Inhaltsverzeichnis - Theoretische Physik

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Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Quantenmechanik in der modernen Physik . . . . . . .
1.2 Grundgleichungen der klassischen Theorie der Teilchen
1.3 Grenzen der klassischen Physik. Quanteneffekte . . . .
1.3.1 Quantennatur des EM Feldes . . . . . . . . . .
1.3.2 Quanteneigenschaften der Atome . . . . . . . .
1.3.3 Beugung freier Elektronen . . . . . . . . . . . .
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5
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14
2 Grundlagen der Quantenmechanik
2.1 Doppelspaltexperiment mit klassischen Teilchen . . . . . . . . . . . . . . . .
2.2 Einschub: Wahrscheinlichkeits-Theorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.3 Doppelspaltexperiment mit Wellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.4 Doppelspaltexperiment mit Mikroteilchen . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.5 Die Schrödingergleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.6 Zeitverhalten eines freien Quanten-Teilchens . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.6.1 Lösung für eine Gauss-Anfangsbedingung . . . . . . . . . . . . . . .
2.7 Wahrscheinlichkeitsamplitude und Unschärfe . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.8 Teilchen im Kastenpotential. Diskretes und kontinuierliches E-Spektrum . .
2.8.1 A) Eindimensionaler Potentialkasten mit unendlich hohen Wänden:
2.8.2 B) Eindimensionaler Potentialskasten mit endlicher Tiefe . . . . . .
2.8.3 C) rechteckige Potentialbarriere . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.8.4 Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.9 Der harmonische Oszillator . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.9.1 Erzeugungs- und Vernichtungsoperatoren . . . . . . . . . . . . . . .
2.10 Kohärente Zustände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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und Felder
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3 Der
3.1
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3.3
3.4
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3.6
mathematische Apparat der Quantenmechanik
Zustandsvektoren im Hilbertraum . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Observablen und Operatoren im Hilbertraum . . . . . . . . . . . . .
Mathematischer Einschub: Operatoren im Hilbertraum . . . . . . . .
Quantenmechanische Zustandsmessung und Vollständige Observable
Der Quantenmechanische Messprozess . . . . . . . . . . . . . . . . .
Quantemechanische Darstellungen und Transformationen . . . . . .
3.6.1 Ortsdarstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.6.2 Impulsdarstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.6.3 Energiedarstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.7 Vertauschbarkeit von Operatoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.7.1 Messbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.7.2 Unschärfe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4 Quantenmechanische Dynamik
4.1 Dynamik der Zustände, Zeitverschiebungsoperator . . . . .
4.2 Dynamik der Operatoren. Schrödinger- und Heisenberg-Bild
4.3 Dynamik der Operatoren. Heisenberg-Gleichung . . . . . . .
4.4 Erhaltungsgrößen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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2
INHALTSVERZEICHNIS
5 Theorie des Drehimpulses. Bewegung im Zentralfeld. Wasserstoffatom
5.1 Quantenmechanische Theorie des Drehimpulses . . . . . . . . . . . . . . . .
5.1.1 Bahndrehimpulsoperator . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5.1.2 Eigenwert-Problem des allgemeinen Drehimpulsoperators . . . . . .
5.1.3 Der Bahndrehimpulsoperator der Quantenmechanik . . . . . . . . .
5.2 Bewegung im Zentralpotential . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5.3 Teilchen im Coulombpotential. Wasserstoff (ähnliches) Atom . . . . . . . .
5.4 Eigenschaften der Lösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5.5 Messungen am Wasserstoff-Atom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5.5.1 Wechselwirkung mit Strahlung. Auswahlregeln . . . . . . . . . . . .
6 Der
6.1
6.2
6.3
6.4
6.5
Spin der Elementarteilchen. Zeeman-Effekt. Pauligleichung
Magnetisches Moment und Drehimpuls . . . . . . . . . . . . . . . . .
Stern-Gerlach-Experiment . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Der Spin der Elementarteilchen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Zustände mit Spin. Paulimatrizen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Pauligleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
6.5.1 Pauligleichung in Orts-Spindarstellung . . . . . . . . . . . . .
6.5.2 Pauligleichung in der Coulomb Eichung . . . . . . . . . . . .
6.6 Wasserstoff-Atom im Magnetfeld. Zeeman-Effekt . . . . . . . . . . .
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131
Kapitel 1
Einleitung
1.1
Quantenmechanik in der modernen Physik
Gegenstand der Quantenmechanik sind Objekte und Prozesse des Mikrokosmos. Als solche sind Atome, chemische Verbindungen und Elementarteilchen von Bedeutung.
• Quantenmechanische Systeme sind qualitativ verschieden von den makroskopischen System des Alltags
wie zum Beispiel der klassischen Mechanik.
• Das theoretische Modell und die Methoden der klassischen Mechanik versagen bei der Beschreibung der
Quantenmechanik.
• In der Gesellschaft gibt es Verständnisprobleme und eine Mystifizierung vor Allem beim Dualismus von
Welle und Teilchen oder etwa der Teleportation.
In der modernen Physik ist die Quantenmechanik eine entscheidende Grundlage und eine fundamental begründete, strenge Theorie, wie die klassische Mechanik. Die Quantenmechanik enthält darüber hinaus die klassische Mechanik als Grenzfall. Es gibt also ein kontinuierlichen Übergang zwischen beiden Gebieten und alle
Objekte besitzen Quanteneigenschaften. Hier stellt sich nun die Frage was wir als Quanteneigenschaften bezeichnen. Die folgende Auflistung gibt ein paar Beispiele.
• Es existieren keine Punktteilchen, alles hat eine endliche räumliche Ausdehnung.
• Teilchen haben Wellencharakter.
• Tunnelprozesse (Durchdringung/Umgehung von Hindernissen)
• Energie-Quantisierung
• Spin (kein klassisches Analogon)
• Beim quantenmechanischen Austausch [Kapitel IX] kann man nach einer Wechselwirkung zweier Teilchen
nicht bestimmen welcher Endzustand zu welchem Teilchen gehören. Die Teilchen sind ununterscheidbar
und verlieren Identität “.
”
Abbildung 1.1: Wechselwirkung zweier Teilchen über ein Potential V (r)
• Existenz von Antiteilchen (Antimaterie)[Kapitel VIII]
• statistische (Wahrscheinlichkeits-) Interpretation
Nun stellt sich die Frage wann Quanteneigenschaften relevant sind.
3
4
KAPITEL 1. EINLEITUNG
1. Betrachtet man 1 Teilchen, welches sich einem Doppelspalt mit der Spaltbreite d nähert, so sind Quanteneigenschaften zur Beschreibung genau dann wichtig, wenn die Wellenlänge des Teilchens in der Größenordnung
der Spaltbreite ist.
λe & d
Abbildung 1.2: Teilchen am Doppelspalt
2. Betrachten wir nun 2 Teilchen an Hand des Beispiels eines Protons (p) und eines Elektrons(e). Diese haben
einen kleinen Abstand |rp,e | = r. Das Wechselwirkungspotential der beiden Teilchen ist gegeben durch
das Coulomb-Potential:
1 e20
Vp,e = −
4π0 r
Abbildung 1.3: klassisches Coulomb-Potential
Betrachtet man dieses Potential nun genauer so stellt man eine Divergenz für |r| → ∞ fest, welche nicht
beobachtet wird (Kollaps). Die Quantenmechanik behebt dies durch die endliche räumliche Ausdehnung
des Elektrons. Hierdurch erhält das Potential bei r = 0 einen festen Wert V0 . Der Radius ab dem dies
relevant wird ist etwa der Bohr’sche Radius aB .
aB & |r|
Die Quantemechanik liefert mit der Wellenfunktion ψ(r) eine Dichte ρ0 für das Elektron.
ρ0 = e0 · |ψ(r)|2
Abbildung 1.4: räumliche Verteilung des Elektrons
1.2. GRUNDGLEICHUNGEN DER KLASSISCHEN THEORIE DER TEILCHEN UND FELDER
5
3. Betrachten wir nun N Teilchen. Solange der mittlere Abstand d zwischen den Teilchen groß genug gegen
die endliche Ausdehnung λ der Teilchen ist. So ist das System klassisch beschreibbar.
Abbildung 1.5: großer Abstand zweier Quantenteilchen
Ist die Ausdehnung der Teilchen jedoch in der Größenordnung des Abstandes so muss man quantenmechanisch
rechnen.
Abbildung 1.6: kleiner Abstand zweier Quantenteilchen
Betrachten wir nun die Anzahldichte n, wobei wir das Volumen würfelförmig abschätzen.
n=
N
1
1
= ≈ 3
V
ϑ
d
Hierbei ist ϑ das Volumen, das ein Teilchen einnimmt. Stellt man obige Gleichung um so erhält man den
sogenannten Entartungsparameter:
nλ3 > 1
(1.1)
Betrachtet man Materie bei hohem Druck, wie zum Beispiel in Zwergsternen, so ist die Dichte in folgender
Größenordnung:
n ∝ (1030 ...1035 )cm−3
Hier wird der Kollaps verhindert durch die Fermie Energie der Fermistatistik.
2
EF ∝ n 3
Das Minimum der Energie ist also nicht der Kollaps.
1.2
Grundgleichungen der klassischen Theorie der Teilchen und Felder
Ende des 19.Jahrhunderts: Man dachte das Gebäude “wäre vollendet. Eine vollständige Beschreibung ma”
kroskopischer Teilchen und Felder würde durch die Newtonsche bzw. Hamiltonsche Mechanik und die MaxwellGleichungen gewährleistet.
Erinnerung: Betrachten wir ein System aus N klassischen Teilchen. Dann ist der Zustand eindeutig bestimmt
durch einen 6N -dimensionalen Phasenraumpunkt Γ(p, q). Hierbei gelte:
p = {p1 , ..., pN }
q = {q 1 , ..., q N }
Dann wird die Dynamik durch die Hamilton-Funktion bestimmt. Die Hamilton-Funktion war die Summe kinetischer und potentieller Energie.
HN = TN + UN
(1.2)
6
KAPITEL 1. EINLEITUNG
Die kinetische Energie in einem Vielteilchensystem berechnet sich zu:
T =
N
X
p2i
2mi
i=1
Die potentielle Energie setzt sich zusammen aus einem externen Potential(I) und der Paar-Wechselwirkungsenergie
(II).
UN =
N
X
X
+
i=1
Uij
1≤i<j≤N
|{z}
|
(I)
{z
(II)
}
Die Zweitentwicklung wird durch die Trajektorie im Phasenraum bestimmt.
ṗk (t) = −
q̇ k (t) =
∂HN
∂q k
(1.3)
∂Hn
∂pk
für k = 1, ..., N mit den Anfangsbedingungen Γ0 (p0 , q0 ):
pk (0) = pk0
Abbildung 1.7: Trajektorien im Phasenraum
qk (0) = qk0
Der Existenz- und Eindeutigkeitssatz der klassischen Mechanik besagt eine strenge Determiniertheit/Eindeutigkeit
der Lösung bei (exakt) vorgegebenen Anfangsbedingungen Γ0 und HN . Eine anschauliche geometrische Interpretation ist eine (unendlich dünne) Trajektorie in Γ6N . Es ist eine gleichzeitige Messung von q und p möglich.
Die Trajektorie liefert komplette Information. Ein Makroteilchen wird durch ein Messgerät also beliebig wenig
beeinflusst und die Messgröße ( Observable“) wird nur durch das Objekt selbst bestimmt. Kommen wir nun zu
”
den Feldern. Für die Felder sind die Bewegungsgleichungen die Maxwell-Gleichungen, welche im CGS-System
wie folgt lauten:
div E = 4πρ
1
rot E = − Ḃ
c
div B = 0
4π
1
rot B =
j + Ė
c
c
(1.4)
Diese sind lösbar mit den gegebenen Anfangsbedingungen E(t = 0) und B(t = 0) für alle r. Außerdem benötigen
wir für die Lösung noch die Strom- und Ladungsdichte.
ρ(r, t) =
N
X
qi δ(r − ri (t))
i=1
j(r, t) =
N
X
qi v i δ(r − ri (t))
i=1
Die Lösungen sind also an die Teilchendynamik gekoppelt. Wir haben also ein geschlossenes Gleichungssystem
aus 1.3 und 1.4. Also ist der Zustand von Teilchen und Feld für alle Zeiten t vorhersagbar. Allerdings waren
mit dieser Grundlage einige Beobachtungen am Ende des 19.Jahrhunderts unerklärt.
1.3
1.3.1
Grenzen der klassischen Physik. Quanteneffekte
Quantennatur des EM Feldes
A) Hohlraumstrahlung: Als Modell eines schwarzen Körpers nehmen wir ein Volumen V mit ideal reflektierenden Wänden. Die elektromagnetische Strahlung wird also total reflektiert ( schwarzer Körper“). In diesem
”
Volumen gebe es keine Ladungen. V enthält eine vorgegebene Strahlungsenergie Wel und ist im thermodynamischen Gleichgewicht mit der Temperatur T . Es stellt sich nun die Frage nach der Energie-Verteilung über die
Frequenzen ρ(ω, T ).
1.3. GRENZEN DER KLASSISCHEN PHYSIK. QUANTENEFFEKTE
7
Abbildung 1.8: Modell eines schwarzen Körpers
Die klassische Elektrodynamik liefert:
Z
Wel ∝
E 2 dV = V · wel
Hierbei ist wel die Energiedichte. Diese Energiedichte ergibt sich aus der spektralen Energiedichte ρ(ω, T ) durch
Integration über alle Frequenzen:
Z∞
wel =
ρ(ω, T )dω
0
Die spektrale Energieverteilung bei einer bestimmten Temperatur wurde in Experimenten genau vermessen und
ergibt unten abgebildete schwarze Kurve.
Abbildung 1.9: gemessene spektrale Energiedichte im Vergleich mit Rayleigh-Jeans und Wien
Für den Grenzfall kleiner Frequenzen galt das von Rayleigh/Jeans gefundene Strahlungsgesetz und für große
Frequenzen das von Wien.
(
kT
2
, Tω klein, Rayleigh/Jeans
2 3 · ω
ρ(ω, T ) = π c − αω
A · e kT , Tω groß, Wien
Am Beispiel vom Strahlungsgesetz von Rayleigh/Jeans sah man bereits, dass die Theorie nicht vollständig
sein konnte. Bei der Berechnung der Energiedichte divergiert nämlich das Integral. Dies bezeichnet man als
Ultraviolettkatastrophe.
Z∞
wel ∝
ω 2 dω = ∞
0
Planck kombinierte nun beide Gesetze um eine einheitliche Beschreibung der spektralen Energiedichte zu
gewährleisten.
Plancks Interpolationsableitung “: Um die beiden Strahlungsgesetze in Einklang zu bringen betrachtet
”
Planck beide Formeln für eine fest Frequenz ω. Das Wien’sche Strahlungsgesetz hat dann folgende Form:
b
U = αe− T
(1.5)
8
KAPITEL 1. EINLEITUNG
und U = ρω . Nun betrachtet Planck das reziproke der zweiten
Hierbei gilt mit den obigen Bezeichnungen b = k~ω
B
Ableitung der Entropie nach der Energie U eines Resonators. Diese Größe bezeichnet er mit R.
1
d2 S
dU 2
=R
Diese Größe R charakterisiert die Stabilität eines Gleichgewichtszustandes in der Thermodynamik. Im folgenden
Abschnitt werden wir die Größe R noch auf ihre physikalische Bedeutung genauer untersuchen. Nun möchte
man die Größe R berechnen. Ebenfalls aus der Thermodynamik kennt man die Beziehung:
dS
1
=
T
dU
Diesen Term kann man aus Gleichung 1.5 gewinnen.
b
U = α · e− T
U
b
ln
=−
α
T
dS
1
1
U
=
= − ln
dU
T
b
α
R erhält man nun über erneutes differenzieren nach U :
d 1
11
1
=
=−
R
dU T
bU
Hieraus folgt:
R = −bU
(1.6)
Aus dem Strahlungsgesetz von Rayleigh/Jeans möchte man nun ebenfalls die Größe R berechnen. Das Strahlungsgesetz lautet für ein festes ω:
U =c·T
Hierbei gilt mit obigen Bezeichnungen wieder U = ρω und c =
kB
2
π 2 c3 ω .
Also gilt nun:
1
C
=
T
U
Und hieraus folgt:
d 1
1
=
R
dU T
C
=− 2
U
Also erhält man:
R=−
U2
C
(1.7)
Das Ziel ist es eine spektrale Energieverteilung zu gewinnen, welche für alle Frequenzbereiche gilt. Planck
kombinierte nun die beiden R aus den Gleichungen 1.7 und 1.6 und einer neuen Größe R für die einheitliche
Funktion. Er kombinierte dies als Summe:
1
R = −bU − U 2
c
Er tat dies, weil er der Überzeugung war, dass die allgemeinsten Naturgesetze durch die einfachste Mathematik
beschrieben werden. Nun kann man aus R wiederum die spektrale Energieverteilung gewinnen.
d 1
1
=
dU T
−bU − 1c U 2
1
1
bc
= ln 1 +
T
b
U
bc
U (T ) = b
T
e −1
1.3. GRENZEN DER KLASSISCHEN PHYSIK. QUANTENEFFEKTE
9
Bevor wir uns die hergeleitete Strahlungsformel genauer anschauen betrachten wir noch einmal die Größe R.
Thermodynamische Stabilität an der Stelle U0 erfordert:
dS =0
dU U0
d2 <0
dU 2 U0
Hieraus folgt R < 0.
Abbildung 1.10: thermodynamische Stabilität bei U0
Darüber hinaus kann man R wie folgt umformulieren:
R=
1
d 1
dU T
=
1
dT
− T12 dU
= −T 2
dU
= −T 2 CU
dT
Hierbei ist CU die Wärmekapazität der Strahlung (V, N fixiert). Die allgemeine Stabilitätsbedingung besagt
CU ≥ 0. Damit sind CU und R wohl definiert. Der Grund für das Funktionieren des additiven Ansatzes von
Planck ist, dass verschieden Freiheitsgrade additiv eingehen. Setzen wir nun in der oben gewonnenen Strahlungsformel unsere eingeführten Größen wieder ein so erhalten wir folgende Formel.
Die spektrale Energiedichte ist nach Planck gegeben durch:
ρ(ω, t) =
1
~ω 3
~ω
2
3
π c e kT − 1
(1.8)
Dies ist die Bose-Verteilung für Photonen (keine Masse). Macht man folgende Hypothese so kann man dieses
Strahlungsgesetz wesentlich einfacher herleiten. Die Energie einer elektromagnetischen Welle ist in Einheiten
von
∆E = hν = ~ω
gequantelt. Insbesondere soll ∆E die niedrigstmögliche Anregungsenergie der Oszillation sein [Fli08]. Die Zustände
der Oszillatoren können sich also nur um ein Vielfaches dieser Energieportion unterscheiden. Nach Boltzmann ist
die Wahrscheinlichkeit genau eine Energie i~ω mit i ∈ N zu haben proportional zu e−i~ω/kB T . Substituiert man
diese Größe mit x so kann man aus dem Grenzwert der geometrische Reihe folgenden Term des Strahlunggesetzes
erhalten:
∞
X
1
=
xk
1−x
k=0
Hierbei gilt stets |x| < 1.
Das elementare Wirkungsquantum hat die Größe:
2π~ = h = 6, 625 · 10−34 W s2
(1.9)
Die Quanten Hypothese von Planck hat jedoch wie es scheint ein Problem. Betrachte wir eine Quelle elektromagnetischer Strahlung der Intensität:
I|r=0 ∝ N · ~ω
10
KAPITEL 1. EINLEITUNG
Nach der Elektrodynamik nimmt die Intensität mit r2 ab.
I|r ∝
N · ~ω
r2
Hieraus folgt, dass bei hinreichend großem Abstand auf einem kleinen Detektor weniger als ein Photon auftreffen
würde. Dies ist ein Widerspruch zur Quantisierung. Die Erklärung ist, dass das Photon nicht teilbar ist. Der
Auftreffort bei einer Einzelmessung ist zufällig und nicht vorhersagbar. Eine statistische Mittelung liefert die
Verteilung. Diese ist dann auch reproduzierbar.
Abbildung 1.11: Entfernungsabhängigkeit der Intensität
B) Photoeffekt: H.Hertz und Hallwachs machten 1887 bzw. 1888 Experimente in denen sie Metall mit UVLicht bestrahlten. Dieses Licht konnte Elektronen aus dem Material herauslösen, welche dann eine kinetische
Energie besaßen.
Abbildung 1.12: Photoeffekt
Lenard machte nun die Entdeckung, dass die Geschwindigkeit der Elektronen unabhängig von der Intensität der
2
Strahlung ist. Dies ist ein Widerspruch zur klassischen Optik in der die Lichtenergie Wel ∝ I ∝ m
2 v proportional
zur Energie der Teilchen ist. Allerdings fand man auch, dass die Anzahl der herausgelösten Elektronen abhängig
von der Intensität ist.
Ne = Ne (I)
Die Erklärung kam von Einstein 1905 mit Hilfe der Photonenhypothese. Licht besteht aus Teilchen mit der
Energie WL = ~ω. Dann gilt folgende Geradengleichung:
~ω =
m 2
v −Φ
2
Hierbei ist Φ die Austrittsarbeit des Metalls und als solche materialabhängig.
1.3. GRENZEN DER KLASSISCHEN PHYSIK. QUANTENEFFEKTE
11
Abbildung 1.14: Abhängigkeit der Energie
der Elektronen von der Frequenz
Abbildung 1.13: Abhängigkeit der Energie
der Elektronen von der Intensität
Wie man in obenstehender linker Abbildung erkennt gelten für hohe Intensitäten wieder Gesetzmäßigkeiten,
welche der klassischen Theorie entsprechen.
C) Compton Effekt: Compton betrachtete die Lichtstreuung an freien Elektronen. Licht mit der Frequenz
ω und dem Wellenvektor k (mit der Wellenlänge verknüpft) trifft auf ein freies Elektron und wird am diesem
gestreut. Das Elektron nimmt hierbei Impuls auf und das Licht wird im Winkel ϑ gestreut. Misst man die
Wellenlänge nach der Streuung so stellt man eine Rotverschiebung fest. Die widerspricht der klassischen Elektrodynamik, wie im Folgenden kurz erläutert wird. Das elektrische Feld steht senkrecht auf dem Wellenvektor k
des einfallenden Lichtes. Demzufolge müsste das Elektron mit der Frequenz ω des einfallenden Lichtes parallel
zur Feldrichtung schwingen. Hierbei emittiert das Elektron in alle Richtungen elektromagnetische Wellen ebenfalls mit der Frequenz ω. Die ist aufgrund der gemessenen Rotverschiebung offensichtlich nicht in Einklang zu
bringen. Versuchen wir nun dies mit der Photonen Hypothese zu erklären. Wir verstehen Licht nun als Strom
von Teilchen (Photonen), die an dem freien Elektron gestreut werden. In dieser Photonen-Hypothese ist der
Compton-Effekt also ein Stoßprozess.
Abbildung 1.15: Lichtstreuung an freien Elektronen
Wir benutzen also die Energieerhaltung, wobei wir das Elektron als relativistisches Teilchen betrachten müssen.
Mit β = v/c gilt:
0
Eph = Eph
+ Ee0 − Ee
~ω = ~ω 0 + p
m0 c2
1 − β 2 − m0 c2
Außerdem benutzen wir die Impulserhaltung und setzen die Geschwindigkeit des Elektrons vor dem Stoß gleich
0.
m0 v 0
~k = ~k 0 + p
1 − β2
Das Resultat ist:
λ0 = λ + λC (1 − cos ϑ)
(1.10)
12
KAPITEL 1. EINLEITUNG
fest. Hierbei ist λC die sogenannte Compton-Wellenlänge für die gilt:
λC =
h
mc
Der Compton-Effekt ist also eine direkte Bestätigung für Einsteins Photonen-Hypothese. Wir können folgendes
Fazit aus A),B) und C) ziehen:
1. Die klassische Elektrodynamik erklärt makroskopische Phänomene wie Brechung oder Reflexion.
2. Mikrophänomene (Wechselwirkung Licht-Atom/Elektron) erfordern Annahmen über die Quanten Natur
(Photonen).
Moderne Theorie: Die moderne Theorie ist die Quantenelektrodynamik(2.Quantisierung). Hier ersetzt man
die elektrodynamischen Potenzialen (A, Φ) durch die Operatoren (Â, Φ̂), welche die Maxwell-Gleichungen erfüllen
mit den Kommutationsregeln für bosonische Operatoren.
1.3.2
Quanteneigenschaften der Atome
Jedes Atom hat ein charakteristischen Linienspektrum. 1885 stellte Balmer für die experimentell bestimmten
Emissionsspektren von Wasserstoff eine Formel auf. Diese Formel beschreibt die Abstände einiger gemessener
Emissionslinien.
λ=
n21
·C
−4
n21
Hierbei ist n1 = 3, 4, ....
Abbildung 1.16: Abstände des Balmer-Serie des Emissionsspektrum von Wasserstoff
Die Quantenmechanik liefert hierfür die Erklärung. Im Atom liegen die Energie Niveaus gemäß ihrer Hauptquantenzahl in ebensolchen Abständen. Eine Emissionslinie entspricht jetzt einem Übergang von einem Energie
Niveau auf ein anderes. Die Balmer-Serie beschreibt alle Übergänge auf die Hauptquantenzahl n = 2. Für die
anderen Quantenzahlen gibt es entsprechende Serien.
Abbildung 1.17: diskrete Energie Niveaus gemäß der Hauptquantenzahl n
1913 gelangen Franck und Hertz der experimentell Nachweis diskreter Niveaus durch Stoßanregung von Atomen.
Das klassische Atommodell von Rutherford und Thomson besagte, dass das Atom insgesamt neutral ist mit
einem kleinen positiven Kern. Dies war die korrekte Beschreibung der Streuung von α-Teilchen an dünner
Goldfolie (Rutherford-Formel). Nach diesem Ergebnis müssen nun negative Ladungen im Atom existieren, damit
dieses neutral ist. Diese bewegen nach dem Planeten-Modell“auf Kreisbahnen um den Kern. Das Problem an
”
1.3. GRENZEN DER KLASSISCHEN PHYSIK. QUANTENEFFEKTE
13
diesem Modell ist, dass das Atom dann instabil ist. Dies sehen wir im Folgenden ein. Ein rotierendes Elektron
vollführt eine beschleunigte Bewegung (Änderung der Richtung). Es stellt einen elektromagnetischen Dipol,
welcher Strahlung emittiert, dar. Der Energieverlust ergibt sich nach der Elektrodynamik zu:
2
dE
= − 3 |p̈|2
dt
3c
Mit diesem Energieverlust ist das Planeten-Modell instabil. Betrachte nun:
|F Z | = |F COU L |
mv 2
Ze · e
=
r
4π0 r2
Mit Hilfe dieses Kräftegleichgewichtes einer Kreisbahn ohne Strahlung kann man die charakteristische Lebensdauer eines Atoms nach diesem Modell abschätzen. Es ergeben sich Zeiten von:
t ≈ 10−11 s ·
1
Z4
Dieses Ergebnis widerspricht natürlich den Erkenntnissen der Stabilität der Atome. Bohr versuchte dies in
seinem Atommodell zu begründen “durch folgende Postulate.
”
1. Es existieren stabile (strahlungsfreie) Bahnen. Die Auswahl erfolgt gemäß:
rn · pn = n · ~
| {z }
(1.11)
l
Hierbei ist n ∈ Z und l der Betrag des Drehimpulses. Es existieren also nur bestimmte Bahnen, da der
Drehimpuls nur bestimmte Werte annehmen kann.
2. Der Übergang zwischen Bahnen geschieht nicht allmählich, sondern durch Emission eines Photons:
~ωm,n = Em − En
Dies erklärt die Balmer-Serie sowie das komplette Spektrum wasserstoffähnlicher Atome.
3. Die klassisch stabilen Bahnen sind bestimmt durch:
Ze2
me v 2
=
r
4π0 r2
Mit dem ersten Postulat ergibt sich
p2 r2 =
Ze2 me r
= n 2 ~2
4π0
mit n = 1, 2, .... Hiermit lassen sich die erlaubten Radien berechnen:
rn = ab
n2
Z
(1.12)
Hierbei ist aB der Bohr-Radius:
aB =
~2 4π0
me e2
(1.13)
Die Energie auf der n-ten Bahn wird dann zu:
En = −
1 e2 Z 2
2 4π0 aB n2
Das Bohr’sche Atommodell erklärt zwar die Grundzüge des Linienspektrums enthält aber nur einen kleinen Teil
der möglichen elektronischen Zustände im Atom. Außerdem ist der Charakter der Elektronenbahnen falsch. Die
Quantenmechanik ergibt, dass das Elektron räumlich ausgedehnt ist.
14
1.3.3
KAPITEL 1. EINLEITUNG
Beugung freier Elektronen
1927 machten Davisson und Germer Versuche zur Elektronenbeugung am Kristallgitter.
Abbildung 1.18: Versuchskizze zur Beugung am Kristallgitter
Mit der Spannung kann gemäß
m 2
v =e·U
2
die Energie berechnet werden. Auf dem Schirm sieht man ein Interferenzmuster, wenn man die Intensität
aufträgt. Hierbei sind x die ganzen Zahlen bei denen ein Maximum auftritt.
Abbildung 1.19: Intensitätsverteilung der Elektronenbeugung
Die Geschwindigkeit der Elektronen eingestellt werden. Man stellt fest, dass die Lage der Maxima bei unterschiedlichen Geschwindigkeiten bei unterschiedlichen x liegen und kann folgende Beziehung herleiten:
x=
me · V
· d sin α
h
(1.14)
Die ist typisch für Beugung. Bei Licht erhält man die Formel für die Maxima zu:
d sin α = xλ
Hierbei sind wieder x die Maxima. Man kann also auch Elektronen eine Wellenlänge zuordnen, wenn man beide
Gleichungen vergleicht und erhält:
λe =
h
h
=
me · v
pe
(1.15)
Dies geht auf De Broglie (1924) zurück. Indem man Elektronen eine Wellenlänge zuordnet erklärt man die
Wellennatur der Teilchen.
Beispiel: Betrachten wir ein Elektronengas im Gleichgewicht. Die Geschwindigkeiten sind dann um einen
Mittelwert v Maxwell verteilt.
1.3. GRENZEN DER KLASSISCHEN PHYSIK. QUANTENEFFEKTE
15
Abbildung 1.20: Maxwell verteilte Geschwindigkeit
Hieraus lässt sich mit der Beziehung
r
VT ≈
kT
m
λT = √
h
mkT
die thermische de Broglie Wellenlänge berechnen:
Dies ist wichtig für die Behandlung von Plasmen oder von Sternen und Planeten. Unserer Entartungsparameter
sagt uns nun, dass quantenmechanische Eigenschaften wichtig werden, wenn
nλ3T & 1
gilt.
Grenzen der klassischen Physik: Fazit
Dualismus von Welle und Teilchen bedeutet, dass Licht und Teilchen beide sowohl Licht- als auch Teilcheneigenschaften besitzten.
1. Licht
• Welleneigenschaften: ω, k
• Teilcheneigenschaften (Photonen): E = ~ω, p = ~k
2. Teilchen
• Teilcheneigenschaften: E, p
• Welleneigenschaften: λ =
2π
k
=
h
mv
Hiermit können wir Quanteneffekte durch diese naive Theorie “beschreiben und erklären. Eine Erklärung bzw.
”
Ableitung geschah erst durch die Quantenmechanik, die vor allem von 1926-1928 von Heisenberg, Schrödinger,
Born, Dirac, Pauli, Jordan und vielen anderen geprägt wurde.
16
KAPITEL 1. EINLEITUNG
Kapitel 2
Grundlagen der Quantenmechanik
2.1
Doppelspaltexperiment mit klassischen Teilchen
Nehmen wir eine Quelle, die klassische Teilchen in zufälliger Richtung aussendet. Diese gehen durch einen
Doppelspalt und werden auf einem dahinter liegenden Detektor registriert. Wir führen N unabhängige Schüsse
durch. Wir führen drei Versuchsreihen durch mit:
1. Spalt 2 ist geschlossen. Spalt 1 ist offen.
2. Spalt 1 ist geschlossen. Spalt 2 ist offen.
3. beide Spalte sind geöffnet.
In untenstehender Abbildung ist der Versuchsaufbau sowie die gemessene Auftreff-Verteilung skizziert.
Abbildung 2.1: Doppelspaltexperiment mit klassischen Teilchen
Das Einzelereignis (Auftreff-Ort x) ist nicht vorhersagbar. Aus der vom Detektor gemessenen absoluten AuftreffHäufigkeit ∆N (x) gewinnen wir eine Wahrscheinlichkeitsverteilung durch Erhöhung der Durchführungen N des
Versuchs und Mittelung über die Messwerte. Es ergibt sich für die drei Versuchsdurchführungen:
1. Die Wahrscheinlichkeit, dass das Objekt am Ort x auftrifft und durch den Spalt 1 gegangen ist, beträgt:
dP1 (x) = lim
N →∞
∆N1 (x)
N
2. Die Wahrscheinlichkeit, dass das Objekt am Ort x auftrifft und durch den Spalt 2 gegangen ist, beträgt:
dP2 (x) = lim
N →∞
∆N2 (x)
N
3. Im diesem Versuch geht das Objekt entweder durch Spalt 1 oder durch Spalt 2. Das Experiment zeigt:
dP1,2 = dP1 (x) + dP2 (x)
= lim
N →∞
(2.1)
∆N1 (x) + ∆N2 (x)
N
Wir halten also fest, dass die Gesamtwahrscheinlichkeit für klassische Teilchen die Summe der Einzelwahrscheinlichkeiten ist. Außerdem ist die relative Auftreff-Häufigkeit (Wahrscheinlichkeit) vorhersagbar. Dies macht
Wahrscheinlichkeitstheorie zur Beschreibung nötig.
17
18
2.2
KAPITEL 2. GRUNDLAGEN DER QUANTENMECHANIK
Einschub: Wahrscheinlichkeits-Theorie
Allgemeiner diskreter stochastischer Prozess
Wir haben Ereignisse x1 , ..., xk . Man nennt x = {x1 , ..., xk } ein Ereignisfeld. Nach dem Beispiel von oben können
wir uns Spalte x1 bis xk vorstellen. Eine Messung ist nun eine wiederholte Registrierung von Einzelereignissen
und einem Mittelung.
Nr. Messung
x1
x2
1
2
..
.
...
xk
x
x
N
x
Summe
N1
N2
Nk
Tabelle 2.1: Messtabelle für das Ereignisfeld x
Offensichtlich gilt folgende Normierung:
N=
k
X
i=1
Die Wahrscheinlichkeit pi des i-ten Ereignisses erhält man durch:
lim
N →∞
Ni
= pi
N
Jetzt folgt:
k
X
pi = 1
(2.2)
0 ≤ pi ≤ 1
(2.3)
i=1
Und für jedes 1 ≤ i ≤ k gilt:
Hierbei nennt man p = 0 ein unmögliches Ereignis und p = 1 ein sicheres Ereignis.
Mittelwerte physikalischer Größen: Nehmen wir an jedes Ereignis xi ist mit der Messung einer Energie
Ei verknüpft. Der Erwartungswert für die Energie ist dann:
hEi =
N
1 X
Ei
N i=1
Sortieren wir dies nach den möglichen Ereignissen um, so erhalten wir:
hEi =
=
k
1 X
Ei Ni
N i=1
k
X
Ei
i=1
Ni
N
Für den Grenzwert N → ∞ erhalten wir dann:
hEi =
k
X
i=1
Ei pi
(2.4)
2.2. EINSCHUB: WAHRSCHEINLICHKEITS-THEORIE
19
Kontinuierliches Ereignisfeld
Nun haben wir nicht mehr endlich viele diskrete Ereignisse, sondern eine kontinuierliche Verteilung. In obigen
Beispiel könnte man sagen, dass es immer mehr immer kleinere Spalte gibt.
Abbildung 2.2: kontinuierliche Wahrscheinlichkeitsdichte
Mit der Wahrscheinlichkeitsdichte ρ(x) ist die Wahrscheinlichkeit einen Messwert im Intervall [x1 , x2 ] zu registrieren:
Zx2
P (x1 ≤ x ≤ x2 ) = ρ(x)dx
x1
Die Wahrscheinlichkeit der Ereignisses x ist dann:
Zx
P (x) =
ρ(x0 )dx0
0
Differenziert man dies an der oberen Grenze so erhält man eine alternative Definition der Wahrscheinlichkeit:
ρ(x) =
dP (x)
dx
Ist die Zufallsgröße x verteilt von 0 bis L so erfolgt die Normierung über:
ZL
1=
ZL
dP (x) =
0
ρ(x)dx
0
Der Mittelwert berechnet sich analog zur Summe im diskreten Fall zu:
ZL
< E >=
E(x)ρ(x)dx
0
Abhängige Einzelereignisse
Stellen wir uns nun zwei überlappende Spalte vor:
1 :x ∈ [xa , xb ]
2 :x ∈ [xc , xd ]
Abbildung 2.3: Zwei sich überlappende Spalte
Die Wahrscheinlichkeit, dass etwas durch Spalt 1 geht ist:
P1 = P (xa ≤ x ≤ xb )
20
KAPITEL 2. GRUNDLAGEN DER QUANTENMECHANIK
Die Wahrscheinlichkeit, dass etwas durch Spalt 2 geht ist:
P2 = P (xc ≤ xd )
Die Wahrscheinlichkeit P1,2 , dass das Objekt entweder durch Spalt 1 oder durch Spalt 2 geht ist nun:
P1,2 = P1 + P2 − P (1 ∪ 2)
= P1 + P2 − P (xc ≤ x ≤ xb )
Die Überlapp Menge der Ereignisse ist:
xc ≤ x ≤ xb
Diese Doppelzählung muss in P1,2 berücksichtigt werden.
2.3
Doppelspaltexperiment mit Wellen
Nun betrachten wir das Doppelspaltexperiment, welches wir zuvor für klassische Makroteilchen behandelt haben
für Wellen. Der Versuchsaufbau ist wieder derselbe.
Abbildung 2.4: Doppelspaltexperiment mit Wellen und gemessene Intensitäten
Wir betrachten, wie oben in der Abbildung schon angedeutet, wieder:
1. Spalt 2 ist geschlossen. Spalt 1 ist offen. Wir messen die Intensität I1 (x).
2. Spalt 1 ist geschlossen. Spalt 2 ist offen. Wir messen die Intensität I2 (x).
3. Die Spalte 1 und 2 sind geöffnet. Offensichtlich gilt nicht:
I1,2 6= I1 (x) + I2 (x)
Die Intensität I1,2 kann sogar 0 werden, obwohl die Einzelintensitäten ungleich Null sind. Man beobachtet
hier Interferenz.
Die Erklärung der Elektrodynamik wollen wir an dieser Stelle noch einmal besprechen. Die Maxwell-Gleichungen
im Vakuum genügen einer Wellenlösung E(r, t). Außerdem sind die Maxwell-Gleichungen linear. Also gilt das
Superpositionsprinzip. Sind also E1 (x) und E2 (x) Lösungen der Maxwell-Gleichungen so ist auch
E1,2 (x) = E1 (x) + E2 (x)
Lösung der Maxwell-Gleichungen. Die Koeffizienten wurden hier zu 1 gesetzt.
2.4. DOPPELSPALTEXPERIMENT MIT MIKROTEILCHEN
21
Abbildung 2.5: Superposition und Interferenz zweier Kreiswellen
Setzen wir an
E 1 (x, z, t) = E 10 eiϕ1 (x,z,t)
E 2 (x, z, t) = E 20 eiϕ2 (x,z,t)
mit E10 ,E20 ∈ C, so gilt für das elektrische Feld bei (x, z, t) die Superposition:
E 1,2 (x, z, t) = E 1 (x, z, t) + E 2 (x, z, t)
Hier ist keine Interferenz ablesbar. Die physikalische Messgröße ist hier aber die Intensität I, die proportional
zu |E|2 ist. Berechnen wir diese so gilt mit ∆ϕ = ϕ1 (x, z, t) − ϕ2 (x, z, t):
4π
I1,2 (x, z, t) = (E 1 + E 2 )(E 1 + E 2 )∗
c
= |E 1 |2 + |E 2 |2 + E 1 · E ∗2 + E ∗1 · E 2
∗ i∆ϕ
∗ −i∆ϕ
= |E10 |2 + |E20 |2 + E10 E20
e
+ E20 E10
e
∗ i∆ϕ
= |E10 |2 + |E20 |2 + 2 · < E10 E20
e
=
I1 + I2
| {z }
klass. Teilchen
+ 2|E10 | · |E20 | · cos ∆ϕ
{z
}
|
Interferenzterm
Man erkennt, dass die Intesität Maxima hat für ∆ϕ = n · π, wobei n gerade ist. Minima der Intensität findet
man für ∆ϕ = n · π für n ungerade.
2.4
Doppelspaltexperiment mit Mikroteilchen
Macht man das Doppelspaltexperiment mit Mikroteilchen wie Elektronen oder Photonen, so erhält man ein
analoges Ergebnis wie für Wellen. Der Unterschied ist nur, dass man statt der Intensität die Wahrscheinlichkeitsdichte ρ misst.
Abbildung 2.6: Doppelspaltexperiment mit Mikroteilchen
Wir nehmen also wieder N wiederholte Messungen, wobei die Einzelereignise diskret und zufällig sind. Anschließend mitteln wir den Auftreffort über sehr viele Messungen (N → ∞).
22
KAPITEL 2. GRUNDLAGEN DER QUANTENMECHANIK
1. ρ1 (x) =
dP1
dx
als Wahrscheinlichkeitsdichte bei geschlossenem Spalt 2.
2. ρ2 (x) =
dP2
dx
als Wahrscheinlichkeitsdichte bei geschlossenem Spalt 1.
3. Sind beide Spalte offen so misst man:
dP1,2 6= dP1 + dP2
Hier gilt also offensichtlich keine Additivität, sondern Interferenz. Es liegt also eine gegenseitige Beeinflussung der beiden Spalte vor und dP1,2 verhält sich wie die Intensität I1,2 bei der elektromagnetischen
Welle.
Das Experiment zeigt also sowohl diskrete Teilcheneigenschaften wie Masse oder Elementarladung als auch Inteferenzeffekte, welche den Welleneigenschaften zuzuordnen sind. Man muss hier festhalten, dass man Interferenz
auch bei einzelnen Teilchen beobachtet. Die Vermutung ist nun, dass die Wahrscheinlichkeitsdichte ähnliche
Eigenschaften hat wie die Intensität des elektromagnetischen Feldes. In Analogie zur Interferenz der Intensität
vermutet man nun
ρ1,2 = ρ1 + ρ2 + 2|ψ1 | · |ψ2 | cos ∆ϕ
wobei die Funktion ψ willkürlich als Wahrscheinlichkeitsamplitude in Analogie zur Feldamplitude der elektromagnetischen Welle eingeführt wurde. Hieraus lassen sich dann weitere Analogien ableiten, die wir in folgender
Tabelle zusammenstellen.
1)
2)
3)
4)
5)
Darstellung
Messgröße
Normierung
Superposition
Addition der Messgrößen
EM-Welle
Mikroteilchen
E(r, t) = E 0 eiϕ(r,t)
t) = E · E ∗
αI(r,
R
I(x)dx ∝ Wel
E 1,2 (r, t) = E 1 (r,√
t) +√E 2 (r, t)
I1,2 = I1 + I2 + 2 I1 I2 cos ∆ϕ
ψ(r, t) = ψ0 eiϕ(r,t)
∗
ρ(x,
R t) = ψ(x,Rt) · ψ (x, t)
ρ(x, t)dx = dP = 1
ψ1,2 (r, t) = ψ1 (r, t) + ψ2 (r, t)
ρ1,2 = ρ1 + ρ2 + 2|ψ1 | · |ψ2 | cos ∆ϕ
Tabelle 2.2: Analogie zwischen Mikroteilchen und EM-Wellen
Also ersetzt eine elementare Beschreibung der Welleneigenschaften von Mikroteilchen mit einer Wahrscheinlichkeitsamplitude ψ(r, t) die klassischen Trajektorien. Wir haben also im Gegensatz zur klassischen Mechanik eine
räumliche Delokalisierung. Offen ist nun noch die Bewegungsgleichung für ψ(r, t).
2.5
Die Schrödingergleichung
Nach den vorigen Ergebnissen ist die Aufenthaltswahrscheinlichkeit eines Mikroteilchens am Ort r im Volumen
∆V bestimmt durch die Wahrscheinluchkeitsdichte ρ(r, t) = |ψ(r, t)|2 . Die Wahrscheinlichkeit das Teilchen i
dann im Volumen ∆V ⊂ V zu finden ist dann:
Z
P (i ∈ ∆V ) =
|ψ(r, t)|2 dr
∆V
Für die Aufenthaltswahrscheinlichkeit im Gesamtvolumen V (sicheres Ereignis) gilt dann:
Z
V
ψ(r)ψ ∗ (r)dr = 1
2.5. DIE SCHRÖDINGERGLEICHUNG
23
Abbildung 2.7: Volumen ∆V im Gesamtsystem V
Wir versuchen nun die Bewegungsgleichung für ψ(r, t) zu finden. Dies werden wir wieder in Analogie zur
Elektrodynamik tun. Nehmen wir zunächst den eindimensionalen Fall einer ebenen Welle:
E(x, t) = E 0 e−iωt+ikx
Diese war Lösung der Wellengleichung:
2
∂2E
2∂ E
=
c
∂t2
∂x2
(2.5)
Die Lösbarkeitsbedingung hierfür war die sogenannte Dispersionsrelation, welche man durch Einsetzen findet:
ω(k) = c · k
(2.6)
Aus den bereits besprochenen Experimenten zu den Eigenschaften von Mikroteilchen wissen wir:
E
~
p
k=
~
ω=
Setzen wir dies ein so erhalten wir ψ für ein Mikroteilchen:
E
p
ψ(x, t) = ψ0 e−i ~ t+i ~ x
(2.7)
Wir wissen jedoch auch, dass die Dispersion für nicht relativistische Teilchen quadratisch ist:
E(p) =
p2
2m
(2.8)
Dies ist ein wichtiger Unterschied zur elektromagnetischen Welle. Die Bewegungsgleichung für ψ muss also von
der Wellengleichung abweichen. Um diese Bewegungsgleichung zu finden berechnen wir:
∂ψ
i
=− E·ψ
∂t
~
∂2ψ
1
2mE
= − 2 p2 · ψ = − 2 · ψ
2
∂x
~
~
Formen wir die linken Seiten so um, dass wir die rechten Seiten gleichsetzen können so erhalten wir die von
E.Schrödinger 1926 gefunden Gleichung. Wir verallgemeinern sofort auf dreidimensionale Probleme.
Die Schrödingergleichung (SGL) für ein freies Teilchen ist:
i~
∂ψ
~2 2
(r, t) = −
∇ ψ(r, t)
∂t
2m
(2.9)
Die Lösung dieser Gleichung kennen wir ja bereits. Zur vollständigen Lösung brauchen wir nun noch Anfangsbedingungen (ψ(r, t = 0)) und Randbedingungen (ψ(r, t)|Γ , ∇ψ(r, t)|Γ ). Hierbei ist Γ der Rand. Die obige
Gleichung ist anders als für elektromagnetische Wellen 1.Ordnung in t. Sie ähnelt damit der Diffusionsgleichung
24
KAPITEL 2. GRUNDLAGEN DER QUANTENMECHANIK
und wir werden in der Tat später ein Auseinanderlaufen der Wellenfunktion sehen. Die Schrödingergleichung
ist in ihrer Analogie begründbar aber nicht ableitbar. Sie ist das Grundpostulat der Quantenmechanik wie die
Newtonschen Gleichungen die Grundpostulate für die klassische Mechanik waren. Von der obigen Lösung dieser
Gleichung können wir den Zeitanteil zum Parameter E separieren:
i
ψ(r, t) = e− ~ E·t · ψE (r)
Setzen wir dies in die Schrödingergleichung ein so erhalten wir:
i
i
~2 2
i
∇ ψE (r)e− ~ E·t
i~ − E e− ~ E·t ψE (r) = −
~
2m
~2 2
EψE (r) = −
∇ ψE (r)
2m
Die stationäre Schrödingergleichung ist gegeben durch:
EψE (r) = −
~2 2
∇ ψE (r)
2m
(2.10)
Bisher haben wir nur freie Teilchen betrachtet. Jetzt wollen wir die auf Teilchen in einem externen Feld erweitern.
Die Hypothese ist, dass man die Energie, welche bisher nur durch die kinetische Energie gegeben war, durch die
Gesamtenergie ersetzt. Also E → E + V (r).
Die stationäre Schrödingergleichung für ein Teilchen im externen Potential V (r) ist:
~2 2
∇ + V (r) ψE (r) = EψE (r)
−
2m
Die zeitabhängige Schrödingergleichung für ein Teilchen im externen Potential V (r) ist:
∂
~2 2
i~ ψ(r, t) = −
∇ + V (r) ψ(r, t)
∂t
2m
(2.11)
(2.12)
Die obigen Gleichungen sind lediglich Postulate. Diese sind aber gut durch Experimente bestätigt.
Eigenschaften der Schrödingergleichung:
Schrödingergleichung.
Betrachten wir ein paar Eigenschaften der oben besprochenen
1. Die Lösung hat die Form
i
ψE (r, t) = e− ~ E·t ψE (r)
2. Die Linearität der Schrödingergleichung liefert das Superpositionsprinzip. Sind also ψ1 und ψ2 Lösungen
der Schrödingergleichung so ist auch
ψ = c1 ψ1 + c2 ψ2
mit c1 , c2 ∈ C Lösung der Schrödingergleichung.
3. Wegen der Normierungsbedingung
Z
|ψ|2 d3 r = 1
erhält die Schrödingergleichung die Teilchenzahl. Dies ist die globale Teilchenzahlerhaltung. In Analogie
zur Elektrodynamik betrachten wir nun eine lokale Teilchenzahlbilanz bzw. Wahrscheinlichkeitsdichtebilanz. In der ED galt:
∂ρ
+ div j = 0
∂t
2.5. DIE SCHRÖDINGERGLEICHUNG
25
Hierbei war ρ die Ladungsdichte und j die Stromdichte. Wir beweisen nun die folgende Behauptung.
Behauptung: Ist ρ die Wahrscheinlichkeitsdichte und j(r, t) die Wahrscheinlichkeitsstromdichte mit
j(r, t) =
~
(ψ ∗ ∇ψ − ψ∇ψ ∗ )
2mi
so erfüllen ρ und j die Kontinuitätsgleichung.
Beweis:
∂
∂
ρ = (ψψ ∗ )
∂t
∂t
= ψ̇ψ ∗ + ψ ψ̇ ∗
Die komplex konjugierte Schrödingergleichung ist:
~2 2
∇ + V ψ∗
−i~ψ̇ ∗ = −
2m
Setzt man diese und die normale Schrödingergleichung oben ein, so erhält man:
∂
i
~2 2
~2 2
∗
ρ=− ψ −
∇ +V ψ−ψ −
∇ + V ψ∗
∂
~
2m
2m
i~ ∗ 2
ψ ∇ ψ − ψ∇2 ψ ∗
=−
2m
i~
=−
[∇(ψ ∗ ∇ψ − ψ∇ψ ∗ ) − (∇ψ ∗ ∇ψ − ∇ψ∇ψ ∗ )]
2m
i~
=−
div(−ψ ∗ ∇ψ + ψ∇ψ ∗ )
2m
Dies war zu zeigen.
Die Wahrscheinlichkeitsdichte ρ und die Wahrscheinlichkeitsstromdichte j mit:
ρ(r, t) = ψ(r, t)ψ ∗ (r, t)
~
j(r, t) =
(ψ ∗ ∇ψ − ψ∇ψ ∗ )
2mi
(2.13)
(2.14)
erfüllen die Kontinuitätsgleichung:
∂
ρ + div j = 0
∂t
(2.15)
4. Die Schrödingergleichung ist reversibel wie auch die Gleichungen der klassischen Mechanik. Betrachte
hierzu die Lösung:
E
ψ(r, t) = ψE (r)e−i ~ t
Die Ersetzung
t → −t
führt dann zu
ψ → ψ∗
Hierbei tritt nur eine Änderung der Phase auf, welche nicht messbar ist. Die Messbaren Größen wie ρ(r, t)
oder j(r, t) ändern sich nicht.
5. Wir können die Schrödingergleichung auch in Operatorform schreiben, wenn wir den sogenannten Hamiltonoperator definieren:
Ĥ = −
~2 2
∇ + V (r)
2m
(2.16)
26
KAPITEL 2. GRUNDLAGEN DER QUANTENMECHANIK
Dieser ist die quantenmechanische Verallgemeinerung der Hamilton-Funktion. Hieraus kann den Operator
der kinetischen Energie ablesen:
T̂ = −
~2 2
∇
2m
Wegen der Analogie zur klassischen Mechanik erwarten wir T̂ =
ablesen:
p̂ =
p̂2
2m
und können den Impulsoperator
~
∇
i
(2.17)
Die Schrödingergleichung in Operatorform sieht dann wie folgt aus:
i~
∂
ψ(r, t) = Ĥψ(r, t)
∂t
6. Betrachten wir nun die stationäre Schrödingerlgleichung in Operatorform:
ĤψE (r, t) = EψE (r, t)
(2.18)
Hierbei ist ψE die stationäre Lösung zum Parameter E. Gleichung 2.18 ist also eine Eigenwertgleichung
der Hamiltonoperators Ĥ. Die Lösungen für so eine Gleichung sind Paare einer Eigenfunktion ψE (r, t)
und einem Eigenwert E:
{E, ψE }
Die Interpretation ist nun das die Eigenwerte E mögliche Energiewerte sind und ihre Eigenfunktion ψE (r, t)
die jeweils zugehörige Ortswahrscheinlichkeit für diese Energie angibt. Nun gibt es zwei Fälle:
(a) Die Energie ist diskret verteilt. Dies tritt z.B im H-Atom auf in denen die diskreten Bohrschen Bahnen
streng aus der Lösung der Eigenwertproblems folgen.
(b) Die Energieverteilung ist kontinuierlich. Ein freies Teilchen kann beispielsweise jede Energie annehmen.
7. Wir müssen noch einige physikalische bzw. mathematische Anforderungen an ψ stellen, damit wir dem
Wahrscheinlichkeitscharakter von ψ und damit ρ gerecht werden.
(a) Die Lösung muss für gegebene Anfangs-und Randbedingungen eindeutig sein.
(b) Wir erwarten Stetigkeit von ψ und ∇ψ damit auch ρ und j stetig sind.
(c) Da wir ψ als Wahrscheinlichkeitsamplitude verstehen, muss
ψ<∞
gelten.
(d) Da mit der Normierung in einem Volumen V für alle Zeiten t
ρ(r, t)dr = 1
gilt, ist umfasst die Menge aller ψ nur quadrat-integrable-Funktionen.
8. Da aufgrund der statistischen Natur der Quantenmechanik nur Mittelwerte von Größen physikalische
Relevanz haben und wir solchen Größen einen Operator zuordnen können, ist der Mittelwert einer Größe
A wie folgt zu berechnen:
Z
< Â >= ψ ∗ (r)Âψ(r)d3 r
2.6
Zeitverhalten eines freien Quanten-Teilchens
Wir betrachten in diesem Abschnitt ein Teilchen, welches nicht mit einem Potential wechselwirkt. Also V (r) = 0.
Die Schrödinger-Gleichung nimmt dann folgende Form an:
i~
∂ψ(r, t)
~2 2
=−
∇ ψ(r, t)
∂t
2m
2.6. ZEITVERHALTEN EINES FREIEN QUANTEN-TEILCHENS
27
Bei t = 0 ist die Wahrscheinlichkeitsamplitude durch ψ0 (r) gegeben. Uns interessiert nun die Zeitentwicklung.
Bevor wir diese errechnen überlegen wir uns das grobe Verhalten. Auf der rechten Seite der obigen SchrödingerGleichung tritt im eindimensionalen Fall die zweite Ableitung der Funktion ψ auf. Die zweite Ableitung einer
Funktion stellt die Krümmung dieser dar. Im unten stehenden Bild ist eine gaußförmige Funktion und ihre
zweite Ableitung skizziert.
Abbildung 2.8: Gaußförmige Wellenfunktion und ihre zweite Ableitung
Betrachten wir nun die linke Seite der Schrödinger-Gleichung und schauen wir uns den Grenzwert für große
Zeiten an, so muss für alle x gelten:
∂
ψ|∞ = 0
∂t
Also ist im Endzustand die erste Ableitung der Wellenfunktion im Ortsraum konstant.
∂
ψ|∞ = const.
∂x
Im Zeitverlauf reduziert sich also die Krümmung unserer Wellenfunktion immer mehr.
Abbildung 2.9: Verbreiterung der Wellenfunktion im Ortsraum
Bei der genauen Berechnung der Wellenfunktion eines freien Teilchen können wir auf die Fourier-Transformation
zurückgreifen. Wir wissen bereits, dass ψ0 von der Form einer ebenen Welle ist. Diese ebenen Wellen bilden ein
vollständiges abgeschlossenes Funktionensystem. Man kann also jede Lösung aus unendlich vielen Partialwellen
überlagern. Transformieren wir also die Ortsabhängigkeit, wobei wir uns auf eine Dimension beschränken:
Z∞
ψ(x, t) =
−∞
1
ψ̃(k, t)eikx dk
2π
28
KAPITEL 2. GRUNDLAGEN DER QUANTENMECHANIK
Dies setzen wir in die obige Schrödinger-Gleichung ein:
Z∞
∂
i~
∂t
1
~2 ∂ 2
ψ̃(k, t)eikx dk = −
2π
2m ∂x2
i~
−∞
Z∞
i~
1
ψ̃(k, t)eikx dk
2π
−∞
−∞
Z∞
Z∞
~2
1 ikx ∂
e
ψ̃(k, t)dk = −
2π
∂t
2m
1 ikx ∂
~2 k 2
e
ψ̃(k, t)dk =
2π
∂t
2m
−∞
Z∞
−∞
Z∞
1
∂
ψ̃(k, t) 2 eikx dk
2π
∂x
1
ψ̃(k, t)eikx dk
2π
−∞
2 2
i~
∂
~ k
ψ̃(k, t) =
ψ̃(k, t)
∂t
2m
Die Schrödinger-Gleichung im k-Raum ist also entkoppelt. Die Lösung dieser entkoppelten Differentialgleichung
finden wir nun einfach über einen e-Ansatz. Wir machen den Ansatz:
ψ̃(k, t) = A(k) · eλ(k)t
Hierbei sind A und λ zunächst unbestimmte Koeffizienten, die jedoch von unserem Parameter k abhängen
können. Einsetzen liefert:
~2 k 2
A(k) · eλ(k)t
2m
~2 k 2
i~λ(k) =
2m
1 ~k 2
λ(k) =
i 2m
~k 2
λ(k) = −i
2m
i~λ(k) · A(k) · eλ(k)t =
Mit der Bezeichnung
ω(k) =
~k 2
2m
hat die Lösung nun die Form:
ψ̃(k, t) = A(k) · e−ω(k)t
Nun müssen wir noch den Vorfaktor A(k) aus der Anfangsbedingung gewinnen. Zur Zeit t = 0 gilt im Ortsraum:
ψ(x, t = 0) = ψ0 (x)
Setzen wir diese Größe in die Fourier-Transformation ein so erhalten wir die Anfangsbedingung im k-Raum:
ψ̃(k, t = 0) = ψ̃0 (k)
Mit t = 0 kann man ψ̃0 (k) mit dem Vorfaktor A(k) identifizieren, sodass die zeitabhängige Lösung im k-Raum
zu
ψ̃(k, t) = ψ̃0 (k) · e−iω(k)t
Für die zeitabhängige Lösung im Ortsraum ist nun ψ̃(k, t) zurück zu transformieren. Die Rücktransformation
geben wir hier in drei Dimensionen an:
Z
1
ψ̃0 (k)ei(k◦r−ω(k)t) d3 k
ψ(r, t) =
(2π)3
2.6.1
Lösung für eine Gauss-Anfangsbedingung
Beschränken wir uns nun wieder auf den eindimensionalen Fall einer ebenen Welle in x-Richtung. Die Fouriertransformation von oben nimmt dann die Form
Z∞
1
ψ(x, t) =
ψ̃0 (k)ei(kx−ω(k)t)
2π
−∞
2.6. ZEITVERHALTEN EINES FREIEN QUANTEN-TEILCHENS
29
an. Hierbei gilt die Dispersionsrelation:
~k 2
2m
ω(k) =
Als Beispiel behandeln wir nun ein Gauss-förmiges Wellenpaket im Impulsraum.
1
ψ̃0 (k) = Ce− 4 σ
2
(k−k0 )2 −ikx0
(2.19)
mit
|ψ̃0 (k)|2 = |C|2 e−
σ2
2
(k−k0 )2
Setzen wir die in die FT ein so erhalten wir:
Z∞
C
ψ(x, t) =
2π
e−
σ2
4
(k−k0 )2 +i[k(x−x0 −ω(k)t]
−∞
Wir entwickeln nun ω(k) um k = k0 . Die Taylorreihe ist nach dem quadratischen Term bereits exakt, da die
dritte Ableitung von ω nach k gleich Null ist.
1 d2 ω dω ~k 2
= ω(k0 ) +
(k − k0 ) +
(k − k0 )2
2m
dk k0
2 dk 2 k0
= ω0 + vG (k − k0 ) + β(k − k0 )2
ω(k) =
Hierbei wurden die folgenden Größen definiert:
~k02
2m
~k0
vG =
m
1 ~
β=
2m
ω0 =
Es ist vG die Gruppengeschwindigkeit. Damit schreibt man die Wellenfunktion mit der Substitution k 0 = k − k0
zu:
2
σ
+ iβt k02 +ik0 [(x − x0 ) − vG t]
−
|
{z
}
Z∞ | 4 {z
}
:=b
C
:=a
· ei[k0 (x−x0 )−ω0 t] dk 0
ψ(x, t) =
e
2π
−∞
Die zweite e-Funktion des obigen Integrals stellt die monochromatische Träger-Welle dar. Ist der Realteil von a
größer als Null so gilt:
Z∞
e
−ax2 +bx
Z∞
dx =
−∞
2
b2
e−a(x− 2a ) e 4a dx
b
−∞
√
=
π b2
e 4a
a
Benutzt man dieses Integral so folgt:
C i[k0 (x−x0 )−ω0 t]
e
ψ(x, t) =
2π
s
σ2
4
((x−x0 )−vG t)2
π
−
σ 2 +4iβt
e
+ iβt
(2.20)
Im Grenzfall, dass 4βt gegen die übrigen Terme vernachlässigt werden kann, identifizieren wir die Phasengeschwindigkeit vph durch:
k0 (x − x0 ) − ω0 = const ⇒ vph =
ω0
k0
30
KAPITEL 2. GRUNDLAGEN DER QUANTENMECHANIK
und die Gruppengeschwindigkeit vG als die Geschwindigkeit mit der sich die Gauß-förmige Funktion verschiebt. Berechnen wir nun die Wahrscheinlichkeitsdichte.
|ψ(x, t)|2 =
=
(x−x0 −vG t)2 2
|C|2
1
−2 σ4 +(4βt)
2 σ
q
e
4π
σ4
2
2
16 + β t
(x−x0 −vG t)2
|C|2
1
−2σ 2 σ4 +16β
2 t2
p
e
π
σ 4 + 16β 2 t2
Die Wahrscheinlichkeitsdichte ist also auch Gauß-förmig. Das Maximum beziehungsweise der Schwerpunkt verschiebt sich mit der Gruppengeschwindigkeit vG :
xmax − x0 − vG t = 0
xmax (t) = x0 + vG t
Die Breite der Wahrscheinlichkeitsdichte ∆x nimmt mit der Zeit zu. Das Wellenpaket zerfließt also. Ein Vergleich
mit
ψ(x, t) = p
1
2π(∆x)2
e
−
(x−x0 −vG t)2
2(∆x(t))2
liefert durch Ablesen
2(∆x)2 =
σ 4 + 16β 2 t2
2σ 2
,woraus
r
∆x =
σ2
4β 2
+ 2 t2
4
σ
(2.21)
folgt. Das Auseinanderfließen des Wellenpaketes nimmt mit der Zeit t zu.
2.7
Wahrscheinlichkeitsamplitude und Unschärfe
Wir wollen qualitativ noch einmal den Begriff der Unschärfe aufgreifen.
A) klassisches Teilchen: Für ein klassisches Teilchen lässt sich im Prinzip die Ortsunschärfe oder Ortsungenauigkeit ∆r und die Impulsunschärfe ∆p beliebig verkleinern.
B) freies Mikroteilchen: Unsere erste Beschreibung eines freien Mikroteilchens haben wir an Hand des
Doppelspaltexperiments mit einer ebenen Welle realisiert. Nun betrachten wir eine ebene Lichtwelle:
E(x, t) = E 0 e−iωt+ikx
Hierbei haben wir nur einen freien Parameter, da
ω(k) = c · k
als Lösbarkeitsbedingung für die Maxwell-Gleichung folgte. Wir bestimmen nun die Frequenz ω und die Wellenzahl k für Mikroteilchen und bringen die Interferenzbilder für Licht und Teilchen für alle x, z und t zur Deckung.
Nun variieren wir die Beschleunigungsspannung U und damit auch die kinetische Energie. Als Resultat erhalten
wir folgende ebene Welle:
ψf rei (x, t) = ψ0 e−i
E(p)
p
~ t+i ~ x
(2.22)
Hieraus folgt dann E = ~ω und p = ~k. Man erhält also das gleiche Resultat wie für Photonen (vergleiche
hierzu Einsteins Erklärung der Photoeffekts). Diskutieren wir nun die Darstellung durch Gleichung 2.22. Die
Aufenthaltswahrscheinlichkeitsdichte ist gegeben durch:
ρf rei (x, t) = |ψf rei |2 = |ψ0 |2
(2.23)
Wir haben also eine Orts- und Zeitunabhängige Aufenthaltswahrscheinlichkeit. Die Impulsunschärfe ist gleich
0, da der Impuls in 2.22 fixiert ist. Da jedoch alle Aufenthaltsorte gleich wahrscheinlich sind gilt für die Ortsunschärfe:
∆x → ∞
2.7. WAHRSCHEINLICHKEITSAMPLITUDE UND UNSCHÄRFE
31
Hierzu sind noch einige Bemerkungen zu machen. Die obige ebene Welle beschreibt eine unendlich ausgedehnte Wahrscheinlichkeitsamplitude, die −∞ < t < ∞ existiert. Dies ist ein Modell, welches physikalische nicht
realisierbar ist (Vergleiche hierzu die divergente Energie einer ebenen monochromatischen Welle in der Elektrodynamik). Auch ist für Gleichung 2.23 die Normierung problematisch. Die korrekte Lösung besprechen wir
später. Kümmern wir uns nun um den realistischen Fall C).
C) Räumlich lokalisiertes Teilchen: Betrachten wir nun ein Mikroteilchen, welches wir räumlich lokalisieren können. Die konnten wir ja zum Beispiel nach der Beugung am Spalt.
Abbildung 2.10: räumliche Lokalisierung durch Beugung am Spalt
Vor der Beugung liegt der gesamte Impuls in x-Richtung vor und wir haben keine Komponente in y-Richtung.
Dafür ist y-Komponente vor der Beugung unscharf. Nach der Beugung können wir den Impuls nur noch durch
0 ≤ |py1 | ≤ py (α1 ) = ∆py
abschätzen. Das heißt indem wir die Ortsunschärfe auf ∆y begrenzt haben hat sich die Impulsunschärfe auf
∆py vergrößert. Aus der Wellenoptik wissen wir:
sin α1 =
λ
d
Und es gilt auch:
py1
= sin α1
|p1 |
Mit Sicherheit gilt auch ∆y & d. Damit haben wir folgende Abschätzung:
∆y · ∆py & d · p1 sin α1
λ
=d·~·k
d
2π
= ~k
k
Wir erhalten also den Spezialfall des allgemeines Gesetzes der Unschärfe von Heisenberg:
∆y · ∆py & h
(2.24)
Eine geringere Unschärfe ist also nicht möglich. Dies ist kein Defizit der Messapparatur oder der Messmethode, sondern eine Eigenschaft der Mikroteilchen. Also auch eine Eigenschaft der Natur. Diese Eigenschaft der
Unschärfe hat jede Welle. Wir müssen hierfür nur oben p durch ~k ersetzen. Man kann die Unschärfe als Eigenschaft der Fourier-Transformation sehen. Sie folgt aus dem Zusammenhang zwischen dem direkten und dem
Fourier-Raum. Schauen wir uns hierzu noch einmal eine monochromatische Welle für ein festes t an.
32
KAPITEL 2. GRUNDLAGEN DER QUANTENMECHANIK
Abbildung 2.11: Monochromatische Welle für ein festes t.
Die Fourier-Transformation liefert eine scharfe Wellenzahl k0 .
Abbildung 2.12: Monochromatische Welle im k-Raum
Die Fourier-Transformation in den Variablen t und ω verläuft analog. Betrachten wir nun nicht mehr eine monochromatische Welle, sondern eine Überlagerung aus mehreren monochromatischen Wellen mit unterschiedlichen
Wellenlängen so ergibt sich ein Wellenpaket mit einer endlichen Breite in x-Richtung.
Abbildung 2.13: nicht monochromatisches Wellenpaket
Dieses hat im Fourier-Raum ebenfalls eine endliche Breite.
Abbildung 2.14: Gaußförmige Verteilung im k-Raum
Für den Zusammenhang der beiden Breiten folgt:
∆x · ∆k = 2π
2.8. TEILCHEN IM KASTENPOTENTIAL. DISKRETES UND KONTINUIERLICHES E-SPEKTRUM 33
Analog gilt für den Zusammenhang des Zeit- und Frequenzraums:
∆t · ∆ω = 2π
2.8
Teilchen im Kastenpotential. Diskretes und kontinuierliches ESpektrum
Wir kommen nun zur ersten physikalische Anwendung der Schrödinger-Gleichung, indem wir ein Mikroteilchen
in einem externen Potential V (x) behandeln. Um dies zu motivieren geben wir zunächst einige Beispiele.
1. Die Elektronen im Atom wechselwirken mit dem Potential, welches durch die Coulombwechselwirkung mit
dem Kern erzeugt wird.
Abbildung 2.15: Wechselwirkungspotential des Elektrons mit dem Atomkern
2. Auch Elektronen in Halbleiter-Nanostrukturen erfahren charakteristische Potentiale.
Abbildung 2.16: Halbleiter-Nanostruktur und zugehöriges Potential
3. Ein weiteres Beispiel sind Quarks in Elementarteilchen und viele andere Prozesse.
Was ist zu erwarten?: Wir werden kurz unsere Erwartungen besprechen, wobei wir auf klassische Teilchen
in einem Potential und auf Licht im Resonator eingehen.
1. Klassisches Teilchen: Hier gilt die Energieerhaltung also:
E=
m 2
v + V (x) = const.
2
Zeichnen wir ein typisches Potential wie in der Abbildung unten so gibt es klassisch 3 Möglichkeiten (nur
zwei sind realisierbar).
(a) Wenn die Gesamtenergie größer als das Maximum des Potentials ist, so liegt eine ungebundene
Bewegung vor.
E > Vmax
34
KAPITEL 2. GRUNDLAGEN DER QUANTENMECHANIK
(b) Liegt die Gesamtenergie auf Höhe des Potentials so gibt es eine gebundene Bewegung und in Folge
dessen Oszillationen mit den Wendepunkten x0 und x1 .
Vmin < E < Vmax
(c) Der Fall
E < Vmin
ist aufgrund der Energieerhaltung nicht möglich, da die kinetische Energie keine negativen Werte
annehmen kann.
Abbildung 2.17: Mögliche klassische Zustände eines Teilchens in einem Potential V (x).
2. Resonator: Wie angekündigt besprechen wir nun noch kurz das Verhalten von Licht im Resonator. Einen
einfachen gedanklichen Aufbau erhält man, wenn man ein den beiden Enden einer Strecke L einen Spiegel positioniert. Das Licht wird dann an den Spiegeln reflektiert und interferiert. Es gibt nur dann keine
Auslöschung, wenn konstruktive Interferenz vorliegt. Man erhält stehende Wellen also für die Resonanzbedingung
E(0) = E(L) = 0
mit
L=n
λ
2
Wir werden im Folgenden verschiedene Varianten des eindimensionalen Kastenpotentials besprechen.
2.8.1
A) Eindimensionaler Potentialkasten mit unendlich hohen Wänden:
Wir kümmern uns also zunächst um ein Potential der Form:
(
−V0
V (x) =
∞
, x ∈ [−a, a]
, sonst
2.8. TEILCHEN IM KASTENPOTENTIAL. DISKRETES UND KONTINUIERLICHES E-SPEKTRUM 35
Abbildung 2.18: Eindimensionaler Potentialkasten mit unendlich hohen Wänden
Die Länge des Kasten ist also l = 2a. Die Bereiche I und III sind nicht zugänglich. Wir müssen also nur den
Bereich II untersuchen. In Bereich II hat der Hamilton-Operator folgende Gestalt:
Ĥ = −
~2 ∂ 2
− V0
2m ∂x2
Damit wird die stationäre Schrödinger-Gleichung im Intervall [−a, a] zu:
~2 ∂ 2
−
−
V
0 ψE (x) = E · ψE (x)
2m ∂x2
~2 00
ψ (x) = (V0 + E)ψE
−
2m E
00
ψE
(x) + αE ψE = 0
mit:
αE = (V0 + E)
2m
≥0
~2
Hierbei ist V0 + E = E − (−V0 ) der Energieabstand von E zu V0 . An die Lösung ψE der obigen Differentialgleichung stellen wir folgende Bedingungen:
• Wie bereits erwähnt sind die Bereiche I und III nicht zugänglich. Damit ist für x ∈
/ [−a, a] ψE (x) = 0.
Da die Wellenfunktion aber stetig sein soll, muss gelten:
ψE (−a) = ψE (a) = 0
• Außerdem gelte wie üblich die folgende Normierungsbedingung:
Za
∗
ψE
(x) · ψE (x)dx = 1
−a
Die Lösung dieser Differentialgleichung erfolgt über einen e-Ansatz:
ψE (x) = Ceµx
Hierbei ist C =const. und µ ein zu berechnender Parameter. Einsetzen in die Differential-Gleichung ergibt:
µ2 + αE = 0
µ2 = −αE
√
µ = ±i αE
Die allgemeine Lösung muss eine Linearkombination dieser beiden Lösungen sein. Setze noch kE =
ψE (x) = C1 eikE x + C2 e−ikE x
√
αE :
36
KAPITEL 2. GRUNDLAGEN DER QUANTENMECHANIK
Hierbei sind C1 , C2 ∈ C zunächst unabhängige Konstanten. Man hat nun noch drei unbekannte Größen in
dieser Funktion zu spezifizieren. Zum Einen sind natürlich C1 und C2 zu bestimmen. Zum Anderen wissen
wir auch noch nicht welche Werte E annehmen kann. In Folge dessen ist also auch noch kE unbestimmt. Diese
Unbestimmtheiten lassen sich nun aus den oben aufgeführten Randbedingungen und der Normierungsbedingung
berechnen. Nutzen wir zunächst die Randbedingungen:
0 = C1 eikE a + C2 e−ikE a
0 = C1 e−ikE a + C2 eikE a
Dies ist ein lineares homogenes Gleichungssystem für C1 und C2 . Es ist genau dann lösbar, wenn die Determinante der Koeffizientenmatrix gleich Null ist. Also
ik a
e E
e−ikE a !
det −ikE a
=0
e
eikE a
Wir erhalten also weiter:
!
0 = e2ikE a − e−2ikE a = 2i sin 2kE a
Also erhalten wir die Lösbarkeitsbedingung zu:
kn =
nπ
nπ
=
2a
l
(2.25)
mit n = 0, ±1, ±2, .... Hierbei haben wir kE → kn vorgenommen um deutlich zu machen, dass die Energie
aufgrund der Lösbarkeitsbedingung nur diskrete Werte annehmen kann:
αn = (V0 + En )
2m nπ 2
=
~2
2a
Die diskreten Energie-(Eigen)Werte erhält man also zu:
En =
~2 n 2 π 2
− V0
2m l2
Setzt man den Potentialnullpunkt so, dass V0 = 0 gilt erhält man:
En =
~2 n 2 π 2
2m l2
(2.26)
In der Unten stehenden Skizze sind die möglichen Energien eingezeichnet. Man beachte, dass die Abstände nicht
äquidistant sind. Die Energie, die zu n = 0 gehört ist eingeklammert, weil wir jetzt feststellen werden, dass
dieser Eigenwert nicht möglich ist.
Abbildung 2.19: Diskretes Energie-Spektrum
Für n = 0 gilt
Ψ0 (x) = C1 + C2 = const.
2.8. TEILCHEN IM KASTENPOTENTIAL. DISKRETES UND KONTINUIERLICHES E-SPEKTRUM 37
Wir müssen aber nicht nur die Randbedingungen, sondern auch die Normierungsbedingung beachten:
Za
1=
|C1 + C2 |2 dx
−a
Hieraus folgt, dass C1 6= 0 und C2 6= 0. Dies widerspricht aber zum Beispiel der Randbedingung ψE (a) = 0.
Der Zustand mit n = 0 ist also nicht möglich. Mikroteilchen besitzen also immer eine positive Energie E > 0
und ein endliches Energieminimum
Emin = E1
und damit ein endliches Impulsminimum:
pmin =
~π
l
Dies ist ein unterschied zur klassischen Mechanik in der Energie und Impuls 0 seien können. Diese Nullpunktsfluktuation ist ein reiner Quanteneffekt. Wir können sie in Zusammenhang mit der Unschärfe erklären. Zuvor
definieren wir Unschärfe noch etwas genauer. Unter Unschärfe einer Größe verstehen wir die Varianz einer Größe.
Für einen Zufallsprozess und die Quantenmechanik beschreibt Zufallsprozesse ist die Varianz einer Größe A:
p
∆A = < (A− < A >)2 >
Da die Mittelwertbildung linear ist gilt:
∆A =
p
< A2 − 2A < A > + < A >2 >
=
p
< A2 > − < A >2
Hierbei verstehen wir unter dem Mittelwert des Quadrats der Größe A:
Z
2
< A >= ψ ∗ (x)A2 ψ(x)dx
Kommen wir nun zurück zur Frage was die Nullpunktenergie mit der Unschärfe zu tun hat. Das Teilchen ist
innerhalb des Kastens unbestimmt. Die Ortsunschärfe ist also ∆x = L. Die Impulsunschärfe ist nun eben dieser
minimal möglicher Impuls ∆p = pm in. Das Produkt der Unschärfen ist dann:
(
pmin · L = h2 , n = 1
∆x · ∆p =
pmin · L > h2 , n > 1
Man bezeichnet den Zustand mit der minimalen Energie auch als Grundzustand und alle weiteren Zustände
mit höheren Energien als angeregte Zustände. Wir finden nun die Eigenzustände ψn (x) zu diesen möglichen
Energien. Hierzu nutzen wir die Symmetrie des System aus. Das Potential ist achsensymmetrisch bezüglich
x = 0.
V (−x) = V (x)
Wir erwarten deshalb dieselbe Symmetrie bei allen physikalisch messbaren Größen. Insbesondere gilt also für
die Wahrscheinlichkeitsdichte:
ρ(x) = ρ(−x)
Da die Wahrscheinlichkeitsdichte aber gerade das Betragsquadrat der Wellenfunktion ist, existieren 2 Typen
von Lösungen für die Wellenfunktion, die wir mit + für eine gerade Parität und − für eine ungerade Parität
bezeichnen.
1. ψ+ (−x) = ψ+ (x)
2. ψ− (−x) = −ψ− (x)
Ist die Wellenfunktion gerade (Fall 1) so folgt aus der Konstruktion von ψ:
C1 = C2
Ist die Wellenfunktion dagegen ungerade (Fall 2) so gilt:
C1 = −C2
Hieraus ergibt sich:
38
KAPITEL 2. GRUNDLAGEN DER QUANTENMECHANIK
1. Ist C1 = C2 so ergibt sich ebenfalls nach Konstruktion:
ψn+ = 2C1 cos(kn x)
Damit hier noch die Bedingung ψn+ (a) = 0 erfüllt ist muss n ungerade sein. Man überprüfe dies an der
Definition von kn .
2. Gilt C1 = −C2 , so gilt:
ψn− (x) = 2iC1 sin(kn x)
In diesem Fall muss n gerade sein für die Gewährung der Randbedingungen.
Nun ist nur noch C1 aus der Normierung zu finden:
Za
1=
4|C1 |2 cos2 (kn x)dx
−a
= 4|C1 |
2
Za
1
(1 + cos(2kn x)dx
2
−a
1 = 4|C1 |2 a
1
|C1 | = √
2 a
Man kann sich leicht davon überzeugen, dass dies nicht nur für die ungeraden n gilt, sondern auch für die
geraden n und damit für alle n ∈ N. Da die Phase der Konstante C1 irrelevant für alle Observablen ist, setzen
wir diese zu Null und können
1
C1 = √
2 a
schreiben. In unten stehender Abbildung sind die Eigenfunktionen der verschiedenen Eigenwerte n skizziert.
Abbildung 2.20: Eigenfunktionen ψn
Hat ein Zustand mehr Knoten (Nullstellen) in [−a, a] so besitzt er eine höhere Krümmung und damit nach der
Schrödinger-Gleichung eine größere Energie. Wir haben nur als die vollständige Lösung der Problems gefunden:
{(E1 , ψ1 ), (E2 , ψ2 ), ...}
Nun verbleibt die Frage, welcher der Zustände realisiert wird. Alle Paare (En , ψn ) sind gleichberechtigte Lösungen
der stationären Schrödinger-Gleichung. Aus der Linearität ebendieser ergibt sich mit dem Superpositionsprinzip
die allgemeine Lösung zu:
Ψ=
∞
X
n=1
Dn ψn (x)
(2.27)
2.8. TEILCHEN IM KASTENPOTENTIAL. DISKRETES UND KONTINUIERLICHES E-SPEKTRUM 39
mit Dn ∈ C. Die allgemeine Lösung ist also ein gemischter Zustand. Der Spezialfall ist ein reiner Zustand bei
Dn = δn,l . Da die Zustände aber eine Orthogonalsystem in [−a, a] bezüglich des Skalarproduktes
Za
ψn ◦ ψm =
ψn∗ · ψm dx
−a
bilden oder leicht orthogonalisierbar sind, gilt:
Z
ψn∗ (x)ψm (x)dx = δn,m
In der Normierung gilt:
Z
1=
=
|Ψ(x)|2 dx
∞
X
|Dn |2
n=1
Z
|ψn |2 dx
| {z }
=1
Damit ist |Dn |2 die Wahrscheinlichkeit der Realisierung oder der Besetzung des Zustandes n. Die aktuellen Werte
dieser Wahrscheinlichkeiten sind abhängig von der Präparation im Experiment. Die zeitabhängige Lösung ist
gegeben durch:
Ψ(x, t) =
∞
X
Dn ψn (x)e−i
En
~
t
n=1
2.8.2
B) Eindimensionaler Potentialskasten mit endlicher Tiefe
Der zuvor besprochene Fall mit unendlich hohen Wänden war ein Modellfall, der einige Effekte ausschließt. So
kann das Teilchen den Kasten nicht verlassen und es sind nur gebundene Bewegungen erlaubt. Wir kommen
nun zum allgemeineren Fall einer endlichen Potentialhöhe/ -tiefe. Trotzdem hat die zur mathematischen Erleichterung senkrecht angenommene Form des Potentials immer noch Modellcharakter. Definieren wir nun also
ein Potential der Form:
(
−V0 , −a ≤ x ≤ a
V (x) = −V0 Θ(a − |x|) =
0
,x ∈
/ [−a, a]
Die Raumbereiche I und III sind nun zugänglich. Wie im Klassischen sind in der Skizze verschieden Energien
eingezeichnet.
Abbildung 2.21: endlicher Potentialkasten
1. Der Fall der Energie E1 < −V0 ist unmöglich, da v 2 > 0 gilt.
2. Ist −V0 ≤ E ≤ 0, so liegt eine gebundene Bewegung vor und wir erwarten diskrete Energien wie im vorigen
Abschnitt.
3. Im Fall E > 0 liegt eine ungebunden Bewegung vor und man spricht hier auch von Streuzuständen.
Je nachdem welche Energie vorliegt haben werden wir qualitativ unterschiedliches Verhalten finden. Es liegt
nahe das Problem zunächst in jedem Raumbereich einzeln zu lösen und die Lösungen dann zu verknüpfen.
Hierfür benötigen wir aber noch Bedingungen für x = a und x = −a. Hierbei hilft uns der folgende Satz.
40
Satz:
KAPITEL 2. GRUNDLAGEN DER QUANTENMECHANIK
Die Funktionen Ψ(x) und Ψ0 (x) sind in a und −a stetig.
Beweis: Angenommen unsere Wellenfunktion macht an der Stelle a einen Sprung. Dann ist sie proportional
zur Theta-Funktion. Also:
ψ(x) ∝ Θ(x − a)
Dann folgt:
ψ 00 (x) ∝
d
δ(x − a)
dx
Genauso folgt aus
ψ 0 (x) ∝ Θ(x − a)
auch:
ψ 00 (x) ∝ δ(x − a)
Dies ist aber ein Widerspruch zur Schrödinger-Gleichung, welche besagt:
ψ 00 (x) = −
2m
(E − V (x))ψ(x)
~
Also darf ψ 00 (x) nur einen endlichen Sprung haben und damit darf ψ 0 (x) maximal einen Knick haben.
B1) Energie unterhalb des Kastenmaximums
Wir betrachten nun also den 2. oben aufgelisteten Punkt der Energie E2 :
−V0 ≤ E ≤ 0
Wir berechnen wie in A) die Lösung der Schrödinger-Gleichung in den Bereichen I-III einzeln und verknüpfen
diese dann. Die Verknüpfungsbedingungen sind nach oben bewiesenen Satz:
ψI (−a) = ψII (−a)
(2.28)
ψI0 (−a)
(2.29)
=
0
ψII
(−a)
ψII (a) = ψIII (a)
(2.30)
0
ψII
(a)
0
ψIII
(a)
(2.31)
|ψ(x)|2 dx
(2.32)
lim ψIII (x) = 0
(2.33)
lim ψI (x) = 0
(2.34)
=
Außerdem gilt noch die Normierungsbedingung:
Z∞
1=
−∞
Damit dieses erfüllt sein kann fordern wir noch:
x→∞
x→−∞
Damit haben wir insgesamt 7 Bedingungen, die unsere Lösung erfüllen muss. Die Schrödinger-Gleichung hat in
den Bereichen I und III die Form:
00
ψI/III
(x) +
2m
EψI/III (x) = 0
~2
Allerdings ist E < 0 und wir können daher auch schreiben:
00
ψI/III
(x) −
2m
|E|ψI/III (x) = 0
~2
2.8. TEILCHEN IM KASTENPOTENTIAL. DISKRETES UND KONTINUIERLICHES E-SPEKTRUM 41
Definiert man nun
r
κ=
2m
|E|
~2
(2.35)
so ist κ ∈ R und die Differentialgleichung nimmt die folgende Form an:
00
(x) − κ2 ψI/III (x) = 0
ψI/III
(2.36)
In Bereich II haben wir eine zu A) analoge Differentialgleichung:
00
ψII
(x) + q 2 ψII (x) = 0
(2.37)
mit
r
q=
2m
(E + V0 )
~2
(2.38)
mit q ∈ R. Über den e-Ansatz findet man die Lösung der Differentialgleichungen 2.36 und 2.37. Hierbei müssen
die Koeffizienten in den Bereichen I und III nicht gleich sein, da die Randbedingungen für entsprechend andere
Lösungen sorgen können. Wir erhalten die Lösungen zu:
ψI (x) = A1 eκx + B1 e−κx
ψII (x) = A2 e
iqx
ψIII (x) = A3 e
κx
(2.40)
−κx
(2.41)
+ B2 e
+ B3 e
(2.39)
−iqx
Wir haben nun die 6 unbekannten Koeffizienten A1 , A2 , A3 , B1 , B2 , B3 und wissen noch nicht welche Werte die
Energie E annehmen darf. Hierfür haben wir 7 Nebenbedingungen. Ziel ist es nun mit diesen Bedingungen die
Lösungen genauer zu bestimmen. Zuerst benutzen wir die Bedingungen 2.33 und 2.34. Offensichtlich müssen
dann der Koeffizient A3 und der Koeffizient B1 Null sein, damit die E-Funktionen im Unendlichen normierbar
bleiben. Unsere Lösungen haben nun die Form:
ψI (x) = A1 eκx
ψII (x) = A2 eiqx + B2 e−iqx
ψIII (x) = B3 e−κx
Da wir wieder die Symmetrie V (x) = V (−x) vorliegen haben gehen wir wieder davon aus, dass die messbaren
Größen ebenfalls diese Symmetrie aufweisen. Für die Wellenfunktion bedeutet dies:
|ψ(x)|2 = |ψ(−x)|2
(2.42)
Hierbei ist dann die zusammengesetzte Lösung aus den drei Teilbereichen gemeint. Aus dieser Forderung ergeben
sich wieder die gerade Lösung
ψ+ (x) = ψ+ (−x)
und die ungerade Lösung
ψ− (x) = −ψ− (−x)
Gerade Lösung: Wir betrachten also zunächst die Lösung ψ+ (x). Aufgrund der Achsensymmetrie müssen
dann bei Vorzeichenwechsel des x die Wellenfunktion des Bereiches III in die Wellenfunktion des Bereiches I
übergehen. Dies ist nur erfüllt für:
A1+ = B3+
Ebenso muss die Wellenfunktion in Bereich II ebenfalls achsensymmetrisch um x = 0 sein. Hieraus folgt dann:
A2+ = B2+
Für die gerade Lösung nehmen unsere drei Teillösungen also folgende Form an:
ψI+ (x) = A1+ eκ+ x
ψII+ (x) = 2A2+ cos(q+ x)
ψIII+ (x) = A1+ e−κ+ x
42
KAPITEL 2. GRUNDLAGEN DER QUANTENMECHANIK
Setzen wir nun unsere Randbedingungen (Stetigkeit der Funktion und der Ableitung) für −a ein, so erhalten
wir folgende Gleichungen:
A1+ e−κ+ a − 2A2+ cos(q+ a) = 0
A1+ · κ+ e−κ+ a − 2q+ A2+ sin(q+ a) = 0
Also haben wir wieder ein homogenes lineares Gleichungssystem für A1+ und A2+ dessen Lösbarkeitsbedingung
über die Determinante gegeben ist:
−κ a
e +
−2 cos(q+ a)
0 = det
κ+ e−κ+ a −2q+ sin(q+ a)
= −q+ sin(q+ a)e−κ+ a + κ+ cos(q+ a)e−κ+ a
κ+
tan(q+ a) =
q+
Die Lösbarkeitsbedingung der geraden Lösungen und damit die Einschränkungen der möglichen Energie
Eigenwerte E+ ist gegeben durch:
tan(q+ a) =
κ+
q+
(2.43)
Aus dem obigen Gleichungssystem kann man jetzt noch A2+ mit A1+ in Beziehung setzen. Es ergibt sich:
A2+ =
A1+ e−κ+ a
2 cos(q+ a)
Der letzte unbekannt Koeffizient A1+ ergibt sich dann aus der Normierung, welche wir hier kurz vorführen.
Z∞
1=2
|ψ+ (x)|2 dx
0
Za
Z∞
2
|ψII+ (x)| dx + 2
=2
a
0
=8
|ψIII+ (x)|2
A1+
2
2 e−κ+ a
cos(q+ a)
2 Za
2
cos (q+ x)dx =
2A21+
0
e−2κ+ a
1
=
2A21+
cos2 (q+ a)
inf
Z ty
e−2κ+ x dx
a
a
1
1 −2κ+ a
+
sin(2q+ a) +
e
2 4q+
2κ+
Hieraus ergibt sich dann die Lösung für A1+ (E).
Ungerade Lösung: Aufgrund der Punktsymmetrie von ψ− (x) folgt analog zu obigen Überlegungen A2− =
−B2− und A1− = −B3− . Unsere Teillösungen sehen dann wie folgt aus:
ψI− (x) = A1− eκ− x
ψII− (x) = 2iA2− sin(q− x)
ψIII− (x) = −A1− e−κ− x
Nutzen wir nun die Randbedingungen bei a so erhalten wir das folgende lineare homogene Gleichungssystem
für A1− und A2− :
−A1− e−κ− a − 2iA2− sin(q− x) = 0
A1− κ− e−κ− a − 2iq− A2− cos(q− a) = 0
Analog zu vorigen Überlegungen erhält man durch Bilden der Determinanten die Lösbarkeitsbedingung.
2.8. TEILCHEN IM KASTENPOTENTIAL. DISKRETES UND KONTINUIERLICHES E-SPEKTRUM 43
Die Lösbarkeitsbedingung der ungeraden Lösungen und damit die Einschränkungen der möglichen Energie
Eigenwerte E+ ist gegeben durch:
cot(q− a) = −
κ−
q−
(2.44)
Auch kann man wieder
A2 − = i
A1− e−κ− a
2 sin(q− a)
schreiben und der Koeffizient A1− folgt dann wieder analog zu oben aus der Normierung.
Bestimmung der Energie-Eigenwerte und Abhängigkeit vom Potential:
wir für den Fall −V0 ≤ E ≤ 0 wieder ein diskretes Energie-Spektrum En mit
Wie schon erwähnt erwarten
−V0 ≤ En ≤ 0
Dieses Spektrum muss sich aus den Lösbarkeitsbedingungen für die gerade und ungerade Lösung ergeben (Gleichung 2.43 und Gleichung 2.44). Es ist hierzu zweckmäßig sich die Definitionen von κ und q in Erinnerung zu
rufen:
r
2m
|E|
κ=
~2
r
2m
q ==
(E + V0 )
~2
Wie leicht zu sehen ist haben beide Größen die gleiche Einheit. Diese ist:
r
kg
J
[κ] =
J 2 · s2
r
kg
=
J · s2
s
kg s2
=
s2 kg · m2
1
=
m
Wir können also die dimensionslosen Größen u und v definieren:
un± = κn± a
vn± = qn± a
Wir haben die Definition hier gleichzeitig für den geraden und den ungeraden Fall aufgeschrieben. Außerdem
versehen wir die Größen gemäß unserer Erwartung nach diskreten Energien mit dem Index n. Beachte, dass
un± , vn± ≥ 0 gilt. Die Lösbarkeitsbedingung wird dann für die geraden Funktionen:
vn+ tan(vn+ ) = un+
(2.45)
Für die ungeraden Funktionen ist die Lösbarkeitsbedingung:
vn− cot(vn− ) = −un−
Definiert man weiter, die zur minimalen kinetischen Energie aus A) proportionale Größe, T0 durch
T0 =
~2
>0
2ma2
so gilt
u2n = −
1
En
T0
(2.46)
44
KAPITEL 2. GRUNDLAGEN DER QUANTENMECHANIK
und
vn2 =
Es muss also auch mit w2 :=
V0
T0
1
(En + V0 )
T0
> 0 für alle n gelten:
u2n + vn2 = w2
(2.47)
Dies ist eine Kreisgleichung für die vn und un . Diese muss gleichzeitig erfüllt sein mit 2.45 und 2.46. Hieraus
ergeben sich dann die möglichen diskreten Energien:
En = T0 · vn2 − V0
Dies macht man sich am besten an Hand der folgenden Abbildung klar.
Abbildung 2.22: Graphisches Ermitteln der diskreten Energie-Eigenwerte
Die rot gefärbte Funktion stellt vn tan vn dar und die eingezeichneten Kreise sind die Kreisgleichungen. Schnittpunkte der Kreise mit der Funktion ergeben die diskreten Lösungen. Diese erfüllen beide Gleichungen und sind
damit zulässig. Da w proportional zu V0 a2 ist, wächst mit größerem V0 die Anzahl der Schnittpunkte. Je tiefer
das Potential also ist, desto mehr diskrete Energien findet man. Man beachte, dass der Grundzustand E1 immer existiert. Im Grenzfall sehr starker Bindungen erhalten wir das aus A) bekannte Resultat des Kastens mit
unendlich hohen Wänden:
nπ 2
− V0
En → T0
2
Wir schauen uns nun das Energie-Spektrum in Abhängigkeit der zur Potentialstärke proportionalen Größe w
etwas genauer an. Nehmen wir zunächst an, dass w gegen vn geht also klein ist. Dann gilt auch tan vn ≈ vn und
un ≈ vn2 . Also folgt aus u2n + vn2 = w2 :
1 1p
vn2 = − +
1 + 4w2
2 2
≈ w2 − w4 + ...
Allgemein gilt dann:
En
v2
= lim n2 − 1 = −w2 + O(w4 )
w→0 V0
w→0 w
lim
2.8. TEILCHEN IM KASTENPOTENTIAL. DISKRETES UND KONTINUIERLICHES E-SPEKTRUM 45
Betrachten wir nun große w. Dann gilt wie bereits gesagt:
nπ 2 1
En
lim
=
−1
w→∞ V0
2
w
Abbildung 2.23: Darstellung des Energie-Spektrums in Abhängigkeit von w
Fazit: Für Energien E mit −V0 ≤ E ≤ 0 erhalten wir ein diskretes Energie-Spektrum und die Anzahl der
Eigenwerte oder Bindungszustände ist abhängig von der Stärke des Potentials. Für ein gegen Null gehendes
Potential verschwinden die Bindungszustände nacheinander und das Energie-Spektrum geht in ein kontinuierliches Spektrum über. Der Grundzustand E1 verschwindet jedoch nie. Messbar ist hierbei das Verschwinden von
Strahlungslinien gemäß:
Emn = Em − En
mit m > n.
B2) Energie über dem Maximum des Potentials
Wir betrachten nun den Fall der Energie E3 also:
E>0
Wir erwarten ein sogenanntes Streuspektrum (kontinuierlich). Wir haben wieder unsere beiden reellen Parameter
r
2mE
k=
~2
und
r
q=
2m(E + V0 )
~2
mit denen wir die Lösungen beschreiben können. Wir erhalten:

ikx
−ikx

ψI (x) = A1 e + B1 e
ψE (x) = ψII (x) = A2 eiqx + B2 e−iqx


ψIII (x) = A3 eikx + B3 e−ikx
, x < −a
, x ∈ [−a, a]
,x > a
Es gibt nun zwei Fälle. Die Welle kann von links und von rechts einlaufen. Wir wählen im Folgenden links als
die Einfallrichtung. Alle Überlegungen ergeben sich analog auch für die andere Richtung.
Abbildung 2.24: Von links einlaufende Wellenfunktion mit E > 0
46
KAPITEL 2. GRUNDLAGEN DER QUANTENMECHANIK
Es ist klar, dass in diesem Fall B3 = 0 gelten muss. Hierdurch haben wir einen Bruch der Spiegelsymmetrie
und können deren Eigenschaften nicht mehr so einfach ausnutzen. Die Struktur der Lösung der SchrödingerGleichung in den Bereichen I,II und III legt nahe, dass bei x = −a und x = a Reflexion auftritt. Die ist ein
rein quantenmechanischer Effekt und die Rechnung muss er zeigen ob wann und wie stark der Effekt auftritt.
Sei jT die bei a austretende Wahrscheinlichkeitsstromdichte, jR die bei −a zurücklaufende Wahrscheinlichkeitsstromdichte und jein die bei −a einfallende Wahrscheinlichkeitsstromdichte. Seien alle Wahrscheinlichkeitsstromdichte parallel zur x-Achse orientiert. Dann nennen wir
T =
jT
jein
(2.48)
den Transmissionskoeffizienten. Außerdem nennen wir
R=
|jR |
jein
(2.49)
den Reflexionskoeffizienten.
Schauen wir uns nun die entsprechenden Wellenfunktionen an. Der in I rückläufige Anteil wird beschrieben
durch:
ψR = B1 e−ikx
Der transmittierte Anteil ist gegeben durch:
ψT = A3 eikx
Die bei a einfallende Wellenfunktion ist:
ψein
Erinnern wir uns an die Definition der Wahrscheinlichkeitsstromdichte
j=
0
~
(ψ ∗ ψ 0 − ψ ∗ ψ)
2mi
so lassen sich die gesuchten Größen leicht zu
~k
|A1 |2
m
~k
jT =
|A3 |2
m
~k
jR = − |B1 |2
m
jein =
berechnen. Hieraus bilden wir dann den Reflexions- und Transmissionskoeffizienten:
|A3 |2
|A1 |2
|B1 |2
R=
|A1 |2
T =
(2.50)
(2.51)
Man beachte das hierbei immer aufgrund der Teilchenzahlerhaltung
R+T =1
(2.52)
0
gelten muss. Die Koeffizienten folgen nun aus den gewohnten Randbedingungen der Stetigkeit von ψE und ψE
bei a und −a. Es ergibt sich folgendes Gleichungssystem:
B2 eiqa +
0=
A1 e−ika
kB1 eika +qA2 e−iqa − qB2 eiqa +
0=
kA1 e−ika
A2 eiqa − B2 e−iqa + A3 eika =
0
−B1 eika +
0−
A2 eiqa +
iqa
0− A2 qe
B1
A2
−iqa
+B2 qe
B2
ika
+kA3 e
A3
=
0
Inhomogenität
2.8. TEILCHEN IM KASTENPOTENTIAL. DISKRETES UND KONTINUIERLICHES E-SPEKTRUM 47
Wir haben also 4 gesuchte Koeffizienten B1 , A2 , B2 , A3 , die wir in Abhängigkeit von A1 ausdrücken können.
Wir definieren folgende Größen um die Rechnung übersichtlicher zu machen:
u = ka
v = qa
v
q
w= =
u
k
s=w+1
t=1−w
Wir berechnen nun zuerst die Determinante der Koeffizientenmatrix:
iu
−iv
−e
eiv
0 iu e −iv
ue
ve
−veiv
0 1
D = iv
−iv
iu · 2
0
−e
−e
e
a
0
−veiv ve−iv ueiu −1 e−2iv
e2iv
2iu −2iv
e
u ve
−ve2iv
= eiv e−iv 2 −1
−1
a 0
0
−v
v
−2iv
2iv
−1 e
e
0
1 we−2iv −we2iv 0
u2
= 2 e2iu −1
−1
1
a
0
0
−w
w
1
0 0 1 u
Die jeweils ausgeklammerten Faktoren sind hier rot markiert. Weiter gilt bei addieren der vierten Spalte zur
Dritten und Zweiten und Addition der ersten Zeile zur zweiten Zeile:
−1 e−2iv e2iv 0
0 se−2iv te2iv 0
u2
D = 2 e2iu 0
0
1
a
0
0
t
s
1
se−2iv te2iv u2
= − 2 e2iu (−1) t
s a
= −k 2 e2ika · C
Hierbei ist C gegeben durch:
q 2 2iqa q 2 −2iqa
C := 1−
e
− 1+
e
k
k 2
q
q
= −4 cos 2qa + 2i 1 + 2 sin 2qa
k
k
Nach der Cramerschen Regel erhält man nun den i-ten Koeffizienten durch:
Ai =
D̃
D
Hierbei ist D̃ die Determinante derjenigen Matrix in der man in der Koeffizientenmatrix die zweite Spalte durch
die Lösungspalte ersetzt hat. Für A2 ist dies zum Beispiel:
ika
−ika
−e
eiqa
0 ika A1 e −ika
1 ke
A1 ke
−qeiqa
0 A2 =
−iqa
ika 0
−e
e D 0
0
0
qe−iqa keika 2A te2iaq 0
k 2 i(k−q)a 1
0
−1
1
=
e
D
0
w
1
2A1 2 i(k−q)a
q
=
k e
1+
D
k
48
KAPITEL 2. GRUNDLAGEN DER QUANTENMECHANIK
Also gilt:
A2 = −2
q −i(k+q)a
A1 1+
e
C
k
(2.53)
Berechnen wir nun B1 :
A1 e−iu
e−iv
eiv
0 1 kA1 e−iu qe−iv −qeiv
0 B1 =
iv
−iv
iu 0
−e
−e
e
D
0
−qeiv qe−iv keiu A1 e−2iv
e2iv 2
k iu =
e A1 we−2iv −we2iv D
0
−t
−s 2
2
2iA1 k
q
=−
1 − 2 sin 2qa
D
k
Der Koeffizient B1 ist also:
2iA1
B1 =
C
q2
1− 2
k
e−2ika · sin 2qa
(2.54)
Kommen wir zu B2 :
e−iv
we−iv
−eiv
−weiv
iu
−e
k 2 eiu
B2 =
D 0
0
=−
A1 e−iu
A1 e−iu
0
0
0 0 eiu eiu 2A1 k 2 i(u+v)
e
(1 − w)
D
Der Koeffizient B2 ist also:
B2 =
2A1 i(q−k)a q
e
1−
C
k
(2.55)
Berechnen wir nun noch A3 :
iu
−e
2 iu
k e
A3 =
D 0
0
=
e−iv
we−iv
−eiv
−weiv
eiv
−weiv
−e−iv
we−iv
A1 e−iu A1 e−iu 0 0 k2
2A1 · 2w
D
Der letzte Koeffizient A3 ergibt sich dann zu:
A3 = −
4A1 q −2ika
e
C k
(2.56)
Mit diesen Koeffizienten können wir nun das Resultat für den Transmissions- und den Reflexionskoeffizienten
berechnen. Nun wird auch klar warum wir die Koeffizienten in Abhängigkeit von A1 berechnet haben, da dieser
nun überall heraus fällt. Es folgt:
|A3 |2
16 q 2
T =
=
|A1 |2
|C|2 k
und
|B1 |2
4
R=
=
|A1 |2
|C|2
q2
1− 2
k
2
sin2 2qa
Hierbei ist |C|2 :
|C|2 = 16
2
q2
q2
+
4
1
−
sin2 2qa
k2
k2
2.8. TEILCHEN IM KASTENPOTENTIAL. DISKRETES UND KONTINUIERLICHES E-SPEKTRUM 49
Für den Reflexionskoeffizienten R und den Transmissionskoeffizienten T gilt im Fall des endlichen Potentialtopfes mit einer Energie oberhalb des Potentialmaximums:
R=
1
4
q
k
2
sin2 2qa
2
2 sin 2qa
1 q
k
1+ 4 k − q
−
k
q
1
T =
1+
1
4
q
k
−
k
q
2
(2.57)
(2.58)
sin2 2qa
Um uns die genaue Energieabhängigkeit klar zu machen, mussen wir die Größen k und q wieder einsetzen.
Besprechen wir doch zunächst in welchen Fällen die Transmission 1 wird:
• Gilt q = k so ist V0 = 0 und T = 1. Diese Lösung ist trivial.
• Sei nun also q 6= k. Nun gibt es noch die Möglichkeit, dass der Sinusterm Null wird. Dementsprechend
gilt:
T = 1 ⇔ 2qa = nπ
mit n ∈ N. Was bedeutet nun qa =
nπ
2 ?
Es ist nun qa = v genau die in A) eingeführte Größe mit der galt:
En =
nπ 2
2
für den Fall, dass −V0 = −∞ gilt. Hierbei war T0 =
T0 − V0 > 0
~2
2ma2 .
In diesen Fällen tritt also Transmission wie in klassischen Systemen auf. Beschäftigen wir uns mit den Minima
der Transmission. Trägt man den Transmissionkoeffizienten über VE0 auf so erhält man folgende Kurve:
Abbildung 2.25: Abhängikeit der Transmission von E/V0
Die Minima stellen sich ein, wenn der Nenner des Transmissionkoeffizienten besonders groß wird. Also genau
dann, wenn
sin2 2qa = 1
gilt. Also haben wir die Bedingung für ein Minimum:
2qn a = (2n + 1)
π
2
Hieraus folgt für die Energie dieses Minimums:
2 2
1
π
Eminn ) n +
T0 − V0
2
4
50
KAPITEL 2. GRUNDLAGEN DER QUANTENMECHANIK
Wir können dann die Minimal des Transmissionskoeffizienten bestimmen indem wir
qn
kn
2
−
kn
qn
V0
En
=1+
benutzen.
1
Tminn =
1 + 14
= 1+
qn
kn
2
V02
4En (En + V0 )
−1
#−1
V02
4
"
= 1+
n+
1 2 π2
2
4 T0
n+
1
2
π2
4
T0 − V0
Man kann sich die Enstehung der Transmissionsmaxima durch Resonanzen erklären. Es sind die Punkte in
denen die Frequenz der Wellenfunktion für eine stehende Welle mit Bereich über dem Potential sorgt. Es gibt
also keine Interferenzen mit Wellen, welche an der (bei einer von links einlaufenden Welle) Stelle a reflektiert
werden. Die Transmissionswahrscheinlichkeit ist hier dann aufgrund der fehlenden Auslöschung höher.
2.8.3
C) rechteckige Potentialbarriere
Sei nun also V gegeben durch:
(
V0
V =
0
, |x| < a
, sonst
Für eine Energie E1 mit E > V0 erwarten wir eine freie Bewegung und im Fall E2 mit 0 < E < V0 eine in
[−a, a] gedämpfte Bewegung.
Abbildung 2.26: Skizze zur Potentialbarriere
Energie über dem Kastenniveau: Im Falle der Energie E1 ist der Sachverhalt identisch zum Fall B2). Alle
Resultate sind gültig mit
V0 → −V0
Wir erhalten also:
r
2m
E
~2
r
2m
q=
(E − V0 ) ∈ R<k
~2
k=
Der Transmissionskoeffizient wird ebenfalls identisch zu:
T
−1
1
=1+
4
q
k
−
k
q
2
sin2 2qa
2.8. TEILCHEN IM KASTENPOTENTIAL. DISKRETES UND KONTINUIERLICHES E-SPEKTRUM 51
Energie unterhalb des Potentialmaximums: Kommen wir nun zum interessanteren Fall der Energie E2 .
Es gibt in [−a, a] keine freie Bewegung und Ψ fällt ab. Dies bezeichnet man als Tunneleffekt. Man kann dies
ebenfalls auf B) zurückführen indem man die Ersetzung
q = iλ
mit
r
λ=
2m
(V0 − E) ∈ R
~2
durchführt. Die Schrödinger-Gleichung lautet dann:
00
ψII
− λ2E ψIIE = 0
E
Die entsprechende Lösung ist:
ψIIE = A2 eλE x + B2 e−λE x
Mit derselben Rechnung wie in B) erhält man:
1
T =
1+
1
4
λ
k
+
k 2
λ
sinh2 2λa
(2.59)
Trägt man dieses in Einheiten VE0 auf so erhält man die untenstehende Abbildung. Der Bereich [0, 1] ist blau
eingefärbt. Hier ist die Energie kleiner als das Potentialmaximum. Man erkennt eine schwach ansteigende Transmissionswahrscheinlichkeit in diesem Teil. Der rot gefärbte Teil mit E > V0 ist uns bereits aus B) bekannt.
52
KAPITEL 2. GRUNDLAGEN DER QUANTENMECHANIK
Abbildung 2.27: Transmission an einer Potentialschwelle
Der klassische Fall ist gestrichelt eingetragen. Der Parameter α = TV00 ∝ V0 · a2 gibt Höhe und Breite der
Potentialbarriere an. Ist α größer so ist die Tunnelwahrscheinlichkeit geringer. Hierbei war T0 :
T0 =
~2
2ma2
Betrachten wir nun den Grenzfall
r
λa =
V0
E
−
1
T0
T0
Dies ist für V0 E und V0 T0 der Fall. Hier sind die Quanteneffekte dann schwach. Es gilt dann auch
sinh 2λa ≈
1 2λa
e
2
Der Transmissionkoeffizient ist dann exponentiell klein.
T →
16k 2 λ2 −4λa
e
(k 2 + λ2
2.8. TEILCHEN IM KASTENPOTENTIAL. DISKRETES UND KONTINUIERLICHES E-SPEKTRUM 53
Setzt man λ und k ein so erhält man:
E(V0 − E) −4
e
V02
q
T (E) = 16
V0 −E
T0
(2.60)
Verallgemeinerung auf beliebige Barrieren: Das Rechteckpotential war bisher nur die erste grobe Näherung
eines realen Potentials. Wenn wir den Tunneleffekt durch eine beliebig geformtes Potential untersuchen möchten,
müssen wir unsere Resultat verallgemeinern. Wir machen dies durch eine Einteilung in äquidistante Rechtecke
mit der Breite
2a = ∆xi
für i = 1, ..., N .
Abbildung 2.28: Annäherung eines allgemeinen Potentials durch Summe von Rechtecken.
Die Transmission setzt sich nun als Wahrscheinlichkeit aus dem Produkt der Transmissionswahrscheinlichkeiten
der einzelnen Rechtecke zusammen:
T (E) =
N
Y
Ti (E)
i=1
= const · e
2
−~
−→ const · e
N
P
√
2m[V (xi )−E]]∆xi
i=1
2
−~
RL √
2m[V (x)−E]dx
0
Im zweiten Schritt haben wir ∆xi → 0 gehen lassen. Dies ist der Spezialfall einer systematischen quasiklassischen
Theorie (WKB).
2.8.4
Fazit
Wir fassen noch einmal wichtige Punkte dieses Themas zusammen.
• Das Kastenpotential in Form eines Topfes oder einer Schwelle enthält alle typischen Eigenschaften eines
Mikroteilchens in einem externen Potential.
• ψE wird immer aus den Teillösungen konstruiert und diese werden durch die Randbedingungen, dass ψ(x)
und ψ 0 (x) stetig sind, verknüpft.
• Es liegen diskrete und kontinuierliche Energie-Eigenwerte vor.
• Die Transmission und Reflexion verläuft drastische verschieden zur klassischen Theorie.
In der unten stehenden Grafik sind noch einmal die Sachverhalte gemeinsam veranschaulicht.
54
KAPITEL 2. GRUNDLAGEN DER QUANTENMECHANIK
Abbildung 2.29: Von oben nach unten: B1),B2),C1),C2)
2.9
Der harmonische Oszillator
Wir besprechen nun ein realistischeres Potential. Das parabolische Potential der harmonischen Oszillators ist
ein häufig anzutreffender Grenzfall in der Taylor-Entwicklung allgemeiner Potentiale.
1 d2 V dV V (x) = V (0) +
·x+
· x2 + ...
dx 0
2 dx2 0
Ist |V 000 |x |V 00 | so kann diese harmonische Näherung angewendet werden. Dies ist oft zutreffend bei hinreichend kleiner Auslenkung um die Gleichgewichtslage, die durch
dV = F (0) = 0
dx 0
beschrieben wird. Im Folgenden werden wir ohne Beschränkung der Allgemeinheit von V (0) = 0 ausgehen.
Abbildung 2.30: Parabolisches Potential
Beispiele für harmonische Oszillationen sind:
• kleine Schwingungen in Festkörpern (Phononen)
• Molekülschwingungen
2.9. DER HARMONISCHE OSZILLATOR
55
• Confimentpotential (Quarks)
Wir werden das allgemeine harmonische Oszillatorpotential
V (x) =
α 2
x
2
jetzt untersuchen. Der klassische Oszillator wird durch die klassische Hamiltonfunktion
H(x, p) =
p2
mω 2
+
x
2m
2
beschreiben. Hierbei ist ω die Eigenfrequenz mit:
r
ω=
α
m
In der Quantenmechanik hat der Hamilton-Operator Ĥ analog die Form:
p2
mω 2 2
+
x
2m
2
Ĥ =
Die stationäre Schrödinger-Gleichung, also das Eigenwertproblem, ist wie gewohnt:
ĤψE (x) = EψE (x)
2
−
2
m
~ d
ψ + ω 2 x2 ψ = Eψ
2
2m dx
2
(2.61)
Diese Gleichung gilt es nun zu lösen. Wir tun dies in mehreren Schritten.
1. Zunächst führen wir wieder dimensionslose Variablen ein. Als Energieeinheit wählen wir:
E0 =
~ω
2
Die tatsächliche Energie in Einheiten von E0 nennen wir :
=
E
E0
Wir erhalten also:
−
~ d2 ψ
x2
+ mω ψ = ψ
2
mω dx
~
Weiter definieren wir als Längeneinheit
r
x0 =
~
mω
und nennen x in Abhängigkeit dieser Länge u:
u=
x
x0
Wir erhalten die Webersche Differentialgleichung zu:
−
d2 ψ
+ u2 ψ = ψ
du2
(2.62)
Wir erwarten nach den vorigen Abschnitten eine gebundene Bewegung. Die Randbedingungen ergeben
sich aus der Forderung, dass die Wahrscheinlichkeit für ein Eindringen in die klassisch verbotenen Bereich
einem exponentiellen Abfall unterliegt. Es soll also gelten:
lim ψ(u) = 0
u→±∞
(2.63)
Ebenso fordern wir wieder die Normierbarkeit. Da dies wieder eine Differentialgleichung zweiter Ordnung
ist, gibt es wieder zwei unabhängige Lösungen.
56
KAPITEL 2. GRUNDLAGEN DER QUANTENMECHANIK
2. Wir untersuchen nun das asymptotische Verhalten für u → ±∞. In diesem Fall wird unser vernachlässigbar klein gegen den Rest der Gleichung sein und wir erhalten die einfachere Gleichung:
00
ψ∞
− u2 ψ∞ = 0
Diese Gleichung lösen wir mit dem Ansatz:
1
2
ψ∞ ∝ e± 2 u
1
2
Da ψ∞ jedoch endlich sein muss ist nur der Term mit e− 2 u möglich.
3. Den Ansatz für die Gesamtlösung führen wir nun wie folgt an:
2
1
ψ(u) = e− 2 u H(u)
Bevor wir diesen Ansatz in die Schrödinger-Gleichung einsetzen berechnen wir die erforderlichen Ableitungen:
1
2
ψ 0 (u) = −uψ + e− 2 u H 0 (u)
1
2
1
2
1
2
ψ 00 (u) = u2 ψ − ψ − ue− 2 u H 0 (u) − ue− 2 u H 0 (u) + e− 2 u H 00 (u)
2
Setzen wir diese nun ein und kürzen gleich mit e−1/2u so erhalten wir folgende nicht durch elementare
Funktionen lösbare Gleichung:
H 00 (u) − 2uH 0 (u) + ( − 1)H(u) = 0
(2.64)
4. Unser Ansatz für die Funktion H(u) ist nun eine Potenzreihe:
H(u) =
∞
X
an un
(2.65)
n=0
Wir berechnen wieder zunächst die Ableitungen und führen bei der zweiten Ableitung eine Indexverschiebung durch:
H 0 (u) =
2uH 0 (u) =
H 00 (u) =
∞
X
n=1
∞
X
n=1
∞
X
nan un−1
nan un
an n(n − 1)un−2 =
n=2
∞
X
an+2 (n + 1)(n + 2)un
n=0
Setzen wir dies ein so erhalten wir:
∞
X
un [(n + 1)(n + 2)an+2 − 2nan + ( − 1)an ] = 0
n=0
Dies muss nun für alle n seperat erfüllt sein. Umgeformt ergibt uns diese Bedingung eine Referenzformel:
an+2 = an
2n + 1 − (n + 2)(n + 1)
(2.66)
Wir haben also 2 freie Koeffizienten. Die Vorgabe von a0 bestimmt alle geraden n. Diese Funktionen
nennen wir H+ (u). Die Vorgabe von a1 bestimmt alle ungeraden n. Diese Funktionen nennen wir H− (u).
Wir testen nun ob das oben besprochene asymptotische Verhalten durch diesen Ansatz gewährleistet wird.
Wir besprechen die für H+ (u). Die Rechnung erfolgt aber analog für die ungeraden Funktionen.
H+ (u) =
∞
X
a2n u2n
n=0
Für große n gilt
a2n+2
1
→
a2n
n
2.9. DER HARMONISCHE OSZILLATOR
57
Ebenso gilt für große n:
∞
X
2n
a2n u
2n
= a2n u
n=0
u2
u4
+
+ ...
1+
n
n(n + 1)
2
2
u2
Dies ist aber genau die Taylorentwicklung von eu . Nun würde Ψ+ (u) ∝ eu · e− 2 aber divergieren.
Analog würde auch die ungeraden Funktionen divergieren. Der Ausweg ist nun die Forderung, dass die
Reihe abbrechen muss:
∞
X
n=0
→
k
X
n=0
Dies führt dann auf Polynome. Diese haben dann offensichtlich die Eigenschaft, dass ein an 6= 0 existiert
mit al = 0 für alle kl > n. Betrachten wir nun die Referenzformel und setzen an als eben diesen letzten
Koeffizienten ungleich 0. Dann gilt an+2 = 0:
2n + 1 − an = 0
(n + 2)(n + 1)
n = 2n + 1
Im letzten Schritt haben wir das Epsilon wieder mit einem Index versehen um deutlich zu machen, dass
wir nun wieder eine Bedingung gefunden haben, welche nur diskrete Energien erlaubt. Setzen wir nun
wieder die Definition von ein so erhalten wir:
En
= 2n + 1
E0
1
En = ~ω n +
2
(2.67)
mit n ∈ N. Wir haben nun im Gegensatz zum Potentialtopf ein äquidistantes Energiespektrum:
En+1 − En = ~ω
Der Grundzustand E0 =
~ω
2
ist wiederum endlich, was wieder mit der Unschärferelation zusammenhängt.
Abbildung 2.31: äquidistante Energieniveaus im Oszillatorpotential
Kommen wir nun zu den Eigenfunktionen ψn (u). Es gilt:
ψn (u) = Cn e−
u2
2
Hn (u)
Hierbei sind für n gerade die Polynome:
(n)
(n)
n
H+n (u) = a0 + a2 u2 + ... + a(n)
n u
(2.68)
58
KAPITEL 2. GRUNDLAGEN DER QUANTENMECHANIK
und für n ungerade:
(n)
(n)
H−n (u) = a1 u + a3 u3 + ... + an (n)un
Wir wählen nun willkürlich:
n
a(n)
n =2
Um hiermit warm zu werden, rechnen wir hier die ersten Polynome aus:
H0 (u) = 20 · u0 = 1
H1 (u) = 21 · u1 = 2u
(2)
(2)
H2 (u) = a0 + a2 u2
Wir müssen nun aus
2 = 2 · 2 + 1 = 5
(2)
und a2 = 22 den ersten Koeffizienten bestimmen:
(2)
−2a0 =
2 · 0 + 1 − 2
(0 + 2)(0 + 1)
(2)
a0 = −2
Also ist
H2 (u) = 4u2 − 2
Die folgenden Polynome geben wir ohne Rechnung an:
H3 (u) = 8u3 − 12u
H4 (u) = 16u4 − 48u2 + 12
H5 (u) = 32u5 − 160u3 + 120u
Hermite Polynome: Die oben gefundenen Polynome H nennt man auch Hermite Polynome. Man kann sie
aus der Darstellung mit
2
Hn (u) = eu
dn −u2
e
(−1)n = 2n un + ...
dun
(2.69)
dn
Hn = 2n n!
dun
(2.70)
gewinnen. Hieraus kann man leicht
einsehen. Wir geben nun ohne Ableitung noch zwei weitere Eigenschaften von Hn an:
Hn0 (u) = 2nHn−1
(2.71)
1
uHn (u) = nHn−1 (u) + Hn+1
2
(2.72)
Eigenfunktionen: Wir wollen nun die Eigenfunktionen ψn skizzieren. Hierfür halten wir noch fest, dass Hn
n reelle Nullstellen besitzt. Mit der Gauss-Funktion der Gesamtlösung, welche keine Nullstellen besitzt, haben
wir also wieder dieselbe Anzahl an Knotenpunkte wie beim Teilchen im Kastenpotential. Berechnen wir nun
die Eigenfunktionen. Der Grundzustand ergibt sich mit H0 (u) = 1 zu:
ψ0 (u) = C0 e−
Die zugehörige Grundzustandsenergie beträgt E0 =
Polynom H1 (u) = 2u. Also ist
~ω
2 .
u2
2
Zum ersten angeregten Zustand gehört das Hermite-
ψ1 (u) = C1 · 2u · e−
u2
2
2.9. DER HARMONISCHE OSZILLATOR
59
die Wellenfunktion für diesen Zustand mit E1 = 23 ~ω. Diese Wellenfunktion weißt Extrempunkte bei uE = ±1
auf. Nun betrachten wir noch ψ2 (u).
ψ2 (u) = C2 (4u2 − 2)e−
u2
2
Hier haben wir die Energie E2 = 52 ~ω. Diese Funktion hat Extrempunkte bei uE = ± √12 .
Abbildung 2.32: Zustände im parabolischen Potential
Wir vergleichen nun noch den klassischen harmonischen Oszillator mit dem quantenmechanischem Oszillator.
Im klassischen ist die kleinste möglich Energie Emin = 0 und die Energien sind kontinuierlich möglich. In der
QM gilt hier Emin = ~ω
2 und die möglichen Energien sind diskrete äquidistante Werte. In der Klassik kann
ein Teilchen niemals in die verbotenen Bereiche außerhalb des Potentials eindringen. In der QM stellen wir
ein Eindringen von Ψ in diese Bereiche fest. In diesen Bereichen gibt es dann einen exponentiellen Abfall der
Wahrscheinlichkeitsamplitude mit wachsendem x bzw. u.
Normierung: Um die gesamte Lösung anzugeben benötigen wir noch den Wert der Konstante Cn . Wie üblich
berechnen wir diesen über die Normierung. Hierbei muss die Wahrscheinlichkeitsdichte ρn eines Zustandes n in
[−∞, ∞] zu 1 normiert sein. Um dies zu berechnen ersetzen wir wieder unser u durch x indem wir uns an
x
u=
mit x0 =
x0
r
~
mω
erinnern. Aus 2.68 wird dann:
ψn (x) = Cn e
Z∞
1=
− 21
x
x0
2
Hn
x
x0
ψn∗ (x)ψn (x)dx
−∞
=
Cn2
Z∞
−∞
e
− 21
x
x0
2
Hn
x
x0
·e
Wir substituieren nun wieder
x
x0
du
1
=
dx
x0
dx = x0 du
u=
− 21
x
x0
2
Hn
x
x0
dx
60
KAPITEL 2. GRUNDLAGEN DER QUANTENMECHANIK
und erhalten:
1=
Cn2 x0
Z∞
2
e−u Hn (u)Hn (u)du
−∞
Die Rückersetzung zuvor mussten wir durchführen um bei der Substitution den Faktor x0 nicht zu vergessen.
Wir benutzen nun 2.69 und erhalten:
n
1 = (−1)
x0 Cn2
Z∞
2
2
e−u eu Hn (u) ·
−∞
Z∞
= (−1)n x0 Cn2
Hn (u) ·
dn −u2
e
du
dun
dn −u2
e
du
dun
−∞
Im Folgenden führen wir eine n-fache partielle Integration durch. Hierbei wechselt bei jeder erneuten partiellen
Integration das Vorzeichen vor dem entstehenden Integral. Wir erhalten also einen weiteren Faktor (−1)n . Die
partielle Integration wählen wir so, dass wir immer den Exponentialteil integrieren, damit bei jedem Schritt
eine Ableitung wegfällt man erhält:
Z∞
1 = (−1)2n x0 Cn2
| {z }
−∞
Z∞
=1
1 = x0 Cn2 2n · n! ·
dn Hn (u) −u2
·e
du
dun
2
e−u du
−∞
{z
|
√
√
= x0 Cn2 2n n! π
π
}
Hierbei haben wir Eigenschaft 2.70 der Hermite-Polynome benutzt. Man erhält den Vorfakter der n-ten Wellenfunktion also zu:
Cn = p
1
√
x0 πn!2n
(2.73)
Bei der mehrfachen partiellen Integration haben wir den ersten Term jeder partiellen Integration unter den
Tisch fallen lassen. Dass dieser tatsächlich immer Null wird zeigen wir jetzt am Beispiel der ersten Terms:
n−1 ∞
∞
d
1
−u2
e
Hn (u)
= Hn−1 (u)Hn (u) u2
dun−1
e (−1)n −∞
−∞
Hierbei haben wir wieder 2.69 benutzt. Es ist nun
1
e−u2 (−1)n
für jedes n ∈ N eine gerade Funktion. Von Hn−1 und Hn ist eine Funktion ungerade und eine gerade. Insgesamt
haben wir also eine ungerade Funktion über ein symmetrisches Intervall auszuwerten. Also ist jeder Term 0, da
wir in jedem Schritt zwei benachbarte Hermite-Polynome bekommen.
Orthogonalität: Im Folgenden wollen wir einige Eigenschaften der Eigenfunktionen ψn besprechen. Zunächst
ist zu sagen, dass die Eigenfunktionen bezüglich des Skalarproduktes
Z∞
ψn∗ (x)ψm (x)
−∞
ein Orthonormalsystem bilden. Es gilt also für n 6= m:
Z∞
−∞
ψn∗ (x)ψm (x)dx = δn.m
(2.74)
2.9. DER HARMONISCHE OSZILLATOR
61
Darüber hinaus bilden die {ψn } ein vollständiges Funktionensystem. Das heißt, dass man für jede Funktion ϕ
schreiben kann:
ϕ=
∞
X
Dl ψl (x)
l=0
Die Wellenfunktionen des harmonischen Oszillator sind gegeben durch:
2
x
1
−1 x
e 2 x0 Hn
ψn (x) = p
√
n
x0
2 n! πx0
(2.75)
Hierbei ist x0 :
r
x0 =
~
mω
(2.76)
Die Energien sind für n ∈ N äquidistant gemäß
1
En = ~ω 1 +
2
(2.77)
verteilt. Die Ortswahrscheinlichkeit ist gegeben durch:
−
x
e x0
Pn (x) = |ψn (x)|2 = n √
H2
2 n! πx0 n
x
x0
(2.78)
Vergleichen wir nun die berechnete quantenmechanische Ortswahrscheinlichkeit mit der klassischen Ortswahrscheinlichkeit. Es gilt:
mẍ = F = −kx
ẍ + ω02 x = 0
mit ω02 =
k
m.
Die Verweildauer ρcl (x) am Ort x ist gegeben durch:
dPcl = ρcl (x)dx =
dt
T
2
=
ω0
ω0 dx
=
dx
dx
π dt
πv
Betrachten wir nun die Lösung mit x(0) = 0 und v(0) = v0 = ω0 x0 :
x(t) = x0 sin ω0 t
v(t) = ω0 x0 cos ω0 t
Hierbei sind x0 die klassischen Umkehrpunkte bei den Energien En :
m 2 2
ω x = En
2 0 0 s
2En
x0n =
mω02
√
= x0 2n + 1
Lösen wir x(t) nach t so erhalten wir:
ω0 t
x
x0
= arcsin
x
x0
Setzen wir die in die Verweildauer ein:
1
dx
πx0 cos ω0 t(x)
1
dx
q
=
πx0 1 − x22
ρcl (x)dx =
x0
62
KAPITEL 2. GRUNDLAGEN DER QUANTENMECHANIK
Subsituieren wir nun u =
x
x0
und integrieren wir die dPcl :
√
Z2n+1
Pcl (u)du = 1
√
− 2n+1
Hieraus folgt die echte Wahrscheinlichkeit Pcl :
Pcl (u, n) =
Nullpunktsenergie und Unschärfe:
1
du
q
π 2n + 1 1 −
√
(2.79)
u2
2n+1
Wir behaupten nun folgendes:
Behauptung: E0 > 0 ist eine Konsequenz der quantenmechanischen Unschärfe.
Beweis: Wir wissen, dass
h∆x2 i h∆p2 i ≥
~2
4
gilt. Es galt:
h∆x2 i = hx2 i − hxi
h∆p2 i = hp2 i − hpi
2
2
Da ψn (x)ψn∗ (x) eine gerade Funktion ist gilt
Z∞
hxin =
xψn (x)ψn∗ (x)dx = 0
−∞
und analog auch hpn i = 0. Setzen wir yn := h∆x2 in so können wir die Energie des n-ten Zustandes abschätzen:
En = hĤin =
1
1 ~2 1
1
1
h∆p2 in + mω 2 hδx2 in ≥
+ mω 2 yn =: f (yn )
2m
2
2m 4 yn
2
Das Minimum von hĤi finden wir nun über:
d
f (yn ) = 0
dyn
→ y n0 =
~
2mω
Also erhalten wir:
hĤimin = f (yn0 ) =
2.9.1
1
~ω = E0
2
Erzeugungs- und Vernichtungsoperatoren
Wir erinnern uns noch einmal an die Rekurenzformeln für die Hermite-Polynome:
Hn0 (u) = 2nHn−1 (u)
(2.80)
1
uHn (u) = nHn−1 (u) + Hn+1
2
(2.81)
Hieraus finden wir Rekurenzformeln für unsere Oszillator-Eigenfunktionen. Zunächst multiplizieren wir 2.81 mit
u2
Cn e− 2 :
uψn (u) = Cn e−
u2
2
nHn−1 (u) + Cn e−
u2
2
1
Hn+1 (u)
2
Cn · n
Cn
ψn−1 (u) +
ψn+1 (u)
Cn−1
2Cn+1
r
r
n
n+1
=
ψn−1 (u) +
ψn+1 (u)
2
2
=
(2.82)
2.9. DER HARMONISCHE OSZILLATOR
63
Hierbei kann man sich die nützliche Beziehung
1
Cn = √ Cn−1
2n
merken, die man leicht durch einsetzen zeigen kann. Nun wollen wir eine zu 2.80 analoge Beziehung für unsere
Eigenfunktionen bekommen. Hier gehen wir rückwärts vor und betrachten zunächst ψn0 (u):
u2
u2
2
Hn (u) + Cn e− 2 Hn0 (u)
Cn · 2n
= −uψn (u) +
ψn−1 (u)
Cn−1
r
n
=2·
ψn−1 (u) − uψn (u)
2
ψn0 (u) = −Cn ue−
Hier setzen wir nun 2.82 ein:
ψn0 (u)
r
n
ψn−1 (u) −
2
r
=2·
r
n
0
ψn (u) =
ψn−1 (u) −
2
r
n
ψn−1 (u) −
2
r
n+1
ψn+1 (u)
2
n+1
ψn+1 (u)
2
(2.83)
Nun können wir aus 2.82 und 2.83 die sogenannten Vernichtungs- und Erzeugungsoperatoren gewinnen. Addieren
wir hierführ 2.82 zu 2.83:
r
n
0
ψn−1 (u)
uψn (u) + ψn (u) = 2
2
√
1
∂
√ u+
ψn (u) = nψn−1 (u)
∂u
2
Ziehen wir hingegen 2.82 von 2.83 ab, so erhalten wir:
r
n+1
uψn (u) −
=2·
ψn+1 (u)
2
√
1
∂
√ u−
ψn (u) = n + 1ψn+1
∂u
2
ψn0 (u)
Wir definieren die Operatoren:
1
â = √
u+
2
1
u−
↠= √
2
∂
∂u
∂
∂u
(2.84)
(2.85)
Es gelten folgende Gleichungen:
âψn (u) =
†
â ψn (u) =
√
√
nψn−1 (u)
(2.86)
n + 1ψn+1 (u)
(2.87)
Eigenschaften:
• Die Operatoren â und ↠sind nicht selbstadjungiert, sondern paarweise adjungiert.
Z
∂ϕ
∗
hψ|âϕi = ψ uϕ +
du
∂u
Z ∂ψ ∗
=
ψ∗ u −
ϕdu
∂u
= h↠ψ|ϕi
• Nach der Definition sind â und ↠reell.
64
KAPITEL 2. GRUNDLAGEN DER QUANTENMECHANIK
• Die ψn sind keine Eigenfunktionen der einzelnen Operatoren â oder ↠.
• Die ψn sind Eigenfunktionen des Operators N̂ = ↠â:
√
↠âψn = n↠ψn−1
√ √
= n nψn
N̂ ψn = nψn
(2.88)
Man nennt N̂ auch den Teilchenzahl- oder den Quantenzahl-Operator. Der Eigenwert dieses Operators
ist die Quantenzahl der Wellenfunktion.
• Wir berechnen nun den Kommutator:
√
[â, ↠]ψn = â n + 1ψn+1 − nψn
= (n + 1)ψn − nψn
= ψn
Der Kommutator des Vernichtungs- mit dem Erzeugungsoperator ist also:
[â, ↠] = 1
(2.89)
Darstellung wichtiger Operatoren durch die Leiteroperatoren
In diesem kurzen Abschnitt zeigen wir, dass wir aus den Operatoren â und ↠viele wichtige andere Operatoren
gewinnen können.
1. Für den Ortsoperator x̂ = x folgt durch Addition der Bestimmungsgleichungen für die Operatoren â und
↠:
r 1
∂
∂
†
−
+u
u+
â + â =
2
∂u ∂u
1 x
= 2√
2 x0
Also gilt:
x0
x̂ = (â + ↠) √
2
(2.90)
2. Für den Impulsoperator p̂ folgt analog aus Subtraktion der Gleichungen für â und ↠:
p̂ = (â − ↠)
~ 1
√
i x0 2
(2.91)
3. Kommen wir nun zum Hamilton-Operator. Für den harmonischen Oszillator galt:
Ĥ = T̂ + V̂
1
~2 d 2
+ mω 2 x2
2
2m dx
2
q
~
mit x0 = mω
galt:
~ω
d2
2
Ĥ =
u − 2
2
du
=−
Nach der Substitution von u =
x
x0
Wir machen nun eine kurze Nebenrechnung:
1
∂
∂
†
â âψ =
u−
u+
ψ
2
∂u
∂u
1
∂2
∂
∂
2
=
u −
+u
−u
−1 ψ
2
∂u2
∂u
∂u
∂2
1
=
u2 −
−
1
ψ
2
∂u2
Also erhalten wir:
1
Ĥ = ~ω â â +
2
†
1
= ~ω N̂ +
2
(2.92)
2.10. KOHÄRENTE ZUSTÄNDE
65
Interpretation:
• â und ↠sind Leiteroperatoren. Die Operation
↠ψn → ψn+1
entspricht einer Anregung um 1 Sprosse nach oben. Hingegen bedeutet
âψn → ψn−1
eine Abregung um 1 Sprosse nach unten. So bedeutet auch die Operation mit (↠)m eine Anregung um m
Stufen.
• Es lässt sich also jeder Zustand aus dem Vakuumzustand ψ0 erzeugen:
1
ψn = √ (↠)n ψ0
n!
• Ebenso lässt sich ψ0 mit Hilfe von â bestimmen. Wendet man nämlich â auf ψ0 an, so muss dabei die
Nullfunktion entstehen, da die Wahrscheinlichkeit in einem Zustand unterhalb des Grundzustandes Null
ist. Es gilt also die Bestimmungsgleichung für die Grundzustands-Wellenfunktion:
∂
u+
ψ0 = 0
∂u
Die Lösung einer solchen Gleichung haben wir schon besprochen:
ψ0 = C0 e−
u2
2
Dies ist exakt die Grundzustands-Wellenfunktion, die wir aus der Schrödinger-Gleichung gewonnen haben.
Verallgemeinerung: Mit Hilfe der Leiter-Operatoren kommen wir zur Besetzungszahl-Interpretation. Wir
abstrahieren die Energieleiter und zählen die Stufen um von ψ0 zu ψn zu kommen. Der Zustand enthält dann
n (Energie-)Quanten. Hierbei erzeugt ↠ein Quant und â vernichtet eines. Der Zustand ψn ist dann mit n
Quanten besetzt. Auch können wir in Vielteilchensystemen mit N Teilchen von denen Nn im Zustand ψn sind
durch die Gesamtheit aller Besetzungszahlen Nn den vollständigen Zustand angeben.
∞
X
Nn = N
n=0
Außerdem ist diese Interpretation Grundlage der Methode der 2.Quantisierung, der Quantenstatistik, der Quantenfeldtheorie, der Festkörperphysik oder der Greenfunktionen.
2.10
Kohärente Zustände
Wir wollen uns nun noch etwas genauer mit dem Eigenwert-Problem für â beschäftigen.
âψα = αψα
(2.93)
Wir kennen mit α = 0, also ψα = ψ0 , den Spezialfall des Grundzustandes der Wellenfunktion beim harmonischen
Oszillator. Wir verallgemeinern dies nun auf α 6= 0. Mit Sicherheit sind die entsprechenden Eigenfunktionen
dann keine Eigenfunktionen des harmonischen Oszillators mehr, da wir ja gerade gesagt hatten, dass im Bezug
auf den harmonischen Oszillator die Wellenfunktionen keine Eigenfunktionen der Operatoren â und ↠sind.
Wir fordern nun, dass ψα quadratisch integrabel ist. Wir setzen ψα als eine Entwicklung der Oszillatorzustände
an. Von denen wissen wir ja, dass sie ein vollständig orthonormiertes Funktionensystem bilden.
ψα (x) =
∞
X
Cn (α)ψn (x)
n=0
Dies setzen wir in 2.93 ein:
∞
X
n=1
∞
X
√
Cn nψn−1 = α
Cn ψn
n=0
(2.94)
66
KAPITEL 2. GRUNDLAGEN DER QUANTENMECHANIK
Mit dieser Gleichung können wir einen Koeffizientenvergleich machen:
√
C1 1 = αC0
√
C2 2 = αC1
√
...
Cn n = αCn−1
...
∞
Die rekursive Anwendung ergibt also:
αn
Cn = √ C0
n!
(2.95)
Wie üblich erhalten wir C0 über die Normierung.
Z∞
1=
−∞
Z∞
=
−∞
=
C02
|ψα |2 dx
∞
X
2
Cn (α)ψn (x) dx
n=0
Z∞
∞
X
|α|2n
|ψn |2 dx
n!
n=0
−∞
|
{z
}
=1
∞
X
|α|2n
= C02
n!
n=0
Die Mischterme im Integral fallen wegen der Orthogonalität der Oszillator Zustände weg. Was nun noch übrig
2
geblieben ist ist die Taylorentwicklung von e|α| :
2
1 = C02 e|α|
1
2
C0 = e− 2 |α|
Wir erhalten also für α ∈ C die sogenannten Glaube-Zustände:
1
2
ψα (x) = e− 2 |α|
∞
X
αn
√ ψn (x)
n!
n=0
(2.96)
Diese Zustände nennt man kohärente Zustände. Sie sind invariant unter Anwendung der Leiteroperators â.
Eigenschaften kohärenter Zustande:
• ψα ist ein Zustand minimaler Unschärfe. Es gilt also:
h∆x2 iα h∆p2 iα =
~2
4
(2.97)
Damit ist ψα ein Zustand der dem klassischen System am nächsten kommt. Der Beweis verläuft hier
analog zum Fall α = 0 den wir zuvor schon besprochen haben.
• Schauen wir uns nun die Zeitentwicklung von ψα an. Wir müssen also die zeitabhängige SchrödingerGleichung lösen wobei die stationäre Lösung durch
ψ(x, 0) = ψα (x)
gegeben ist.
i~
∂ψ(x, t)
Ĥψ
∂t
2.10. KOHÄRENTE ZUSTÄNDE
67
Die Lösung, welche man durch Einsetzen überprüfen kann, ist hier gegeben indem man unter der Summe
den Term exp(−i/~En t) hinzufügt:
ψ(x, t) =
∞
X
i
Cn (α)ψn (x)e− ~ En t
n=0
Hierbei ist En :
En =
~ω
+ n~ω
2
Man erhält also:
1
2
i
ψ(x, t) = e− 2 |α| e− 2 ωt
∞
X
αn −iωt n
√
ψn (x)
e
n!
n=0
i
= e− 2 ωt ψα̃ (x)
Mit
α̃ = α · e−ωt
Vergleichen wir nun dies nun mit ψ(x, 0) = ψα (x). Ein Unterschied besteht nur in Phasenfaktoren im
Vorfaktor und in den Koeffizienten. Diese Phasenfaktoren werden im Betragsquadrat keine Rolle spielen.
Das Wellenpaket und damit die spektrale Zusammensetzung des kohärenten Zustanden ändern sich also
nicht mit der Zeit. Die ist im Unterschied zum Auseinanderlaufen des Wellenpaketes beim freien Teilchen
zu sehen.
• Nun betrachten wir die Wahrscheinlichkeit ψα im Zustand ψn zu beobachten bzw. die Energie E = En zu
messen.
2
Pψα (E = En ) = e−|α | ·
|α|2n
= Pψα (E = En , 0)
n!
Dies ist eine Poisson-Verteilung. P (E) ändert sich also nicht mit der Zeit. Wir haben also eine zeitliche
Änderung von Mittelwerten wie in der klassischen Mechanik.
√
hxi (t) = hxiα̃ = 2x0 |α| cos(ωt − arg α
Die Oszillation des Gesamtwellenpaketes verläuft also mit einer Frequenz ω wie beim klassischen Teilchen.
Die ist eine Besonderheit der kohärenten Zustände und begründet sich mit der Gaussverteilung.
Abbildung 2.33: Links ist ein klassisch oszillierendes Teilchen in V gezeigt. Rechts sieht man ein oszillierendes
Wellenpaket mit dem Mittelwert hxi (t).
68
KAPITEL 2. GRUNDLAGEN DER QUANTENMECHANIK
Kapitel 3
Der mathematische Apparat der
Quantenmechanik
In diesem Kapitel beschäftigen wir uns zum Beispiel mit den Begriffen Zustandsraum, Observablen und Eigenschaften von Messungen. Quantenmechanische Prozesse könnnen wie wir gesehen haben durch die Wellengleichung für ψ(r, t) beschrieben werden. Dies geht auf Schrödinger zurück. Heisenberg fand eine andere
Beschreibung, die Matrizen-Mechanik. Dirac zeigte dann, dass die beiden Beschreibungen äquivalent sind. Alternativ beschrieb Feynman die Quantenmechanik noch durch Pfadintegrale. Die mathematische Formulierung
der Quantenmechanik erfolgte vor allem durch Neumann.
3.1
Zustandsvektoren im Hilbertraum
Wir erinnern uns an die bisherige Beschreibung der Quantenmechanik und benutzen hierzu erneut das Doppelspaltexperiment.
Abbildung 3.1: Skizze des Doppelspaltversuchs
Bisher haben wir eine Wahrscheinlichkeitsamplitude ψ(x) benutzt um quantenmechanische Prozesse zu beschreiben. Hieraus konnten wir die Wahrscheinlichkeitsdichte ρ(x) = |ψ(x)|2 berechnen. Die Wahrscheinlichkeitsamplitude genügte dem Superpositionsprinzip:
ψ12 = (x) = ψ1 (x) + ψ2 (x)
Überlegen wir uns nun welche Informationen eigentlich in ψ1 (x) stecken. Wir wissen, dass das Teilchen vom Ort
1 zum Ort x gelangt ist.
1. Wir können nun Zustände in einer einfachen Notation beschreiben. Hierbei haben wir bra- und ketZustände diese entsprechen Anfangs- und Endzuständen.
(a) Der Anfangszustand ist, dass das Teilchen am Ort 1 ist. Wir bezeichnen dies mit:
|1i
69
70
KAPITEL 3. DER MATHEMATISCHE APPARAT DER QUANTENMECHANIK
Oder, wenn das Teilchen am Anfang im Zustand 2 war:
|2i
Wenn wir angeben wollen, dass das Teilchen entweder am Ort 1 oder am Ort 2 war, schreiben wir:
|12i
(b) Analog können wir Endzustände beschreiben. Wollen wir etwa sagen, dass sich das Teilchen im
Endzustand bei x befindet so schreiben wir:
hx|
2. Die Übergangswahrscheinlichkeit von einem Zustand zu einem anderen ist nun durch die Wellenfunktion
gegeben. So gilt in unserem Beispiel für i = 1, 2:
ψi (x) = hx|ii
Tauscht man Anfangs- und Endzustand so muss man die Wellenfunktion komplex konjugieren:
ψi∗ (x) = hi|xi
Die Wahrscheinlichkeitsdichte ist dann gegeben durch:
ρi (x) = | hx|ii |2
Nun ist jedoch noch nicht klar wie das Produkt hx|ii zu verstehen ist. Es handelt sich hierbei um ein
unitäres Produkt von 2 Symbolen aus beiden Klassen. Dies besprechen wir in Kürze. Es ist ψi (x).
3. Aus dem Superpositionsprinzip
|12i = |1i + |2i
folgt für alle x:
hx|12i = hx|1i + hx|2i
Die obigen drei Eigenschaften sind die algebraischen Eigenschaften eines unitären Vektorraums, nämlich dem
Hilbertraum H. Hierbei sind die
|ϕi , |ψi , ... ∈ H
und die Endzustände Elemente des dualen Raums H̃:
hϕ| , hψ| , ... ∈ H̃
Dirac postuliert nun, dass die Quantenmechanik eine Zustandsbeschreibung im Hilbertraum ist.
Erinnerung: Bevor wir zu den Eigenschaften der Zustandsvektoren kommen. Wollen wir uns einmal die
Eigenschaften der Elemente des R2 in Erinnerung rufen. Seien also ~a, ~b ∈ R2 und λ1 , λ2 ∈ R. Sei weiter {eˆ1 , eˆ2 }
eine Basis von R2 mit ||êi || = 1 und êi êj = δij . Dann gelten:
1. Linearität:
λ1~a + λ2~b ∈ R2
2. Es existiert ein Skalarprodukt mit:
~a ◦ ~b = ~b ◦ ~a = λ ∈ R
3. Es gibt eine Koordinatenform:
~a =
2
X
i=1
a1
ai êi =
a2
Mit dieser Form können wir das Skalarprodukt in Koordinatenform schreiben:
b1
~a ◦ ~b = a1 a2
b2
= a1 b1 + a2 b2
=
2
X
i=1
ai bi
3.1. ZUSTANDSVEKTOREN IM HILBERTRAUM
71
Eigenschaften der Zustandsvektoren
Für die Zustandsvektoren stellen wir ganz ähnliche Eigenschaften wie im zuvor besprochenen Beispiel fest. Das
unitäre Produkt nimmt nun den Platz des Skalarproduktes ein.
1. Mit c ∈ C und ψ ∈ H und ϕ ∈ H̃ gilt:
∗
hϕ|Ψi = hψ|ϕi = c
2. Mit diesem Skalarprodukt haben wir nun die Norm:
||ψ||2 = hψ|ψi ≥ 0
für alle ψ 6= 0. Es gilt
||ψ||2 = 0 ⇔ |ψi = 0
3. Wir haben nun zwei Linearitätsbeziehungen.
(a) Mit |ψ1 i , |ψ2 i ∈ H und λ1,2 ∈ C gilt Linearität bezüglich des rechten Zustandsvektors:
hϕ|λ1 ψ1 + λ2 ψ2 i = λ1 hϕ|ψ1 i + λ2 hϕ|ψ2 i
(b) Mit |ψ1 i , |ψ2 i ∈ H̃ und λ1,2 ∈ C gilt Linearität bezüglich des linken Zustandsvektors:
hλ1 ψ1 + λ2 ψ2 |ϕi = hϕ|λ1 ψ1 + λ2 ψ2 i
∗
∗
∗
= λ∗1 hϕ|ψ1 i + λ∗2 hϕ|ψ2 i
= λ∗1 hψ1 |ϕi + λ∗2 hψ2 |ϕi
4. Sei nun {|ϕ1 i , |ϕ2 i , ...} eine Basis in H mit || |ϕi i || = 1 und hϕi |ϕj i = δij . Für jedes |ψi ∈ H können wir
dann
 
ψ1
∞
X
 
ψi |ϕi i = ψ2 
|ψi =
..
n=0
.
schreiben. Ebenso für jedes hψ| ∈ H̃:
hψ| =
∞
X
ψi∗ hϕi |
n=0
Mit diesen Koordinatendarstellung der Zustandsvektoren aus dem Hilbertraum und dem dualen Vektorraum können wir das unitäre Produkt in folgender Weise darstellen:
 
ϕ1
∗
∗  .. 
hψ|ϕi = ψ1 . . . ψN  . 
ϕN
Ebenso können wir das unitäre Produkt des Rückprozesses ausdrücken durch:
 
ψ1
∗  .. 
∗
hϕ|ψi = ϕ1 . . . ϕN  . 
ψN
Vergleichen wir diese beiden Gleichungen so können wir den Übergang zwischen H und H̃ ablesbar.
Und zwar geht der rechte in den linken Zustandsvektor durch komplexe Konjugation aller Einträge und
Transposition über. Wir schreiben dies
hψ| = (|ψi)+
(3.1)
und nennen hψ| hermitesch adjungiert zu |ψi. In unserem Beispiel haben wir abzählbare N -dimensionale
Zustandsvektoren besprochen. Dies wären zum Beispiel die Energien der gebundenen Zustände im Potentialtopf. Wir wissen bereits, dass auch kontinuierliche Zustände möglich sind. Zum einen gilt dann
N → ∞. Zum anderen sind die Zustände dann nicht mehr abzählbar.
72
KAPITEL 3. DER MATHEMATISCHE APPARAT DER QUANTENMECHANIK
5. Bisher haben wir noch nicht erwähnt, dass die Basis vollständig sein muss. Die Basis muss die Dimension
von H bzw. H̃ haben. Wir haben also entweder kontinuierliche Basen oder abzählbare diskrete Basen.
Die Wahrscheinlichkeitsdichte berechnet sich aufgrund der Orthogonalität im diskreten Fall zu:
1=
N
X
ρi =
N
X
ψi∗ ψi
n=0
i=1
Im kontinuierlichen Fall gilt:
Z
1=
3.2
ψ ∗ (x)ψ(x)dx
Observablen und Operatoren im Hilbertraum
In der klassischen Mechanik erfordert die Zustandsbeschreibung eines Teilchens die genaue Kenntnis des Ortes
r und des Impulses p. Hat man diese Größe so lässt sich jede physikalische Größe A als Funktion des Ortes und
des Impulses ausdrücken.
A → A(r, p)
Mit Hilfe des Korrespondenzprinzips, welches besagt, dass wir die funktionellen Zusammenhänge der Größen
auf die Operatoren übertragen können, haben wir statt der Funktion A den Operator Â. Dieser Operator Â
wirkt auf die Zustände |ψi ∈ H. Wir fordern, dass die Wirkung des Operators nicht aus dem Hilbertraum heraus
führt.
 |ψi ∈ H
Diese Forderungen schränken die Auswahl der für uns interessanten Operatoren ein. Es folgen die nun aufgelisteten Eigenschaften, der für uns relevanten Operatoren.
1. Zunächst gilt die Linearität. Es gilt also:
(Â |ψ1 i + |ψ2 i) = Â |ψ1 i + Â| |ψ2 i
|
{z
}
| {z } | {z }
|ϕ1 +ϕ2 i
|ϕ1 i
|ϕ2 i
2. Die Zustandsvektoren im Hilbertraum in die Zustandsvektoren des dualen Raums sind gleichberechtigt.
Wegen der Linearität folgt für die Wirkung in H̃:
(hψ1 | + hψ2 |)Â = hψ1 | Â + hψ2 | Â
h(ϕ1 + ϕ2 )| = hϕ1 | + hϕ2 |
Hierbei sind natürlich alle hϕi | Elemente des dualen Raums.
3. Wir untersuchen nun den Zusammenhang der Wirkung in H und in H̃. Nehmen wir also ein |ψi ∈ H.
Dann gilt:
 |ψi = |ϕi ∈ H
Wir kennen auch den Zusammenhang mit dem dualen Vektor:
hψ| = [|ψi]+ ∈ H̃
Hieraus können wir nun die Wirkung auf hψ| finden:
hϕ| = [|ϕi]+
= [Â |ψi]+
= [|ψi]+ Â+
= hψ| Â+
Hierbei ist Â+ der zu  hermitesch adjungierte Operator. Ein wichtiger noch zu besprechender Fall ist
 = Â+ .
3.2. OBSERVABLEN UND OPERATOREN IM HILBERTRAUM
73
4. Eine weiter wichtige Forderung ist, dass die Resultate von Messungen immer reelle Größen sind. Anderes
formuliert müssen Operatoren physikalischer Observabler einen reellen Erwartungswert besitzen:
hÂiψ ∈ R
Hierbei ist der Zustand |ψi beliebig. Wenn wir diesen Erwartungswert nun definieren als
hÂiψ = hψ|Â|ψi
(3.2)
so fordern wir also:
∗
hψ|Â|ψi = hψ|ϕi = hψ|Â|ψi = hϕ|ψi
= hψ|Â+ |ψi
Hieraus können wir folgende Bedingung für reelle Erwartungswerte ablesen:
Â+ = Â
(3.3)
Zusätzlich hierzu müssen die Operatoren  und Â+ den selben Definitionsbereich haben. Man sagt dann Â
ist selbstadjungiert. Auch nicht selbstadjungierte Operatoren treten in der Quantenmechanik auf wie zum
Beispiel die Leiteroperatoren â und ↠. Diese haben jedoch keinen Zusammenhang mit direkt messbaren
Größen.
In diesem Sinnen kann man die Quantenmechanik als Theorie der selbstadjungierten linearen Operatoren im Hilbertraum begreifen.
5. Kommen wir nun zur Koordinatendarstellung der Operatoren und besprechen die sogenannten Matrixelemente der Operatoren. Analog zur Koordinatendarstellung der Zustandsvektoren existiert eine Koordinatendarstellung der Operatoren in Form von Matrizen. Sei also {|ψi i} eine vollständig orthonormierte
Basis in H. Die Komponenten von  in dieser Basis bestimmen  dann eindeutig. Ein Matrixelement
definieren wir als:
Aij = hψi |Â|ψj i ∈ C
(3.4)
Damit gilt:

A11
A21

..
.
A12
A22

...
. . .
 ⇔ Â
(3.5)
Die Elemente mit i = j sind also die Erwartungswerte im Zustand hψi i. Die Elemente Aij mit i 6= j stellen
die Übergangswahrscheinlichkeit von |ψj i zu |ψi i unter der Wirkung von  dar. Die Matrix umfasst also
alle Übergangsprozesse und damit alle Anfangs- und Endzustände.
Beispiel: Als ein Beispiel besprechen wir die Ortsdarstellung. Als Basis wählen wir also Eigenzustände des
Operators x̂. Diese Eigenzustände {|xi} sind kontinuierlich.
|ψi → hx|ψi = ψ(x) ∈ C
hψ| → hψ|xi = ψ ∗ (x)
Nun finden wir die Matrixdarstellung bzw. die Matrixelemente von  sowie von Â+ . Mit hψ1 | Â+ = hϕ1 | gilt
ϕ∗1 (x) = [Âϕ1 (x)]. Es gilt also:
Z
hψ1 |Â|ψ2 i → ψ1∗ (x)Âψ2 (x)dx
(3.6)
+
hψ1 |Â |ψ2 i →
Z
(Âϕ1 (x))∗ ψ2 (x)dx
(3.7)
74
KAPITEL 3. DER MATHEMATISCHE APPARAT DER QUANTENMECHANIK
Das Kriterium für selbstadjungierte Operatoren ist in Matrixdarstellung:
3.6 = 3.7 ∀ |ψ1 i , |ψ2 i ⇔ Â = Â+
(3.8)
Prüfen wir also nun, ob der Orts- und der Impulsoperator in der Ortsdarstellung selbstadjungiert sind.
• Für den Ortsoperator sehen wir leicht:
Z
ψ1∗ xψ2 dx =
Z
(xψ1 )∗ ψ2 dx
Der Ortsoperator ist also selbstadjungiert.
• Prüfen wir dies nun für den Impulsoperator. Hierfür werden wir einmal partiell integrieren. Der Mischterm
der partiellen Integration fällt dann wegen der Normierung im Unendlichen weg.
Z
~ ∂
ψ2 dx
hψ1 |p̂x |ψ2 i → ψ1∗
i ∂x
Z
~ ∂ ∗
=−
ψ1 · ψ2
i ∂x
Z ~ ∂ ∗
ψ1 ψ2 dx
=−
−
i ∂x
∗
Z ~
=
∂x ψ1 ψ2 dx
i
Z
∗
= (p̂x ψ1 ) · ψ2
Also ist p̂+
x = p̂x . Analog funktioniert dies für p̂.
3.3
Mathematischer Einschub: Operatoren im Hilbertraum
Wir werden hier einige wichtige Definitionen, Sätze und Eigenschaften besprechen. Im wesentlichen ist dies eine
Fortsetzung der Einführung vom vorigen Abschnitt. Zunächst definieren wir einige wichtige Operatoren.
1. Inverser Operator Â−1 :
ÂÂ−1 = 1̂
2. Adjungierter Operator Â+ :
 |ψi = |Φi ∈ H
hψ| Â∗ = hΦ| ∈ H̃
3. Â selbstadjungiert:
Â+ = Â
4. Â unitär:
ÂÂ+ = 1̂
Â+ = Â−1
5. Projektionsoperator P̂a :
P̂a = |ai ha|
Dieser Operator ist wie folgt zu verstehen:
P̂a |ψi = |ai ha|ψi
Wir verlangen noch ha|ai = 1. Der Projektionsoperator hat folgende Eigenschaften:
3.3. MATHEMATISCHER EINSCHUB: OPERATOREN IM HILBERTRAUM
75
(a) Für alle |ψi ∈ H gilt
P̂a |ai ∈ La ⊂ H
(b) Außerdem gilt noch eine Eigenschaft die man Idenpotenz nennt:
P̂a2 = P̂a
Dies können wir leicht zeigen:
P̂a2 = (|ai ha|)(|ai ha|) = P̂a
| {z }
=1
(c) Außerdem ist der Projektionsoperator selbstadjungiert:
P̂a+ = P̂a
Die lässt sich ebenfalls leicht zeigen:
+
+
P̂a+ = (|ai ha|)+ = ha| · |ai = |ai ha|
Wichtige Eigenschaften von Operatoren im Hilbertraum
Satz 1:
Für alle |ψi ∈ H und für alle Operatoren  gilt
∗
hψ|Â|ψi = hψ|Â+ |ψi
Beweis: Sei zunächst  |ψi = |ϕi und hψ| Â+ = hϕ|. Dann gilt hψ|Â|ψi = hψ|ϕi und hϕ|ψi = hψ|Â+ |ψi. Benutzt
∗
man nun noch hϕ|ψi = hψ|ϕi so hat man alles gezeigt.
Satz 2:
Ein unitärer Operator lässt das unitäre Produkt invariant.
Beweis: Sei also |Φi = Â |ψi und hΦ| = hψ| Â+ . Dann gilt für das unitäre Produkt:
+
hΦ|Φi = hψ| |Â{z
Â} |ψi
=1
Satz 3:
Hermitesche Operatoren besitzen einen reellen Erwartungswert. Es gilt also für alle |ψi ∈ H:
∗
hÂiψ = hÂiψ
Beweis: Hier können wir Satz 1 wie folgt benutzen:
∗
∗
hÂiψ = hψ|Â|ψi = hψ|Â+ |ψi = hψ|Â|ψi
Satz 4:
Ein Operator  mit  = Â+ besitzt nur reelle Eigenwerte.
Beweis: Für alle Eigenvektoren |ai mit  |ai = a |ai folgt ha|Â|ai = a ha|ai und aus ha| Â+ = ha| a∗ folgt
ha|Â+ |ai = a∗ ha|ai. Hier ist zu bemerken, dass Messresultate stets reell sind. Hermitesche Operatoren haben
also eine adäquate Repräsentation physikalischer Observabler. Hierbei liefert die Messung den Eigenwert.
Satz 5: Sei  ein Operator mit  = Â+ . Dann sind die Eigenvektoren |ai und |a0 i zu verschiedenen Eigenwerte
a und a0 orthogonal. Also gilt:
ha|a0 i = δa,a0
Beweis: Zunächst gilt:
ha0 |Â|ai = a ha0 |ai
ha0 |Â+ |ai = a0 ha0 |ai
Betrachte nun die Differenz und aufgrund der vorigen Ergebnisse gilt dann:
ha0 |Â|ai − ha0 | Â+ |ai = 0 = (a − a0 ) ha0 |ai
Hieraus folgt aber für a 6= a0 sofort ha0 |ai = 0.
76
KAPITEL 3. DER MATHEMATISCHE APPARAT DER QUANTENMECHANIK
Bemerkungen: Zu Satz 5 sind noch einige Bemerkungen zu machen. Wir können sogenannten entartete
Zustände haben in denen die Eigenvektoren
|a1n i , ..., |asn i
denselben Eigenwert an haben. Es gilt dann
 |ajn i = an |ajn i
für j = 1, ..., s. Man spricht von s-facher Entartung. Die {|ajn i} bilden dann einen s-dimensionalen Unterraum
Han ⊂ H. Das Problem ist nun, dass die Eigenvektoren zu verschiedenen Eigenwerte orthogonal sind aber die
{|ajn i} nicht untereinander orthogonal sind. Die Lösung ergibt sich durch die Konstruktion eines neuen orthogonalen Satzes von Eigenvektoren {|bjn i}. Die neuen Eigenvektoren ergeben sich über eine unitäre Transformation
U aus den alten Eigenvektoren. Für alle j gilt:
|bjn i = U |ajn i =
s
X
i
cji
n |an i
i=1
Die Eigenschaft hbin |bjn i = δij legt Transformation U fest. Ein Beispiel wäre das Orthogonalisierungsverfahren
von Gram-Schmidt. Anwendung findet dies in den entarteten Energie-Niveaus im Atom.
3.4
Quantenmechanische Zustandsmessung und Vollständige Observable
Wir stellen uns nun die Frage welche Größen (Observable) zu messen sind um einen quantenmechanischen
Zustand eindeutig zu bestimmen. In der klassischen Mechanik wird der Zustand von N Teilchen bestimmt
durch die Gesamtheit der Koordinaten und Impulse. Liefert die Messung also Ω so gilt {q 1 , p1 , ..., q N , pN } = Ω.
Alle weiteren Größen wie etwa Energie oder Drehimpuls sind nun Funktionen von q und p. Ihre Messung liefert
keine neuen Informationen. In der Quantenmechanik wird eine Observable A beschrieben durch einen Operator
Â. Der Zustand ist bestimmt durch seine Zustandsvektoren |ψ >∈ H. Die Messung von A im stationären Fall
ist dann bestimmt durch das Eigenwertproblem von Â.
 |ai i = ai |ai i
Hierbei kann i = 1, ..., N diskret oder kontinuierlich sein. Die Eigenwerte ai sind die möglichen Messwerte von
A. Die Eigenvektoren |ai i sind die zugehörigen Zustände des Systems nach der Messung.
Definition: Eine Observable A ist vollständig oder maximal, wenn der Quantenmechanische Zustand eindeutig durch die Messung von A bestimmt ist.
Das heißt also es existiert keine weitere Observable B deren gleichzeitige Messung mit A zusätzliche Informationen liefert. Die mathematische Bedeutung ist hier, dass die Eigenvektoren {|ai i} eine vollständige Basis in
H bilden. Jeder Zustand |ψi ∈ H ist darstellbar als Linearkombination der |ai i. Für hermitesche Operatoren
einer vollständigen Observable lässt sich ein vollständiges Orthonormalsystem (VONS) konstruieren.
hai |aj i = δij
Eine Normierung auf 1 ist immer möglich durch eine entsprechende Skalierung.
Beispiel: Wir betrachten ein quantenmechanisches 1-Teilchen System. Die Ortsmessung durch den Operator
q̂ = {q̂x , q̂y , q̂z } ist vollständig. Die Messung liefert die q i .
q̂ |q i i = q i |q i i
Die Impuls-Messung liefert dann keine zusätzlichen Informationen.
Praktisches Vorgehen: Sei nun |ψi ein beliebiger Zustand des Systems und A eine vollständige Observable.
Die Messung von A im Zustand |ψi liefert einen möglichen Messwert. Also a1 oder a2 oder einen anderen. Dann
bilden die {|ai i} eine Basis von H. Wir wählen eine Orthonormalbasis. Die Entwicklung von |ψi nach diesen
Basisvektoren ist dann:
X
|ψi =
ci |ai i
i
3.5. DER QUANTENMECHANISCHE MESSPROZESS
77
Nun ist die Frage wie man die Koeffizienten ci bestimmt. Bilden wir also das unitäre Produkt mit einem
bestimmten haj | ∈ H̃:
haj |ψi =
X
i
ci haj |ai i = cj
| {z }
δij
Damit erhalten wir die Linearkombination von |ψi zu:
|ψi =
X
|ai i hai |ψi
i
Mit dem Projektionsoperator P̂i = |ai i hai | erhalten wir:
|ψi =
X
P̂i |ψi
i
Hiermit haben wir auch eine Formulierung des 1̂-Operators gefunden:
1̂ =
X
|ai i hai |
(3.9)
i
Dies ist also auch eine Bedingung für die Vollständigkeit der Basis.
Zusammenfassung: Der Zustand eine quantenmechanischen Systems ist bestimmt durch eine vollständige
Observable A. Die möglichen Messwerte ai sind die Eigenwerte von Â. Man spricht auch vom Spektrum von Â.
Die möglichen Zustände |ai i sind die Eigenvektoren von Â. Die Bedingung für ein VONS ist:
hai |aj i = δij
X
|ai i hai | = 1̂
(3.10)
(3.11)
1
Einen beliebigen Zustand erhalten wir durch Superposition der Basis-Zustände. Hierbei sind die Entwicklungsvektoren ci = hai |ψi komplexe Zahlen. Sie stellen die Wahrscheinlichkeit dar im Zustand |ψi ai zu messen mit
| hai |ψi |2 . Alle |ψi bilden einen unitären Vektorraum, der durch die Eigenvektoren einer vollständigen Observablen aufgespannt wird.
3.5
Der Quantenmechanische Messprozess
Ziel dieses Abschnittes ist es physikalische Größen eine Quantensystem im Zustand |ψi zu ermitteln. Welches
sind mögliche Messwerte? Dafür haben wir zunächst eine vollständige Observable A und ihren Operator Â
zu finden. Dann müssen wir das Spektrum von  bestimmen. Das heißt wir suchen alle Eigenwerte ai und
alle Eigenvektoren |ai i. Anschließend müssen wir die Messung von A vornehmen. Die Einzelmessung liefert
hierbei ein zufälliges Resultat. Die möglichen Resultate sind die |a1 i , |a2 i , .... Durch N -fache Wiederholung und
78
KAPITEL 3. DER MATHEMATISCHE APPARAT DER QUANTENMECHANIK
anschließende Mittelung mit N → ∞ erhalten wir unserem Messwert:
N
1 X
hAiψ = lim
aj
N →∞ N
j=1
=
k
X
P|ψi→|ai i · ai
i=1
=
X
=
X
| hai |ψi |2 · ai
i
hψ|ai i hai |ψi · ai
i
= hψ|
X
ai · |ai i hai |ψi
i
= hψ|
X
ai P̂i |ψi
1
| {z }
=Â
Die Spektraldarstellung des Operators  ist gegeben durch:
hAiψ = hψ|Â|ψi
X
 =
ai |ai i hai |
(3.12)
(3.13)
i
Wir besprechen dies am Beispiel der harmonischen Oszillators. Wir wählen den präparierten Zustand
√
i
3
ψ2 (x)
|ψi → ψ(x) = ψ0 (x) +
2
2
mit den Energien En = ~(n + 1/2). Gesucht ist nun der Mittelwert der Energie.
1. Dieser Zustand erfüllt die Normierung:
Z∞
Z∞
1
|ψ(x)| dx =
4
2
−∞
ψ02 (x)dx
Z∞
3
+
4
−∞
ψ22 (x)dx
−∞
=1
Hier gilt nämlich wieder:
Z∞
ψm (x)ψn (x) = δmn
−∞
2. Wir entwickeln nun den Zustand |ψi nach den Basisvektoren ψn (x).
ψ(x) =
∞
X
n=0
hψn |ψi ψn (x)
| {z }
=cn
Die Koeffizienten ergeben sich also zu:
Z
cn =
Als Resultat erhalten wir c0 = 2i , c1 = 0, c2 =
ψn∗ (x)ψ(x)dx
√
3
2
und cm = 0 für alle m ≥ 3.
3.5. DER QUANTENMECHANISCHE MESSPROZESS
79
3. Wir berechnen nun:
hHiψ = hψ|Ĥ|ψi
X
= hψ|
ai |ai i hai |ψi
i
=
X
ai hψ|ai i hai | ψ
i
=
X
=
X
ai | hψ|ai i |2
i
| hψn |ψi |2 En
n
3
1
= E0 + E2
4
4
= 2~ω
Die verwendete Darstellung des Zustandes |ψ > mit Hilfe von ψ(x) ist ein Spezialfall der Ortsdarstellung. Die
Superposition von ψ(x) ist beliebig erweiterbar. Außerdem ist die hier betrachtete Basis diskret. Nun wollen wir
den Fall kontinuierlicher Zustände beschreiben. Ein Beispiel wären die Energieniveaus über dem Potentialtopf.
Hier sind theoretisch alle Werte für die Energie erlaubt. Galt Vmin < E < Vmax so waren die möglichen
Energiewerte diskret. Die Idee ist nun den kontinuierlichen Fall auf den diskreten zurückzuführen. Nehmen wir
also eine Observable B̂ deren mögliche Eigenwerte b aus einem Intervall [A, B] kommen können. Nehmen wir
nun zunächst wieder diskrete Eigenwerte bi aus diesem Intervall, die jeweils einen Abstand ∆b zueinander haben.
Abbildung 3.2: Annäherung eines kontinuierlichen Eigenwertintervalls durch eine diskrete Einteilung
Bezeichnen wir also den i-ten Zustand bei der breite ∆b durch |∆bbi i so fordern wir, dass diese Zustände i ein
VONS bilden. Also:
X
|∆bbi i →
|∆bbi i h∆bbi | = 1
i
h∆bbi |bj ∆bi = δij
Wollen wir nun einen beliebigen Zustand |ψi nun als Superposition dieser Basiszustände darstellen, so erweitern
wir die gewohnte Projektionsdarstellung mit ∆b und bilden dann den Grenzwert ∆b → 0:
|ψi = lim
X |∆bbi i hbi ∆b| ψ
∆b→0
i
∆b
∆b
Nun definieren wir:
|∆bbi i
lim √
= |bi
∆b
∆b→0
und ebenso:
lim
∆b→0
hbi ∆b|ψi
√
= ψ(b) = hb|ψi
∆b
Der Zustand |bi aus einem kontinuierlichen Spektrum von Zuständen nimmt nun den Platz des diskreten Zustandes |bi i aus den diskreten Eigenzuständen an. Diese intuitive Definition ist mathematisch nicht ganz unproblematisch. Für diskrete Zustände können wir Operatoren durch Matrizen ausdrücken. Das Produkt zweier
Operatoren ist dann das Matrixprodukt. Gedanklich tauschen wir nun die Summe der Matrixmultiplikation
durch ein Integral und haben uns eine kontinuierliche Matrix vorzustellen. Hierbei ist der Begriff Matrix dann
aber nicht mehr richtig. Ein weiteres Problem ist, dass |bi kein Vektor mehr aus dem Hilbertraum ist (seine
Norm ist unendlich). Rechnerisch machen diese Aspekte keine Probleme. Mathematisch korrekt wird dies durch
80
KAPITEL 3. DER MATHEMATISCHE APPARAT DER QUANTENMECHANIK
die Theorie der Distributionen beschrieben. In der kontinuierlichen Superposition drücken wir nun den Zustand
|ψi aus durch:
ZB
|ψi =
|bi hb|ψi db
A
Z
ψ(b) |bi db
=
Hierbei nimmt die Vollständigkeitsrelation auch die Form eines Integrals an:
ZB
|bi hb| db
1̂ =
A
Ebenso müssen natürlich zwei Zustände b und b0 eine Orthogonalitätsbedingung erfüllen.
hbi ∆b|∆bbi i
∆b
δbb0
= lim
∆b→0 |∆b|
= δ(b − b0 )
hb|b0 i = lim
∆b→0
Im kontinuierlichen Fall tauschen wir also das Kronecker-Symbol mit einer Delta-Funktion. Es gilt außerdem:
Z
hψ|ψi = hψ|bi hb|ψi db
Z
= ψ ∗ (b)ψ(b)db
Hierbei ist ψ(b) die Darstellung des Zustanden |ψi in der Basis b.
Eigenschaften der Delta-Funktion
Wir erwähnen nun im folgenden einige Eigenschaften der Delta-Funktion.
1. Die erste Eigenschaft, die eigentlich gar keine Eigenschaft der Delta Funktion ist, ist:
Z
Z
0
0
0
ψ(b ) = hb |ψi = hb |bi hb|ψi db = δ(b − b0 )ψ(b)db
2. Ist nun ψ die 1-Funktion erhalten wir:
Z
δ(b − b0 )db = 1
3. Die Delta-Funktion δ(b − b0 ) ist also der Integral-Einheitsoperator.
(a) Die Bedingungen eines diskreten VONS sind:
1̂ =
∞
X
|ni hn|
n=0
und
δ(b − b0 ) = hb|b0 i =
∞
X
hb|ni hn|b0 i
n=1
(b) Für ein kontinuierliches VONS sind die Bedingungen:
Z
1̂ = |yi hy| dy
und
δ(b − b0 ) = hb|b0 i =
Z
hb|yi hy|b0 i =
Z
y(b)y ∗ (b)dy
3.6. QUANTEMECHANISCHE DARSTELLUNGEN UND TRANSFORMATIONEN
81
4. Durch partielle Integration lässt sich leicht
x
d
δ(x) = −δ(x)
dx
zeigen.
5. Die Fourierdarstellung der Delta Funktion ist:
Z∞
eixy dy
2πδ(x) =
−∞
6. Möchte man einen Faktor a aus dem Argument der Delta-Distribution herausziehen so gilt:
δ(ax) =
1
δ(x)
|a|
7. Die dreidimensionale Delta Funktion ist gegeben durch:
δ(r − r0 ) = δ(x − x0 )δ(y − y 0 )δ(z − z 0 )
8. Die Delta Funktion ist achsensymmetrisch:
δ(x) = δ(−x)
9. Es gilt:
δ(x) · x = 0
10. Sei ϕ(x) eine stetig differenzierbare Funktion, die an den Stellen xi nur einfache Nullstellen hat. Dann
gilt:
X δ(x − xi )
δ[ϕ(x)] =
i
3.6
|ϕ0 (xi )|
Quantemechanische Darstellungen und Transformationen
Bisher haben wir den Zustand |ψi immer mit der Ortsdarstellung ψ(x) interpretiert. Andere Darstellungen wie
die Impuls- oder Energiedarstellung sind jedoch dazu völlig äquivalent. In diesem Abschnitt geht es um die
Transformationen zwischen diesen Darstellungen. Hierbei muss für eine beliebige Basis ai stets gelten:
P
 |ai i hai |ψi
|ψi = Ri
 |bi hb|ψi db
Nun beschäftigen wir uns mit den Transformationen. Die Entwicklungskoeffizienten erhalten wir indem wir an
der rot markierten Stelle von haj |ψi eine 1̂ einfügen. Dies funktioniert sowohl für Transformationen zu diskreten
und zu kontinuierlichen Basen:
X
haj |Ψi =
haj |ki i hki |Ψi
Zi
=
haj |bi hb|ψi db
Die haj |ki i und die haj |bi sind die Entwicklungskoeffizienten um eine Basis aj in eine Basis ki oder b zu transformieren. Die Transformation muss außerdem
X
hai |aj i = δij =
haj |kl i hkl |ai i
l
hai |ai i =
X
| hai |kl i |2
l
erfüllen. So eine Transformation nennt man eine unitäre Transformation.
82
KAPITEL 3. DER MATHEMATISCHE APPARAT DER QUANTENMECHANIK
3.6.1
Ortsdarstellung
Als Beispiel benutzen wir wieder unsere gewohnte Ortsdarstellung. Hier haben wir eine Observable r mit
r = x1 ê1 + x2 ê2 + x3 ê3
Mit |ei | = 1. Hieraus ergibt sich der Operator r̂.
1. Die Eigenwertgleichung lautet:
r̂ |ri = r |ri
2. Mit der Basis {|ri} ergibt sich der 1 Operator zu:
Z
1̂ = |ri hr| dr
3. Der Zustand |ψ > in der Ortsdarstellung ist gegeben durch:
Z
|ψi = |ri hr|ψi dr
4. Für die Normierung:
1 = hψ|ψi
Z
= hψ|r1 i hr1 |ri hr|ψi drdr1
Z
= ψ ∗ (r)ψ(r)
Wir interpretieren | h< r|ψ >i |2 = |ψ(r)|2 = ρ(r) als Ortswahrscheinlichkeitsdichte.
5. Das unitäre Produkt in der Ortsdarstellung ist:
Z
Z
hψ|ϕi = hψ|ri hr|ϕi dr = ψ ∗ (r)ϕ(r)dr
6. Nehmen wir einen beliebigen QM-Operator F̂ und definieren wir seine Wirkung zu F̂ |ψi = |Φi so erhalten
wir seine Ortsdarstellung zu:
Z
0
0
0
hr |Φi = Φ(r ) = hr |F̂ |ψi = hr0 |F̂ |ri hr|ψi dr
hr0 |F |ri ist das Matrixelement. Die Wirkung von F̂ ist durch eine Matrix hr0 |F |ri bestimmt. Im Spezialfall
F̂ = r̂ gilt:
hr0 |r̂|ri = hr0 |r|ri r hr0 |ri = rδ(r0 − r)
Der Operator r̂ ist in der Ortsdarstellung eine reine Multiplikation. Die Matrix hr0 |r̂|ri ist diagonal. Die
Einträge sind die Eigenwerte. Dies gilt für jeden Operator in seiner Eigenbasis.
Betrachten wir den Impulsoperator und finden die Darstellung hr0 |p|ri. Hierfür benutzen wir den Kommutator:
[p̂, r̂] = −i~
Es gilt damit:
hr0 |[p̂, r̂]|ri = hr0 |p̂r̂ − r̂p̂|ri
= hr0 |p̂r̂|ri − hr0 |r̂p̂|ri
= (r − r0 ) hr0 |p̂|ri
= i~ hr0 | r0
= −i~δ(r − r0 )
3.6. QUANTEMECHANISCHE DARSTELLUNGEN UND TRANSFORMATIONEN
83
Also können wir ablesen:
i~δ(r − r0 )
r − r0
d
= i~ δ(r − r0 )
dr
hr0 |p̂|ri = −
Durch partielle Integration bei der die Grenzterme wegfallen gilt:
Z
d
Φ(r0 ) = i~
δ(r − r0 ) ψ(r)
dr
Z
d
= −i~ δ(r − r0 ) ψ(r)dr
dr
d 0
= −i~ 0 (r )
dr
Wir erhalten also die Wirkung von p̂ im Ortsraum wie gewohnt zu p̂ = −i~ drd 0 . Nun benötigen wir noch die Impulseigenfunktionen in der Ortsdarstellung. Also schauen wir uns die Eigenwertgleichung für den Impulsoperator
an:
p̂x |px i = px |px i
Um hieraus eine Differentialgleichung für die Eigenfunktionen zu gewinnen betrachten wir folgenden Ausdruck
und fügen an der rot markierten Stelle wieder den entsprechenden 1̂-Operator ein:
Z
hx|p̂x |px i = hx|p̂x |x0 i hx0 |px i dx0
Dies muss jedoch auch gleich sein mit:
hx|px |px i = px hx|px i = px ψpx (x)
Also haben wir
Z
hx|p̂x |x0 i hx0 |px i dx0 = px ψpx (x)
−i~
d
ψp (x) = px ψpx (x)
dx x
Wir erhalten also eine einfach zu lösende Differentialgleichung mit der Lösung:
i
ψpx (x) = c · e ~ px ·x
Um den Koeffizienten c zu bestimmen betrachten wir die Normierung und nutzen eine Eigenschaft der Delta
Funktion:
hpx0 |px i = δ(px0 − px )
Z∞
ψp∗x0 (x)ψpx (x)dx =
−∞
Z∞
|c|2
i
e− ~ (px0 −px )x dx =
−∞
|c|2 δ(px0 − px ) · 2π~
Es folgt also:
|c|2 =
1
2π~
84
KAPITEL 3. DER MATHEMATISCHE APPARAT DER QUANTENMECHANIK
Die normierten Impulseigenfunktionen in Ortsdarstellung sind in 1D:
ψpx (x) = √
i
1
e ~ px ·x
2π~
(3.14)
und in 3D:
ψp (r) = √
1
2π~
3e
i
~ p◦r
(3.15)
Nun wollen wir weitere Operatoren in der Ortsdarstellung erhalten. Hierfür machen wir uns das zuvor schon
erwähnte Korrespondenzprinzip zu Nutze. Es ist ein Postulat der Quantenmechanik und besagt:
Die funktionalen Zusammenhang einer Observable A = A(r, p) lässt sich auf die Quantenmechanik mit
einem Operator  = Â(r̂, p̂) übertragen.
Hierbei ist zu beachten, dass Operatoren nicht zwangsläufig kommutieren. Es kommt hier also auf die Anordnung
an. Der folgende Abschnitte wird genauer erläutern, was wir eigentlich unter einer Funktion eines Operators
verstehen wollen.
Funktionen von Operatoren
Sei z ∈ C und f eine im Sinne der Funktionentheorie differenzierbare Funktion. Diese lässt sich dann immer in
eine Potenzreihe
∞
X
f (z) =
an z n
n=0
entwickeln. Wir definieren nun den Operator fˆ im Raum der Operatoren  als
fˆ(Â) = lim fn (Â)
n→∞
mit
fn (Â) =
n
X
ak Âk
k=0
Die Koeffizienten ak erhalten wir aus der Taylorreihe des Operators:
fˆ(Â) =
∞
X
dn f (0) Âk
n
k!
n=0 dÂ
Als Beispiel betrachten wir den Translationsoperator T̂a .
i
T̂a = e ~ p·a
Es ergibt sich:
T̂a ψ(r) =
∞
X
(a∇)n
ψ(r) = ψ(r + a)
n!
n=0
Den obigen Ausdruck verifizieren wir durch:
ψ(r + a) = ψ(r) + ψ 0 (r)(r − r + a) + ... =
∞
X
(a∇)n
ψ(r)
n!
n=0
3.6. QUANTEMECHANISCHE DARSTELLUNGEN UND TRANSFORMATIONEN
85
Beispiele: Wir wenden das Korrespondenzprinzip nun auf weiter quantenmechanische Observablen an. Die
potentielle Energie V̂ = V̂ (r) ist in der Ortsdarstellung ein reiner Multiplikator, da hr0 |r̂|ri = rδ(r − r0 )
diagonal ist. Daher sind auch beliebige Potenzen von r̂ diagonal. Den Operator der kinetischen Energie können
wir ausdrücken durch:
T̂ =
p̂2
~2
→−
∆
2m
2m
Wir nutzen nun das Korrespondenzprinzip um den Drehimpulsoperator, den wir bisher noch nicht kannten, zu
bestimmen. Klassisch galt der Zusammenhang
L=r×p
Also postulieren wir:
L̂ = r̂ ×
~
∇
i
Die Kenntnis von r̂ und p̂ reicht also aus um alle weiteren Operatoren zu bestimmen.
3.6.2
Impulsdarstellung
Für −∞ < px < ∞ gilt die folgende Eigenwertgleichung:
p̂x |px i px |px i
Die Impulseigenfunktionen bezeichnen wir mit:
hψ|px i = ψ̃(px )
Wir wissen bereits, dass der Operator p̂x in der Impulsbasis diagonal ist. Wir fragen uns nun wie der Ortsoperator
in dieser Basis aussieht. Hierfür benutzen wir wieder den Kommutator [x̂, p̂x ] = i~. Die Rechnung ergibt analog
zur Darstellung des Impulsoperators in der Ortsbasis:
x̂ = i~
∂
∂px
Wir haben nun die Ortseigenfunktionen in der Impulsbasis zu finden.
∗
hpx |xi = hx|px i = ψp∗x (x) = √
i
1
e− ~ px ·x = ψ̃x (px )
2π~
Fassen wir noch einmal die Darstellungen der Zustand |ψi zusammen:
(
hx|ψi = ψ(x)
Ortsdarstellung
|ψi =
hpx |ψi = ψ̃(px ) Impulsdarstellung
Versuchen wir nun den Zusammenhang zwischen den Eigenfunktionen der Impuls und der Ortsdarstellung zu
finden. Hierfür fügen wir wieder einen 1̂-Operator ein.
ψ(x) = hx|ψi
Z∞
hx|px i hpx |ψi dpx
=
−∞
=√
1
2π~
Z∞
i
˜ x )dpx
e ~ px ·x ψ(p
−∞
Der gesuchte Zusammenhang ist also die Fouriertransformation.
3.6.3
Energiedarstellung
In der Energiedarstellung bezeichnen wir die Basisvektoren durch ihren Index:
|En i = |ni
86
KAPITEL 3. DER MATHEMATISCHE APPARAT DER QUANTENMECHANIK
Die Eigenwerte ergeben sich durch Anwendung der Hamilton-Operators:
Ĥ |En i = En0 |En i
Der Hamilton-Operator ist in der Energiedarstellung diagonal. Es gilt also:
hEn0 |Ĥ|En i = δn0 n En
Nun finden wir wie gewohnt (Einfügen von 2 1̂) den Ortsoperator in dieser Basis:
Z Z
hn0 |x̂|ni =
hn0 |xi hx|x̂|x0 i hx0 |ni dxdx0
| {z } | {z } | {z }
ϕ∗
(x) xδ(x−x0 ) ϕn (x0 )
n0
Z
=
dxϕ∗n0 (x)xϕn (x)
Hierbei ist hn|x̂|n0 i = xnn0 die von Heisenberg eingeführte Matrizendarstellung des Ortsoperators in der Energiebasis.
Beispiel 1: Wir kennen bereits den harmonischen Oszillator. Der Hamilton-Operator hat hier folgende diagonale Gestalt:
1
δnn0
Hnn0 = ~ω n +
2
Der Ortsoperator hat eine nicht diagonale Gestalt:

0
q
 1
 2
x̂ = 

 0

..
.
q
0
q
1
2
2
2
0
q
...
2
2
0








Beispiel 2: Wir besprechen nun noch ein Beispiel, welches den Vorteil einer günstigen Darstellung zeigen soll.
Natürlich sind wie schon erwähnt alle Darstellungen äquivalent. Nehmen wir also den Hamilton-Operator für
ein Teilchen, welches unter dem Einfluss einer konstanten Kraft steht.
Ĥ = T̂ + V̂ =
p̂2x
− F x̂
2m
Zu lösen ist dann die Eigenwertgleichung:
Ĥ |ψE i = E |ψE i
Wir können diese EW-Gleichung nun in der Orts- oder der Impulsdarstellung auswerten. Schauen wir uns
zunächst die Ortsdarstellung an und setzen die entsprechenden Operatoren in dieser Darstellung ein:
~2 d2
−
−
F
x
ψE (x) = EψE (x)
2m dx2
Dies ist eine Differentialgleichung 2ter Ordnung. Die Lösung ist hier durch die Airy-Funktionen gegeben. Schauen
wir uns nun die Impulsdarstellung an:
2
px
~ d
−F
ψ̃E (px ) = E ψ̃E (px )
2m
i dpx
Hier haben wir also eine einfach zu lösende Differentialgleichung erster Ordnung vorliegen. Man kann also
zunächst das Problem in der einfacheren Impulsdarstellung lösen und die Ortseigenfunktionen dann durch eine
Fouriertransformation der Impulseigenfunktionen bestimmen.
3.7
3.7.1
Vertauschbarkeit von Operatoren
Messbarkeit
In der Quantenmechanik sind im Allgemeinen zwei Observablen  und B̂ nicht gleichzeitig messbar. Das heißt,
dass sie keine gemeinsamen Eigenfunktionen und Eigenwerte haben.
3.7. VERTAUSCHBARKEIT VON OPERATOREN
87
Satz: Zwei Operatoren  und B̂ haben genau dann gemeinsame Eigenfunktionen und Eigenwerte |abi, wenn
[Â, B̂] = 0 ist.
Beweis: Betrachten wir zunächst die einfachere Richtung und nehmen an das  und B̂ gemeinsame Eigenwerte
haben. Dann gilt
B̂ Â |abi = ba |abi
und auch
ÂB̂ |abi = ab |abi
Ziehen wir die beiden Gleichungen voneinander ab so gilt wegen ba−ab = 0 die Kommutativität der Operatoren
 und B̂. Die Rückrichtung soll in der Übung gezeigt werden.
Fazit: Aus [Â, B̂] = 0 folgt also, dass  und B̂ gleichzeitig messbar sind. So verschwindet zum Beispiel der
Kommutator [r̂, p̂] 6= 0 nicht. Wir können daher keine gemeinsamen Eigenfunktionen und Eigenwerte konstruieren.
3.7.2
Unschärfe
Wir diskutieren nun noch einmal die Unschärfe etwas genauer. Wir verstehen sie nun als Abweichung vom
statistischen Mittelwert. Der Mittelwert war gegeben durch:
hAi = hψ| Â |ψi
Die Abweichung ist also:
δ Â = Â − hÂi
Hier lassen wir positive und negative Abweichungen zu. Wegen der Definition der Mittelwertes gilt also im
Mittel:
h − hÂiψ i = hδ Âi = 0
Wir führen deshalb die Varianz ein und quadrieren die Abweichungen.
2
h( − hÂi)2 iψ = hÂ2 i − hÂi = ∆Â2
Die Unschärfe definieren wir nun als Wurzel der Varianz:
p
∆ = ∆Â2
Wir betrachten nun zwei nicht kommutierende hermitesche Operatoren  und B̂.
[Â, B̂] = iĈ
Wir schauen uns nun die Abweichungen vom Mittelwert an:
δ Â = Â − hÂi
δ B̂ = B̂ − hB̂i
Es gilt auch:
[δ Â, δ B̂] = iĈ
Nun schauen wir uns das Produkt der Varianzen ∆A2 und ∆B 2 im Zustand |ψi an:
(∆A2 )ψ = hψ|δ Âδ Â|ψi = hf |f i
(∆B 2 )ψ = hψ|δ B̂δ B̂|ψi = hg|gi
Jetzt benutzen wir die Schwartz’sche Ungleichung für das Skalarprodukt:
hf |f i hg|gi ≥ | hf |gi |2
88
KAPITEL 3. DER MATHEMATISCHE APPARAT DER QUANTENMECHANIK
Damit erhalten wir für unseren Fall:
(∆A2 )ψ (∆B 2 )ψ ≥ | hψ|δ Âδ B̂|ψi |2
Jetzt nutzen wir folgende Identität:
1
(δ Âδ B̂ + δ B̂δ Â) +
2
1
= (δ Âδ B̂ + δ B̂δ Â) +
2
δ Âδ B̂ =
1
(δ Âδ B̂ − δ B̂δ Â)
2
i
Ĉ
2
Hieraus folgt:
∆A2 ∆B 2 ≥
1
1
| hψ|δ Âδ B̂ + δ B̂δ Â|ψi |2 + | hψ|Ĉ|ψi |2
4
4
(3.16)
Die allgemeine Form der Heisenberg’schen Unschärferelation (1927) ist:
(∆A2 )ψ (∆B 2 )ψ ≥
1
| < ψ|[Â, B̂]|ψ > |2
4
(3.17)
Betrachten wir nun nochmals die Observablen Impuls und Ort. Es gilt:
[p̂x , x̂] = −i~
Berechnen wir nun:
1
1
| hψ| − i~|ψi |2 = | − i~ hψ|ψi |2
4
4
1
= | − i~|2
4
~2
=
4
Es gilt also:
∆p2x · ∆x2 ≥
~2
4
Etwas allgemeiner gilt:
[r̂i , r̂j ] = 0
[p̂i , p̂j ] = 0
[r̂i , p̂j ] = i~δij
Analog zu obigem Beispiel folgt:
∆E 2 · ∆t2 ≥
~2
4
Die folgte bereits aus den Eigenschaften der Fouriertransformation. Allerdings ist die Zeit keine Observable,
sondern ein Parameter im Messprozess.
Minimale Unschärfe: Wir betrachten nun nochmal den Zustand der minimalen Orts-Impuls-Unschärfe.
Dieser Fall ist der Klassik am nächsten. Wir benötigen nun Bedingungen um in Gleichung 3.17 Gleichheit
herzustellen. Hierfür müssen wir uns die Schwarz’sche Ungleichung genauer angucken, da diese der eigentliche
Grund für die Heisenberg Unschärfe ist. Nehmen wir also zunächst zwei Vektoren oder Zustände hf | , hg| | ∈ H
und beweisen die Schwarz’sche Ungleichung:
p
| hf |gi | ≤ hf |f i hg|gi
3.7. VERTAUSCHBARKEIT VON OPERATOREN
89
Beweis: Aus der Analogie mit Vektoren im Zwei- oder Dreidimensionalen kann man sich überlegen, dass es
sinnvoll ist den Vektor |f i in eine parallele und eine senkrechte Komponente zu |gi zu zerlegen. Überlegen wir
uns zunächst die parallele Komponente. Hierzu projizieren wir |f i auf |gi und teilen durch die Länge von |gi.
|f|| i =
|gi hg|f i
= λ |gi
hg|gi
Den senkrechten Anteil erhalten wir dann einfach zu:
|gi hg|f i
|f⊥ i = |f i −
hg|gi
Man erkennt, dass hf|| |f⊥ i = 0 gilt, was die Orthogonalität zeigt. Man macht sich die obigen Überlegungen am
besten an Hand von zweidimensionalen Vektoren aus R2 klar. Wir können also den Zustand |f i darstellen als:
|f i = |f|| i + |f⊥ i
Betrachten wir nun:
hf |f i = hf|| + f⊥ |f|| + f⊥ i
= hf|| |f|| i + hf⊥ |f⊥ i + hf|| |f⊥ i + hf⊥ |f|| i
{z
}
|
=0
hg|gi | hg|f i |2
=
+ hf⊥ |f⊥ i
hg|gi hg|gi
| hg|f i |2
| hg|f i |2
+ hf⊥ |f⊥ i ≥
hf |f i =
hg|gi
hg|gi
p
| hg|f i | ≤ hf |f i hg|gi
Damit wäre diese Ungleichung bewiesen. Nun Überlegen wir uns wann Gleichheit gilt. Schauen wir uns hierfür
den vorletzten Schritt des Beweises an. Für Gleichheit muss hf⊥ |f⊥ i = 0 sein. Da dies für alle Zustände |f i der
Fall sein soll wissen wir, dass im Falle der Gleichheit |f i parallel zu |gi sein muss.
| hf |gi |2 = hf |f i hg|gi ⇔ |f i = λ · |gi
Schauen wir uns nun nochmal Gleichung 3.16 an. Hier haben wir die Schwarz’sche Ungleichung schon benutzt und machen nun noch eine gröbere Abschätzung beim Schritt zur Unschärferelation indem wir den Term
1
2
4 | hψ|δ Âδ B̂ + δ B̂δ Â|ψi | weglassen. Schauen wir uns nun das Beispiel des Orts und des Impulses an und versuchen hier den Zustand der minimalen Unschärfe zu finden. Für diese Forderung haben wir nun zwei Bedingungen
gewonnen:
1. Der Mischterm aus Gleichung 3.16 muss verschwinden:
hψ (k) |δ p̂x δ x̂ + δ x̂δ pˆx |ψ (k) i = 0
2. Außerdem ist für die Gleichheit der Schwarz’schen Ungleichung
δ p̂x |ψ (k) i = λδ x̂ |ψ (k) i
erforderlich.
Der Index k verrät nur, dass die Zustände der minimalen Unschärfe unsere schon besprochenen kohärenten
Zustände sind. Dies wollen wir nun zeigen. Hierfür nehmen wir uns die zweite Bedingung:
(p̂x − p) |ψ (k) i = λ(x̂ − x) |ψ (k) i
Hieraus folgt in der Ortsdarstellung der Lösungsansatz:
i
hx|ψ (k) i = ψ (k) (x) = C(x)e ~ px
Nimmt man sich die erste Bedingung
0 = hψ (k) |(δx)2 λ∗ + λ(δx)2 |ψ (k) i
so folgt, dass λ∗ = −λ sein muss. Setzen wir den obigen Lösungsansatz in die erste Bedingung ein so gilt:
2
iλ
C(x) = Ae 2~ (x−x)
Setzen wir nun die Lösung zusammen so erhalten wir unser zuvor scho berechnetes Gauß’sches Wellenpaket:
ψ (k) (x) = √
4
1
2π∆x2
e−
(x−x)2
4∆x2
− ~i xp
90
KAPITEL 3. DER MATHEMATISCHE APPARAT DER QUANTENMECHANIK
Kapitel 4
Quantenmechanische Dynamik
4.1
Dynamik der Zustände, Zeitverschiebungsoperator
Nachdem wir zuvor die Eigenschaften stationärer Lösungen formal untersucht haben, beschäftigen wir uns nun
mit zeitabhängigen Lösungen. Grundsätzlich gibt es zwei Arten der Zustandsänderung. Zum einen haben wir
gesehen, dass eine Messung ein ein Eigenwert fixiert wird. Wir haben hier eine sprunghafte und stochastische
Zustandsänderung. Zum Anderen kann es wie auch in der klassischen Mechanik zu einer, von einer externen
Kraftwirkung hervorgerufenen, internen Dynamik kommen. Hier haben wir eine kontinuierliche Zeitentwicklung,
die vergleichbar mit der klassischen Trajektorie ist. Wir können das Problem folgendermaßen beschreiben. Wir
kennen zum Zeitpunkt t = t0 den Zustand |ψti = ψ(x, t0 ) = ψ0 . Wir kommen wir jetzt zu einem Zustand zur
Zeit t = t0 den wir mit |ψt0 i = ψ(x, t0 ) bezeichnen? Die Dynamik des Zustandes wird also durch den Übergang
|ψt0 i → |ψt0 i
beschrieben. Die zu lösende Grundgleichung ist wieder die zeitabhängige Schrödinger-Gleichung:
i~
∂
|ψti = Ĥ |ψti
∂t
(4.1)
mit
|ψt0 i = |ψ0 i
(4.2)
Wir machen einen Lösungsansatz durch einen Operator Û (tt0 ) der vom Anfangszustand zum Zustand der Zeit
t übergehen soll. Also ist unser Lösungsansatz:
|ψti = Û (tt0 ) |ψt0 i
(4.3)
Û (t0 t0 ) = 1̂
(4.4)
mit
Setzen wir dies in 4.1 ein:
i~
∂
Û (tt0 ) |ψt0 i = Ĥ Û (tt0 ) |ψt0 i
∂t
Wir erhalten hieraus also eine Gleichung für den Operator Û den wir Zeitentwicklungsoperator nennen.
i~
∂
Û (tt0 ) = Ĥ Û (tt0 )
∂t
(4.5)
mit
Û (tt0 ) = 1̂
Verstehen wir die funktionalen Zusammenhänge der Operatoren wie zuvor besprochen durch die Wirkung ihrer
Taylorentwicklung, so können wir die Differentialgleichung für die Operatorfunktion “ Û lösen und erhalten:
”
i
Û (tt0 ) = e− ~ Ĥ(t−t0 )
91
92
KAPITEL 4. QUANTENMECHANISCHE DYNAMIK
Hierbei sind wir jedoch davon ausgegangen, dass der Hamilton-Operator zeitlich konstant bleibt. Wir verallgemeinern dies nun auf Ĥ = Ĥ(t). Hierzu formen wir 4.5 wie folgt um:
i~
Zt
i~
t0
∂t Û (tt0 )
Û (tt0 )
∂t Û (tt0 )
Û (tt0 )
= Ĥ(t)
Zt
Ĥ(tdt)
dt =
t0
Zt
i~(ln Û (tt0 ) − ln Û (t0 t0 )) =
| {z }
=1̂
|
{z
=0
Ĥ(t)dt
t0
}
Û (tt0 ) = e
− ~i
Rt
Ĥ(t)dt
t0
Aus unserer Herleitung kann man noch eine andere nützliche Formulierung ersehen:
i
Û (tt0 ) = 1̂ −
~
Zt
Ĥ(t0 )Û (t0 t0 )dt0
(4.6)
t0
Schauen wir uns nun den Spezialfall einer kurzen Zeitdifferenz an. Es sei nun für ein kleines mit t = t0 + der
Hamilton-Operator näherungsweise konstant. Dann können wir ihn aus dem Integral herausziehen und erhalten:
Û (t0 + t0 ) = 1̂ −
i
Ĥ(t0 )
~
(4.7)
Der Operator Ĥ ist also der erzeugende Operator der infinitesimalen zeitlichen Verschiebung.
Eigenschaften von Û :
1. Der Operator Û ist linear. Sei |ψti mit |ψi = |ψ1 i + |ψ2 i. Dann gilt:
|ψti = Û (tt0 ) |ψ1 t0 i + Û (tt0 ) |Ψ2 t0 i
(4.8)
2. Eine weitere sehr wichtige Eigenschaft ist die Gruppeneigenschaft. Betrachten wir drei Zeiten t0 < t1 < t2 .
Wir sehen folgendes ein:
|ψt2 i = Û (t2 t0 ) |ψt0 i
= Û (t2 t1 ) |ψt1 i
= Û (t2 t1 )Û (t1 t0 ) |ψt1 i
Hieraus folgt:
Û (t2 t0 ) = Û (t2 t1 )Û (t1 t0 )
(4.9)
3. Der Zeitverschiebungsoperator ist unitär. Es gilt also:
Û Û + = 1̂
Wir beweisen dies mit unsere Näherung für kleine Zeiten. Es gelte zunächst:
i
Ĥ
~
i
Û + (t0 + , t0 ) = 1̂ + Ĥ
~
Û (t0 + , t0 ) = 1̂ −
Die zweite Formulierung gilt mit Ĥ + = Ĥ. Betrachten wir nun also:
i
i
Û Û + = 1̂ − Ĥ
1̂ + Ĥ
~
~
= 1̂ + O(2 )
Für → 0 wird dies exakt. Wegen der Gruppeneigenschaft können wir außerdem jeden Vorgang in beliebig
kleine Zeitintervalle unterteilen.
4.2. DYNAMIK DER OPERATOREN. SCHRÖDINGER- UND HEISENBERG-BILD
4.2
93
Dynamik der Operatoren. Schrödinger- und Heisenberg-Bild
Schrödinger Bild:
In der Interpretation nach Schrödinger sind die Zustände zeitabhängig.
|ψti = Û (tt0 ) |ψt0 i
Die Operatoren  sind dagegen zeitunabhängig.
Heisenberg Bild: Im Heisenberg Bild sind die Zustände zeitlich konstant und die Operatoren ändern sich.
Betrachten wir hierzu die Zeitabhängigkeit des Mittelwertes:
hÂi (t) = hψt|Â|ψti
= hψt0 | Û + (tt0 )ÂÛ (tt0 ) |ψ0 t0 i
{z
}
|
ÂH (t)
Die Heisenberg Operatorform eines beliebigen Operators  ist also:
ÂH (t) = Û + (tt0 )Â(t0 )Û (tt0 )
(4.10)
In beiden Bildern sind die Messgrößen invariant. Daher sind beide Darstellungen äquivalent. In Zukunft werden
wir den Index H wieder weglassen, da die Zeitabhängigkeit klar macht um was es sich handelt Betrachten wir
nun die Spektraldarstellung des Operators Â(t).
X
a · |ai ha|
 =
a
Wir betrachten nun:
Â(t) =
X
a
a · Û (tt0 ) |at0 i ht0 a| Û + (tt0 ) =
| {z }
Basis fixiert
X
a
a·
|ati hta|
| {z }
Basis zeitabhängig
Folgendes Bild macht die zwei verschiedenen aber äquivalenten Sichtweisen deutlich. Im Schrödingerbild haben
wir zum Beispiel eine fixierte Basis |a1 i,|a2 i. Im Zeitverlauf ändert sich der Zustand (im untenstehenden Bild
durch eine Drehung angedeutet). Im Heisenbergbild drehen “sich hingegen die Basisvektoren.
”
Abbildung 4.1: Veranschaulichung der Äquivalenz des Heisenberg- und des Schrödinger-Bildes.
4.3
Dynamik der Operatoren. Heisenberg-Gleichung
Nun versuchen wir die Bewegungsgleichung der zeitabhängigen Operatoren zu finden. Wir benutzen hierbei
wieder:
˙
i~Û (tt0 ) = Ĥ Û (tt0 )
˙
−i~Û + = Û + Ĥ
94
KAPITEL 4. QUANTENMECHANISCHE DYNAMIK
Der zeitabhängige Operator war:
Â(t) = Û + (tt0 ) Â(t0 ) Û (tt0 )
| {z }
Â0
Dies differenzieren wir nun nach t:
i~
d
∂ Â
˙
˙
Â(t) = i~Û + Â0 Û + i~Û + Â0 Û +i~Û +
Û
{z
}
|
dt
∂t
=B̂
Betrachten wir nun B̂:
B̂ = −Û + Ĥ Â0 Û + Û + Â0 Ĥ Û
= −Û + Ĥ Û Û + Â0 Û + Û + Â0 Û Û + Ĥ Û
= −Ĥ(t) · Â(t) + Â(t)Ĥ(t)
= [Â(t), Ĥ(t)]
Wir erhalten die Heisenberg-Gleichung zu:
i~
∂
d
Â(t) = [Â(t), Ĥ(t)] + i~ Â
dt
∂t
(4.11)
Die Heisenberg-Gleichung ist äquivalent zur Schrödinger-Gleichung. Wir wollen noch bemerken, dass die Form
des Kommutators unabhängig von der gewählten Darstellung ist. Dies liegt an der Unitarität von Û :
B̂ = Û + [Â0 , Ĥ]Û = [Â(t), Ĥ(t)]
4.4
Erhaltungsgrößen
Definition:
Eine Observable  ist eine Erhaltungsgröße, wenn im Heisenberg-Bild
d
 = 0
dt
gilt. Aus 4.11 folgt, dass  genau dann eine Erhaltungsgröße ist, wenn [Â, Ĥ] = 0 und ∂∂t = 0 gilt. Eine
Observable  bleibt also erhalten, wenn sie und der Hamilton-Operator gemeinsame Eigenzustände haben:
Ĥ |Eai = E |Eai
 |Eai = a |Eai
Neben dem Schrödinger- und Heisenberg- Bild existieren noch andere Darstellungen wie zum Beispiel das
Wechselwirkungs-(Dirac)-Bild.
Kapitel 5
Theorie des Drehimpulses. Bewegung
im Zentralfeld. Wasserstoffatom
5.1
Quantenmechanische Theorie des Drehimpulses
5.1.1
Bahndrehimpulsoperator
Der funktionale Zusammenhang des Drehimpulses der klassischen Mechanik ist:
L=r×p
Aufgrund des schon besprochenen Korrespondenzprinzips erwarten wir in der Quantenmechanik also:
L̂ = r̂ × p̂
Der Drehimpulsoperator lässt sich also mit Hilfe der folgenden Determinante formulieren:
ei ej ek L̂ = x̂ ŷ ẑ p̂x p̂y p̂z Dies kann man noch kürzer schreiben:
L̂i = ijk r̂j p̂k
Eigenschaften von L̂:
+
1. Es gilt L̂ = L̂.
Beweis:
+ +
L̂+
i = ijk p̂k r̂j
= ijk p̂k r̂j
= ijk r̂j p̂k
Dies gilt, da [r̂i , p̂j ] ∝ δij ist.
2. Es gilt:
[L̂i , L̂j ] = i~ijk L̂k
Beweis:
[L̂x , L̂y ] = [ŷ p̂z , ẑ p̂x ] − [ŷ p̂z , x̂p̂z ] − [ẑ p̂y , ẑ p̂x ] + [ẑ p̂y , x̂p̂z ]
= ŷ p̂x [p̂z , ẑ] + x̂p̂y [ẑ, p̂z ]
= i~L̂z
95
96KAPITEL 5. THEORIE DES DREHIMPULSES. BEWEGUNG IM ZENTRALFELD. WASSERSTOFFATOM
Hierbei wurde
[ÂB̂, Ĉ] = Â[B̂, Ĉ] + [Â, Ĉ]B̂
Zwei Komponenten des Drehimpulses sind also nicht gleichzeitig messbar! L̂x , L̂y und L̂z bilden eine
Kommutator (Li)Algebra. Das heißt Addition und Multiplikation führt nicht aus der Algebra heraus.
3. Es ist für alle i = 1, 2, 3 mit L̂2 = L̂2x + L̂2y + L̂2z :
[L̂2 , L̂i ] = 0
Beweis:
[L̂2 , L̂x ] = [L̂2y , L̂x ] + [L̂2z , L̂x ]
= L̂y [L̂y , L̂x ] + [L̂y , L̂x ]L̂y + L̂z [L̂z , L̂x ] + [L̂z , L̂x ]L̂z
= i~(−L̂y L̂z − L̂z L̂y + L̂z L̂y + L̂y L̂z ) = 0
Also ist für alle i die Drehimpulskomponente L̂i mit L̂2 gleichzeitig messbar.
Kennt man gleichzeitig die |L| (kennt man durch L̂2 ) und zum Beispiel Lz . so liegen alle Vektoren, die dann
noch möglich sind auf einem sogenannten Drehimpuls-Kegel. Die L̂x und L̂y Komponenten sind unbestimmt
bzw. alle Orientierungen sind gleich wahrscheinlich.
Abbildung 5.1: Drehimpuls-Kegel
Die Operatoren L̂z und L̂2 besitzen also gemeinsame Eigenfunktionen. Die zentrale Frage sind nun ebendiese
Eigenwerte und Eigenfunktionen. Dies ist vor allem relevant für Teilchen im zentralsymmetrischen Potential
V = V (|r|). Die Eigenschaften von L̂ charakterisieren den Bahndrehimpuls L̂. Es existieren aber im Gegensatz
zur klassischen Mechanik auch andere Drehimpulse mit denselben Eigenschaften. So sind zum Beispiel der Spin
oder Isospin zu nennen. Wir untersuchen also zunächst das Eigenwertproblem des allgemeinen Drehimpulses.
5.1.2
Eigenwert-Problem des allgemeinen Drehimpulsoperators
Wir ersetzen nun unseren mit L̂ bezeichneten Bahndrehimpuls durch einen allgemeinen dimensionslosen Dreˆ
himpuls J.
L̂ → ~Jˆ
Dieser Drehimpuls soll die Eigenschaften 2. und 3. aus dem vorigen Abschnitt besitzen:
[Jˆi , Jˆj ] = i~ijk Jˆk
[Jˆ2 , Jˆi ] = 0
5.1. QUANTENMECHANISCHE THEORIE DES DREHIMPULSES
97
Die Operatoren Jˆ3 und Jˆ2 besitzen also gemeinsame Eigenfunktionen. Setzen wir a als Eigenwert von Jˆ2 und
m als Eigenwert von Jˆ3 so sind beiden Eigenwerte reell, a ≥ 0 und unsere Eigenwertgleichungen lauten:
Jˆ2 |ami = |ami
Jˆ3 |ami = m |ami
(5.1)
(5.2)
√
Ist a der Eigenwert des Drehimpulsoperators Jˆ2 so entspricht a dem Betrag des Drehimpulsvektors. Ebenso entspricht m dem z-Anteil der Drehimpulses. Haben wir also ein fixiertes a so existieren zunächst viele
verschiedene Möglichkeiten für m.
Abbildung 5.2: Projektion der Drehimpulskegel auf die z − x-Ebene
Man erkennt hier schon, dass a√und m nicht unabhängig sind. Zum Beispiel erkennt man, dass die z-Projektion
m nicht größer als der Betrag a sein kann.
Satz:
Es gilt immer
√
√
− a<m< a
(5.3)
Beweis: Betrachten wir einen beliebigen Zustand |ψ >. Wir schauen uns nun den Erwartungswert des Operators Jˆ2 an:
hJˆ2 iψ = hψ|Jˆ2 |ψi
= hψ|Jˆ12 + Jˆ22 + Jˆ32 |ψi
= hψ|Jˆ32 |ψi + hψ|Jˆ12 + Jˆ22 |ψi
Nun gilt aber hψ|Jˆ12 + Jˆ22 |ψi > 0, da sonst Jˆ1 ,Jˆ2 und Jˆ3 gleichzeitig messbar wären. Es gilt also insbesondere:
hψ|Jˆ2 |ψi > h|ψ|Jˆ32 |ψi
Wählen wir nun als Zustand |ψi einen Eigenzustand |ami. Aus obigen Beziehung folgt dann:
ham|Jˆ2 |ami > ham|Jˆ32 |ami
ham|a|ami > ham|m2 |ami
a ham|ami > m2 ham|ami
a > m2
Dies war zu zeigen. Wir finden nun mögliche Eigenwerte m des Operators Jˆ3 bei einem fixierten Eigenwerte von
Jˆ2 . Sei also a ∈ R fixiert.
Definition:
Wir definieren Leiteroperatoren für das Drehimpuls-Problem:
Jˆ+ = Jˆ1 + iJˆ2
(5.4)
Jˆ− = Jˆ1 − iJˆ2
(5.5)
98KAPITEL 5. THEORIE DES DREHIMPULSES. BEWEGUNG IM ZENTRALFELD. WASSERSTOFFATOM
Die Motivation hierfür ist, dass das Drehimpuls-Problem dieselbe algebraische Struktur wie der Harmonische
Oszillator hat.
Ĥ → Jˆ3
x̂ → Jˆ1
p̂x → Jˆ2
â → Jˆ−
↠→ Jˆ+
Wir zeigen nun zunächst, dass identische Kommutator-Relationen gelten. Hieraus folgt dann, dass Jˆ± in der
Tat eine Leiterwirkung hat.
Eigenschaften von Jˆ± :
1. Aus den Definitionen 5.4 und 5.5 folgt:
Jˆ+ = (Jˆ− )+
(5.6)
2. Die z-Komponente des Drehimpulses kommutiert nicht mit den Leiteroperatoren. Es gilt
[Jˆ3 , Jˆ+ ] = +Jˆ+
(5.7)
[Jˆ3 , Jˆ− ] = −Jˆ−
(5.8)
Jˆ+ · Jˆ− = Jˆ2 − Jˆ3 (Jˆ3 − 1)
(5.9)
Jˆ− · Jˆ+ = Jˆ2 − Jˆ3 (Jˆ3 + 1)
(5.10)
und
3. Es gilt außerdem
und
4. Die Operatoren Jˆ± und Jˆ2 besitzen gemeinsame Eigenfunktionen |ami.
[Jˆ2 , Jˆ± ] = 0
5. Satz:
(5.11)
Es seien:
Jˆ2 |ami = a |ami
Jˆ3 |ami = m |ami
Weiter sei Jˆ± gegeben durch 5.4. Es gelten dann
Jˆ+ |ami = c+ |a, m + 1i
(5.12)
Jˆ− |ami = c− |a, m − 1i
(5.13)
und
mit c± ∈ C.
Beweis: Zunächst gilt wegen 5.6 c− = c∗+ := c∗ . Betrachten wir nun die Wirkung von Jˆ3 · Jˆ+ . Hierfür benutzen
wir Gleichung 5.7:
Jˆ3 Jˆ+ |mi = (Jˆ+ Jˆ3 + Jˆ+ ) |mi
| {z }
|m0 i
Jˆ3 |m0 i = Jˆ+ m |mi + Jˆ+ |mi
= (m + 1)Jˆ+ |mi
Jˆ3 |m0 i = (m + 1) |m0 i
Aus dem Eigenwert-Problem von Jˆ3 folgt m0 = m + 1. Das heißt:
Jˆ3 |m0 i = (m + 1) |m0 i = (m + 1)ψa,m+1
Analog gilt dies für den Jˆ− Fall.
5.1. QUANTENMECHANISCHE THEORIE DES DREHIMPULSES
99
6. Satz: Für jedes fixierte a existieren j und j̃ mit j̃ ≤ m ≤ j. Hierbei werden Minimum und Maximum
angenommen.
Beweis:
Die Bedingung für die Existenz eines solchen Maximums ist:
Jˆ+ |aji = 0
Wir verwenden nun 5.9:
Jˆ− Jˆ+ |aji = 0 = Jˆ2 |aji − Jˆ32 |aji − Jˆ3 |aji
| {z }
=0
Jˆ2 |aji = (Jˆ32 + Jˆ3 ) |aji
= Jˆ3 (Jˆ3 + 1) |aji
a |aji = j(j + 1) |aji
Da dies für beliebige Eigenzustände |aji gelten soll, folgt:
√
a = j(j + 1)
p
a = j(j + 1) > j
Es ist also 5.3 erfüllt. Analog finden wir nun j̃. Hier ist die zu erfüllende Bedingung:
Jˆ− |aj̃i = 0
Es gilt also:
Jˆ+ Jˆ− |aj̃i = 0 = (Jˆ2 − Jˆ32 + Jˆ3 ) |aj̃i
Jˆ2 |aj̃i = Jˆ3 (Jˆ3 − 1) |aj̃i
a |aj̃i = j̃(j̃ − 1) |aj̃i
Hieraus folgt dann:
a = j̃(j̃ − 1)
Diese beiden Ergebnisse sind simultan zu erfüllen. Hierfür gibt es nur eine Möglichkeit im Rahmen unserer
Bedingungen:
j̃ = −j
Also:
mmin = −mmax
(5.14)
7. Eigenwertspektrum der Drehimpuls z-Komponente
Aus 6. folgte
−j ≤ m ≤ j
und wir wissen, dass Jˆ+ für jedes m den Zustand |ami in den Zustand |am + 1i überführt. Dies ist nur möglich
für diskrete äquidistante Eigenwerte. Die Menge aller möglichen m ist dann:
m ∈ {−j, −j + 1, ..., j − 1, j}
Dies sind 2j + 1 mögliche Eigenwerte. Starten wir beim Zustand |a, −ji so überführt Jˆ+ ihn in n Schritten in
den Zustand |aji. Hierbei ist n ganzzahlig.
n = 0, 1, 2, ...
Es ist also
j = −j + n
n
⇒j=
2
100KAPITEL 5. THEORIE DES DREHIMPULSES. BEWEGUNG IM ZENTRALFELD. WASSERSTOFFATOM
Für den allgemeinen Drehimpulsoperator ist mmax entweder ganzzahlig oder halbzahlig.
Es gilt also:
n
j= =
2
(
j = 0, 1, 2, ... n gerade
n ungerade
j = 21 , 32 , ...
8. Lösung des Eigenwert-Problems von Jˆ2 und Jˆ3 : Wir wissen, dass diese beiden Operatoren gemeinsame
Eigenfunktionen mit den Quantenzahlen a und m haben. Es ist alternativ üblich die Quantenzahl a durch j zu
ersetzen. Wir behandeln also im Folgenden Zustände, die wir mit |jmi bezeichnen. Zwischen a und j besteht
nach a = j(j + 1) ein eindeutiger Zusammenhang.
mit j =
n
2
Jˆ2 ψjm = j(j + 1)ψjm
(5.15)
Jˆ3 ψjm = mψjm
(5.16)
und n = 0, 1, 2, ....
mit |m| ≤ j.
ˆ Die Eigenwerte von Jˆ2 sind dann j(j + 1)~2 und die von
Der physikalische Drehimpuls folgt durch Jˆ → ~ · J.
ˆ
J3 sind m · ~.
9. Normierung der Eigenfunktionen:
Wir haben bereits
Jˆ+ |jmi = c |j, m + 1i
und
hjm| Jˆ− = c∗ hj, m + 1|
eingesehen. Hieraus folgt unter Benutzung von 5.10:
hjm|Jˆ− Jˆ+ |jmi = |c|2 hj, m + 1|j, m + 1i
j(j + 1) − m(m + 1) = |c|2
Wir wählen c wieder reell, da die Phase irrelevant ist. Analog funktioniert dies wieder für Jˆ− |jmi. Das Resultat
für die Eigenfunktionen ist dann:
p
Jˆ± |jmi = j(j + 1) − m(m ± 1) |j, m ± 1i
(5.17)
Betrachten wir hierfür ein Beispiel an Hand des Drehimpulskegels. Wählen wir j = 2. Dann ist der Eigenwert
von Jˆ2 :
a = ~2 j(j + 1) = 6~2
Die Länge des Vektors ist dann
√
6~. Die möglichen Eigenwerte m von Jˆ3 sind dann:
m = {−2, −1, 0, 1, 2} · ~
Wir haben hier also 2j + 1 = 5 mögliche
z-Projektionen des Drehimpulses. Jeder Eigenwert entspricht einem
√
Kegel. Beachte hierbei, dass m = a nicht möglich ist.
√ Das Maximum der z-Komponente ist mmax = j = 2~.
Unten ist ein Schnitt durch eine Kugel mit Radius a dargestellt. Dies sind zunächst alle Endpunkte der
möglichen Vektoren mit dieser Länge. Da aber nur bestimmte z-Werte erlaubt sind kommen nun nur noch
bestimmte Drehimpulskegel in Frage.
5.1. QUANTENMECHANISCHE THEORIE DES DREHIMPULSES
101
Abbildung 5.3: Mögliche Drehimpulswerte bei vorgegebenem Betrag des Drehimpulses.
5.1.3
Der Bahndrehimpulsoperator der Quantenmechanik
Wir wenden nun die zuvor gewonnenen Resultate auf den Bahndrehimpuls L̂ an. Das Eigenwertproblem wird
also zu:
L̂2 ψlm (r) = ~2 l(l + 1)ψlm
(5.18)
L̂z ψlm (r) = ~mψlm
(5.19)
mit l = 0, 1, 2, ... und
mit |m| ≤ l. Hier kann l nur ganzzahlige Werte annehmen. Dies ist noch zu zeigen. Wir beweisen zunächst
jedoch:
Satz:
Die Eigenfunktionen des Drehimpulses ψlm (r) sind unabhängig von |r|.
Beweis:
Wir wenden den Operator L̂ auf eine Funktion f (r2 ) an:
~
(r × ∇)f (r2 )
i
~
d
= (r × ∇r2 ) 2 f (r2 )
i
dr
2~
df (r2 )
=
(r × r)
=0
i
dr2
Wir können also in Kugelkoordinaten die Eigenfunktionen des Drehimpulses schreiben als:
L̂f (r2 ) =
ψlm (r) = ψlm (ϕ, θ)
(5.20)
Die Kugelkoordinatenbeschreibung erscheint also geschickt. Wir benötigen nun noch den L̂z -Operator in Kugelkoordinaten. Wir wissen:
x = r cos θ cos ϕ
y = r cos θ sin ϕ
z = r sin θ
Es gilt außerdem:
∂
∂
∂
= −y
+x
∂ϕ
∂x
∂y
Hieraus folgt für die z-Komponente des Drehimpuls-Operators:
L̂z = −i~
∂
∂ϕ
Wir machen nun für die Drehimpulseigenfunktionen folgenden Produktansatz:
ψlm = f˜lm (θ) · Φm (ϕ)
Das dieser Ansatz gerechtfertigt ist wird sich noch zeigen.
(5.21)
(5.22)
102KAPITEL 5. THEORIE DES DREHIMPULSES. BEWEGUNG IM ZENTRALFELD. WASSERSTOFFATOM
Eigenfunktionen von L̂z :
Es ist also folgende Gleichung zu lösen:
~ ∂ ˜
[flm (θ)Φm (ϕ)] = ~mf˜lm (θ)Φm (ϕ)
i ∂ϕ
∂ϕ Φm (ϕ) = imΦm (ϕ)
Durch unseren Produktansatz sind die Eigenfunktionen von L̂z also nicht von θ abhängig. Macht man für obige
Differentialgleichung einen e-Ansatz so erhält man:
Φm (ϕ) = c · eimϕ
mit ϕ ∈ [0, 2π]. Die Eindeutigkeit von Φ als Wahrscheinlichkeitsamplitude erfordert:
Φm (ϕ) = Φm (ϕ + k · 2π)
Damit erhalten wir die Bedingung:
1 = ei2πm
und m muss ganzzahlig sein, was wir bei unseren Eigenfunktionen oben schon vermerkt hatten. Durch Normierung erhalten wir die
Eigenfunktionen von L̂z :
1
Φm (ϕ) = √ eimϕ
2π
(5.23)
Eigenfunktionen von L̂2 : Nun werde wir die Eigenfunktionen von Lˆ2 besprechen. Hier wird sich erst zeigen,
ob der Produktansatz gerechtfertigt war.
ψlm (θ, ϕ) = f˜lm (θ)Φm (ϕ)
Zunächst müssen wir uns die zu lösende Eigenwert-Gleichung für L̂2 in der Ortsdarstellung in Kugelkoordinaten
beschaffen. Für den Übergang von kartesischen (x, y, z)-Koordinaten zu Kugelkoordinaten (r, θ, ϕ) gilt:
x = r sin θ cos ϕ
y = r sin θ sin ϕ
z = r cos θ
p
r = x2 + y 2 + z 2
θ = arccos
ϕ = arctan
z
!
p
x2 + y 2 + z 2
y
x
Aus dem Korrespondenzprinzip haben wir uns L̂ = r̂ × p̂ beschafft. In der Ortsdarstellung können wir unsere
Komponenten des Drehimpulses in kartesischen Koordinaten schreiben zu:
∂
∂
~
y
−z
L̂x =
i
∂z
∂y
~
∂
∂
L̂y =
z
−x
i
∂x
∂z
h
∂
∂
L̂z =
x
−y
i
∂y
∂x
Um von hier zu Kugelkoordinaten überzugehen benötigen wir nun noch die Transformations-Vorschriften für
die partiellen Ableitungen. Wenden wir zum Beispiel ∂x auf eine Funktion f (r(x, y, z), θ(x, y, z), ϕ(x, y, z)) in
Kugelkoordinaten an, so gilt nach der Kettenregel:
∂
∂r ∂
∂θ ∂
∂ϕ ∂
=
+
+
∂x
∂x ∂r ∂x ∂θ
∂x ∂ϕ
5.1. QUANTENMECHANISCHE THEORIE DES DREHIMPULSES
103
Analog gilt dies für ∂y und ∂z . Aus den obigen Transformations-Vorschriften erhalten wir die gesuchten partiellen
Ableitungen ∂i r,∂i θ und ∂i ϕ für i = x, y, z. Hat man nun die partiellen Ableitungen bestimmt können wir die
Drehimpulsoperator-Komponenten in Kugelkoordinaten wie folgt anschreiben:
~
∂
∂
L̂x =
− sin ϕ
− cot θ cos ϕ
i
∂θ
∂ϕ
~
∂
∂
L̂y =
cos ϕ
− cot θ sin ϕ
i
∂θ
∂ϕ
~ ∂
L̂z =
i ∂ϕ
Hierbei fällt die r-Unabhängigkeit in jeder Komponente auf. Durch quadrieren und addieren der Komponenten
erhalten wir unseren gesuchten Operator:
∂
~2
∂
∂2
2
sin θ
(5.24)
L̂ = − 2
sin θ
+
∂θ
∂θ
∂ϕ2
sin θ
Vergleichen wir dies mit dem Laplace Operator in Kugelkoordinaten (man kann diesen auf die selbe Art und
Weise erhalten)
1 ∂
1
∂
∂2
∂
2 ∂
∆= 2
(5.25)
r
+ 2 2
sin θ
+
sin θ
r ∂r
∂r
∂θ
∂θ
∂ϕ2
r sin θ
so stellen wir fest, dass der Drehimpulsoperator L̂2 genau dem Winkelanteil ∆θ,ϕ des Laplace Operators entspricht.
L̂2 = −~2 ∆θ,ϕ
(5.26)
Betrachten wir dies noch einmal etwas anders. In der klassischen Mechanik gilt:
p2 = p2r +
1 2
L
r2
Außerdem gilt für den Impulsquadratoperator:
p̂2 = −~2 ∆
= −~2
1 ∂ 2 ∂
~2
r
−
∆θ,ϕ
r2 ∂r ∂r
r2
(5.27)
Aus dem Korrespondenzprinzip kann man nun den Radialteil des Drehimpulsquadratoperators ablesen.
p̂2r = −~2
1 ∂ 2 ∂
r
r2 ∂r ∂r
Schreiben wir nun noch einmal die Eigenwertprobleme für die kommutierenden Operatoren L̂z und L̂2 mit ihren
gemeinsamen Eigenfunktionen ψlm (θ, ϕ) in Ortsdarstellung auf:
−~2 ∆θ,ϕ ψlm (θ, ϕ) = ~2 l(l + 1)ψlm (θ, ϕ)
−i~
∂
ψlm (θ, ϕ) = ~mψlm (θ, ϕ)
∂ϕ
(5.28)
(5.29)
Als Ansatz haben wir einen Produktansatz gewählt und wir kennen bereits den ϕ-abhängigen Teil der Lösung.
Wenn wir die Konstante zunächst wieder weglassen erhalten wir:
ψlm (θ, ϕ) = flm (θ)eimϕ
Wir setzen dies nun in 5.28 ein und benutzen wir 5.25, so erhalten wir:
1 ∂
∂
1 ∂2
−~2
sin θ
+
flm (θ)eimϕ = ~2 l(l + 1)flm (θ)eimϕ
sin θ ∂θ
∂θ
sin2 θ ∂ϕ2
1 ∂
∂flm (θ)
flm (θ) 2 imϕ
eimϕ
sin θ
−
m e
= l(l + 1)flm (θ)eimϕ
sin θ ∂θ
∂θ
sin2 θ
1 ∂
m2
−
+
l(l
+
1)
flm (θ) = 0
sin θ ∂θ sin2 θ
(5.30)
104KAPITEL 5. THEORIE DES DREHIMPULSES. BEWEGUNG IM ZENTRALFELD. WASSERSTOFFATOM
Wir haben also tatsächlich keine Abhängigkeit mehr von ϕ in dieser Gleichung. Unser Produktansatz führt also
zum Ergebnis. Wir substituieren nun z = cos θ. Wir nennen die Funktion die nun von z abhängt f .
f˜lm (θ) → flm (cos θ)
Es gilt also folgendes:
sin2 θ = 1 − z 2
dz = − sin θdθ
df˜lm
df
= − sin θ
dθ
dz
Formen wir hiermit unser Eigenwert-Problem weiter um:
1 ∂
dflm
m2
flm + l(l + 1)flm = 0
− sin2 θ
−
sin θ ∂θ
dz
1 − z2
1 d
dflm
m2
−
flm + l(l + 1)flm = 0
(1 − z 2 )
−
sin θ dθ
dz
1 − z2
d
d
m
+
l(l
+
1)
flm (z) = 0
(1 − z 2 ) −
dz
dz
1 − z2
Die Gleichung
d
d
m
(1 − z 2 ) −
+
l(l
+
1)
flm (z) = 0
dz
dz
1 − z2
(5.31)
mit l, m = 0, ±1, ±2, ... und |m| ≤ l wird gelöst durch die assoziierten Legendrefunktionen Plm (z). Für
ganzzahlige m ist Plm (±1) regulär.
Diese Legendrefunktionen untersuchen wir etwas später. Die Gesamtlösung nennen wir nun nicht mehr ψlm
sondern wir führen hierfür die Bezeichnung Ylm (θ, ϕ) ein.
Die gemeinsamen Eigenfunktionen der Operatoren L̂2 und L̂z sind für θ ∈ [o, π] und ϕ ∈ [0, 2π]:
Ylm (θ, ϕ) = clm Plm (cos θ)eimϕ
(5.32)
mit
s
clm = am
2l + 1 (l − |m|)!
4π (l + |m|)!
und
(
am =
1
(−1)m
,m ≥ 0
,m < 0
Man kann zeigen, dass die so definierten Kugelflächenfunktionen Ylm orthogalisiert und normiert sind. Integriert
man über den gesamten Raumwinkel dΩ = sin2 θdθdϕ so gilt:
Z
Yl∗0 ,m0 Ylm dΩ = δm,m0 · δl,l0
Wir wollen an dieser Stelle eine nützliche Darstellung der Legendre-Funktionen für m ≥ 0 angeben:
m
Plm (x) = (1 − x2 ) 2
dl+m (x2 − 1)l
dxl+m
2l l!
Wichtige Fälle der Kugelflächenfunktionen
1. Sei zunächst l = 0. Aus obiger Darstellung der Legendre-Funktionen folgt dann sofort P00 (z) = 1. Hieraus
folgt für die Kugelflächenfunktion Y00 = √14π . Hier ist die Kugelflächenfunktion also winkelunabhängig.
Die Wellenfunktion ist isotrop und sphärisch symmetrisch. Solche Zustände nennen wir s-Zustände.
5.2. BEWEGUNG IM ZENTRALPOTENTIAL
105
2. Sei nun l = 1. Es gibt nun die drei p-Zustände m = −1, m = 0 und m = 1. Betrachten wir zunächst den
Fall mit m = 0. Die Legendre-Funktion ist nun
P10 (z) = z
Wir erhalten also die folgende Kugelflächenfunktion:
r
Y10 (θ, ϕ)
= c10 cos θ =
3
cos θ
4π
(5.33)
Die Normierungskonstante erhält man aus:
Z2π
1=
Z1
dϕ
0
dz|c10 |2 z 2 = |c10|2 ·
4π
3
−1
Die Y1±1 folgen nun aus Y10 durch die Anwendung der Leiteroperatoren L̂± . Das Resultat ist:
r
3
1
sin θeiϕ
Y1 (θ, ϕ) =
8π
r
3
−1
Y1 (θ, ϕ) = −
sin θe−iϕ
8π
3. Analog folgt für die D-Zustände mit l = 2 und m = {0, ±1, ±2, ...}:
r
5
0
Y2 (θ, ϕ) =
(3 cos2 θ − 1)
16π
r
15
±1
Y2 (θ, ϕ) = −
sin θ cos θe±iϕ
8π
r
15
±2
Y2 (θ, ϕ) =
sin2 θe±2iϕ
32π
5.2
(5.34)
(5.35)
(5.36)
(5.37)
(5.38)
Bewegung im Zentralpotential
Wir besprechen nun ein Quantenteilchen im dreidimensionalen Potential V (r). Hierbei machen wir eine weitere
vereinfachende Annahme. Das Potential sei radialsymmetrisch. Es gilt also mit r = |r|:
V (r) = V (r)
Prominente Beispiele hierfür sind:
• Das Elektron im elektrischen Feld des Protons (Wasserstoffatom)
• Analog andere Atome oder Moleküle
• Baryonen im Atomkern
• Gravitationspotential
Effektiv behandeln wir also doch wieder ein eindimensionales Problem. Der Hamiltonoperator lautet:
Ĥ =
p̂2
+ V (r)
2m
Die allgemeine Schrödinger-Gleichung lautet dann:
i~
∂
Ψ(r, t) = ĤΨ(r, t)
∂t
Wie bereits bekannt können wir die zeitabhängige Lösung wie folgt schreiben:
i
Ψ(r, t) = e− ~ Et ψ(r)
Hierbei sind die {ψ(r, E)} die Lösungen der stationären Schrödinger-Gleichung:
Ĥψ(r) = Eψ(r)
106KAPITEL 5. THEORIE DES DREHIMPULSES. BEWEGUNG IM ZENTRALFELD. WASSERSTOFFATOM
Diskutieren wir nun Erhaltungsgrößen. Es gilt:
∂ Ĥ
= 0 ⇒ hĤi = E
(5.39)
∂t
Die Energie E ist dann eine Erhaltungsgröße. Wir wollen nun die vollständigen Observablen für unser System
finden. Also suchen wir alle Observablen mit gemeinsamen Eigenfunktionen. Dies ist gleichbedeutend damit,
dass wir alle kommutierenden Operatoren finden. Wir kennen bereits:
[L̂, Ĥ] = 0
2
[L̂ , L̂z ] = 0
Dies wissen wir wegen [V (r), L̂] = 0 und wegen [p̂2 /2m, L̂] = 0.
Die Operatoren L̂2 ,L̂z und Ĥ haben gemeinsame Eigenfunktionen.
Zu lösen ist also das folgende Differentialgleichungssystem:
Ĥψ(r) = Eψ(r)
(5.40)
L̂2 ψ(r) = ~2 l(l + 1)ψ(r)
(5.41)
L̂z ψ(r) = ~mψ(r)
(5.42)
Hierbei ist E ∈ R und l = 0, 1, ... mit |m| ≤ l. Da wir die Lösungen des Winkelanteils schon zuvor als die
Kugelflächenfunktionen Ylm identifiziert haben, machen wir folgenden Produktansatz:
ψ(r) = R(r) · Ylm (θ, ϕ)
(5.43)
Hierbei ist R(r) der Radialanteil der Wellenfunktion. Zunächst machen wir uns klar, dass dieser Ansatz zu
keinem Widerspruch führt indem wir ihn in die L̂2 Eigenwertgleichung einsetzen:
L̂2 R(r)Ylm (θ, ϕ) = ~2 l(l + 1)R(r)Ylm (θ, ϕ)
R(r)L̂2 Ylm (θ, ϕ) = ~2 l(l + 1)R(r)Ylm (θ, ϕ)
L̂2 Ylm (θ, ϕ) = ~2 l(l + 1)Ylm (θ, ϕ)
Unter der Voraussetzung R(r) 6= 0 haben wir also die zuvor schon durch die Kugeflächenfunktionen gelöste
Eigenwertgleichung reproduziert. Wir möchten nun den obigen Produktansatz in die Schrödinger-Gleichung
einsetzen. Aus 5.27 wissen wir bereits:
p̂2 = p̂2r +
L̂2
r2
Wir können also schreiben:
#
L̂2
p̂2r
+
+ V (r) R(r)Ylm (θ, ϕ) = Eψ
2m 2mr2
2
p̂r
l(l + 1)
+
+
V
(r)
R(r)Ylm (θ, ϕ) = Eψ
2m
2mr2
"
In diesem Schritt haben wir den Drehimpulsoperator ausgeführt und wieder ausgeklammert. Wir definieren das
Effektive- oder Zentrifugal-Potential:
l(l + 1)
(5.44)
2mr2
Kürzen wir nun auf beiden Seiten die Winkelanteile so erhalten wir die radiale Schrödinger-Gleichung:
2
p̂r
+ Ul (r) Rl (r) = E · Rl (r)
(5.45)
2m
Ul (r) = V (r) +
Die ist ein Eigenwertproblem für {R(r), E} dessen Lösung parametrisch vom L̂2 Eigenwert l abhängt. Nun ist
die Frage ob dieses Eigenwertproblem auch von L̂z abhängt. Wir sehen jedoch, dass Ĥ L̂z nicht explizit, sondern
nur indirekt durch L̂2 , beinhaltet. Die Lösung der radialen Schrödinger-Gleichung ist also identisch für alle m
und für ein fixiertes l. Also ist Rl (r) (2l + 1)fach entartet. Analog ist die Energie Eigenwert (2l + 1)fach entartet.
Durch eine Änderung des Hamilton-Operators Ĥ → Ĥ + Ĥ1 (L̂z ) durch beispielsweise ein äußeres Feld kann
diese Entartung aufgehoben werden.
5.3. TEILCHEN IM COULOMBPOTENTIAL. WASSERSTOFF (ÄHNLICHES) ATOM
Umformung der radialen Schrödinger-Gleichung und Randbedingungen:
erhalten wir:
~2 d
2 d
−
r
+
U
(r)
Rl (r) = ERl (r)
l
2mr2 dr
dr
107
Schreiben wir p̂r aus so
Wegen der Definition der Kugelkoordinaten ist r ∈ [0, ∞]. Wir fordern dann wegen der Normierbarkeit folgende
Randbedingungen:
lim Rl (r) = 0
r→0
lim Rl (r) = 0
r→∞
Wir multiplizieren nun obige Gleichung mit r und ersetzen:
χ(r) := rR(r)
Wir erhalten
−
~2 00
χ (r) + (Ul (r) − E)χl (r) = 0
2m l
(5.46)
mit den Randbedingungen χl (0) = 0 und lim χ(r) = 0. Aufgrund der Funktionaldeterminante in Kugelkoordir→∞
naten können wir im Normierungsintegral schreiben:
Z∞
2
2
Z∞
r |Rl (r)| dr =
0
|χl (r)|2 dr = 1
0
Damit haben wir ein gut definiertes eindimensionales Problem für jedes radialsymmetrische Potential.
5.3
Teilchen im Coulombpotential. Wasserstoff (ähnliches) Atom
Wir betrachten nun ein +Z-fach geladenes Ion im Ursprung und ein Elektron bei r.
Abbildung 5.4: Ion im Ursprung mit Ladung Z und Elektron bei r
Unser radialsymmetrisches Potential ist also
V (r) = −
Ze2 1
4π0 r
und damit wird das effektive Potential:
Ul (r) = V (r) +
~2 l(l + 1)
2mr2
Zunächst machen wir uns ein Bild des effektiven Potentials. Für l = 0 sieht“das Elektron das reine Coulombpo”
tential. Für alle anderen Zustände haben wir eine Überlagerung mit einer 1/r2 Funktion. Dieser Zusammenhang
ist im unten stehenden Bild gezeigt.
108KAPITEL 5. THEORIE DES DREHIMPULSES. BEWEGUNG IM ZENTRALFELD. WASSERSTOFFATOM
Abbildung 5.5: Effektive Potentiale und der Zusammenhang mit l.
Wir in den zuvor besprochenes Problemen der Quantenmechnanik erwarten wir für E > 0 ein kontinuierliches
Spektrum und für die Bindungszustände E < 0 ein diskretes Spektrum. Der erste Schritt zur Lösung der
radialen Schrödinger-Gleichung wird es sein die Gleichung dimensionslos zu machen. Hierfür definieren wir
folgende natürlichen “Einheiten der Länge und der Energie:
”
~2 4π0
(5.47)
a0 =
m Ze2
2 2
m
Ze
ER = 2
(5.48)
2~
4π0
In unser Gleichung
2m Ze2 1 l(l + 1) 2m
d2
χ
+
−
+
E
χl = 0
l
l
dr2
~2 4π0 r
r2
~2
definieren wir dann folgende dimensionslosen Variablen:
ρ=
r
a0
λ2l
=−
El
≥0
Er
Es geht dann χ(r) in χ(ρ) über. Ersetzen wir diese und multiplizieren mit a20 so erhalten wir:
2 l(l + 1)
00
2
−
− λl χl = 0
χl (ρ) +
ρ
ρ2
Diese Gleichung ist nun also für ein fixiertes l zu lösen. Wir betrachten zunächst wieder das asymptotische
Verhalten für ρ → ∞. Es gilt dann:
2
d
(∞)
2
−
λ
≈0
l χl
dρ2
Hierfür können wir ablesen:
(∞)
χl
(ρ) = Aeρλl + Be−ρλl
Hier muss allerdings wegen der Normierbarkeit A = 0 gelten. Damit erhalten wir also einen Ansatz für ein
beliebiges ρ zu:
χl (ρ) = e−λl ρ · f˜l (ρ)
Setzen wir dies in unsere zu lösende Gleichung ein so erhalten wir:
2
d
d
2 l(l + 1)
−
2λ
+
−
f˜l (ρ) = 0
l
dρ2
dρ
ρ
ρ2
5.3. TEILCHEN IM COULOMBPOTENTIAL. WASSERSTOFF (ÄHNLICHES) ATOM
109
Nun betrachten wir die Asymptote für ρ → 0. Wegen e−λl ρ → 1 muss dann f˜l → 0 gelten. Definieren wir die
Asymptote:
(0)
lim χl = lim f˜l =: f˜l (ρ)
ρ→0
ρ→0
mit
d2 ˜(0) l(l + 1) ˜(0)
f −
fl ≈ 0
dρ2 l
ρ2
für ρ → 0. Hierfür machen wir folgenden Ansatz:
(0)
f˜l = ρn
Setzen wir die ein so erhalten wir:
n(n − 1)ρn−2 − l(l + 1)ρn−2 = 0
und damit die Lösbarkeitsbedingung:
n(n − 1) = l(l + 1)
Dies wird durch n = −l oder durch n = l + 1 gelöst. Die Lösung n = −l ist aber für ρ → 0 divergent. Es ist
also:
(0)
f˜l (ρ) = ρl+1
Nun machen wir einen Ansatz der beiden Asymptoten enthält:
χl (ρ) = e−λl ρ · ρl+1 · fl (ρ)
| {z }
(5.49)
f˜l (ρ)
Einsetzen in die Gleichung für f˜l ergibt mit
f˜l0 = ρl [l + 1)fl + ρfl0 ]
f˜l00 = ρl [ρfl00 + 2(l + 1)fl0 + l(l + 1)ρfl ]
und Division von ρl :
ρfl00 + 2(l + 1 − λl ρ)fl0 + 2(1 − λl (l + 1))fl = 0
(5.50)
Dies ist die sogenannte Kummersche Differentialgleichung. Um diese zu lösen machen wir einen Potenzreihenansatz für ein fixiertes l.
∞
X
fl (ρ) =
n
a(l)
n ρ
n=0
Ableiten dieses Ansatzes und Indexverschiebungen ergeben:
0
f =
∞
X
n−1
na(l)
n ρ
n=0
0
ρf =
X
=
∞
X
(l)
(n + 1)an+1 ρn
n=0
n
na(l)
n ρ
n=0
00
ρf =
X
n(n −
1)a(l)
n ρn
n=0
−2+1=
∞
X
(l)
n(n + 1)an+1 ρn
n=0
Setzen wir diesen Ansatz ein so erhalten wir:
∞
X
(l)
ρn n(n + 1) + 2(l + 1)(n + 1) an+1 + − 2λl n + 2(1 − λl (l + 1)) a(l)
=0
n
n=0
Da dies für alle ρ gelten soll muss die Klammer für jedes n verschwinden. Die ergibt uns wieder eine Rekurrenzformel:
(l)
an+1 = 2
(l)
(l)
(n + l + 1)λl − 1
an
(n + 1)[n + 2(l + 1)]
(5.51)
Ist also a0 gegeben so sind alle an für n > 0 bekannt. Nun ist das asymptotische Verhalten dieses Ansatzes
zu prüfen.
110KAPITEL 5. THEORIE DES DREHIMPULSES. BEWEGUNG IM ZENTRALFELD. WASSERSTOFFATOM
1. Zunächst prüfen wir das Verhalten für ρ → 0:
(l)
lim fl = a0
ρ→0
Damit ist diese Asymptote erfüllt.
2. Betrachten wir nun ρ → ∞. Im Grenzfall n 1 ist folgender Teil wesentlich:
an+1 ≈
2λl (l)
a ⇒ a(l)
n
n+1 n
≈
(2λl )n (l)
a0
n!
Damit gilt für ρ → ∞:
(l)
fl (ρ) ≈ a0
∞
X
(2λl )n n
(l)
ρ = a0 e2λl ρ
n!
n=0
Dieser Ansatz würde also für die volle Funktion ψ zur Divergenz führen.
Diese Divergenz vermeiden wir durch einen Abbruch der Reihe. Gebe es also ein maximales nr . Es gilt dann
(l)
(l)
a0 , a1 , ..., a(l)
nr 6= 0
und
(l)
(l)
anr +1 = anr +2 = ... = 0
Der Abbruch wird gewährleistet durch die Wahl der Energie bzw. von λl . Mit der Definition der Hauptquan”
tenzahl “n := nr + l + 1 gilt:
λl,nr =
1
1
= = λn
nr + l + 1
n
Aus unserem Potenzreihenansatz wird nun ein endliches Polynom:
fl → fl,nr (ρ) =
nr
X
an (l)ρn
n=0
Für jedes l existieren also Polynome mit nr = 0, 1, .... Man nennt diese Polynome die assoziierten Laguerre
Polynome.
Unser Resultat für die Energien ist:
El,nr = En = −ER · λ2n = −
ER
n2
(5.52)
mit n = nr + l + 1. Die Eigenfunktionen sind:
ψnr ,l,m (r) = Pnr ,l
5.4
r
a0
r
a0
l
r
e− na0 Ylm (θ, ϕ)
(5.53)
Eigenschaften der Lösung
1. Die Eigenwerte der Energie sind also von m unabhängig und nicht von nr ,l separat sondern von ihrer
Kombination abhängig.
2. Wir betrachten den Entartungsgrad eines Zustandes mit dem Energieeigenwert En :
Nn )
X
nr ,l,m
δnr +l+1,n =
n−1
X
2(l + 1) = n2
l=0
Würde man noch die beiden Spinrichtungen der Elektronen berücksichtigen so kommt man auf Nn = 2n2
verschiedene Zustände.
5.4. EIGENSCHAFTEN DER LÖSUNG
111
3. Mit dem zuvor besprochenen Punkt kann man bereits die Grundstruktur des Periodensystems der Elemente verstehen. Alle möglichen Zustände werden nach wachsender Energie gefüllt“. Nach dem Pauli
”
Prinzip kann jeder Zustand nur einmal auftreten. Hierbei berücksichtigen wir bereits die zwei möglichen
Spinrichtungen der Elektronen. Es gibt also für ein fixiertes l
2 · (2l + 1)
verschiedene Drehimpulszustände. Hierbei geht l von 0 bis n − 1. Die Gesamtzahl der Zustände zu einem
n haben wir zu 2n2 berechnet.
n
Gesamtzahl
l = 0(s)
l = 1(p)
l = 2(d)
...
1
2
3
2
8
18
2
2
2
6
6
10
-
Tabelle 5.1: Anzahl und Aufteilung der Zustände bei vorgegebener Hauptquantenzahl n
Abbildung 5.6: Erstes Modell des Periodensystems. In den eckigen Klammern ist die maximale Elektronenanzahl
in diesem Zustand gekennzeichnet. Am Rand ist vermerkt welchen Elementen die voll gefüllten Zuständen
entsprechen.
Bei dieser Betrachtung haben wir einige wichtige Aspekte außer Acht gelassen. Wir haben bisher nicht
berücksichtigt, dass sich die Theorie für Mehrelektronensysteme ändert und so haben wir zum Beispiel
die Spin-Bahn-Kopplung noch nicht besprochen.
4. Außerdem nimmt unsere Herleitung einen unbeweglichen Kern an. Dies mag für das Wasserstoffatom
wegen des großen Verhältnisses von mp zu me gelten wir wollen jedoch die Theorie auch auf andere
Bindungszustände einer positiven und einer negativen Ladung übertragen. Für das Wasserstoff-Ion gilt:
mp
≈ 1850
me
Ein anderer Bindungszustand ist das sogenannte Exiton. Hierbei kann ein negatives Elektron aus dem
Leitungsband eines Festkörpers mit dem positiven Loch des Valenzbandes eine Bindung eingehen. Die
effektive Masse des Lochs entspricht nur einem 3 − 20-fachen der Elektronen Masse. Sie hängt von der
Krümmung des Valenzbandes ab. Bei der folgenden Verallgemeinerung haben wir nun also das Bindungsproblem für zwei Teilchen zu lösen. Wir wissen aus der Mechanik, dass dies exakt lösbar ist. Sei nun r1
der Ortsvektor des positiv geladenen Teilchens und r2 der Vektor zum negativ geladenen Teilchen. Der
Hamilton-Operator nimmt dann die folgende Form an
Ĥ = −
~2
~2
Ze · e
∆r 1 −
∆r −
2m1
2m2 2 4π0 |r1 − r2 |
112KAPITEL 5. THEORIE DES DREHIMPULSES. BEWEGUNG IM ZENTRALFELD. WASSERSTOFFATOM
und die stationäre Schrödinger-Gleichung wird zu:
Ĥψ(r1 , r2 ) = Eψ(r1 , r2 )
Wie in der Mechanik lösen wir das Zwei-Körper-Problem durch den Übergang ins Schwerpunktsystem.
Hierfür führen wir die Relativkoordinate r
r = r1 − r2
(5.54)
und den Ortsvektor des Schwerpunktes R ein:
R=
m1 r1 + m2 r2
m1 + m2
(5.55)
Weiterhin definieren wir die Gesamtmasse M :
M = m1 + m2
(5.56)
Außerdem führen wir noch die reduzierte Masse mr ein:
1
1
1
1
=
+
=
mr
m1
m2
m2
m2
1+
m1
(5.57)
Drückt man nun die Koordinaten des Laborsystems durch die Schwerpunktskoordinaten aus so erhält
man:
m2
r
r1 = R +
M
m1
r2 = R −
r
M
Für die Ableitungen mit i = 1, 2 gilt:
∂ri =
∂R
∂r
∂R +
∂r
∂ri
∂ri
Es folgt:
∂R
∂r1
∂R
∂r2
∂r
∂r1
∂r
∂r2
m1
M
m2
=
M
=
=1
= −1
Damit wird der Nabla-Operator:
m1
∇R + ∇r
M
m2
=
∇R − ∇ r
M
∇r 1 =
∇r 2
Hieraus folgt:
Ĥ = −
~2
~2
Ze2
∆R −
∆r −
:= ĤR + Ĥr
2M
2mr
4π0 · r
Man kann nun einfach
[ĤR , Ĥr ] = 0
zeigen. Also haben die beiden Hamilton-Operatoren gemeinsame Eigenfunktionen und wir können einen
Produktansatz machen, der die freie Bewegung des Schwerpunktes abtrennt. Wir erhalten:
i
R◦P
ψ(R, r) = e| ~{z
} ψ(r)
ΦP (R
5.4. EIGENSCHAFTEN DER LÖSUNG
113
mit P = p1 + p2 und −∞ < P < ∞. ψ(r) ist die Lösung des Relativproblems Setzen wir diesen Ansatz
nun in die Schrödinger Gleichung ein:
ψ(r) ĤR ΦR (R) +ΦP (R)Ĥr ψ(r) = EΦ · ψ
| {z }
P2
2M
ΦP
P2
2M
Nach Kürzen von ΦP und der Ersetzung E 0 = E −
gilt:
Ĥr ψ(r) = E 0 ψ(r)
Dies ist das effektive 1-Teilchenproblem für welches die bereits berechnete Lösung gilt. Die einzige Änderung
ist, dass man in En die Elektronenmasse me durch die reduzierte Masse mr zu ersetzen hat.
En,P = −
P2
Er
+
n2
2M
5. Für E > 0 erhält man eine freie Bewegung die unbegrenzt für r → ∞ ist. Es gilt dann
ψP (r) ∝ eiP ◦r/~
6. Betrachten wir nun nochmals die Bindungsenergie ER und den Bohr-Radius a0 . Wir wollen dies mit der
reduzierten Masse tun (me → mr ). Man definiert
a0 =
1
aB
Z
mit
aB =
~2 4π0
mr e2
Dies ist der Wasserstoff-Bohr-Radius. Überträgt man dies auf die Energie so gilt
ER = Z 2 ERyd
mit
ERyd =
mr
2~2
e2
4π0
2
=
e2 1
4π0 2aB
Dies ist die Wasserstoff-Bindungsenergie, die sogenannte Rydberg-Energie. Für einen Z-fach geladenen
Kern skaliert man die Lösung dann nach a0 und ER . Für Wasserstoff gilt:
1
1
1
=
1+
mr
me
1836
und hieraus folgen aB = 0.529Å und ERyd = 13.6eV .
Betrachten wir nun nochmals unsere Wellenfunktionen für das Wasserstoffatom.
ψnlm (r, θ, ϕ) = Rnr ,l Ylm (θ, ϕ)
mit n = nr + l + 1. Für den Radialanteil galt mit ρ =
r
a0 :
ρ
Rnr ,l (r) = Pnr ,l (ρ) · ρl e− n
Es galt auch noch l = 0, 1, ..., n − 1 und |m| ≤ l. Die Normierung verläuft nun durch:
Z
3
2
Z
d r|ψnlm | = 1 =
dΩ|Ylm (θ, ϕ)|2
Z∞
drr2 Rn2 r ,l
0
Sowohl die Kugelflächenfunktionen als auch die Gesamtwellenfunktionen sind orthogonal:
Z
0
dΩYlm∗ Ylm
= δl,l0 δm,m0
0
Z
∗
d3 rψnlm
ψn0 lm = δn,n0
114KAPITEL 5. THEORIE DES DREHIMPULSES. BEWEGUNG IM ZENTRALFELD. WASSERSTOFFATOM
Aufenthalts-Wahrscheinlichkeitsdichte
Nun besprechen wir die eigentliche messbare Größe nämlich die Aufenthalts-Wahrscheinlichkeitsdichte ρnlm .
ρnlm = |ψnlm |2
Hierbei gilt, dass sowohl der Winkelanteil als auch der Radialanteil der Wellenfunktion einzeln zu 1 normiert
sein müssen. Bei irgendeinem Winkel und Radius muss sich das Teilchen ja aufhalten. Es gilt also für den
Radialanteil der Wahrscheinlichkeitsdichte W (r)
ρ
Wnr ,l (l) = r2 Pn2r ,l (ρ)ρ2l · e−2 n
mit
Z∞
Wnr ,l (r)dr = 1
0
Mit n = nr + l + 1 ergeben sich die in der folgenden Tabelle skizzierten Zustände.
l
n
nr
Nomenklatur
Grad des Polynoms
0
0
1
2
...
2
3
...
3
4
...
0
1
...
0
1
...
0
1
...
1s
2s
...
2P
3P
...
3D
4D
...
0
1
1
1
2
2
0
1
0
1
Tabelle 5.2: Mögliche Zustände und Nomenklatur dieser.
Es gibt eine weitere Möglichkeiten die Polynome darzustellen. Hierbei ist i Fi eine hypergeometrische Funktion.
2r
Pnr ,l (ρ) = cn,l1 F1 −nr , 2l + 2,
na0
Hierbei ist die Konstante dann:
cn,l
2l+1
= l+2
n (2l + 1)!
s
(n + 1)!
(n − l − 1)!
Im Folgenden werden wir die Aufenthaltswahrscheinlichkeiten einiger einfacher Fälle besprechen.
1. Sei zunächst n = 1 und l = nr = m = 0. Dies ist der Grundzustand 1s mit der Energie E = −ER . Das
Polynome ergibt sich zu:
P0,0 (ρ) = c0,0 · 1
Hieraus folgt folgende Wellenfunktion:
r
r
c0,0
e− a0
ψ1,0,0 (r) = √ e− a0 = p 3
4π
πa0
Für die Normierung benutzen wir die Formel:
Z∞
dxxk e−βx =
k!
β k+1
0
Damit gilt:
Z∞
1=
0
⇒ c0,0 =
2r
drr2 · c20,0 e− a0
2
3/2
a0
5.4. EIGENSCHAFTEN DER LÖSUNG
115
Wir untersuchen nun wo das Maximum dieser Wahrscheinlichkeitsdichte liegt.
d
d 2 −2 ar 0
0=
r e
W0,0 (r∗ ) =
dr
dr
⇒ r ∗ = a0
2. Sei nun n = 2, l = 1 und nr = 0. Wir betrachten also 2P Zustände(m = 0, ±1). Diese Zustände liegen
dann bei der Energie E2 = − E4R . Für diesen Zustand haben wir folgende Radialwellenfunktion:
ρ
Rnr ,l = P0,1 (ρ) · ρ1 · e− 2
Dabei gilt
P0,1 = c0,1 · 1
0 mit
c0,1 = √
1
4!a30
Je nachdem welchen Wert das m annimmt haben wir folgende Kugelflächenfunktionen:
r
3
0
m=0:
Y1 (θ, ϕ) =
cos θ
4π
r
3
m = ±1 :
Y1±1 (θ, ϕ) = ±
sin θe±iϕ
8π
Damit ergeben sich folgende Wellenfunktionen:
r − 2ar
e 0
a0
r
1 1
r
= ± p 3 sin θ · e±iϕ e− 2a0
8 πa0
a0
ψ2,1,0 = p
ψ2,1,±1
1
32πa30
cos θ
3. Sei nun n = 2, l = 0 und nr = 1. Wir betrachten also den 2s Zustand. Die radiale Wellenfunktion ist dann
ρ
Rnr ,l = P1,0 (ρ)e− 2
mit
a1
P1,0 (ρ) = c1,0 + ρ
a0
Wir finden P1,0 aus der Rekurrenzformel in der wir n → k − 1 ersetzen. Die Formel war
(l)
ak
(l)
ak−1
=2
(k + l)λl − 1
k + 1 + 2l
Alternativ kann man P1,0 auch aus der Orthogonalität zur 1s Wellenfunktion finden, da Eigenfunktionen
zu verschiedenen Eigenwerten orthogonal sind.
Z∞
2
dr r · e
0=
−ρ
ρ
a1
1 + ρ e− 2
a0
0
=
2!
3 3
2
+
a1 3!
a0 3 4
2
Hieraus ergibt sich c1,0 zu
1
c1,0 = √
2!
und die 2s Wellenfunktion wird zu
ψ2,0,0 = p
1
8πa30
1−
ρ −ρ
e 2
2
116KAPITEL 5. THEORIE DES DREHIMPULSES. BEWEGUNG IM ZENTRALFELD. WASSERSTOFFATOM
Stellt man die Radiale Wahrscheinlichkeitsdichte der s-Zustände dar so erhält man folgendes Bild.
Abbildung 5.7: Wahrscheinlichkeitsdichte für den 1s und 2s Zustand
Die Wahrscheinlichkeitsdichte der s Zustände ist isotrop und besitzt n = nr +1 Maxima. Eine Winkelabhängigkeit
tritt erst bei l > 0 auf und wird durch die Kugelflächenfunktionen Ylm beschrieben.
Vergleich mit dem Bohrschen Atom Modell
Wir haben die klassische Bahn mit r = a0 als Maximum von ρ1,0,0 reproduziert. Jedoch gilt dies nur als statistisches Mittel und die Aufenthaltswahrscheinlichkeit ist kontinuierlich verteilt. Wir zeigen nun, dass höhere
klassische Bahnen ebenfalls enthalten sind und betrachten Zustände mit nr = 0. Die radiale Wahrscheinlichkeitsdichte Wn,l,m hat dann mit n = l + 1 folgende Proportionalität:
Wn,l,m ∝
r
a0
2l+2
e
r
−2 (l+1)a
2l+2
r
r
2
−2
e (l+1)a0
a0
(l + 1)a0
2l+1 2l+2
2l + 2 rmax,l
rmax,l
2
0=
−
a0
a0
a0
(l + 1)a0
2l+1 rmax,l
l + 1 rmax,l
1
0=
−
a0
a0
a0 (l + 1)a0
0
Wn,l,m
∝
2l + 2
a0
r
a0
2l+1
0
e
r
−2 (l+1)a
0
−
rmax,l = (l + 1) · (l + 1)a0
rmax,l = (l + 1)2 a0
Diese Maxima entsprechen den klassischen Bahnen. Abweichend vom Bohrschen Modell haben wir jedoch nicht
monotone r-Abhängigkeiten (2s,3s,...). Außerdem gibt es für l > 0 eine komplizierte θ und ϕ Abhängigkeit
die vom Bohrschen Modell nicht beachtet wird. Dazu kommt noch, dass die Gesamtwellenfunktion für ein En
n2 -fach entartet ist.
Ψn =
n−1
X
l
X
anml ψnlm
l=0 m=−1
mit |anml |2 = 1/n2 . Die ψnlm sind wie schon gesehen winkelabhängig. Die Superposition Ψn ist dagegen isotrop
wie in der Klassik.
5.5
Messungen am Wasserstoff-Atom
Die zuvor bestimmten ψnlm sind die Eigenfunktionen von den kommutierenden Operatoren Ĥ, L̂2 , L̂z zu festen
Eigenwerten En ,~2 l(l + 1) und ~m. Kommen wir nun zu der Bestimmung der Mittelwerte (Messung) anderer
Größen. Als Beispiel nehmen wir den 1s-Zustand.
Potentielle Energie: Der Mittelwert der potentiellen Energie im 1s Zustand ist gegeben durch:
hV̂ i1s = −
Ze2 1
h i
4π0 r 1s
5.5. MESSUNGEN AM WASSERSTOFF-ATOM
117
Dies berechnet sich zu:
Z
1
h i =
r 1s
1
d3 r |ψ1,0,0 |2
r
R3
1
=
· 4π ·
πa30
Z∞
2r
dr re− a0
0
1
=
a0
Also gilt:
hV̂ i1s = −
Kinetische Energie:
Ze2
= 2 · E1
a0 4π0
Der Mittelwert der kinetischen Energie ist gegeben durch:
hT̂ i1s =
1 L̂2
1
hp̂2r i1s +
h i
2mr
2mr r2 1s
Hierbei liefert der L̂2 -Operator bei Anwendung auf einen s Zustand wegen l = 0 keinen Beitrag. Es ist also zu
berechnen:
Z
2
r
1 d2 − ar
3 −~
hp̂r 2i1s = d r
re 0 e− a0
3
2
pia0 r dr
R3
2
=
~
a20
Mit der Definition der Feinstrukturkonstante α
α :=
e2
1
≈
4π0 ~c
137
(5.58)
lässt sich das Quadrat des Impulses im 1s Zustand als
hp̂2r i1s = m2r (αc)2 Z
schreiben. Betrachten wir nun den Mittelwert des Geschwindigkeitsquadrats:
hv 2 i1s =
1
hp2 i
mr r 1s
√
Dies führt auf v = αc Z und macht deutlich, dass relativistische Effekte hier eine Rolle spielen. Dies gilt
insbesondere für Z 1. Aus obigen Ergebnissen ist ersichtlich, dass
−2 hT̂ i = hV̂ i
gilt. Wir haben also bei V ∝
1
rn
einen Spezialfall des Virialtheorems vorliegen:
2 hT̂ i + n · hV̂ i = 0
Gesamtenergie:
Der Mittelwert des Hamilton-Operators ist nun leicht zu berechnen:
hĤi = hT̂ i + hV̂ i = −
Ze2 1
= E1
4π0 2a0
Impulsverteilung: Möchte man die Wahrscheinlichkeitsdichte der Impulsverteilung bestimmen, so fügt man
wie zuvor einfach den Projektionsoperator |ri hr| ein:
ψ̃(pr ) = hpr |ψi
Z
= d3 r hpr |ri hr|ψi
R3
Z
=
R3
d3 r
1
(2π~)
3
2
e
ip ◦r
r
~
ψ(r)
118KAPITEL 5. THEORIE DES DREHIMPULSES. BEWEGUNG IM ZENTRALFELD. WASSERSTOFFATOM
Für den Grundzustand ergibt sich:
˜ 1s (pr ) = |ψ̃1s (pr )|2
rho
3
4
a0 ~
= 3
π
~2 + a20 p2r
5.5.1
Wechselwirkung mit Strahlung. Auswahlregeln
Wir betrachten hier nur die klassische Dipolstrahlung, da sie in den meisten Fällen überwiegt. Aus der Elektrodynamik kennt man die Intensität I:
I∝
ω4 2
hp i
c3
Hierbei ist p = e · r das elektrische Dipolmoment und hp2 i ist eine Mittelung über eine Periode der Oszillation.
In der Quantenmechanik ist nun der Erwartungswert | hpinlm |2 zu bestimmen. Es gilt nun aber
hnlm|r|nlmi = 0
für alle n, l, m. Also emittieren Eigenzustände keine Dipolstrahlung. Dies ist eine strenge Bestätigung für
Bohrs strahlungsfreie Bahnen“. Wir können also eine Emission oder Absorption nur bei Übergängen zwi”
schen Zuständen beobachten. Sei nun k = {n, l, m} ein zunächst beliebiger Anfangszustand und k 0 = {n0 , l0 , m0 }
ein Endzustand. Wenn also für das Matrixelement
rkk0 = hn0 l0 m0 |r|nlmi =
6 0
gilt, so wird eine Intensität
Ikk0 ∝
4
2
ωkk
0e
|rkk0 |2
c3
emittiert/absorbiert. Schauen wir uns nun also das Matrixelement etwas genauer an.


Z∞
I
sin θ cos ϕ
0
∗
sin θ sin ϕ  Ylm
hn0 l0 m0 |r|nlmi = dr r2 · Rn0r ,l0 rRnr ,l · dΩ Ylm
0
cos θ
0
Um das Winkelintegral genauer auswerten zu können verwenden wir folgenden Trick. Man kann den Winkelanteil
des Ortes ebenfalls durch Kugelflächenfunktionen ausdrücken:
x
= sin θ cos ϕ = Y11 − Y1−1
r
y
= sin θ sin ϕ = Y11 + Y1−1
r
z
= cos θ = Y10
r
Fügen wir dies oben ein so erhalten wir:
hn0 l0 m0 |r|nlmi =
Z∞
0
dr r2 · Rn0r ,l0 rRnr ,l ·
I

 1
Y1 − Y1−1
∗ 1
dΩ Ylm
Y1 + Y1−1  Ylm
0
Y10
|
{z
}
0
Y1m
mit m = 0, 1, −1. Für Kugeflächenfunktionen gilt das folgende Additionstheorem:
m+m
m+m
Y1m Ylm = AYl+1
+ BYl−1
Aus der Orthogonalität folgend dann die Auswahlregeln:
(
l0 − l = ∆l = ±1
rkk0 6= 0 ⇔
m0 − m = ∆m = m = {0, 1, −1}
Bezüglich der Quantenzahl n gibt es keine weitere Auswahlregel, da das folgende Integral für l 6= l0 immer
verschwindet.
Z
dr r2 rRn0r ,l0 · Rnr ,l
5.5. MESSUNGEN AM WASSERSTOFF-ATOM
119
Abbildung 5.8: Die erlaubten Übergänge beim Wasserstoff-Atom. Die obersten Pfeiler kommen von beliebigen
Zuständen beim Kontinuum.
Mit obiger Abbildung erkennt man die verschiedenen Serien, die wir nun mit den Auswahlregeln verstehen
können.
1. Lyman-Serie (UV)
2. Balmer-Serie (optischer Bereich)
3. Paschen-Serie (Infrarot)
Für die Frequenz eines Übergangs gilt:
ω
kk0
=ω
nn0
En0 − En
ER
=
=
~
~
1
1
− 2
n02
n
Übergänge mit n0 = n haben keine Auswirkung auf das Spektrum, da die Intensität hier Null ist. Die Energie
eines Photons ist ~ωn0 n . Bei ωn0 n > 0 spricht man von Absorption oder Anregung. Bei ωn0 n < 0 spricht
man von Emission. Analog kann man auch Auswahlregeln bei Quadrupolstrahlung bestimmen. Im Externen
elektrischen Feld tritt eine Verschiebung der Energie-Niveaus auf(Stark Effekt). Darüber hinaus tritt im externen
magnetischen Feld der sogenannte Zeemann-Effekt auf. Unsere Theorie hat jedoch ihre Grenzen und Mängel.
Zum einen werden relativistische Effekte und Vakuum Fluktuationen nicht berücksichtigt zum anderen haben
wir das magnetische Moment des Elektrons noch nicht berücksichtigt.
120KAPITEL 5. THEORIE DES DREHIMPULSES. BEWEGUNG IM ZENTRALFELD. WASSERSTOFFATOM
Kapitel 6
Der Spin der Elementarteilchen.
Zeeman-Effekt. Pauligleichung
Der Spin1 ist eine fundamentale Eigenschaft, wie Masse oder Ladung, der Elementarteilchen. Auch wenn man
ihn als Eigendrehimpuls“bezeichnet ist der Spin ein reiner Quanteneffekt und hat kein Analogon in der klassi”
schen Mechanik. Der Spin erklärt das Verhalten der Elementarteilchen und Atome im Magnetfeld. Außerdem ist
er der Grund für intrinsischen Magnetismus, also zum Beispiel Dia- und Paramagnetismus. Es gibt heute umfangreiche Anwendungen die auf dem Spin basieren (magnetische Materialien, Kernspinresonanz, Tomographie,
Spinkontrolle, Spintronics“, ...).
”
6.1
Magnetisches Moment und Drehimpuls
Betrachtung in der klassischen Elektrodynamik: Betrachten wir eine Ladung auf einer Kreisbahn mit
dem Drehimpuls:
L=r×p
Die elektrische Stromdichte wird zu
j(r) = qvδ(r − R)
,wenn R die Kurve der Kreisbahn ist.
Abbildung 6.1: Ladung auf einer Kreisbahn
Aus der Elektrodynamik kennen wir das magnetische Moment:
Z
1
m=
dV r × j(r)
2c
Z
q
=
dV r × vδ(r − R)
2c
q
= R×v
2c
q
=
L
2mc
1 Das
ist Englisch
121
122
KAPITEL 6. DER SPIN DER ELEMENTARTEILCHEN. ZEEMAN-EFFEKT. PAULIGLEICHUNG
Das mangnetische Moment ist also proportional und vor allem parallel zum Bahndrehimpuls. Haben wir jetzt
einen allgemeinen Drehimpuls J, so erwartet man, dass dieser auch ein magnetisches Moment erzeugt. Hierbei
kann jedoch die Proportionalität anders sein. Wir definieren:
m = gJ ·
q
J
2mc
(6.1)
Den Faktor gL = 1 kennen wir also bereits.
Quantenmechanik: Nach dem Korrespondenzprinzip ersetzen wir in den obigen funktionellen Zusammenhänge
die wichtigen Größen nun durch Operatoren. Wir wissen, dass die Lz → L̂z Komponente des Drehimpuls quantisierte Eigenwerte ~m besitzt. Hierbei gilt −l ≤ m ≤ l. Man postuliert jetzt:
m → m̂ =
q
L̂gL
2mc
Damit ist auch m̂z quantisiert und besitzt 2l + 1 Eigenwerte. Diese Eigenwerte sind für m:
µl = gL
q
~m = gL µBe · m
2me c
Hierbei sind wir jetzt vom Bahndrehimpuls L ausgegangen. Außerdem hat man noch das Bohrsche Magneton
definiert:
µB =
e0 ~
2me c
Je nach Teilchensorte ist dieses Magneton anders. Das Bohrsche Magneton des Elektron ist µBe = −µB . Beim
Proton gilt:
µBp =
6.2
µBe
1836
Stern-Gerlach-Experiment
Das DeHaas-Experiment auf Anregung Einsteins 1915 hatte die Messung der Lande-Faktors des Elektrons
zum Ziel. Das Resultat war g = 2. Dies stand im Widerspruch zur klassisches Elektrodynamik gL = 1 und
war also nicht durch den Bahndrehimpuls erklärbar. Das zweite wichtige Experiment zum Spin ist der SternGerlach-Versuch der 1921 in Frankfurt durchgeführt wurde. Hierfür wurde ein inhomogenes Magnetfeld mit
∇B||z verwendet. Durch dieses hat man Silberatome auf einen Schirm geschossen. Für ein Atom mit einem
Valenzelektron gilt das Magnetmoment:
mA = me + mKern


= me 
1 +

me 

mKern 
| {z }
1
Abbildung 6.2: Stern-Gerlach-Versuch.
6.3. DER SPIN DER ELEMENTARTEILCHEN
123
Die Intensität auf der Schirm ist proportional zur Zahl N (z) der Atome an dieser Stelle. Man erhielt eine
zweifache Aufspaltung auf dem Schirm. Beide Peaks hatten die gleiche Intensität. Die Ursache hierfür ist, dass
es keine Kraft F parallel zu grad B gibt. Die Energie eines magnetischen Moments im äußeren Magnetfeld ist:
ext
Wmag
= −me ◦ B
= −me,z · Bz
Damit wird die Kraft zu:
ext
F = − grad Wmag
= me,z grad Bz
Die Kraft benötigt also eine Änderung des Magnetfelds. Deshalb muss man hier ein inhomogenes Magnetfeld
verwenden. Im quantenmechanischen Resultat sind die möglichen Messwerte die Eigenwerte. Es gilt dann
F mu = µe ∇Bz
= gL µBe · m∇Bz
mit −l ≤ m ≤ l. Wir sagen also eine 2l + 1 fache Aufspaltung des Strahls voraus.
Aber: Das Experiment wurde mit Silberatomen im Grundzustand durchgeführt. Diese sind sphärisch symmetrisch (l = 0) und haben keinen Bahndrehimpuls. Es ist also gier keine Auspaltung zu erwarten. Das Experiment
zeigt jedoch, dass ein Elektronen Strahl mit l = 0 2fach auspaltet.
Schlussfolgerungen:
1. Das Resultat des Experimentes ist nicht durch das Magnetmoment des Bahndrehimpulses erklärbar.
2. Der Zustand |nlmi ist nicht eindeutig.
3. Ĥ,L̂2 und L̂z sind keine vollständige Observable.
6.3
Der Spin der Elementarteilchen
Wir fassen hier noch einmal die Schlussfolgerungen aus dem Stern-Gerlach-Experiment zusammen. Die Multiplizität der Drehimpulszustände |lmi muss größer als 2l + 1 sein. So muss es zwei Zustände im WasserstoffGrundzustand geben. Es muss einen zusätzlichen Drehimpuls geben. Dieser erhält die Quantenzahl s und hat
eine zusätzliche Multiplizität 2s + 1. Außerdem müssen zusätzliche Observable existieren, die mit Ĥ, L̂2 und L̂3
kommutieren.
Lösung: Die Lösung erfolgte 1925 durch Goudsmith/Uhlenbeck und Pauli. Sie machten die Hypothese des
Spins: Das Elektron besitze einen Eigendrehimpuls ~2 , der zu einem magnetischem Moment führt. Dies formulieren wir noch einmal allgemein.
• Die Elementarteilchen besitzen einen Eigendrehimpuls s genannt Spin.
• Der Spin wird durch den hermitschen Operator ŝ dargestellt. Dieser hat die Eigenschaften:
~
[ŝ1 , ŝ2 ] = − ŝ3
i
mit zyklischer Vertauschung und
[ŝ3 , ŝ3 ] = 0
Dieser Eigendrehimpuls“ist unabhängig von L und p.
”
124
KAPITEL 6. DER SPIN DER ELEMENTARTEILCHEN. ZEEMAN-EFFEKT. PAULIGLEICHUNG
Eigenwertproblem des Spins
ˆ
Da der Spin ein Drehimpuls ist, kennen wir bereits die Eigenwertgleichungen aus der Analogie mit J.
ŝ2 |s, s3 i = s(s + 1)~2 |s, s3 i
(6.2)
ŝ3 |s, s3 i = s3 ~ |s, s3 i
(6.3)
Hierbei gilt −s ≤ s3 ≤ s. Es existieren ganz- und halbzahlige s.
1
3
s = 0, , 1, , ...
2
2
Diese Quantenzahl s ist eine fundamentale Größe wie Ladung oder Masse für jedes Elementarteilchen. Für das
Elektron, Proton und Neutron gilt
s=
1
2
Damit kann die z-Komponente nur die Werte
s3 = ±
1
2
annehmen.
Teilchen mit s halbzahlig nennt man Fermionen. Teilchen mit s ganzzahlig nennt man Bosonen.
Auch der Spin besitzt ein magnetisches Moment ms und dies ist die Erklärung für den Stern-Gerlach-Versuch.
Das magnetische Moment ist:
ms =
e
gs s
2mc
µs3 =
e
gs s3
2mc
mit den Eigenwerten:
Hierbei ist gs der gyromagnetische Faktor des Spins (Elektron gs = 2, Proton gs = 5.59, Neutron gs = −3.83.
Die Theoretische Begründung für gs erfolgt nur durch die Quantenelektrodynamik. Das Resultat ist:
α
2.973 2
gs ≈ 2 · 1 +
−
α + ...
2π
π2
Dabei ist
α=
1
137
die Sommerfeldsche Feinstrukturkonstante.
6.4
Zustände mit Spin. Paulimatrizen
Die vollständige Observable für 1 Teilchen ist nun r̂, ŝ2 , ŝ3 . Diese müssen also kommutieren und die gemeinsamen
Eigenfunktionen
|r, s, s3 i
haben. Äquivalent dazu ist das System p̂, ŝ2 , ŝ3 . Es gibt natürlich noch beliebig viele weitere Systeme. Für das
Wasserstoff-Atom haben wir:
Ĥ, L̂2 , L̂3 , ŝ2 , ŝ3 → |n, l, m, s, s3 i
Für ein gegebenes Teilchen kann s weggelassen werden, weil es nicht ohne Teilchenumwandlungen nicht ändern
kann. Für die Behandlung des Spin führen wir den erweiterten Zustandsraum HBs ein. Hierbei ist B der
Index für den Bahn Raum und s der Index für den Spinraum. Einen Zustand in diesem Raum nennen wir dann
|bs3 i
6.4. ZUSTÄNDE MIT SPIN. PAULIMATRIZEN
125
für ein fixiertes s. Wir benötigen nun eine Orthogonalitätsbedingung von Zuständen im erweiterten Zustandsraum. Da b im allgemeinen Fall kontinuierlich aber s3 immer diskret ist, gilt:
hbs3 |s03 b0 i = δ(b − b0 )δs3 ,s03
(6.4)
Außerdem fordern wir Vollständigkeit für ein fixiertes s:
1̂ =
Z
s
X
db |bs3 i hs3 b|
(6.5)
s3 =−s
Wir nehmen nun an, dass die Spin-Bahn-Wechselwirkung vernachlässigbar ist. Das verlangt insbesondere, dass
die Potentiale Spin unabhängig sind. In diesem Fall zerfällt der Zustandsraum HBs in
HBs = HB ⊗ Hs
Der Hilbertraum ist also seperabel in den Bahnraum HB und den Spinraum Hs . Die Zustände in HBs werden
dann zu einem Produkt von Zuständen aus je einem Raum:
|bs3 i = |bi · |s3 i
Dann bekommen wir eine Teilbasis in Hs mit
hss3 |s03 si = δs3 ,s03
(6.6)
und
1̂ =
s
X
|ss3 i hs3 s|
(6.7)
s3 =−s
Bemerkung: Die Spin-Bahn-Kopplung wird behandelt durch den Gesamtdrehimpuls Ĵ = L̂ + ŝ in Quantenmechanik II. Dies korrigiert das Spektrum der Atome nochmals.
Teilchen mit Spin 1/2
Im Folgenden werden wir nur Teilchen mit s = 12 ~ betrachten. Der Spinraum wird dann zu:
Hs → H 12
Die Eigenwerte der z-Komponente des Spins sind dann
1 1
s3 = + , −
2 2
mit den Eigenfunktionen | 12 i und |− 12 i. Kompakter schreiben wir auch |+i und |−i. Dies sind die Basisvektoren
in H 21 mit
h+|+i = h−|−i = 1
h+|−i = h−|+i = 0
Ein beliebiger Spinzustand |ui lässt sich dann nach diesen Basisvektoren entwickeln:
1
|ui =
2
X
|s3 i hs3 |ui
s3 =− 12
= u+ |+i + u− |−i
+
u
=
u−
Hierbei ist u± = h±|ui. In der letzten Zeilen haben wir die Darstellung als Spin-Vektor gewählt ( Spinor“). Wir
”
werden dies gleich genauer ausführen. Zuvor schauen wir uns noch die Wahrscheinlichkeit an den Zustand |+i
(analog |−i) anzutreffen.
Pu± =
| h±|ui |2
hu|ui
126
KAPITEL 6. DER SPIN DER ELEMENTARTEILCHEN. ZEEMAN-EFFEKT. PAULIGLEICHUNG
Koordinatenschreibweise: Im Folgenden stellen wir die Zustände und Operatoren in H 12 als Vektoren und
Matrizen dar. Die Basiszustände schreiben sich dann als
1
|+i =
0
0
|−i =
1
dar. Um die Darstellung der Spinoperatoren ŝ1 , sˆ2 , ŝ3 und ŝ2 zu finden definieren wir wieder Leiteroperatoren:
ŝ± = ŝ1 ± iŝ2
(6.8)
Kennt man die Darstellung dieser Operatoren so kann man aus
2ŝ1 = ŝ+ + ŝ−
2iŝ2 = ŝ+ − ŝ−
die Operatoren ŝ1 und ŝ2 gewinnen. Die Wirkung der Leiteroperatoren ist vom allgemeinen Drehimpuls Jˆ
bekannt.
ŝ+ |−i = ~ |+i
(6.9)
+
(6.10)
−
(6.11)
ŝ |+i = 0
ŝ |−i = 0
ŝ − |+i = ~ |−i
(6.12)
Ein Operator  in H 21 ist eine 2 × 2-Matrix.
 →
A++
A−+
A+−
A−−
Die Matrixelemente ergeben sich dann aus A+− = h+|Â|−i, usw. Wir finden nun die Matrixdarstellung von ŝ+ .
Sei zunächst:
α β
+
ŝ =
γ δ
Betrachte also nun:
α β
1 ! 0
·
=
γ δ
0
0
α
0
=
γ
0
Hieraus folgt sofort α = 0 und γ = 0. Betrachte jetzt die zweite Gleichung für ŝ+ .
α β
0 !
1
·
=~
γ δ
1
0
β
1
=~
δ
0
Hieraus folgt δ = 0 und β = ~. Analog verfahren wir für ŝ− . Wir erhalten
0 1
hs3 |ŝ+ |s03 i = ~
0 0
0 0
hs3 |ŝ− |s03 i = ~
1 0
(6.13)
(6.14)
Dies ist ist s3 -Darstellung“. Die Basisvektoren sind hier also Eigenfunktionen von ŝ3 . In dieser Basis ist ŝ3
”
diagonal und ŝ1,2 folgen aus obigen Bestimmungsgleichungen:
6.5. PAULIGLEICHUNG
127
hs3 |ŝ3 |s03 i =
~
σ̂3
2
(6.15)
mit
σ̂3 =
1
0
0
−1
hs3 |ŝ1 |s03 i =
(6.16)
~
σ̂1
2
(6.17)
1
0
(6.18)
~
σ̂2
2
(6.19)
mit
σ̂1 =
0
1
hs3 |ŝ2 |s03 i =
mit
σ̂2 =
−i
0
0
i
(6.20)
ˆ = (σ̂1 , σ̂2 , σ̂3 nennt man die Pauli Spinmatrizen für s = 1 . Sie sind eine fundamentale Größe in der gesamten
~σ
2
theoretischen Physik.
6.5
Pauligleichung
Wir benötigen nun eine Bewegungsgleichung für Elementarteilchen im elektromagnetischen Feld. Wir koppeln
das EM-Feld wie in der klassischen Elektrodynamik ( minimale Kopplung“) an. Für den Impuls folgt dann:
”
e
p→p− A
(6.21)
c
Außerdem bewirkt das skalare Potential ϕ die potentielle Energie V :
V = eϕ
(6.22)
Der Hamilton Operator wird dann zu:
Ĥ =
2
1 2 e
p̂ − A(r, t) + V (r, t) + ∆Ĥs
2m
c
(6.23)
Hierbei stellt ∆Hs den Spinbeitrag dar. Mit den Maxwellgleichungen für das klassische elektrische und magnetische Feld und der Definition der Potentiale gilt:
E = −∇ϕ −
1 ∂A
c ∂t
B =∇×A
Der Spinbeitrag im Magnetfeld erhält wegen des magnetischen Moments die Energie:
∆Ĥs = −m̂s ◦ B
Hierbei war:
m̂s = gs
e
ŝ
2mc
Die Verallgemeinerung der Schrödinger-Gleichung auch Pauligleichung genannt ist dann:
128
KAPITEL 6. DER SPIN DER ELEMENTARTEILCHEN. ZEEMAN-EFFEKT. PAULIGLEICHUNG
i~
∂
1 e 2
e
p̂ − A + V −
|ψi =
gs B ◦ ŝ |ψi
∂t
2m
c
2mc
(6.24)
Dies ist die allgemeine darstellungsunabhängige Form für alle A(r, t) und V (r, t). Die Definition von A und ϕ
ist jedoch nicht eindeutig. Aus der Elektrodynamik wissen wir, dass wir hier die Eichfreiheit
χ(r,t)
(A, ϕ) −→ (A,˜ϕ̃)
(6.25)
haben. Die Funktion χ(r, t) ist die Eichtransformation. Das Problem ist nun: Ändert sich die Pauli-Gleichung
bei einer solchen Eichtransformation?
Eichinvarianz: Wir stellen die fundamentale Forderung, dass alle physikalischen Eigenschaften (Messresultate) invariant bei Eichtransformationen sind.
(
Felder E, B
⇒
invariant unter χ(r, t)
ρ = ψψ ∗
Wir wissen, dass die Felder E und B invariant sind bei Transformationen der folgenden Form:
A → Ã = A + ∇χ(r, t)
1 ∂
ϕ → ϕ̃ = ϕ −
χ(r, t)
c ∂t
Wir wissen außerdem, dass die Wahrscheinlichkeitsdichte beziehungsweise |ψ|2 invariant bei Transformation wie
ψ → ψ̃ = ψ · eif (χ)
ist. Wir dürfen also einen reinen Phasenfaktor hinzufügen. Wir bestimmen nun f (χ) durch Einsetzen in die
Pauligleichung und lassen den Spin zunächst weg. Nach der Eichung hat die Gleichung die folgende Gestalt:
∂
ˆ ψ̃
ψ̃ = H̃
∂t
∂f
1 if (χ) ~
∂f
e
e
e i~eif (χ) ψ̇ + i ψ =
e
∇+~
· ∇χ − A − ∇χ ψ + eif (χ) eϕ − χ̇ ψ
∂χ
2m
i
∂χ
c
c
c
∂f
1
~
∂f
e
e
e
i~ ψ̇ + i ψ =
∇+~
· ∇χ − A − ∇χ ψ + eϕ − χ̇ ψ
∂χ
2m i
∂χ
c
c
c
i~
Die Pauligleichung bleibt forminvariant genau dann, wenn alle ∇χ und χ̇ Terme verschwinden. Dies führt auf
folgende Gleichungen:
∂f
e
χ̇ −~
+
=0
∂χ c
e
∂f
−
=0
∇χ ~
∂χ c
Diese beiden Gleichungen werden für
df
e
=
dχ
~c
erfüllt. Daraus folgt:
f (χ) =
e
χ + const
~c
Damit geht obige Gleichung in die ursprüngliche Pauli-Gleichung über und es ist
e
ψ̃ = ψei ~c χ(r, t)
die Eichtransformation der Wellenfunktion.
(6.26)
6.5. PAULIGLEICHUNG
129
Bemerkung: Der ∆Ĥs Anteil des Hamilton Operators ist invariant unter Eichtransformationen und beeinflusst 6.26 nicht.
6.5.1
Pauligleichung in Orts-Spindarstellung
Als Basis nehmen wir im Folgenden die Eigenzustände von r̂ und ŝ3
|rs3 i
mit der Vollständigkeitsrelation:
1̂ =
XZ
dr |rs3 i hs3 r|
s3
Die Wellenfunktion in dieser Darstellung ist dann:
|ψi → hrs3 |ψi = ψ(r, s3 , t)
Nun kann s3 2s + 1 verschiedene Werte annehmen. Stellt man jeden dieser Zustände als eine Zeilen in einem
Spaltenvektor dar, so erhält man:


ψ(r, s, t)
ψ(r, s − 1, t)


ψ(r, s3 , t) = Φ(r, t) = 

..


.
ψ(r, −s, t)
Man kann dies also als Spaltenvektor mit 2s+1 Elementen schreiben. Die Normierung erfolgt durch Transposition
und komplexe Konjugation:
1 = hψ|ψi
Z
s
X
=
dr |ψ(r, s3 , t)|2
s =−s
Z3
=
dr Φ† · Φ


ψs
Z
ψs−1 


∗
∗
, ..., ψ−s
) . 
= dr(ψs∗ , ψs−1
 .. 
ψ−s
=
s
X
Z
dr |ψs |2
s3 =−s
Für ein Teilchen mit Spin s =
1
2
wird Φ ein zweizeiliger Spinor:
ψ r, + ~2 , t
|ψi → Φ =
ψ r, − ~2 , t
Wir wollen nun die Orts-Spinor-Darstellung der Pauligleichung erhalten. Dafür multiplizieren wir diese mit
hr, s3 |. Das Einfügen einer 1̂ hinter ŝ in folgendem Ausdruck führt auf:
hrs3 |B ◦ ŝ|ψi = B
s
X
hrs3 |ŝ|rs03 i hrs03 |ψi
s03 =−s
=B
s
X
hs3 |ŝ|s03 i hrs03 |ψi
s03 =−s
Die Pauligleichung wird zu:


s
2
X
∂
1
e
e
gs B
hs3 |ŝ|s03 i ψ(r, s3 , t)
i~ ψ(r, s3 , t) = 
p̂ − A(r, t) + V (r, t) −
∂t
2m
c
2mc
0
s3 =−s
(6.27)
130
KAPITEL 6. DER SPIN DER ELEMENTARTEILCHEN. ZEEMAN-EFFEKT. PAULIGLEICHUNG
Der Teil mit der Summe koppelt die verschiedenen Spinorkomponenten. Man erhält ein System von 2s + 1
gekoppelten Gleichungen. Analog kann man die p − s3 und weiter Darstellungen gewinnen. Wir können die nun
gewonnene Gleichung mit der Spinor-Wellenfunktion Φ umschreiben zu:
∂
e
1 e 2
i~ Φ(r, t) =
p̂ − A + V 1̂s −
gs B ◦ ŝ Φ(r, t)
(6.28)
∂t
2m
c
2mc
1̂s ist eine Diagonal-Matrix. Diese Formulierung ist äquivalent zu vorigen Beschreibung durch 2s+1 Gleichungen.
Fazit: Die erhaltenen Gleichungen verallgemeinern die Schrödinger-Gleichung für den Fall eines geladenen Teilchens mit Spin im elektromagnetischen Feld. Daher müssen diese Gleichungen alle Eigenschaften der SchrödingerGleichung erfüllen. Insbesondere muss die Kontinuitätsgleichung
∂
ρ + div j = 0
∂t
erfüllt sein. Hierbei ist die Wahrscheinlichkeitsdichte
ρ(r, t) = Φ† Φ =
s
X
|ψ(r, s3 , t)|2
(6.29)
s3 =−s
und die Wahrscheinlichkeitsstromdichte:
j(r, t) = −
i~ †
e
Φ ∇Φ − Φ∇Φ† −
A·ρ
2m
mc
(6.30)
Die Spinbeiträge verhalten sich hier additiv:
j=
ρ=
s
X
s3 =−s
s
X
js
ρs
s3 =−s
Die elektrische Stromdichte ergibt sich als messbare Größe zu:
j el (r, t) = e · j(r, t)
6.5.2
Pauligleichung in der Coulomb Eichung
Die Eichinvarianz erlaubt Vereinfachungen durch günstige Wahl der Eichung. Wir wählen hier die CoulombEichung mit ∇A = 0. Es folgt dann
p̂(Aψ) = Ap̂ψ
Also gilt in dieser Eichung
[p̂, A] = 0
Damit gilt auch
e 2
e2
e
p̂ − A = p̂2 + 2 A2 − 2 Ap̂
c
c
c
Weiter machen wir die Vereinfachung eines schwaches Magnetfeldes. Dann ist mit Sicherheit der A2 Term
vernachlässigbar. Außerdem soll dieses Feld homogen entlang der z-Achse orientiert sein.
B = (0, 0, B)
Wir wählen nun
A=
1
1
B × r = (−B · y, B · x, 0)
2
2
6.6. WASSERSTOFF-ATOM IM MAGNETFELD. ZEEMAN-EFFEKT
131
Diese Wahl erfüllt sowohl B = rot A als auch div A = 0. Es gibt auch noch weitere Möglichkeiten A zu wählen.
Mit dieser Definition des Potential folgt nun:
1
B × rp̂
2
1
= Br × p̂
2
1
= B L̂
2
Ap̂ =
(6.31)
(6.32)
(6.33)
Damit wird die Pauligleichung zu:


i~

∂Φ 
e

 p̂2
=
+ V 1̂s −
B L̂1̂s + gs Ŝ  Φ
∂t
2mc
 2m
|
{z
}
(6.34)
∆ĤB
Das Magnetfeld koppelt also an das Gesamtmagnetmoment mtot .
∆ĤB = −m̂tot B
(6.35)
mit
m̂tot =
µB L̂ + gs Ŝ
~
Aus 6.34 folgt die stationäre Pauligleichung
2
µB p̂
+ V (r) 1̂s −
B L̂ + gs Ŝ Φ = E · Φ
2m
~
(6.36)
(6.37)
mit den Lösungen Φ(r).
i
Φ(r, t) = e− ~ Et Φ(r)
Spezialfall:
Betrachten wir nun Teilchen mit dem Spin 21 . Der Spinoperator Ŝ wird dann zu:
Ŝ =
~
σ̂
2
Damit wird das Gesamtmagnetmoment zu:
gs µB
m̂tot = L̂ + ~σ̂
2
~
Für Elektronen gilt gs ≈ 2 und damit gilt:
m̂tot = (L̂ + 2Ŝ)
µB
~
Der Gesamtdrehimpuls J = L + S ist damit nicht parallel zum Gesamtmagnetmoment. Die Folge ist eine
Spinpräzession im Magnetfeld.
6.6
Wasserstoff-Atom im Magnetfeld. Zeeman-Effekt
Wir nehmen ein schwaches homogenes Magnetfeld.
B = (0, 0, B3 )
Außerdem berücksichtigen wir keine Spin-Bahn-Kopplung. Dies bezeichnent den einfachen“Zeemann Effekt.
”
Die Lösung der Pauligleichung hatte die folgende Struktur. Die Eigenfunktionen sind gemeinsame Eigenzustände
von Ĥ, L̂2 , L̂3 , ŝ2 und ŝ3 . Da sich sich s = ~2 nicht ändert bezeichnen wir diese Zustände also mit:
|nlms3 i
Der Hamiltonoperator des Problems teilt sich in einen feldfreien Anteil Ĥ0 und einen Feldanteil ∆ĤB auf.
Ĥ = Ĥ0 + ∆ĤB
132
KAPITEL 6. DER SPIN DER ELEMENTARTEILCHEN. ZEEMAN-EFFEKT. PAULIGLEICHUNG
Es galt:
p̂2
+ V eff (r)
2mr
µB , e
∆ĤB = −
B3 (L̂3 + gs ŝ3 )
~
Ĥ0 =
Das Eigenwertproblem von Wasserstoff im Magnetfeld wird also zu:
Ĥ0 + ∆ĤB |nlms3 i = Enlms3 |nlms3 i
Dabei ist der Anteil
Ĥ0 |nlms3 i = En |nlms3 i
bekannt. Beim zweiten Teil kennt man die Lösung des L̂3 Operators und aus Analogie kennt man auch s3 . Es
gilt:
s3 |nlms3 i
∆ĤB |nlms3 i = +µB B3 m + gs
~
Es gilt also:
s3 Enlms3 = En + µB B3 m + gs
~ e0 ~
2s3
B3 m +
= En +
2me c
~
In der zweiten Zeile wurde für das Elektron gs,e = 2 eingesetzt. Die s3 Komponente des Spins kann hier die
Werte s3 = ± ~2 annehmen. Eine wichtige hier zu definierende Größe ist die Larmorfrequenz:
ωL =
e0
B
me c
Für einen besonders einfachen Aufschrieb definieren wir noch ω L =
Verschiebung der Energie En durch die folgenden zwei Beiträge.
ωL
2 .
1. Der erste Beitrag ist die L̂z -B-Kopplung.
∆Em =
e0 ~
B3 · m = ~ω L · m
2mc
2. Außerdem gibt es noch einen Beitrag durch die ŝ3 -B-Kopplung.
δEs3 =
Hierbei gilt −l ≤ m ≤ l und − 12 ≤ s3 ≤ 12 .
e0 ~
s3
B3 2 = ~ω L 2s3
2mc
~
Das Magnetfeld bewirkt also eine
6.6. WASSERSTOFF-ATOM IM MAGNETFELD. ZEEMAN-EFFEKT
133
Abbildung 6.3: Ist ein äußeres Magnetfeld angelegt so wird die Entartung der m Zustände aufgehoben. Jede
dieser Komponenten spaltet wird noch um den Spinbeitrag verschoben. Es ergeben sich die oben abgebildeten
Energieniveaus. Für n = 2 ist der 2s Zustand nicht angegeben, da vor allem der strahlende Übergang zwischen
den Niveaus interessiert und ∆l = 0 nicht möglich ist.
Für die Aufspaltung halten wir fest:
• Die s-Niveaus spalten zweifach auf. Dies ist das Ergebnis des Stern-Gerach-Versuchs.
• Die p-Niveaus spalten fünffach auf. Hierbei erhält man noch eine zweifache Entartung bei s3 = ~2 , m = −1
und s3 = − ~2 , m = +1.
Ohne Spin haben wir 2l+1 verschiedene Zustände. Berücksichtigt man, dass mit Spin das mittlere Energieniveau
immer entartet ist so haben wir mit Spin (2l + 1)(2l + 1) − 1 fache Entartung. Die Niveau-Aufspaltung ist hierbei
äquidistant.
~ω L ∝
Abbildung 6.4: Spektrale Übergänge für 2p → 1s.
In obiger Abbildung ist das Linienspektrum für den Übergang von 2p → 2s dargestellt. Ohne äußeres Magnetfeld
erhält man nur 1 Linie bei ω0 . Es gilt
~ω0 = E2 − E1 =
3
ER
4
Die Photonenenergie ist allgemein:
~ωk0 k = Ek0 − Ek
134
KAPITEL 6. DER SPIN DER ELEMENTARTEILCHEN. ZEEMAN-EFFEKT. PAULIGLEICHUNG
Hierbei nehmen wir eine schwache Kopplung von Licht und Spin an. Das Photon ändert seinen Spin also nicht.
∆s3 = s03 − s3 ≈ 0
Die Auswahlregeln sind hier also unverändert. Daher ist bereits eine klassische (ohne Spin) Erklärung des
Spektrum möglich. Wir erhalten hier:
~ωkk0 = En0 l0 − Enl +~ωL (m0 − m)
|
{z
}
| {z }
~ω0 ∆l=±1
∆m=0,±1
Für die Untersuchung dieses Effekts gab es 1902 für Zeeman und H.A.Lorentz den Nobelpreis.
Wellenfunktionen: Nun ist nur noch zu klären wie die Wellenfunktionen des Wasserstoffatoms mit Spin
aussehen. Sei zunächst s3 = + 12 .
1
ψnlm (r, θ, ϕ)
|nlm i = Φnlm 12 =
0
2
Und analog für s3 = − 21 :
1
|nlm − i = Φnlm− 21 =
2
0
ψnlm (r, θ, ϕ)
Die Normierung erfolgt durch:
Z
6.7
(ψ ∗ , 0)
Z
ψ 3
d r = |ψ|2 d3 r = 1
0
Freies Teilchen mit Spin im Magnetfeld. Landau-Niveaus
Literaturverzeichnis
[Fli08] Fließbach, Torsten: Quantenmechanik: Lehrbuch zur Theoretischen Physik III. Spektrum Akademischer Verlag, 5. Aufl. 2008 Auflage, 9 2008.
135
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