34. Österreichische Physikolympiade 2014 Experimentelle Klausur Mechanik: Lösungsvorschlag Eine Glasmurmel auf einer schiefen Ebene …. Eine Glasmurmel rollt oder rollt und gleitet eine schiefe Ebene hinab. Die schiefe Ebene ist um den Winkel gegen eine horizontale Ebene geneigt. Dann trifft sie auf eine horizontale Tischplatte….. Abb. 1 Teil 1: Lege die schiefe Ebene und den Glaswürfel auf den Tisch. Miss den Winkel der Platte aus Blech gegen die Tischplatte (siehe Abb. 2). Abb. 2 = 10° ± 0,5° Positioniere die Glasmurmel an das obere Ende der schiefen Ebene und lass sie los. Die Glasmurmel bewegt sich nach dem Verlassen der schiefen Ebene die Tischplatte entlang. Bestimme experimentell möglichst genau die mittlere Translationsgeschwindigkeit der Glasmurmel parallel zur Tischplatte (nach dem Verlassen der schiefen Ebene). Gib den absoluten und den relativen Fehler des Messergebnisses an. Weg in m 1,000±0,002 Zeit in s 1,44 Zeit (Mittelwert): t = 1,44 s relativer Fehler (v-Messung): 2% 1,43 1,41 1,42 1,46 1,44 v = 0,696 m/s ± 0,014 m/s 1,45 1,42 1,43 1,46 Erstelle ein theoretisches Modell dieses Vorgangs, mit dem du die Geschwindigkeit der Murmel parallel zur Tischplatte vorhersagen kannst. Gib den Wert dieser Geschwindigkeit an. Bezeichnungen: v0: Geschwindigkeit des Kugelmittelpunkts am Ende der Ebene s: Länge der schiefen Ebene h: „Tischhöhe“ g: Fallbeschleunigung a: Beschleunigung des Kugelmittelpunktes auf der schiefen Ebene I: Massenträgheitsmoment R: Radius der Glasmurmel v: Translationsgeschwindigkeit : Winkelgeschwindigkeit E: Energie Abb. 3 Es gilt: tan10° = 0,1763; 3,5.f = 0,525. Die Kugel rollt ohne zu gleiten, da tan = 0,1763 ≤ 3,5f. Am Ende der schiefen Ebene hat die Glasmurmel die Translationsgeschwindigkeit v in Richtung der schiefen Ebene. Ihre Komponente in Richtung der horizontalen Ebene sei vx mit Mag. Engelbert Stütz [email protected] 34. Österreichische Physikolympiade 2014 Experimentelle Klausur Mechanik: Lösungsvorschlag v x v cos (1) Außerdem gilt: E pot Ekin Erot (2) (Energieerhaltung bei Vernachlässigung der Reibung) (3) Die Rollbedingung ist erfüllt. v r h s sin (4) Die Stufe am Ende der schiefen Ebene ist im theoretischen Modell nicht zu berücksichtigen, da beim „Hinabfallen“ über die Stufe vx nicht verändert wird. Dann gilt: mgh 2 1 2 12 2 v mv mR 2 2 . Dabei ist I mR 2 das Trägheitsmoment der Kugel. 5 2 25 R Für die Geschwindigkeit v am unteren Ende der schiefen Ebene gilt: Daraus erhält man für v x v cos : v x v 10 10 gh g s sin 7 7 10 gs sin cos 7 Für = 10° und s = 0,2m erhält man: v x 0.694 m . s Das ist in sehr guter Übereinstimmung mit dem Experiment. Die Übereinstimmung ist so gut, weil die Modellannahmen gut erfüllt sind. Der hauptsächliche Messfehler steckt in den Zeitmessungen. Teil 2: Baue die schiefe Ebene wie in Abb. 3 auf. Der Winkel gegen die Tischplatte sollte zwischen 58° und 62° liegen. Miss den Winkel der Platte aus Blech gegen die Tischplatte (siehe Abb. 1). Führe jetzt das Experiment ähnlich wie im Teil 1 aus. Die Glasmurmel hat nachher eine komplizierte Bewegung auf der Tischplatte (hüpfen, rollen, gleiten, …). Bestimme experimentell die mittlere Translationsgeschwindigkeit der Glasmurmel parallel zur Tischplatte. Gib den statistischen Fehler des Messergebnisses an. Erstelle ein theoretisches Modell dieses Vorgangs, mit dem du die Geschwindigkeit der Murmel in Richtung der Tischplattenebene vorhersagen kannst. Vernachlässige in diesem Modell die Rollbewegung der Glasmurmel. Gib den Wert dieser Geschwindigkeit an. Am Ende der schiefen Ebene hat die Glasmurmel die Translationsgeschwindigkeit v in Richtung der schiefen Ebene. Ihre Komponente in Richtung der horizontalen Ebene sei vx mit v x v cos (1) h s sin (2) Die Stufe am Ende der schiefen Ebene ist im Weg in m 1±0,002 theoretischen Modell nicht zu berücksichtigen, da beim „Hinabfallen“ über die Stufe vx nicht verändert wird. E pot Ekin (3) (Energieerhaltung bei Vernachlässigung der Reibung; Berücksichtigung des Hinweises, dass die Kugel nur gleitet.) Daraus folgt: v 2 gh . Für vx gilt dann: vx 2 gs sin cos Für = 60° und s = 0,2m erhält man: v x 1,31 Zeit in s Zeit Mittelwert in s 1,27 1,23 1,22 1,19 relativer Fehler 1,24 (v-Messung) 1,20 5% 1,21 v = 0,81 m/s 1,22 ±Dv = 0,04 m/s 1,29 1,19 1,25 m . s Das ist in schlechter Übereinstimmung mit dem Experiment. Die Abweichung ist so groß, weil die Modellannahmen nicht erfüllt sind. Die Glasmurmel gleitet und rollt. Der hauptsächliche Messfehler steckt in den Zeitmessungen bei der Handstoppung. Mag. Engelbert Stütz [email protected] 34. Österreichische Physikolympiade 2014 Experimentelle Klausur Mechanik: Lösungsvorschlag Teil 3: Ermittle theoretisch, für welchen Winkel gegen die horizontale ebene Tischplatte (siehe Abb. 1) die Translationsgeschwindigkeit der Glasmurmel in Richtung der Tischplatte maximal wird. Gib für diesen Fall den Winkel an, bei dem die Translationsgeschwindigkeit der Glasmurmel parallel zur Tischplatte maximal wird. Bestimme abschließend experimentell so genau wie möglich die mittlere Translationsgeschwindigkeit der Glasmurmel für diesen ermittelten Winkel. (Die Murmel wird auch rollen. Das verändert das Ergebnis der theoretischen Überlegungen nicht.) Gib zu deinen Ergebnissen auch den statistischen Fehler an. Erörtere eventuelle systematische Fehler und ihren Einfluss auf das Ergebnis. Um den Winkel für die maximale Translationsgeschwindigkeit vx zu finden, setzt man dv x 0 . Aus den Überlegungen im Fall 1 und im Fall 2 kann man sehen, dass die d Translationsgeschwindikeit v am unteren Ende der schiefen Ebene proportional zu sin ist. Für vx gilt also in jedem Fall v x v cos A sin cos . Dabei ist A ein Zahlenfaktor, der davon abhängt, wie gut die Rollbedingung erfüllt ist. Weg in m 1±0,002 d A sin cos 0 d 0,5 sin 0,5 cos 2 sin 0 1,5 0,5 cos 2 sin 2 0 1 sin 2 2 sin 2 0 1 3 sin 2 0 sin 2 1 1 sin 3 3 Zeit in s 0,90 0,92 0,93 0,93 0,91 0,93 0,90 0,92 0,92 0,92 Zeit Mittelwert in s 0,92 relativer Fehler (v-Messung) 2% v = 1,09 m/s ±Dv = 0,02 m/s 35 Die physikalisch mögliche Lösung ist für den gesuchten Winkel 35 Der ermittelte Wert vx =1,09 ± 0,02 m/s liegt nahe beim theoretischen Wert von 1,06 m/s. Dabei nimmt man an, Glasmurmel nur rollt. tan35° = 0,700. Wegen tan ≥ 3,5f gleitet und rollt sie. Es könnte auch sein, dass der Koeffizient f größer als 0,15 ist. Information: Massenträgheitsmoment einer Kugel: I = 0,4 . m . R² Hinweise: Nimm an, dass die Translationsgeschwindigkeit der Murmel in Richtung der Tischplatten-Ebene sich nach dem Auftreffen der Murmel auf der Tischplatte nicht verändert. Nimm an, dass die Tischplatte eine horizontale Ebene ist. Für tan≤ 3,5f rollt die Kugel ohne zu gleiten, für tan ≥ 3,5f gleitet (und rollt) sie. Der Gleitreibungskoeffizient f zwischen Glasmurmel und der schiefen Ebene kann mit 0,15 angenommen werden. Die Rollreibung kann in allen Teilen der Aufgabenstellung vernachlässigt werden. Literaturangabe: Gunnar Friege, Klaus Mie, Gunter Lind: Physik mit Pfiff; Aulis Verlag Mag. Engelbert Stütz [email protected]