Sommersemester 2010 Seminarraum IAM (1.12) des Beginn: Donnerstag, 22. April, 14.00-15.30 Klaus Keller Relativistische Mechanik und Quantenmechanik Max Planck (1858-1947) Albert Einstein (1879-1955). Nils Bohr (1885-1962) Die fröhlichen Väter der Quantenmechanik: [Qi,Pj] = iħ δij Δx Δp ½ i ∂ ψ = − ∆ + V(x, t)) ψ ∂t 2m 2 Werner Heisenberg (1901-1976) Erwin Schrödinger (1887-1961) Paul A.M. Dirac (1902-1984) Richard Feynman (1918-1988) 0. Einleitung Wozu braucht man Relativitätstheorie und Quantentheorie? Natürlich kann man ein tüchtiger Ingenieur werden, ohne irgendwelche Kenntnisse in relativistischerund Quantenmechanik zu haben. Aber es lohnt dennoch, sich mit diesen Theorien zu beschäftigen, zum einen, weil man dadurch die Klassische Mechanik viel besser zu verstehen beginnt, zum anderen, weil beide Theorien von einer faszinierenden Eleganz sind und auch philosophisch anregend. (Nebenbei kann man eine Menge Mathematik lernen!) Quantenmechanik (oder allgemeiner Quantenphysik) ist eine Theorie, mit der „Quantenphänomene“ in der „Mikrophysik“ beschrieben werden: physikalische Größen wie Energie oder Drehimpuls stellen sich im Bereich der Atome und Elementarteilchen oft als „gequantelt“ heraus, d.h. sie nehmen nicht mehr kontinuierlich alle reellen Werte an, sondern sind Vielfaches bestimmter Größen, die durch das Plancksche Wirkungsquantum h=6,625 · 10 -34 Js gegeben sind. Die Grundlagen der Quantenmechanik wurden um 1925 von Heisenberg und Schrödinger – unabhängig von einander – entwickelt. Schon nach wenigen Jahren war (zumindest) die mathematische Formulierung dieser Theorie klar; der Streit über die physikalische Interpretation dauert dagegen bis heute an. Die Quantenmechanik ist grundlegend zur Beschreibung der Wechselwirkung von Elektronen, Protonen etc. mit Photonen und Bosonen (Elementarteilchen mit ganzzahligem Spin). Ihre Verallgemeinerung auf relativistische Quantenfeldtheorien liefert das „Standardmodell der Elementarteilchen“, das auch Erzeugung und Vernichtung von Teilchen einschließt. Klaus Keller: Relativistische und Quantenmechanik 0-1 Im Makroskopischen sind Quantenphänomene wegen der Kleinheit des Plankschen Wirkungsquantums normalerweise nicht direkt beobachtbar, sie machen sich nur indirekt bemerkbar, etwa indem sie den diversen Materialkonstanten konkrete Werte verleihen, die durch die Basis-Naturkonstanten c, h, e, G etc. gegeben sind. Die Quantenmechanik hat viele Bereiche der Naturwissenschaften verändert: • Quantentheorie der Festkörper • Maser- und Laser • Quantenbiologie • Supraleitfähigkeit, Suprafluidität • Quantenelektronik • Nanophysik • Quantenoptik • Quantenchemie • Quantencomputer, Kryptologie Die Quantentheorie hat auch eine Reihe philosophischer Fragen aufgeworfen (Kausalität, Realität, Messbarkeit, „Quantenlogik“). Man hofft, dass sie die Basis einer „T.O.E“ liefert, einer „theory of everything“. Die Spezielle Relativitätstheorie wurde 1905 von Albert Einstein als mögliche Erklärung für die Ergebnisse des Michelson-Versuches vorgestellt. Sie erwies sich allen anderen Erklärungsversuchen überlegen und beeindruckte durch ihre Eleganz. Schon bald wurden grundlegende – und mittlerweile vielmals überprüftee – Aussagen (wie etwa die Masse-Energie-Äquivalenz, die Längenkontraktion und die Zeitdilatation) aus dieser Theorie abgeleitet. Die Allgemeine Relativitätstheorie entstand etwa zehn Jahre später. Zu dieser Theorie gab kein Experiment einen Anlass. Es war die alleinige geniale Idee von Einstein, aus der (allgemein bekannten) Äquivalenz von schwerer und träger Masse auf die Äquivalenz von Gravitation und Beschleunigung zu schließen, die er sich durch gekrümmte Räume verwirklich vorstellte. Die abweichenden Voraussagen der Allgemeinen Relativitätstheorie von denen der Newtonschen Gravitationstheorie sind so klein, dass sie auch heute noch experimentell schwer überprüfbar sind. Klaus Keller: Relativistische und Quantenmechanik 0-2 Die Spezielle Relativitätstheorie ist der Ausgangspunkt der relativistischen Quantenfeldtheorien: es werden zunächst klassische Feldgleichungen formuliert, die mit den Forderungen der Lorentzinvarianz verträglich sind und Teilchen mit bestimmter Masse und mit bestimmten Spin (Eigendrehimpuls) beschreiben. Diese Feldgleichungen werden dann „quantisiert“. Aus der Maxwelltheorie des Elektromagnetismus wird dadurch die Quantenelektrodynamik, die mit ungeheurer Genauigkeit positiv überprüft werden konnte. In den 70er Jahren gelang es Glashow, Weinberg und Salam, elektromagnetische und „schwache Wechselwirkung“ zu einer „elektroschwachen Theorie“ zu verschmelzen. (Dafür erhielten sie 1979 den Nobelpreis.) Die Versuche, auch die „Starke Wechselwirkung“ zu integrieren, führte zum „Standardmodell der Elementarteilchen“ mit Quarks und Gluonen. Dagegen gelang die Vereinigung von Quantentheorie und Allgemeiner Relativitätstheorie noch nicht. Bei Dimensionen von 10-35 m („Plancklänge“) muss zumindest eine der beiden Theorien zusammenbrechen. Aktuelle Versuche zu Theorien jenseits von Quantentheorie und Relativitätstheorie – also zu einer „Quantengravitationstheorie“ – sind die Stringtheorien, die Looptheorien und Theorien mit „körniger“ Raum-Zeit. (Plancklänge und Planckzeit) Klaus Keller: Relativistische und Quaantenmechanik 0-3 Inhalt Einleitung 1. „Götterdämmerung“ der klassischen Physik ? 1.1 Klassische Physik 1.2 Die ersten Risse... Götterdämmerung? 2. Der kanonische Formalismus der klassischen Mechanik 2.1 Lagrange- und Hamilton-Funktion 2.2 Extremalprinzipien der Klassischen Mechanik 2.3 Die Poisson-Klammer 2.4 Kanonische Transformationen. Hamilton-Jacobi-Gleichung 3. Die halbklassische Quantenmechanik 3.1 Das Plancksche Wirkungsquantum. Die Plancksche Strahlungsformel 3.2 Die Bohr-Sommerfeldschen Quantenbedingungen. Das Wasserstoffatom Klaus Keller: Relativistische und Quantenmechanik 0-4 4. Die ersten Formulierungen der Quantenmechanik 4.1 Heisenbergs „Matrizenmechanik“ 4.2 Schrödingers „Wellenmechanik“ 4.3 Erste einfache Beispiele: Potentialtopf und Potentialbarriere 5. Die Formulierung der Quantenmechanik durch Born, Dirac und J. von Neumann 5.1 Hilberträume. Lineare Operatoren 5.2 Die Axiome der Quantenmechanik 5.3 Die statistische Interpretation der Quantenmechanik 5.4 Der Messprozess. Kausalität 5.5 Die Bewegungsgleichungen 5.6 Mehrteilchensysteme. Zweite Quantisierung 6. Der Drehimpulsoperator 6.1 Die Vertauschungsrelationen für den Drehimpulsoperator 6.2 Ein Teilchen im Zentralfeld. Wasserstoffatom 6.3. Die Gruppen O(3) und SU(2). Der Spin. Die Pauli-Gleichung Klaus Keller: Relativistische und Quantenmechanik 0-5 7. Die Spezielle Relativitätstheorie 7.1 Das Galileische Relativitätsprinzip 7.2 Die Interpretation des Michelson-Experimentes 7.3 Lorentztransformationen. Längenkontraktion und Zeitdilatation 7.4 Die relativistische Mechanik. Die Äquivalenz von Masse und Energie 7.5 Die Minkowskische Formulierung der Relativitätstheorie 7.6 Relativistische Teilchen im elektromagnetischen Feld 7. Die Allgemeine Relativitätstheorie 7.1. Die Äquivalenz von träger und schwerer Masse. Die Grundidee der Allgemeinen Relativitätstheorie 7.2 Die Feldgleichungen der Allgemeinen Relativitätstheorie 7.3 8. Kosmologische Modelle Ausblick Klaus Keller: Relativistische und Quantenmechanik 0-6