1_Kapitel PC0

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Einführung in die Physikalische Chemie (PC0)
1.
Kraft und Bewegung
1.1
Lineare Geschwindigkeit; Vektor und Skalar
Wie schnell?
[
]
Geschwindigkeit m⋅ s -1 =
zurückgelegte Strecke [m]
benötigte Zeit [s]
Durchschnittsgeschwindigkeit
€
zurückgelegte Strecke
Momentangeschwindigkeit
Wohin?
2
2
A +B =C
C=
€
2
2
2
A + B = A 2 + B2 = 4,4721 km
1
B
= tan ϑ
A
ϑ = arctan(B / A) = 63,44°
€
A
= cos ϑ
C
€
ϑ = arccos(A / C ) = 63,44°
€
B
= sin ϑ
C
€
ϑ = arcsin(B / C ) = 63,44°
Anstatt 2 km nach Norden und 4 km nach Osten hätte der Wanderer
€ auch 4,47 km €
in Richtung 63,44° Nord-Ost gehen können, um an dasselbe Ziel zu gelangen.
Vektoren
   A, B, C werden fett gedruckt oder mit Pfeilen gekennzeichnet
A, B, C .
Skalare Größen (ohne Richtung) werden einfach gedruckt.
€
Vektorielle Größen: Geschwindigkeit, Beschleunigung, Impuls, Kraft,
Felder (elektrische, magnetische) …
Skalare Größen:
1.2
Masse, Ladung, Energie …
Lineare Beschleunigung
Die Beschleunigung gibt die Änderung der Geschwindigkeit mit der Zeit
an. Dies kann eine Änderung von Größe oder Richtung der Geschwindigkeit sein.
Bei Beschleunigung zurückgelegte Strecke
Bei konstanter Beschleunigung a = Δv/Δt gilt mit Δv = vEnde - vAnfang
mit der mittleren Geschwindigkeit (vE+vA)/2 im Zeitintervall Δt≡t.
2
Die zurückgelegte Strecke ist dann
Beschleunigungen können positiv oder negativ (Verzögerung, Bremsung) sein.
Merke: Flugbahnen (Trajektorien) werden getrennt nach beschleunigter
vertikaler Bewegung (z.B. Erdanziehung) und nach konstanter
horizontaler Geschwindigkeit berechnet.
Gilt auch für die Flugbahnen von Molekülen oder Ionen!
1.3
Rotation
Wenn sich ein Objekt auf einer Kreisbahn mit konstanter Geschwindigkeit v bewegt, ändert es dauernd seine Richtung: beschleunigte Bewegung zum Kreismittelpunkt hin.
T
Zeit für Durchfliegen der Kreisbahn
Zentripetalbeschleunigung
Beschleunigung in Richtung Zentrum, damit Objekt auf Kreisbahn bleibt.
Winkelgeschwindigkeit:
damit:
Damit ist
3
und
Die Umlauffrequenz ν von Elektronen in einem Zyklotron betrage 1 MHz.
Wie gross ist die Winkelgeschwindigkeit?
Umlauffrequenz ν = 1/T daraus die Umlaufzeit: 1.10-6 s
= 6.3.106 s-1
Winkelgeschwindigkeit
Der Radius dieses Zyklotrons betrage 2 m. Wie gross ist die Bahngeschwindigkeit der Elektronen?
Drehkraft (Drehmoment):
Drehimpuls:
;
torque
;
angular momentum
Trägheitsmoment:
moment of inertia
Winkelgeschwindigkeit
;
angular velocity
Rotation
Winkel
Translation
Strecke
x
Winkelgeschwindigkeit ω
Geschwindigkeit
v
Drehmoment
M
Kraft
F
Drehimpuls
L
Impuls
p
Trägheitsmoment
I
Masse
m
Rotationsenergie
Erot
Translationsenergie
Etrans
θ
4
Trägheitmomente einfacher Körper
Massenpunkt
Unendlich dünnwandiger Hohlzylinder
Vollzylinder
Unendlich dünner Stab der Länge l
Kugel
Unendlich dünne Kugelschale
1.4
Kräfte verursachen Bewegungsänderungen
1.4.1 Gewichtskraft oder Gewicht
F=mg
g = 9,8m/s2 Erdbeschleunigung
Beispiel:
Was wiegt ein Stein der Masse 4,2 kg auf der Erde und auf dem Mond?
Lösung:
5
Die Kraft hat die Einheit Newton [N].
Auf dem Mond ist der Stein also ungefähr 6x leichter als auf der Erde.
Merke:
Die Gravitationsbeschleunigung erhält man experimentell aus
mit s als Fallstrecke und t als Fallzeit.
1.4.2 Reibungskraft in Flüssigkeiten (Viskosität)
Die Reibungskraft FR, um in einer laminaren Strömung eine im Abstand d
von einer Oberfläche befindliche Platte der Fläche A mit der Geschwindigkeit v auf einer Flüssigkeitsschicht zwischen Platte und Oberfläche
der Dicke d zu bewegen, hängt von dem Viskositätskoeffizient η der
Flüssigkeit ab:
FR = η ⋅
A⋅v
d
€
A [m2]:
Fläche der Schicht
Fläche der bewegten Platte
dynamische Viskosität
η ~ 10-5 Pa ⋅ s
η ~ 10-3 Pa ⋅ s
η ~ 0,1 – 0,01 Pa ⋅ s
6
(bei Gasen)
(Wasser)
(Schmieröle)
Beispiel:
Wie hoch ist die Reibungskraft bei einer Platte von 1 m2 Fläche, die mit
0,5 ms-1 über eine Wasserschicht von 1 mm Dicke gezogen wird?
Lösung:
Beispiele:
Kompressionskraft
Zugkraft
Reibungsüberwindungskraft
(z.B. Erdanziehungskraft)
↔ Abstoßungskraft der Atome
im Material
↔ Anziehungskraft der Atome
im Material
↔ Anziehungskraft zwischen
Flüssigkeitsschichten
Die Reibungskraft auf eine laminar umströmende Kugel ist
Stokesches Reibungsgesetz
Wie schnell sinkt eine Stahlkugel mit 3 cm Radius in Wasser?
Dichte der Kugel ρK = 7,85 g cm-3
Lösung: Im Gleichgewicht gilt
FR = Fgrav – FAuftrieb =
7
Eine Flüssigkeit fließt durch ein senkrecht stehendes Rohr. Der Volumenstrom ist
Mit p als Druckdifferenz zwischen beiden Enden des Rohres durch das
Gewicht der Flüssigkeitssäule, R als Innenradius des Rohres, ℓ als Rohrlänge.
Beispiel:
Wie schnell fließen 1000 Liter Wasser durch ein Rohr mit 5 cm Innenradius und 2 m Länge?
Berechnung des Drucks der Wassersäule:
p = ϕ ⋅ g ⋅ h = 103 kgm−3 ⋅ 9,8ms −2 ⋅ 2m = 19600 Nm2 (= 0.196 bar)
€
4
ΔV π ⋅ (0,05m) ⋅ 19600 kg ⋅ m
=
Δt
8 ⋅ 10−3 ⋅ s ⋅ 2m ⋅ s 2
€
8
1.5
Linearer Impuls
Eine Änderung der Geschwindigkeit eines Objekts Δv erreicht man, indem man eine Kraft F für eine Zeit Δt auf das Objekt einwirken lässt.
Impuls p = mv
Durch die zeitlich begrenzte Krafteinwirkung wurde Geschwindigkeit und
damit Impuls des Objektes verändert.
Beispiel:
Welche Bremskraft ist notwendig, um ein 1800 kg schweres Auto in 8
Sekunden von 11m/s zum Stillstand zu bringen?
Dabei wird ein Impuls von
1800kg ⋅ 11m s-1 = 19800kg m s-1
auf das Auto übertragen.
Beispiel:
Beim Frontalzusammenstoß eines 2500 kg Geländewagens mit 18 ms-1
Geschwindigkeit und eines 1100 kg schweren Sportwagens mit 28ms-1
Geschwindigkeit verknäueln sich die beiden Wagen. Wie groß ist die
Geschwindigkeit des Knäuels?
Lösung:
Impulse der beiden Wagen
Impuls der Knäuels
Impulserhaltung
(in Fahrtrichtung des Geländewagens)
9
Merke: In einem abgeschlossenen System ändert sich der Gesamtimpuls nicht: Impulserhaltung.
Impulse sind Vektoren!
1.6
Zentripetalkraft, Drehkraft und Drehimpuls
Eine Änderung der Bewegungsrichtung ist auch bei konstanter Geschwindigkeit eine Beschleunigung, d.h. eine Kraft wird ausgeübt.
Beispiel:
Der Hammerwerfer hält die rotierende Kugel mit der Zentripetalkraft Fc.
Der Zentripetalkraft Fc ist eine gleich große Zentrifugalkraft genau entgegengerichtet (Gleichgewicht). Wenn er den Hammer loslässt, wirkt nur
noch die Zentrifugalkraft.
Drehbeschleunigung v2/r (Kapitel 1.3)
Beispiel: Die Masse des Hammers sei 20kg. Die Masse der Kette und
des Werferkörpers wird vernachlässigt. Wie groß ist die Zentrifugalkraft?
m = 20 kg
v = 5 m s-1
r=1m
Der Hammerwerfer muss die Leine mit einer Zentripetalkraft von 500 N
halten, damit der Hammer nicht wegfliegt. Wenn er den Hammer los10
lässt, wirkt nur noch die Zentrifugalkraft von 500 N vom Rotationszentrum weg gerichtet ein und der Hammer fliegt davon.
Die Ausübung einer Drehkraft bewirkt eine Änderung der Drehgeschwindigkeit bzw. des Drehimpulses.
Analog
gilt für den Drehimpuls L
Bei gegebenem plinear (Kapitel 1.5) steigt L mit steigendem Abstand r vom
Rotationszentrum an.
Die Richtung des Drehimpulses ist senkrecht zu r und v.
Mathematisch:
L=mrxv
(Vektorprodukt)
L = mrvsin
Beispiel:
Wie hoch ist der Drehimpuls einer Kugel von 20 kg Masse im Abstand
0,5 m vom Drehzentrum bei einer Tangentialgeschwindigkeit (v r) von 5
ms-1?
Lösung:
L = mrvsin
11
Drehimpuls und Drehkraft können auch über die Winkelgeschwindigkeit
ω = ϕ/t ausgedrückt werden. Hier ist ϕ der Drehwinkel und t die Zeit, die
für die Drehung um ϕ benötigt wird.
Der Drehwinkel wird immer im Bogenmaß (rad) angegeben:
Definition:
r Kreisradius
z.B. Vollkreis:360° ϕ=s/r=2πr/r=2π
ϕ [rad ]
ϕ [°]
€
=
2π
π
=
360° 180°
s Kreisbogenlänge
Halbkreis:180° ϕ=0,5⋅ 2πr/r=π usw.
1rad = 57,3°
1° = 17,45mrad
Beispiel:
Wie groß ist ein Winkel von 25° im Bogenmaß?
Lösung: ϕ[rad]=25°⋅π/180°=0,44 rad
Aus der Definition des Drehwinkels folgt die Winkelgeschwindigkeit ω
ω = ϕ/t=s/(r⋅t)=v/r
und der Drehimpuls
L = mvr = mrωr = mr2ω = Iω
mit I = mr2 als Trägheitsmoment. Wenn der rotierende Körper aus verschiedenen Massen mi im Abstand ri von der Rotationsachse besteht, gilt
.
Die Drehkraft ist FDreh = r ⋅ F = r ⋅ m ⋅
Winkelbeschleunigung ist.
Δv
Δωr IΔω
= r ⋅m⋅
=
, wobei Δω/Δt die
Δt
Δt
Δt
Merke: €
Die Einheit der Winkelgeschwindigkeit ist ω[rads-1] oder oft nur
ω[s-1].
12
1.7
Kraft und Druck
Druck = Kraft / Fläche
1 bar = 105 Pa
(= 100 kPa)
mit Einheit Pascal
1atm = 1,01325 bar
101,325 kPa
760 Torr (mm Hg)
(nicht SI)
(nicht SI)
(nicht SI)
1.7.1 Hydrostatischer Druck
Druck eines Gases oder einer Flüssigkeit auf ein Objekt in der Flüssigkeit/Gas (Höhendruck oder Schweredruck)
Druck = Kraft/Fläche
m = Masse der Flüssigkeit/Gas – Säule
oberhalb des Objektes
Dichte ρ = Masse / Volumen
V = Volumen der Flüssigkeit/Gas – Säule
A = Fläche der Flüssigkeit/Gas – Säule
h = Höhe der Flüssigkeit/Gas – Säule
13
Beispiel:
Wie hoch ist der Stand einer Quecksilbersäule bei Atmosphärendruck?
Lösung:
p
h=
ρ⋅g
€
h=
101,3kPa
13,6 g / cm3 ⋅ 9,81ms −2
h=
101,3 ⋅10 3 kg ⋅ m−1s −2
13,6 ⋅10 3 kg ⋅ m−3 ⋅ 9,81ms −2
h = 0,76 m = 760cm
€
€
€ Beispiel:
Volumen von 1 mol Gas bei Normaldruck und Normaltemperatur
Normbedingung: 0°C/273,15 K p = 101,325 kPa (760 mm Hg)
Lösung:
→ 1 mol Gas: Vm = 22,414 l/mol
Beispiel:
Welche Dichte hat gasförmiges Fluor bei Normalbedingungen?
Lösung:
M (F2) = 38,0 g/mol
Vm
= 22,4 l/mol
→
Also kann auch das Molekulargewicht eines Gases aus der Dichte des
Gases bestimmt werden.
1.8 Arbeit und Energie
W=F⋅s
Arbeit W= Kraft · Weg
Energie: Fähigkeit, Arbeit zu leisten [J]
Für gleichmäßig beschleunigte Translation ohne Anfangsgeschwindigkeit
gilt für die mittlere Geschwindigkeit
(Kapitel 1.3), so dass die
v2
1
⋅ s = m⋅ v 2 ist. Die am
2s
2
Körper verrichtete Beschleunigungsarbeit bleibt als kinetische Energie
Ekin=1/2mv2 erhalten.
Beschleunigungsarbeit W = F ⋅ s = m⋅ a ⋅ s = m⋅
€
14
1.9
Harmonische Schwingung und Welle
1.9.1 Periode einer harmonischen Schwingung
Der Knopf rotiert mit konstanter Geschwindigkeit im Kreis. Sein Schatten
bewegt sich in einer einfachen harmonischen Bewegung vor und zurück.
Harmonische Schwingung: Komponente (Projektion) entlang einer
Achse der Kreisbewegung.
Periode (T):
Zeit für eine vollständige Kreisbewegung
Amplitude (A):
Kreisradius bzw. größte Entfernung, die Schatten von
der Zentralposition zurücklegt
Beispiele für harmonische Schwingungen: Gewicht an einer Feder, Pendel
Beispiel:
Wie ist die Periode einer Schwingung mit 10cm Auslenkung bei einer
Maximalgeschwindigkeit von 2,5m/s?
Lösung:
Schwingungsperiode einer Masse an einer Feder
Gewicht an Feder
↓
↑ rückziehende Federkraft
~ Federauslenkung
15
Gleichgewicht
Bei m = 2kg und Federkonstante k = 100 Nm-1 ist die Auslenkung der
Feder im Gleichgewicht
~0,2m
Bei Auslenkung aus Gleichgewicht ist die Schwingungsperiode der Feder
Beispiel:
Masse an Feder = 2 kg; Federkonstante k = 100 Nm-1. Wie groß ist die
Schwingungsperiode?
Lösung:
m
2kg ⋅ m
2kg ⋅ s 2 ⋅ m
T = 2π ⋅
= 2π ⋅
= 2π ⋅
= 0,9 s
k
100N
100kg ⋅ m
1.9.2 Was ist eine Welle?
Wasserwellen transportieren Energie (Kind in Brandung), aber kein Boot
€ vorwärts. Wasser bewegt sich nur vor und zurück bzw. auf und ab: periodische Welle.
Wasserwellen entstehen, indem ein Wassermolekül das nächste Molekül
anstößt (Impulsübertragung), dieses wieder das nächste, usw. Die einzelnen Moleküle bewegen sich dabei nicht signifikant in Richtung der
Welle. Analog entstehen Schallwellen durch Impulsübertragung der Moleküle der Luft.
Radiowelle und Lichtwelle benötigen kein physikalisches Medium zur
Fortpflanzung. Vielmehr erzeugt ein oszillierendes elektrisches Feld ein
oszillierendes Magnetfeld, dieses wiederum ein oszillierendes elektrisches Feld (analog Dynamo) usw.
Die Frequenz der Auf- und Abbewegung (Oszillation) ist die inverse Periode:
16
ν=
€
1 −1
s
T
[ ]
[s-1]
Hertz [Hz]
kHz = 1000Hz
MHz = 106 Hz
Beispiel:
Wie groß ist die Schwingungsfrequenz eines Pendels, das alle 1/4 Sekunde eine volle Oszillation durchführt?
Lösung:
ν = 4 Hz
1.9.3 Phase von Schwingung und Welle
Die Phase einer Schwingung ist der Winkel, bei dem die Auslenkung ei€ nen bestimmten Wert erreicht. Die Phasendifferenz gibt dann an, um
welchen Winkel der eine Oszillator hinter dem anderen schwingt.
Beispiel:
Wie groß ist die Phasenverzögerung zwischen zwei identischen Pendeln, wobei Pendel A 1/6 Zyklus hinter Pendel B schwingt?
Lösung:
Phasenverzögerung:
Pendel A schwingt um 60° hinter Pendel B her.
Beispiel:
Ein Windrad mit einem Flügel dreht sich mit einer Frequenz von 2Hz und
erreicht die vertikale Flügelstellung 0,08s nach einem anderen Rad. Wie
groß ist die Phasendifferenz zwischen den Oszillationen in Grad?
Lösung:
Phasendifferenz A – B : 180°
A’ – A: 360°
17
Maxima A und Minima B scheinen zu wandern nach A’ und B’: Wellengeschwindigkeit. Tatsächlich zieht nur jedes Segment des Seiles am
Nachbarsegment, so dass mit der wandernden Welle nur Energie
transportiert wird, keine Materie. Je größer die Amplitude der Auslenkung ist, desto mehr Energie wird transportiert. Ein Teil der Energie geht
durch interne Reibung als Wärme verloren: Dämpfung.
Beispiel:
Wie gross ist die Frequenz einer Welle, wenn 2 Punkte mit 60° Phasendifferenz ihre Maxima mit 0,2s Verzögerung zueinander erreichen?
Lösung:
60° 0,2 s
=
T = 1,2 s
360°
T
ν=
€
€
1
T
ν = 0,83Hz
€
Anstelle in Grad wird die Phasendifferenz auch oft in rad angegeben:
€
1.9.4 Frequenz, Wellenlänge und Phasengeschwindigkeit
Die Wellenlänge λ ist die Entfernung A’ – A oder B’ – B oder zwischen
anderen Punkten der Welle, die sich in Phase bewegen (gleiche Auslenkung zu allen Zeiten).
Wenn ein Maximum der Welle von A nach A’ wandert (eine Periode), benötigt sie dazu die Zeit T. Dann ist die Geschwindigkeit der Welle v.
Beispiel:
Welche Wellenlänge hat eine Welle in einem Seil, das mit 4Hz geschüttelt wird und in dem die Welle mit 8ms-1 läuft?
Lösung:
18
Vorlesungsversuch 1: Phasengeschwindigkeit von Seilwellen
Prinzip: Ein Gummiseil wird aufgespannt, durch einen Motor geschüttelt
und zu Schwingungen angeregt. Die Frequenz der Schwingung ν=1/T
und die Länge der stehenden Welle des Gummiseiles λ wird mit einem
Stroboskop gemessen.
Die Phasengeschwindigkeit v der wandernden Welle ist v=ν⋅λ
Messmethode: Bei stroboskopischer Beleuchtung mit einstellbarer Blitzfrequenz erscheint ein stehendes Bild einer periodischen Bewegung,
wenn die Periode T der Blitzfolge ein ganzzahliges Vielfaches n der Periodendauer τ der Bewegung ist: T=n⋅τ. Die höchste Blitzfrequenz (n=1),
bei der ein stehendes Bild entsteht, ergibt T=τ, also direkt die Periodendauer und mit ν=1/T die Frequenz der stehenden Seilwelle. Die Wellenlänge λ wird als doppelter Abstand zweier Knoten der Seilwelle gemessen. Die Phasengeschwindigkeit v wird dann über v=ν⋅λ berechnet.
19
Phasengeschwindigkeit und damit Wellenlänge hängen von der Zugspannung σ [Nm-2] des Gummiseiles ab (wie stark gestreckt es eingespannt wurde). Es gilt v=(σ/ρ)1/2 mit ρ [kgm-3] als Dichte des Gummimaterials. Mit berechnetem v und bekanntem ρ kann σ bestimmt werden. Höhere Zugspannung σ führt zu größerer Phasengeschwindigkeit der Seilwelle und damit zu größerer Wellenlänge
Ergebnisbeispiel: ν=18Hz
λ=0,5m
v=9ms-1
1.9.5 Transversale und longitudinale Welle
Transversale Welle: Teilchenbewegung senkrecht zur Wellenbewegung
Beispiel:
Seilwelle bei Auf- und Abschütteln des Seiles;
Wasserwelle bei Winddruck auf Wasseroberfläche;
Lichtwelle und Radiowelle (elektromagnetische Wellen)
Longitudinale Welle: Teilchenbewegung in Richtung Wellenbewegung
Beispiel: Seilwelle bei Schütteln des Seiles durch Vor- und Zurückziehen
der Hand. Vordrücken: Kompression. Rückziehen: Dekompression.
Die Teilchen der Feder schwingen vor und zurück in Richtung der Wellenfortpflanzung (Wellengeschwindigkeit v). Die beiden Punkte der größten Kompression c und c’ sind in Phase und eine Wellenlänge auseinander.
Beispiel: Schallwelle in Gas, Flüssigkeit und Festkörper
20
Merke: Die Wellengeschwindigkeit hängt von dem Ausbreitungsmedium
ab, die Frequenz von der Art der Störung (z.B. Schüttelfrequenz). Zusammen bestimmen sie in transversalen und longitudinalen Wellen nach λ = v / ν die Wellenlänge.
€
1.9.6 Frequenzverschiebung (Doppler Effekt)
Pfeife: Wenn man still sitzt, hört man die Frequenz der Pfeife. Bewegt
man sich auf die Pfeife zu, empfängt man pro Sekunde mehr Luftkompressionen als die Pfeife produziert, man hört eine höhere Frequenz.
Bewegt man sich weg, hört man eine niedrigere Frequenz.
Bewegung der Klangquelle (Auto – Hörer)
1.9.7
Interferenz
Zwei Wellen können sich zu Null addieren: destruktive Interferenz.
Beispiel:
2 Schallwellen mit 180° Phasendifferenz (λ/2). Hier trifft Kompressionszone auf Verdünnungszone. Bei gleicher Maximalauslenkung löschen
sich die Wellen aus.
An Stellen mit Wegunterschied der Wellen
mit n = 1, 2, 3 … ist
der Ton sehr laut, d.h. die Wellenamplituden addieren: konstruktive Interferenz. Insgesamt also Energieerhaltung.
21
Leicht unterschiedliche Frequenzen addieren sich zu Schwebungen.
Merke:
Anzahl der Schwebungen pro Sekunde = Frequenzdifferenz
der beiden Wellen
Gruppengeschwindigkeit der resultierenden Welle: Geschwindigkeit, mit
der sich das Amplitudenmaximum der durch Interferenz mehrerer Wellen
entstandenen Welle bewegt.
1.9.8 Stehende Wellen
Bei Fixierung des Seilendes entsteht durch Interferenz der vor- und zurücklaufenden Welle eine stehende Welle mit Knoten (Nulldurch-gängen)
und Anti-Knoten (Maxima) im Abstand λ/4.
Beispiel:
Ein Seil wird mit 4Hz geschüttelt. Das andere Ende ist fixiert. Die Geschwindigkeit der Welle im Seil ist 12ms-1. Wo sind der 1. Knoten und
der 1. Anti-Knoten (Wellenbauch)?
Lösung:
An der Fixierung ist ein Knoten.
Der nächste Knoten ist bei
= 1,5m.
Der 1. Anti-Knoten ist bei
= 0,75m.
22
Wenn das Seil an beiden Enden fixiert ist (Knoten an den Enden), passt
eine stehende Welle in die Seillänge , wenn gilt
n=1,2,3…
1.9.9 Resonanzen
Jedes elastische Objekt hat einen eigenen Satz natürlicher Schwingungsfrequenzen. Diese sind durch die Schallgeschwindigkeit in dem
Objekt und die stehenden Wellen, die sich im Objekt ausbilden können,
bestimmt. Eine Anregung des Objektes mit seiner natürlichen Schwingungsfrequenz führt zu großen Schwingungsauslenkungen des Objektes: Resonanz.
23
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