Impulsvortrag - Blick nach vorn Wie müssen betriebliche Energiestrukturen in 20 Jahren aufgestellt sein? Energie-Arena, 06. – 08.11.2013 Martin Palmer 1 Das Unternehmen Hettich ist einer der größten Hersteller von Möbelbeschlägen weltweit Mehr als 6.000 Mitarbeiter, davon gut 3.000 in Deutschland 38 Niederlassungen und mehr als 100 Vertretungen rund um den Globus Produktionsstandorte in Nordamerika, Europa und Asien 100% in Familienbesitz Umsatz ca. 850 Mio € p.a. 2 Aspekte des Impulsvortrags Warum oberhalb der (bau-) rechtlichen Anforderungen handeln? Konzept der Hettich-Produktionshalle “C2” Prioritäten, technische Hemnisse und Chancen der Energieeffizienz 3 Warum oberhalb der (bau-) rechtlichen Anforderungen handeln? Die Basis für Erfolg – Eigenanspruch aus Überzeugung Seit 1993: Grundsätze zum Umweltschutz… Heute handeln, an morgen denken „Wir übernehmen Verantwortung für die Welt in der wir leben. Mit unseren Unternehmensgrundsätzen verpflichten wir uns selbst zur Nachhaltigkeit.“ Umweltschutz und Arbeitssicherheit Kontinuierliche Verbesserung oberhalb rechtlicher Anforderungen Ziele setzen und überprüfen Vertrauensvolles Verhältnis zur Öffentlichkeit und zu Behörden 5 Die Basis für Erfolg – Methodik / Werkzeug Seit 1996: EMAS Zertifikat der EU Eco Management and Audit Scheme bringt uns … Rechtssicherheit Wirtschaftliche, umweltentlastende Maßnahmen Glaubwürdiges Umweltmanagement durch Behördeneinbindung und staatlichgutachterliche Validierung Weltweit strengstes Umweltmanagementsystem Alleinstellungsmerkmal und Umweltführerschaft 6 Wirtschaftlich erzielte Kostensenkung - Strom Spezifischer Stromverbrauch 1997: 454 kWhel / tProdukt 2012: 354 kWhel / tProdukt ∆ 2012/1997: - 100 kWhel / tProdukt 1997 Start des EMAS-Umweltmanagements (Jährliches Umweltprogramm, Umweltkennzahlen, gutachterliche Validierung) Zahlreiche wirtschaftliche Maßnahmen senkten die spezifischen Stromkosten Aber: Stark steigende Automatisierung wirkt den Erfolgen entgegen Ohne diese kontinuierlichen, engagierten und wirtschaftlichen Maßnahmen lägen die jährlichen Stromkosten heute 1,2 Mio. €/a höher 7 Wirtschaftlich erzielte Kostensenkung - Wärme Spezifischer Wärmeverbrauch 1997: 387 kWhel / tProdukt 2012: 58 kWhel / tProdukt ∆ 2012/1997: - 329 kWhel / tProdukt 1997 Start des EMAS-Umweltmanagements (Jährliches Umweltprogramm, Umweltkennzahlen, gutachterliche Validierung) Zahlreiche wirtschaftliche Maßnahmen senkten die spezifischen Wärmekosten Ohne diese kontinuierlichen, engagierten und wirtschaftlichen Maßnahmen lägen die jährlichen Wärmekosten heute 1,5 Mio. €/a höher (Preise 2012) 8 Beispiel Gebäudekonzepte Beispiel: Weshalb bauen wir Gebäude nach den neusten energie- und ressourcenschonenden Kriterien? These: In 2010 lediglich nach den gesetzlichen Vorgaben (EnEV 2009) gebaute Gebäude werden in absehbarer Zeit zur dramatischen Kostenfalle für die Bauherren. 9 Finanzielle Betroffenheit (Heutiger Energiepreis) Ein Unternehmen baut 2010 eine neue Produktionshalle (10.000 m2 ) EnEVmax : 310 kWhPrimär / m2 x a Geplant : 74 kWhPrimär / m2 x a → ∆ 236 kWhPrimär / m2 x a Vermiedene Mehrkosten (0,095 €/kWhMix): 224.000 Euro/a Kostenvermeidung über 40 a Nutzung: 8.960.000 Euro (ohne Energiepreissteigerung) 10 Finanzielle Betroffenheit (Erwartbare Preissteigerung) Ein Unternehmen baut 2010 eine neue Produktionshalle (10.000 m2 ) (Übergesetzlicher Energieeffizienzstandard, s. o.) Preissteigerung Energiemix (auf 0,29 €/kWhMix): Faktor 3 (in 40 a) Vermiedene Mehrkosten: Ø Kostenvermeidung über 40 a Nutzung: 17.000.000 Euro (kumuliert) (mit Energiepreissteigerung) 11 423.000 Euro/a Beispiel Verwaltungs- und Ausstellungsbau Hettich Forum – Architektur Realisierung der Anforderungen • Decken und z. T. Wände als Holzrahmenkonstruktion • Bis zu 40 cm dicke Isolierung • 3-fach Verglasung • Verzicht auf Glühlampen • Solare Wassererwärmung • Photovoltaik Bilanzielles Nullenergie-Gebäude Baukosten gegenüber Standardbau (nach EnEV 2009): - 10 % * * Zzgl. PV-Anlage 13 Hettich Forum Heizkosten z. B. im Januar 2013 für 800 m² Ausstellungsfläche und 400 m² Bürofläche: 14 75 € Green Building-Award Aufgrund der gegenüber erfolgreichen Einsparung Baustandard (EnEV 2009) Umsetzung wurde Hettich im November mitLiter demHeizöl erstmalig Geplant 2009 19.000 eq vergebenen GreenLiter Building-Award Erreicht 24.000 Heizöleq ausgezeichnet. Primärenergiebedarf Einsparung Geplant 65 % Erreicht 76 % Vermiedene CO2 – Emissionen kompensieren vergleichsweise 450.000 PKW-km/a 15 Konzept der Hettich-Produktionshalle „C2“ Produktionshalle C2 - Ziele Unterschreitung EnEV-Anforderungen um 50 % Nutzung interner Wärmelasten und entsprechender Auslegung der Hüllflächen Reduktion des beheizten und belüfteten Gebäudevolumens Holz als Baustoff mit positiver Primärenergiebilanz als Konstruktions- und Fassadenmaterial 17 Produktionshalle C2 – Technisches Konzept Außen liegendes Pylontragwerk aus Stahl mit einer Spannweite von 50 m (25 m zu jeder Seite) Reduktion der statischen Höhe Reduzierung der Baukosten um ca. 500 T€ Hoch wärmegedämmte Holzleichtbaukonstruktion für Dachund Wandbauteile (24 cm Wärmedämmschicht) Einzige derartige Produktionshalle in Europa 18 Besonderheiten bei der Baukonstruktion 19 Produktionshalle C2 - Luftbild 20 C2: Energetische Optimierung Heizung & Produktionswärme Ausschließlich aus Abwärmenutzung aus der Produktion, der Drucklufterzeugung sowie aus einem kleinen Blockheizkraftwerk Elektrische Energie Große horizontale Oberlichter zur Nutzung von Tageslicht Besonders energiesparenden Leuchtstoffröhren (T5-Technologie) in Verbindung mit einer Tageslichtsteuerung Alle elektrischen Antriebe von Ventilatoren und Pumpen erfüllen die höchste Energieeffizienzklasse 21 C2: Energetische Optimierung Kühlung Verschiedene Produktionsanlagen müssen kontinuierlich gekühlt werden. Hier erfolgt die Kühlung über sogenannte Hybrid-Kühltürme, die lediglich mit Wasser und Außenluft die notwendige Kälte bereit stellen Die Kühlung der Produktionshalle erfolgt über Außenluft (ohne weiteren Einsatz von Kältemaschinen) - nachtaktive Kühlung Gebäudeleittechnik / Gebäudeautomation Einbindung in das zentrale Regelungskonzept zur Optimierung 22 Produktionshalle C2 – Primärenergiebilanz (kontinuierlich) Unterschreitung EnEV-Anforderungen um 76 % Reduktion der Betriebskosten (geg. EnEV) um jährlich 310.000 Euro (9,5 ct / kWhmix) 23 Produktionshalle C2 – Primärenergiebilanz (einmalig) In der Produktionshalle C2 wurden insgesamt 1.800 m³ Holz verbaut 24 Technische Hemmnisse, Prioritäten und Chancen der Energieeffizienz Technische Hemmnisse Den Energieeffizienzmaßnahmen entgegen wirkende betriebliche Einflüsse, welche kostentreibend wirken (Automatisierung, Mechanisierung, steigende Qualitätsanforderungen, …… ) Weitere Zunahme absehbar! 26 Prioritäten Sinnvolle Prioritäten für betriebliche Energiestrukturen (Aspekte der Wirtschaftlichkeit und technischer Umsetzbarkeit) Priorität 1: Effizienzsteigerung der Energieverbraucher Optimierung der Infrastruktur mit ganzheitlicher Planung möglichst unter Nutzung von Synergien Priorität 2: Eigenenergieerzeugung Konventionell (mit KWK oder KWKK) Erneuerbar Bewirtschaftung von Regelenergie Zwischen den beiden Prioritäten gibt es „gleitende Übergänge“ 27 Chancen Gute Ansätze der Energieeffizienzsteigerung bei Produktionsanlagen zeigen das noch „ungehobene“ Potenzial (Elektrische Achsen, Stillstandsabschaltungen verketteter Anlagen, Servopressen, …. ) Bildung von Energieeffizienzteams, Einsatz besonders qualifizierter externer Berater Energieeffizienz in Produktionsprozessen „Gas und Kraft-Wärme(Kälte)-Kopplung statt (klassisch) Strom und Prozesswärme“ „Kühlung aus Abwärme“ wird zunehmend wirtschaftlich unter Voraussetzung synergetischer Energiesystemplanung Zuverlässige Entscheidungsbasis für Einsparmaßnahmen Nur durch wirkungsvolles Energiemonitoring möglich Photovoltaik (Grundlastdeckung, Orientierung am Wochenendbedarf) Wirtschaftlichkeit zunehmend auch ohne EEG-Förderung darstellbar „Energiewende“ unterstützen Betriebliche Regelenergie aktiv bewirtschaften 28 Chancen Überspringen teurer, ineffizienter Energiewandlungsstufen sowie „indirekte Primärenergieheizung“ Primär Sekundär Tertiär Nutzenergie (Schlechter η) • Kohle • Atom • Gas • Strom • Öl • Bewegung • Druckluft (hocheffizient) • KWK • KWKK („Erneuerbaren“) • Solarwärme und / oder • Wärme • Solarstrom • Schmelzen • Hydraulik • Wind • (Biomasse) Beispiele: Servopressen statt Hydraulik - - - IST ---- SOLL Linearachsen statt Pneumatik Indirekte* Primärenergiebeheizung von Spritzgussmaschinen 29 * z. B. BHKW-Hochtemperatur-Abgasauskopplung mittels Thermalöl Chancen Nutzung moderner Simulationsverfahren für die Bestätigung innovativer und komplexer Energiekonzepte Schaffung von Planungssicherheit und Akzeptanz („Mut zur Entscheidung“) Beispiele: Hettich Forum Produktionshalle C2 30 Fazit Der politische Handlungsdruck wird, angesichts der globalen ökologischen Entwicklungen, weiter steigen – wer frühzeitig reagiert (hat), verteilt Reaktionskosten auf einen größeren Zeitraum, nimmt Einsparungen frühzeitig mit und sichert zukünftige Wettbewerbsfähigkeit und den Unternehmenswert. Rechtliche Energieeffizienzvorgaben sind teilweise weder für Erreichen von Klimaschutzzielen, noch für weitreichende betriebliche Kostensenkungen und zukünftige Wettbewerbsfähigkeit tauglich. Einzelmaßnahmen helfen - durchgreifend wirtschaftlich wirksam sind jedoch nur synergetisch geplante Energiekonzepte (Einbindung besonders qualifizierter Fachplaner erforderlich) 31 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! 32 „Klimaschutz-Unternehmen“ Am 01.03.2013 wurde Hettich in die „Klimaschutz- und Energieeffizienzgruppe der Deutschen Wirtschaft“ aufgenommen Bedeutung der Energie- und Ressourceneffizienz bereits Anfang der Neunziger Jahre erkannt Zahlreiche Energieprojekte zeigten den Erfolg unter wirtschaftlichen und ökologischen Aspekten Minderung der spezifischen CO2 Emissionen (Standort Kirchlengern) um 48 % (2011/1997) Minderung der spezifischen CO2 Emissionen (Hettich-Gruppe) um 39 % (2011/1996) 33