischen HyperfeinGrundzuständen im Cs-Atom.
Dabei sind drei Prinzipien am Werk:
3
D
w
w
w
2
D BI
1
• Bei Verwendung zweier gegenläufiger Laser-Strahlen ist der Übergang mit einem Impulsübertrag h̄(k1 + k2 ) = h̄kef f verbunden. Die interne atomare Energie
ändert sich um h̄ωef f = h̄(ω1 − ω2 ).
• Die Übergangswahrscheinlichkeit hängt von der Pulsfläche ab und kann so gewählt
werden, dass entweder ein Strahlteiler oder ein Spiegel entsteht.
• Die quantenmechanische Phase des Superpositionszustandes am Ausgang des
Interferometers hängt von den lokalen Phasen der Raman-Übergänge an den
Strahlteilern ab.
In das Interferometer schickt man einen Atomstrahl im Zustand |1i.
√ Dieser wird am
ersten Strahlteiler (Pulsfläche π/2) in die Superposition (|1i + |2i)/ 2 überführt. Die
Komponente |2i bewegt sich entlang dem Weg A. Sie hat einen Impulsübertrag in zRichtung um h̄kef f erlitten und separiert sich räumlich vom Weg B auf dem sich der
Zustand |1i weiterbewegt. Nach einer Zeit T treffen die beiden Teilstrahlen auf einem
zweiten Raman-Puls, diesmal mit der Pulsfläche π. Dabei wird die Komponente auf
dem Weg A wieder in den Zustand |1i zurückgeführt und verliert den Impuls h̄kef f ,
während die Komponente auf dem Weg B in den Zustand |2i überführt wird und den
Impuls h̄kef f gewinnt. Nach einer weiteren Zeit T treffen sich beide Wege in einem
163
164
Atom-Interferometer
Strahlteiler mit der Pulsfläche π/2. Dort werden die Atome je nach Phasenlage des
Ramanpulses in den Zustand |1i oder |2i überführt. Im Experiment entsprechen die
beiden Zustände den Hyperfein-Grundzuständen des Cs-Atoms mit F = 3, m = 0 und
F = 4, m = 0. Diese Zustände werden am Interferometerausgang über Fluoreszenz selektiv beobachtet.
z
p /2 p u ls e
( b e a m s p litte r )
p p u ls e
( m ir r o r )
f
A
f
p /2 p u ls e
( b e a m s p litte r )
2
A
2
3
?
1
f
A
1
A
th
P a
1
f
B
2
?
P a th B
0
T
2 T
t
Die Phasendifferenz der beiden Pfade ergibt sich aus den Wegen zwischen den Laserpulsen
A
B
∆φweg = Skl
− Skl
/h̄
(I.1)
Die klassische Wirkung
Z 2T
Skl =
L[ż(t), z(t)] dt
0
Z 2T 1
2
M v − M gz dt
=
2
0
(I.2)
ist viel größer als h̄ und (I.1) verschwindet, wenn g nicht von z abhängt. Ein zweiter
Beitrag zur Phasendifferenz ergibt sich aus den lokalen Phasen der Raman-Übergänge.
Ändert sich der atomare Zustand, dann wird dem Atom auf Grund der Wechselwirkung
H1 = h̄Ω1 ei(k1 z−ω1 t) |3ih1| + h̄Ω2 ei(−k2 z−ω2 t) |3ih2| + c.c.
(I.3)
eine Phaseninformation
φi = ±(kef f zi − ωef f ti )
(I.4)
aufgeprägt, wobei zi der Ort des Atoms zur Zeit ti ist und das Vorzeichen vom anfänglichen
Zustand des Atoms abhängt. Die Phasendifferenz des Superpositionszustandes am
Atom-Interferometer
165
Ausgang des Interferometers, die durch die Wechselwirkung mit den Raman-Pulsen
herrührt, beträgt
A
B
A
∆φL = φA
1 − φ2 − φ2 − φ3
(I.5)
In Abwesenheit der Gravitation ist auch dieser Beitrag zur Phasendifferenz auf Grund
der Symmetrie des Interferometers gleich Null.
Das Gravitationsfeld bricht diese Symmetrie, da die Atome im zweiten Zeitabschnitt
dreimal so tief fallen wie im ersten. Daraus ergibt sich eine Phasendifferenz1
∆φL = kef f g T 2
(I.6)
Um über die Phasenverschiebung g genau zu messen, sollte also die Zeit T möglichst
groß gewählt werden. In einem atomaren Springbrunnen der Höhe von ≈ 1 m erreichen
die Autoren Werte für T von 160 ms. Da im Interferometer der Atomstrahl parallel zu
den Ramanstrahlen geführt wird, kommt es zu einer vertikalen Trennung der atomaren
Wellenpakete im Bereich zwischen dem ersten und zweiten π/2-Puls. Am Umkehrpunkt
ist die räumliche Trennung im Bereich von 1.1 mm.
1
0.8
mm
0.6
0.4
0.2
wavepacket separation
0
0
0.05
0.1
0.15
s
0.2
0.25
0.3
Typische Parameter sind eine Start-Geschwindigkeit von vz = 1.5 m/s, Höhe des
Umkehrpunktes 12.5 cm, Zeitpunkt der Umkehr 0.16 s.
1
Setzen wir z = 0 und vz = 0 am Eingang des Interferometers, dann erreicht ein Atom
am Weg A nach einer Zeit T die Höhe z2A = T h̄kef f /M − gT 2 /2 mit der Geschwindigkeit
v2A = kef f /M −gT . Ein Atom am Weg B sinkt auf den Wert z2B = −gT 2 /2 ab, wobei v2B = −gT .
Nach dem Spiegel Ramanpuls ist v2A = −gT und v2B = kef f /M − gT . Im zweiten Interferometerabschnitt erreichen die Atome den Ort z3A = h̄T (kef f T /M − gT ) − gT 2 .
166
12
10
trajectory
8
cm 6
4
2
0
0
0.05
0.1
0.15
s
0.2
0.25
0.3
Auf Grund der Gravitationsbeschleunigung ergibt sich eine Gravitations-induzierte
Dopplerverschiebung ∆ω = kef f · g T , wobei für Cesium kef f · g ≈ 2π × 23 M Hz/s
ist. Die drei Ramanpulse (quadratische Pulsform, 40, 80 und 40 µs Länge) werden
gemäß der Wahl von T jeweils auf Resonanz gestimmt.
20
∆eff
10
MHz
∆2
0
∆1
10
20
0
0.05
0.1
0.15
s
0.2
0.25
0.3
Damit ergibt sich eine weitere Phasenverschiebung um ∆φRF = ∆ω T . Diese Phasenverschiebung kann über eine experimentelle Wahl von ∆ω fein abgestimmt werden
ohne aus der Raman-Resonanz zu fallen. Über diese Abstimmung erreichen die Autoren
die Phasenverschiebung in Bild 2 des Nature Beitrages, in dem das Interferenzmuster
aufgezeichnet wird.2
2
Die Phasenverschiebung π in Bild 2 von Nature 400 489-852 (1999) entspricht einer Verstimmung ∆ω/(2π) ≈ 3 Hz.
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