Unschuld - Aufführung DS - Carl-Schurz

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Geschichten über die Flucht
Von JULIAN LOEVENICH
Sie spielt die blinde Tänzerin, er den Vertriebenen: Caroline Röder und Williams Onana bei den Proben für
„Unschuld“. Foto: Monika Müller
Der Darstellende Spielkurs der Q2 in der Carl-Schurz-Schule führt "Unschuld" von Dea Loher
auf. Der Flüchtlingsproblematik kommt eine entscheidende Rolle zu. Vor Beginn der Probenzeit
hat der Kurs ein Treffen mit zwei Heimatvertriebenen organisiert.
Nicht schon wieder Shakespeare, bei dem die Zuschauer schon zu Beginn das Ende erahnen können
– das war der Vorsatz des diesjährigen Darstellende Spielkurs (DS) der Q2 in der Carl-Schurz-Schule.
Die Wahl fiel deshalb auf etwas Zeitgenössisches. „Nach vielen Diskussionen und Überlegungen
haben wir uns für das Stück „Unschuld“ von Dea Loher entschieden“, sagt Anja Christianesen, die den
Kurs zusammen mit Jeanette Kaupp leitet. Das Stück, das im Jahr 2003 Uraufführung in Hamburg
gefeiert hat, proben die 48 Schüler des DS-Kurses seit Oktober in ihrer eigenen Inszenierung.
Fünf Handlungsstränge sind darin collagenartig zusammengesetzt. Es gibt ein Ehepaar: Sie mit
Kinderwunsch, er mit der Flucht in eine neue Leidenschaft und es gibt Ella, die über die
Unzuverlässigkeit der Welt schreibt. Die anderen Figuren sind ein Selbstmörder; Frau Habersatt, die
sich als Mutter von Amokläufern ausgibt; und eine blinde Tänzerin, die zwei Flüchtlinge kennenlernt.
„Die einen flüchten vor dem Tod und die anderen flüchten sich in den Tod“, erklärt Kaupp das
verbindende Element.
Der Flüchtlingsproblematik kommt eine entscheidende Rolle zu: Vor Beginn der Probenzeit hat der
Kurs in Zusammenarbeit mit der „Interkulturellen Werkstatt“ ein Treffen mit zwei Heimatvertriebenen
organisiert. Die beiden jungen Männer, der eine aus Burkina Faso, der andere aus Ghana stammend,
haben den Schülern ihre persönlichen Geschichten erzählt. „Das war krass“, sagt die 17-jährige Caro.
Beide Männer sind sie übers Meer nach Italien gekommen. Dort mit Ressentiments konfrontiert, hat es
sie nach Frankfurt gezogen, „weil sie nur Gutes über diese Stadt gehört haben“, sagt Christianens.
Nur weiße Kartons als Requisiten
Williams spielt einen der beiden Flüchtlinge im Stück und sagt in Erinnerung an das Treffen:
„Besonders erschreckend waren die Geschichten über die Bootsfahrt, auf dem links und rechts die
Frauen und Kinder gestorben sind.“ So verstörend diese Erzählungen sind, sie helfen dem
Siebzehnjährigen bei seinem Spiel: „Ich kann diese pessimistische Grundeinstellung jetzt
nachvollziehen und die Rolle verstehen“, so Williams.
Auf der Bühne setzt die Inszenierung nahezu gänzlich auf die Ausdrucksstärke der jungen
Schauspieler, die allesamt keine Profis sind, sich aber viel angeeignet haben. Weiße Kartons sind die
einzigen Requisiten, sie dienen mal als Sofa, mal als Projektionsfläche: Das ist Minimalismus in seiner
reinsten Form. Durch das Stück erhofft sich der DS-Kurs auf das Thema Flucht aufmerksam zu
machen. Deshalb wird der Eintritt frei sein. Gespendet werden kann aber an die „Interkulturelle
Werkstatt“.
Aufführungen sind am 13. und 14. Juli jeweils um 19.30 Uhr in der Aula der Carl-Schurz-Schule
(Holbeinstraße 21). Ab 18.30 Uhr gibt es selbstgemachtes afrikanisches Fingerfood von Hassan,
einem der Flüchtlinge.
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