Verordnungsanalyse zum adäquaten Einsatz und zur richtigen Dosierung von Vancomycin i.v. Zwanziger, F., Deschner, R. Zentralapotheke im Caritas-Krankenhaus Bad Mergentheim gGmbH, Uhlandstr. 7, 97980 Bad Mergentheim HINTERGRUND Vancomycin ist ein wichtiges Mittel für die Behandlung von Infektionen mit multiresistenten grampositiven Kokken. Problematisch ist bei dem Antibiotikum, dass die Dosierung relativ schlecht mit der Wirkstoffexposition korreliert. Ferner weist es eine relativ geringe therapeutische Breite auf mit der Gefahr einer Nephro- und Ototoxizität. Aus diesen Gründen wird bei Vancomycin ein Drug monitoring empfohlen. Wegen der geringeren Empfindlichkeit von Vancomycin in den letzten Jahren bei MRSA und MSSA wurde im Jahr 2009 von EUCAST der Breakpoint für diese Erreger auf 2mg/l erniedrigt. Infolgedessen werden mittlerweile zur Vermeidung von Resistenzen Talspiegel von >10mg/l angestrebt. Für schwere Infektionen empfehlen die Fachgesellschaften sogar einen Zielbereich von 15-20mg/l. Andererseits setzt das Anstreben eines höheren Talspiegels auch eine Erhöhung der üblicherweise eingesetzten Standarddosierung von 2g oder 30mg/kg am Tag voraus. ZIEL DER ANALYSE Beurteilung der Güte der parenteralen Vancomycintherapie im Caritas-Krankenhaus Bad Mergentheim, einem Akutkrankenhaus der Zentralversorgung mit 430 Betten, anhand mehrerer Qualitätsindikatoren. Die Untersuchung wurde für die Erstellung einer Projektarbeit im Rahmen der ABS-Ausbildung durchgeführt. METHODEN Es wurden retrospektiv über die Laborsoftware diejenigen Patienten im Zeitraum 07/12 bis 12/13 ermittelt, bei denen unter Vancomycintherapie mindestens ein Talspiegel bestimmt wurde (49 Fälle). Aus den Krankenakten wurden daraufhin wichtige Patientencharakteristika und mehrere Qualitätsindikatoren einer Vancomycintherapie systematisch erfasst: Patientencharakteristika • Patientenalter • Art der Infektion • Art des Erregers • Kreatininwert • Körpergewicht Qualitätsindikatoren • Existenz eines Antibiogramms vor Therapiebeginn • Dosierung (mg/kg/Tag) • Therapiedauer • Vorliegen des ersten Talspiegels (nach Beginn der Therapie in Tagen) • Anzahl gemessener Talspiegel pro Patient • Höhe des Talspiegels Welche Infektion hatten die Patienten? 30 Anzahl der Patienten im jeweiligen Stadium der Niereninsuffizienz Wie hoch wurde Vancomycin bei Patienten mit einer GFR ≥ 75ml/min dosiert? Wie lange dauerte die Therapie mit Vancomycin? 27 (19/8) 25 20 15 10 5 7 6 (4/2) 3 3 3 0 Wie hoch wurde Vancomycin bei Patienten mit einer GFR < 75ml/min dosiert? Qualitätsindikatoren Welcher Keim wurde bei den Patienten gefunden? 35 Anzahl Patienten Patientencharakteristika ERGEBNISSE Durchschnittliche Dosis: 20mg/kg/Tag Niedrigste Dosis: 6mg/kg/Tag, Höchste Dosis: 30mg/kg/Tag Wann wurde der erste Talspiegel bestimmt? Durchschnittliche Dosis: 21mg/kg/Tag Niedrigste Dosis: 8mg/kg/Tag, Höchste Dosis: 40mg/kg/Tag Wieviele Talspiegel wurden bestimmt? Wie hoch war der erste Talspiegel? ZUSAMMENFASSUNG DER ERGEBNISSE Insgesamt konnten die Daten von 49 Patienten (Alter 19-89 Jahre, Durchschnitt 67 Jahre, Medianwert 72 Jahre) ausgewertet werden, die hauptsächlich auf der operativen oder konservativen Intensivstation gelegen waren. Bei dem überwiegenden Teil der Kranken wurde Vancomycin wegen einer Sepsis, Bakteriämie oder Endokarditis verordnet. 64% der Patienten wiesen eine GFR >60ml/min auf. Bei den isolierten Erregern dominierten Staphylococcus spp. und Enterococcus faecium. Lediglich in vier Fällen war kein Antibiogramm in der Krankenakte auffindbar. In der Regel wurde Vancomycin bei Nierengesunden klassisch mit 2x1g am Tag dosiert. Bei adipösen Patienten wurde keine Dosiserhöhung angestrebt. Daher lag der erste Talspiegel in 39% der Fälle unter 10mg/l. Bei 24% wurden potentiell toxische Talspiegel größer als 20mg/l registriert, was in erster Linie auf eine nicht vorgenommene Dosisreduzierung bei eingeschränkter Nierenfunktion zurückzuführen war. Nach Beginn der Therapie verstrichen für ca. zwei Drittel der Patienten mehr als drei Tage, bis der erste Talspiegel zur Verfügung stand. In den Laborbefunden für den Talspiegel fiel auf, dass dort nach wie vor Vancomycin-Tagesdosen von 2g und ein Zielbereich von 5-10mg/l empfohlen werden. SCHLUSSFOLGERUNG Mit der im klinischen Alltag zum Teil immer noch üblichen Dosierung von 2x1g Vancomycin kann in den meisten Fällen bei Patienten ohne größere Einschränkung der Nierenfunktion der aktuell empfohlene Talspiegel-Zielkorridor von 10-20mg/l nicht erreicht werden. Der erste Talspiegel sollte spätestens am dritten Tag zur Verfügung stehen, um effektive Wirkstoffspiegel bereits in den kritischen Tagen am Beginn der Therapie zu erreichen, aber auch eine Kumulation von Vancomycin zu verhindern.