6 Schräger Wurf Beim schrägen Wurf wird ein Körper in einem Schwerefeld schräg mit der Anfangsgeschwindigkeit v0 abgeworfen. Die Anfangsgeschwindigkeit bildet also einen gewissen Winkel α mit der Horizontalen. Die resultierende Bewegung soll analysiert werden. Es liegt nahe, den schrägen Wurf ähnlich wie den waagerechten Wurf zu analysieren. Dabei wird die Luftreibung vernachlässigt. 6.1 Analyse Der Bewegungsablauf des schrägen Wurfs kann als Zusammensetzung zwischen 2 unabhängigen Translationen aufgefasst werden, eine in horizontale Richtung und eine in vertikale Richtung. Die Wurfbahn wird deshalb in ein x-y-Koordinatensystem gelegt (x-Richtung: horizontal in Abwurfrichtung, y-Richtung: senkrecht nach oben): In x-Richtung: es handelt sich um eine geradlinig gleichförmige Bewegung. Die Geschwindigkeit in x-Richtung beträgt dabei vx = v0x = v0 · cos α In y-Richtung: es handelt sich um den senkrechten Wurf mit der Abwurfgeschwindigkeit v0y = v0 · sin α. In y-Richtung verändert sich die Geschwindigkeit des Körpers ständig. Sie beträgt: vy = v0y – g·t = v0 · sin α - g·t. Die Geschwindigkeit-Zeit-Formeln lauten: vx = v0 · cos α vy = v0 · sin α - g·t Die entsprechenden Weg-Zeit-Formeln sind: x v0 cos t (1) 1 y g t 2 v0 sin t 2 (2) Die Gleichung der Wurfbahn wird hergeleitet, indem (1) nach t umgestellt wird und t aus (1) in (2) eingesetzt wird: x v0 cos t t x v0 cos und 2 1 1 x x v0 sin y g t 2 v0 sin t g 2 2 v cos v cos 0 0 y g x 2 tan x 2 2 2 v0 cos Da v0, α und g konstant sind, ist die Wurfbahn eine Parabel. (siehe Figur 3.5.2) 6.2 Bestimmung von Wurfweite und Steighöhe Unter Wurfweite xm versteht man die den maximalen in x-Richtung (parallel zum Boden) zurückgelegten Weg. Die Steighöhe ym ist die grösste über Grund erreichte Höhe des Körpers. Die Wurfweite xm wird erreicht für y = 0. Durch Einsetzen in die Gleichung der Wurfbahn erhält man: y0 g x 2 tan x 0 2 2 2 v0 cos g tan x 0 x 2 2 2 v cos 0 g tan 0 x 2 2 2 v cos 0 tan oder g x 2 v0 cos 2 2 sin 2 v0 cos 2 2 v0 sin cos x cos g g 2 2 x 0 (Abwurfpunkt zu verwerfen) Mit der Formel 2 sin cos sin 2 Ergibt sich für die Wurfweite xm: v sin 2 xm 0 g 2 Die Wurfweite ist proportional zum Quadrat der Abwurfgeschwindigkeit v0. Bei Verdopplung der Abwurfgeschwindigkeit vervierfacht sich die Wurfweite. Bei gegebener Abwurfgeschwindigkeit v0 hängt die Wurfweite vom Abwurfwinkel α ab. Sie ist maximal, wenn sin 2 1 2 90 45 Die maximale Wurfweite wird also erreicht für einen Abwurfwinkel von 45°. Die Abwurfwinkel 1 45 2 45 (z. B. α1 = 30° und α2 = 60°) ergeben die gleiche Wurfweite, denn sin2α = sin(90° + 2β) = sin(90° - 2β) Die Steighöhe ym wird erreicht nach Ablauf der Steigzeit tym. Sie wird erreicht, wenn vy = 0 (siehe senkrechter Wurf). Dann: v y 0 v0 sin g t ym 0 t ym v0 sin g Durch Einsetzen in die Weg-Zeit-Formel für die y-Richtung ergibt sich: 1 2 y m g t ym v0 sin t ym 2 2 v sin v sin 1 v0 sin 0 ym g 0 2 g g 1 v0 sin 2 v0 sin 2 ym 2 g g 2 2 v0 sin 2 ym 2 g 2 Die Steighöhe ym ist maximal bei α = 90°. Es handelt sich dann um den senkrechten Wurf. Der Körper erreicht die Steighöhe ym bei x ym xm 2 Beweis: Die maximale Wurfweite wird zum Zeitpunkt txm erreicht. Dabei gilt, durch Einsetzen in die entsprechende Weg-Zeit-Formel (1): xm v0 cos t xm t xm xm v0 cos 2 v0 sin cos 2 v0 sin g v0 cos g 2 t xm Da t ym v0 sin (also die Hälfte von txm), muss xym auf halber Strecke zwischen 0 g und xm liegen. Denn die Bewegung in x-Richtung erfolgt ja bei konstanter Geschw. 6.3 Aufgaben 6.3.1 Wurf eines Steins 1 Ein Stein wird unter einem Winkel von 45° mit einer Geschwindigkeit von 10 m/s abgeworfen. Wurfhöhe und Wurfweite sollen bestimmt werden. Berechnen Sie dazu der Reihe nach: a) die Geschwindigkeit v0x nach vorn und die Geschwindigkeit voy senkrecht nach oben, b) die Steighöhe ym, c) die Steigzeit tym und die Fallzeit tF, Schlussfolgerung, d) die Wurfweite xm. 6.3.2 Wurf eines Steins 2 Ein Stein wird mit einer Abwurfgeschwindigkeit von 20 m/s unter einem Winkel von 75°, 45° und 30° schräg nach oben geworfen. a) Wie gross ist die Wurfweite? b) Welche Steighöhe erreicht er? 6.3.3 Gewehrkugeln Die Kugeln eines Gewehrs verlassen die Mündung mit einer Geschwindigkeit von 450 m/s. Soll eine Kugel ein Ziel treffen, dass sich in 100 m Entfernung auf der Höhe der Mündung befindet, so muss der Schütze auf einen Punkt zielen, der höher liegt als das Ziel. Wie viel höher als das Ziel ist dieser Punkt? 6.3.4 Projektil Ein Projektil wird von einem 200 m hohen Steilufer aus abgeschossen. Die Anfangsgeschwindigkeit beträgt 60 m/s, und die Abschussrichtung ist 60° zur Horizontalen. Wo wird das Projektil landen, wenn der Luftwiderstand nicht berücksichtigt wird? 6.3.5 Reale Wurfbahnen Die hier gesehene Theorie funktioniert nur, wenn der Luftwiderstand vernachlässigt wird. Beschreiben Sie die tatsächlichen Wurfbahnen folgender schräg abgeschossener Körper: a) Tischtennisball c) Diskus beim Diskuswurf b) Kugel beim Kugelstossen d) Wasserstrahl (aus einem Schlauch) 6.3.6 Affe und Pfeil Ein Wildhüter möchte mit einem Betäubungsgewehr einen Affen schiessen, der am Ast eines Baumes hängt. Er zielt genau auf den Affen, ohne zu beachten, dass der abgeschossene Pfeil eine Parabel durchläuft und deshalb unter dem Affen vorbeifliegen wird. Der Affe sieht jedoch, wie der Pfeil den Gewehrlauf verlässt und lässt sich fallen, in Erwartung, so dem Pfeil zu entgehen. Zeigen Sie, dass der Affe unabhängig von der Anfangsgeschwindigkeit des Pfeils getroffen wird, solange folgende Voraussetzungen erfüllt sind: Die Anfangsgeschwindigkeit des Pfeils ist so gross, dass er die Entfernung bis zum Baum zurücklegt, bevor er auf die Erde fällt; der Affe lässt sich in dem Augenblick fallen, während der Pfeil abgeschossen wird. [Dieses Skript wurde durch Patrick Rendulic erstellt]