Notizen 461 NOTIZEN Darstellung und Struktur von Kalium-1.2diselenooxalat Preparation and Structure of Potassium 1,2-Diselenooxalate Experimentelles Christoph Matz und Rainer Mattes Anorganisch-chemisches Institut der Universität Münster Z. Naturforsch. 8 3 b , 4 6 1 - 4 6 2 (1978); eingegangen am 12. Januar 1978 1,2-Diselenooxalate K2[OSeC-CSeO] crystallizes in the space group P 2 i / n with two formula units per unit cell. The 1,2-diselenooxalate anion has a transplanar conformation. The C - S e distance is 1.87(1)A. Von den 5 möglichen Thioderivaten des Oxalations sind alle bis auf das Tetrathiooxalation C 2 S 4 " bekannt sowie mit Ausnahme des Monothiooxalations auch röntgendiffraktometrisch charakterisiert [1-4]. Im Gegensatz zum Oxalation sind die Thiooxalationen im festen Zustand nicht planar. Die Interplanarwinkel betragen 76-90°. Sterische und elektrostatische Wechselwirkungen bestimmen die Konformation in Lösung; im Kristall kommen noch Packungseffekte hinzu. Ersetzt man im 1.2-Dithiooxalation (1) Schwefel durch Selen, so ändert sich vor allem die intramolekulare Wechselwirkung und somit unter Umständen auch die Konformation. Neben diesen sterischen Gesichtspunkten ist die Synthese des 1.2-Diselenooxalations (2) auch aus 2 Sc—cf V — c f 1 komplexchemischen Gründen interessant: 1 ist ein außerordentlich vielseitiger Ligand [5, 6]. Wir berichten hier nun über die Darstellung und Kristallstruktur von Di(kalium)-1.2-diseleno-oxalat. 2 Sonderdruckanforderungen an Prof. Dr. Rainer Mattes, Anorganisch-chemisches Institut der Universität Mün- ster, Gievenbecker Weg 9-11, D-4400 Münster. Die Darstellung von K 2 [OSeC-CSeO] erfolgte durch Verseifung des Oxalsäurediphenylesters mit einer alkoholischen K2Se-Lösung nach folgendem Verfahren: H^Se wird unter Kühlung in eine Lösung von 7 , 8 g K in 200 ml Ethanol eingeleitet; nach Zugabe des Esters erwärmt man 2 h auf 50 °C und dekantiert die rote Lösung, die u.a. auch Monoselenooxalat enthält, ab. Der Rückstand wird rasch in sauerstofffreiem Wasser umkristallisiert. Dabei scheidet sich K2[OSeC-CSeO] in fast metallisch glänzenden tiefroten Nadeln und Blättchen ab. Die nur wenig luftempfindlichen Kristalle sind in Wasser sehr gut löslich, die Lösungen extrem sauerstoffempfindlich. Analysen Ber. Gef. K 26,8 K 28,1 C 8,2 C 8,2 Se 54,0, Se 53,9. Die Intensitäten von 868 Reflexen wurden mit einem Syntex-P2i-Vierkreisdiffraktometer (§ scan, 2 #max = 54°, MoKa) gemessen, die Struktur durch Pattersonmethoden gelöst und mit 608 unabhängigen Reflexen bis zu einem R-Wert von 0,096 verfeinert. Die abschließenden Parameter sind in Tab. I enthalten. Ergebnisse und Diskussion K 2 [OSeC-CSeO] kristallisiert in der Raumgruppe P2i/n mit a = 6,729(7), b = 7,865(10), c = 7,135(9) Ä und ß — 116,5(8)°. Die Zelle enthält nur 2 Formeleinheiten. Die beiden Anionen müssen dann auf einer der zweizähligen speziellen Lagen der Raumgruppe mit der Punktsymmetrie i liegen und daher eine transplanare Konformation besitzen. DerEinbau des größeren Heteroatoms führt also tatsächlich, um sterische Wechselwirkungen zu vermeiden, zu einer Konformationsänderung im Vergleich zu den Tab. I . Orts- und Temperaturparameter des Kalium-Salzes v o n 1 (in K l a m m e r n : Standardabweichung der letzten Dezimalen). x • 10 4 y • 10 4 z • 10 4 Bn B22 B33 B12 B13 B23 Se 8846(2) 3239(2) 2076(2) 1,81(7) 2,33(7) 1,68(7) 0,41(6) 0,04(5) — 0 , 7 8 ( 5 ) K 3853(6) 3940(5) 1980(6) 2,0(1) 2,6(1) 2,4(1) 0,0(1) 0,4(1) — 0,6(1) O 2090(18) 5543(15) 4323(17) 2,2(4) 2,6(5) 2,2(4) —0,9(4) 0,9(4) —0,5(4) C 0447(23) 4833(19) 4151(20) 1,5(5) 1,8(6) 1,0(5) 0,1(5) 0,2(4) —0,3(4) 462 Notizen Thiooxalaten. Im Vergleich zu 1 ist in 2 ferner die negative Ladung stärker am Heteroatom lokalisiert: Dies äußert sich in einer, allerdings geringfügigen, Verkürzung des C-O-Abstandes von 1,23 Ä (Mittelwert aus mehreren Bestimmungen [1, 3]) in Thiocarboxylatogruppen auf 1,20(2) Ä in der Selenocarboxylatogruppe; auch ist der C-Se-Abstand von 1,87(1)JÄ länger als aus den entsprechenden C-SAbständen - ihre Länge beträgt im Mittel 1,702(6) A [ 1 , 3 ] - extrapoliert werden kann. Unterstützt wird diese Ansicht zur Ladungsverteilung durch den Anstieg der rCO von 1513 cm" 1 in 1 [2] auf 1548 cm" 1 in 2. Die übrigen IR-Banden von 2 sind: 819 w ( 4 3 1 + 3 8 8 ) , 713 s (vCSe), 431 w (<5COSe), 388 m (gCOSe) c m - 1 . Das Spektrum ist im übrigen wegen der hohen Symmetrie sehr bandenarm. Ein Ramanspektrum konnte nicht erhalten werden. Der C-C-Abstand ist mit 1,59(2) A wie in allen planaren Oxalsäurederivaten länger als für eine Einfachbindung zwischen zwei sp 2 hybridisierten C-Atomen erwartet wird. Kalium ist bis 4,3 A von 3 Sauerstoffatomen (2,75(1), 2,81(1), 2,85(1) A) und 5 Selenatomen (3,375(5), 3,445(5), 3,450(4), 3,654(4) und 3,894(4) A) umgeben. [1] R . Mattes, W . Stork und J. Kahlenberg, Spectrochim. Acta 33 A , 643 (1977). [2] R . Mattes und W . Meschede, Chem. Ber. 109, 1832 (1976). [3] R . Mattes, W . Meschede und W . Stork, Chem. Ber. 108, 1 (1975). [4] W . Meschede und R . Mattes, Chem. Ber. 109, 2510 (1976). [5] D . Coucouvanis, N . C. Baenziger und S. M. Johnson, J. A m . Soc. 95, 3875 (1973). [6] H . W e b e r und R . Mattes, Chem. Ber., im Druck.