Zusammenfassung Leitlinie Mamma-Karzinom BRCA1-assoziierte Mammakarzinome weisen häufig einen charakteristischen histopa- thologischen und immunhistochemischen Phänotyp auf: – invasives Karzinom (NOS) mit einem Wachstumsmuster ähnlich dem medullären Karzinom – G3-Morphologie – Östrogenrezeptor-, Progesteronrezeptor- und HER-2/neu-Negativität (triplenegativ) LOE 2a (Honrado, E et al. 2006; Lakhani, SR et al. 1998; Lakhani, SR et al. 2005) Bei Vorliegen dieser Charakteristika sollte vom Pathologen auf die Möglichkeit eines familiären Hintergrunds hingewiesen werden. Basisdiagnostik Als notwendige Basisuntersuchungen gelten: – Klinische Brustuntersuchung: Inspektion, Palpation von Brust und Lymphabflussgebieten – Mammographie – Ultraschalldiagnostik Ergibt die klinische Brustuntersuchung einen auffälligen Befund, soll die Diagnostik durch bildgebende Verfahren und histologischen Nachweis komplettiert werden. Empfehlungsgrad A (Calman, K et al. 2002; NBCC 2001; NBCC 2006a; NBCC 2006b; NCCN 2007; SIGN 2005) Bei symptomatischen Befunden soll bei Frauen unter 40 Jahren die Sonographie als bildgebende Methode der ersten Wahl durchgeführt werden. LOE 3b, Empfehlungsgrad A (Nothacker, M et al. 2007) Die Wirkungen endogener und exogener Hormone sind bei Durchführung und Befundung diagnostischer Maßnahmen zu berücksichtigen. Mammographie Die Mammographie ist zurzeit die einzige für die Erkennung von Brustkrebsvorstufen oder frühen Tumorstadien allgemein als wirksam anerkannte Methode. LOE 1a, Empfehlungsgrad A (Calman, K et al. 2002; NBCC 2006a; NCCN 2006; NCCN 2007; SIGN 2005) Hohe mammographische Dichte (ACR 3 und 4) ist neben der BRCA1/2-Mutation höchs- ter individueller Risikofaktor, sodass die in dieser Situation begrenzte Sensitivität der Mammographie durch eine sie ergänzende Sonographie angehoben werden sollte. LOE 3b, Empfehlungsgrad B (Nothacker, M et al. 2007) Die Sonographie sollte zur Abklärung klinisch nicht tastbarer, mammographischer Befun- de BI-RADS 0, III, IV und V eingesetzt werden. LOE 2b, Empfehlungsgrad B (Nothacker, M et al. 2007) Das Ziel einer standardisiert durchgeführten Mammasonographie ist die systematische und reproduzierbare Durchuntersuchung beider Mammae und der Axilla. LOE 2b, Empfehlungsgrad B (Madjar, H et al. 2006; NCCN 2007; Schulz, KD et al. 2003) Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität sollte auch für die Anwendung der Mammaso- nographie als Voraussetzung nachgewiesen werden. Mamma-Sonographie Die Sonographie ist eine Zusatzuntersuchung für die Abklärung unklarer Befunde. Empfehlungsgrad A (Calman, K et al. 2002; NBCC 2006a; NBCC 2006b; NCCN 2007; Schulz, KD et al. 2003; SIGN 2005) MR-Mammographie Eine MRT mit Kontrastmittel (KMMRT) sollte präoperativ empfohlen werden für das lokale Staging (Exzisionsgrenzen) beim lobulären Mammakarzinom. LOE 3b, Empfehlungsgrad B (Schwartz, GF et al. 2006) Eine strenge Kopplung zwischen KM-MRT und der Möglichkeit für MRT-gestützte Interventionen soll für die Nutzung der Empfehlungen gewährleistet sein. Bei anderen Indikationen (Multizentrizität, okkultes Mammakarzinom u.a.m.) sollte eine KM-MRT nur dann erfolgen, wenn auch die Möglichkeiten für MRT-gestützte Interventionen vorhanden sind. Perry, N et al. 2006; Schulz, KD et al. 2003) Bei histopathologisch benignem Befund sollte eine bildgebende Kontrolle mit der ent- sprechenden Untersuchungsmethode nach 6 Monaten erfolgen. Empfehlungsgrad B (NCCN 2007; Biopsie Die histologische Diagnostik abklärungsbedürftiger Befunde soll durch Stanzbiopsie, Vakuumbiopsie oder offene Biopsie erfolgen. Perkutane Interventionen sollen nach den Qualitätsempfehlungen durchgeführt werden. LOE 3a, Empfehlungsgrad A (NCCN 2007; NICE 2006a; Perry N, et al. 2006; Schulz, KD et al. 2003) Die Feinnadelbiopsie soll nicht als Standardmethode angewandt werden. LOE 2b, Empfehlungsgrad A (NCCN 2007; NICE 2006a; Schulz, KD et al. 2003) Die interventionell gesteuerte Gewebeprobengewinnung zur histopathologischen Diag- nosesicherung und Therapieplanung soll erfolgen bei: mammographischen Befunden BI- RADS IV und V und/oder sonographischen Befunden US-BI-RADS IV oder V und/ oder magnetresonanztomographischen Befunden MRT-BI-RADS IV oder V. LOE 3a, Empfehlungsgrad A (NCCN 2007; Schulz, KD et al. 2003) Bei der interventionellen, vorzugsweise sonographisch gesteuerten Stanzbiopsie sollten ≥ 3 repräsentative Proben bei ≤ 16G entnommen werden. LOE 3b–2b, Empfehlungsgrad B (Crystal, P et al. 2004; Fishman, JE et al. 2003) Bei Vorliegen von Mikrokalk soll vorzugsweise die stereotaktisch DCIS DCIS >90% unizentrisch aber häufig multifokal / diskontinuierliches Wachstum (multizentrisch: Abstand zwischen zwei Foci >4cm nur in 1/60 d. Fälle) low-grade DCIS in 70% multifokal, davon ca. 90% mit max. Abstand der Foci bis 1cm high-grade DCIS in 90% kontinuierliches Wachstum intermediate-grade DCIS ohne Präferenz des Wachstumsmusters. --> Resektionsrand bei DCIS mind. 5mm (besser 1cm), bei invasivem Ca nur 1mm gefordert. Therapie DCIS In der Regel BET + Radiotherapie. Sentinel-LK in der Regel nicht indiziert. gesteuerte Vakuum- biopsie eingesetzt werden. LOE 3b–2b, Empfehlungsgrad A (Nothacker, M et al. 2007) Die Vakuumbiopsie sollte auch bei MRTgesteuerter Gewebegewinnung eingesetzt werden. GCP Nach minimalinvasiver bildgebungsgesteuerten Gewebsentnahme soll die Ergebniskon- trolle durch Korrelation der bildgebenden Diagnostik mit dem histopathologischen Befund erfolgen. Empfehlungsgrad A (NBCC 2006a; NCCN 2007; NICE 2006b; Weiterführende Therapie (Nachresektion, Mastektomie und Sentinel-LK) bei Risikofaktoren: Alter <45y, befallene oder ungeüngende Resektionsränder, höhergradige Läsionen. Tamoxifen nach OP u. Radiatio kann Zusatznutzen bringen, muss aber individuell diskutiert werden (Benefit vorhanden aber auch UAW mit v.a. Risiken Thrombose u. Endometrium-Ca). LN LN in Biopsie ist oft Zufallsbefund. Weitere Therapie nur indiziert, wenn eine Läsion in der Bildgebung nicht durch einen anderen Befund erklärt werden kann. Ohne anderen Befund könnte bei LN auch ein LCIS vorliegen, daher dann ev. Tumorektomie. Bei LN in OP-Präparat ist keine weitere Therapie nötig ausser bei zusätzlichen histologischen Risiko-Kriterien oder zu kleinem Resektionsrand. Bei ADH und LN ist keine Radiotherapie indiziert. Operative Therapie des invasiven Karzinoms Basistherapie für alle nicht-fortgeschrittenen Mamma-Ca ist Tumorektomie mit ausreichendem Resektionsrand: mind. 1mm für invasives Ca, mind. 5mm für DCIS, bei invasivem Ca mit intratumoralem DCIS ebenfalls mind. 5mm. Indikationen zur brusterhaltenden Therapie des Mammakarzinoms sind im Regelfall: – lokal begrenzte nichtinvasive Karzinome der Brust (DCIS, LCIS) – invasive Karzinome mit günstiger Relation von Tumorgröße zu Brustvolumen – invasive Karzinome mit intraduktaler Begleitkomponente, solange die Resektionsränder im Gesunden verlaufen Mastektomie bei: Multizentrizität, inflammatorisches Ca, ungünstiges Tumor-Brustvolumen-Verhältnis. Bei ungenügender Nachresektion. Bei Kontraindikation der Ablehnung der Nachbestrahlung. Wunsch der Patientin. Bei Frauen <40y höheres Lokalrezidiv-Risiko bei BET! Axilla Sentinel ist hinsichtlich der lokalen Kontrolle der Axilladissektion gleichwertig. Wenn Sentinel positiv oder nicht durchführbar, dann müssen mind. 10 LK Level I u. II entfernt werden. Sentinel-LNE indiziert:T1 u. T2-Tumoren, bei Erfahrung auch bei grösseren Tumoren. Auch bei multizentrischen Ca möglich. Sentinel-LNE nicht indiziert: bei grösseren Exzision (Quadrantektomie) sind Ergebnisse mit SLNE nicht reproduizerbar. Stadium M1. Bei Patientinnen mit positivem Nodalstatus ist die operative Ausräumung der axillären Lymph- knoten indiziert. Grund dafür ist die Bedeutung des quantitativen Nodalstatus für die syste- mische Therapieentscheidung sowie die etwas bessere lokale Kontrolle der Axilladissektion im Vergleich zur Radiotherapie. Mikrometastasen: falls <1mm ist in 20% der Fälle mit weiterem LK-Befall zu rechnen, bei Grösse >1mm in 30% d. Fälle. Isolierte Tumorzellen bis 0.2mm (i+) gelten als nodal negativ = pTN0(i+). Radiotherapie Ziel: Beginn 4-6 Wochen nach OP. Radiotherapie nach BET Bei invasivem Karzinom ist eine Bestrahlung der betroffenen Brust nach brusterhalten- der Operation indiziert. Standard: 50Gy, 5x2Gy pro Woche. Lokaler Boost mit 10-16Gy, ebenfalls 5x2Gy pro Woche. Boost senkt Risiko eines Lokalrezidivs, verbessert aber nicht das Gesamtüberleben. Radiotherapie nach Mastektomie Die postoperative Radiotherapie der Brustwand nach Mastektomie senkt das Risiko eines lokoregionalen Rezidivs.Bei Patientinnen mit hohem Lokalrezidivrisiko wird auch das Gesamtüberleben verbessert. Bei folgenden Situationen ist daher die postoperative Strahlentherapie der Brustwand nach Mastektomie indiziert: T3 / T4, R1/R2-Resektion, pN+ (>3). Radiotherapie des regionalen Lympabflusses Datenlage unklar, keine prosp. rand. Studien. Bei negativem Sentinel ist axilläre Radiotherapie nicht indiziert. Empfohlen bei: Resttumor in der Axilla, bei eindeutigem / verifziertem LK-Befall und inkompletter Axilladissektion. Bei Befall von >3 LK, bei Befall von Level III. Keine Radiatio bei extrakapsulärem Wachstum. Keine Radiatio Mammaria-interna-Bereich. Nutzen der Radiatio ist nicht belegt bei St. n. Axilladissektion mit Entfernung von mindestens 10 Lymphknoten aus den Levels I und II. Chemo-, Antikörper- u. endokrine Therapie Chemotherapie grundsätzlich gleichzeitig mit Radiotherapie möglich, sogar Radiosensibilisierung des Tumors möglich, jedoch deultich höhere Chemo-Toxizität (insbesondere Anthrazyklin), daher Chemo erst nach Radiotherapie. Endokrine Therapie: Beginn sofort postoperativ da keine zusätzlichen UAW zusammen mit Radiotherapie. Trastuzumab (Herceptin): gleichzeitiger Beginn mit Radiotherapie ausser wenn Mammaria-Inerna-Bestrahlung (Kardiotoxizität). Durch die systemische Therapie lassen sich die Rezidivrate und die Mortalität reduzieren. Dies gilt für die Polychemotherapie, insbesondere bei Gabe von Anthrazyklinen und Taxanen, die medikamentöse Ausschaltung der Ovarialfunktion, Tamoxifen, Aromatasehemmer und Trastuzumab. Endokrine Therapie Bei PR u./o. ER positiv ist endokrine Therapie indiziert, diese sollte nach Abschluss Chemotherapie begonnen werden. Bei prämenopausalen Frauen zusätzlich für mind. 2 Jahre Ausschaltung d. Ovarial-Funktion (GnRH-Analoga, Adnexektomie). Aromatasehemmer sind Tamoxifen überlegen. Bei Risiko Gabe von AH für 5 Jahre („AH upfront“), sonst für 2-3 Jahre nach Anwendung von 2-3 Jahren Tamoxifon (Sequenz- bzw. „switch“-Studien) oder für 5 Jahre nach 5 Jahren Tamoxifen. Adjuvante / sekundäre Chemotherapie Eine Chemotherapie ist in den empfohlenen Dosierungen zu verabreichen.Bei Unterdosierung oder Reduktion der Zyklen droht ein Effektivitätsverlust. Eine Dosissteigerung von Cyclophosphamid oder Doxorubicin führt zu keiner Verbesse- rung der Effektivität. Eine adjuvante Kombinations-Chemotherapie (Dreierkombination) soll ein Anthrazyklin enthalten. Die Indikationsstellung ist vom Nodalstatus und Rezeptorstatus unabhängig. Patientinnen mit befallenen axillären Lymphknoten sollten eine adjuvante Kombinations- therapie mit Taxanen erhalten. Neoadjuvante / primäre Chemotherapie Indiziert bei lokal fortgeschrittenen, primär inoperablen oder inflammatorischen Mammakarzinomen. Am effektivsten bei Hormonrezeptor-negativen Ca.Eine Resektion in den neuen Tumorgrenzen ist möglich, wenn dadurch eine R0-Resekti- on mit ausreichendem Sicherheitsabstand erreicht werden kann. Trastuzumab / Herceptin Patientinnen mit HER-2-positiven Tumoren (immunhistochemisch Score 3+ und/oder FISH-positiv) sollen eine Behandlung mit Trastuzumab über 1 Jahr erhalten. Dies kann simultan zu einem Taxan oder sequenziell zu einer Anthrayzklin-(Taxan)-haltigen Chemotherapie verabreicht werden. Kriterium niedriges Risiko --> alle Kriterien müssen erfüllt sein! Alter >35y Tumorgrösse <2cm ER / PR pos / pos od. neg HER2 neg LK-Status neg Grading G1 Therapie lokal / regional fortgeschrittener Tumor (=T3/T4 od. Axilla-Befall ohne Metastasierung) primäre Chemotherapie, Ansprechrate ca. 60%, Ziel: Erreichen der Operabilität Inflammatorisches Mamma-Ca: 5-JUR nur mit Chemo: 50% --> daher: Chemo, OP, Radiatio Inoperable Pat: pall. endokrine Therapie, ggf. Radiatio bei Gefahr Ulceration Loko-regionäres Rezidiv Def: Wiederauftreten ipsilaterale Brust / Thoraxwand / Axilla / supra-infraklavikulär / Mammaria-interna-Bereich Die Früherkennung des isolierten lokalen bzw. lokoregionalen Rezidivs hat einen positiven Einfluss auf das Überleben. Nach BET + Radiotherapie --> 5-10% Rezidive mit 5-JUR 65% Diagnostik: bei Verdacht MR-Mammographie und bei bestätigtem Rezidiv Re-Staging mit Sono, Szinti, Rx-Th. Fernmetastasen Langzeitheilung kaum möglich. Günstige Prognosefaktoren: solitäre Fernmetastase, nur Haut und Knochen betreffend, ER/PR positiv, HER2 negativ, G1 (G2), Anthrachinone, Taxane, Vinorelbin, Fluorpyrimidine. Bei einer Polychemotherapie können diese Zytostatika untereinander bzw. mit weiteren Substanzen kombiniert werden. Die höchsten Remissionsraten werden mit einem Taxan in Kombination mit einem Anthrazyklin oder Antimetaboliten erreicht. Hochdosis bringt keinen Zusatznutzen. Vor Einsatz einer pall. Chemotherapie zu beachten: ER/PR, HER2, bei Knochenmetastasen Einsatz von Bisphosphonaten erwägen, Wirkung früherer ChemoTherapien, Performance-Status für Effektivität einer erneuten Chemo. Bei positivem ER/PR ist endokrine Therapie (AH upfront) Mittel der Wahl vor Chemo. Keine endokrine Therapie bei Bedarf an schneller Remission, ZNS-Metastasen, ER/PR negativ. Kombination Chemo-endorkin nicht empfohlen weil v.a. höher Toxizität. Eine Polichemo ist minimal besser hat aber deutlich höhere Toxizität, daher in der Regel nicht empfehlenswert.Bei stärkeren Beschwerden und raschem Wachstum bzw. aggressivem Tumorverhalten, d.h. bei hohem Remissionsdruck, sollte eine Polychemotherapie durchgeführt werden. Als Monotherapie können z. B. folgende Substanzen zum Einsatz kommen: Anthrazykline, Therapie: OP mit Entfernung möglichst gesamter Tumor, bei Inoperabilität Radiotherapie möglich, systemische Chemo ohne gute Daten. Beim intramammären Rezidiv (DCIS/invasives Karzinom) wird durch die sekundäre Mastektomie die beste lokale Tumorkontrolle erzielt. In günstigen Ausgangssituationen kann in vertretbaren Situationen brusterhaltend operiert Spezialfall Skelett-Metastasen Die Strahlentherapie ist bei symptomatischen oder frakturgefährdeten Knochenmetastasen die lokale Therapie der Wahl. Indikationen zur Bisphosphonat-Therapie sind: Hyperkalzämie, metastasenbedingter Knochenschmerz, osteolytische Metastasen und die tumortherapieinduzierte manifeste Osteoporose. Spezialfall ZNS-Metastasen Isolierte ZNS-Metastasen: OP oder stereotakt. Radiotherapie Multiple ZNS-Metastasen: Ganzhirnbestrahlung, SteroidTherapie, Maligner Pleuraerguss: ev. Pleurodese. Granisetron = Kytril ® Ondansetron = Zofran ® Tropisetron = Navoban ® Dolasetron = Anzemet ® Palonosetron = Aloxi ® Aprepitant = Emdend ®