Die Symptome im Einzelnen (S. 28-29) Zentrales Problem der Borderline-Störung ist der Umgang mit Gefühlen und eine Störung der Gefühlsregulation (Affektregulation). Es besteht eine niedrigere Reizschwelle für interne oder externe Reize durch ein erhöhtes Erregungsniveau. Zusätzlich kommt es zu einer verzögerten Rückbildung der Gefühle auf das emotionale Ausgangsniveau. Den Borderline-Betroffenen gelingt es oft nicht, ihre Gefühle differenziert wahrzunehmen, sondern sie erleben sie als lange quälende Spannungszustände. Im Rahmen von diesen Spannungszuständen treten Körperwahrnehmungsstörungen, Schmerzunempfindlichkeit und dissoziative Phänomene auf. Die visuelle Wahrnehmung (das Sehen), der Geruch und das Hören (Akustik) verändern sich. Oft kommt es zu selbstschädigendem Verhalten gegenüber dem eigenen Körper. Auch aggressive Durchbrüche tragen zur Verminderung dieser Spannungszustände bei. Durch die Selbstschädigungen kann sich der Betroffene »wieder selbst spüren« oder er reduziert damit die Spannungszustände. Einige Patienten berichten, dass sie nach Selbstschädigungen eine euphorische, heitere Stimmung erleben. Es ist verständlich, dass dann das selbstschädigende Verhalten häufig, manchmal fast suchtartig, auftritt. Im zwischenmenschlichen Bereich kommt es zu Schwierigkeiten in der Ausbalancierung von Nähe und Distanz. Einerseits besteht eine ausgeprägte Angst vor dem Alleinsein, Borderline-Patienten erleben ohne An wesenheit wichtiger Bezugspersonen keine Kontinuität der Beziehung, sie verwechseln quasi die Abwesenheit mit realer Verlassenheit. Das führt dazu, dass sie versuchen, wichtige Bezugspersonen dauerhaft an sich zu binden. Andererseits führt die Wahrnehmung von Nähe und Geborgenheit zu hoher Angst, Schuld oder Scham. Folge sind schwierige Beziehungen mit Trennungs- und Wiederannährungsprozessen. Diese sich widersprechenden Grundgefühle und Verhaltenschemata sind die auffälligsten Verhaltensmuster bei Borderline-Patienten. Das Bedürfnis nach Geborgenheit und Nähe kann ein Verhalten von Gewalttätigkeit und Zerstörung herbeiführen. Das Bedürfnis nach Unabhängigkeit und Selbständigkeit (Autonomie) führt zu einem ausgeprägtem Wunsch nach bedingungsloser Liebe, gleichzeitig folgen destruktive (zerstörerische) Bedürfnisse. Die Wahrnehmung, jemandem vertrauensvoll zu begegnen, kann die Erwartung provozieren, verlassen zu werden. Auch eigene Leistungen werden, wenn sie als solche überhaupt wahrgenommen werden, beantwortet mit Scham und der Sorge, dass für andere die Minderwertigkeit ihrer Person sichtbar wird. Auffällig werden Borderline-Patienten im Umgang auch dadurch, dass sie häufig ihre Hilflosigkeit demonstrieren und Unterstützung abverlangen. Sie erwarten, dass ihr Gegenüber ihre Befindlichkeit verbessern könne. Sie verhalten sich wie Kinder oder Frühpubertäre. Das führt meist zu einer Überlastung der unmittelbaren Angehörigen. Andererseits lehnen die Betroffenen die Hilfe häufig ab, da sie die Nähe und den möglichen Einfluss fürchten.