Chance für Non-Profits: sich authentisch als nachhaltiger Partner präsentieren Vorstände des St. Elisabeth-Vereins im Gespräch über CSR, die gesellschaftliche Verantwortung von Unternehmen, mit Dr. Frank Hüttemann, Leiter der Stabsstelle Wirtschaftsförderung beim Landkreis Marburg-Biedenkopf Im Gespräch über Non-Profit-Organisationen und gesellschaftlicher Verwantwortung: Dr. Frank Hüttemann, Hans-Werner Künkel und Matthias Bohn. Foto: Manfred Günther Was in den 1950ern als zartes Pflänzchen in den USA heranwuchs, als Ableger dann nach Europa kam und dessen Kultivierung seit der Milleniumswende von der Europäischen Union gefördert und gefordert wird, ist heute nachhaltig als Wert beim Zusammenspiel von Wirtschaft, Gesellschaft und Politik verwurzelt: CSR - „Corporate Social Responsibility“, die gesellschaftliche Verantwortung von Unternehmen. Wie Non-Profit-Organisationen wie der St. Elisabeth-Verein Marburg, die eigentlich selbst inzwischen Unternehmen auf dem Tätigkeitsfeld der Sozialen Arbeit sind, bei diesem Prozess wahrgenommen werden, sich beteiligen, aber auch profitieren können, darüber sprachen die Vorstände Hans-Werner Künkel und Matthias Bohn mit Dr. Frank Hüttemann, dem Leiter der Stabsstelle Wirtschaftsförderung beim Landkreis Marburg-Biedenkopf. Der 49jährige ist nicht nur beim Thema Wirtschaft im Allgemeinen ein ausgewiesener Fachmann, sondern bei der gesellschaftlichen Verantwortung von Unternehmen im Besonderen. So hat die Stabstelle gerade eine Qualifizierungsoffensive zum Thema CSR organisiert – eine Reihe, die Basics, Intensivseminar sowie Workshops beinhaltete und dabei auch Kontakte ermöglicht, die geknüpft und gepflegt werden konnten. Nachdem insbesondere zunächst größere Unternehmen CSR gezielt eingesetzt hätten, um ihre Wettbewerbsfähigkeit zu stärken, „haben nun die kleinen und mittelständischen Unternehmen den strategischen Nutzen von CSR erkannt“, gab Dr. Hüttemann einen kurzen Überblick über die Entwicklung. Dabei sei der scheinbar vordergründige Aspekt für ein CSR-Engagement von Unternehmen sicherlich der Imagetransfer getreu dem Motto „Tu Gutes und sprich darüber!“. Doch stelle dies nicht immer den Primärzweck dar. „Die Kommunikation innerhalb der Unternehmen spielt eine besondere Rolle, weil CSR – etwas Gutes zu tun - die Motivation der Mitarbeiter und die Identifikation mit dem Arbeitgeber stärkt.“ Und dies sei genau der Ansatzpunkt für Non-Profit-Organisationen, um sich als CSRPartner ins Spiel zu bringen. „Nicht nur, weil sie Gutes tun und damit per se ein interessanter Partner sind, sondern vor allem, weil sie auf nachhaltigen Betätigungsfeldern unterwegs sind, die neben der finanziellen Unterstützung auch die Möglichkeit der Beteiligung bieten.“ Doch diese Nachhaltigkeit darzustellen – das Bewusstsein zu schaffen, dass soziale Arbeit nicht nur aufgrund der Beschäftigungszahlen, sondern auch aufgrund der Steigerung der gesellschaftlichen Produktivität dem wirtschaftlichen Prozess dient und nicht nur scheinbar ein Kostenfaktor ist, stellt für die NPO-Vorstände Künkel und Bohn eine Herausforderung dar. Genau dies zu tun, ist für Dr. Hüttemann der Ansatzpunkt für mögliche Partnerschaften: „Non-Profit-Organisationen müssen Transparenz zeigen, die Ergebnisse und Resultate ihres Handelns darstellen und damit ihre Rolle in der Gesellschaft untermauern.“ Um dann den richtigen Wirtschafts-Partner bei Kooperationen zu finden, dazu bedürfe es neben des Wahrgenommen-Werdens auch entsprechender Kompetenzen zur Anbahnung und Umsetzung von gemeinsamen Aktivitäten – „auf beiden Seiten“. Und es sei zu berücksichtigen, dass das Leben und Darstellen von Kooperationen und Zusammenarbeit neben dem Beherrschen der entsprechenden Klaviatur vor allem eines voraussetze: Vertrauen. Dies zu erzeugen, sei genau die Chance der Organisationen: sich als authentischer Partner zu präsentieren. Manfred Günther Stichwort: Qualifizierungsoffensive der Stabsstelle Wirtschaftsförderung Für Unternehmen ist gesellschaftliche Verantwortung ein relevantes Thema. Insbesondere im Hinblick auf die Wettbewerbsfähigkeit sowie vor dem Hintergrund der Veränderungen in der Beschäftigungsstruktur, Stichwort Fachkräftemangel, birgt „Corporate Social Responsibility“ (CSR) für Unternehmen einige Chancen, stellt diese aber auch vor Herausforderungen. CSR steht für Corporate Social Responsibility – gesellschaftliche Verantwortung von Unternehmen. Bei CSR handelt es sich um ein Konzept, bei dem Unternehmen auf freiwilliger Basis soziale und ökologische Belange in ihre Aktivitäten und in die Beziehungen mit Partnern wie etwa Kunden, Lieferanten und Beschäftigten einbeziehen. Mit dem Fokus auf dieses Spannungsfeld startete die Auftaktveranstaltung zu einer vierstufigen Schulungsreihe, die die Qualifizierungsoffensiven der Landkreise Marburg-Biedenkopf und Gießen in Kooperation mit dem Projekt „CSRunternehmen!“ kostenfrei angeboten haben. Dr. Heinrich Beyer, Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft Partnerschaft in der Wirtschaft (AGP) e.V. in Kassel führte bei der Auftaktveranstaltung im März 2014 im Technologie- und Innovationszentrum in Gießen (TIG) in das Thema CSR ein. In zwei Praxisbeispielen erfuhren die 40 Teilnehmerinnen und Teilnehmer, wie Unternehmen aus der Region diese Herausforderung angehen. So stellte Christian Rinn dar, wie die Firma Rinn Beton- und Naturstein in Heuchelheim es geschafft hat, über einen offenen Dialog mit Kunden, Lieferanten und der Belegschaft eine Vorreiterposition beim Thema CSR in ihrer Branche einzunehmen. „Sie können es sich nur so lange leisten, sich nicht mit dem Thema Nachhaltigkeit zu beschäftigen, solange es auch kein anderer in Ihrer Branche tut“, mahnte Rinn. Seit Anfang 2012 hat sich die Geschäftsleitung von Rinn nach eigenen Angaben dazu verpflichtet, eine Nachhaltigkeitsstrategie zu entwickeln und alle unternehmerischen Entscheidungen an den drei Säulen der Nachhaltigkeit auszurichten. So werden ökonomische, ökologische und soziale Aspekte gleichermaßen mit einbezogen. Als Beispiele wichtiger Projekte nannte Rinn die Verbesserung der CO2-Bilanz und die Einsparung von Trinkwasser in der Produktion. Aber auch die soziale Verantwortung für die 400 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Familienunternehmens werde bei Rinn sehr ernst genommen und in den Bereichen strategische Personalentwicklung, Familienfreundlichkeit, Arbeitssicherheit oder betriebliches Gesundheitsmanagement umgesetzt. Unter der Überschrift „Werte teilen um Werte zu schaffen – Soziale Verantwortung am Beispiel von Ferrero Deutschland“ ging Almut Feller (Leiterin Institutional & Corporate Affairs) auf einige Schwerpunkte der Nachhaltigkeitsstrategie von Ferrero ein. So kümmere sich das Unternehmen über seine Stiftung „Fondazione Ferrero“ unter dem Motto „arbeiten, aufbauen, zurückgeben“ um seine ehemaligen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Hinblick auf gesundheitliche und soziale Aspekte und fördere Aktivitäten in den Bereichen Kunst und Kultur. Weiterhin sei für den Weltkonzern das Thema Nachhaltigkeit bei der Auswahl von Rohstoffen besonders wichtig. Hier ging Feller auf den Bezug von möglichst fair erzeugtem Kakao ein. Der dritte Pfeiler seien die sogenannten „Sozialen Unternehmen“, die Ferrero in Indien, Südafrika und Kamerun auf den Weg gebracht habe. Ihr Ziel sei es, in weniger begünstigten Gebieten der Welt Arbeitsplätze zu schaffen. Außerdem betreibe Ferrero ein Projekt „Kinder + Sport“, bei dem Kinder und Jugendliche für den Sport begeistert werden sollten. (Quelle: Pressestelle Landkreis Marburg-Biedenkopf) Stichwort: CSR Bei Corporate Social Responsibility (CSR) geht es um Unternehmen sowie andere Organisationen und Institutionen, die freiwillig gesellschaftliche Verantwortung übernehmen - und zwar über ihre rechtlichen Pflichten hinaus. Die Europäische Union definiert CSR als ein System, „das den Unternehmen als Grundlage dient, auf freiwilliger Basis soziale Belange und Umweltbelange in ihre Unternehmenstätigkeit und in die Wechselbeziehungen mit den Stakeholdern zu integrieren“. („Grünbuch Europäische Rahmenbedingungen für die Soziale Verantwortung der Unternehmen“) CSR weltweit Eine in der aktuellen Ausgabe des American Marketing Association’s Journal of Marketing veröffentlichte Studie zeigt, wie und wann CSR die Leistung von Mitarbeitern vor allem im direkten Kundenkontakt steigern kann. Die Studie, an der mehr als 200 Mitarbeiter eines Global-500-Finanzdienstleisters teilnahmen, verband Mitarbeiterbefragungen mit Bewertungen der Arbeitsleistung durch die direkten Vorgesetzten. Durchgeführt wurde die Studie von der Drexel University (USA), der ESMT European School of Management and Technology (Berlin) und von der Clemson University (USA). http://www.csr-in-deutschland.de/startseite.html (Quelle: Bundesministerium für Arbeit und Soziales)