Interferenz von Wellenpaketen in periodischen Strukturen

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Institut für Theoretische Physik
Fakultät Mathematik und Naturwissenschaften
Technische Universität Dresden
Interferenz von Wellenpaketen in
periodischen Strukturen
Diplomarbeit
zur Erlangung des akademischen Grades
Diplom-Physiker
vorgelegt von
Olaf Uhden
geboren am 30. März 1982 in Hamburg
Dresden 2008
Eingereicht am 04. November 2008
1. Gutachter: Prof. Dr. rer. nat. Jan-Michael Rost
2. Gutachter: Priv.-Doz. Dr. rer. nat. Frank Großmann
Zusammenfassung
In der vorliegenden Arbeit wird die Interferenz von Wellenpaketen in periodischen
Strukturen behandelt. Der erste Teil befasst sich mit der Analogie zwischen der periodischen Bewegung im Kastenpotential und der in einem Laserfeld, das aus zeitlich periodischen δ-Kicks mit alternierendem Vorzeichen besteht. Während sich in der klassischen
Mechanik eine Äquivalenz der Bewegungsgleichungen beider Modelle ergibt, offenbart
eine quantenmechanische Behandlung Unterschiede. Diese Ungleichheit kann anhand der
Zeitentwicklungsoperatoren und zugehörigen Propagatoren erklärt werden. Die zusätzliche Einführung eines Attosekundenpulszuges zum Kick-Feld nähert die beiden Modelle
einander an, ihr Wert liegt jedoch in der Entstehung einer Filterstruktur im Impulsraum.
Diese Struktur taucht auch im zweiten Teil dieser Arbeit auf, in dem wir die Photoabsorption von Atomen unter der Wirkung eines kombinierten Laserfeldes aus infraroter
(IR) monochromatischer Welle und Attosekundenpulszug modellieren. Die berechnete
Wahrscheinlichkeitsdichte besteht hauptsächlich aus zwei Faktoren, wovon einer die bereits erwähnte Filterstruktur ist. Der andere Beitrag repräsentiert die Beschleunigung der
Elektronen aufgrund des IR-Feldes. Weiterhin wird die Ionisationswahrscheinlichkeit in
Abhängigkeit von der Phase der Attosekundenpulse zum IR-Feld untersucht. Es treten
Oszillationen mit Maxima und Minima auf, deren Positionen wir voraussagen und erfolgreich mit aktuellen experimentellen Ergebnissen [1] vergleichen.
Abstract
This work deals with wave packet interference in periodic structures. In the first part
we study the analogy between the periodic motion in the square well potential and the
one induced by a laser field which consists of time-periodic δ-kicks with alternating
signs. Whereas in classical mechanics both models lead to the same equations of motion,
a quantum treatment reveals differences. This discrepancy can be explained by investigating the time evolution operators and the corresponding propagators. The addition of an
attosecond laser pulse train (APT) on top of the kick-field contributes to converge the two
models to some extent. Moreover, it creates a filter structure in momentum space which
will also emerge in the second part of this work. There we model the photoabsorption of
an atom in the presence of a combined laser field of a monochromatic infrared (IR) wave
and an APT. The probability density consists of two main contributions: one is the already
mentioned filter structure and the other contains the acceleration of the electrons due to
the IR-field. We study the ionization probability and its dependence on the phase of the
APT with respect to the IR-field. We predict the positions of minima and maxima and
successfully compare them with recent experimental results [1].
Inhaltsverzeichnis
1
Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2
Vergleich von Kastenpotential und zeitlichen Kicks . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13
2.1
2.2
2.3
2.4
2.5
3
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13
15
15
17
23
26
27
Wellenpaket-Interferenz im Infrarot-Laserfeld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31
3.1
3.2
3.3
3.4
3.5
3.6
4
Motivation . . . . . . . . . . .
Herleitung der Gleichungen . .
2.2.1 Klassik . . . . . . . .
2.2.2 Quantenmechanik . .
Vergleich der Ergebnisse . . .
Diskussion . . . . . . . . . . .
Erweiterung des Kick-Modells
9
Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Photoabsorptionsspektrum . . . . . . . . . .
3.2.1 Analytische Beschreibung . . . . . .
3.2.2 Diskussion . . . . . . . . . . . . . .
Ionisationswahrscheinlichkeit . . . . . . . . .
3.3.1 Ein Attosekundenpuls pro Periode . .
3.3.2 Zwei Attosekundenpulse pro Periode
Experimentelle Ergebnisse . . . . . . . . . .
Vergleich von Theorie und Experiment . . . .
Diskussion . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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31
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50
52
54
Zusammenfassung und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57
Anhang A
Zeitentwicklungsoperator . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61
Anhang B
Zeitabhängige Störungstheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65
B.1 Schrödingerbild und Wechselwirkungsbild . . . . . . . . . . . . . . . . .
B.2 Störungstheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Anhang C
65
67
Stationäre Phasennäherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69
Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71
1
Einleitung
Ein hochaktuelles Gebiet der Physik ist die Interaktion von ultrakurzen Laserpulsen
mit Atomen und insbesondere deren Elektronen. Wenn die Laserpulse kürzer als eine
Femtosekunde (1 fs = 10−15 s) sind und somit die Attosekundenzeitskala (1 as = 10−18 s)
erreichen, spricht man von Attosekundenphysik. Die kürzesten zur Zeit realisierbaren Laserpulse haben eine Pulslänge von ungefähr 80 as [2]. Die ersten Attosekundenpulse wurden im Jahr 2001 erzeugt mit einer Dauer von ca. 650 as [3] bzw. im Pulszug mit einer
Dauer von 250 as [4]. Damit wurde der Bereich der Attosekundenphysik begründet. Die
typische Zeitskala atomarer Vorgänge ist die atomare Einheit der Zeit, welche 24.2 as
beträgt [5]. So liegt die Periodendauer eines Elektrons im Grundzustand des Wasserstoffatoms bei 152 as [6]. Ein ähnlicher Durchbruch war das Erreichen der Femtosekundenpulse, da molekulare Vorgänge auf der Zeitskala von Femtosekunden ablaufen. Während
es dadurch möglich war, die molekulare Dynamik besser zu verstehen, erhofft man sich
durch die Attosekundenpulse den atomaren Vorgängen besser auf den Grund gehen zu
können [7].
Eine weitere Argumentation, die die Bedeutung der Attosekundenphysik unterstreicht,
ist folgende: Eine, die Physiker seit Entwicklung der Quantenmechanik interessierende
Fragestellung, betrifft den Zusammenhang von klassischer Mechanik und Quantenmechanik. Es gibt Vorgänge, bei denen die klassische Beschreibung ausreicht und folglich
mit der quantenmechanischen zusammenfallen muss. Andererseits kann die Quantenmechanik Resultate erklären, die klassisch nicht zu verstehen sind. Dies beruht auf der Interferenz von quantenmechanischen Wahrscheinlichkeitsamplituden. Bei einer Messung
wird jedoch immer eine Realisierung einer Wahrscheinlichkeit – und somit ein klassisches Teilchen – beobachtet. Durch eine kontinuierliche Observation wird folglich ein
quantenmechanisches Teilchen dazu gebracht, sich klassisch zu verhalten. Dies ist jedoch
nicht exakt möglich, da zwischen zwei diskreten Momenten immer Zeit vergeht. Trotzdem kann diese Zeit minimiert werden, wobei die Beobachtung mittels ultrakurzer Laserpulse helfen kann. Die Dauer der Pulse gibt die Zeit zwischen zwei Messungen vor, da die
beiden aufeinanderfolgenden Pulse getrennt wahrgenommen werden müssen. Ist die Pulsdauer deutlich kürzer als bestimmte atomare Vorgänge, so ist es möglich, das Verhalten
während dieser Vorgänge zu untersuchen. Zum Beispiel könnte mit entsprechend kurzen
Attosekundenpulsen ein Elektron während seiner Umlaufbahn um den Atomkern beobachtet werden. Dadurch würde die klassische Vorstellung von planetenähnlichen Bahnen
einer Prüfung unterzogen. Solche kurzen Laserpulsen sind zwar zur heutigen Zeit noch
10
1 Einleitung
Abbildung 1.1: Das Infrarot-Feld F(t) ∼ sin(ωt + ϕ) mit den überlagerten Attosekundenpulsen. Die Phase ϕ bestimmt die Postition der as-Pulse im IR-Feld. Wir werden den Fall
von einem as-Puls pro Periode des IR-Feldes (nur blaue Pulse) und zwei as-Pulsen pro
Periode (blaue und grüne Pulse) betrachten.
nicht realisierbar, trotzdem ist durch Betreten des Bereichs der Attosekundenpulse das
mögliche Verständnis atomarer Vorgänge auf eine neue Stufe gestellt worden. So konnte
im Jahr 2002 erstmals mit Hilfe isolierter Attosekundenpulse ein atomarer Prozess – die
Ionisation eines Auger-Elektrons – zeitlich aufgelöst werden [8]. Zumindest prinzipiell
sollte es möglich sein, immer genauer in das Atom zu schauen.
Diese Arbeit beinhaltet zwei Komponenten, die zum Bereich der Attosekundenphysik
gezählt werden können. Die erste ist etwas allgemeiner und kann auch in anderen Gebieten angesiedelt werden. Wir nehmen die zeitlich periodische Struktur von Laserfeldern
zum Anlass, eine Analogie zu einem räumlich periodischen System zu untersuchen. Diese Struktur liefert das Kastenpotential mit unendlich hohen Wänden, das in der Formulierung von Max Born [9] als periodische Überlagerung von freien Bewegungen dargestellt
werden kann. Insbesondere zu dem oben erwähnten Gedanken des Zusammenhangs von
Quantenmechanik und klassischer Physik wird diese Untersuchung einen Beitrag leisten.
Wir konstruieren ein zeitlich periodisches System, das einem Laserfeld ähnelt, und zeigen die klassische Äquivalenz zum Kastenpotential. In der Quantenmechanik geht die
Übertragbarkeit der Periodizitäten dagegen verloren. Auch mit Hilfe eines zusätzlichen
Laserpulszuges können die Modelle nur bedingt in Einklang gebracht werden, es entsteht
jedoch eine neue interessante Struktur im Impulsraum. Mehr soll an dieser Stelle jedoch
nicht vorweg genommen werden, die genaue Behandlung dieses Problems findet sich
im nächsten Kapitel. Im zweiten Abschnitt dieser Arbeit entwickeln wir ein Modell für
folgende physikalische Situation: Ein Attosekundenpulszug, dem zusätzlich ein InfrarotLaserfeld überlagert ist (siehe Abb. 1.1), wird auf ein atomares Gas geschossen. Dabei ist
es möglich, die Phasenbeziehung der as-Pulse zum IR-Feld einzustellen. Dadurch spüren
die atomaren Elektronen, nach der Anregung durch einen as-Puls, phasenabhängig unterschiedliche Stärken des IR-Feldes. Wir werden die Wirkung dieses kombinierten Laser-
11
Abbildung 1.2: Resultate des erwähnten Experimentes [10]. Links ist die Ionisationswahrscheinlichkeit in Abhängigkeit von der Phase ϕ ≡ ωτ (bzw. der zeitlichen Verschiebung
τ) der as-Pulse zum IR-Feld aufgetragen. Für Helium (blau) sieht man Oszillationen mit
Maxima bei ωτ = −π/2, π/2, 3π/2. Die Punkte sind die experimentellen Daten, während
die durchgezogenen Linien auf ebenfalls durchgeführten numerischen Rechnungen zur
Lösung der zeitabhängigen Schrödingergleichung basieren. Für Argon (rot) ist die Ionisationswahrscheinlichkeit konstant. Rechts sind die Photoelektronenspektra in Abhängigkeit von der Energie der Photoelektronen und der Phase der as-Pulse zum IR-Feld dargestellt, oben für Argon, unten für Helium.
feldes auf die Haupteffekte reduzieren und so eine analytische Beschreibung entwickeln.
Diese kann auf verschiedene experimentelle Situationen angewandt werden. Wir werden
unser Modell an einem Experiment [1, 10] testen, das auch als Inspiration und Leitfaden bei der Entwicklung gedient hat. Hier werden Helium- und Argonatome dem eben
beschriebenen Laserfeld ausgesetzt, wobei das Experiment mit jeder möglichen Phasenbeziehung der as-Pulse zum IR-Feld durchgeführt wird. Nach Abklingen des Laserfeldes
wird jeweils die Ionenausbeute gemessen und somit als Funktion der Phase erhalten. Dabei treten im Fall der Helium-Atome Oszillationen auf, während bei den Argon-Atomen
eine konstante Ionisation beobachtet wird (Abb. 1.2). Zu erwähnen ist, dass die Attosekundenpulse im ultravioletten Bereich des Spektrums liegen und eine Energie haben,
die in der Nähe der Ionisationsschwelle von Helium und damit deutlich über der von
Argon liegt. Durch Anwendung unseres Modells versuchen wir, die beobachteten Photoelektronenspektren (Abb. 1.2) zu reproduzieren und eine Erklärung für die Ionisationswahrscheinlichkeiten bei Helium und Argon zu liefern.
Zum Schluss dieser Arbeit werden wir die gewonnenen Ergebnisse und Erkenntnisse
zusammenfassen, und einen Ausblick auf mögliche Verbesserungen unseres Modells und
zusätzliche numerische wie experimentelle Tests geben.
2
Vergleich von Kastenpotential
und zeitlichen Kicks
In diesem Kapitel wird zuerst eine Motivation für die theoretische Untersuchung der
Analogie zwischen dem Kastenpotential und dem Laserfeld gegeben. Danach werden sowohl die klassischen Bewegungsgleichungen als auch die quantenmechanische Zeitentwicklung in unseren Modellsystemen hergeleitet. Diese werden verglichen und eventuell
auftretende Unterschiede erklärt und interpretiert.
2.1 Motivation
Wie bereits in der Einleitung erwähnt, werden wir in diesem Kapitel einen möglichen
Zusammenhang zwischen der freien Bewegung eines Elektrons in einem Laserfeld und
dem Kastenpotential untersuchen. Diese Idee wird nach einer vereinfachenden Annahme
zur Beschreibung des Laserfelds plausibel. Um die Bewegung eines Elektrons in einem
Laserfeld zu modellieren, kann die Wirkung des Feldes auf die Zeitpunkte der Maxima
bzw. Minima konzentriert werden. Zwischen den Extrema wird die Bewegung als frei
angenommen. Dadurch entsteht ein modellhaftes Laserfeld aus zeitlichen Kicks, die an
den Stellen der Maxima bzw. Minima agieren und eine Impulsumkehr bewirken. Dieses
Modell vernachlässigt die langsam stattfindende Impulsumkehr im Laserfeld und ersetzt
sie durch eine abrupte, da der ganze Beschleunigungsvorgang auf die Umkehrpunkte reduziert wird. Das Elektron ist aber in der gleichen Region gefangen und ändert seine
Bewegungsrichtung an den gleichen Punkten. Die Bewegung ist nicht so weich, sondern
zackiger, hat aber wichtige qualitative Gemeinsamkeiten (siehe Abb. 2.1).
Dieses Modell vergleichen wir mit dem Kastenpotential mit unendlich hohen Wänden.
Ein Teilchen in dem Kasten bewegt sich zwischen den beiden Wänden mit konstanter Geschwindigkeit hin und her, wobei es immer dann einen elastischen Stoß erfährt, wenn es
auf eine Wand trifft. Dieser Stoß bewirkt eine Impulsumkehr, d.h. das Teilchen bewegt
sich danach mit der gleichen Geschwindigkeit in die andere Richtung. Dieselbe Bewegung kann man sich aber auch ohne Wände vorstellen, indem das Teilchen immer dann
eine Impulsumkehr durch einen Kick erfährt, wenn es an einer Position ist, an der vorher eine Wand war. Wenn die Kickstärke genau so stark ist, dass sie eine Impulsumkehr
bewirkt, wird sich das Teilchen nach dem Kick mit der gleichen Geschwindigkeit in die
andere Richtung bewegen. Erreicht es die Position der anderen imaginären Wand, erfolgt
14
2 Vergleich von Kastenpotential und zeitlichen Kicks
Abbildung 2.1: Schematische Darstellung der Bewegung im Kick-Feld (schwarze Linie).
Die Kicks sind durch schwarze Pfeile angedeutet. Zum Vergleich ist auch die Bewegung
in einem sinusförmigen Laserfeld (rote gestrichelte Linie) gezeigt.
wieder ein Kick, nur diesmal in die andere Richtung. Durch weitere Kicks bleibt das
Teilchen immer zwischen den beiden imaginären Wänden und verhält sich genauso wie
ein Teilchen im unendlich hohen Kastenpotential. Realisiert werden können diese Kicks
durch unser idealisiertes Laserfeld. Es ist ein elektrisches Feld, das anstelle der üblichen
Sinusfunktion aus einer Summe von zeitlichen Deltafunktionen mit alternierendem Vorzeichen besteht. Ein geladenes Teilchen interagiert mit diesem Feld auf die gewünschte
Weise. Wie wir noch zeigen werden, sind die klassischen Bewegungsgleichungen für das
Kick-Feld und das Kastenpotential identisch. Auf diese Weise gelangen wir zu einer Analogie zwischen Kastenpotential und Laserfeld. Zwar untersuchen wir ein vereinfachtes
Kick-Feld, qualitative Ergebnisse sollten sich aber auch auf ein reales Laserfeld übertragen lassen.
Aufgrund dieser klassischen Entsprechung erscheint es sinnvoll zu untersuchen, ob
auch quantenmechanisch ein Zusammenhang besteht und damit die Erkenntnisse über
das quantenmechanische Kastenpotential bei der Beschreibung von Elektronen in Laserfeldern hilfreich sein können. Bei der Zeitentwicklung der quantenmechanischen Wellenfunktion im Kastenpotential mit unendlich hohen Wänden entstehen durch Interferenzeffekte die sogenannten Quantenteppiche, deren Eigenschaften bereits sehr gut untersucht
und verstanden sind [11, 12, 13, 14]. Erweist sich in der quantenmechanischen Beschreibung eine Analogie zum Kick-Feld, kann auf eine Vielzahl von theoretischen Erkenntnissen zurückgegriffen werden. Unabhängig davon ist durch die Reduzierung des Laserfelds
2.2 Herleitung der Gleichungen
15
zum Kick-Feld eine Frage von alleinstehendem Interesse entstanden. Wir wissen um die
klassische Äquivalenz der beiden Modelle und sind daher an dem quantenmechanischen
Vergleich interessiert. Treten Unterschiede auf, und falls dies der Fall ist, worin sind sie
begründet?
2.2 Herleitung der Gleichungen
2.2.1 Klassik
Zur Berechnung der klassischen Trajektorien bedienen wir uns des Hamiltonformalismus,
da er die Hamiltonfunktion benutzt, die analog zum Hamiltonoperator in der Quantenmechanik ist. Ebenso gut könnte auch mit den Newton’schen Bewegungsgleichungen
gearbeitet werden. Zur Erinnerung sei hier kurz der Ausgangspunkt der hamiltonschen
Beschreibung ins Gedächtnis gerufen.
Die Hamiltonfunktion in einer Dimension ist definiert durch
H(p, x, t) =
p2
+ V(x, t),
2m
(2.1)
und die hamiltonschen Bewegungsgleichungen lauten wie folgt
dx
∂H
=
,
dt
∂p
dp
∂H
= −
.
dt
∂x
(2.2)
(2.3)
Durch Integration dieser Gleichungen erhält man die Bewegungsgleichung x(t) [15].
Zeitliche Kicks
Die Hamiltonfunktion lautet für den Fall eines geladenen Teilchens der Ladung q in einem
elektrischen Kick-Feld der Stärke F0 und Frequenz ω
p2
+ qxF(t)
2m
N
X
p2
=
+ qxF0
(−1)n+1 δ(ω(t − tn )),
2m
n=1
H(t) =
(2.4)
wobei die δ-Kicks mit alternierendem Vorzeichen auftreten, da die Stöße abwechselnd in
entgegengesetzer Richtung wirken müssen. Außerdem arbeiten wir mit der sogenannten
Dipolnäherung, um das elektrische Feld als ortsunabhängig betrachten zu können [16].
Aus den Hamiltongleichungen (2.2), (2.3) folgt mit t > tN und den Anfangsbedingungen
2 Vergleich von Kastenpotential und zeitlichen Kicks
16
p(t0 ) = p0 = mv0 und x(t0 ) = 0:
dx
p
=
,
dt
m
N
X
dp
= −qF0
(−1)n+1 δ(ω(t − tn ))
dt
n=1
⇒ p(t) = mv0 −
N
qF0 X
(−1)n+1 Θ(ω(t − tn ))
ω n=1
N
qF0 X
⇒ x(t) = v0 (t − t0 ) −
(−1)n+1 (t − tn ).
mω n=1
(2.5)
Werden die elektrische Feldstärke F0 und die Frequenz ω so gewählt, dass qF0 /mω = 2v0 ,
dann wird bei jedem Kick eine Impulsumkehr bewirkt (vgl. (2.9)) und (2.5) wird zu
x(t) = v0 (t − t0 ) − 2v0
N
X
(−1)n+1 (t − tn ).
(2.6)
n=1
Kastenpotential
Das Kastenpotential mit unendlich hohen Wänden ist definiert duch



0, für 0 ≤ x ≤ L
V(x) = 
,

∞, sonst
(2.7)
wobei L der Abstand der Wände ist. Die hamiltonschen Bewegungsgleichungen lassen
sich für dieses Potential nicht geschlossen anwenden, da es sich bei den Potentialwänden
um nicht-holonome Zwangsbedingungen handelt [17]. Es kann also nur die Bewegung
zwischen den Wänden mit den hamiltonschen Bewegungsgleichungen berechnet werden,
während das Verhalten an den Stellen x = 0 und x = L gesondert betrachtet werden muss.
Zwischen den Wänden ist das Potential Null und es liegt daher eine freie Bewegung
vor. Die Hamiltongleichungen ergeben mit den Anfangsbedingungen p(t0 ) = p0 = mv0
und x(t0 ) = 0:
dx
dt
dp
dt
⇒ p(t)
⇒ x(t)
=
p
,
m
= 0
= p0
= v0 (t − t0 ).
(2.8)
Das Teilchen bewegt sich nun auf die Wand bei x = L zu. Wenn es zu t = t1 auf die Wand
trifft, wird der Impuls umgekehrt, d.h. das Teilchen bewegt sich danach mit p(t) = −p0 .
2.2 Herleitung der Gleichungen
17
Die Lösung der Hamiltongleichungen muss also für t ≥ t1 mit den Anfangsbedingungen
p(t1 ) = −p0 = −mv0 und x(t1 ) = v0 (t1 − t0 ) = L erfolgen
p(t) = −p0
⇒ x(t) = −v0 (t − t1 ) + L
= −v0 (t − t1 ) + v0 (t1 − t0 )
= v0 (t − t0 ) − 2v0 (t − t1 )
1
X
= v0 (t − t0 ) − 2v0
(−1)n+1 (t − tn ).
(2.9)
n=1
Trifft es danach zu t = t2 auf die Wand bei x = 0, wird der Impuls wieder umgekehrt und
das Teilchen bewegt sich mit +p0 in die andere Richtung. Für t ≥ t2 ergibt sich:
p(t) = +p0
⇒ x(t) = v0 (t − t2 )
= L − L + v0 (t − t2 )
= v0 (t1 − t0 ) − v0 (t2 − t1 ) + v0 (t − t2 )
2
X
(−1)n+1 (t − tn ).
= v0 (t − t0 ) − 2v0
(2.10)
n=1
Dieses Vorgehen wird bis t > tN für N Reflexionen fortgesetzt. Zusammenfassend folgt
x(t) = v0 (t − t0 ) − 2v0
N
X
(−1)n+1 (t − tn ).
(2.11)
n=1
Dieses Resultat stimmt mit (2.6) überein, welches die Trajektorie im elektrischen KickFeld beschreibt. Folglich ergeben in der klassischen Mechanik – mit den richtigen Parameterwerten für F0 und ω – beide Modelle die gleichen Trajektorien.
2.2.2 Quantenmechanik
In diesem Abschnitt leiten wir die Zeitentwicklungsoperatoren für beide Modelle her. In
diesen steckt die gesamte zeitliche Entwicklung des quantenmechanischen Zustandes, so
dass anhand der Zeitentwicklungsoperatoren ein Vergleich der Dynamik innerhalb der beiden Modelle durchgeführt werden kann. Quantenmechanische Operatoren werden durch
ein Dach über dem Buchstaben gekennzeichnet. Der Zeitentwicklungsoperator ist definiert durch
|ψ(t)i = Û(t, t0 )|ψ(t0 )i,
(2.12)
und lässt sich berechnen über
Û(t, t0 ) = T̂ e
− ~i
Rt
t0
Ĥ(τ)dτ
,
(2.13)
2 Vergleich von Kastenpotential und zeitlichen Kicks
18
wobei T̂ der Zeitordnungsoperator ist. Er stellt sicher, dass Ĥ(τ) zu verschiedenen Zeiten
in der richtigen Zeitreihenfolge benutzt wird. Kommutiert der Hamiltonoperator zu verschiedenen Zeiten, d.h. [Ĥ(t1 ), Ĥ(t2 )] = 0, dann ist der Zeitordnungsoperator identisch mit
dem Identitätsoperator und kann in (2.13) weggelassen werden. Eine genaue Herleitung
der obigen Formeln findet sich in Anhang A.
Zeitliche Kicks
Der Hamiltonoperator lautet analog zur Hamiltonfunktion im klassischen Fall
p̂2
+ q x̂F(t)
2m
N
X
p̂2
=
+ q x̂F0
(−1)n+1 δ(ω(t − tn )).
2m
n=1
Ĥ(t) =
(2.14)
Um den Zeitentwicklungsoperator zu berechnen bedienen wir uns eines Tricks, indem wir
die Zeitentwicklung von t0 bis zum Endzeitpunkt t in mehrere Teilabschnitte zerlegen:
Û(t, t0 ) = Û(t, tN ) ∗ Û(tN , tN−1 ) ∗ . . . ∗ Û(t1 , t0 )
N
Y
Û(tn , tn−1 ).
= Û(t, tN )
(2.15)
n=1
Das Produkt ist dabei so zu verstehen, dass der erste Faktor (n = 1) ganz rechts steht und
folgende Faktoren von links multipliziert werden.
Jetzt spalten wir unsere Zeitentwicklung auf in eine Zeitentwicklung zwischen den
−
Kicks, d.h. von einer Zeit tn+ = tn + ε kurz nach einem Kick bis zu tn+1
= tn+1 − ε kurz vor
den nächsten Kick, und eine Zeitentwicklung zu den Kicks, d.h. von kurz davor (tn− ) bis
kurz danach (tn+ ). Dann lassen wir die Zeitspanne ε gegen Null gehen und erhalten


N
Y


+
−
−
+
+
Û(t, t0 ) = lim Û(t, tN )
Û(tn , tn ) ∗ Û(tn , tn−1 )
ε→0
n=1


−
+
Rtn p̂2 
Rtn p̂2
 − i Rt p̂2 dτ N
i

i
n+1 δ(ω(t−t ))dτ
−
dτ
−
+q
x̂F
(−1)
0
n
Y
~
2m
~
2m

~
2m

+
+
−
t
t

T̂ e tn
∗ T̂ e n−1
= lim T̂ e N

ε→0 

n=1


N

 − i p̂2 (t−t −ε) Y
i p̂2
i qF0
i p̂2
n+1
T̂ e− ~ 2m 2ε− ~ ω x̂(−1) ∗ T̂ e− ~ 2m (tn −ε−tn−1 −ε) 
= lim T̂ e ~ 2m N
ε→0
=: ÔNp
n=1
N
Y
n=1
p
,
Ônx ∗ Ôn−1
(2.16)
2.2 Herleitung der Gleichungen
19
mit den Operatoren
(
Ônp
Ônx
)
i p̂2
:= exp −
(tn+1 − tn ) ,
~ 2m
i qF
0
n
:= exp
x̂(−1) .
~ ω
(2.17)
(2.18)
Die Zeitordnungsoperatoren können weggelassen werden, weil die Hamiltonoperatoren
innerhalb der einzelnen Zeitabschnitte zu verschiedenen Zeiten kommutieren. Sie hängen
nur noch von einem Operator ( x̂ bzw. p̂) ab. Wir betrachten im Folgenden den Fall einer geraden Anzahl von Kicks, d.h. N = 2M. Um das Produkt in (2.16) zu eliminieren,
betrachten wir immer zwei aufeinanderfolgende Kicks. Für die ersten beiden Kicks folgt
Û2 (t2 , t0 ) = Ô2x Ô1p Ô1x Ô0p .
(2.19)
Dieser Ausdruck lässt sich mit der Baker-Campbell-Hausdorff-Formel [18] umformen.
Sie lautet:
)
(
n o
n o
1
1
exp  exp B̂ = exp  + B̂ + [Â, B̂] + ([Â, [Â, B̂]] + [ B̂, [ B̂, Â]]) + . . .
(2.20)
2
12
Die höheren Ordnungen von verschachtelten Kommutatoren, die hier durch drei Pünktchen angedeutet sind, benötigen wir nicht, da sie im Fall von  = x̂ und B̂ = p̂ verschwinden. Mit dieser Formel fassen wir jetzt die ersten drei Exponentialfunktionen in (2.19)
zusammen. Dabei gehen wir schrittweise vor, indem wir zuerst die ersten beiden Exponentialfunktionen vereinigen und dann die Baker-Campbell-Hausdorff-Formel (2.20) erneut
anwenden um die neu erhaltene Exponentialfunktion mit der dritten zusammenzuführen.
Wir erhalten somit
(
)
i p̂2
i qF0
i (qF0 )2
Û2 (t2 , t0 ) = exp −
(t2 − t1 ) +
p̂(t2 − t1 ) −
(t2 − t1 ) Ô0p .
(2.21)
~ 2m
~ mω
~ 2mω2
Der x̂-Operator ist nicht mehr vorhanden und es kommutieren alle Terme, weshalb die
Anwendung der Zassenhaus-Formel [18],
(
)
n o
o
n o
n
1
exp  + B̂ = exp  exp B̂ exp − [Â, B̂]
2
(
)
1
1
∗ exp [ B̂, [Â, B̂]] + [Â, [Â, B̂]] . . . ,
(2.22)
3
6
einfach ist, und nur den Term übriglässt, der mit exp{Â} exp{ B̂} korrespondiert. Die Summe im Exponenten kann also einfach in ein Produkt von Exponentialfunktionen umgewandelt werden. Damit ergibt sich
(
)
i qF
i
i p̂2
0
Û2 (t2 , t0 ) = exp −
(t2 − t0 ) exp
p̂(t2 − t1 ) exp − 2U p (t2 − t1 ) , (2.23)
~ 2m
~ mω
~
2 Vergleich von Kastenpotential und zeitlichen Kicks
20
wobei wir noch das ponderomotive Potential U p = (qF0 )2 /4mω2 eingeführt haben, das
die mittlere kinetische Energie des Elektrons ist.
Wenden wir diese ganze Prozedur für alle Kick-Paare an, wird aus (2.16)
(
N
(
)Y
)
2
i p̂2
i p̂2
Û(t, t0 ) = = exp −
exp −
(t − tN )
(t2n − t2n−2 )
~ 2m
~ 2m
n=1
i qF
i
0
∗ exp
p̂(t2n − t2n−1 ) exp − 2U p (t2n − t2n−1 ) .
~ mω
~
(2.24)
Jetzt tritt nur noch der Impulsoperator auf, weshalb alle Exponentialfunktionen vertauschen und die Exponenten beliebig zusammengefasst werden können. Es ist praktisch,
die Periode zwischen zwei aufeinander folgenden Kicks, T k := tn − tn−1 , einzuführen. Mit
N/2 = M ergibt sich letztendlich
(
)
i qF
i
i p̂2
0
Û N (t, t0 ) = exp −
(t − t0 ) exp
MT k p̂ exp − U p NT k .
(2.25)
~ 2m
~ mω
~
Hierbei tritt der Translationsoperator
T̂ a := exp
i
~
a p̂ ,
(2.26)
für a ≡ qF0 /mω auf. Er bewirkt eine Verschiebung der Wellenfunktion im Ortsraum um
die Strecke a. Diese Struktur wird auch bei der Formulierung der Zeitentwicklung im
Kastenpotential eine Rolle spielen.
Kastenpotential
Der Zeitentwicklungsoperator für das Kastenpotential lässtR sich nicht direkt aus (2.13) hert
leiten, da wegen der Unendlichkeit von V(x) das Integral t Ĥ(t)dt nicht definiert ist. Um
0
doch zu einem Ausdruck zu gelangen, orientieren wir uns an [11] und übertragen die Methode von Born [9, 19] zur klassischen Beschreibung des Kastenpotentials auf die Quantenmechanik. Dadurch erhalten wir solche Anfangsbedingungen für die Wellenfunktion,
dass danach nur noch eine freie Propagation nötig ist, um die Entwicklung im Kastenpotential darzustellen. Die nötigen Anfangsbedingungen drücken wir durch Operatoren aus,
die auf die Anfangswellenfunktion wirken. Dies ermöglicht die Berechnung eines Operators, der die Zeitentwicklung einer beliebigen Anfangswellenfunktion im Kastenpotential
beschreibt und somit als Zeitentwicklungsoperator des Kastenpotentials fungiert. Da er
jedoch nicht unitär sein wird, bezeichnen wir ihn als Quasi-Zeitentwicklungsoperator. Er
enthält jedoch die volle Zeitentwicklung des quantenmechanischen Zustandes und lässt
sich daher mit dem oben gewonnenen Zeitentwicklungsoperator für das Kick-Modell
(2.25) vergleichen.
Die Idee von Born ist, die Bewegung zwischen zwei Wänden als Überlagerung unendlich vieler freier Bewegungen im gesamten Raum auszudrücken, dabei aber nur die Region zwischen den beiden Wänden als relevant anzusehen. In dieser Beschreibung wird das
2.2 Herleitung der Gleichungen
21
Abbildung 2.2: Überlagerung von freien Bewegungen. Die dicke Linie ist die Bewegung
im Kasten zwischen den Wänden bei 0 und L. Die anderen Linien sind die links- und
rechtslaufenden Bewegungen die im Abstand 2L voneinander starten.
Teilchen nicht an der Wand reflektiert, sondern fliegt aus der relevanten Region heraus.
Es wird aber in dem Moment des Austretens durch ein identisches Teilchen ersetzt, das in
die relevante Region eintritt, siehe Abb. (2.2). Da die Teilchen ununterscheidbar sind, ist
diese Beschreibung äquivalent zur Reflexion an der Wand. Born formuliert die klassische
Bewegung mit Wahrscheinlichkeitsdichten f (x, v) im Phasenraum (x, v). Die Bewegung
im Kastenpotential lässt sich durch folgende Gleichung beschreiben:
f (x, v) =
∞
X
{φr (2kL + x − x0 , v − v0 ) + φl (2kL − x − x0 , −v − v0 )}.
(2.27)
k=−∞
Hierbei sind φr (x, v) und φl (−x, −v) Wahrscheinlichkeitsdichten im Phasenraum, die eine
rechts (+v) bzw. links (−v) laufende freie Bewegung darstellen. Weil die Wahrscheinlichkeitsverteilung im Kastenpotential bei der Reflexion an einer Wand gespiegelt wird, muss
dies auch in einer der freien Bewegungen zum Ausdruck kommen. Mit der Konvention
einer positiven Anfangsgeschwindigkeit im Kasten, wird daher φl (x, −v) zu φl (−x, −v).
2 Vergleich von Kastenpotential und zeitlichen Kicks
22
Durch die unendliche 2L-Periodizität wird weiterhin gewährleistet, dass immer eine Trajektorie in den Bereich des Kastens eintritt, sobald eine innere Trajektorie austritt.
Wird dieses Konzept in die Quantenmechanik übertragen, müssen die Wahrscheinlichkeitsdichten durch quantenmechanische Wellenfunktionen ersetzt werden. Die freie
Zeitentwicklung wird durch die Anwendung des Zeitentwicklungsoperators für ein freies Teilchen gewährleistet. Zu beachten ist lediglich noch, dass keine symmetrische Superposition der links- und rechtslaufenden Bewegung wie in (2.27) vorgenommen wird,
sondern eine antisymmetrische. Diese erfüllt erst die quantenmechanischen Randbedingungen ψ(x = 0) = ψ(x = L) = 0 im Kastenpotential mit unendlich hohen Wänden. Die
Anfangswellenfunktion lautet demnach (vgl. [11])
ψ(x, t0 ) =
∞
X
ϕ0 (x + 2kL) − ϕ0 (−x + 2kL) .
(2.28)
k=−∞
Hier ist ϕ0 (x) ein beliebiger Anfangszustand. Wenn die Zeitentwicklung angewendet wird
ergibt sich
∞
X
i p̂2
ϕ0 (x + 2kL) − ϕ0 (−x + 2kL) .
(2.29)
ψ(x, t) = e− ~ 2m (t−t0 )
k=−∞
Jetzt wird die Anfangsbedingung (2.28) mittels Operatoren ausgedrückt. Die Formulierung der Verschiebung um 2kL in x kann mit Hilfe des Translationsoperators (2.26) erreicht werden. Damit wird (2.28) zu
ψ(x, t0 ) =
∞
X
i
e ~ 2kL p̂ ϕ0 (x) − ϕ0 (−x) .
(2.30)
k=−∞
Mittels des Antisymmetrisierungsoperators
Âψ(x) := ψ(x) − ψ(−x),
(2.31)
können wir (2.30) kompakter schreiben als
ψ(x, t0 ) =
∞
X
i
e ~ 2kL p̂ Âϕ0 (x).
(2.32)
k=−∞
Eingesetzt in (2.29), erhalten wir somit
ψ(x, t) = e
2
p̂
− ~i 2m
(t−t0 )
∞
X
i
e ~ 2kL p̂ Âϕ0 (x),
(2.33)
k=−∞
woraus wir den Quasi-Zeitentwicklungsoperator des Kastenpotentials ablesen können
2
i p̂
Û˜ L (t, t0 ) = e− ~ 2m (t−t0 )
∞
X
k=−∞
i
e ~ 2kL p̂ Â.
(2.34)
2.3 Vergleich der Ergebnisse
23
2.3 Vergleich der Ergebnisse
Im vorigen Abschnitt haben wir den Zeitentwicklungsoperator für das Kick-Modell (2.25)
und den Quasi-Zeitentwicklungsoperator für das Kastenpotential mit unendlich hohen
Wänden (2.34) hergeleitet, sowie die den jeweiligen Modellen entsprechenden klassischen Trajektorien (2.6) bzw. (2.11). Wie man leicht sieht, sind die quantenmechanischen
Ergebnisse nicht identisch, was bedeutet, dass die zeitliche Entwicklung des quantenmechanischen Zustandes in beiden Modellen unterschiedlich ist. Dies steht im Gegensatz
zur klassischen Mechanik, in der beide Modelle die gleichen Trajektorien liefern. Es stellt
sich die Frage, woher der Unterschied in der Quantenmechanik kommt und welche Parallelen trotzdem bestehen, bzw. wie im Übergang von der Quantenmechanik zur Klassik
Û N (2.25) aus Û˜ L (2.34) folgt. Dazu werden wir die jeweiligen Propagatoren berechnen
und in der Diskussion, inspiriert von der Herleitung des Propagators für das Kastenpotential von Goodman [20], eine Erklärung für den Übergang von der Quantenmechanik zur
Klassik geben.
Der Propagator ist definiert als das Matrixelement des Zeitentwicklungsoperators bezüglich zweier Ortseigenzustände [21]
K(xe , xa ; t, t0 ) := hxe |Û(t, t0 )|xa i.
(2.35)
Er beschreibt die Wahrscheinlichkeitsamplitude um in einer gewissen Zeit von einem
Anfangsort xa zu einem Endort xe zu gelangen. Diese Eigenschaft zeigt sich auch in der
Formulierung der Zeitentwicklung eines Zustandes in Ortsdarstellung
ψ(xe , t) = hxe |Û(t, t0 )|ψ(t0 )i
Z∞
=
hxe |Û(t, t0 )|xa ihxa |ψ(t0 )idxa
−∞
Z∞
=
K(xe , xa ; t, t0 )ψ(xa , t0 )dxa .
(2.36)
−∞
Diese Beziehung verdeutlicht, wie der Propagator für Berechnungen der Zeitentwicklung
von quantenmechanischen Zuständen eingesetzt werden kann. Wenn allerdings kein Ausdruck für den Zeitentwicklungsoperator eines Systems zur Verfügung steht, wird eine
andere Methode als (2.35) benötigt, um den Propagator zu berechnen. Der Ansatz hierfür,
24
2 Vergleich von Kastenpotential und zeitlichen Kicks
das sogenannte Pfadintegral, geht auf Feynman [22] zurück und lautet
x(t)=x
Z e
i
e ~ S [x] D[x],
K(xe , xa ; t, t0 ) =
(2.37)
x(t0 )=xa
wobei D[x] bedeutet, dass über alle möglichen Pfade von xa nach xe integriert wird. S [x]
ist die aus der klassischen Mechanik bekannte Wirkung des Pfades [17]. Eine bedeutende
Errungenschaft der Formulierung des Propagators mit Hilfe des Feynman’schen Pfadintegrales ist, dass dies eine neue Interpretation des Propagators und damit insgesamt der
zeitlichen Entwicklung eines quantenmechanischen Systems liefert. Der Propagator betrachtet demnach alle klassisch möglichen Wege, um von einem Ort zu einem anderen
zu gelangen, und gewichtet sie dabei mit einer komplexen Phase, die von der Wirkung
des jeweiligen Pfades abhängt. Während in der klassischen Mechanik aber nur ein Weg
realisiert wird, sind quantenmechanische Interferenzeffekte durch die unendliche Superposition aller Pfade möglich. Eine ausführlichere Beschreibung und Interpretation dieser
Methode findet sich zum Beispiel in [23, 24]. Goodman [20] benutzt das Pfadintegral, um
zu einem Ausdruck für den Propagator des Kastenpotentials zu gelangen, der mit unserem
Ergebnis, welches durch Berechnung mittels (2.35) leicht zu erhalten ist, übereinstimmt.
Allerdings sagt der Weg von Goodman mehr über die Interpretation und Bedeutung der
einzelnen Terme aus, so dass wir den Unterschied des Kick-Modells mit dem Kastenpotetial erklären können.
Damit kommen wir nach diesem Einschub über Propagatoren wieder auf den Vergleich unser beiden Zeitentwicklungsoperatoren (2.25) und (2.34) zurück. Zur Erinnerung
seien die Ergebnisse hier noch einmal rekapituliert
i p̂2
i qF0
i
Û N (t, t0 ) = e− ~ 2m (t−t0 ) e ~ mω MTk p̂ e− ~ U p NTk ,
∞
X
p̂2
i
˜
− ~i 2m
(t−t0 )
Û L (t, t0 ) = e
e ~ 2kL p̂ Â.
k=−∞
Obwohl die Ausdrücke verschieden sind, fallen auch Gemeinsamkeiten auf. So ist der
erste Term bei beiden Operatoren die freie Zeitentwicklung. Viel interessanter ist aber,
dass beide Zeitentwicklungsoperatoren einen Translationsoperator beinhalten. Beim Kastenpotential sind es jedoch unendlich viele, von denen einer mit dem des Kick-Modells
korrespondiert, wenn die Identifizierung qF0 /mω = 2v0 = 2L/T k vorgenommen wird.
Beim Kick-Modell ist also nur eine Wellenfunktion vorhanden, die um eine bestimmte
Strecke verschoben wird. Beim Kastenpotential wird dagegen eine unendliche Superposition von Wellenfunktionen impliziert, die alle um unterschiedliche Strecken verschoben
werden. Dies ist auch zu erwarten, da genau so der Zeitentwicklungsoperator nach der Methode von Born konstruiert wurde. Um noch ein tieferes Verständnis für die Bedeutung
dieses Unterschiedes zu bekommen, betrachten wir im Folgenden die Propagatoren.
2.3 Vergleich der Ergebnisse
25
Zuerst berechnen wir den Propagator für das Kastenpotential nach (2.35):
KL (xe , xa ; t, t0 ) = hxe |Û˜ L (t, t0 )|xa i
Z∞
∞
X
1
i
i p̂2
=
e ~ 2kL p̂ |pihp|Â|xa idp
hxe |e− ~ 2m (t−t0 )
2π~
k=−∞
1
=
2π~
−i
=
π~
−∞
Z∞
e
i
~ xe p
−∞
e
∞
X
i
i
i
e ~ 2kLp (e− ~ xa p − e ~ xa p )dp
k=−∞
−∞
Z∞
e
2
p
− ~i 2m
(t−t0 )
i
~ xe p
∞
X
p2
p
i
− ~i 2m
(t−t0 )
sin( xa )e
e ~ 2kLp dp.
~
k=−∞
(2.38)
Dieses Ergebnis stimmt mit einem Zwischenergebnis von Goodman [20] überein. Es lässt
sich zeigen, dass dies der richtige Propagator für das Kastenpotential ist, wofür wir allerdings auf Goodman verweisen. Wichtig für uns ist, dass Goodman dieses Zwischenergebnis auf eine andere Weise erhält. Er wählt, wie bereits erwähnt, den Ansatz über
das Feynman’sche Pfadintegral. Dazu geht er von dem Propagator für die freie Bewegung
aus, welcher schon über alle Pfade für freie Bewegung summiert. Allerdings betrachtet er
damit nur die Trajektorienklasse, die xa und xe ohne Reflexion an den Wänden verbindet.
Um jedoch über alle möglichen Pfade zu summieren, müssen auch die anderen Trajektorienklassen in Betracht gezogen werden, die über eine bestimmte Anzahl von Reflexionen
von xa nach xe gelangen. Es gibt einen Pfad, der ohne Reflexion die beiden Punkte verbindet, aber auch einen, der z.B. viermal an den Wänden reflektiert wird. Durch Betrachten
dieser Möglichkeiten erhält Goodman letztendlich in dem Propagator genau die unendliche Summe, die auch in (2.38) auftritt. Während wir diese Summe jedoch über eine
Superposition von Wellenfunktionen erhalten, entsteht sie bei Goodman aus den vielen
Möglichkeiten von Reflexionen.
Betrachten wir nun den Propagator für unser Kick-Modell. Da hier die Anzahl der
Reflexionen durch die Anzahl der Stöße festgelegt ist, dürfte, angesichts der Herleitung
von Goodman, die unendliche Summe aus (2.38) im Kick-Propagator nicht enthalten sein.
Ansonsten findet aber die gleiche klassische Bewegung wie im Kastenpotential statt, weshalb sich die Propagatoren bis auf die unendliche Summe nicht wesentlich voneinander
unterscheiden sollten. Es ist vielmehr zu erwarten, dass ein Term der Summe im KickPropagator enthalten ist. Die der Anzahl der Kicks entsprechene Zahl von Reflexionen
muss ebenso beim Kastenpotential als Möglichkeit enthalten sein. Berechnen wir also den
Propagator des Kick-Modells mit Hilfe unseres Zeitentwicklungsoperators (2.25) nach
2 Vergleich von Kastenpotential und zeitlichen Kicks
26
(2.35):
KN (xe , xa ; t, t0 ) = hxe |Û N (t, t0 )|xa i
Z∞
1
i qF0
i
i p̂2
=
hxe |e− ~ 2m (t−t0 ) e ~ mω MTk p̂ e− ~ U p NTk |pihp|xa idp
2π~
=
1
2π~
−∞
Z∞
i p2
i
i qF0
i
i
e ~ xe p e− ~ 2m (t−t0 ) e ~ mω MTk p e− ~ U p NTk e− ~ xa p dp
−∞
1 − ~i U p NTk
=
e
2π~
Z∞
i
i
i p2
i qF0
e ~ xe p e− ~ xa p e− ~ 2m (t−t0 ) e ~ mω MTk p dp.
(2.39)
−∞
Bei einem Vergleich mit dem Ergebnis des Propagators für das Kastenpotential (2.38),
fällt sofort auf, dass unsere Vorhersagen, die wir anhand von Goodmans Herleitung getroffen haben, zutreffend sind. Die unendliche Summe ist bis auf einen Term verschwunden.
Und der übrig gebliebene Term entspricht dem einen, durch die Anzahl der Kicks festgelegten, Pfad, wenn die Parameter so gewählt werden, dass qF0 /mω = 2v0 und v0 T k = L
gilt. Bis auf diesen Unterschied sind beide Propagatoren aber qualitativ gleich. Der KickPropagator enthält einen anderen globalen Phasenfaktor als der Propagator des Kastenpotentials und die zusätzliche Anfangsbedingung der antisymmetrischen Wellenfunktion ist
nicht enthalten. Daher ist die eine Exponentialfunktion nicht zu einer Sinusfunktion umgewandelt worden. Diese Unterschiede sind jedoch irrelevant, da ein globaler Phasenfaktor
wegfällt, wenn das Betragsquadrat berechnet wird, und die antisymmetrische Wellenfunktion nur eine Anfangsbedingung ist, die ebenfalls für das Kick-Modell eingeführt werden
kann.
2.4 Diskussion
Die eben beschriebenen Interpretationen aus Goodmans Herleitung erklären, warum das
Kick-Modell ein vom Kastenpotential abweichendes Resultat liefert. Im Kick-Modell
wird die Wand immer nur ganz kurz aufgebaut, sie besteht also nur zu bestimmten Zeitpunkten. Deshalb gibt es nicht unendlich viele Möglichkeiten bei der Anzahl der Reflexionen, und damit unendlich viele klassische Trajektorienklassen, um von einem Ort
zu einem anderen zu gelangen. Es gibt nur die eine, die durch die Anzahl der Kicks vorgegeben wird. Diese Trajektorie ist analog zu einer Trajektorie des Kastenpotentials. Dies
spiegelt sich in den Translationsoperatoren bei den beiden Zeitentwicklungsoperatoren
wieder und führt zum Verschwinden der Interferenzeffekte bei den Kicks, so dass sich
kein Quantenteppich bilden kann. Ein weiterer Grund für die Unterschiede ist, dass beim
Kastenpotential alle Impulse an den Wänden elastisch reflektiert werden, während es bei
den Kicks nur mit einer Impulskomponente geschieht. Hieraus wird ersichtlich, wie der
Übergang zur klassischen Mechanik abläuft. In der klassischen Beschreibung hat ein Teilchen einen wohldefinierten Ort und Impuls. Daher ist es unerheblich, ob nur einer oder
2.5 Erweiterung des Kick-Modells
27
alle Impulse elastisch reflektiert werden. Erst durch die Quantenmechanik, die Impulsund Ortsverteilungen impliziert, wird der Unterschied bemerkbar. Mit anderen Worten
ist in der Heisenberg’schen Unschärferelation der quantenmechanische Unterschied der
beiden Modelle begründet.
Dies muss als interessantes Zwischenergebnis gewertet werden, das aufzeigt, weshalb bei den beiden Modellen ein Unterschied in der Quantenmechanik auftritt, der im
klassischen Fall nicht zu beobachten ist. Es bedeutet allerdings, dass das Analogon des
Kastenpotentials zum Kick-Feld (welches als Idealisierung des Infrarotfeldes angenommen wurde) nicht zur Beschreibung von quantenmechanischen Vorgängen herangezogen
werden kann. Allerdings werden wir noch eine Erweiterung anschließen, mit der die Ähnlichkeit beider Modelle vergrößert wird und die letztendlich zu einer Struktur führt, die
uns auch im nächsten Kapitel begegnen wird.
2.5 Erweiterung des Kick-Modells
Ein Gedanke, der sich bei der Betrachtung der beiden Zeitentwicklungsoperatoren (2.25),
(2.34) aufdrängt, ist die Möglichkeit einer Superposition von Wellenpaketen auch im Fall
des Kick-Feldes. Hier müsste sie künstlich durch ein zusätzliches physikalisches Element
eingeführt werden, welches somit eine Summe in (2.25) erzeugen würde. In Anlehnung
an das nächste Kapitel kann ein Zug von ultrakurzen Laserpulsen, die eine Ionisation von
Elektronen und damit die Erzeugung neuer Wellenpakete bewirken, ein Beispiel sein um
die gewünschte Superposition von Wellenpaketen zu erreichen. Der Einfachheit halber
nehmen wir an, dass bei jedem zweiten Kick (entspricht einmal pro Periode des realen
Laserfeldes) ein neues Wellenpaket erzeugt wird. Diesen Vorgang integrieren wir in unser Modell durch eine einfache Superposition von Wellenpaketen, ohne den Wechselwirkungsprozess genau zu betrachten. Die Wellenpakete seien alle zum Zeitpunkt t0 identisch, wobei sie sich bis zum Zeitpunkt der Erzeugung in einem Eigenzustand eines Hamiltonoperators (z.B. in einem atomaren Grundzustand der Energie 0 ) befinden und sich
daher gemäß exp{−i0 (t − t0 )/~} zeitlich entwickeln. Mit M = N/2 und t0 = 0 wird (2.25)
zu
)
(
M
i
X
i p̂2
(t − 2(M − k)T k ) exp − 0 2(M − k)T k )
Û N,M (t, 0) =
exp −
~ 2m
~
k=0
i qF
i
0
∗ exp
kT k p̂ exp − 2U p kT k .
(2.40)
~ mω
~
Mit der Abkürzung
#
"
2T k p̂2
qF0
Ĉkick :=
−
p̂ + U p − 0
(2.41)
~ 2m 2mω
erhalten wir
#) X
(
"
M
n
o
i p̂2
(t − NT k ) + 0 NT k
exp −ikĈkick .
(2.42)
Û N,M (t, 0) = exp −
~ 2m
k=0
2 Vergleich von Kastenpotential und zeitlichen Kicks
28
Die Summe entspricht einer geometrischen Reihe und kann direkt ausgewertet werden
[25]:
M h
n
o X
n
oik 1 − e−iĈkick (M+1)
exp −ikĈkick =
exp −iĈkick =
.
−iĈkick
1
−
e
k=0
k=0
M
X
(2.43)
Damit ergibt sich für (2.42)
(
"
#)
i p̂2
1 − e−iĈkick (M+1)
.
Û N,M (t, 0) = exp −
(t − NT k ) + 0 NT k
~ 2m
1 − e−iĈkick
(2.44)
Wollen wir eine ähnliche Vereinfachung bei dem Zeitentwicklungsoperator des Kastenpotentials vornehmen, müssen wir die Summe
∞
X
k=−∞
e
i
~ 2kL p̂
=
∞
X
e
i
~ 2kL p̂
+
k=0
∞
X
i
e− ~ 2kL p̂ − 1
(2.45)
k=0
betrachten. Sie enthält die unendliche geometrische Reihe, welche nur konvergiert, wenn
i e± ~ 2L p̂ < 1
(2.46)
gilt [25]. Dies ist hier jedoch nicht für alle Werte des Impulsoperators gegeben. Allerdings benötigen wir keine Superposition von unendlich vielen Wellenfunktionen, wenn
wir einen Zeitpunkt betrachten, zu dem nur S Wellenfunktionen den Bereich zwischen
x = 0 und x = L erreicht haben. Dann unterscheidet sich die Zeitentwicklung mit
2
i p̂
Û˜ L,S (t, t0 ) = e− ~ 2m (t−t0 )
S
X
i
e ~ 2kL p̂ Â
(2.47)
k=−S
nicht von der exakten mit S → ∞ (2.34). Daher können wir nun die Vereinfachung mit
Hilfe der geometrischen Reihe benutzen. Mit
Ĉbox :=
2L
p̂
~
(2.48)
erhalten wir



 1 − ei(S +1)Ĉbox 1 − e−i(S +1)Ĉbox
p̂2
˜
− ~i 2m
(t−t0 ) 

+
− 1 Â.
Û L,S (t, t0 ) = e
i
Ĉ
−i
Ĉ
1 − e box
1 − e box
(2.49)
Im Vergleich mit (2.44) zeigt sich eine ähnliche Struktur, jedoch bleibt ein wichtiger Unterschied. Die freie Zeitentwicklung, die jeweils durch den entsprechenden exponentiellen
Vorfaktor repräsentiert wird, startet beim Kastenpotential bei t = t0 , während sie im Fall
der Kicks erst bei t = NT k beginnt. Dafür ist hier ein Term proportional zu p̂2 in Ĉkick
enthalten, welcher in Ĉbox nicht vorkommt. Dieser Unterschied wurzelt in der zeitlich versetzten Superposition beim Kick-Fall. Während im Kastenpotential alle Wellenfunktionen
2.5 Erweiterung des Kick-Modells
29
die gleiche Zeitentwicklung erfahren, besteht diese im anderen Fall aus zwei verschiedenen vor und nach der Erzeugung. Eine Äquivalenz der beiden Modellsysteme ist daher
auch durch die zusätzliche Superposition von Wellenpaketen nicht zu erreichen. Die einzige Möglichkeit wäre 0 ≡ p2 /2m, also eine freie Zeitentwicklung der Wellenfunktion
auch im Reservoir. Dies ist jedoch durch kein physikalisches System zu erreichen, so dass
wir diese Möglichkeit nicht weiter beachten. Trotzdem werden wir uns der Struktur (2.44)
noch etwas genauer widmen, da sie im nächsten Kapitel wieder zum Vorschein kommen
wird.
Betrachten wir die Wahrscheinlichkeitsdichte im Impulsraum. Durch Anwendung des
neuen Kick-Zeitentwicklungsoperators (2.44) entsteht
2
2
Ψ̃N,M (p, t) = hp|Û N,M (t, 0)|Ψ(0)i
2
"
#)
(
i p2
1 − e−iCkick (M+1)
hp|Ψ(0)i
= exp −
(t − NT k ) + 0 NT k
−iC
kick
~ 2m
1−e
2
2
1 − e−iCkick (M+1) = Ψ̃(p,
0)
1 − e−iCkick 2
sin(Ckick (M + 1)/2)2 .
Ψ̃(p,
0)
(2.50)
=
sin(Ckick /2)2
Der Vorfaktor wird uns im nächsten Kapitel wieder begegnen, wo wir ihn eingehender
diskutieren werden. Er hat das Aussehen eines Kamms, dessen Zähne mit höheren Impulsen enger zusammenrücken (siehe Abb. 2.3). Damit wirkt er als Impulsfilter, wobei bei
hohen Energien aufgrund der Engzahnigkeit die Filterwirkung geringer ist als bei niedrigen. Als letzte Bemerkung sei noch erwähnt, dass für die Wahrscheinlichkeitsdichte im
Impulsraum auch beim Kastenpotential eine ähnliche Struktur wie (2.50) entsteht, wobei
der Kamm dann allerdings nicht engzahniger wird, sondern alle Zacken den gleichen Abstand voneinander haben. Dies ist in der linearen Abhängigkeit von p̂ in Ĉbox begründet.
Während sich durch die Superposition von Wellenfunktionen im Kick-Modell eine interessante Struktur im Impulsraum ergibt, wartet die Entwicklung im Kastenpotential nur im
Ortsraum mit interessanten Ergebnissen auf.
2 Vergleich von Kastenpotential und zeitlichen Kicks
30
25
Impulsfilter
20
15
10
5
0
−2
−1
0
1
−24
Impuls p [10
2
kg m/s]
Abbildung 2.3: Die dimensionslose Größe des Impulsfilters aus Glg. (2.50) ist in
Abhängigkeit vom Impuls für M = 4 aufgetragen. Der Kamm ist nicht bei p = 0 zentriert, was an dem zweiten Term in Ĉkick (2.41) liegt, der proportional zu p̂ ist. Gut zu
sehen ist der geringere Abstand der Zacken bei höheren Impulsen (vgl. auch Abb. 3.2 im
nächsten Kapitel). Parameterwerte: T k = 1.33·10−15 s (⇔ Wellenlänge des zum Kick-Feld
korrespondierenden Laserfeldes λ = 800 nm), 0 = 24 eV, F0 = 1010 V/m.
3
Wellenpaket-Interferenz im
Infrarot-Laserfeld
In diesem Kapitel wird die zu beschreibende physikalische Situation expliziert und
anhand dessen eine Beschreibung unseres Modells geliefert. Dieses wird analytisch ausgearbeitet, um die Resultate an dem schon in der Einleitung erwähnten Experiment zu
testen. Abschließend folgt eine Diskussion des Modells, der Vorgehensweise und der Interpretation der Ergebnisse.
3.1 Einführung
Wie bereits erwähnt, wollen wir die Wirkung eines Laserfeldes modellieren, das aus einem Attosekundenpulszug besteht, dem zusätzlich das, den Pulszug erzeugende, InfrarotLaserfeld überlagert ist. Dabei treten die as-Pulse in einem zeitlichen Abstand auf, der der
ganzen oder halben Periode des IR-Pulses entspricht (vgl. Abb. 1.1, Kap. 1). Der Phasenunterschied ϕ der as-Pulse zum IR-Puls lässt sich variieren. Ursprünglich sei das Elektron
im Grundzustand. Nun setzt zu einem bestimmten Zeitpunkt das Laserfeld ein. Durch
die as-Pulse kann das Elektron per Photoabsorption in einen angeregten Zustand angehoben oder direkt ionisiert werden. Dort bewegt es sich unter dem Einfluss des IR-Feldes,
welches nun ebenfalls das Elektron, falls noch nicht geschehen, ionisieren kann. Spätere
Pulse des as-Pulszuges regen wieder Wellenpakete desselben Elektrons an, welche mit
zuvor angeregten Teilen der Wellenfunktion interferieren können. Nach Abklingen des
Laserfeldes wird die Ionisationsausbeute und das Photoelektronenspektrum in Abhängigkeit von der Phase ϕ untersucht.
Um das System analytisch beschreiben zu können, sind Näherungen nötig. Um deren Validität abschätzen zu können, ist es wichtig, einige Parameterwerte des zu untersuchenden physikalischen Systems zu konkretisieren. Das IR-Laserfeld, für das wir eine Beschreibung entwickeln, hat eine Intensität in der Größenordnung von I0 = O (1013 W/cm2 )
und eine Wellenlänge von ungefähr λ = 800 nm. Dies entspricht einer Photonenenergie
von ~ω = 1.55 eV. Die daraus mittels High-harmonic generation [26, 27] erzeugten asPulse haben eine Photonenenergie im Bereich von ~Ω := 15~ω ≈ 23 eV. Ihre Intensität
ist dagegen ungefähr eine Größenordnung kleiner als die des IR-Feldes. Aufgrund der
zu geringen Photonenenergie werden die Elektronen im Grundzustand nicht vom IR-Feld
3 Wellenpaket-Interferenz im Infrarot-Laserfeld
32
beeinflusst – angesichts der Größenordnung der Intensität auch nicht per Multiphotonenionisation [1] – und können somit nur durch die as-Pulse angeregt werden. Typische
Energieabstände zwischen dem Grundzustand und dem ersten angeregten Zustand liegen
bei ≈ 10 eV [28]. Der Einfluss des IR-Feldes muss also nur für angeregte bzw. ionisierte
Elektronen berücksichtigt werden. Um nun eine Beschreibungsmöglichkeit für den Einfluss dieser beiden Laserfelder zu finden, ist eine Abschätzung ihrer Stärke im Vergleich
zum Atompotential sinnvoll. Bei der Beschreibung werden durchgehend atomare Einheiten benutzt, d.h. ~ = e = me = 1 au (au=atomic units) wobei e die Ladung des Elektrons
und me seine Masse ist. Quantenmechanische Operatoren werden wieder durch ein Dach
über dem Buchstaben gekennzeichnet. Zudem beschränken wir uns der Einfachheit halber
auf eine räumliche Dimension.
Ein physikalisches System bestehend aus Atom und Laserfeld wird in der CoulombEichung (∇A(x, t) = 0) [29] durch folgenden Hamiltonoperator beschrieben [5]:
( p̂ + A( x̂, t))2
Ĥ =
+ Vc ( x̂)
2
p̂2
A2 ( x̂, t)
=
+ Vc ( x̂) + A( x̂, t) p̂ +
,
2
2
(3.1)
wobei das atomare Potential durch ein attraktives Coulombpotential Vc (x) und das Laserfeld durch das Vektorpotential A(x, t) beschrieben wird. Wir werden im weiteren Verlauf die Dipolnäherung [16] verwenden, womit das Vektorpotential als ortsunabhängig
betrachtet werden kann, d.h. A(x, t) → A(t). Die Bedeutung der einzelnen Terme in (3.1)
ist folgende: Die ersten beiden beschreiben die Energie des Elektrons im ungestörten
atomaren Potential, weshalb sie auch oft zu Ĥ0 zusammengefasst werden. Dabei stellt
p̂2 /2 den Anteil der kinetischen Energie dar. Der dritte Term beschreibt die Kopplung mit
dem Laserfeld und der letzte dessen Energie. Um nun zu entscheiden, ob einzelne Terme vernachlässigt werden können, ist eine Abschätzung der Größen von Feldenergie und
Bindungsenergie vorzunehmen. Dafür ist es sinnvoll eine, dem elektronischen Zustand
entsprechende, mittlere Bindungsenergie hĤ0 i =: E B zu betrachten und die Feldenergie
über eine Periode T = 2π/ω zu mitteln. Mit A(t) = A0 cos(ωt) folgt
1
T
ZT
A20
A2 (τ)
dτ =
=: U p .
2
4
(3.2)
0
Diese Energie wird ponderomotives Potential U p genannt. Gilt nun U p E B , so kann das
atomare Potential vernachlässigt werden. Diese Näherung ist unter dem Namen Strong
Field Approximation (SFA) [30, 31] bekannt. Gilt dagegen E B U p , dann wird die
Feldenergie vernachlässigt und der Kopplungsterm A(t) p̂ aus (3.1) mittels zeitabhängiger
Störungstheorie (siehe Anhang B) behandelt.
Wenden wir diese Betrachtungen nun auf unsere physikalische Situation an. Für die
−4
eV). Vergleichen wir dies mit Bindungsenergien im Grundas-Pulse gilt U as
p = O(10
zustand zwischen 27.2 eV (Wasserstoff) und 15.8 eV (Argon), so wird deutlich, dass
3.1 Einführung
33
hier eine störungstheoretische Behandlung angebracht ist. In höher angeregten Zuständen
ist das Matrixelement der Kopplung, das von der Stärke des Atompotentials abhängt, so
gering, dass wir die Wirkung der as-Pulse auf bereits angeregte Elektronen komplett vernachlässigen. Den Einfluss des IR-Feldes berücksichtigen wir, wie bereits erwähnt, nur
für angeregte Elektronen. Für das ponderomotive Potential ergibt sich U IR
p = O(1 eV).
Bei Bindungsenergien bis E B ≈ 1 eV hat das IR-Feld einen leicht dominierenden Einfluss
gegenüber dem Atompotential, so dass mit der SFA gearbeitet werden kann. Bei nicht
ganz so hoch angeregten Zuständen liegt die Bindungsenergie jedoch deutlich über dem
ponderomotiven Potential. Die SFA stellt hier eine sehr grobe Näherung dar. Wir werden
trotzdem das IR-Feld generell in der SFA behandeln, um eine analytische Beschreibung
zu ermöglichen. Auf mögliche Verbesserungen werden wir in der Diskussion eingehen.
Damit können wir mit der Modellierung beginnen. Wir behandeln die as-Pulse mittels
zeitabhängiger Störungstheorie, wobei nur Elektronen im Grundzustand Photonen absorbieren können. Der allgemeine Ausdruck für den angeregten Anteil der Wellenfunktion
in 1. Ordnung Störungstheorie lautet (vgl. B.14)
Zt
|Ψ(t)i ' −i
Û(t, τ)Aas (τ) p̂Û(τ, t0 )|Ψ0 (t0 )idτ,
(3.3)
t0
wobei Û alle Einflüsse bis auf den as-Puls enthält und |Ψ0 i die Wellenfunktion im Grundzustand beschreibt. Aufgrund unser oben diskutierten Näherungen ändert sich der Zeitentwicklungsoperator aber nach der Absorption eines Photons zum Zeitpunkt τ. Es gilt
daher Û(t, τ) , Û(τ, t0 ). Während Û(τ, t0 ) nur das Atompotential berücksichtigt, arbeiten
wir nach der Photoabsorption mit der SFA und Û(t, τ) enthält nur noch den Einfluss des
IR-Feldes (siehe Abb. 3.1). Dieser Zeitentwicklungsoperator lässt sich exakt berechnen,
weil der zugehörige Hamiltonoperator ĤIR (t) = ( p̂ + A(t))2 /2 nur vom Impuls-Operator
abhängt. Daher gilt [ĤIR (t1 ), ĤIR (t2 )] = 0 und es muss keine Zeitordnung berücksichtigt
werden. Mit den gängigen Abkürzungen
Zt
α(t, τ) :=
φA (t, τ) :=
1
2
A(t0 )dt0
(3.4)
A2 (t0 )dt0 ,
(3.5)
τ
t
Z
τ
schreibt sich Û(t, τ)1 als
( Z t
)
)
(
p̂2
0
0
Û(t, τ) = exp −i
ĤIR (t )dt = exp −i (t − τ) − i p̂α(t, τ) − iφA (t, τ) .
2
τ
1
(3.6)
Wendet man übrigens diesen Zeitentwicklungsoperator auf einen Impulseigenzustand eikx an, erhält
man die sogenannten Volkov-Wellenfunktionen (siehe auch [34]).
3 Wellenpaket-Interferenz im Infrarot-Laserfeld
34
Abbildung 3.1: Schematisches Energie-Zeit-Diagramm des gesamten von uns modellierten Prozesses. Im Grundzustand bei der Energie 0 entwickelt sich das Elektron nur unter
dem Einfluss des atomaren Potentials, bis es zur Zeit τ ein Photon der Frequenz Ω eines as-Pulses absorbiert und auf das Energieniveau f angehoben wird. Dort spürt es nur
die Wirkung des IR-Feldes, mit welchem es Photonen austauschen kann und von dem es
aufgrund des streaking-Effektes [32, 33] einen zusätzlichen Anfangsimpuls A(τ) erhält.
Die Wirkung des Zeitentwicklungsoperators Û(τ, t0 ) vor der Photoabsorption können wir
berechnen, indem wir annehmen, dass sich das Elektron im Grundzustand in einem atomaren Eigenzustand der Energie 0 befindet. Damit folgt
Û(τ, t0 )|Ψ0 (t0 )i = e−i0 (τ−t0 ) |Ψ0 (t0 )i.
(3.7)
Spezifizieren wir jetzt noch die as-Pulse als
as
Aas
n (t) = A0 fn (t) cos(Ωt),
(3.8)
mit einer gaußförmigen Einhüllenden der Form
)
(t − tn )2
,
fn (t) = p
exp −
2σ2t
2πσ2t
(
1
(3.9)
wobei tn die Zeit des n-ten as-Pulses bezeichnet. Damit ergibt sich mit (3.3) und t0 = 0
für den, durch den n-ten as-Puls angeregten, Teil der elektronischen Wellenfunktion
Z∞
|Ψn (t)i = −i
−∞
(
Z
t
exp −i
)
0
ĤIR (t )dt
τ
0
−i(0 +Ω)τ
Aas
|Ψ0 idτ.
0 fn (τ) p̂e
(3.10)
Dabei haben wir die Integrationsgrenzen zur besseren Berechenbarkeit auf ±∞ gestreckt,
da Anfangs- und Endzeitpunkt so gewählt werden, dass der as-Pulszug abgeklungen ist,
3.1 Einführung
35
d.h. fn (0) = fn (t) = 0, ∀n. Außerdem betrachten wir aus (3.8) nur den, einer Photonenabsorption entsprechenden, Anteil e−iΩτ der Kosinusfunktion.
Wenden wir uns jetzt dem Effekt des sukzessiven Auftretens der as-Pulse in einem
Pulszug zu. Der erste as-Puls ionisiert mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit ein Elektron. Diese Wahrscheinlichkeitsamplitude wird durch ein elektronisches Wellenpaket dargestellt (3.10), welches sich nun, da bereits angeregt, unter dem Einfluss des IR-Feldes
bewegt. Während des as-Pulszuges wird keine Messung vorgenommen, weshalb die quantenmechanische Wellenfunktion nicht zusammenbricht. Der zweite as-Puls ionisiert wieder mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit dasselbe Elektron, welches auch noch einen
Teil seiner Wellenfunktion im Grundzustand hat. Es wird also ein neues elektronisches
Wellenpaket im IR-Feld erzeugt, dass mit dem durch den ersten as-Puls erzeugten Wellenpaket interferieren kann. Dieser Vorgang setzt sich bis zum Ende des as-Pulszuges fort,
weshalb sich die Gesamtwellenfunktion schreiben lässt als
|Ψ(t)i =
N−1
X
|Ψn (t)i,
(3.11)
n=0
wobei wir die Zählung der as-Pulse bei n = 0 beginnen. Die Messung der Ionisationswahrscheinlichkeit findet erst nach Abklingen des gesamten Laserfeldes statt. Sie wird
dadurch beeinflusst, wie sich die einzelnen Teile der elektronischen Wellenfunktion, die
schon durch frühere as-Pulse ionisiert wurden, im IR-Feld verhalten haben. Durch Interferenzeffekte kann die Ionisationswahrscheinlichkeit stark verändert werden. Wir werden
uns insbesondere auf eine Abhängigkeit der Ionisationswahrscheinlichkeit von der Phase
der as-Pulse zum IR-Puls konzentrieren. Im Impulsraum berechnet sie sich durch
Z ∞
(3.12)
PI =
|hp|Ψ(t)i|2 dp,
−∞
wobei die Phasenabhängigkeit in der Wellenfunktion (3.11) steckt.
Als letzte vereinfachende Annahmen seien noch anzumerken, dass das IR-Feld gut als
monochromatische ebene Welle beschrieben werden kann, obwohl es eigentlich auch eine
Pulsform besitzt. Die Amplitude der Pulseinhüllenden variiert jedoch nur gering während
des as-Pulszuges, so dass sie im physikalisch relevanten Zeitraum in guter Näherung als
konstant angenommen werden kann. Außerdem werden wir die Übergangsdipolmatrixelemente bei der Ionisation vernachlässigen, so dass alle Ionisationen mit der gleichen
Wahrscheinlichkeit auftreten und unabhängig vom atomaren Grundzustand sind. Diese
Näherung ist ähnlich grob wie die Vernachlässigung des Atompotentials nach der Ionisation und bedarf daher noch eingehender Diskussion. Sie entspringt dem Gedanken, die
Effekte des Laserfeldes möglichst ungestört beobachten und herausfiltern zu wollen. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass unser Modell den Vorgang der Wechselwirkung
eines speziellen Laserfeldes mit einem Atom auf den Einfluss des Lasers reduziert, wobei
die as-Pulse und der IR-Puls getrennt und nacheinander betrachtet werden. Der Gegebenheit des Attosekundenpulszuges wird durch eine Superpostion von Wellenpaketen Rechnung getragen. Die Vorteile dieses Modells liegen auf der Hand. Es ist eine Beschreibung
3 Wellenpaket-Interferenz im Infrarot-Laserfeld
36
unabhängig von der Kenntnis des Atompotentials oder der Grundzustandswellenfunktion möglich, wodurch die Wirkungen des Laserfeldes deutlich hervor treten und atomunabhängige Erkenntnisse gewonnen werden können. Zudem ist das Modell analytisch
relativ gut zu behandeln, so dass nicht nur numerische Ergebnisse realisierbar sind.
3.2 Photoabsorptionsspektrum
Im Folgenden wird die theoretische Beschreibung unseres Modells weiter ausgeführt. Ziel
dieser Darstellung ist es, einen analytischen Ausdruck für das Photoabsorptionsspektrum
– hier die Wahrscheinlichkeitsdichte nach Abklingen des Laserfeldes – in Abhängigkeit
vom Impuls und von der Phase der as-Pulse zum IR-Feld zu erhalten. Dabei betrachten
wir die beiden Fälle von einem und zwei as-Pulsen pro Periode des IR-Feldes.
3.2.1 Analytische Beschreibung
1. Zeitentwicklungsoperator
Ausgehend von Gleichung (3.10) definieren wir
|Ψn (t)i =: Ûn (t) p̂|Ψ0 i,
(3.13)
und erhalten somit einen Ausdruck für einen Zeitentwicklungsoperator, der bis auf den
Impulsoperator den gesamten Vorgang der Ionisation und der anschließenden Propagation
im IR-Feld enthält. Wir setzen noch Aas
0 = 1, da die Amplitude des as-Pulses nur bei der
Normierung der Wellenfunktion eine Bedeutung hat. Diese beachten wir jedoch nicht, da
wir nur am qualitativen Verlauf der Ionisationswahrscheinlichkeit interessiert sind. Damit
ergibt sich
Ûn (t) =
=:
p
p
−i
Z
2πσ2t
Z
−i
2πσ2t
)
(
)
( Z t
( p̂ + A(t0 ))2 0
(τ − tn )2 −i(Ω+0 )τ
dt exp −
e
exp −i
2
2σ2t
−∞
τ
∞
∞
eG(τ) dτ.
(3.14)
−∞
Hier haben wir die Exponentenfunktion
Z
G(τ) = −i
τ
t
( p̂ + A(t0 ))2 0 −(τ − tn )2
dt +
− i f τ
2
2σ2t
definiert, wobei f = 0 + Ω die Anfangsenergie des Elektrons im Kontinuum ist.
(3.15)
3.2 Photoabsorptionsspektrum
37
2. Entwicklung um tn
Wir nehmen jetzt eine weitere Näherung vor. Und zwar ersetzen wir bei der Zeitentwicklung nach der Ionisation den Anfangszeitpunkt τ durch den wahrscheinlichsten Anfangszeitpunkt. Dieser ist durch den Schwerpunkt tn der Gauß-Einhüllenden (3.9) gegeben.
Dadurch wird (3.15) zu
Z t
( p̂ + A(t0 ))2 0 −(τ − tn )2
G(τ) = −i
dt +
− i f τ.
(3.16)
2
2σ2t
tn
Diese Funktion entwickeln wir bis zur 2. Ordnung in tn :
G(τ) ≈ G(tn ) + G0 (tn )(τ − tn ) +
G00 (tn )
(τ − tn )2 ,
2!
(3.17)
mit den Ausdrücken
Z
t
( p̂ + A(t0 )2 0
dt − i f tn ,
2
tn
!
( p̂ + A(tn ))2
0
G (tn ) = i
− f ,
2
1
G00 (tn ) = i( p̂ + A(tn ))A0 (tn ) − 2 .
σt
G(tn ) = −i
(3.18)
(3.19)
(3.20)
Wird die Näherung für die Exponentenfunktion (3.17) in (3.14) eingesetzt, ergibt sich
(
)
Z
−ieG(tn ) ∞
G00 (tn )
0
2
Ûn (t) = p
exp G (tn )(τ − tn ) +
(τ − tn ) dτ
2
2πσ2t −∞
( 0 2)
G (tn )
eG(tn )
= −p
exp
.
(3.21)
2G00 (tn )
σ2t G00 (tn )
3. Impulsraum
Wir werden die Wahrscheinlichkeitsdichte im Impulsraum berechnen, da das Impuls- bzw.
Energiespektrum der Photoelektronen auch im Experiment direkt zugänglich ist.
2
N−1
2
X
Ψ̃(p, t) = hp|
Ûn (t) p̂|Ψ0 i ,
(3.22)
n=0
wobei der Zeitentwicklungsoperator nur vom Impulsoperator abhängt. Wir können daher
die Eigenwertgleichung
p̂|pi = p|pi
(3.23)
benutzen, um den Impulsoperator durch den Eigenwert des Impulses zu ersetzen. Dadurch
wird der Zeitentwicklungsoperator (3.21) zur Zeitentwicklungsfunktion Un (t).
3 Wellenpaket-Interferenz im Infrarot-Laserfeld
38
4. Infrarot-Feld
Deas IR-Feld nähern wir, wie bereits erwähnt, durch eine ebene monochromatische Welle
an. Wir wählen
F(t) = F0 sin(ωt + ϕ) = −∂t A(t)
F0
⇒ A(t) =
cos(ωt + ϕ).
ω
(3.24)
(3.25)
Die Phase ϕ bestimmt die Position der as-Pulse im IR-Feld, wobei ϕ = 0 bedeutet, dass
die as-Pulse mit den Nulldurchgängen des elektrischen Feldes zusammenfallen.
5. Zwei Attosekundenpulse pro IR-Periode
Wir betrachten jetzt den Fall von zwei as-Pulsen pro Periode des IR-Feldes, d.h. die asPulse treten im Abstand von einer halben Periode voneinander auf. Mit tn = nT/2 = nπ/ω
folgt
F0
cos ϕ =: (−1)n Aϕ ,
ω
A0 (tn ) = −(−1)n F0 sin ϕ =: (−1)n+1 A0ϕ .
A(tn ) = (−1)n
(3.26)
(3.27)
Wir können zwischen geraden und ungeraden Werten von n unterscheiden und schreiben
(3.19) und (3.20) als
G0±
G00±
!
(p ± Aϕ )2
= i
− f =: iE± (p),
2
1
= ∓i(p ± Aϕ )A0ϕ − 2 ,
σt
(3.28)
(3.29)
wobei E± (p) die Energie des Elektrons im IR-Feld, verschoben um die Anfangsenergie
im Kontinuum, darstellt. Dies setzen wir in (3.21) ein und erhalten nach einigen Umformungen
Un (t) = exp {G(tn )} χ± (p, ϕ),
(3.30)
mit einem in der Energie E± (p) gaußförmigen Wellenpaket
s
χ± (p, ϕ) =
1 ∓ iσ2t A0ϕ (p ± Aϕ )
σ2t σ2±
)
(
E± (p)2
2 0
exp −
(1 ∓ iσt Aϕ (p ± Aϕ )) ,
2σ2±
(3.31)
welches eine effektive Energiebreite
σ2± =
1
+ (σt (p ± Aϕ )A0ϕ )2
2
σt
(3.32)
3.2 Photoabsorptionsspektrum
39
besitzt. Diese liefert zwei Beiträge: Der erste kommt direkt aus der zeitlichen Breite des
as-Pulses, wogegen der zweite die Änderung des IR-Feldes während des Ionisationsvorganges berücksichtigt. Aufgrund des
p streaking-Prinzips wird der Anfangsimpuls des ionisierten Elektrons gemäß p0 = ± 2 f ± Aϕ beeinflusst [32, 33]. Eine Änderung von Aϕ
während der Ionisation wirkt daher auf die Energiebreite der Anfangswellenfunktion ein.
Für G(tn ) (3.18) ergibt sich mit dem Vektorpotential des IR-Feldes (3.25)
p2
G(tn ) = −i (t − tn ) − ipαn (t) − iφn (t) − i f tn .
2
(3.33)
Dabei sind
F0 n
sin(ωt
+
ϕ)
−
(−1)
sin(ϕ)
,
ω2
Up
Up φn (t) = U p t −
nπ +
sin(2ωt + 2ϕ) − sin(2ϕ)
ω
2ω
αn (t) =
(3.34)
(3.35)
gemäß (3.4) und (3.5) berechnet, wobei U p = F02 /4ω2 das ponderomotive Potential ist.
Wir bestimmen jetzt nach (3.22) und (3.30) die Wahrscheinlichkeitsdichte im Impulsraum.
Dabei können alle von n unabhängigen Terme aus der Summe herausgezogen werden.
Deren Absolutbetragsquadrat ergibt aufgrund von |ei... | = 1 immer den Wert Eins. Mit
dem Dipolübergangsmatrixelement Mip := hp| p̂|Ψ0 i folgt
2
(
!
)
N−1
2 X
p2 U p − f
F0
Ψ̃(p, t) = exp i
+
nπ + ip 2 (−1)n sin ϕ χ± (p, ϕ) |Mip |2 . (3.36)
2ω
ω
ω
n=0
Es fällt auf, dass, aufgrund ihrer Unabhängigkeit von n, alle zeitabhängigen Terme wegfallen. Die Impuls-Wahrscheinlichkeitsdichte hängt somit nicht mehr von der Zeit ab. Die
parametrische Abhängigkeit von der Phase ϕ der as-Pulse zum IR-Feld ist die uns interessierende Eigenschaft. Dies lassen wir in unsere Notation einfließen und mit den Definitionen
p2 U p − f
+
,
2ω
ω
F0
:=
sin ϕ,
ω2
C p :=
(3.37)
Sϕ
(3.38)
erhalten wir
2
N−1
2
X
n
Ψ̃ p (ϕ) = eiC p nπ+ip(−1) S ϕ χ± (p, ϕ) |Mip |2 .
n=0
(3.39)
Es lässt sich eine erhebliche Vereinfachung erzielen, wenn die Summe in gerade und
3 Wellenpaket-Interferenz im Infrarot-Laserfeld
40
ungerade Werte von n aufgeteilt wird:
N
2
2 −1 X
2
Ψ̃ p (ϕ) = ei(C p 2nπ+pS ϕ ) χ+ (p, ϕ) + ei(C p (2n+1)π−pS ϕ ) χ− (p, ϕ) |Mip |2
n=0
N
2
2 −1
X
= eiC p 2nπ eiC p π/2 ei(pS ϕ −C p π/2) χ+ (p, ϕ) + e−i(pS ϕ −C p π/2) χ− (p, ϕ) |Mip |2
n=0
2
N
2 −1
X
2
iC p 2nπ i(pS ϕ −C p π/2)
e
e
= χ+ (p, ϕ) + e−i(pS ϕ −C p π/2) χ− (p, ϕ) |Mip |2 . (3.40)
n=0
Die Summe ist eine geometrische Reihe und kann wie im letzten Kapitel (vgl. Gln. (2.43)
und (2.50)) direkt ausgewertet werden
2 N
2 −1
X
1 − eiπNC p 2 sin2 ( N πC p )
2
iC
2nπ
=
e p = .
(3.41)
2
1 − ei2πC p sin (πC p )
n=0
Damit ergibt sich letztendlich
|Ψ̃2attos
(ϕ)|2 =
p
2
sin2 ( N2 πC p ) i(pS ϕ −C p π/2)
e
χ+ (p, ϕ) + e−i(pS ϕ −C p π/2) χ− (p, ϕ) |Mip |2 , (3.42)
2
sin (πC p )
wobei der erste Term den schon aus dem vorigen Kapitel bekannten Impulsfilter repräsentiert.
6. Ein Attosekundenpuls pro IR-Periode
Bei einem as-Puls pro IR-Periode besteht eine große Ähnlichkeit zum eben betrachteten
Fall, nur dass jetzt tn = nT = 2nπ/ω gilt. Das bedeutet, dass die gleichen Formeln wie
im vorigen Abschnitt gelten, wenn n durch 2n ersetzt wird. Es ergeben sich einige Unterschiede, insbesondere fallen alle Faktoren der Form (−1)n weg. Statt (3.26) und (3.27)
gelten nun
F0
cos ϕ,
ω
= F0 sin ϕ,
Aϕ =
(3.43)
A0ϕ
(3.44)
und es gibt statt (3.31) nur noch den Beitrag von χ+ (p, ϕ). Aus (3.39) wird daher
2
N−1
X
|Ψ̃ p (ϕ)|2 = eiC p 2nπ+ipS ϕ χ+ (p, ϕ) |Mip |2
n=0
2
N−1
X
iC p 2nπ |χ+ (p, ϕ)|2 |Mip |2 .
(3.45)
= e
n=0
3.2 Photoabsorptionsspektrum
41
70
N=8
ω
60
ω
K(p,N)
50
ω
40
30
20
N=4
10
N=2
0
−1
−0.5
0
0.5
1
Impuls p [au]
Abbildung 3.2: Die Kammfunktion K1 (p, N) in Abhängigkeit vom Impuls für N = 8,
N = 4 und N = 2. Parameterwerte: ω = 0.05696 au (⇔ λ = 800 nm), f = 0.144 au,
Intensität I0 = 0.00037 au= 1.3 · 1013 W/cm2 .
Die Summe kann in diesem Fall direkt mit Hilfe der Analogie zur geometrischen Reihe
ausgewertet werden und es ergibt sich für den Fall von einem as-Puls pro IR-Periode
folgende einfachere Formel für die Impuls-Wahrscheinlichkeitsdichte:
|Ψ̃1atto
(ϕ)|2 =
p
sin2 (NπC p )
sin2 (πC p )
|χ+ (p, ϕ)|2 |Mip |2 .
(3.46)
3.2.2 Diskussion
Die Wahrscheinlichkeitsdichten (3.42) und (3.46) haben eine sehr ähnliche Struktur. Den
ersten Term definieren wir als Kammfunktion
Kν (p, N) :=
sin2 ( Nν πC p )
sin2 (πC p )
.
(3.47)
Die Bezeichnung Kamm wird aus Abb. 3.2 ersichtlich. Er ist schon aus dem vorigen
Kapitel bekannt, wo er jedoch eine etwas andere Form aufgrund von C p , Ckick hat (vgl.
Glg. (2.41) und Abb. 2.3, Kap. 2.5). Den jeweils zweiten Term bezeichnen wir mit
Φ1 (p, ϕ) := |χ+ (p, ϕ)|2 ,
2
Φ2 (p, ϕ) := ei(pS ϕ −C p π/2) χ+ (p, ϕ) + e−i(pS ϕ −C p π/2) χ− (p, ϕ) .
(3.48)
(3.49)
Das Matrixelement vernachlässigen wir in einer ersten Näherung, da wir eine vom atomaren Potential unabhängige Beschreibung gewinnen wollen. Zudem ändert sich das Matrixelement in der Nähe der Ionisationsschwelle nicht besonders stark mit dem Impuls, so
42
3 Wellenpaket-Interferenz im Infrarot-Laserfeld
20
(d)
PI [bel. Einh.]
15
10
5
0
0
0.5
1
1.5
2
Phase [π]
Abbildung 3.3: Dichteplots für einen as-Puls pro Periode. Parameterwerte stimmen mit
denen in Abb. 3.2 überein, die Breite der as-Pulse (3.8) liegt bei σt = 9.2 au. (a)
Φ1 (p, ϕ). Es zeigen sich zwei gaußförmige Wellenpakete
im Impulsraum, deren Schwerp
punkt sich durch den Anfangsimpuls p0 = ± 2 f − Aϕ ergibt. Der streaking-Effekt ist
deutlich zu sehen: Der Schwerpunkt der Gaußpakete folgt dem Verlauf von −Aϕ (weiße
Linie). (b) Kammfunktion K1 (p,
N =2 8). (c) Die Multiplikation von (a) und (b) ergibt
die Wahrscheinlichkeitsdichte Ψ̃1p (ϕ) = K1 (p, N)Φ1 (p, ϕ). (d) Ionisationswahrscheinlichkeit nach Glg. (3.12).
dass es als konstant angenommen werden kann [35]. Dann hat es, wie die Amplitude der
as-Pulse, nur für die Normierung eine Bedeutung. Dieser Punkt wird jedoch noch zu diskutieren sein. Somit lässt sich die Wahrscheinlichkeitsdichte für ν as-Pulse pro IR-Periode
allgemein schreiben als
ν 2
Ψ̃ p (ϕ) = Kν (p, N)Φν (p, ϕ).
(3.50)
Die Wahrscheinlichkeitsdichte setzt sich aus zwei Termen zusammen. Während Kν (p, N)
unabhängig von der Phase ϕ, aber abhängig von der Anzahl der Kicks ist, welche das Charakteristikum des Pulszuges sind, enthält Φν (p, ϕ) die Phasenabhängigkeit und das Gaußpaket χ± (p, ϕ), welches wie eine Anfangswellenfunktion wirkt. Wenn wir den ImpulsPhasen-Dichteplot betrachten (siehe Abb. 3.3 und 3.4), haben wir eine phasenabhängige
Funktion, die deutlich den Effekt des streaking [32, 33] enthält. Sie wird mit einem Impulsfilter, der Kammfunktion (Abb. 3.2), multipliziert, die eine phasenunabhängige Aus-
3.2 Photoabsorptionsspektrum
43
20
(d)
PI [bel. Einh.]
15
10
5
0
0
0.5
1
1.5
2
Phase [π]
Abbildung 3.4: Dichteplots für zwei as-Pulse pro Periode. Parameterwerte
p stimmen mit
denen in Abb. 3.3 überein. (a) Φ2 (p, ϕ) mit dem Verlauf von p0 = ± 2 f ± Aϕ (weiße Linien). Der Effekt des streaking ist aufgrund von Interferenzen zwischen χ+ (p, ϕ)
und χ− (p, ϕ) nicht mehr so deutlich zu sehen wie im Fall von einem as-Puls pro Periode. (b) Kammfunktion K2 (p, N = 8). (c) Die Multiplikation von (a) und (b) ergibt
2
die Wahrscheinlichkeitsdichte Ψ̃2p (ϕ) = K2 (p, N)Φ2 (p, ϕ). (d) Ionisationswahrscheinlichkeit nach Glg. (3.12).
wahl von bestimmten Impulsen bewirkt. Ihre Maxima fallen mit ganzzahligen Werten von
C p zusammen. Die Bedingung für Maxima lautet daher mit p2 /2 = E
E + Up − f
= m,
ω
m ∈ Z,
(3.51)
was äquivalent ist zu
E = f + mω − U p .
(3.52)
Dies ist die Energie des Zustands nach der Ionisation plus m-mal der Energie eines IRPhotons minus des ponderomotiven Potentials. Es ist ein sehr vernünftiges Ergebnis,
welches auch mit bekannten Ergebnissen der ATI (Above-Threshold Ionization) übereinstimmt [36]. Interessant für unsere Diskussion ist allerdings, dass die Maxima im Abstand
ω voneinander auftreten. Dies bedeutet im Impulsraum, dass die Abstände desto kleiner
44
3 Wellenpaket-Interferenz im Infrarot-Laserfeld
20
18
16
PI [bel. Einh.]
14
12
10
8
6
4
2
0
0
0.5
1
1.5
2
1.5
2
Phase [π]
20
18
16
PI [bel. Einh.]
14
12
10
8
6
4
2
0
0
0.5
1
Phase [π]
Abbildung 3.5: Dichteplot der Wahrscheinlichkeitsdichte und der zugehörigen Ionisationswahrscheinlichkeit für Energien f = 0.3 au (oben) und f = −0.028 au (unten) bei
einem as-Puls pro Periode, N = 8 und sonstigen Parameterwerten wie in Abb. 3.2. Im
oberen Fall sind die beiden Stränge der Wellenfunktion so weit voneinander getrennt,
dass sie nicht überlappen. Erst wenn sie dies tun und daher interferieren (unten), treten
Oszillationen in der Ionisationswahrscheinlichkeit auf.
werden, je höher die Impulse sind. Der Kamm wird also mit zunehmenden Impulsen
immer engzahniger, wodurch er in seiner selektierenden Funktion nachlässt. Die Phasenfunktion Φν (p, ϕ) wird somit bei niedrigen Energien im Impulsraum stärker moduliert als
bei hohen. Damit lässt sich erklären, dass die Ionisationswahrscheinlichkeit nur bei niedrigen Energien eine Phasenabhängigkeit zeigt. Dies lässt sich auch physikalisch verstehen.
Bei hohen Energien und damit hohen Geschwindigkeiten entfernen sich die Wellenpakete
zu weit vom Ursprungsort, so dass neu erzeugte Wellenpakete nicht mit ihnen interferieren können. Daher ist auch keine Abhängigkeit der Ionisationswahrscheinlichkeit von der
Phase zu erwarten. Vielmehr muss sie konstant die Anzahl der ionisierten Wellenpakete
widerspiegeln, was der Anzahl der as-Pulse im Pulszug entspricht (vgl. Abb. 3.5).
3.3 Ionisationswahrscheinlichkeit
45
3.3 Ionisationswahrscheinlichkeit
Wie eingangs erwähnt (vgl. 3.12), untersuchen wir im Folgenden die Phasenabhängigkeit
der Ionisationswahrscheinlichkeit. Um eine analytisch einfacher zu handhabende Formel
zu erhalten, werden wir zuerst den Attosekundenpulszug mit einem Puls pro IR-Periode
betrachten. Dabei treten alle wichtigen Merkmale auf, die wir auch mit zwei as-Pulsen
pro Periode erhalten. Trotzdem werden wir später auch diesen Fall diskutieren, wobei wir
dann auf die bereits gewonnenen Ergebnisse zurückgreifen können.
3.3.1 Ein Attosekundenpuls pro Periode
Betrachten wir zuerst die Breite σ+ (3.32) der Anfangswellenfunktion χ+ (p, ϕ) (3.31):
σ2+ =
1
+ (σt (p + Aϕ )A0ϕ )2 .
σ2t
Zur Abschätzung der Gewichtung der beiden Einflüsse betrachten wir as-Pulse mit einer Breite von 370 as (vgl. Abb. 3.9, Kap. 3.4), was σt = 9.2 au entspricht. Damit liegt
der Beitrag von 1/σ2t zu (3.32) bei O(10−2 au). Für die in unserem Modell betrachteten Parametergrößen von Aϕ = O(10−1 au), A0ϕ = O(10−2 au) und Impulswerte bis zu
p = O(10−1 au), fällt der Effekt der Änderung des IR-Feldes nur mit O(10−4 au) ins
Gewicht. Er ist daher zwei Größenordnungen kleiner, so dass wir ihn vernachlässigen
werden und durch ein einfacheres Gaußpaket der Form


!2
2




 (p + Aϕ )
2
−
/2σ
χ̃+ (p, ϕ) = exp 
−
,

f




2
(3.53)
dessen Breite nicht von ϕ abhängt, ersetzen. Außerdem betrachten wir nur den Fall N = 2,
da sich hierfür die Rechnungen leichter durchführen lassen. Es ergibt sich für die Kammfunktion (3.47)
sin(2πC p )
K1 (p, 2) =
sin(πC p )
!2
2 sin(πC p ) cos(πC p )
=
sin(πC p )
!2
= 4 cos2 (πC p ).
(3.54)
Bei einer höheren Anzahl von as-Pulsen (N > 2) ist das Vorgehen analog, allerdings
enthält der Kamm dann mehr Terme. So ergibt sich z.B. für K1 (p, N = 4) = 4 cos2 (πC p ) +
4 cos2 (3πC p ) + 8 cos(πC p ) cos(3πC p ). Bei N = 2 bleibt für die Ionisationswahrscheinlich-
3 Wellenpaket-Interferenz im Infrarot-Laserfeld
46
Abbildung 3.6: Die Ionisationswahrscheinlichkeit (mit der exakten Wellenfunktion
χ+ (p, ϕ) (3.31) anstelle der Näherung (3.53)) als Dichteplot in Abhängigkeit von der
Energie f und der Phase ϕ. Bei bestimmten Energiewerten (im Text als max
bezeichf
net) ist eine deutliche Ausprägung von Extrema in Abhängigkeit von der Phase zu sehen,
deren Position für negative und postive Energien jedoch unterschiedlich ist. Im Bereich
zwischen diesen Energien max
sind die Schwankungen der Ionisationswahrscheinlichkeit
f
nicht so kontrastreich.
keit (3.12) nun folgendes Integral auszurechen:
Z ∞
Ψ̃ (ϕ)2 dp
PI (ϕ) =
p
−∞
Z ∞
=
K1 (p, 2)Φ1 (p, ϕ)dp
−∞
!! (p+Aϕ )2 !2 2
2
− f /σ
−
π
p
2
= 4
cos2
+ Up − f e
dp
ω 2
−∞
!!# p2 2
Z ∞"
2π (p − Aϕ )2
−
− /σ2
+ Up − f e 2 f
dp.
= 2
1 + cos
ω
2
−∞
Z
∞
(3.55)
Im letzten Schritt haben wir die Integrationsvariable von p zu p − Aϕ verschoben. Die
Ionisationswahrscheinlichkeit besteht aus zwei Integralen
PI (ϕ) = PaI + PbI (ϕ),
wobei
Z
PaI
∞
:= 2
e
−
p2
2 − f
2
/σ2
dp
(3.56)
(3.57)
−∞
analytisch gelöst werden kann. Da es jedoch nicht von der Phase ϕ abhängt, ist es für uns
uninteressant. Dagegen benötigen wir für das Integral


!!
!2
Z ∞
2


2


(p
−
A
)
p
2π
ϕ

2
/σ
+ U p − f exp 
−
dp (3.58)
PbI (ϕ) := 2
−
cos

f




ω
2
2
−∞
3.3 Ionisationswahrscheinlichkeit
47
eine Näherung um die Phasenabhängigkeit genauer zu untersuchen. Wir bedienen uns
hierfür der Methode der Stationären Phasennäherung (siehe Anhang C), um den Hauptbeitrag zum Integral zu studieren. Wir suchen den Punkt, an dem die Ableitung der Phase
des Kosinus den Wert Null ergibt, was uns zu p = Aϕ führt. Damit erhalten wir
  2

2


!
A




2π
ϕ



 − f  /σ2 
−
PbI (ϕ) ≈ 2 cos
U p − f exp 
,





ω
2
(3.59)
wobei eine Abhängigkeit sowohl von der Phase ϕ als auch von der Energie f vorliegt.
Wir untersuchen im Folgenden das Auftreten von Extrema als Funktion dieser beiden
Parameter (siehe Abb. 3.6). Aus (3.59) lässt sich sofort ablesen, dass bei den Werten
max
= U p − nω Maxima der Kosinusfunktion, d.h. cos(2π(U p − max
f
f )/ω) = 1, auftreten.
Zur Untersuchung der Phasenabhängigkeit werden wir uns im weiteren Verlauf auf diese
Werte f = max
konzentrieren. Laut Abbildung 3.6 bedeutet es, dass wir uns auf die
f
Linien beschränken, auf denen die Ionisationswahrscheinlichkeit deutliche, kontrastreiche
Maxima ausbildet. In anderen Energiebereichen ist der Ausschlag der Oszillationen viel
geringer und es lassen sich keine klaren Aussagen treffen. Damit wird (3.59) zu
  2

2


A




ϕ



 − max  /σ2 
P̃bI (ϕ) := 2 exp 
−
,

f




2
(3.60)
und es gilt immer P̃bI (ϕ) > 0. Die Abhängigkeit von ϕ ist dagegen etwas komplizierter.
Wir berechnen zunächst die erste Ableitung
∂ϕ PI (ϕ) ≈
∂ϕ P̃bI (ϕ)
2
=− 2
σ
 2

 Aϕ

max
 − f  Aϕ A0ϕ P̃bI (ϕ).
2
Die Nullstellen finden wir mit (3.43) und (3.44) bei



,...
Aϕ = 0 → cos ϕ = 0 → ϕ = π2 , 3π
b
2
∂ϕ P̃I (ϕ) = 0 → 
,

A0ϕ = 0 → sin ϕ = 0 → ϕ = 0, π, 2π, . . .
(3.61)
(3.62)
Zur Bestimmung der Art der Extrema untersuchen wir die zweite Ableitung:
∂2ϕ P̃bI (ϕ)
=



−2P̃bI (ϕ) A2ϕ A02
ϕ

 2

 2

 Aϕ
  02
 Aϕ
 2 02 
max
00
max
+  − f  Aϕ + Aϕ Aϕ − 2  − f  Aϕ Aϕ  . (3.63)
2
2
Bei ϕ = 0, π, 2π ist A0ϕ = 0 und Aϕ A00ϕ = −(F0 /ω)2 . Es folgt
max
∂2ϕ P̃bI (ϕ)
= 8P̃b,max
U
2U
−
p
p
f
I
ϕ=0,π,2π
!



> 0 (Minimum)

!


< 0 (Maximum)
⇔ max
< 2U p
f
⇔ max
> 2U p
f
, (3.64)
3 Wellenpaket-Interferenz im Infrarot-Laserfeld
48
Bei ϕ = π/2, 3π/2 sind Aϕ = 0 und A00ϕ = 0, so dass gilt
= 8P̃b,max
U p max
∂2ϕ P̃bI (ϕ)
f
I
ϕ=π/2,3π/2
!



> 0 (Minimum)

!


< 0 (Maximum)
⇔ max
>0
f
⇔ max
<0
f
.
(3.65)
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Maxima in der Ionisationswahrscheinlichkeit bei
ϕ = π/2, 3π/2 für max
< 0 und bei ϕ = 0, π, 2π für max
> 2U p auftreten (siehe Abb. 3.7).
f
f
3.3.2 Zwei Attosekundenpulse pro Periode
Wenden wir uns nun dem Fall von zwei as-Pulsen pro Periode des IR-Feldes zu. Ebenso
wie im vorigen Fall ersetzen wir die Anfangswellenfunktion (3.31) durch ein einfacheres
Wellenpaket der Form (vgl. (3.53))


!2
2




 (p ± Aϕ )
2
χ̃± (p, ϕ) = exp 
−
−
/2σ
.

f




2
(3.66)
Außerdem beschränken wir uns diesmal auf den Fall N = 4, da sich so die Kammfunktion
(3.47) stark vereinfacht
sin(2πC p )
K2 (p, 4) =
sin(πC p )
!2
2 sin(πC p ) cos(πC p )
=
sin(πC p )
!2
= 4 cos2 (πC p ).
(3.67)
Um die Ionisationswahrscheinlichkeit (3.12) zu erhalten, muss folgendes Integral berechnet werden:
Z
∞
PI (ϕ) =
K2 (p, 4)Φ2 (p, ϕ)dp
Z−∞
∞
=
h
K2 (p, 4) |χ̃+ (p, ϕ)|2 + |χ̃− (p, ϕ)|2
−∞
i
+2 cos(2pS ϕ − C p π)χ̃+ (p, ϕ)χ̃− (p, ϕ) dp
=: P1 (ϕ) + P2 (ϕ) + P3 (ϕ).
(3.68)
Der Anteil P1 (ϕ) entspricht exakt der Ionisationswahrscheinlichkeit bei nur einem as-Puls
pro Periode, die wir bereits berechnet haben. Zur Berechnung von P2 (ϕ) kann analog zu
P1 (ϕ) vorgegangen werden, mit der Ersetzung Aϕ → −Aϕ . Das Resultat für P2 (ϕ) ist mit
dem für P1 (ϕ) identisch. Es ist daher insgesamt ein ähnliches Verhalten wie im Fall von
einem as-Puls pro Periode zu erwarten. Das einzige neue Integral ist P3 (ϕ), welches eine
Änderung zum vorigen Fall bewirken kann. Mit f (p, ϕ) := χ̃+ (p, ϕ)χ̃− (p, ϕ) schreiben wir
3.3 Ionisationswahrscheinlichkeit
49
Abbildung 3.7: Dichteplot der Ionisationswahrscheinlichkeit (mit der exakten Wellenfunktion χ± (p, ϕ) (3.31) anstelle der Näherungen (3.53) bzw. (3.66)) in Abhängigkeit von der
Energie f und der Phase ϕ für einen as-Puls pro IR-Periode (links) und zwei as-Pulse pro
IR-Periode (rechts). Die weißen Linien markieren die Grenzen der Energiebereiche, für
die wir Voraussagen bzgl. der Position der Maxima machen. Diese sind durch rote Linien in den entsprechenden Bereichen gekennzeichnet. Rechts ist außerdem der Verlauf von
a,max
(gestrichelte schwarze Linie) gezeigt. Die durchgezogene schwarze Linie entspricht
f
dem Verlauf von a,max
, allerdings treten hier Minima der Kosinusfunktion auf.
f
es als
Z
∞
P3 (ϕ) = 8
= 2
cos2 (π p ) cos(2pS ϕ − C p π) f (p, ϕ)dp
Z−∞
∞h
−∞
2 cos(πC p − 2pS ϕ )
i
+ cos(πC p + 2pS ϕ ) + cos(3πC p − 2pS ϕ ) f (p, ϕ)dp
=: 4Pa3 (ϕ) + 2Pb3 (ϕ) + 2Pc3 (ϕ).
(3.69)
Den Hauptbeitrag zu den drei Teilintegralen erhalten wir wieder mit Hilfe der Stationären
Phasennäherung. Die Werte des Impulses, bei denen die Ableitung der Phase des Kosinus
verschwindet, sind
2S ϕ ω
pa =
π
2S ϕ ω
= pa
pb = −
π
2S ϕ ω pa
pc =
= .
(3.70)
3π
3
Beim Auswerten der Integrale an diesen Stellen fällt auf, dass Pa3 (ϕ) und Pb3 (ϕ) durch
dasselbe Resultat P̃ab
3 (ϕ) angenähert werden
a
P̃ab
3 (ϕ) = f (pa , ϕ) cos(πC p − 2pa S ϕ ),
P̃c3 (ϕ) = f (pc , ϕ) cos(3πC cp − 2pc S ϕ ).
(3.71)
3 Wellenpaket-Interferenz im Infrarot-Laserfeld
50
Es ergibt sich nach einigen Umformungen
Up − f
− pa S ϕ ),
ω
Up − f
− pc S ϕ ).
P̃c3 (ϕ) = f (pc , ϕ) cos(3π
ω
P̃ab
3 (ϕ) = f (pa , ϕ) cos(π
(3.72)
Als Funktion von f kommt es daher zu Maxima der Kosinusfunktionen bei
p2a (ϕ)
,
2
p2 (ϕ)
2
= U p − nω − c .
3
2
a,max
= U p − 2nω −
f
c,max
f
(3.73)
Dies ist ein Unterschied zu den Integralen P1 (ϕ) und P2 (ϕ), bei denen, wie im Fall von
einem as-Puls pro Periode bereits diskutiert, max
= U p − nω gilt. Laut Pa3 (ϕ) und Pb3 (ϕ)
f
– deren Beitrag gemäß (3.69) dreifach im Vergleich zu Pc3 (ϕ) gewichtet wird – treten Maxima der Kosinusfunktion nun im Abstand 2ω auf. Dies steht im Gegensatz zu P1 (ϕ) und
P2 (ϕ), nach denen sich ein Abstand der Maxima von ω ergibt. Je nach Stärke der Beiträge von P1 (ϕ) und P3 (ϕ) kann somit das Verhalten, im Vergleich zum Fall von einem
as-Puls pro Periode, verändert werden. Verkompliziert wird das Ganze zusätzlich durch
die Phasenabhängigkeit in (3.73), weshalb wir eine detaillierte Diskussion an dieser Stelle
unterlassen. In Abb. 3.7 sieht man jedoch gut, dass die Ionisationswahrscheinlichkeit bei
ϕ = π/2, 3π/2 für negative Energien max
im Fall von einem as-Puls pro Periode deutliche
f
Maxima im Abstand ω ausbildet, während sich im Fall von zwei as-Pulsen pro Periode
Maxima mit Minima abwechseln. Ansonsten sind sich die beiden Strukturen allerdings
sehr ähnlich, was aufgrund der Übereinstimmung von P1 (ϕ) und P2 (ϕ) mit der Ionisationswahrscheinlichkeit bei einem as-Puls pro Periode (3.55) auch zu erwarten ist.
3.4 Experimentelle Ergebnisse
In der Einleitung dieser Arbeit haben wir das Experiment, an dem wir unser Modell testen
werden, schon grob erklärt und die wichtigsten Effekte vorgestellt. Um jetzt die theoretischen Berechnungen zu überprüfen, werden wir noch eine genauere Beschreibung des
Experiments und der physikalischen Parameter liefern.
Das Experiment, auf das wir uns beziehen, wurde in der Arbeitsgruppe von Anne
L’Huillier an der Universität Lund durchgeführt. Die Ergebnisse wurden im August 2007
als ArXiv [10] bzw. endgültig im Dezember 2007 publiziert [1]. Wir werden uns hier auf
die ArXiv-Version beziehen, da dort Bilder des Photoelektronenspektrums (Abb. 3.8) abgebildet sind, die wir mit unseren Ergebnissen vergleichen können. In dem Experiment
wird ein Attosekundenpulszug durch Multiphotonenionisation mit einem 35 fs InfrarotLaserpuls der Wellenlänge λ = 796 nm (⇒ ω = 0.05725 au) und Intensität I = 1.3×10−13
W/cm2 = 0.00037 au erzeugt. Die Dauer der as-Pulse liegt bei 370 as und sie entstehen bei
3.4 Experimentelle Ergebnisse
51
Abbildung 3.8: Resultate des erwähnten Experimentes [10]. Links ist die Ionisationswahrscheinlichkeit in Abhängigkeit von der Phase ϕ ≡ ωτ (bzw. der zeitlichen Verschiebung
τ) der as-Pulse zum IR-Feld aufgetragen. Für Helium (blau) sieht man Oszillationen mit
Maxima bei ωτ = −π/2, π/2, 3π/2. Die Punkte sind die experimentellen Daten, während
die durchgezogenen Linien auf ebenfalls durchgeführten numerischen Rechnungen zur
Lösung der zeitabhängigen Schrödingergleichung basieren. Für Argon (rot) ist die Ionisationswahrscheinlichkeit konstant. Rechts sind die Photoelektronenspektra in Abhängigkeit von der Energie der Photoelektronen und der Phase der as-Pulse zum IR-Feld dargestellt, oben für Argon, unten für Helium.
der Multiphotonenionisation aus den ungeraden Harmonischen zwischen 11ω und 17ω
(siehe Abb. 3.9), womit sie im ultravioletten Bereich des Spektrums liegen. Das resultierende Laserfeld besteht, wie in unserem Modell, aus einer Überlagerung des as-Pulszuges
mit dem IR-Feld, wobei die as-Pulse eine variierbare Phasenbeziehung zum IR-Feld haben. Dabei treten sie jede halbe Periode vom IR-Feld auf, weshalb eine Korrespondenz
zum diskutierten Fall von zwei as-Pulsen pro Periode vorliegt. Mit diesem Laserfeld werden Helium- bzw. Argonatome beschossen. Die Hauptfrequenz der as-Pulse liegt ungefähr
bei 23 eV und damit knapp unter der Ionisationsenergie von Helium mit 24.6 eV, allerdings deutlich über der Schwelle von 15.8 eV bei Argon. Bei Helium werden die meisten
Elektronen zuerst in hochangeregte Zustände gebracht und dann durch die Einwirkung
des IR-Feldes ionisiert. Nur einige gelangen durch die 17. Harmonische direkt ins Kontinuum. Bei Helium werden also Photoelektronen in der Nähe der Ionisationsschwelle
erzeugt, während die Photoelektronen bei Argon eine höhere Energie haben. Nach Abklingen des Laserfelds wird die Ionisationsausbeute in Abhängigkeit von der Phase gemessen.
Während bei Argon die Ionisation relativ unabhängig von der Phase konstant ist, tritt bei
Helium eine Oszillation in Abhängigkeit von der Phase auf (Abb. 3.8). Die Maxima erscheinen, wenn die as-Pulse mit den Maxima des IR-Feldes zusammenfallen, was einer
Phase von ϕ = π/2 bzw. ϕ = 3π/2 entspricht.
52
3 Wellenpaket-Interferenz im Infrarot-Laserfeld
Abbildung 3.9: Aussehen und Zusammensetzung der Attosekundenpulse [10]. Oben ist
das Spektrum der Attosekundenpulse im Verhältnis zu den Ionisationspotentialen von
Argon und Helium gezeigt. Unten ist das Zeitprofil eines Pulses zu sehen.
3.5 Vergleich von Theorie und Experiment
Da wir das eben beschriebene Experiment als Leitfaden bei der Entwicklung unseres Modells benutzt haben, sind die Parameterwerte aufeinander abgestimmt. Die erhaltenen Ergebnisse lassen sich direkt auf das Experiment anwenden. Betrachten wir zuerst die Spektren der Photoelektronen (Abb. 3.10). Im Vergleich mit den experimentellen Ergebnissen
(Abb. 3.8) offenbart sich eine gute strukturelle Übereinstimmung für Argon. Auch treten
Bereiche hoher und niedriger Intensität bei den gleichen Phasen auf. Bei Helium sieht
es etwas anders aus. Zwar ist die grobe Struktur immer noch ähnlich, aber im Experiment scheint die Intensität insgesamt, und besonders bei niedrigen Energien, zu kleineren
Phasen und höheren Energien verschoben zu sein. Letzteres kann daran liegen, dass wir
das Coulombpotential vernachlässigen, was eine Verschiebung der Energien bewirkt. Diese Näherung kann ebenfalls der Grund dafür sein, dass bei Energien nahe der Schwelle
das Spektrum phasenverschoben ist, da hier der Einfluss des Atompotentials besonders
groß ist. Im Zusammenspiel mit dem IR-Feld treten so eventuell Effekte auf, die wir in
unserem Modell nicht beachtet haben. Die Tatsache jedoch, dass das gesamte Spektrum
zu kleineren Phasen hin verschoben ist, wirkt widersprüchlich im Vergleich mit der Ionisationswahrscheinlichkeit. Wenn bei ϕ = π/2 ein Maximum auftritt, sollte dies auch im
3.5 Vergleich von Theorie und Experiment
53
30
25
PI [bel. Einh.]
20
15
10
5
0
0
0.5
1
1.5
2
1.5
2
Phase [π]
30
25
PI [bel. Einh.]
20
15
10
5
0
0
0.5
1
Phase [π]
Abbildung 3.10: Photoelektronenspektrum und Ionisationswahrscheinlichkeiten gemäß
unseres Modells für Argon (oben) und Helium (unten) mit den experimentellen Feldparametern. Die Anzahl der as-Pulse ist N=8 und die Energie des angeregten Zustandes ist bei
Argon 7.2 eV (entspricht einer Ionisation mit der Hauptenergie der as-Pulse von 23 eV)
und bei Helium −2.3 eV (entspricht einem angeregten Zustand mit einer Bindungsenergie von f = U p − 2ω). Bei Argon ist die Ionisationswahrscheinlichkeit nahezu konstant,
während bei Helium eine Oszillation mit Maxima bei ϕ = π/2 und ϕ = 3π/2 auftritt.
Photoelektronenspektrum durch hohe Intensitäten bei dieser Phase zu erkennen sein. Dies
ist aber eher in unserem Modell der Fall, während es bei dem experimentellen Spektrum
nicht zuzutreffen scheint. Daher muss die Möglichkeit einer falschen Phasenbeschriftung
in Betracht gezogen werden. In der endgültigen Version [1] wurden die Photoelektronenspektren auch nicht veröffentlicht.
Bezüglich der Ionisationswahrscheinlichkeit lässt sich das experimentelle Ergebnis
für Argon sehr gut erklären. Die Elektronen werden mit einem hohen Anfangsimpuls
ionisiert, so dass sich, wie bereits diskutiert, die Wellenpakete zu weit voneinander entfernen um Interferenzeffekte zu ermöglichen. Deshalb tritt bei Argon keine Abhängigkeit der
Ionisationswahrscheinlichkeit von der Phase auf. Dies entspricht auch exakt den Ergeb-
54
3 Wellenpaket-Interferenz im Infrarot-Laserfeld
nissen unseres Modells. Für Helium ist die Situation komplizierter. Im Experiment tritt
eine Oszillation mit Maxima bei ϕ = π/2 und ϕ = 3π/2 auf. Da bei Helium die zentrale
Energie der as-Pulse mit 23 eV knapp unterhalb der Ionisationsschwelle liegt, korrespondiert dies mit dem von uns diskutierten Fall für max
< 0 (3.65) bzw. den Korrekturen im
f
Fall von zwei as-Pulsen pro Periode (3.73). Wir erwarten die Position der Maxima bei
ϕ = π/2 und ϕ = 3π/2, wenn in einen Zustand mit entsprechender Energie angeregt wird.
In diesem Fall erzielen wir eine Übereinstimmung mit den experimentellen Daten. Allerdings stellt sich die Frage, ob bei Helium die angeregten Elektronen eine Energie haben,
= U p − 2nω beschreiben lässt. Für Energien f , max
treten nicht
die sich durch max
f
f
unbedingt Maxima bei ϕ = π/2 und ϕ = 3π/2 auf. Jedoch ist die Oszillation mit Maxima
bei diesen Phasen deutlich kontrastreicher als in anderen Fällen. Dies legt die Vermutung
nahe, dass sich die dominante Energie der angeregten Elektronen bei Helium durch max
f
ausdrücken lässt. Für diesen quantitativen Test ist unser Modell jedoch nicht geeignet,
da wir das Atompotential auf angeregte Elektronen vernachlässigen, was zumindest eine
Verschiebung der Energien bewirkt. Insofern kann die Frage soweit beantwortet werden,
dass sich für Energien f < 0 Oszillationen der Ionisationswahrscheinlichkeit entweder
mit deutlichen Maxima bei ϕ = π/2 und ϕ = 3π/2 oder mit nur geringen Schwankungen
erwarten lassen. Bei einer Superposition von mehreren Zuständen verschiedener Energie
ist daher eine Dominanz derjenigen Energien bei max
= U p − 2ω zu erwarten, weshalb
f
Oszillationen mit Maxima bei ϕ = π/2 und ϕ = 3π/2 erscheinen. Dies ist in Übereinstimmung mit den experimentellen Ergebnissen für Helium.
3.6 Diskussion
Beim Vergleich der experimentellen Resultate mit unseren theoretischen Berechnungen
stellt sich heraus, dass sich das Verhalten für Argon gut reproduzieren lässt. Sowohl das
Photoelektronenspektrum als auch die konstante Ionisationswahrscheinlichkeit folgen direkt aus unserem Modell. Der physikalische Grund für die Nicht-Existenz von Interferenzen nach der Ionisation liegt in der hohen Anfangsgeschwindigkeit und der damit
verbundenen räumlichen Separation der Elektronen. Durch unsere Modellierung ist auch
ein Verständnis im Impulsraum möglich geworden. Das Photoelektronenspektrum besteht
hauptsächlich aus zwei Anteilen: zum einen der Kammfunktion, die als Impulsfilter wirkt,
zum anderen einer Art Anfangswellenfunktion,
die den Effekt des streaking enthält. Entp
fernen sich die beiden zu ± 2 f korrespondierenden Stränge der Wellenfunktion aufgrund hoher Anfangsenergie zu weit voneinander, können sie nicht miteinander interferieren. Zusätzlich ist der Kamm bei hohen Energien so engzahnig, dass er keine selektierende Funktion hat, weshalb auch der phasenabhängige streaking-Effekt keinen Einfluss
auf die Ionisation hat. Dies resultiert in einer konstanten Ionisationswahrscheinlichkeit.
Die Übereinstimmung mit den experimentellen Ergebnissen ist nicht überraschend, da alle am Anfang diskutierten Näherungen für den Fall von Argon problemlos anzuwenden
sind.
3.6 Diskussion
55
Bei dem interessanteren Fall von Helium sind die theoretischen Voraussagen nicht
ganz so eindeutig. Im Photoelektronenspektrum treten kleine Unterschiede auf, die sich
aber hauptsächlich durch die Näherung der SFA verstehen lassen. Eine Ungewissheit
bleibt bezüglich der Phasenbeschriftung im experimentellen Spektrum. Bei der Oszillation der Ionisationswahrscheinlichkeit können wir mit einer passenden Anregungsenenergie eine Voraussage treffen, die mit dem Experiment übereinstimmt. Es ist jedoch nicht
ganz einfach zu begründen, wieso die Anregungsenergie so gewählt werden muss. Stimmt
sie mit der Hauptenergie der as-Pulse von 23 eV überein, treten die Maxima nicht bei
ϕ = π/2 und ϕ = 3π/2 auf. Allerdings ist es fraglich, ob bei Helium der größte Anteil der
Wellenfunktion in den entsprechenden Zustand angeregt wird. Dagegen ist eher anzunehmen, dass durch die 13. und 15. Harmonische tiefer liegende Zustände bevölkert werden.
Wie bereits erwähnt, ist jedoch eine quantitative Festlegung der Energie nicht sinnvoll,
da wir das Atompotential vernachlässigen und damit keine exakten Energiewerte mit unserem Modell repräsentieren. Wir können nur das Verhalten in bestimmten Energiebereichen vergleichen. Dafür lässt sich zwar keine eindeutige Aussage treffen, weil sich das
Verhalten der Oszillationen als Funktion der Energie ändert und somit eigentlich eine genaue Kenntnis der Energie nötig ist. Allerdings führt der dominante Einfluss zu Maxima
bei ϕ = π/2 und ϕ = 3π/2, da hier der Kontrast zwischen den Extrema am größten ist.
Wenn mehrere Zustände angeregt werden, sollte es folglich auch zu dieser Ausbildung
der Oszillationen kommen. Dies ist bei Helium der Fall, so dass zu vermuten ist, dass
unsere Beschreibung das richtige Ergebnis liefert. Um dies jedoch abzusichern, müssten
Korrekturen durch das Coulombpotential berücksichtigt werden, da die SFA für tief angeregte Zustände eine zu grobe Näherung darstellt. Außerdem kann auch noch der Einfluss
des Matrixelementes mit einbezogen werden. Dies könnte dazu führen, dass Übergänge in
Zustände mit passender Energie wahrscheinlicher sind als andere. Eine andere Möglichkeit zur Verbesserung, die keinen quantitativen Vergleich von Energiewerten benötigt, ist
die Einbeziehung von mehreren angeregten Zuständen unterschiedlicher Energie. Diese können aufgrund der Kopplung durch das IR-Feld miteinander interferieren. Damit
könnten neue Effekte produziert werden, die bisher unbeachtet geblieben sind. Vielleicht
könnte mit deren Hilfe eine Erklärung geliefert werden, die nicht auf die Auswahl eines
Energieniveaus angewiesen ist.
Um weitere Vorhersagen unseres Modells zu testen, wäre ein Experiment sinnvoll, bei
dem die Elektronen durch die as-Pulse zwar direkt ionisiert werden, aber eine geringere
Energie als im Fall von Argon erhalten. Dies könnte durch die Verwendung von Atomen
mit einem Ionisationspotential zwischen dem von Helium und Argon, oder durch energiereichere as-Pulse erreicht werden. Konkret sollte die Situation so beschaffen sein, dass
die Elektronen in einen Berereich f ≥ 2U p ionisiert werden, bei dem noch Interferenz
möglich ist, aber zu Oszillationen mit Maxima bei ϕ = 0, ϕ = π und ϕ = 2π führt. Eine numerische Überprüfung durch Lösen der zeitabhängigen Schrödingergleichung mit
passenden Parametern ist ebenfalls möglich.
4
Zusammenfassung und Ausblick
In dieser Arbeit wurde die Interferenz von Wellenpaketen in periodischen Strukturen untersucht. Dabei hat die Bewegung von Elektronen in Laserfeldern, mit und ohne
zusätzlichem Attosekundenpulszug, als physikalische Motivation gedient. Der erste Teil
war etwas abstrakterer Natur. Dort haben wir, durch Reduzierung der Wirkung eines monochromatischen Laserfeldes auf seine Extrema, ein modellhaftes Laserfeld konzipiert,
das aus alternierenden zeitlichen δ-Kicks besteht. Dieses haben wir mit der Bewegung
eines Teilchens im Kastenpotential mit unendlich hohen Wänden verglichen, welche sich
in der Formulierung von Born [9, 19] als unendliche periodische Überlagerung von freien Wellenpaketen beschreiben lässt. Die klassischen Bewegungsgleichungen liefern ein
identisches Ergebnis, während in der Quantenmechanik ein wichtiger Unterschied besteht. Dieser beruht darauf, dass der Zeitentwicklungsoperator im Kick-Modell nur einen
Term einer unendlichen Summe der Zeitentwicklung im Kastenpotential enthält. Diese
Diskrepanz ist gut mit Hilfe der Propagatoren in der Formulierung durch Feynman’sche
Pfadintegrale [22] zu verstehen. Inspiriert von der Herleitung des Propagators für das
Kastenpotential von Goodman [20], konnte gezeigt werden, dass der Unterschied in der
Anzahl der möglichen Pfade besteht. Während beim Kastenpotential, auf dem Weg von
einem Ort zum anderen, unendlich viele Reflexionsmöglichkeiten bestehen, sind diese
im Kick-Modell durch die Anzahl der Kicks festgelegt. Dies führt zum Verschwinden
der Interferenzeffekte. Daher lässt sich die klassische Analogie der beiden Modelle nicht
direkt auf die Quantenmechanik übertragen. Aufgrund der Ähnlichkeit der beiden Zeitentwicklungsoperatoren und in Anlehnung an das folgende Kapitel haben wir einen Versuch
unternommen, mit Hilfe von zusätzlichen as-Laserpulsen beim Kick-Feld eine Übereinstimmung zum Kastenpotential zu erzeugen. Diese können durch Ionisation von Elektronen aus einem Reservoir (z.B. atomarer Grundzustand) neue Wellenpakete im Kick-Feld
kreieren. Die so erhaltene Superposition von Wellenfunktionen wird, wie beim Kastenpotential, durch eine Summe im Zeitentwicklungsoperator repräsentiert. Trotzdem bleibt
ein Unterschied der beiden Modelle bestehen, der darauf zurückzuführen ist, dass sich
die Elektronen im Reservoir nicht frei entwickeln und daher die superponierten Wellenfunktionen eine unterschiedliche Zeitentwicklung aufweisen. Allerdings ergibt sich im
Impulsraum eine interessante Struktur, die wir auch im weiteren Verlauf unserer Arbeit
wiedergefunden haben. Durch die zeitlich versetzte Überlagerung entsteht ein Impulsfilter in Form eines Kamms, der mit der Anfangswellenfunktion multipliziert wird. Er wird
mit zunehmender Energie engzahniger, wodurch er in diesem Bereich seine Filterwirkung
58
4 Zusammenfassung und Ausblick
verliert. Diese Eigenschaft liefert im folgenden Kapitel die Erklärung für die phasenunabhängige Ionisationswahrscheinlichkeit bei Argon.
In Kapitel drei haben wir ein Modell für eine realistische physikalische Situation entwickelt. Elektronische Wellenpaketduplikate bewegen sich in einem IR-Laserfeld und interferieren dort miteinander, nachdem sie sukzessiv durch einen as-Pulszug angeregt wurden. Dabei vernachlässigen wir nach der Anregung das atomare Potential und rechnen
mit der Strong Field Approximation. Nach Abklingen des gesamten Laserfeldes wird das
Photoelektronenspektrum und die Ionisationswahrscheinlichkeit in Abhängigkeit von der
Phase der as-Pulse zum IR-Feld untersucht. Beim Photoabsorptionsspektrum, das wir mit
dem Photoelektronenspektrum gleichsetzen, tritt wieder die durch den as-Pulszug hervorgerufene Kammstruktur des Impulsfilters in Erscheinung. Er wird diesmal mit einer
Anfangswellenfunktion, die den Effekt des streaking enthält, multipliziert. Dies sind die
beiden Hauptbeiträge zum Photoabsorptionsspektrum. Damit konnten wir direkt voraussagen, dass bei hohen Energien aufgrund der geringen Filterwirkung keine phasenabhängige Modulation der Ionisationswahrscheinlichkeit zu erwarten ist. Für Anregungsenergien
im Bereich der Ionisationsschwelle musste eine genauere Untersuchung vorgenommen
werden. Dabei stellte sich heraus, dass die Ionisationswahrscheinlichkeit von der Anregungsenergie f und der Phase ϕ abhängt. Indem wir uns auf die Phasenabhängigkeit bei
Maxima bezüglich der Energie ( f = max
f ) beschränkten, konnten wir Voraussagen für
das Verhalten ober- und unterhalb der Schwelle machen. Diese Resultate befinden sich in
Übereinstimmung mit experimentellen Ergebnissen für Argon und Helium [1]. Bei Argon
tritt keine Schwankung der Ionisationswahrscheinlichkeit auf, da die Elektronen zu weit
ins Kontinuum angeregt werden. Für Helium hingegen liegt die mittlere Energie der asPulse unterhalb des Ionisationspotentials, so dass Oszillationen mit Maxima an den von
uns erwarteten Stellen erscheinen. Problematisch ist jedoch, dass für die Anregungsenergien bei Helium keine exakte Zuordnung zu unserem Modell gemacht werden kann, da
die Energiewerte in unserem Modell aufgrund der Vernachlässigung des Coulombpotentials keinen realen Werten entsprechen. Diese Zuordnung wäre aber wichtig, um zu verifizieren, ob bei Helium mit Energien angeregt wird, die mit den von uns gewählten max
f
übereinstimmen. Dieser Prüfung konnten wir unser Modell nicht unterziehen. Trotzdem
hat unsere Voraussage eine Berechtigung, da bei Helium viele Zustände angeregt werden,
von denen einer wahrscheinlich mit einer passenden Energie max
übereinstimmt. Bei dief
sen Energien entsteht der höchste Kontrast in den Oszillationen, weshalb zu erwarten ist,
dass er sich gegenüber anderen Tendenzen durchsetzen wird.
Als Verbesserungsmöglichkeiten an unserem Modell sind die Einbeziehung des Coulombpotentials und der Dipolübergangsmatrixelemente hervorzuheben. Insbesondere das
Coulombpotential hat einen Effekt auf die Bewegung der Elektronen in angeregten Zuständen. Ein erster Schritt in diese Richtung wären Coulomb-Korrekturen an den VolkovWellenpaketen [37]. Die erste Ordnung liefert jedoch nur eine konstante Verschiebung der
Energien, was die oben genannten Probleme noch nicht ausreichend behebt. Daher müssten wahrscheinlich auch höhere Ordnungen mit einbezogen werden, womit man jedoch
an die Grenzen des momentanen Wissensstandes stößt. Die Einbeziehung von Matrix-
59
elementen könnte dazu führen, dass einige Zustände einen größeren Einfluss gewinnen
und damit bestimmte Anregungsenergien bei Helium stärker gewichten. Solange diese
jedoch aufgrund der Vernachlässigung des Coulombpotentials nicht mit realen Werten
verglichen werden können, bleibt das genannte Problem. Eine andere Möglichkeit zur
Verbesserung der Vorhersagen – innerhalb der Näherungen unseres Modells – ist die Einbeziehung einer Superposition von Zuständen verschiedener Energie. Diese können untereinander durch das IR-Feld in Wechselwirkung treten und interferieren. Dies ist eine
adäquatere Beschreibung der Situation bei Helium, da hier die Elektronen in mehrere
Zustände angeregt werden. Damit könnte das oben genannte Problem des quantitativen
Energievergleichs vermieden werden.
Um die Voraussagen unseres Modells weiter zu testen, könnten Experimente oder
numerische Rechnungen vorgenommen werden, die das Verhalten von Elektronen knapp
oberhalb der Ionisationsschwelle untersuchen. Hier ist die Strong Field Approximation
besser, so dass ein Vergleich mit unserem Modell weniger Komplikationen hervorrufen
wird. Da hier die Positionen der Maxima an anderen Stellen als bei Energien unterhalb
der Schwelle vorausgesagt werden, wäre dies ein interessanter Test unseres Modells, der
bei positivem Ergebnis die Validität in diesem Energiebereich unterstreicht.
Anhang A
Zeitentwicklungsoperator
Der Zeitentwicklungsoperator ist durch folgende Gleichung definiert
|ψ (t)i =: Û(t, t0 )|ψ (t0 )i.
(A.1)
Eingesetzt in die Schrödingergleichung, erhält man eine Differentialgleichung zur Bestimmung des Zeitentwicklungsoperators
i~ ∂t∂ |ψ (t)i = Ĥ(t)|ψ (t)i
⇒ i~ ∂t∂ Û(t, t0 )|ψ (t0 )i = Ĥ(t)Û(t, t0 )|ψ (t0 )i
i~ ∂t∂ Û(t, t0 ) = Ĥ(t)Û(t, t0 ).
⇒
(A.2)
Diese Gleichung lässt sich durch formales Integrieren in eine Integralgleichung überführen
Rt
t0
i~ ∂τ∂ Û(τ, t0 )dτ =
Rt
Ĥ(τ)Û(τ, t0 )dτ
t0
Rt
⇒ i~ Û(t, t0 ) − Û(t0 , t0 ) = Ĥ(τ)Û(τ, t0 )dτ
t0
⇒
Û(t, t0 ) = I −
i
~
Rt
Ĥ(τ)Û(τ, t0 )dτ.
(A.3)
t0
Wendet man diese Formel rekursiv an, d.h. der Ausdruck für Û(t, t0 ) wird in (A.3) auf der
rechten Seite eingesetzt, ergibt sich
i
Û(t, t0 ) = I −
~
Zt
t0
1
Ĥ(τ)dτ + 2
~
Zt Zt2
Ĥ(t2 )Ĥ(t1 )Û(t1 , t0 )dt1 dt2 .
t0
(A.4)
t0
Jetzt wird wieder (A.3) auf der rechten Seite eingesetzt und immer so fort. Das Ergebnis
ist eine Von-Neumann-Reihe
Û(t, t0 ) = I +
Zt Ztn
∞ X
−i n
n=1
~
t0
t0
Zt2
...
Ĥ(tn )Ĥ(tn−1 ) . . . Ĥ(t1 )dt1 . . . dtn−1 dtn .
t0
(A.5)
Anhang A Zeitentwicklungsoperator
62
Für die Integrationsgrenzen gilt dabei t0 ≤ t1 ≤ t2 . . . ≤ tn ≤ t. Wir führen den Zeitordnungsoperator T̂ über folgende Anwendungsvorschrift ein:



 B(t2 )A(t1 ) falls t2 ≥ t1
T̂ [A(t1 )B(t2 )] = 
.
(A.6)

A(t1 )B(t2 ) falls t1 > t2
Mit dem Zeitordnungsoperator lässt sich (A.5) in geschlossener Form als Exponentialfunktion schreiben, und zwar als
 t
n
Z

∞ n
X
−i 1 

Û(t, t0 ) = I +
T̂  Ĥ(τ)dτ

~ n! 
n=1
t0
 t
n
Z

∞ n
X
−i 1 

=
T̂  Ĥ(τ)dτ

~ n! 
n=0
t0




Zt







 i
Ĥ(τ)dτ
= T̂ exp 
.
−








 ~
(A.7)
t0
Um diese Schlussfolgerung ziehen zu können, müssen wir zeigen, dass folgende Gleichung gilt:
 t
n
Zt2
Zt Ztn
Z



T̂  Ĥ(τ)dτ = n!
. . . Ĥ(tn )Ĥ(tn−1 ) . . . Ĥ(t1 )dt1 . . . dtn−1 dtn .


t0
t0
(A.8)
t0
t0
Dafür leiten wir eine rekursive Differentialgleichung für die linke Seite von (A.8) her und
zeigen dann, dass auch die rechte Seite von (A.8) derselben rekursiven Differentialgleichung genügt. Zuerst definieren wir die linke Seite als
 t
n
Zt
Zt Zt
Z




Ân (t) := T̂  Ĥ(τ)dτ = T̂
. . . Ĥ(tn )Ĥ(tn−1 ) . . . Ĥ(t1 )dt1 . . . dtn−1 dtn ,


t0
t0
t0
(A.9)
t0
und die rechte Seite als
Zt Ztn
B̂n (t) := n!
Zt2
...
t0
t0
Ĥ(tn )Ĥ(tn−1 ) . . . Ĥ(t1 )dt1 . . . dtn−1 dtn .
(A.10)
t0
Wir können an dieser Stelle schon einsehen, dass (A.8) für n = 1 erfüllt ist, d.h.
Â1 (t) = B̂1 (t).
(A.11)
63
Jetzt differentieren wir den Operator Ân (t) nach t, wobei wir die Produktregel anwenden
müssen:
d
Ân (t) = T̂
dt
" Zt
Zt
...
Ĥ(t)Ĥ(tn−1 ) . . . Ĥ(t1 )dt1 . . . dtn−1
t0
t0
Zt
Zt
...
+
t0
Ĥ(tn )Ĥ(t)Ĥ(tn−2 ) . . . Ĥ(t1 )dt1 . . . dtn−2 dtn
t0
+...
#
Zt
Zt
+ . . . Ĥ(tn )Ĥ(tn−1 ) . . . Ĥ(t2 )Ĥ(t)dt2 . . . dtn .
t0
(A.12)
t0
Da der Zeitpunkt t der letzte ist, muss Ĥ(t) in allen Summanden ganz links stehen und
kann daher ausgeklammert werden. Die Integrationsvariablen benennen wir so um, dass
in allen Integralen die Variablen t1 bis tn−1 vorkommen:
d
Ân (t) = Ĥ(t)T̂
dt
" Zt
Zt
...
Ĥ(tn−1 ) . . . Ĥ(t1 )dt1 . . . dtn−1
t0
t0
Zt
Zt
+
...
t0
Ĥ(tn−1 ) . . . Ĥ(t1 )dt1 . . . dtn−1
t0
+...
#
Zt
Zt
+ . . . Ĥ(tn−1 ) . . . Ĥ(t1 )dt1 . . . dtn−1 .
t0
(A.13)
t0
Alle n Summanden sind identisch und wir erhalten die Rekursionsformel
 t
n−1
Z

d


Ân (t) = nĤ(t)T̂  Ĥ(τ)dτ = nĤ(t)Ân−1 (t).


dt
t0
(A.14)
Anhang A Zeitentwicklungsoperator
64
Nun zeigen wir, dass die rechte Seite B̂n (t) von (A.8) diese Rekursionsformel erfüllt:
d
d
B̂n (t) =
n!
dt
dt
Zt Ztn
...
t0
Zt
t0
t0
Ĥ(tn )Ĥ(tn−1 ) . . . Ĥ(t1 )dt1 . . . dtn−1 dtn
t0
Zt2
...
= n!
Zt2
Ĥ(t)Ĥ(tn−1 ) . . . Ĥ(t1 )dt1 . . . dtn−1
t0
Zt
Zt2
...
= Ĥ(t)n(n − 1)!
t0
Ĥ(tn−1 ) . . . Ĥ(t1 )dt1 . . . dtn−1
t0
= nĤ(t) B̂n−1 (t).
(A.15)
Damit haben wir gezeigt, dass beide Seiten von (A.8) derselben rekursiven linearen Differentialgleichung genügen. Weiterhin haben wir in (A.11) bemerkt, dass die Rekursionen
beide mit dem gleichen Operator bei n = 1 beginnen. Der einzige Unterschied könnte jetzt
noch darin bestehen, dass beim rekursiven Lösen der Differentialgleichungen unterschiedliche Anfangsbedingungen gelten. Es lässt sich aber schnell einsehen, dass dies nicht der
Fall ist. Es gilt
Ân (t0 ) = 0 = B̂n (t0 ), ∀n,
(A.16)
womit die Gültigkeit von (A.8) bewiesen ist. Wie bereits in (A.7) geschlussfolgert, ergibt
sich als Endergebnis für den Zeitentwicklungsoperator
Û(t, t0 ) = T̂ e
− ~i
Rt
Ĥ(τ)dτ
t0
Bei obiger Herleitung haben wir uns an [38] orientiert.
.
(A.17)
Anhang B
Zeitabhängige
Störungstheorie
B.1 Schrödingerbild und Wechselwirkungsbild
In diesem Abschnitt werden wir einleitend kurz das Schrödinger- und das Wechselwirkungsbild in der Quantenmechanik erläutern. Es ist nicht essentiell notwendig zum Verständnis dieser Arbeit, da wir in dem Hauptteil ausschließlich mit dem Schrödingerbild
arbeiten. Allerdings lässt sich die zeitabhängige Störungstheorie sehr schön damit herleiten [18]. Außerdem ist das Konzept der quantenmechanischen Bilder von grundlegender
Bedeutung, weshalb es nicht als unnötiger Ballast an dieser Stelle angesehen wird. Trotzdem verzichten wir auf die Erläuterung des Heisenbergbildes, da wir es an keiner Stelle
in dieser Arbeit benötigen.
Das Schrödingerbild ist das allgemein übliche Bild in der Quantenmechanik, da die
Schrödingergleichung darin formuliert ist. Sie ist eine partielle Differentialgleichung zur
Beschreibung der Zeitentwicklung eines quantenmechanischen Zustandes. Dabei wird die
gesamte zeitliche Entwicklung des quantenmechanischen Systems durch den Zustand beschrieben
∂
i~ |Ψ s (t)i = (Ĥ0 + Ŵ(t))|Ψ s (t)i.
(B.1)
∂t
Hier haben wir den Hamiltonoperator schon in einen zeitunabhängigen und einen zeitabhängigen Teil aufgespaltet und den Zustand im Schrödingerbild durch einen Index gekennzeichnet. Existiert ein zeitabhängiger Teil Ŵ(t) im Hamiltonoperator, kann es durchaus sein, zum Wechselwirkungsbild überzugehen. Im Wechselwirkungsbild wird sowohl
der Zustand als auch der Operator als zeitabhängig betrachtet, so dass beide einer eigenen
Zeitentwicklung unterliegen. Die zeitliche Entwicklung des quantenmechanischen Systems steckt dann sowohl in dem Zustand als auch in den Operatoren. Der Übergang zum
Wechselwirkungsbild geht wie folgt:
|Ψ s (t)i = Û0 (t, t0 )|Ψww (t)i,
wobei
Û0 (t, t0 ) = T̂ e
− ~i
Rt
t0
Ĥ0 dτ
(B.2)
(B.3)
Anhang B Zeitabhängige Störungstheorie
66
der Zeitentwicklungsoperator ist, der nur die Zeitentwicklung aufgrund von Ĥ0 berücksichtigt. Es lässt sich sofort einsehen, dass zum Anfangszeitpunkt t0 die Zustände in beiden Bildern identisch sind
|Ψ s (t0 )i = Û0 (t0 , t0 )|Ψww (t0 )i = |Ψww (t0 )i.
(B.4)
Setzt man (B.2) in (B.1) ein, ergibt sich
∂
Û0 (t, t0 )|Ψww (t)i
∂t
∂Û0 (t, t0 )
∂|Ψww (t)i
⇒ i~
|Ψww (t)i + i~Û0 (t, t0 )
∂t
∂t
∂
⇒ Ĥ0 Û0 (t, t0 )|Ψww (t)i + i~Û0 (t, t0 ) |Ψww (t)i
∂t
∂
⇒ i~Û0 (t, t0 ) |Ψww (t)i
∂t
i~
= (Ĥ0 + Ŵ(t))Û0 (t, t0 )|Ψww (t)i
= (Ĥ0 + Ŵ(t))Û0 (t, t0 )|Ψww (t)i
= (Ĥ0 + Ŵ(t))Û0 (t, t0 )|Ψww (t)i
= Ŵ(t)Û0 (t, t0 )|Ψww (t)i.
(B.5)
Hierbei haben wir im vorletzten Schritt (A.2) für die Zeitableitung von Û0 (t, t0 ) benutzt.
Nun multiplizieren wir beide Seiten mit Û0−1 (t, t0 ) und erhalten die Differentialgleichung
für die zeitliche Entwicklung der Zustände im Wechselwirkungsbild
i~
∂
|Ψww (t)i = Û0−1 (t, t0 )Ŵ(t)Û0 (t, t0 )|Ψww (t)i =: Ŵww (t)|Ψww (t)i,
∂t
(B.6)
wobei wir noch die Transformation der Operatoren ins Wechselwirkungsbild nach folgender Vorschrift eingegührt haben:
Ŵww (t) := Û0−1 (t, t0 )Ŵ(t)Û0 (t, t0 ).
(B.7)
Mit (B.6) ergibt sich der Zeitentwicklungsoperator im Wechselwirkungsbild analog zu
(A.17) als
− ~i
Ûww (t, t0 ) = T̂ e
Rt
t0
Ŵww (τ)dτ
.
(B.8)
Damit lässt sich auch eine alternative Formulierung der zeitlichen Entwicklung der Zustände im Schrödingerbild erhalten, da die Transformation der Zustände zwischen den
Bildern einfach ist:
|Ψ s (t)i = Û0 (t, t0 )|Ψww (t)i = Û0 (t, t0 )Ûww (t, t0 )|ΨS (t0 )i.
(B.9)
Diesen Zusammenhang benutzen wir im Folgenden bei der Formulierung der zeitabhängigen Störungstheorie.
B.2 Störungstheorie
67
B.2 Störungstheorie
Wir schreiben den Hamiltonoperator auf folgende Weise:
Ĥ(t) = Ĥ0 + Ŵ(t) =: Ĥ0 + λV̂(t),
(B.10)
wobei λ ein dimensionsloser Parameter ist, der die Stärke von Ŵ(t) im Verhältnis zu Ĥ0
angibt. Wenn λ 1 gilt, kann Ŵ(t) als Störung zum Hamiltonoperator Ĥ0 aufgefasst
werden. Der Zeitentwicklungsoperator im Wechselwirkungsbild ist nach (B.8) und (A.7)
mit Ŵ(t) = λV̂(t) gegeben als
Ûww (t, t0 ) = T̂ e
− ~i
= I+
Rt
λV̂ww (τ)dτ
t0
∞ X
−i n
n=1
~
 t
n
Z



n 1
λ T̂  V̂ww (τ)dτ .


n!
(B.11)
t0
Da wir λ 1 annehmen, brechen wir für die Störungstheorie in 1. Ordnung die Reihe
bei n = 1 ab
Zt
Zt
i
i
Ŵww (τ)dτ.
(B.12)
Ûww (t, t0 ) ' I − λ V̂ww (τ)dτ = I −
~
~
t0
t0
Für den quatenmechanischen Zustand im Wechselwirkungsbild folgt
i
|Ψww (t)i = Ûww (t, t0 )|Ψ(t0 )i ' |Ψ(t0 )i −
~
Zt
Ŵww (τ)dτ|Ψ(t0 )i.
(B.13)
t0
Nach der Transformation ins Schrödingerbild (B.9) ergibt sich
i
|Ψ s (t)i ' Û0 (t, t0 )|Ψ(t0 )i − Û0 (t, t0 )
~
= Û0 (t, t0 )|Ψ(t0 )i −
i
~
Zt
Ŵww (τ)dτ|Ψ(t0 )i
t0
Zt
Û0 (t, τ)Ŵ(τ)Û0 (τ, t0 )|Ψ(t0 )idτ
(B.14)
t0
als Ergebnis für |Ψ(t)i im Schrödingerbild in 1. Ordnung Störungstheorie. Es sei noch
angemerkt, dass 2. Ordnung Störungstheorie bedeutet, in (B.11) die Reihe erst bei n = 2
abzubrechen.
Anhang C
Stationäre
Phasennäherung
Die stationäre Phasennäherung ist eine Methode zur näherungsweisen Berechnung
von Integralen der Form
Z∞
g(x)eiλ f (x) dx,
(C.1)
I(x) =
−∞
wobei wir hier nur den eindimensionalen Fall betrachten. Der Integrand setzt sich aus einer Funktion g(x) und einem oszillierenden Phasenfaktor zusammen, der von einer Funktion f (x) und einem Parameter λ abhängt. Die Idee der stationären Phasennäherung ist,
den Hauptbeitrag zum Integral herauszufinden und mit diesem das Integral anzunähern.
Bei λ → ∞ oszilliert der Integrand sehr schnell, so dass sich die meisten Beiträge wegheben. Nur bei dem Punkt stationärer Phase, d.h. f 0 (x0 ) = 0, verliert dieses Argument seine
Gültigkeit. Wir werten daher das Integral nur in einer Umgebung dieses Punktes aus, und
erhalten so den Hauptbeitrag zum Integral. Wir entwickeln f (x) bis zur 2. Ordnung um x0
f (x) ≈ f (x0 ) +
1 00
f (x0 )(x − x0 )2 ,
2
(C.2)
und erhalten mit (C.1)
Z∞
I(x)
1 00
(x
g(x)eiλ[ f (x0 )+ 2 f
≈
0 )(x−x0 )
2]
dx
−∞
Z∞
=
1 00
(x
g(x)eiλ 2 f
eiλ f (x0 )
2
0 )(x−x0 )
dx
−∞
Z∞
λ→∞
=
iλ f (x0 )
e
1 00
(x
eiλ 2 f
g(x0 )
0 )(x−x0 )
2
dx
−∞
s
=
eiλ f (x0 ) g(x0 )
2πi
.
λ f 00 (x0 )
(C.3)
Dabei werten wir die Funktion g(x) nur am Punkt stationärer Phase aus. Diese Methode
ist umso besser, je größer der Parameter λ ist. Trotzdem ist es immer möglich, damit den
70
Anhang C Stationäre Phasennäherung
Hauptbeitrag zum Integral herauszufinden. Dies kann für Abschätzungen oder qualitative
Untersuchunden trotz kleinem Parameter λ hilfreich sein. Für detailliertere Informationen
siehe [39, 40].
Literaturverzeichnis
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1981).
[40] H.-J. Stöckmann, Quantum chaos (Cambridge University Press, Cambridge, 2000).
Danksagung
Ich möchte mich an dieser Stelle bei den Menschen bedanken, die in der ein oder
anderen Weise zum Gelingen dieser Arbeit beigetragen haben.
Zuerst bedanke ich mich ganz herzlich bei Prof. Jan-Michael Rost für die Themenvergabe und intensive Betreuung dieser Arbeit. Er hat es mir ermöglicht, in seiner Arbeitsgruppe diese Diplomarbeit anzufertigen und war darüber hinaus immer zu Diskussionen
bereit. Im letzten Jahr habe ich viel gelernt und mich dabei gut aufgehoben gefühlt.
Secondly, I want to thank Paula Riviere, who was the co-advisor and first contact person for questions and discussions. She was always willing to help and taught me lot. Our
close collaboration led to fruitful discussions and made the work here very interesting.
Ein weiteres Dankeschön geht auch an die restlichen Mitglieder der Arbeitsgruppe für
Hilfe, Diskussionen und das allgemeine Wohlbefinden während der Pausen. Insbesondere
meine Bürogefährten Cenap und Ionut und die anderen Mitglieder unserer Mittagsrunde
Alex, Alex, Christian, Jan, Thomas und Ulf haben auch die Zeit zwischen der Arbeit zu
einer angenehmen Zeit gemacht.
Ein besonderer Dank auch an Christian, Johannes, Jonas, Martin und Normann für das
stete Interesse und die immer vorhandene Hilfsbereitschaft, insbesondere beim Korrektur
Lesen dieser Arbeit. Dafür auch noch ein großes Dankeschön an Christian aus Berlin und
an Mario.
Abschließend möchte ich mich bei meinen Eltern für ihre bedingungslose Unterstützung während meines gesamten Studiums bedanken. Und natürlich auch bei Lena, die
immer für mich da ist.
Eigenständigkeitserklärung
Hiermit versichere ich, dass ich diese Arbeit am Institut für Theoretische Physik der
Technischen Universität Dresden ohne unzulässige Hilfe Dritter und ohne Benutzung anderer als der angegebenen Hilfsmittel angefertigt habe.
Olaf Uhden
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