Prof. Dr. F. Koch Dr. H. E. Porteanu [email protected] [email protected] SS 2005 HÖHERE PHYSIK – SKRIPTUM VORLESUNGBLATT XII – 19.05.05 Festkörperphysik - Kristalle Nach unserem kurzen Ausflug in die Molekülphysik wenden wir uns dem großen Gebiet der Festkörperphysik zu, die uns für diese und etwa 11 weitere Termine beschäftigen wird. Der Festkörper ist die Antwort auf die Frage „wenn 2 Atome durch elektrische WW eine Anziehungskraft spüren und sich zu einem Molekül verbinden, warum nicht 3 und mehr“. Für n~6x1023 (die Anzahl der Atome pro Molekülgewicht) hat man einen makroskopischen Festkörper. Das theoretische Verständnis der Festkörper beruht auf einem wesentlichen Ansatz Translationssymmetrie. Das heißt er ist so aufgebaut, dass nach einer fundamentalen Translation sich alles wiederholt, die physikalischen Gegebenheiten wieder die gleichen sind. Diese Symmetrieüberlagerung der Translationsinvarianz ist Grundlage aller kristallinen Festkörper. Kristallgitter Ein regelmäßig aufgebauter Festkörper hat als Grundlage die fundamentalen Translationen r r r a , b, c. r r r r Ein Translationsvektor ist T = n 1a + n 2 b + n 3 c. r Die fundamentalen Translationen sind primitive, wenn jede Zelle des Festkörpers mit T erreicht werden kann. Die primitiven fundamentalen Translationen spannen ein mathematisches Gitter auf. Die drei primitiven Translationen generieren ein Volumen, das man primitive Einheitszelle nennt. Diese Einheitszellen füllen den Raum komplett aus und enthalten jeweils nur einen Gitterpunkt. Es gibt nur eine begrenzte Anzahl von möglichen Gittertypen, die man nach ihren zusätzlichen Merkmalen (...anderen weiteren Symmetrieoperationen; Punktsymmetrieoperationen wie Drehungswinkel, Spiegelung, Inversion) charakterisiert. In zwei Dimensionen (2D) sind es 5 Gitter – schräg, rechteckig primitiv (P), rechteckig zentriert (C ), quadratisch und hexagonal. In drei Dimensionen sind es 14, die der Abbildung zu entnehmen sind. In der Natur hat jeder Festkörper eine Gitterstruktur, die der Natur seiner elektrischen Bindungen gerecht wird. Kurz und bündig gesagt – die Struktur, die er verdient hat. Tatsächlich ist es so, dass etwa 90% aller kristallinen Substanzen in Form von nur etwa 3-4 Gittertypen vorkommt. Die wichtigsten sind kubisch primitiv P, kubisch innenzentriert I, kubisch flächenzentriert F und hexagonal. 1 Die primitiven Zellen sind manchmal (z.B. kubisch I, kubisch F) schwierig anschaulich zu machen. Man bevorzugt es mittels einer konventionellen Einheitszelle Dinge anschaulich zu gestalten. In der Abbildung sind konventionelle und primitive Zellen für kubisch I und F, und für hexagonale Gitter gezeichnet. 2 3 Die Kennzeichnung und Benennung für Flächen und Achsen erfolgt überwiegend dem Miller Index Schema. Für Positionen im Gitter benutzen wir das Zahlentriplet n1, n2, n3. Für Achsen und Richtungen benutzen wir eckige Klammern z.B. [100] und die Positionszahlen, die vom Ursprung 0, 0, 0 den Vektor kennzeichnen. Die allgemeine Richtung der positiven x-Achse ist [100], der negativen z-Achse [00-1]. Flächen definiert man nach dem Miller Index-Schema wie in der Abbildung. 4 Kristallstrukturen Wenn man den Gitterpunkten eine gewisse Einheit (die Basis) vorschreibt, erhält man die Kristallstruktur. Sinnbildlich ist das eine Gleichung: Kristallstruktur=Gitter+Basis. Dabei kann die Basis ganz verschiedener Natur sein und inhärente Symmetrieelemente besitzen oder auch nicht. Dadurch entstehen 232 verschiedene Kristallstrukturen, die man nach ihren prominentesten Vertretern benennt. Beispiele, die wir kennenlernen sollten, sind die Kochsalzstruktur, Cäsiumchloridstruktur, Diamantstruktur, Zinkblendestruktur und hexagonal dichteste Kugelpackung (hcp). 1. NaCl Kristallstrukturen (Gitterkonstante im kubischen System 5.63 Å) Gitter kubisch F Basis Na+ 0, 0, 0 Cl- ½, 0, 0 2. CsCl Struktur (a=4.11 Å) Gitter kubisch P Basis Cs+ Cl- 0, 0, 0 ½, ½, ½ 3. Diamant (C, Si, Ge und graues Zinn haben a=3.56; 5.43; 5.65; 6.46 Å respektive) Gitter kubisch F Basis C 0, 0, 0 C ¼, ¼, ¼ 4. Zinkblende (ZnS Gitter kubisch F a=5.41 A°) Basis Zn S 0, 0, 0 ¼, ¼, ¼ 5. hcp-Strukturen Idealerweise hat diese Struktur das Achsenverhältnis c/a=1.633, wenn die Atome wirklich kugelrund sind. Sie entstehen durch aufeinander gestapelte, dichteste Kugelpackungen in der r r r Ebene. Wählt man nicht orthogonale Achsen a , b und c wie in der Abbildung, dann lässt sich die Basis schreiben als Basis 0, 0, 0 2/3, 1/3, 1/2 Gitter hexagonal 5