Traumafolgestörungen, Bindung und therapeutische Beziehung Fachseminar «Psychotraumatologie, Psychotherapie und Traumapädagogik» Marc Schmid, Berlin, 10. September 2016 Kinder- und Jugendpsychiatrische Klinik Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 12.09.2016 1 Einleitung «Die ‚Erwachsenen‘ beschäftigen sich zu wenig mit den Problemen, die Jugendliche haben, und zu viel mit den Problemen, die Jugendliche machen.» Ute Claas, Deutsche Kriminologin http://www.rensch-haus.com/images/gesundheit_oekologie.jpg Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 12.09.2016 2 Was ist ein Trauma? Traumatisches Lebensereignis Extreme physiologische Erregung Flucht Freeze Fight Traumasymptome Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 12.09.2016 3 Bei einer Traumatisierung laufen parallel zwei unterschiedliche physiologische Prozesse ab Übererregungs-Kontinuum Dissoziatives-Kontinuum Fight oder Flight › Alarmzustand/Wachsamkeit › Angst/Schrecken › HPA - Adrenalin-System wird aktiviert - Erregung › Serotonerges System verändert sich - Impulsivität, Affektivität, Aggressivität › Dopaminerges System Freeze › ohnmächtige/passive Reaktion › Gefühlslosigkeit/Nachgiebigkeit › Dissoziation › Opioid-System wird aktiviert Euphorie, Betäubung › Veränderung der Sinnes-, Körperwahrnehmung (Ort, Zeit etc.) Physiologisch › Blutdruck (Pulsrate ) › Atmung › Muskeltonus › Schmerzwahrnehmung Physiologisch › Pulsrate Blutdruck › Atmung › Muskeltonus › Empfindungsvermögen › Schmerzwahrnehmung Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 12.09.2016 4 Welche Erfahrungen mit Regeln bestehen? Was passiert bei einer Regelübertretung? Großhirn: Bewusste intellektuelle Verarbeitung und Einordnung in biographischen Kontext Blockiert Reiz Pädagogische Intervention Reiz/Verhalten wird als potentiell gefährlich betrachtet Reptiliengehirn: Automatismen: Kampf , Flucht , Erstarrung (Freeze) Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 12.09.2016 5 Teufelskreis der Dissoziation Kurzfristig von Nutzen – langfristig schwerwiegende negative Folgen Klassisches Konditionieren Traumatische(s) Erlebnis(se) Zwei Faktoren Theorie von Mowrer (1947) Weitere Symptome Defizite bzgl. sozioemotionaler Fertigkeiten O P E R A N T E S Schutz – Überlebens mechanismus Dissoziation Kurzfristig Gelernt? Chronische Dissoziationsneigung Belastende Interaktionen/ Teilhabebeeinträchtigung Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 12.09.2016 6 Komplexe Traumafolgestörungen Auswirkungen auf die Pädagogik «Post traumatic stress disorder is a poem with many verses.» Helen White (US-Schriftstellerin, die über ihre Erfahrungen als Krankenschwester im Vietnamkrieg berichtete) Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 12.09.2016 7 Biologische Faktoren Genetik, prä- und perinatale Risikofaktoren Soziale Wahrnehmung weniger soziale Kompetenzen PTSD: Hyperarousal, Intrusionen, Vermeidung Störungen der Empathiefähigkeit Mentalisierung Bindungsstörung Störungen der Interaktion Störung der Impulskontrolle Selbstregulation Stresstoleranz Invalidierende, vernachlässigende Umgebung Typ-II-Traumata Selbstwert, Gefühl d. Selbstunwirksamkeit kognitive Schemata Dissoziationsneigung/ Sinneswahrnehmung Schmid (2008) Störung der Emotionsregulation Störungen des Körperselbst Körperwahrnehmung Somatisierung Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 12.09.2016 Störung der exekutiven, kognitiven Funktionen 8 Biologische Faktoren Genetik, prä- und perinatale Risikofaktoren Soziale Wahrnehmung weniger soziale Kompetenzen PTSD: Hyperarousal, Intrusionen, Vermeidung Störungen der Empathiefähigkeit Mentalisierung Bindungsstörung Störungen der Interaktion Störung der Impulskontrolle Selbstregulation Stresstoleranz Invalidierende, vernachlässigende Umgebung Typ-II-Traumata Selbstwert, Gefühl d. Selbstunwirksamkeit kognitive Schemata Dissoziationsneigung/ Sinneswahrnehmung Schmid (2008) Störung der Emotionsregulation Störungen des Körperselbst Körperwahrnehmung Somatisierung Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 12.09.2016 Störung der exekutiven, kognitiven Funktionen 9 PTSD – Selbstwert - Selbstunwirksamkeit › Intrusionen/Wiedererinnerungen › Alpträume › Höheres Erregungsniveau › Vermeidungsverhalten › Schlafstörungen › Absolute Selbstunwirksamkeitserwartung › Negative Selbstbild › Mangelnde Selbstfürsorge › Unterdrückung eigener Bedürfnisse Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 12.09.2016 10 Biologische Faktoren Genetik, prä- und perinatale Risikofaktoren Soziale Wahrnehmung weniger soziale Kompetenzen PTSD: Hyperarousal, Intrusionen, Vermeidung Störungen der Empathiefähigkeit Mentalisierung Bindungsstörung Störungen der Interaktion Störung der Impulskontrolle Selbstregulation Stresstoleranz Invalidierende, vernachlässigende Umgebung Typ-II-Traumata Selbstwert, Gefühl d. Selbstunwirksamkeit kognitive Schemata Dissoziationsneigung/ Sinneswahrnehmung Schmid (2008) Störung der Emotionsregulation Störungen des Körperselbst Körperwahrnehmung Somatisierung Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 12.09.2016 Störung der exekutiven, kognitiven Funktionen 11 Emotionsregulation Gefühle fluten schneller an und brauchen eine längere Regenerationszeit › Gefühle werden schneller als aversive Anspannung erlebt. › Handlungsimpulse können nicht adäquat identifiziert und somit schwerer gegenreguliert werden. › Anspannung akkumuliert. › Gefühle dauern länger an und überlagern sich. › Durcheinander negativer Gefühle. Von: http://www.123mycodes.com/myspacefunnys tuff/img/2344.jpg Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 12.09.2016 12 Modell der Affektregulation Stimulus Wahrnehmung Emotionale Sensibilität Amygdala Arousal Initiale emotionale Reaktion Stressachse Implizite Regulation Bewertung Attentionaler Bias Antizipation von Reiz-/ Reaktionskontingenzen Explizite Regulation int. Unterdrückung Finale emotionale Reaktion Neubewertung Lerngeschichte Herpertz, 2009 Verhalten Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 12.09.2016 13 Traumatisches Erleben von Gefühlen Viel mehr Emotionen als Angst › Im Verständnis der klassischen posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) ist die Hauptemotion, die während eines traumatischen Erlebnisses durchlebt wird, Angst. › Bei komplexer Traumafolgestörung und interpersoneller Traumatisierung sind in der Regel aber neben der Angst noch viele weitere negative Emotionen beteiligt. › Sämtliche negativen Emotionen werden mehr oder weniger stark mit traumatischen Erlebnissen assoziiert. › Im Rahmen der Traumaexposition von komplexer Traumatisierung werden die verschiedenen emotionalen «Hot Spots» bearbeitet. Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 12.09.2016 14 Traumatisches Erleben von Emotionen «Hot Spots» F R E U D E A N G S T W U T A N G S T O H N M A C H T E K E L E K E L S C H A M E K E L S C H U L D S C H A M Straße – Autos sehen mich komme nach Hause Disco Zeit Realisiert 0-Chance Körpergeruch, Zunge Sperma, Schlamm Befragungen Waldweg Treten/Beisen Duschen Untersuchung Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 12.09.2016 15 Emotionsregulationsmodell «Emotionsphobie» Selbstverletzung Parasuizid Dissoziation Aggression Substanzkonsum Weglaufen Stimulus Emotion negiert Reaktion inadäquat Spannungsanstieg Das Dilemma ist, dass diese Patienten entweder zu viel oder zu wenig von ihren Gefühlen wahrnehmen! (van der Hart) Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 12.09.2016 16 Suche nach der «negierten» oder «unbemerkten» Emotion › Häufig wird zu viel Wert auf sichtbare und bewusste Gefühle gelegt. Gefühle, welche die Klienten nicht wahrnehmen, werden auch von den Helfern zu wenig beachtet. › Viele Menschen - auch Mitarbeiter - haben präferierte Gefühle, mit denen sie sich wohlfühlen und andere Gefühle, die sie wesentlich seltener und weniger intensiv wahrnehmen. › Teilweise werden andere Gefühle nicht ausreichend beachtet. › Verhaltensanalysen frühzeitig beginnen, auf Sekundärgefühle achten. › Gerade Aggression wird oft von anderen Gefühlen als Ärger ausgelöst (Scham, Schuld, Neid, Eifersucht). › Trauer steht ebenfalls hinter vielen Emotionen und kann helfen, diese aufzulösen, da sie besser versorgt werden kann. Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 12.09.2016 17 Bei niederem Erregungsniveau viele Verhaltensalternativen Biologische/genetische Disposition zu heftigen Gefühlen Negative Lerngeschichte mit Emotionen Schwierigkeiten im Umgang und bei der Wahrnehmung mit Emotionen, „Angst“ vor Gefühlen Gefühle werden bedrohlich unangenehm erlebt und nicht wahrgenommen oder unterdrückt In-Albon & Schmid (2012, 2013) Emotion wird als Überforderung erlebt: Gefühl der Leere, Taubheit Selbstverletzung, Aggression, Substanzkonsum, Suizidversuch Fazit: Normale emotionale Reaktionen im Alltag sollten bemerkt und für eine gute Beziehungsgestaltung nutzbar gemacht werden! Verhaltensmöglichkeiten sind scheinbar blockiert Bei höchstem Erregungsniveau Anspannungsniveau wird werden automatisierte unerträglich Lösungsmechanismen eingesetzt Die Signale die Gefühle für die Verhaltenssteuerung geben werden nicht bemerkt und Verhalten wird nicht danach ausgerichtet Situation bleibt ungeklärt Gefühle werden stärker unangenehm belastende Anspannungsgefühle Je höher Erregungsniveau desto treten auf weniger Verhaltensalternativen Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 12.09.2016 andere Personen reagieren 18 dann oft ebenfalls emotionaler Arbeit mit Emotionen: Ausgangsniveau Anspannung Individueller Ausflippbereich t Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 12.09.2016 19 Emotionsregulation Balancen Maladaptive Handlungsimpulse Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 12.09.2016 Fertigkeiten 20 Umgang mit Emotionen in der verhaltenstherapeutisch orientierten Beratung, Psychotherapie und Supervision Auslösendes Ereignis Emotionale Validierung Emotion real der Situation «angemessenen» Emotion Jede emotionale Reaktion ist wie sie ist und prinzipiell richtig! Emotion für das auslösende Ergebnis inadäquat stark Verhaltensanalyse Soziales Problemlösen - Rollenspiel Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 12.09.2016 Exposition, Emotion abschwächen, Bewältigungserfahrung und Neubewertung 21 Emotionsregulation «Jeder kann wütend werden, das ist einfach. Aber wütend auf den Richtigen zu sein, im richtigen Maß, zur richtigen Zeit, zum richtigen Zweck und auf die richtige Art, das ist schwer.» Aristoteles Von: http://www.oel-bild.de/bilder/13604M.jpg Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 12.09.2016 22 Biologische Faktoren Genetik, prä- und perinatale Risikofaktoren Soziale Wahrnehmung weniger soziale Kompetenzen PTSD: Hyperarousal, Intrusionen, Vermeidung Störungen der Empathiefähigkeit Mentalisierung Bindungsstörung Störungen der Interaktion Störung der Impulskontrolle Selbstregulation Stresstoleranz Invalidierende, vernachlässigende Umgebung Typ-II-Traumata Selbstwert, Gefühl d. Selbstunwirksamkeit kognitive Schemata Dissoziationsneigung/ Sinneswahrnehmung Schmid (2008) Störung der Emotionsregulation Störungen des Körperselbst Körperwahrnehmung Somatisierung Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 12.09.2016 Störung der exekutiven, kognitiven Funktionen 23 Dissoziative Prozesse http://www.silberpapier.de/images/dis.gif https://www.sozialversicherung.at/mediaDB/MMDB64312_40879.JPG Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 12.09.2016 24 Was ist Dissoziation? Verlust des Raumund Zeitgefühls, Orientierung Intrusionen, Bilder Lernen ist in dissoziiertem Zustand nicht möglich Fragmentierte Informationsverarbeitung «Null-Reaktion» auf Umwelt Reize dringen nicht durch Keine Mimik, starrer oft ausdrucksloser Gesichtsausdruckausdruck Schmerzwahrnehmung ist deutlich reduziert. Verlust des Körpergefühls Bewegungslosigkeit/ keine Gestik Depersonalisationserleben 1000 Yards-Starren, Kein Blickkontakt leerer Blick Innere Leere, emotionale Taubheit Kein Grounding Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 12.09.2016 Lediglich automatisierte Handlungsmuster, kein geplantes Verhalten 25 Dissoziation und Trauma Cartoon Renate Alf: http://www.zimannheim.de/psm_links.html › 10% der Traumatisierten entwickeln sofort eine chronische Dissoziationsneigung (Overkamp 2002) › 50% bei sequentieller Traumatisierung (Murie et al. 2001) › Dissoziierende Erwachsene sprechen von stärkeren/häufigeren Kindheitstraumata (Nash et al. 2009) › Extreme ,emotional negativ aufgeladene Familienatmosphäre scheint das Ausmaß der Dissoziationsneigung wesentlich zu beeinflussen (Sanders & Giolas 1991, DiTomasso & Routh 1993). › Zusammenhang wird auch von anderen Faktoren moderiert (Merckelbach & Muris 2001). Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 12.09.2016 26 Pädagogische Probleme durch Dissoziation › Starke Leistungsschwankungen - nicht Lernen können. › Räumliche/zeitliche Desorientierung - Konfabulieren vs. Lügen. › Schnelle Wechsel fallen schwer - Desorientierung. › Können soziale Rolle unter Druck nicht ausfüllen - Retraumatisierungen können Gruppendynamiken nicht unterbinden. › Dissoziation führt fast zwangsläufig zur Nichtpartizipation bei wichtigen Gesprächen (Familien-, Hilfeplan). › Wut wird in der Gegenübertragung nicht «gespürt» - überraschende Aggression - Heftigkeit und Körperkraft sind kaum vorherzusehen. › Teufelskreis von stärkerer Intervention und Dissoziation. › ………… Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 12.09.2016 27 Schmerzwahrnehmung und Dissoziation Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 12.09.2016 28 Körperwahrnehmung und Trauma › Traumatische Erfahrungen werden über körperliche Micro-Praktiken im Körper gespeichert. › Im Trauma «eingefrorene Energie» verbleibt im Körper. › Körperwahrnehmung als Auslöser für posttraumatisches Erleben. › Schlechtere Körperwahrnehmung und Koordination. › Eigenes Körperbild, weniger Körperpflege › Kaum Gefühl für Körpergrenzen › Auffälliges Sexualverhalten (völlige Vermeidung, Promiskuität, Schmerzen, Gefühle von Ekel) › Trauma als Risikofaktor für viele somatische Erkrankungen Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 12.09.2016 29 Körperliche Beschwerden bei traumatisierten und nicht traumatisierten weiblichen Kriegsveteraninnen N = 1935 40 35 30 25 20 15 Keine PTSD 10 PTSD 5 0 Fi i lg a y om r b e m ar d iz Re S) B I ( Un ib le r te m ch s s n ze r e a hm t As Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 12.09.2016 Dobie et al. 2004 30 ACE Score vs. Depression ACE Score Adverse Childhood Experience Study Dr. Vincent Fellitti and Dr. Robert Anda Biologische Faktoren Genetik, prä- und perinatale Risikofaktoren Soziale Wahrnehmung weniger soziale Kompetenzen PTSD: Hyperarousal, Intrusionen, Vermeidung Störungen der Empathiefähigkeit Mentalisierung Bindungsstörung Störungen der Interaktion Störung der Impulskontrolle Selbstregulation Stresstoleranz Invalidierende, vernachlässigende Umgebung Typ-II-Traumata Selbstwert, Gefühl d. Selbstunwirksamkeit kognitive Schemata Dissoziationsneigung/ Sinneswahrnehmung Schmid (2008) Störung der Emotionsregulation Störungen des Körperselbst Körperwahrnehmung Somatisierung Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 12.09.2016 Störung der exekutiven, kognitiven Funktionen 33 Bindungsprobleme Schwierigkeiten bei der Kontaktaufnahme «Der Kontakt selbst ist das gefürchtete Element, weil er das Versprechen von Liebe, Sicherheit und Trost beinhaltet, das nicht erfüllt werden kann und das (den Patienten) an die abrupten Verletzungen erinnert, die er in seiner Kindheit erlebt hat.» Lawrence E. Hedges (1997, S. 114) http://www.kwick.de/4048033/blog/36/ Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 12.09.2016 34 Bindungstheoretische Annahmen › Es gibt eine angeborene Disposition, Bindungen einzugehen, und dies stellt folglich ein eigenes Motivationssystem dar. › Bindungsverhalten hat das Ziel, räumliche psychologische Nähe und emotionale Sicherheit zu gewinnen. › Die Aktivierung des Bindungssystems ist mit stärkerer innerer Erregung verbunden. › Das Bindungssystem wird insbesondere in verunsichernden und ängstigenden Situationen aktiviert. › Bindungs- und Autonomiebedürfnisse bilden eine Balance. Von einer sicheren Bindungsperson aus kann ein Kind die Umwelt erkunden. › Bindungsintensität zu Bezugspersonen verändert sich im Entwicklungsverlauf. Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 12.09.2016 35 Bindungsentwicklung Entstehung einer positiven Gegenseitigkeit Gegenseitigkeit Papoušek (2001) Erleichterung der Selbstregulation Kompensatorische Unterstützung Bestärkung intuitiver Kompetenzen Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 12.09.2016 36 Bindungsgrundannahmen Balance aus Bindung und Exploration Bindung Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 12.09.2016 Exploration 37 Entstehung von Persönlichkeiten Kindliche Bedürfnisse (Sulz, 2000) Bindungsbedürfnisse › Willkommen sein, dazu gehören › Geborgenheit, Wärme, Zärtlichkeit › Schutz, Sicherheit, Zuverlässigkeit › Liebe erhalten › Aufmerksamkeit, Beachtung › Empathie, Verständnis, anerkannt werden › Wertschätzung, Bewunderung, Lob Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 12.09.2016 38 Entstehung von Persönlichkeiten Kindliche Bedürfnisse (Sulz, 2000) Autonomiebedürfnisse › Selber machen, können › Selbstbestimmung, Freiraum › Grenzen gesetzt bekommen, Grenzen erleben › Konkurrieren › Gefördert und gefordert werden › Vorbilder und Modelle haben › Intimität, Hingaben und Erotik › Ein Gegenüber, mit dem ich mich auseinandersetzen kann Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 12.09.2016 39 Bindungsförderliches Verhalten von Eltern Fürsorgliche, vorausschauende Elternschaft Verlässliches Bindungsangebot Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 12.09.2016 Entwicklungsstand adäquate Förderung der Autonomie 40 Bindungsentwicklung Säuglingsalter Kleinkindalter Peers Kleinkind Erwachsene Kind Eltern Eltern Erwachsene Kinder/ Peers Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 12.09.2016 41 Bindungsentwicklung Schulkindalter Adoleszenz Peers Peers Jugendlicher Schulkind Eltern Erwachsene Eltern Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 12.09.2016 Erwachsene 42 Bindungsentwicklung «Wenn Kinder klein sind, gib ihnen Wurzeln. Wenn sie gross sind, gib ihnen Flügel.» Chinesisches Sprichwort Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 12.09.2016 43 Bedeutung von Bindung Bindung als Schutzfaktor Schutz vor Traumatisierung Besserer Zugang zum Helfersystem - höhere Erfolgsaussichten für Pädagogik und Psychotherapie Bessere Unterstützung nach Traumatisierung Bindung Bessere Peerbeziehungen und Integration auf eine Wohngruppe Gute Bindung der Kinder an Pädagogen nährt das Helfersystem Fördert Resilienzfaktoren Mentalisierungsfähigkeit – Soziale Fertigkeiten Emotionsregulation Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 12.09.2016 44 Klassifikationen Sicher gebunden Bindung Exploration Offener Austausch über Gefühle Kompromissbereit bei Konflikten Beziehungsbezogen und autonom Selbstverantwortlich bei Belastung, dazu gehört andere um Hilfe zu bitten (Ute Ziegenhain 2007) Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 12.09.2016 45 Bindungsstile Sichere Bindung (Typ-B) › Kinder reagieren kurz mit deutlichen Anzeichen von Kummer und Verunsicherung, beruhigen sich aber rasch und spielen weiter, Anspannung bleibt aber beobachtbar. › Cortisolspiegel steigt nicht an. › Adäquat zur fremden Person im Beisein der Mutter, lässt sich aber nicht von ihr trösten, aber evtl. zur Neuaufnahme des Spiels überreden. › Suchen Nähe und Körperkontakt beim Wiederkommen der Bezugsperson oder begrüßen diese sehr freundlich. Unsicherheit legt sich mit Eintreffen der Mutter völlig. › Sie wenden sich nach der Begrüßung dann schnell wieder ihrem Spiel zu. › Sicherer Wechsel zwischen dem Bedürfnis nach Nähe und Interesse an Spiel und Erkundung. › Hohe Feinfühligkeit und Reaktionsbereitschaft der Mutter (Main 2000). › Sicher gebundene Erwachsene würdigen ihre Bindungserfahrungen als bedeutsam und berichten kohärent, versöhnlich, humorvoll mit integrierten Gefühlen darüber. Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 12.09.2016 46 Klassifikationen Unsicher vermeidend gebunden Kein Austausch über (negative) Gefühle Anpassung an äußere Erwartungen Emotionale (Pseudo)-Unabhängigkeit Selbstbezogener Umgang bei Belastungen Bindung Exploration (Ute Ziegenhain 2007) Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 12.09.2016 47 Bindungsstile Unsicher-vermeidend (Typ-A) › Scheinen durch Trennung nicht beunruhigt - Cortisolspiegel ist aber erhöht. › Wirken gefühlsarm, zeigen keinen Kummer. › Kaum Bindungsverhalten bei Rückkehr der Mutter. › Großes Interesse an Gegenständen, übermäßig an Aufgaben orientiert. › Mutter zieht sich tendenziell zurück, wenn Kind traurig wird und Bindung sucht, wenig Körperkontakt (Main 2000). › Unsicher-vermeidend gebundene Erwachsene sprechen wenig über Emotionen bei der Darstellung ihrer Bindungserfahrungen und leugnen oder bagatellisieren deren Einfluss auf ihre Entwicklung. Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 12.09.2016 48 Klassifikationen Unsicher ambivalent gebunden Übersteigerter Gefühlsausdruck Exploration «Bindung» Wenig kompromissbereit Emotionale Abhängigkeit Wenig selbstverantwortlich bei Belastungen (Ute Ziegenhain 2007) Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 12.09.2016 49 Bindungsstile Unsicher-ambivalent (Typ-C) › Sind noch bei Anwesenheit der Bezugsperson kaum in der Lage, die Umwelt zu erkunden. › Klammern, weinen, lassen Trennung von der Bezugsperson kaum zu. › Nach der Rückkehr zeigen sie zwar intensives Bindungsverhalten, dies ist aber gemischt mit Aggression, Zurückweisung und Vermeidung von Körperkontakt. › Lassen sich nur schwer beruhigen und bekommen keine Sicherheit durch Rückkehr der Bezugsperson (wichtig !). › Mutter unterbindet unbewusst Autonomiestreben des Kindes, weniger sensitiv für Signale des Kindes. › Erwachsene mit diesem Bindungsstil sprechen häufig Ärger gegen ihre eigene Bezugspersonen aus und geben an, ungewünschtem Verhalten ausgesetzt gewesen zu sein und wenig Möglichkeiten der aktiven Auseinandersetzung gehabt zu haben (Passivität). Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 12.09.2016 50 Bindungsstil versus Bindungsstörungen Unsichere Bindung an sich ist keine Psychopathologie, allenfalls ein prädisponierender Faktor. Bindungsstile A, B,C sind Ausdruck einer normalen interpersonellen Variabilität des Bindungsverhaltens. Bindungsstörungen Bindungsforschung Typ D Typ A & C Typ B Verschiedene Bindungsstile nicht ausschließlich Typ D! Ziegenhain et al. 2004 Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 12.09.2016 51 Bindungsstile Unsicher-desorganisiert (Typ-D) › Stark widersprüchliche Verhaltensmuster, keine eindeutige Strategie wie A, B und C. Wechsel zwischen Bindung, Angst, aggressiven Handlungen. › Kontakt mit Mutter ist/bleibt mit Anspannung verbunden, Kinder wirken bei Mutter erstarrt und unruhig. › Blickverhalten, seltsame bizarre Bewegungen. › Körperlich: Fragmentierung und Einfrieren der Bewegungsimpulse (Downing 2006, Liotti et al. 2005). › Gefahrenquelle geht von den Eltern aus, strafender Erziehungsstil, unvorhersehbare Handlungen der Eltern (Main 2000). › Erwachsene mit diesem Bindungsstil haben oft große Schwierigkeiten, ihre Bindungserfahrungen und diesbezügliche Emotionen überhaupt zu beschreiben, diese sind häufig von Abbrüchen und Traumatisierung geprägt, wirken im Gespräch desorientiert und desintegriert. Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 12.09.2016 52 Bindungstyp-D und psychosoziale Risiken (van Ijzendoorn et al. 1992, 1999) Risikokonstellation Häufigkeit von Typ-D Misshandlung 55-82 % Unverarbeitete Verluste der Kindseltern 39-56 % Substanzmissbrauch 43 % Jugendliche Mütter 21-60 % Neurologische Auffälligkeiten der Kinder Depressive Mütter Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 12.09.2016 35 % 25-62 % 53 Bindung als Resilienzfaktor Bindung als Schutzfaktor vor Traumafolgestörungen › Menschen mit einer guten Bindungsrepräsentation kommen seltener in Gefahr, misshandelt und traumatisiert zu werden (feinfühligere Eltern, Beziehungsangebote von Fremden werden abgelehnt). › Menschen mit einer guten Bindung und einer vertrauten, verfügbaren und verlässlichen Bezugsperson finden dort Trost und Validierung nach belastenden Ereignissen. › Menschen mit sichereren bzw. minimalen positiven Bindungsrepräsentationen können wirkungsvollere Beziehungen zu professionellen Helfern eingehen und profitieren in der Regel mehr von pädagogischen und therapeutischen Angeboten (z.B. Skodol et al. 2007). Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 12.09.2016 54 Teufelskreis Bindung und Erfolg in Therapie und Pädagogik Bindungsprobleme Therapieabbruch Beendigung der Maßnahme Geringerer Erfolg Belastete pädagogische Beziehungen Belastete therapeutische Beziehung Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 12.09.2016 55 Arbeitsgruppe Traumasymptome bei Ihren Kindern › Welche der beschriebenen Traumafolgestörungen (Dissoziation, Probleme bei der Emotionsregulation, Schmerzwahrnehmung, etc.) können Sie in welcher Art und Weise bei schwer traumatisierten Kindern in Ihrem beruflichen Alltag beobachten? › Welche Traumafolgestörungen erleben Sie im Alltag als besonders belastend und herausfordernd? › Welche Art der Beziehungsgestaltung beobachten Sie bei traumatisierten Kindern in Ihrem Alltag? Wie reagieren Sie darauf? › Welche Situation löste die letzte heftige Krise aus? Inwiefern könnte es sich dabei um einen Trigger oder eine Reinszenierung einer traumatischen Beziehungserfahrung handeln? › Welche sozialpädagogischen oder heilpädagogischen Strategien haben Sie bei diesen besonders stark traumatisierten Kindern schon ausprobiert? Was hat gut geklappt? Was bleibt schwierig? Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 12.09.2016 56 Exkurs Bedeutung der therapeutischen Beziehungsgestaltung «Es gibt kaum ein beglückenderes Gefühl, als zu spüren, dass man für andere Menschen etwas sein kann.» Dieter Bonhoeffer (1906-1945) Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 12.09.2016 57 Faktoren des Therapieerfolgs Erfolgsbeeinflussende Faktoren nach Lambert (1992) Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 12.09.2016 58 Günstige Voraussetzung für die Therapie schaffen Therapeutische Allianz «Die Verfahren in der Verhaltenstherapie sind leichter zu erlernen als die Kunst, die Voraussetzungen für deren Einsatz zu schaffen und aufrechtzuerhalten, eine emotional engagierte und konstruktive Zusammenarbeit.» Dirk Zimmer (2014) Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 12.09.2016 59 Zyklus maladaptiven Bindungsverhaltens Inneres Modell früher Bezugspersonen Erwartungen an Andere Eigenes Verhalten Selbstbild / Introjekt Verhalten der Anderen Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 12.09.2016 60 Therapeutische Beziehung und Therapie von komplex traumatisierten Menschen › Komplementäre Beziehungsgestaltung. › Die individuelle interpersonelle Lerngeschichte des Patienten/der Patientin muss bei der Beziehungsgestaltung in jeder Therapie beachtet werden - bei komplex Traumatisierten ganz besonders. › Bei interpersonell traumatisierten Mensch erschweren diese Lernerfahrungen den Aufbau einer therapeutischen Beziehung (Misstrauen, Bindungsstörungen, Emotionsphobie). › Widerstand hat einen guten Grund. › Die wichtigsten interpersonellen Beziehungsbedürfnisse werden beachtet – bei traumatisierten Menschen in der Regel nach Sicherheit und Kontrolle . › Absolut transparentes und partizipatives therapeutisches Vorgehen. › Rahmenbedingungen einer Therapie sind besonders bedeutsam Schweigepflicht - Transparenz der Informationsweitergabe Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 12.09.2016 61 Therapeutische Beziehung und Therapie von komplex traumatisierten Menschen › Patient bestimmt das Tempo - Therapeut führt zwar, bremst oder forciert, wenn das Tempo nicht förderlich für den Prozess ist. › Aktive, nachgehende therapeutische Haltung. › Gemeinsame Erarbeitung der Therapieziele - Motivationsaufbau › Bergtour-Metapher - harte Arbeit - Wir-Sprache › Therapeut ist sich der besonderen Intensität der Gegenübertragungsgefühle bewusst und nutzt diese für seine Arbeit. › Therapeut kümmert sich um und engagiert sich für seine Patienten. › Therapeut kooperiert mit anderen Helfern. › Therapeut bezieht Bezugspersonen ein. › Therapeut kennt seine Grenze und arbeitet mit diesen. › Psychohygiene und Supervision. Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 12.09.2016 62 Generalisierter Umgang mit Beziehungsbedürfnissen beeinflusst alle Beziehungen Beziehungsgestaltung zu Pädagogen und Psychotherapeuten Alltag: Typische interpersonelle Probleme Ursprungsfamilie: Zentraler Beziehungskonflikt Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 12.09.2016 Negative automatische Gedanken emotionales Priming Grundannahme «Überlebensregel» 63 Therapeutische Beziehungsgestaltung als Wirkfaktor Psychotherapie-Wirkfaktoren Wirkfaktoren der psychologischen Therapie: › Ressourcenaktivierung › Problemaktualisierung › Klärung › Problembewältigung (Grawe 1996) Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 12.09.2016 64 Die Wirkfaktoren von Grawe und die Beziehungsgestaltung Problemaktualisierung In der therapeutischen Beziehung werden die interaktionellen Probleme des Patienten aktualisiert (z.B. Gefühle von Scham und Wut bei Patienten). Klärung In der therapeutischen Beziehung werden die interaktionellen Probleme des Patienten analysiert und erklärt («guter Grund»). Häufig geschieht dies mit Bezug auf seine Biographie, belastende Beziehungserfahrung und den damit einhergehenden Beziehungsbedürfnissen. Problembewältigung Der Patient lernt neue Verhaltensweisen in seiner Beziehung zum Therapeuten. Der Therapeut unterstützt den Patienten unmittelbar im Erlernen von Fertigkeiten (Förderung der Selbstwirksamkeit, Rollenspiele, Video). Ressourcenaktivierung Durch die therapeutische Beziehung werden Ressourcen aktiviert. Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 12.09.2016 65 Arbeitsgruppe Qualität der therapeutischen Beziehung › Welches Patientenverhalten fördert eine gute therapeutische Beziehung? › Welches Patientenverhalten gefährdet die Entstehung einer therapeutischen Allianz? › Welches Therapeutenverhalten wirkt sich günstig auf die Bildung einer tragfähigen therapeutischen Allianz aus. Welches Verhalten fordert die Wahrnehmung als Experte, welches die Beziehung/Sympathie? › Welches therapeutische Verhalten ist hinderlich für die Entstehung einer guten therapeutischen Arbeitsbeziehung? Was ist bei traumatisierten Patienten besonders zu beachten? › Welche Situationen, Schwierigkeiten und Emotionen innerhalb der therapeutischen Beziehungen erleben Sie mit traumatisierten PatientInnen als besonders belastend? › Welche Strategien haben sich im Umgang mit diesen Situationen besonders bewährt? Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 12.09.2016 66 Therapeutenverhalten Negative Auswirkungen auf Beziehung und Erfolg Persönliche Technik Eigenschaften Unnachgiebig Überstrukturierung der Therapie Unsicher Scheitern beim Versuch, die Therapie zu strukturieren Ausbeuterisch Inadäquate Selbstöffnung/Selbstaussagen des Therapeuten Kritisch Verwaltend, emotional unengagiert Distanziert Unnachgiebige, nicht-geteilte Übertragungsinterpretation Verkrampft Unangebrachter Gebrauch von langem Schweigen Unnahbar Herabsetzung, mangelnde Wertschätzung Unkonzentriert Oberflächliche, ungeplante Intervention Belehrend Erklärt viel abstrakt, ohne Bezug zum Erleben des Patienten Ackerman & Hilsenroth, 2001 Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 12.09.2016 67 Therapeutenverhalten Positive Auswirkungen auf Beziehung und Erfolg Persönliche Eigenschaften Technik Flexibel Erfahren Ehrlich Respektvoll Vertrauenswürdig Selbstsicher Interessiert Aufmerksam Freundlich Warm Offen Untersuchender, nachforschender Explorationsstil Tiefe und Gründlichkeit in der Exploration Gemeinsame Reflektion - absichernde Zusammenfassung Unterstützend emotional und konkret Bemerkt vergangenen Therapieerfolg Akkurate, vorsichtige Interpretationen Ermöglicht und unterstützt den Affektausdruck Aktiv, engagiert Bestätigend und wertschätzend Verstehend Aufmerksam für die subjektive Sicht und Erfahrung des Patienten Ackerman & Hilsenroth, 2001 Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 12.09.2016 68 Grundbedürfnisse Klaus Grawe › Bindungsbedürfnis › Bedürfnis nach Orientierung und Kontrolle - Autonomie › Bedürfnis nach Selbstwerterhöhung und Selbstwertschutz › Bedürfnis nach Lustgewinn und Unlustvermeidung Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 12.09.2016 69 Bedürfnis nach Bindung + + + + + Vermitteln, dass man da ist (Anwalt ist) «gemeinsam» an Schwierigkeiten arbeiten Vermitteln, dass Nöte bei Therapeut gut aufgehoben sind Verständnis und Wertschätzung Nonverbale Zuneigung und Nähe (Sitzhaltung, Arme, Blick, Kopfnicken, lächeln) + Aktives Zuhören + Selbstoffenbarung − − − − − − Patient «allein» lassen (zu spät, vergessen, Termine häufig verschieben) Störungen zu lassen (Telefonieren, Klopfen etc.) Sich nicht an wichtige Dinge erinnern (Lebenssituation etc.) Gefühl geben, er sei einer von vielen Kritisieren und abwerten Nonverbale Distanz (im Sessel versinken, Arme verschränken, wenig Blick, kaum nicken und lächeln) − Abgelenkt und ungeduldig − Nicht richtig zuhören − Auf persönliche Fragen abwehrend/kalt reagieren s. Stucki & Grawe (2007) Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 12.09.2016 70 Bedürfnis nach Orientierung und Kontrolle + + + + + + + + Transparenz, Erklärungen In alle Schritte/Entscheide explizit einbeziehen Wahlmöglichkeiten bieten Bereitschaft für Vorgehen/Techniken abklären Spüren lassen, dass es um seine Anliegen geht Auf Anregungen/Initiativen etc. eingehen Eigenen Einfluss aufzeigen (Erfolge!) Auf Über- und Unterforderung achten − − − − − − − − Alles selber entscheiden Therapieziel vorgeben Patienten «drängen» Eigeninitiative im Keim ersticken Im Unklaren lassen was passiert Uneindeutig und missverständlich ausdrücken Zu starke Problemaktivierung überfordern Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 12.09.2016 s. Stucki & Grawe (2007) 71 Bedürfnis nach Selbstwertschutz/-steigerung + Interesse zeigen + Stärken berichten lassen + Themen mit positiver Bedeutung ansprechen + Loben/Komplimente (Veränderungsbereitschaft, Mut etc.) + Erfolge verstärken + Gesunde Anteile betonen + Erfolge auf Patienten attribuieren + Guten Grund für Symptomatik herausarbeiten (Überlebensleistung) + Desinteresse + Unbeeindruckt sein + Das bisher Erreichte als wenig hilfreich darstellen + Kritisieren und abwerten + Rollengefälle betonen + Kranke Anteile im Vordergrund halten + Misserfolge auf Patienten attribuieren Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 12.09.2016 s. Stucki & Grawe (2007) 72 Bedürfnis nach Lustgewinn/Unlustvermeidung + Positive Gefühle erleben lassen + Entspannungs-Achtsamkeitsübungen (Wohlbefinden induzieren) + Erfolge auskosten + Gemeinsam lachen, freundliche, entspannte Mimik + «Abwechslung» + Einladende Gestaltung des Therapieraums + Gepflegte Erscheinung des/der TherapeutIn − Nur negative Gefühle haben Platz − Unter Druck setzen − Misserfolge überanalysieren − Gelangweilt wirken, monoton, auf die Uhr schauend − Monotonie − Unordentlich, ungepflegt (Raum + Therapeut) s. Stucki & Grawe (2007) Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 12.09.2016 73 Prinzipien der Interaktionsanalyse Analyse der Gegenübertragungsgefühle Person des Klienten Beziehungsbedürfnisse Lebensgeschichte des Klienten Umweltbedingungen Private Situation Person des Helfers Beziehungsbedürfnisse Lebensgeschichte des professionellen Helfers Private und berufliche Situation Beziehungsebene Professionelle Begegnung «Sicherer Ort» http://picasaweb.google.com/GioLully/XIXX XSieclePhotosDEnfants#54083226682871952 82 http://www.psychoanalysebuecher.de/assets/images/freud-couch.jpg Professionelle Rolle Kooperationsebene Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 12.09.2016 Klientenrolle 74 Kanfer’s Gesetze (I) 1. Verlange niemals vom Klienten gegen seine Interessen zu handeln! 2. Arbeite zukunftsorientiert, suche nach konkreten Lösungen und richte die Aufmerksamkeit auf die Stärken des Klienten! 3. Spiele nicht den lieben Gott, indem Du die Verantwortung für den Klienten übernimmst! 4. Säge nicht an dem Ast, auf dem der Klient sitzt, bevor Du ihm nicht geholfen hast, eine Leiter zu bauen! Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 12.09.2016 75 Kanfer’s Gesetze (II) 5. Klienten haben immer Recht! 6. Du kannst nur mit Klienten arbeiten, die anwesend sind! 7. Bevor Du ein problematisches Verhalten nicht plastisch vor Augen hast, weißt Du nicht, worum es eigentlich geht! 8. Peile kleine, realistische, machbare Fortschritte von Woche zu Woche an und hüte Dich vor utopischen Fernzielen! Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 12.09.2016 76 Kanfer’s Gesetze (III) 9. Bedenke, dass die Informationsverarbeitungskapazität eines Menschen begrenzt ist! 10. Wenn Du in der Therapiestunde härter arbeitest als der Klient, machst Du etwas falsch! 11. Spare nicht mit Anerkennung für die Fortschritte des Klienten! 12. Habe Spaß und Freude mit dem Klienten in der Therapie (eigene Ergänzung)! Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 12.09.2016 77 Biologische Faktoren Genetik, prä- und perinatale Risikofaktoren Soziale Wahrnehmung weniger soziale Kompetenzen PTSD: Hyperarousal, Intrusionen, Vermeidung Störungen der Empathiefähigkeit Mentalisierung Bindungsstörung Störungen der Interaktion Störung der Impulskontrolle Selbstregulation Stresstoleranz Invalidierende, vernachlässigende Umgebung Typ-II-Traumata Selbstwert, Gefühl d. Selbstunwirksamkeit kognitive Schemata Dissoziationsneigung/ Sinneswahrnehmung Schmid (2008). Störung der Emotionsregulation Störungen des Körperselbst Körperwahrnehmung Somatisierung Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 12.09.2016 Störung der exekutiven, kognitiven Funktionen 78 Pollak et al. 2003, …… Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 12.09.2016 79 Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 12.09.2016 80 Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 12.09.2016 81 Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 12.09.2016 82 Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 12.09.2016 83 Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 12.09.2016 84 Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 12.09.2016 85 Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 12.09.2016 86 Halt Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 12.09.2016 87 Ärger / Wut Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 12.09.2016 88 Strategien, um belastende Bindungen eingehen zu können „Das Kind muss den Anteil in sich unterdrücken, der das Böse im Elternteil entdecken könnte.“ J. Freyd 1996 Die Kinder zeigen Anzeichen von Dissoziation, Freeze und Fragmentierung, wenn sie mit ihren Eltern unter Stress interagieren. Downing (2007), Liotti (2005) Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 12.09.2016 89 Teufelskreis im Team Narzissmusfalle Mitarbeiter zieht sich zurück oder reagiert über. Auftreten der Symptomatik, Entwertung des Mitarbeiters. Mitarbeiter fühlt sich unwohl, überfordert, emotional stark involviert. Jugendliche/r «testet» Beziehung aus, Reinszenierung von Abbrüchen, Beziehungserfahrungen. Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 12.09.2016 Narzissmusfalle Jugendlicher macht «besonderes» Beziehungsangebot. Jugendlicher fordert Beziehung immer stärker und intensiver ein. Hält diese intensive Beziehungen kaum aus. 90 Mittlerer Abstand in der Beziehungsgestaltung «Der Verstand kann uns sagen, was wir unterlassen sollen. Aber das Herz kann uns sagen, was wir tun müssen.» Joseph Joubert Emotionales Engagement Reflektierende/ professionelle Distanz Dammann 2006, Schmid 2007 Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 12.09.2016 91 Traumapädagogische Beziehungsgestaltung Arbeitsgruppen: Schwierige Balancen http://images.easyart.com/i/prints/rw/lg/3/3/Maxi-Posters-Balance-is-the-key-to-life--Elephant-on-ball--331158.jpg Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 12.09.2016 92 Bedeutung von Bindungen Die besondere Bedeutung von Interaktionen «Du glaubst, weil du «eins» verstehst, verstehst du auch «zwei», weil eins und eins gleich zwei ist. Aber du verstehst «zwei» erst wirklich, wenn du «und» verstanden hast.» Sufi-Weisheit https://messiahschool.files.wordpress.com/2014/04/eba994ec8b9cec9584eab5adeca09ced9599eab590_ea b8b0ebb680.jpg Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 12.09.2016 93 Bedeutung von Beziehung - Entwicklungspsychologie Wie Kinder lernen, mit ihren Emotionen umzugehen » Anfangs werden die Gefühle von der primären Bezugsperson organisiert. » Dann werden die Gefühle mit Hilfe der Bezugsperson organisiert. » Und schliesslich kann das Kind seine Gefühle selbst organisieren. (Cooper, Hoffman & Powell, 2001) Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 12.09.2016 94 Resonanz mit einem negativen Gefühl und Einstimmung darauf (Cooper, Hoffman & Powell, 2009) Leidvolle Gefühle des Kindes Kind Eltern organisieren die innere Unruhe ihre Kindes Eltern Mit-Sein › Bereitschaft der Eltern zum Mit-Sein mit den Gefühlen ihres Kindes vermittelt ihm das Gefühl sicher und verbunden zu sein, während es seine Emotionen kennenlernt. › Zu wissen, dass jemand bei ihm ist, macht das unangenehme Gefühl etwas erträglicher und ermöglicht dem Kind, aus dem problematischen Gefühl wieder herauszufinden. Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 12.09.2016 95 Kind wird gedrängt, sich den elterlichen Vorstellungen seiner Emotionen anzupassen (Cooper, Hoffman & Powell, 2009) Leidvolle Gefühle des Kindes Kind Eltern greifen Gefühl des Kindes an Eltern Ohne-Sein › Eltern versuchen, ihr Kind abzulenken oder drängen es, etwas zu fühlen, was es nicht fühlt. › Wirkt wie ein emotionaler Kampf, bei dem die Eltern etwas zu erzwingen versuchen. › Das Kind wird noch unruhiger. Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 12.09.2016 96 Bindung und Selbstregulation bei psychisch hoch belasteten Kindern Ein pädagogisches Dilemma Gehen kaum Beziehungen ein Brauchen Unterstützung bei der Selbstregulation Dilemma: Klienten brauchen Beziehung, um Selbstregulation erlernen zu können – können aber noch keine „normalen“ Beziehungen eingehen. Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 12.09.2016 97 Bindung und Selbstregulation bei psychisch hoch belastete Kindern Ein Lösungsversuch – «Pädagogik des sicheren Ortes» Gehen kaum Beziehungen ein Brauchen Unterstützung bei der Selbstregulation Lösungsidee: „Sicherer Ort“ mit verlässlichen Beziehungsangeboten und korrigierende Beziehungserfahrungen Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 12.09.2016 98 Grundidee zur Analyse von Problemverhalten Vom Du zum Wir – Überspitzt das klassische Modell Erziehungsmaßnahmen zur Veränderung Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 12.09.2016 99 Grundidee zur Analyse von Problemverhalten Vom Du zum Wir – Überspitzt das klassische Modell Kind muss sich verändern Erziehungsmaßnahmen zur Veränderung Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 12.09.2016 100 Grundidee zur Analyse von Problemverhalten Vom Du zum Wir Interaktion pädagogische Begegnung Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 12.09.2016 101 Grundidee zur Analyse von Problemverhalten Vom Du zum Wir Die Beziehungsfähigkeit des Kindes soll sich verbessern? Wie können wir gemeinsam unsere Ziele erreichen und die Entwicklungsaufgaben des Kindes erfüllen? Interaktion pädagogische Begegnung Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 12.09.2016 102 Neue Beziehungserfahrungen führen zu Veränderung Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 12.09.2016 103 Fazit Kooperation muss pädagogische Fachkräfte stärken: Es braucht Konzepte welche die Selbstwirksamkeit in Inter »Wir behandeln unsere Patienten nicht, um sie von etwas zu heilen, das ihnen in der Vergangenheit angetan worden ist; vielmehr versuchen wir, sie von dem zu heilen, was sie immer noch sich selbst und anderen antun, um mit dem, was ihnen in der Vergangenheit angetan wurde, fertig zu werden.« Philip M. Bromberg (1998), US-Psychologe und Psychoanalytiker http://www.rensch-haus.com/images/gesundheit_oekologie.jpg Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 12.09.2016 104 Traumapädagogik: Korrigierende Beziehungserfahrung Traumapädagogische Haltung Traumatisierendes Umfeld Traumapädagogisches Milieu › Unberechenbarkeit › Transparenz /Berechenbarkeit › Einsamkeit › Beziehungsangebote/ Anwaltschaft › Nicht gesehen/gehört werden › Beachtet werden/wichtig sein › Geringschätzung › Wertschätzung (Besonderheit) › Entmutigung › Ermutigung › Bedürfnisse missachtet › Bedürfnisorientierung › Ausgeliefert sein - andere bestimmen absolut über mich › Mitbestimmen können - Partizipation › Freude › Leid Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 12.09.2016 105 Verstärkung von Anspannung in Interaktionen Anspannung Kind Anspannung Bezugsperson „Wer in sich selbst beruhigt ist, der beunruhigt auch den Anderen nicht.“ Epikur Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 12.09.2016 106 Emotionsregulation (Cassidy, Cooper, Hoffman & Powell, 2009) » Affekt des Kindes aktiviert eine kognitive/affektive Reaktion des Elternteils unsicherer Pfad negative Kognition dysregulierter elterlicher Affekt reflektierender Dialog =Entscheidungspunkt sicherer Pfad regulierter elterlicher Affekt problematisches elterliches Verhalten «hinreichend gute» elterliche Fürsorge unsichere Bindung sichere Bindung Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 12.09.2016 107 Mitarbeiter als Teil des pädagogischen Konzeptes › Traumatisierte Kinder lösen bei professionellen Helfern intensivste Gefühle aus – Phänomen der sekundären Traumatisierung. › Letztlich ist für die Frage, ob ein Kind nach einer Eskalation auf einer Wohngruppe verbleiben und gehalten werden kann, nicht das Problemverhalten sondern die Tragfähigkeit des pädagogischen Teams ist entscheidend. › Nur „stabile, sichere Mitarbeiter“ können in Krisensituationen stabilisieren und deeskalieren. › Mitarbeiter benötigen in Krisensituationen ähnliche innerpsychische Fertigkeiten (natürlich auf viel höherem Niveau), wie die Kinder (Emotionsregulation, Resilienzfaktoren). › Sowohl die Heranwachsenden als auch die Mitarbeiter brauchen letztlich einen sicheren Ort, an dem sie sich selbstwirksam erleben. Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | Haltung Sicherer Ort Sicherer Ort = Äussere Sicherheit Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 12.09.2016 + Innere Sicherheit 109 Die Trias des „sicheren Ortes“ Sichere Kinder, sichere Mitarbeiter, sichere Strukturen Mitarbeiter Kinder und Jugendliche Sicherer Ort Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | Struktur Ethischer Diskurs in der Versorgungskette Fallreflektion Leitung „Versorger„ „Fachdienst“ Fallreflektion „Gruppenpädagogen“ Kind Handlungssicherheit durch gemeinsame ethische Überlegungen Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 12.09.2016 111 Traumapädagogische Krisenanalyse «Verstehen kann man das Leben nur rückwärts, leben muss man es aber vorwärts.» Sören Kierkegaard Drei Ebenen der Unterstützung: › Administrative Ebene (eher Fachdienst) › Abläufe › Fachliche Weisungen › Rechtliche Rahmenbedingungen › Edukative Ebene › Vermittlung von Wissen, Techniken › Fallverstehen › Supportive Ebene › Emotionale Unterstützung/Entlastung http://de.wikipedia.org/wiki/Datei:Kier kegaard.jpg › Verständnis Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 12.09.2016 112 Traumapädagogische Konzepte Steigerung der Selbstwirksamkeit durch Fallreflektion Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 12.09.2016 113 AG: Die «Weil-Frage» und der «gute Grund» Die «Weil-Methode» als eine Möglichkeit der Fallreflektion in Teams, um … 1. Eine andere Perspektive auf ein Problemverhalten einzunehmen. 2. Den «guten Grund» für ein Problemverhalten zu identifizieren. 3. Einen Ansatzpunkt für eine Versorgung des zugrundliegenden Bedürfnisse zu identifizieren. 4. Eine gemeinsame Perspektive in einem Team für ein Problemverhalten entwickeln zu können. Ein Fallbeispiel und anschließend eine Arbeitsgruppe. Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 12.09.2016 114 Traumapädagogisches Verständnis von Interaktionen Emotionale Betroffenheit erschwert fachliche Reflektion «Das, was du tust, schreit so laut, dass ich nicht hören kann, was du sagst.» Afrikanisches Sprichwort Arbeitsgruppe 2: Fallbeispiele Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 12.09.2016 115 Beratung von sozialpädagogischen Teams Was ist das Besondere? - I › Man erarbeitet mit Experten einer anderen Profession (andere Sprache, Werthaltungen, Kenntnisse) eine gemeinsame Falldefinition Wertschätzung für deren Fachlichkeit. › Gleichberechtigte Partnerschaft bzw. Auftragsverhältnis. › Triade mit Zuweisern?! - Implizite und explizite Aufträge durch Zuweiser. › Die Teamdynamik beeinflusst die Fallarbeit und die Fälle beeinflussen die Teamdynamik. › Man wird wegen seines Expertenstatus in einer anderen Disziplin eingeladen - muss fachlich überzeugen, ohne die Augenhöhe zu verlassen und «besserwisserisch» zu wirken. › Missverhältnis von Erwartungen zu realen kurzfristigen Handlungsmöglichkeiten der KJPP. Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 12.09.2016 116 Beratung von sozialpädagogischen Teams Was ist das Besondere? - II › Alle institutionellen Ebenen sollen profitieren, d.h. man arbeitet mit den Fachkräften an der Front, den Therapeuten und der Leitung zusammen. › Man ist für gewöhnlich in der Unterzahl und mit einem ganzen, eingespielten Team konfrontiert. › Unterschiedliche Bedarfe und Aufträge in den Teams (genaue Auftragsklärung). Starke Teammitarbeiter bestimmen in der Regel den Prozess. › Man beansprucht knappe Ressourcen, die in irgendeiner Form «zurückgezahlt» werden müssen. › Man arbeitet im System der Institution: D.h. man bekommt implizite und explizite Aufträge sowohl vom Team als auch von der Leitung (CAVE! Instrumentalisierung). Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 12.09.2016 117 Balance in der Teamberatung Auftragsklärung «Kaum verloren wir das Ziel aus den Augen, verdoppelten wir unsere Anstrengungen.» Mark Twain Komplexität und Leid des Falles Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 12.09.2016 Möglichst konkrete Beschreibung des pädagogischen Problems und des Ziels der Beratung 118 Sachliche Verhaltensanalyse Wie ein Film des Geschehens Schwierige Situation: › Kontext/Intention › Auslöser/Trigger › Wahrnehmung/Körpererleben › Interpretation/Kognition › Emotion/negierte Emotion › Verhalten/Alternativen blockiert? › Reaktion mit Trauma assoziiert? › Reaktion der Umwelt: Positive und negative Verstärker. › Wie oft erfolgen diese Reaktionen der Umwelt? Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 12.09.2016 «Sehen ist anders als erzählt bekommen.» Afrikanisches Sprichwort 119 Analyse der auslösenden Situation › Was machte den Ort für den einen oder die beiden Interagierenden u. U. unsicher? › Welche Auslöser sind bei diesem Jugendlichen bereits bekannt? › Welche besondere Charakteristika weist die auslösende Situation auf? › In der eigentlichen Interaktion? › In der Umgebung? › Welche innerpsychischen Trigger wurden aktiviert? Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 12.09.2016 120 Prinzipien der Interaktionsanalyse Analyse der emotionalen Reaktionen › Sensibilisierung für emotionale Reaktionen, insbesondere unterdrückte/negierte emotionale Reaktionen. › Beachtung der Körperebene. › Erleichtert zukünftige emotionale Validierung. › Über negierte Emotionen kann man oft wichtige Handlungsimpulse erkennen und bearbeiten. › Explizites Ansprechen der emotionalen Reaktion erleichtert sowohl eine Versachlichung als auch eine direkte Versorgung der Emotion. Von:www.artistproof.de/moserleere.htm&usg=__J9D0vCen33CzG8fMWZ6ljm4aC E=&h=640&w=454&sz=52&hl=de&start=1&zoom=1&itbs=1&tbnid=SjhfdCljeMBF 7M:&tbnh=137&tbnw=97&prev=/images%3Fq%3Dinnere%2Bleere%26hl%3Dde% 26gbv%3D2%26tbs%3Disch:1 Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 12.09.2016 121 Prinzipien der Interaktionsanalyse Beziehungsbedürfnisse › Welche ungestillten Bindungsbedürfnisse gingen der kritischen Situation voraus? › Welche ungestillten Autonomiebedürfnisse gingen der kritischen Situation voraus? › Wie kann das Beziehungsbedürfnis von ____ im Alltag versorgt werden? http://www.aceshowbiz.com/still/00000835/yours_mine_ours01.html Ideen für Beziehungsbedürfnisse: 1.) 2.) 3.) Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 12.09.2016 122 Prinzipien der Interaktionsanalyse Analyse der Gegenübertragungsgefühle Person des Klienten Beziehungsbedürfnisse Lebensgeschichte des Klienten Umweltbedingungen Private Situation Person des Helfers Beziehungsbedürfnisse Lebensgeschichte des professionellen Helfers Private und berufliche Situation Beziehungsebene Professionelle Begegnung „Sicherer Ort“ http://picasaweb.google.com/GioLully/XIXX XSieclePhotosDEnfants#54083226682871952 82 http://www.psychoanalysebuecher.de/assets/images/freud-couch.jpg Professionelle Rolle Kooperationsebene Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 12.09.2016 Klientenrolle 123 Die Suche nach dem «guten Grund» Verstärkerbedingungen und Beziehungserfahrungen › Jedes Verhalten, mag es noch so bizarr, sinnlos und dysfunktional erscheinen, ist für die durchführende Person sinnhaft. › Viele Verhaltensweisen kann man auf Grundlage der psychosozialen Lerngeschichte der Kinder- und Jugendlichen gut erklären Entwicklungslogik. › Man sollte bei jedem Verhalten überprüfen, welche positiven (Zugewinn von Angenehmem) und vor allem auch welche negativen Verstärker (Reduktion von Unangenehmem) wirksam werden. › Welche Verhaltensalternativen stehen dem Betroffenen zu Verfügung? Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 12.09.2016 http://www.google.de/imgres?imgurl=http://www.langenstroeer-elektro.de/p ictures/gutergrund_aus.gif&imgrefurl=http://www.langenstroeerelektro.de/&usg=__AHTjXWeh77j6MgH1joqilnz7M= &h=60&w=108&sz=4&hl=de&start=60&zoom=0&tbnid=u4zulSvq45qcaM:&tbnh=47&tbnw=85&ei=hSzZTYfGFoLatAb 1raDuAg&prev=/search%3Fq%3DGuter%2Bgrund%26um%3D1%26hl%3Dde%26sa%3DN%26rlz%3D1T4SKPB_deDE3 72DE373%26biw%3D1107%26bih%3D784%26tbm%3Disch0%2C1764&um=1&itbs=1&biw=1107&bih=784&iact=rc&dur =78&sqi=2&page=4&ndsp=20&ved=1t:429,r:2,s:60&tx=59&ty=20 Welche Hindernisse für die Anwendung von Verhaltensalternativen lassen sich identifizieren? 1.) 2.) 3.) 124 Die Suche nach dem «guten Grund» Verstärkerbedingungen und Beziehungserfahrungen Welchen Nutzen/welchen Sinn kann das Verhalten von _______________ gehabt haben? 1) 2) 3) 4) Welchen davon halte ich für am vorrangigsten? _____________________ http://www.google.de/imgres?imgurl=http://www.langenstroeer-elektro.de/p ictures/gutergrund_aus.gif&imgrefurl=http://www.langenstroeer-elektro.de/&usg= __AHTjXWeh77j6MgH1joqilnz7M=&h=60&w=108&sz=4&hl=de&start=60&zoom=0&tbnid=u4zulSvq45qcaM:&tbnh=47 &tbnw=85&ei=hSzZTYfGFoLatAb1raDuAg&prev=/search%3Fq%3DGuter%2Bgrund%26um%3D1%26hl%3Dde%26sa%3 DN%26rlz%3D1T4SKPB_deDE372DE373%26biw%3D1107%26bih%3D784%26tbm% 3Disch0%2C1764&um=1&itbs=1&biw=1107&bih=784&iact=rc&dur=78&sqi=2&page=4&ndsp=20&ved=1t:429,r:2,s:60&tx =59&ty=20 Wie könnte dieser Sinn/Nutzen sonst, noch versorgt werden? Idee 1) Idee 2) Idee 3) Idee 4) Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 12.09.2016 125 Erhöhe die Zahl deiner Verhaltensalternativen! http://opinionsandexpressions.files.wordpress.com/2009/05/internet-cartoon.gif Es gibt für jedes Problem mehr als nur eine Lösung! – Wider der Alternativlosigkeit (Unwort des Jahr)! Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 12.09.2016 126 Ressourcen- und Lösungsorientierung › Ohne Ressourcenorientierung wird es hart. › Fortschritte «feiern». › Was hat früher geholfen? › Ressourcen des Kindes/MA für Lösungen nutzen. › Überlebensleistung wertschätzen. › Konkretes Bild einer Lösung visualisieren. › Konkrete Lösung erarbeiten. › Kleine schmutzige Lösungen sind auch nicht schlecht! http://www.kaboodle.com/reviews/peanuts-celebratethe-little-things-prints-by-charles-schulz-atallposters.com Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 12.09.2016 127 Lerntheoretische Orientierung › Jedes Verhalten wurde gelernt und kann auch wieder «verlernt» (bzw. alternatives Verhalten) werden. › In traumatisierenden Situationen gelernte Überlebensstrategien werden wegen ihrer hohen Funktionalität und Relevanz besonders schwer wieder «verlernt». › Was müsste das Kind noch lernen, um künftig in solchen Situationen alternativ handeln zu können? 1) 2) › Wie kann ich ______ in diesem Lernprozess unterstützen? (Konkrete Handlungsansätze mit dem Kind / Jugendlichen) www.nordwestreisemagazin.de/torfundsiedlungsmuseum/Schulbank.jpg& imgrefurl=http://www.nordwestreisemagazin.de/torf-undsiedlungsmuseum/schule 1) 2) Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 12.09.2016 128 Prinzipien der Interaktionsanalyse Steigerung der Selbstwirksamkeit und Selbstfürsorge › Wie gewappnet fühle ich mich aktuell für die nächste Situation mit XY? › Was brauche ich, um mich in der Situation sicher zu fühlen? Welche unangenehmen Gefühle entstehen gegebenenfalls? › Welche Idee hab ich, wie ich dieses Gefühl versorgen kann/was kann ich tun, damit dieses unangenehme Gefühl weniger wird? 1) 2) http://starkeschule.ukrlp.de/image/image_gallery?uuid=687 5daee-15ff-4bdc-826adab927429512&groupId=10161&t=1288955258124 Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 12.09.2016 129 Eine beziehungsorientierte Pädagogik ist festzumachen Zum Beispiel an Sprache und am Umgang mit Regeln › Über Sprache werden oft wichtige Beziehungsaussagen transportiert. › Komplex traumatisierte, psychisch misshandelte und vernachlässigte Kinder haben oft sehr negative Aussagen über sich gehört. › Im Umgang mit Regeln – traumatisierte Kinder haben in ihren Familien oft einen sehr belasteten, willkürlichen Umgang mit Regeln erlebt. › Die Regeln waren ihrem Entwicklungsstand oft nicht angemessen und haben sie überfordert. › Die Nichteinhaltung von Regeln wurde in Abhängigkeit von der Stimmung der Eltern oft drastisch sanktioniert, teils aber auch gar nicht beachtet. Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 12.09.2016 130 Sprache und Beziehung in kritischen Situationen Manchmal kommt es doch sehr auf das richtige Wort an «Der Unterschied zwischen dem richtigen Wort und dem beinahe richtigen Wort ist derselbe Unterschied wie der zwischen einem Blitz und einem Glühwürmchen.» Mark Twain Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 12.09.2016 131 Sprache in psychosozialen Beziehungen Vier-Ohren-Prinzip von Schulz von Thun (I) Sachohr Was ist der Sachverhalt? Selbstoffenbarungsohr Was sagt der Sprecher über sich aus? / Beziehungsohr Was hält der andere von mir? Wie redet er mit mir? Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 12.09.2016 Appellohr Was soll ich tun, denken, fühlen? 132 Sprache in psychosozialen Beziehungen Vier-Ohren-Prinzip von Schulz von Thun (II) Selbstoffenbarungsohr Was sagt der Sprecher über sich aus? Wird im Alltag oft vernachlässigt – Sicherer Ort? Sachohr Was ist der Sachverhalt? Gleiche Definition? Beziehungsohr Was hält der andere von mir? Wie redet er mit mir? Zwiegespräche / Begründung Appellohr Was soll ich tun, denken, fühlen? Wunsch, Erwartung, Befehl? / Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 12.09.2016 133 Sprache in psychosozialen Beziehungen Beispiel Selbstoffenbarungsohr „Ich bin völlig erledigt und koche jetzt auch noch, ich brauche Entlastung.“ „Schatz, der Mülleimer in der Küche ist schon wieder voll.“ Beziehungsohr „Ich wünsche mir mehr Unterstützung von Dir.“ Sachohr Der Mülleimer ist so voll, dass nichts mehr drin Platz hat. Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 12.09.2016 Appellohr „Schwing deinen A. in die Küche und trag den Mülleimer runter.“ 134 Sprache in psychosozialen Beziehungen Eine pädagogische Situation – Ämtli nicht gemacht Sachohr Das Ämtli ist noch nicht gemacht. Selbstoffenbarungsohr «?» „Du gehst heute nicht in Ausgang/mit zum Fussball- Du hast dein Ämtli noch nicht gemacht.“ Beziehungsohr «?» Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 12.09.2016 Appellohr «Spüre, wie wichtig es ist, Dein Ämtli zu machen.» 135 Unsere Kommunikation – stets eine Herausforderung Unachtsamkeit führt oft zu Missverständnissen › Wir hören stets mit vier Ohren! › Sprechen aber bewusst oft nur zu einem oder zwei Ohren. › Eine Ansprache an das „Appellohr“ alleine führt oft - eigentlich fast immer - zu Widerstand und Reaktanz. › Es macht Sinn, Wünsche und Erwartungen auch mit Selbstaussagen und Beziehungsaussagen zu untermauern. › Menschen mit sehr belastenden und/oder traumatisierenden Beziehungserfahrungen, ergänzen und vervollständigen Aussagen auf dem Beziehungsohr mit ihren eigenen maladaptiven Sätzen. › Bei Menschen mit belasteten Bindungs- und Beziehungserfahrungen ist es daher sehr wichtig, immer auch das Beziehungsohr bewusst zu adressieren - „Wir-Sprache“. Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 12.09.2016 136 Gruppenregeln und Selbstwirksamkeit Selbstunwirksamkeit http://www.phpresource.de/forum/attachments/o ut-order/2455d1181334360-na-toll-na-toll.jpg › Mit traumatisierten Kindern eskalieren viele Situationen, bei denen die Einhaltung von Regeln eingefordert wird. › Starre Gruppenregeln überfordern besonders belastete Kinder häufig. › Je rigider die Anwendung von Regeln desto unsicherer sind in der Regel die Fachkräfte. › Regeln werde daher individuell ausgehandelt und begründet (Selbstwirksamkeit; Regeln sichern gute Beziehungen). › Regeln sollen personifiziert und internalisiert werden (familienähnliche Struktur). › Regeln sind dazu da, Ausnahmen zu begründen! Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 12.09.2016 137 Umgang mit Regeln Deeskalation hat immer Vorfahrt › Für welche Regel lohnt sich das Risiko einer pädagogischen Eskalation? Was sind die Folgen? (Lohnt eine Eskalation bis 1 Uhr nachts wegen Licht aus um 22.00 Uhr?). › Suche den richtigen Moment, um eine Regelverletzung zu besprechen. Achte auf eine wertschätzende Haltung und Argumente, warum Dir diese Regel wichtig ist. › Das Einfordern einer Regel macht nur in Situationen Sinn, in denen das Kind diese auch aufnehmen, annehmen und verstehen kann. Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 12.09.2016 138 Traumapädagogische Thesen Individualisierung «Jeder Mensch ist ein Sonderfall – jeder Mensch ist durch seine alleinige und einzigartige Lebensgeschichte geprägt.» Zitat von Joseph Weizenbaum › Ein gutes und tragfähiges pädagogisches Konzept sollte versuchen, den Bedürfnissen jedes Sonderfalls so gerecht wie möglich zu werden. › Individuelle Bedürfnisse und Lösung werden gesucht – die Individualität und Unterschiedlichkeit der Menschen wird auch in der Gruppenpädagogik genutzt und durch diese unterstützt. Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 12.09.2016 139 Fazit Wer diesen Kinder eine professionelle, reflektierte und emotional engagierte Bindungsperson sein möchte, braucht ausreichende persönliche, soziale, institutionelle Unterstützung, und die Träger benötigen ausreichende gesellschaftliche Anerkennung, Ausstattung und personelle Ressourcen! Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 12.09.2016 140 Fazit: Traumapädagogik Es geht mehr um eine traumasensible Haltung, als um Techniken und Methoden „Haltung ist eine kleine Sache, die einen grossen Unterschied macht.“ Sir Winston Churchill http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Datei:Churchill_V_sign_HU_55 521.jpg&filetimestamp=20080414235020 Universitäre Universitäre Psychiatrische Psychiatrische Kliniken Kliniken Basel Basel || www.upkbs.ch www.upkbs.ch || 12.09.2016 | 141 141 Kontakt, Folien und Literatur Folien unter: www.EQUALS.ch Marc Schmid Kinder- und Jugendpsychiatrische Klinik Schanzenstrasse 13 CH-4056 Basel +41 61 265 89 74 [email protected] www.equals.ch www.traumapaedagogik.ch Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 12.09.2016 142