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Richard Göttlich
Siegfried Schindler
Parham Rooshenas
Chemisches Grundpraktikum
im Nebenfach
Mit 176 Abbildungen
Higher Education
München • Harlow • Amsterdam • Madrid • Boston
San Francisco • Don Mills • Mexico City • Sydney
a part of Pearson plc worldwide
Book_Chem.Grundpraktikum_11-07-08.indb 3
08.07.2011 10:41:09
6
Komplexchemie (Koordinationschemie)
L
L
M
L
L
linear
M
L
L
L
tetraedrisch
M
L
L
L
L
L
quadratisch planar
L
M
L
L
L
oktaedrisch
Abbildung 6.3: Beispiele für Koordinationspolyeder
Aus: Schmuck, C., Engels, B., Schirmeister, T. & Fink, R. (2008)
Neutrale Moleküle, wie H2O, NH3 oder CO, liefern keinen Beitrag zur
Ladung des Komplexes:
Beispiel:
Cu2+ + 4 NH3 →
[Cu(NH3)4]2+
Für Komplexe, die verschiedene Arten von Liganden enthalten, erhält
man die resultierende Ladung entsprechend:
Beispiele:
Co3+ + 4 NH3 + 2NO2– →
[Co(NH3)4(NO2)2]+
einfach positiv
→
[Co(NH3)3(NO2)3]
Co3+ + 2 NH3 + 4NO2– →
[Co(NH3)2(NO2)4]–
Co3+ + 3 NH3 + 3NO2–
neutral
einfach negativ
Nomenklatur von Komplex­
verbindungen
6.5
In der Formel eines Komplexes steht zuerst das Symbol des Zentral­
atoms. Darauf folgen die Liganden in alphabetischer Reihenfolge der
Symbole. Hierbei ist zu beachten, dass z. B. CO als Ligand im Namen
vor dem Cl als Ligand zu nennen ist (Begründung: Einbuchstabige Symbolzeichen (C = Kohlenstoff, O = Sauerstoff) werden zweibuchstabigen
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6.6 Reaktivität von Komplexen
Symbolzeichen (Cl = Chlor) vorangestellt.). Die Formel des Komplexes
wird in eckige Klammern gesetzt.
Im Namen werden zuerst alle Liganden alphabetisch genannt und
ohne Berücksichtigung ihrer Anzahl, d. h. der multiplikativen Vorsilben
(wie z. B. hexa). Zum Schluss steht der Name des als Zentralatom vorliegenden Elements. In negativ geladenen Komplexen endet der Name des
Zentralions auf –„at“. Er wird in einigen Fällen von lateinischen Namen
abgeleitet:
Silber → Argentat; Gold → Aurat; Kupfer → Cuprat; Eisen → Ferrat;
Nickel → Nicolat.
Namen anionischer Liganden besitzen stets die Endung –„o“. An Anionennamen, die auf –„id“, –„it“ oder –„at“ enden, wird ein –„o“ angehängt. Beispiele:
–
–
–
–
–
F : Fluorido; Cl : Chlorido; Br : Bromido; I : Iodido; CN : Cyanido;
–
–
H : Hydrido; O2–: Oxido; OH : Hydroxido; O22–: Peroxido.
Neutrale und kationische Liganden haben keine bestimmte Endung, werden jedoch in Klammern gesetzt. Beispiele sind Aqua (für H2O), Ammin (für NH3), Carbonyl (CO) und Nitrosyl (NO). Die Oxidationsstufe
des Zentralions wird am Ende des Namens mit in Klammern gesetzten
römischen Ziffern gekennzeichnet.
Beispiele:
[Cr(NH3)6]Cl3
Hexamminchrom(III)-chlorid
[CuCl4(OH2)2]
Diaquatetrachloridocuprat(II)
K[Co(CN)(CO)2(NO)]
Kaliumdicarbonylcyanidonitrosylcobaltat(0)
2–
Reaktivität von Komplexen
6.6
Wie bereits zu Beginn erwähnt, unterscheiden sich Komplexe auch in ihren chemischen Reaktionen von den Komponenten, aus denen sie zusammengesetzt sind. Ag+ bildet mit Cl– schwer lösliches AgCl, wohingegen
[Ag(NH3)2]+ mit Chlorid-Ionen keinen Niederschlag bildet. Auch die Komplexsalze unterliegen (ähnlich den einfachen Salzen, Säuren und Basen)
der Dissoziation in wässriger Lösung. Hiermit ist gemeint, dass z. B. bei einem anionischen Komplex wie K3[Fe(CN)6] nicht nur eine Dissoziation in
3 K+ und [Fe(CN)6]3– beim Lösen auftritt, sondern dass auch das Komple97
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6
Komplexchemie (Koordinationschemie)
xanion [Fe(CN)6]3– einer Dissoziation in Ionen unterliegt. Diese sog. zweite
Dissoziation der Komplexsalze zerlegt diese in die Einzelionen. Dabei ist
die Dissoziation für verschiedene Komplexsalze, wie weiter oben bereits
kurz erwähnt, natürlich unterschiedlich stark. Je stabiler der Komplex ist,
desto weniger dissoziiert er in seine Einzelionen. So ist z. B. das oben beschriebene [Fe(CN)6]4– ein extrem stabiles Anion und nicht einmal unsere
Magensäure vermag, die toxische Blausäure daraus freizusetzen.
Die unterschiedliche Beständigkeit der Komplexe gegenüber Fällungsmitteln kann zur Trennung von Elementen (qualitative Analyse)
genutzt werden. So gelingt z. B. der Nachweis von Cl– neben Br– und
I– mithilfe des [Ag(NH3)2]+-Komplexes. NH3 bindet an Ag+-Ionen so fest,
dass das Löslichkeitsprodukt von AgCl nicht mehr überschritten wird.
AgCl lässt sich also durch Zugabe von verdünntem NH3-Wasser auflösen.
Dies gelingt bei AgBr nur noch unvollständig mit konzentriertem NH3
und bei AgI gar nicht mehr, da deren Löslichkeitsprodukte kleiner sind.
Die Beständigkeit des Diamminkomplexes des Silbers reicht hier nicht
mehr aus, eine Fällung zu unterdrücken, sodass AgI sich durch Zugabe
von NH3 nicht in Lösung bringen lässt.
Es handelt sich natürlich auch bei der zweiten Dissoziation um eine
Gleichgewichtsreaktion, für die das MWG gilt. Die Reaktion von „rechts“
nach „links“ ist die vollständige Dissoziation. Die Reaktion von „links“
nach „rechts“ ist die Komplexbildung (die Reaktion erfolgt natürlich in
Teilreaktionen, hier ist die Gesamtreaktion gezeigt):
Fe2+ + 6 CN– ⇌ [Fe(CN)6]4–
eingesetzt in das MWG:
[Fe(CN)6 ]4–
= konstant = 1037 l6 ⋅ mol −6 = K
[Fe2+ ] ⋅ [CN–]6
Diese Konstante wird bei den Komplexsalzen als Komplexbildungskonstante K bezeichnet (Achtung: Die Dimension der Konstanten K kann für
verschiedene Komplexsalze unterschiedlich sein!). Je größer diese Konstante ist, desto kleiner ist die Konzentration der Einzelionen in Lösung
bzw. umso beständiger ist der Komplex. In diesem Beispiel ist K außerordentlich groß bzw. der Komplex sehr stabil, unter anderem da dieser
Komplex die „Edelgaskonfiguration“ (18 Außenelektronen) aufweist.
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6.7 Darstellung von Komplexverbindungen
Versuch 1
Darstellung des Tetraminkupfer(II)-Komplexes
Stellen Sie sich ca. 2 mL einer Lösung her,
schuss versetzt. Beobachtung (Farbe), Re-
die Cu2+-Ionen enthält. Diese Lösung wird
aktionsgleichung?
mit konzentriertem Ammoniak im Über-
Darstellung von Komplexverbindungen
6.7
Der erste in der Literatur (Alchemia 1597) beschriebene Metallkomplex
war der Tetramminkupfer(II)-Komplex, der von dem Arzt und Alchemisten Andreas Libavius (Mitbegründer der modernen Chemie) synthetisiert wurde. Dessen Herstellung gelingt sehr einfach aus wässrigen Lösungen von Kupfer(II)-Salzen und Ammoniak. Die intensiv blaue Farbe
des Komplexes lässt sich auch sehr gut für den Nachweis von Kupfer(II)Ionen in Lösung verwenden.
Wird gelbes Blutlaugensalz zu einer Kupfersulfatlösung gegeben, bildet sich der Kupferhexacyanidoferrat(II)-Komplex, der schwer löslich
ist und damit aus der Lösung ausfällt. Genau diese Reaktion wird auch
beim Schönen vom Wein angewendet. Zugabe von gelbem Blutlaugensalz zum Wein führt insbesondere zur Fällung der Kationen des Kupfers
und des Eisens (die Niederschläge werden dann abfiltriert). Kupfersulfat
wurde früher in großem Umfang zur Schädlingsbekämpfung und gegen
Pilzerkrankungen im Weinanbau angewendet. Die Fällung der Metallionen mit gelbem Blutlaugensalz wurde in den 1920iger Jahren eingeführt
Versuch 2
Darstellung des Kupferhexacyanidoferrat(II)-Komplexes
Zu 2 mL der ausstehenden Kaliumhexa-
Kupfer(II)-sulfat-Lösung gegeben. Beob-
cyanidoferrat(II)-Lösung (gelbes Blutlau-
achtung und Reaktionsgleichung?
gensalz) wird tropfenweise 1 mL einer
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6
Komplexchemie (Koordinationschemie)
Abbildung 6.4: Welcher Zusammenhang besteht hier? Wein, gelbes Blutlaugensalz (links) und
Kupfersulfat (rechts)
und ist als Blauschönung bekannt (►Abbildung 6.4). Blauschönung, da
Eisen(II)-Ionen hier das weiter unten beschriebene intensiv gefärbte Berliner Blau bilden. Der alte Name „Blutlaugensalz“ leitet sich von der ursprünglichen Darstellung dieses Metallkomplexes ab, da hierfür tatsächlich Blut als ein Grundstoff eingesetzt wurde. Heute wird Blutlaugensalz
selbstverständlich nicht mehr so hergestellt.
Bevor die Digitalfotografie ihren Siegeszug angetreten hat, war die
Komplexchemie des Silbers extrem wichtig für die Herstellung und die
Entwicklung von Filmmaterial (Kinofilme, Filme für Fotoapparate, Papierabzüge und auch Röntgenfilme). Silbersalze wie z. B. das Silberchlorid
sind lichtempfindlich und bilden unter Einwirkung von Licht elementares schwarzes Silber. Ein Film wurde daher beim Belichten dunkel. Bei
der Entwicklung des Films wurde dieser Effekt zunächst noch chemisch
durch den Entwickler verstärkt und dann durch ein Fixierbad abgestoppt.
Fixiersalz ist Natriumthiosulfat, welches das Silbersalz, welches nicht reagiert hatte, durch Komplexierung löslich machte und damit aus dem Film
entfernen konnte. Heute ist die Hauptanwendung der Komplexchemie des
Silbers eher eine ziemlich traurige Angelegenheit. Für die Gewinnung von
Gold und Silber wird oft die sogenannte Cyanidlaugerei durchgeführt.
Dabei wird Gold oder Silber durch Behandlung mit Cyanidlösungen aus
dem Gestein herausgelöst (Bildung von wasserlöslichen Komplexen). Dies
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6.7 Darstellung von Komplexverbindungen
Versuch 3
Darstellung des Diamminsilber(I)chlorid-Komplexes
Stellen Sie sich eine Lösung von ca. 1 mL
Was beobachten Sie? Geben Sie eine Re-
her, die Chlorid-Ionen enthält. Diese Lösung
aktionsgleichung an. Jetzt wird verdünnte
wird mit verdünnter HNO3 angesäuert und
NH3-Lösung im Überschuss zugegeben. Be-
dann mit 1 mL Silbernitratlösung versetzt.
obachtung und Reaktionsgleichung?
Versuch 4
Darstellung des Silberhexacyanidoferrat-Komplexes
Nehmen Sie zwei saubere Reagenzgläser
das zweite ca. 1 mL gelbe Blutlaugensalz-
und geben Sie in jedes 1 mL AgNO3-Lö-
lösung
sung. Füllen Sie nun in das erste Reagenz-
sung). Was beobachten Sie? Geben Sie je
glas ca. 1 mL rote Blutlaugensalzlösung
eine Reaktionsgleichung an.
(Kaliumhexacyanidoferrat(II)-Lö-
(Kaliumhexacyanidoferrat(III)-Lösung), in
Versuch 5
Nachweis von Phosphorsäure in Cola
Säuern Sie ca. 1 mL Cola mit etwa 1 mL
über 80 °C). Lassen sie die Probe nach dem
konzentrierter HNO3 an und versetzen
Erwärmen eine Weile (ca. 10 Min.) stehen.
Sie sie anschließend mit etwa. 1 mL Am-
Was beobachten Sie? Geben sie eine Reak-
moniummolybdat-Lösung,
(NH4)2MoO4.
tionsgleichung an.
Erhitzen Sie das Gemisch schwach (nicht
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6
Komplexchemie (Koordinationschemie)
Versuch 6
Darstellung des Triaquatrithiocyanatoeisen(III)-Komplexes
Stellen Sie sich 1 mL einer Lösung her,
setzt (die Lösung nicht verwerfen, sondern
die Fe3+-Ionen enthält. Die Lösung wird
für Versuch 7 aufbewahren!). Beobach-
tropfenweise mit Ammoniumthiocyanat-
tung, Reaktionsgleichung?
Lösung (nicht in großem Überschuss!) ver-
wiederum hat aufgrund der Toxizität des Cyanids oftmals katastrophale
Auswirkungen auf die Arbeiter und / oder die Umwelt.
Eine weitere Anwendung findet sich bei der Silberspiegelherstellung.
Silberspiegel lösten die Quecksilberspiegel ab, bei deren Herstellung
eine große Zahl der Arbeiter schwere Quecksilbervergiftungen erlitt.
Ein Video über die Herstellung eines Silberspiegels können Sie bei den
CWS-Inhalten finden.
Abbildung 6.5: Künstlicher
Daumen, künstliches Blut
Wie schon für die Kupfer- und Silberionen angedeutet ist die Komplexbildung auch sehr gut für ihre Anwendung in der analytischen Chemie geeignet. Im folgenden Versuch werden Sie einen Phosphatkomplex des Molybdäns kennenlernen mit dem Sie die Phosphorsäure in Cola-Getränken
nachweisen können. Achtung: Nicht jede Cola enthält Phosphorsäure!
Wie unter 6.2 beschrieben sind Eisenverbindungen für unsere Gesundheit extrem wichtig. Das dort bereits angesprochene Hämoglobin
bindet den Sauerstoff reversibel in einer komplexchemischen Redoxreaktion. Das Superoxidion ist hier ein zusätzlicher einzähniger Ligand.
Die intensive rote Farbe des Blutes und auch die Unterschiede der roten
Farbe, je nachdem ob das Blut viel (arterielles Blut) oder wenig (venöses
Blut) Sauerstoff enthält, wird durch den Eisenkomplex hervorgerufen.
Die meisten Komplexverbindungen sind intensiv gefärbt. Farblich sehr
ähnlich zum Blut ist eine Lösung des Eisen(III)-Thiocyanat-Komplexes.
Richtig konzentriert ist die rote Lösung mit dem Auge nicht vom echten
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6.7 Darstellung von Komplexverbindungen
Farben sehen ist etwas, was in unserem Kopf stattfindet. Nur ein
sehr kleiner Teil der elektromagnetischen Strahlung kann von unseren Augen wahrgenommen werden (sichtbares Licht im Bereich
von etwa 400–800 nm). Problematisch ist dabei aber, dass ich bei
meinem Farbempfinden nicht weiß, ob die andere Person die gleiche Empfindung hat, wenn wir z. B. einen roten Gegenstand betrachten (denken Sie auch an die Farbblindheit vieler Menschen).
Ohne auf die Details eingehen zu können, dies würde den Rahmen
dieses Buches sprengen (schauen Sie sich das Phänomen der Farbe
einmal in den grundlegenden Büchern der Physik und der Chemie
an) ist die „Entstehung“ von Farben in der Chemie recht einfach
zu verstehen. Es sind immer die Übergänge von Elektronen, deren
Energie im Bereich vom sichtbaren Licht liegt. Wird zum Beispiel
ein Elektron durch Wärme (Energiezufuhr mit dem Bunsenbrenner) von einem niedrigeren in ein höheres Energieniveau übertragen (man spricht von Anregung), kann dieses angeregte Elektron
wieder in niedrigere Energieniveaus zurück „fallen“ wobei Licht
im sichtbaren Bereich ausgesendet wird (gilt natürlich auch für
die elektromagnetische Strahlung, die nicht im sichtbaren Bereich
liegt!). Man spricht hier von Emission oder bei der genaueren Analyse vom Messen eines Emissionsspektrums. Dies spielt auch eine
große Rolle bei analytischen Verfahren (siehe Kapitel 8). Umgekehrt kann Licht dazu verwendet werden, Elektronen anzuregen.
Man spricht dann von Absorption. Haben wir zum Beispiel eine
farbige Lösung eines Stoffes, der blaugrünes Licht (ca. 500 nm) für
die Elektronenanregung absorbiert, dann nimmt unser Auge nur
noch den restlichen Anteil des Lichts (die Komplementärfarbe rot)
wahr. Die Lösung erscheint uns daher rötlich. Da unsere Augen wie
oben bereits angesprochen für die genaue Beschreibung der Farben unzuverlässig sind, werden physikalische Analysemethoden
verwendet. Man misst dazu ein UV-vis-Spektrum der Lösung. Dies
gibt uns exakte Angaben darüber, welches Licht absorbiert wurde
(also welche Energieübergänge der Elektronen hier stattgefunden
haben). Zur Messung verwendet man ein Spektralphotometer und
Grundlage der Messung ist das Lambert-Beersche Gesetz. Neben
der Analyse der elektronischen Übergänge lässt sich mit dieser
Messmethode auch eine Konzentrationsbestimmung durchführen.
Schauen Sie sich hierzu auch das Video auf der Website über die
Messung eines UV-vis-Spektrums an.
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6
Komplexchemie (Koordinationschemie)
Versuch 7
Maskierung von Eisen(III)-Ionen und Nachweis von Fluorid-Ionen
in der Zahnpasta
Zu einem Teil der Lösung aus Versuch 5
ungefähr 1 mL in ein weiteres Reagenzglas
wird Natriumfluorid-Lösung im Über-
und verdünnen noch einmal mit 3 mL Was-
schuss zugesetzt. Beobachtung, Reaktions-
ser. Zu dieser Lösung geben Sie einen 1 cm
gleichung?
langen Zahnpastastreifen. Das Reagenzglas
Nehmen Sie ca. 0,5 mL der roten Lösung
wird mit einem Stopfen verschlossen und
von Versuch 5 und verdünnen Sie diese
kräftig geschüttelt. Beobachtung, Reakti-
mit ca. etwa 6 mL Wasser. Davon geben Sie
onsgleichung?
Blut zu unterscheiden. Solches „Kunstblut“ wird daher gerne in ShowExperimenten eingesetzt (►Abbildung 6.5).
Unterschiedlich starke Bindungen gibt es auch in der Komplexchemie. Genauso wie die stärkere Säure die schwächere Säure aus ihren
Salzen verdrängen kann, so kann auch ein stärkerer Ligand einen schwächeren Liganden aus seinen Komplexen verdrängen. Dies wird unter anderem bei den sogenannten Maskierungsreaktionen ausgenutzt. So kann
es sein, dass bei einem Nachweis auf eine Verbindung eine Farbreaktion
beobachtet werden soll. Leider enthält die Lösung auch Eisen(III)- und
Thiocyanat-Ionen, sodass die intensive rote Farbe des Komplexes jegliche Beobachtung unmöglich macht. Fluorid-Ionen sind aber gegenüber
Eisen(III)-Ionen stärkere Liganden und verdrängen die Thiocyanatligan-
Abbildung 6.6: Berliner
Blau als Antidot gegen
Vergiftungen mit Thalliumverbindungen
Aus: Schmuck, C., Engels,
B., Schirmeister, T. & Fink,
R. (2008)
Versuch 8
Darstellung von Berliner Blau
Zu 1 mL einer FeCl3-Lösung wird tropfenweise eine K4[Fe(CN)6]Lösung (gelbes Blutlaugensalz) gegeben. Was beobachten Sie?
Geben sie eine Reaktionsgleichung an.
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08.07.2011 10:42:00
6.7 Darstellung von Komplexverbindungen
den. Der gebildete neue Fluoridokomplex ist farblos und würde dann die
zu beobachtende analytische Farbreaktion nicht mehr stören.
Ziemlich viel Aufsehen hat ein eigentlich recht unscheinbarer Eisenkomplex gemacht, der als Berliner Blau bekannt wurde (auch Preußisch
Blau genannt – Prussian Blue im Englischen). Entdeckt wurde er durch
Zufall von Diesbach und Dippel in Berlin. Bis zur Entdeckung des Berliner Blaus wurde in der Malerei kaum die Farbe Blau verwendet. Grund
dafür war, dass hierfür Ultramarin verwendet werden musste, welches
ähnlich kostbar wie Gold war. Erst das billig herzustellende Berliner
Blau führte zu einer wahren „Blau-Explosion“ in der Malerei. Es wird
auch heute noch als Farbpigment verwendet, z. B. in der Kosmetik bei
manchen Produkten für blaue Lidschatten. Auch unabhängig von der
Farbe weist das Berliner Blau weitere interessante Eigenschaften auf.
So wird sein komplexes magnetisches Verhalten intensiv erforscht, um
möglicherweise neue elektronische Baumaterialien entwickeln zu können. In der Medizin wird es gegen Vergiftungen mit Thalliumsalzen
(Thalliumsulfat wurde früher – heute verboten – als Rattengift verwendet) eingesetzt (►Abbildung 6.6).
Aus Berliner Blau wurde auch erstmals HCN (Cyanwasserstoff) dargestellt. Daher kommt der Name Blausäure. Die Säure selbst ist nämlich
farblos!
Versuch 9
Farbvergleich von Nickel(II)-Komplexen
Nehmen Sie fünf möglichst saubere Re-
fallenden Menge Wasser auf und mischen
agenzgläser und nummerieren Sie diese
Sie gut. Was beobachten Sie? Geben Sie
von 1 bis 5 durch. Füllen Sie in jedes der
eine Reaktionsgleichung an und erklären
Reagenzgläser genau 1 mL der ausstehen-
Sie das Phänomen.
den Nickel(II)nitratlösung (c = 0,5 mol / L).
Anschließend geben Sie der Tabelle (un-
Tabelle zu Versuch 9:
ten) folgend genau die angegebene anstei-
Nummer des Reagenzglases
1
2
3
4
5
V(Ni2+-Lösung) in mL
1
1
1
1
1
gende Menge Ethylendiaminlösung (c =
0,5 mol / L) hinzu, füllen die Reagenzgläser
genau mit der in der Tabelle angegebenen
V(en-Lösung) in mL
–
1
2
3
4
V(H2O) in mL
5
4
3
2
1
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