8.4 Chemotherapeutika und lokale Antibiotika (Parodontaltherapie) 8.4 Chemotherapeutika und lokale Antibiotika (Parodontaltherapie) Die mechanische Entfernung supra- und subgingivaler Plaque führt nicht in allen Fällen allein zur Beherrschung parodontaler Infektionen. In der Pathogenese bestimmter Formen der Parodontitis spielen parodontalpathogene Bakterien eine wesentliche Rolle, die mittels mechanischer Instrumentierung allein z. T. nicht erfolgreich zu beseitigen sind. Das Vorhandensein solcher Parodontalpathogene kann mit Hilfe mikrobiologischer Tests (vgl. Abschn. 3.1.1 Erkrankungs-Risiko-Diagnostika, S. 128) nachgewiesen werden. In solchen Fällen kann die mechanische Therapie durch die systemische oder lokale Gabe von Chemotherapeutika oder Antibiotika unterstützt werden. Die lokale Gabe vermeidet dabei die systemischen Nebenwirkungen (z. B. Arzneimittelexanthem, Beeinflussung von Bakterien außerhalb der Mundhöhle), die bei systemischer Gabe auftreten können. Sie soll allein die Bakterien der parodontalen Tasche beeinflussen. Der Strom des Gingivaexsudates (Gingivaflüssigkeit) führt 40-mal pro Stunde zur Erneuerung des Inhalts einer etwa 5 mm tiefen Tasche. Diese hohe Umsatzrate führt zu einer rapiden Reduktion der Konzentration von nach subgingival applizierten Medikamenten. Es mussten deshalb Darreichungsformen entwickelt werden, die ein stabiles subgingivales Depot bilden, aus dem dann kontinuierlich in wirksamer Konzentration Antibiotikum abgegeben wird. Q Die lokale Applikation von Antibiotika verfolgt dabei grundsätzlich drei Ziele: • Unterstützung der nichtchirurgischen mechanischen antiinfektiösen Therapie (zusätzliche Gabe zu Scaling und Wurzelglättung um den Therapieeffekt zu steigern); • Unterstützung der Reinstrumentierung in der unterstützenden Parodontitistherapie (zusätzliche Gabe zu Scaling und Wurzelglättung um den Therapieeffekt zu steigern); • Alternative zur subgingivalen Reinstrumentierung in der unterstützenden Parodontitistherapie (Gabe anstatt Scaling und Wurzelglättung, um aber den gleichen Effekt zu erzielen). Der Einsatz der lokalen Antibiotikatherpie erscheint insbesondere in der unterstützenden Parodontitistherapie (UPT) bei Patienten als sinnvoll, die nach abgeschlossener Parodontitistherapie (Wurzeloberflächen frei von harten Belägen) an einzelnen Stellen trotz subgingivaler Instrumentierung noch persistierende pathologisch vertiefte Taschen (ST t 5 mm und Bluten auf Sondieren) aufweisen. Bei diesen Patienten verursacht das subgingivale Scaling langfristig nicht unerhebliche Hartsubstanzverluste und häufig Zahnhalsüberempfindlichkeiten. Der Einsatz subgingivaler Medikamententräger wäre eine mögliche Strategie, dies zu vermeiden und die persistierenden Taschen mit einem anderen als dem bisher nicht zum Erfolg führenden mechanischen Konzept zu behandeln. Außerdem besitzen manche Antibiotika (z. B. Tetracyclin und seine Derivate) eine inhibitorische und deshalb entzündungsmodulierende Wirkung auf entzündliche Kollagenase. Das Risiko der Allergisierung und Resistenzbildung bleibt jedoch auch bei lokaler Antibiotikagabe bestehen. Die im Folgenden aufgelisteten Chemotherapeutika und lokalen Antibiotika sind nach dem Arzneimittelgesetz (AMG) zugelassen. Produktname Anbieter Indikationen Arestin OraPharma chronische Parodontitis ab Taschentiefe von 5 mm Aureomycin Salbe Riemser bakterielle Zahnfleisch-/Mundschleimhautentzündungen, entzündete/infizierte Zahnfleischtaschen, Infektionsschutz Elyzol Dentalgel ColgatePalmolive im Rahmen der Parodontitis-Therapie bei Erwachsenen PerioChip Dexcel Pharma 2,5 mg Chlorhexidinbis (D-gluconat) für Parodontaltaschen Eigenschaften NichtBioloresorgisch bierbar abbaubar I Wirkstoffe Trägersubstanz Sicherheitsdatenblatt Minocyclinhydrochlorid Poly(glycolsäureco-milchsäure) Chlortetracyclin HCI Wollwachs, weißes Vaselin – x Metronidazolbenzoat Glycerolmonooleat – x Chlorhexidinbis (D-Gluconat) 2,5 mg Gelatine-Glutaraldehyd-Polykondensat, Glycerol, gereinigtes Wasser G x x h 479