Einführung in die Physikalische Chemie (PC0) 1. Kraft und Bewegung 1.1 Lineare Geschwindigkeit; Vektor und Skalar Wie schnell? [ ] Geschwindigkeit m⋅ s -1 = zurückgelegte Strecke [m] benötigte Zeit [s] Durchschnittsgeschwindigkeit € zurückgelegte Strecke Momentangeschwindigkeit Wohin? 2 2 A +B =C C= € 2 2 2 A + B = A 2 + B2 = 4,4721 km 1 B = tan ϑ A ϑ = arctan(B / A) = 63,44° € A = cos ϑ C € ϑ = arccos(A / C ) = 63,44° € B = sin ϑ C € ϑ = arcsin(B / C ) = 63,44° Anstatt 2 km nach Norden und 4 km nach Osten hätte der Wanderer € auch 4,47 km € in Richtung 63,44° Nord-Ost gehen können, um an dasselbe Ziel zu gelangen. Vektoren A, B, C werden fett gedruckt oder mit Pfeilen gekennzeichnet A, B, C . Skalare Größen (ohne Richtung) werden einfach gedruckt. € Vektorielle Größen: Geschwindigkeit, Beschleunigung, Impuls, Kraft, Felder (elektrische, magnetische) … Skalare Größen: 1.2 Masse, Ladung, Energie … Lineare Beschleunigung Die Beschleunigung gibt die Änderung der Geschwindigkeit mit der Zeit an. Dies kann eine Änderung von Größe oder Richtung der Geschwindigkeit sein. Bei Beschleunigung zurückgelegte Strecke Bei konstanter Beschleunigung a = Δv/Δt gilt mit Δv = vEnde - vAnfang mit der mittleren Geschwindigkeit (vE+vA)/2 im Zeitintervall Δt≡t. 2 Die zurückgelegte Strecke ist dann Beschleunigungen können positiv oder negativ (Verzögerung, Bremsung) sein. Merke: Flugbahnen (Trajektorien) werden getrennt nach beschleunigter vertikaler Bewegung (z.B. Erdanziehung) und nach konstanter horizontaler Geschwindigkeit berechnet. Gilt auch für die Flugbahnen von Molekülen oder Ionen! 1.3 Rotation Wenn sich ein Objekt auf einer Kreisbahn mit konstanter Geschwindigkeit v bewegt, ändert es dauernd seine Richtung: beschleunigte Bewegung zum Kreismittelpunkt hin. T Zeit für Durchfliegen der Kreisbahn Zentripetalbeschleunigung Beschleunigung in Richtung Zentrum, damit Objekt auf Kreisbahn bleibt. Winkelgeschwindigkeit: damit: Damit ist 3 und Die Umlauffrequenz ν von Elektronen in einem Zyklotron betrage 1 MHz. Wie gross ist die Winkelgeschwindigkeit? Umlauffrequenz ν = 1/T daraus die Umlaufzeit: 1.10-6 s = 6.3.106 s-1 Winkelgeschwindigkeit Der Radius dieses Zyklotrons betrage 2 m. Wie gross ist die Bahngeschwindigkeit der Elektronen? Drehkraft (Drehmoment): Drehimpuls: ; torque ; angular momentum Trägheitsmoment: moment of inertia Winkelgeschwindigkeit ; angular velocity Rotation Winkel Translation Strecke x Winkelgeschwindigkeit ω Geschwindigkeit v Drehmoment M Kraft F Drehimpuls L Impuls p Trägheitsmoment I Masse m Rotationsenergie Erot Translationsenergie Etrans θ 4 Trägheitmomente einfacher Körper Massenpunkt Unendlich dünnwandiger Hohlzylinder Vollzylinder Unendlich dünner Stab der Länge l Kugel Unendlich dünne Kugelschale 1.4 Kräfte verursachen Bewegungsänderungen 1.4.1 Gewichtskraft oder Gewicht F=mg g = 9,8m/s2 Erdbeschleunigung Beispiel: Was wiegt ein Stein der Masse 4,2 kg auf der Erde und auf dem Mond? Lösung: 5 Die Kraft hat die Einheit Newton [N]. Auf dem Mond ist der Stein also ungefähr 6x leichter als auf der Erde. Merke: Die Gravitationsbeschleunigung erhält man experimentell aus mit s als Fallstrecke und t als Fallzeit. 1.4.2 Reibungskraft in Flüssigkeiten (Viskosität) Die Reibungskraft FR, um in einer laminaren Strömung eine im Abstand d von einer Oberfläche befindliche Platte der Fläche A mit der Geschwindigkeit v auf einer Flüssigkeitsschicht zwischen Platte und Oberfläche der Dicke d zu bewegen, hängt von dem Viskositätskoeffizient η der Flüssigkeit ab: FR = η ⋅ A⋅v d € A [m2]: Fläche der Schicht Fläche der bewegten Platte dynamische Viskosität η ~ 10-5 Pa ⋅ s η ~ 10-3 Pa ⋅ s η ~ 0,1 – 0,01 Pa ⋅ s 6 (bei Gasen) (Wasser) (Schmieröle) Beispiel: Wie hoch ist die Reibungskraft bei einer Platte von 1 m2 Fläche, die mit 0,5 ms-1 über eine Wasserschicht von 1 mm Dicke gezogen wird? Lösung: Beispiele: Kompressionskraft Zugkraft Reibungsüberwindungskraft (z.B. Erdanziehungskraft) ↔ Abstoßungskraft der Atome im Material ↔ Anziehungskraft der Atome im Material ↔ Anziehungskraft zwischen Flüssigkeitsschichten Die Reibungskraft auf eine laminar umströmende Kugel ist Stokesches Reibungsgesetz Wie schnell sinkt eine Stahlkugel mit 3 cm Radius in Wasser? Dichte der Kugel ρK = 7,85 g cm-3 Lösung: Im Gleichgewicht gilt FR = Fgrav – FAuftrieb = 7 Eine Flüssigkeit fließt durch ein senkrecht stehendes Rohr. Der Volumenstrom ist Mit p als Druckdifferenz zwischen beiden Enden des Rohres durch das Gewicht der Flüssigkeitssäule, R als Innenradius des Rohres, ℓ als Rohrlänge. Beispiel: Wie schnell fließen 1000 Liter Wasser durch ein Rohr mit 5 cm Innenradius und 2 m Länge? Berechnung des Drucks der Wassersäule: p = ϕ ⋅ g ⋅ h = 103 kgm−3 ⋅ 9,8ms −2 ⋅ 2m = 19600 Nm2 (= 0.196 bar) € 4 ΔV π ⋅ (0,05m) ⋅ 19600 kg ⋅ m = Δt 8 ⋅ 10−3 ⋅ s ⋅ 2m ⋅ s 2 € 8 1.5 Linearer Impuls Eine Änderung der Geschwindigkeit eines Objekts Δv erreicht man, indem man eine Kraft F für eine Zeit Δt auf das Objekt einwirken lässt. Impuls p = mv Durch die zeitlich begrenzte Krafteinwirkung wurde Geschwindigkeit und damit Impuls des Objektes verändert. Beispiel: Welche Bremskraft ist notwendig, um ein 1800 kg schweres Auto in 8 Sekunden von 11m/s zum Stillstand zu bringen? Dabei wird ein Impuls von 1800kg ⋅ 11m s-1 = 19800kg m s-1 auf das Auto übertragen. Beispiel: Beim Frontalzusammenstoß eines 2500 kg Geländewagens mit 18 ms-1 Geschwindigkeit und eines 1100 kg schweren Sportwagens mit 28ms-1 Geschwindigkeit verknäueln sich die beiden Wagen. Wie groß ist die Geschwindigkeit des Knäuels? Lösung: Impulse der beiden Wagen Impuls der Knäuels Impulserhaltung (in Fahrtrichtung des Geländewagens) 9 Merke: In einem abgeschlossenen System ändert sich der Gesamtimpuls nicht: Impulserhaltung. Impulse sind Vektoren! 1.6 Zentripetalkraft, Drehkraft und Drehimpuls Eine Änderung der Bewegungsrichtung ist auch bei konstanter Geschwindigkeit eine Beschleunigung, d.h. eine Kraft wird ausgeübt. Beispiel: Der Hammerwerfer hält die rotierende Kugel mit der Zentripetalkraft Fc. Der Zentripetalkraft Fc ist eine gleich große Zentrifugalkraft genau entgegengerichtet (Gleichgewicht). Wenn er den Hammer loslässt, wirkt nur noch die Zentrifugalkraft. Drehbeschleunigung v2/r (Kapitel 1.3) Beispiel: Die Masse des Hammers sei 20kg. Die Masse der Kette und des Werferkörpers wird vernachlässigt. Wie groß ist die Zentrifugalkraft? m = 20 kg v = 5 m s-1 r=1m Der Hammerwerfer muss die Leine mit einer Zentripetalkraft von 500 N halten, damit der Hammer nicht wegfliegt. Wenn er den Hammer los10 lässt, wirkt nur noch die Zentrifugalkraft von 500 N vom Rotationszentrum weg gerichtet ein und der Hammer fliegt davon. Die Ausübung einer Drehkraft bewirkt eine Änderung der Drehgeschwindigkeit bzw. des Drehimpulses. Analog gilt für den Drehimpuls L Bei gegebenem plinear (Kapitel 1.5) steigt L mit steigendem Abstand r vom Rotationszentrum an. Die Richtung des Drehimpulses ist senkrecht zu r und v. Mathematisch: L=mrxv (Vektorprodukt) L = mrvsin Beispiel: Wie hoch ist der Drehimpuls einer Kugel von 20 kg Masse im Abstand 0,5 m vom Drehzentrum bei einer Tangentialgeschwindigkeit (v r) von 5 ms-1? Lösung: L = mrvsin 11 Drehimpuls und Drehkraft können auch über die Winkelgeschwindigkeit ω = ϕ/t ausgedrückt werden. Hier ist ϕ der Drehwinkel und t die Zeit, die für die Drehung um ϕ benötigt wird. Der Drehwinkel wird immer im Bogenmaß (rad) angegeben: Definition: r Kreisradius z.B. Vollkreis:360° ϕ=s/r=2πr/r=2π ϕ [rad ] ϕ [°] € = 2π π = 360° 180° s Kreisbogenlänge Halbkreis:180° ϕ=0,5⋅ 2πr/r=π usw. 1rad = 57,3° 1° = 17,45mrad Beispiel: Wie groß ist ein Winkel von 25° im Bogenmaß? Lösung: ϕ[rad]=25°⋅π/180°=0,44 rad Aus der Definition des Drehwinkels folgt die Winkelgeschwindigkeit ω ω = ϕ/t=s/(r⋅t)=v/r und der Drehimpuls L = mvr = mrωr = mr2ω = Iω mit I = mr2 als Trägheitsmoment. Wenn der rotierende Körper aus verschiedenen Massen mi im Abstand ri von der Rotationsachse besteht, gilt . Die Drehkraft ist FDreh = r ⋅ F = r ⋅ m ⋅ Winkelbeschleunigung ist. Δv Δωr IΔω = r ⋅m⋅ = , wobei Δω/Δt die Δt Δt Δt Merke: € Die Einheit der Winkelgeschwindigkeit ist ω[rads-1] oder oft nur ω[s-1]. 12 1.7 Kraft und Druck Druck = Kraft / Fläche 1 bar = 105 Pa (= 100 kPa) mit Einheit Pascal 1atm = 1,01325 bar 101,325 kPa 760 Torr (mm Hg) (nicht SI) (nicht SI) (nicht SI) 1.7.1 Hydrostatischer Druck Druck eines Gases oder einer Flüssigkeit auf ein Objekt in der Flüssigkeit/Gas (Höhendruck oder Schweredruck) Druck = Kraft/Fläche m = Masse der Flüssigkeit/Gas – Säule oberhalb des Objektes Dichte ρ = Masse / Volumen V = Volumen der Flüssigkeit/Gas – Säule A = Fläche der Flüssigkeit/Gas – Säule h = Höhe der Flüssigkeit/Gas – Säule 13 Beispiel: Wie hoch ist der Stand einer Quecksilbersäule bei Atmosphärendruck? Lösung: p h= ρ⋅g € h= 101,3kPa 13,6 g / cm3 ⋅ 9,81ms −2 h= 101,3 ⋅10 3 kg ⋅ m−1s −2 13,6 ⋅10 3 kg ⋅ m−3 ⋅ 9,81ms −2 h = 0,76 m = 760cm € € € Beispiel: Volumen von 1 mol Gas bei Normaldruck und Normaltemperatur Normbedingung: 0°C/273,15 K p = 101,325 kPa (760 mm Hg) Lösung: → 1 mol Gas: Vm = 22,414 l/mol Beispiel: Welche Dichte hat gasförmiges Fluor bei Normalbedingungen? Lösung: M (F2) = 38,0 g/mol Vm = 22,4 l/mol → Also kann auch das Molekulargewicht eines Gases aus der Dichte des Gases bestimmt werden. 1.8 Arbeit und Energie W=F⋅s Arbeit W= Kraft · Weg Energie: Fähigkeit, Arbeit zu leisten [J] Für gleichmäßig beschleunigte Translation ohne Anfangsgeschwindigkeit gilt für die mittlere Geschwindigkeit (Kapitel 1.3), so dass die v2 1 ⋅ s = m⋅ v 2 ist. Die am 2s 2 Körper verrichtete Beschleunigungsarbeit bleibt als kinetische Energie Ekin=1/2mv2 erhalten. Beschleunigungsarbeit W = F ⋅ s = m⋅ a ⋅ s = m⋅ € 14 1.9 Harmonische Schwingung und Welle 1.9.1 Periode einer harmonischen Schwingung Der Knopf rotiert mit konstanter Geschwindigkeit im Kreis. Sein Schatten bewegt sich in einer einfachen harmonischen Bewegung vor und zurück. Harmonische Schwingung: Komponente (Projektion) entlang einer Achse der Kreisbewegung. Periode (T): Zeit für eine vollständige Kreisbewegung Amplitude (A): Kreisradius bzw. größte Entfernung, die Schatten von der Zentralposition zurücklegt Beispiele für harmonische Schwingungen: Gewicht an einer Feder, Pendel Beispiel: Wie ist die Periode einer Schwingung mit 10cm Auslenkung bei einer Maximalgeschwindigkeit von 2,5m/s? Lösung: Schwingungsperiode einer Masse an einer Feder Gewicht an Feder ↓ ↑ rückziehende Federkraft ~ Federauslenkung 15 Gleichgewicht Bei m = 2kg und Federkonstante k = 100 Nm-1 ist die Auslenkung der Feder im Gleichgewicht ~0,2m Bei Auslenkung aus Gleichgewicht ist die Schwingungsperiode der Feder Beispiel: Masse an Feder = 2 kg; Federkonstante k = 100 Nm-1. Wie groß ist die Schwingungsperiode? Lösung: m 2kg ⋅ m 2kg ⋅ s 2 ⋅ m T = 2π ⋅ = 2π ⋅ = 2π ⋅ = 0,9 s k 100N 100kg ⋅ m 1.9.2 Was ist eine Welle? Wasserwellen transportieren Energie (Kind in Brandung), aber kein Boot € vorwärts. Wasser bewegt sich nur vor und zurück bzw. auf und ab: periodische Welle. Wasserwellen entstehen, indem ein Wassermolekül das nächste Molekül anstößt (Impulsübertragung), dieses wieder das nächste, usw. Die einzelnen Moleküle bewegen sich dabei nicht signifikant in Richtung der Welle. Analog entstehen Schallwellen durch Impulsübertragung der Moleküle der Luft. Radiowelle und Lichtwelle benötigen kein physikalisches Medium zur Fortpflanzung. Vielmehr erzeugt ein oszillierendes elektrisches Feld ein oszillierendes Magnetfeld, dieses wiederum ein oszillierendes elektrisches Feld (analog Dynamo) usw. Die Frequenz der Auf- und Abbewegung (Oszillation) ist die inverse Periode: 16 ν= € 1 −1 s T [ ] [s-1] Hertz [Hz] kHz = 1000Hz MHz = 106 Hz Beispiel: Wie groß ist die Schwingungsfrequenz eines Pendels, das alle 1/4 Sekunde eine volle Oszillation durchführt? Lösung: ν = 4 Hz 1.9.3 Phase von Schwingung und Welle Die Phase einer Schwingung ist der Winkel, bei dem die Auslenkung ei€ nen bestimmten Wert erreicht. Die Phasendifferenz gibt dann an, um welchen Winkel der eine Oszillator hinter dem anderen schwingt. Beispiel: Wie groß ist die Phasenverzögerung zwischen zwei identischen Pendeln, wobei Pendel A 1/6 Zyklus hinter Pendel B schwingt? Lösung: Phasenverzögerung: Pendel A schwingt um 60° hinter Pendel B her. Beispiel: Ein Windrad mit einem Flügel dreht sich mit einer Frequenz von 2Hz und erreicht die vertikale Flügelstellung 0,08s nach einem anderen Rad. Wie groß ist die Phasendifferenz zwischen den Oszillationen in Grad? Lösung: Phasendifferenz A – B : 180° A’ – A: 360° 17 Maxima A und Minima B scheinen zu wandern nach A’ und B’: Wellengeschwindigkeit. Tatsächlich zieht nur jedes Segment des Seiles am Nachbarsegment, so dass mit der wandernden Welle nur Energie transportiert wird, keine Materie. Je größer die Amplitude der Auslenkung ist, desto mehr Energie wird transportiert. Ein Teil der Energie geht durch interne Reibung als Wärme verloren: Dämpfung. Beispiel: Wie gross ist die Frequenz einer Welle, wenn 2 Punkte mit 60° Phasendifferenz ihre Maxima mit 0,2s Verzögerung zueinander erreichen? Lösung: 60° 0,2 s = T = 1,2 s 360° T ν= € € 1 T ν = 0,83Hz € Anstelle in Grad wird die Phasendifferenz auch oft in rad angegeben: € 1.9.4 Frequenz, Wellenlänge und Phasengeschwindigkeit Die Wellenlänge λ ist die Entfernung A’ – A oder B’ – B oder zwischen anderen Punkten der Welle, die sich in Phase bewegen (gleiche Auslenkung zu allen Zeiten). Wenn ein Maximum der Welle von A nach A’ wandert (eine Periode), benötigt sie dazu die Zeit T. Dann ist die Geschwindigkeit der Welle v. Beispiel: Welche Wellenlänge hat eine Welle in einem Seil, das mit 4Hz geschüttelt wird und in dem die Welle mit 8ms-1 läuft? Lösung: 18 Vorlesungsversuch 1: Phasengeschwindigkeit von Seilwellen Prinzip: Ein Gummiseil wird aufgespannt, durch einen Motor geschüttelt und zu Schwingungen angeregt. Die Frequenz der Schwingung ν=1/T und die Länge der stehenden Welle des Gummiseiles λ wird mit einem Stroboskop gemessen. Die Phasengeschwindigkeit v der wandernden Welle ist v=ν⋅λ Messmethode: Bei stroboskopischer Beleuchtung mit einstellbarer Blitzfrequenz erscheint ein stehendes Bild einer periodischen Bewegung, wenn die Periode T der Blitzfolge ein ganzzahliges Vielfaches n der Periodendauer τ der Bewegung ist: T=n⋅τ. Die höchste Blitzfrequenz (n=1), bei der ein stehendes Bild entsteht, ergibt T=τ, also direkt die Periodendauer und mit ν=1/T die Frequenz der stehenden Seilwelle. Die Wellenlänge λ wird als doppelter Abstand zweier Knoten der Seilwelle gemessen. Die Phasengeschwindigkeit v wird dann über v=ν⋅λ berechnet. 19 Phasengeschwindigkeit und damit Wellenlänge hängen von der Zugspannung σ [Nm-2] des Gummiseiles ab (wie stark gestreckt es eingespannt wurde). Es gilt v=(σ/ρ)1/2 mit ρ [kgm-3] als Dichte des Gummimaterials. Mit berechnetem v und bekanntem ρ kann σ bestimmt werden. Höhere Zugspannung σ führt zu größerer Phasengeschwindigkeit der Seilwelle und damit zu größerer Wellenlänge Ergebnisbeispiel: ν=18Hz λ=0,5m v=9ms-1 1.9.5 Transversale und longitudinale Welle Transversale Welle: Teilchenbewegung senkrecht zur Wellenbewegung Beispiel: Seilwelle bei Auf- und Abschütteln des Seiles; Wasserwelle bei Winddruck auf Wasseroberfläche; Lichtwelle und Radiowelle (elektromagnetische Wellen) Longitudinale Welle: Teilchenbewegung in Richtung Wellenbewegung Beispiel: Seilwelle bei Schütteln des Seiles durch Vor- und Zurückziehen der Hand. Vordrücken: Kompression. Rückziehen: Dekompression. Die Teilchen der Feder schwingen vor und zurück in Richtung der Wellenfortpflanzung (Wellengeschwindigkeit v). Die beiden Punkte der größten Kompression c und c’ sind in Phase und eine Wellenlänge auseinander. Beispiel: Schallwelle in Gas, Flüssigkeit und Festkörper 20 Merke: Die Wellengeschwindigkeit hängt von dem Ausbreitungsmedium ab, die Frequenz von der Art der Störung (z.B. Schüttelfrequenz). Zusammen bestimmen sie in transversalen und longitudinalen Wellen nach λ = v / ν die Wellenlänge. € 1.9.6 Frequenzverschiebung (Doppler Effekt) Pfeife: Wenn man still sitzt, hört man die Frequenz der Pfeife. Bewegt man sich auf die Pfeife zu, empfängt man pro Sekunde mehr Luftkompressionen als die Pfeife produziert, man hört eine höhere Frequenz. Bewegt man sich weg, hört man eine niedrigere Frequenz. Bewegung der Klangquelle (Auto – Hörer) 1.9.7 Interferenz Zwei Wellen können sich zu Null addieren: destruktive Interferenz. Beispiel: 2 Schallwellen mit 180° Phasendifferenz (λ/2). Hier trifft Kompressionszone auf Verdünnungszone. Bei gleicher Maximalauslenkung löschen sich die Wellen aus. An Stellen mit Wegunterschied der Wellen mit n = 1, 2, 3 … ist der Ton sehr laut, d.h. die Wellenamplituden addieren: konstruktive Interferenz. Insgesamt also Energieerhaltung. 21 Leicht unterschiedliche Frequenzen addieren sich zu Schwebungen. Merke: Anzahl der Schwebungen pro Sekunde = Frequenzdifferenz der beiden Wellen Gruppengeschwindigkeit der resultierenden Welle: Geschwindigkeit, mit der sich das Amplitudenmaximum der durch Interferenz mehrerer Wellen entstandenen Welle bewegt. 1.9.8 Stehende Wellen Bei Fixierung des Seilendes entsteht durch Interferenz der vor- und zurücklaufenden Welle eine stehende Welle mit Knoten (Nulldurch-gängen) und Anti-Knoten (Maxima) im Abstand λ/4. Beispiel: Ein Seil wird mit 4Hz geschüttelt. Das andere Ende ist fixiert. Die Geschwindigkeit der Welle im Seil ist 12ms-1. Wo sind der 1. Knoten und der 1. Anti-Knoten (Wellenbauch)? Lösung: An der Fixierung ist ein Knoten. Der nächste Knoten ist bei = 1,5m. Der 1. Anti-Knoten ist bei = 0,75m. 22 Wenn das Seil an beiden Enden fixiert ist (Knoten an den Enden), passt eine stehende Welle in die Seillänge , wenn gilt n=1,2,3… 1.9.9 Resonanzen Jedes elastische Objekt hat einen eigenen Satz natürlicher Schwingungsfrequenzen. Diese sind durch die Schallgeschwindigkeit in dem Objekt und die stehenden Wellen, die sich im Objekt ausbilden können, bestimmt. Eine Anregung des Objektes mit seiner natürlichen Schwingungsfrequenz führt zu großen Schwingungsauslenkungen des Objektes: Resonanz. 23