Physik für Chemieingenieure und Restauratoren WS2007/08 Physik Department E18 Technische Universität München PD Dr. F. Joachim Hartmann A. Frei, S. Grabmüller, C. Höppner Blatt 9 19.12.2007 Musterlösung Seite 1 Aufgabe 1: Ladungsmessung Zwei kugelförmige Korkbälle mit der gleichen Masse m = 0.1 g sind an zwei dünnen Fäden der Länge ` = 0.5 m an einem gemeinsamen Punkt A aufgehängt. Die beiden Korkbälle sind mit der gleichen Ladung Q positiv aufgeladen. Der Winkel zwischen beiden Fäden beträgt α = 24◦ . Berechnen Sie die Ladung Q ! Lösung: Bei solchen Aufgaben ist eine Skizze immer hilfreich: Gezeichnet ist hier nur die Hälfte des Experiments, da die andere Hälfte spiegelsymmetrisch zur Mittelachse ist. Man überlegt sich zuerst, welche Kräfte wirken. Zum einen ist dies die Gewichtskraft F~g , welche nach unten zeigt, zum anderen die Coulomb-Kraft F~c , die nach rechts zeigt. Ein stabiles System dieser beiden Kräfte stellt sich genau dann ein, wenn die resultierende Kraft F~res = F~g + F~c in Richtung des Fadens zeigt. Denn nur dann kann die resultierende Kraft von der Haltekraft des Fadens kompensiert werden, und die Summe aller Kräfte verschwindet. Also muß gelten: tan α Fc = 2 Fg ⇒ mg tan ⇒ Q= r α Q2 = 2 4πε0 r2 4πε0 mgr2 tan α 2 Den Abstand r zwischen den beiden Ladungen erhält man aus einer einfachen geometrischen Betrachtung: sin r/2 α = 2 ` ⇒ r = 2` sin α 2 Dies eingesetzt ergibt: r α α Q = 16πε0 mg`2 sin2 tan 2 2 http://www.e18.physik.tu-muenchen.de/chemirest Physik für Chemieingenieure und Restauratoren WS2007/08 Physik Department E18 Technische Universität München PD Dr. F. Joachim Hartmann A. Frei, S. Grabmüller, C. Höppner Blatt 9 19.12.2007 Musterlösung Seite 2 s 16π · 8.85 · 10−12 Q= N As · 10−4 kg ·9.81 · 0.52 m2 · sin2 12◦ · tan 12◦ Vm kg Q = 3.2 · 10−8 C = 2 · 1011 e Alternativer Lösungsweg: Die Tangentialkomponenten der Coulombkraft und der Schwerkraft müssen sich kompensieren, also entgegengesetzt gleich sein. α α α Fc = Fc · cos ⇒ tan = 2 2 2 Fg Weiter geht es wie beim ersten Lösungsweg. Fg · sin Aufgabe 2: Bügeleisen Ein Bügeleisen (220 V, 300 W) hat eine Heizwicklung aus Manganinband (spez. Widerstand % = 4 · 10−7 Ωm, Dicke d = 0.01 mm; Breite b = 5 mm). 1. Wie lang muss das Manganinband sein ? Lösung: Aus der gegebenen Spannung U und der geforderten Leistung P ergibt sich mit P = U · I und U = I · R für den gesuchten Widerstand R= U2 . P http://www.e18.physik.tu-muenchen.de/chemirest Physik für Chemieingenieure und Restauratoren WS2007/08 Physik Department E18 Technische Universität München PD Dr. F. Joachim Hartmann A. Frei, S. Grabmüller, C. Höppner Blatt 9 19.12.2007 Musterlösung Seite 3 Daraus bekommt man mit der Definitionsgleichung des spez. Widerstandes R = % · l/A und dem Querschnitt A = b · d des Kabels für die gesuchte Länge l= U2 · b · d (220 V)2 · (0.005 m) · (0.00001 m) = = 20 m P ·% 300 W ·4 · 10−7 Ω m 2. Was passiert, wenn das Bügeleisen an 110 V angeschlossen wird ? Lösung: Gemäß P = U 2 /R skaliert die Leistung bei konstantem Widerstand quadratisch mit der Spannung. Halbiert man die Spannung von 220 V auf 110 V, so sinkt die Leistung auf ein Viertel. Das auf 300 W ausgelegte Bügeleisen hat dann nur noch 75 W. 3. Was könnte man verändern, damit das Bügeleisen wieder funktioniert ? Lösung: Mit P = U 2 /R muss man, um bei halbierter Spannung die gleiche Leistung zu erreichen, den Widerstand vierteln. Dazu kann man nach R = % · l/A entweder die Querschnittsfläche vervierfachen oder – was einfacher zu machen ist – die Länge von 20 m auf 5 m kürzen. Bei Bügeleisen, die sowohl in Europa (220 V) als auch in Nordamerika (110 V) funktionieren sollen, kann man mit einem Schalter zwischen einer längeren (für Europa) und einer kürzeren (für Nordamerika) Wicklung umschalten. 4. Würde eine solche Veränderung die Haltbarkeit beeinflussen ? Lösung: Verkürzt man die Länge des Glühdrahts, um bei geringerer Spannung die gleiche Leistung zu erhalten, wird pro Meter Glühdraht entsprechend mehr Leistung (hier ein Faktor vier) abgegeben. Dadurch ist die thermische Belastung größer, das Bügeleisen brennt schneller durch. 5. Was würde sich ändern, wenn man Kupfer (% = 1.7 · 10−8 Ωm) als Heizdraht verwenden würde ? Lösung: http://www.e18.physik.tu-muenchen.de/chemirest Physik für Chemieingenieure und Restauratoren WS2007/08 Blatt 9 19.12.2007 Physik Department E18 Technische Universität München PD Dr. F. Joachim Hartmann A. Frei, S. Grabmüller, C. Höppner Musterlösung Seite 4 Da der spez. Wiederstand von Kupfer 24-mal kleiner als der von Manganin ist, müsste man, um auf den gleichen Widerstand und damit die gleiche Leistung zu kommen, gemäß R = % · l/A den Querschnitt des Drahtes entweder um den Faktor 24 verkleinern (unpraktikabel) oder seine Länge um denselben Faktor vergrößern. 6. Welchen Einfluss hat eine starke Temperaturabhängigkeit des Heizdrahtes ? Lösung: Bei den meisten Metallen nimmt der Widerstand stark mit der Temperatur zu. Für das Bügeleisen würde dies bedeuten, dass es nicht sehr heiss wird. Sobald es nämlich langsam wärmer wird, nimmt der Widerstand zu und damit die Heizleistung ab. Spezifiziert man den Glühdraht dagegen so, dass er im heißen Zustand den richtigen Widerstand erreicht, ist er beim Einschalten, wenn das Bügeleisen noch kalt ist, entsprechend geringer und die Sicherung würde wegen des starken Stromes durchbrennen. Um dieses Problem zu umgehen, wurden schon sehr früh spezielle Legierungen wie Manganin (84% Kupfer, 4% Nickel und 12% Mangan) oder Konstantan (55% Kupfer und 45% Nickel) entwickelt, deren spezifischer Widerstand kaum von der Temperatur abhängt. Aufgabe 3: Wien Filter Geladene Teilchen lassen sich bezüglich Ihrer Geschwindigkeit selektieren, indem man sie ein so genanntes Wien-Filter passieren lässt. Die geladenen Teilchen durchqueren dabei zueinander senkrechte, statische und homogene elektrische und magnetische Felder, wobei der Geschwindigkeitsvektor der Teilchen auch jeweils senkrecht zu den Feldern stehen soll. In Abhängigkeit von den jeweiligen Feldstärken werden nur Teilchen einer bestimmten Geschwindigkeit nicht durch die Einwirkung der Felder abgelenkt und können einen Austrittsspalt am Ende des Filters passieren. Ein Strahl positiver Ionen mit der Geschwindigkeit v = 106 m/s passiere ein Wien-Filter mit einem Magnetfeld B = 100 mT ohne Ablenkung. 1. Welche Spannung liegt an dem das elektrische Feld erzeugenden Plattenkondensator (d = ~ und B, ~ der 5 cm) ? Skizzieren Sie das Wien-Filter unter Angabe der Richtungen von ~v , E wirkenden Kräfte sowie der Polarität der angelegten Spannung. Lösung: Es ist hilfreich, zuerst die Zeichnung anzufertigen: http://www.e18.physik.tu-muenchen.de/chemirest Physik für Chemieingenieure und Restauratoren WS2007/08 Physik Department E18 Technische Universität München PD Dr. F. Joachim Hartmann A. Frei, S. Grabmüller, C. Höppner Blatt 9 19.12.2007 Musterlösung Seite 5 Für Teilchen, die nicht abgelenkt werden sollen, gilt F~E = F~B , also qvB = qE = q U d ⇒ U = vBd = 106 m / s ·0.1 T ·0.05 m = 5 kV 2. Die Beschleunigung der Ionen erfolgt durch eine Spannung von 10364 V. Welche Ionensorten (Masse, Ladung) können das Wien-Filter ohne Ablenkung durchlaufen ? Geben Sie zwei Beispiele für solche Ionen an. Lösung: Zuerst berechnen wir uns die Geschwindigkeit für Teilchen die eine Spannung von UB = 10364 V durchlaufen: r 2qUB 2 mv /2 = qUB ⇒ v = m Aus der Formel in Teilaufgabe 1 läßt sich die Beziehung v = U/dB für nicht abgelenkte Teilchen ableiten, also erhält man, nachdem man die Ausdrücke für v gleichsetzt: r q U2 (5 kV)2 C e U 2qUB = ⇒ = 2 2 = = 4.82·107 = 0.5 dB m m 2d B UB 2 · (5 cm ·100 mT)2 · 10364 V kg u mit u = atomare Masseneinheit = 1.661 · 10−27 kg. Die Ionen könnten zum Beispiel Alphateilchen 4 He2+ , einfach geladenes Deuterium 2 D+ oder einfach geladene Wasserstoffmoleküle H+ 2 sein. 3. Wie groß wäre der Radius der Teilchenbahn im Filter wenn das elektrische Feld ausgeschaltet wäre unter der Annahme zweifach geladener Teilchen ? Lösung: http://www.e18.physik.tu-muenchen.de/chemirest Physik für Chemieingenieure und Restauratoren WS2007/08 Physik Department E18 Technische Universität München PD Dr. F. Joachim Hartmann A. Frei, S. Grabmüller, C. Höppner Blatt 9 19.12.2007 Musterlösung Seite 6 Hier verwendet man die bekannte Gleichung mv 2 qvB = r ⇒ mv m r= = · qB qB r s 2qUB 1 = · m B 2mUB q v u 2 · 10364 V 1 u r= ·t = 0.2 m 100 mT 4.82 · 107 C kg 4. Nun sei das B-Feld ausgeschaltet, der Kondensator aber noch wie in Teilaufgabe 1 geladen. Berechnen Sie die Ablenkung der Teilchen von der ursprünglichen Bahn am Ende des WienFilters (Länge l = 10 cm). Lösung: Hier wirkt nur noch die elektrische Kraft auf das Teilchen F~E = qE = 2 · e · Ud . Die Bewegung entlang der ursrpünglichen Flugrichtung wird davon nicht beeinflußt, also können wir uns aus der Teilchengeschwindigkeit und der Länge des Kondensators die Verweildauer des Teilchens im Kondensatorfeld berechnen t = l/v und dies dann über FE = ma in die Ablenkung umrechnen: µ ¶2 2 · e · Ud · l2 · m FE l U l2 2 y = 1/2 · at = · = = = 2.41 cm 2m v 2m · 2 · 2e · UB 4dUB Aufgabe 4: Leiterschleife In freier Anlehnung an das Logo des World Year of Physics 2005 bastelte ein Schüler im Physikunterricht aus einem homogenen, leitfähigen Draht mit konstantem Querschnitt eine ebene, geschlossene Leiterschleife in Form einer symmetrischen Sanduhr (siehe Skizze). Seinen Mitschülern gab er an, dass der Widerstand dieser Sanduhr 1.6 mal so groß ist, wenn er zwischen den Punkten B und C gemessen wird, als wenn er zwischen den Punkten A und B gemessen wird. In welchem Verhältnis stehen die Drahtlängen AB und BC zueinander ? Lösung: http://www.e18.physik.tu-muenchen.de/chemirest Physik für Chemieingenieure und Restauratoren WS2007/08 Physik Department E18 Technische Universität München PD Dr. F. Joachim Hartmann A. Frei, S. Grabmüller, C. Höppner Blatt 9 19.12.2007 Musterlösung Seite 7 Wir kennen den Zusammenhang zwischen dem Widerstand eines Leiters und seinen Abmessungen: R=ρ· ` A Da es sich hier um einen homogenen Draht (ρ bleibt gleich) mit konstantem Querschnitt A handelt, ist also der Widerstand direkt proportional zu seiner Drahtlänge: R ∝ `. Also können wir statt eines Längenverhältnisses auch das entsprechende Widerstandsverhältnis berechnen. Zur einfacheren Notation definieren wir a := AB und b := BC. Die zu den Stecken a und b korrespondierenden Einzelwiderstände wollen wir als Ra und Rb bezeichnen. Gesucht ist dann also AB a Ra = = b Rb BC In der Aufgabenstellung gegeben ist: RBC 8 = 1.6 = RAB 5 Wir müssen also die Widerstände RAB und RBC in Abhängigkeit von Ra und Rb berechen. Dafür überlegt man sich folgende Ersatzschaltbilder: Widerstand zwischen B und C Ra B Rb Ra Widerstand zwischen A und B C A Rb Rb Ra Rb B Ra Mit den Formeln für Reihen- und Parallelschaltung von Widerständen ergibt sich: RBC = Rb (Ra + Rb + Ra ) R2 + 2Ra Rb = b Rb + (Ra + Rb + Ra ) 2Ra + 2Rb RAB = Ra (Rb + Ra + Rb ) R2 + 2Ra Rb = a Ra + (Rb + Ra + Rb ) 2Ra + 2Rb ⇒ (Rb2 + 2Ra Rb ) · (2Ra + 2Rb ) Rb2 + 2Ra Rb 8 RBC = = = RAB (2Ra + 2Rb ) · (Ra2 + 2Ra Rb ) Ra2 + 2Ra Rb 5 Wir haben also eine Beziehung zwischen Ra und Rb gefunden. Diese muss man nun lediglich nach einer der beiden Größen auflösen, wir wollen hier Ra wählen: 8 2 16 R + Ra Rb 5 a 5 ⇒ Rb2 + 2Ra Rb = ⇒ 8 2 6 R + Ra Rb − Rb2 = 0 5 a 5 ⇒ ⇒ /·5 8Ra2 + 6Ra Rb − 5Rb2 = 0 p −6Rb ± 36Rb2 + 160Rb2 Ra = 16 http://www.e18.physik.tu-muenchen.de/chemirest Physik für Chemieingenieure und Restauratoren WS2007/08 Blatt 9 19.12.2007 Physik Department E18 Technische Universität München PD Dr. F. Joachim Hartmann A. Frei, S. Grabmüller, C. Höppner Musterlösung Seite 8 Da ein negativer Widerstand physikalisch unsinnig ist können wir eine Lösung vernachlässigen. ⇒ 3 7 1 Ra = − Rb + Rb = Rb 8 8 2 Also ist das gesuchte Verhältnis: AB 1 Ra = = R 2 BC b Aufgabe 5: Elektro-Installateur Eine kleine Tüftelaufgabe, falls Ihnen während der Weihnachtsferien langweilig wird: Nehmen Sie an, Sie wären Elektro-Installateur und würden von Ihrem Kunden, der gerade sein Eigenheim baut, mit folgendem Problem konfrontiert: In einem langen Hausflur soll eine Lampe installiert werden, die mit zwei Schaltern, welche an je einem Ende des Flures angebracht sind, ein- und ausgeschaltet werden soll. Der Betriebszustand der Lampe (Ein/Aus) soll sich ändern, egal welchen Schalter man betätigt, und egal in welcher Stellung der jeweils andere Schalter steht. Es sollen nur einfache Kippschalter verwendet werden, keine Relais oder elektronischen Bauteile. Zeichnen Sie eine möglichst einfache elektrische Schaltung, die der Problemstellung gerecht wird ! Lösung: So könnte eine einfache Schaltung aussehen: S S 1 Lampe http://www.e18.physik.tu-muenchen.de/chemirest 2