Wiederholung der letzten Vorlesungsstunde: Thema: Ionenbindung Ionenbindung, Kationen, Anionen, Coulomb-Kräfte Thema heute: Kristallographie Modul Allgemeine Chemie, CH01, Prof. Dr. Martin Köckerling, Uni Rostock 234 Aufbau fester Materie Im Gegensatz zu vielen Molekülverbindungen haben Ionenverbindungen häufig (!!) hohe Schmelzpunkte und liegen als Feststoffe vor. Die Aggregatzustände gasförmig, flüssig, fest (und Plasma): Gas Flüssigkeit Feststoff Epot << Ekin Epot ≅ Ekin Modul Allgemeine Chemie, CH01, Prof. Dr. Martin Köckerling, Uni Rostock Epot >> Ekin 235 kristalliner Zustand mit definierter Fernordnung für jedes Atom hohe Symmetrie amorpher (glasartiger) Zustand Jedes Atom hat eine gleiche Nahordnung, aber keine Fernordnung Modul Allgemeine Chemie, CH01, Prof. Dr. Martin Köckerling, Uni Rostock 236 Kristalle Modul Allgemeine Chemie, CH01, Prof. Dr. Martin Köckerling, Uni Rostock 237 Kristalle Modul Allgemeine Chemie, CH01, Prof. Dr. Martin Köckerling, Uni Rostock 238 Amorphe Feststoffe: z.B. Gläser, Feuerstein, Opal, Malachit, Obsidian. Anschliff von Malachit (Cu(OH)2*CuCO3): Modul Allgemeine Chemie, CH01, Prof. Dr. Martin Köckerling, Uni Rostock 239 Verschiedene Arten von kristallinen Feststoffen Jedes Material lässt sich temperaturabhängig in den festen Zustand, d.h. in einen Feststoff überführen. Je nach Art des Stoffes gibt es unterschiedliche Arten von Feststoffen, die dann als kristalline Stoffe mit definierter Fernordnung der zugrunde liegenden Bausteine existieren können. Je nach Art des Feststoffes werden die Bausteine durch unterschiedliche Kräfte zusammengehalten. • Edelgaskristalle • Molekülkristalle • Metalle • Ionenkristalle (Ionengitter) • Kovalente Gitter Modul Allgemeine Chemie, CH01, Prof. Dr. Martin Köckerling, Uni Rostock 240 Der Aufbau kristalliner Stoffe: Kristallographie Liegen alle Atome, Ionen, Moleküle (atomare Aggregate) dreidimensional geordnet vor, so läßt sich die Objektanordnung durch ein mathematisches Gitter beschreiben. Die kleinste Einheit eines solchen Gitters ist die Elementarzelle. Modul Allgemeine Chemie, CH01, Prof. Dr. Martin Köckerling, Uni Rostock 241 Der Aufbau kristalliner Stoffe a b Die Elementarzelle ist eine imaginäre Box mit den Kantenlängen (Vektor !) a, b, und c sowie den Winkeln α, β und γ. Die Elementarzelle ist die kleinste Einheit eines Kristalls, durch deren translatorische Aneinanderreihung in den 3 Raumrichtungen der gesamte Kristall aufgebaut wird. Modul Allgemeine Chemie, CH01, Prof. Dr. Martin Köckerling, Uni Rostock 242 Beispiel für eine zweidimensionale Elementarzelle Modul Allgemeine Chemie, CH01, Prof. Dr. Martin Köckerling, Uni Rostock 243 Die Eckpunkte der Elementarzellen definieren ein mathematisches Gitter (Punktgitter, Raumgitter) Modul Allgemeine Chemie, CH01, Prof. Dr. Martin Köckerling, Uni Rostock 244 Gitterkonstanten a, b, c (Vektoren), Winkel α, β, γ. Atompositionen werden durch Zahlentripel relativ zu den Gitterkonstanten angegeben (x,y,z Werte zwischen 0 und 1) Modul Allgemeine Chemie, CH01, Prof. Dr. Martin Köckerling, Uni Rostock 245 Atom A a B C Gitterkonstanten: a b b Kristallstruktur = Basis + Gitter Die Kristallstruktur ist durch die Raumkoordinaten der atomaren Bausteine bestimmt. Die Kenntnis der Symmetrie vereinfacht die Beschreibung. Modul Allgemeine Chemie, CH01, Prof. Dr. Martin Köckerling, Uni Rostock 246 Symmetrieeigenschaften Symmetrie bedeutet gesetzmäßige Wiederholung eines Motivs. (Alle Deckoperationen heißen Symmetrieoperationen.) ⇓ Sind ein Punkt, eine Gerade oder eine Ebene dadurch ausgezeichnet, daß sie nach Einwirkung einer Symmetrieoperation am Ort verbleiben, so nennt man sie das zugehörige Symmetrieelement. ⇓ Die Kenntnis der Symmetrieelemente bringt erhebliche Vorteile. Modul Allgemeine Chemie, CH01, Prof. Dr. Martin Köckerling, Uni Rostock 247 Einen kristallinen Feststoff kann man sich aufgebaut denken aus vielen, dreidimensional entlang der drei Zellachsen aneinandergereihten Elementarzellen (Translationssymmetrie, Translationsperiodizität). Als mögliche Formen der Elementarzelle kommen nur Parallelepiped in Frage. 7 verschiedene Formen existieren, die als die 7 Kristallsysteme bezeichnet werden. Weiterhin existieren sog. Zentrierte Zellen, wenn zusätzliche Gitterpunkte z.B. im Zellzentrum oder den Flächenmitten existieren: Innen- (Raum-)zentrierte- oder flächenzentrierte Zellen. Modul Allgemeine Chemie, CH01, Prof. Dr. Martin Köckerling, Uni Rostock 248 Die 7 Kristallsysteme Kubisch a=b=c α = β = γ = 90° Tetragonal a=b≠c α = β = γ = 90° Orthorhombisch a≠b≠c α = β = γ = 90° Hexagonal a=b≠c α = β = 90°, γ = 120° Trigonal/ Rhomboedrisch a=b≠c a=b=c α = β = 90°, γ = 120° α = β = γ ≠ 90° Monoklin a≠b≠c α = γ = 90°, β > 90° Triklin a≠b≠c α≠β≠γ Modul Allgemeine Chemie, CH01, Prof. Dr. Martin Köckerling, Uni Rostock 249 Modul Allgemeine Chemie, CH01, Prof. Dr. Martin Köckerling, Uni Rostock 250 Natriumchlorid, NaCl (Kochsalz, Steinsalz) Modul Allgemeine Chemie, CH01, Prof. Dr. Martin Köckerling, Uni Rostock 251 Natriumchlorid, NaCl (Kochsalz, Steinsalz) Modul Allgemeine Chemie, CH01, Prof. Dr. Martin Köckerling, Uni Rostock 252 Beispiel: Steinsalz/Kochsalz NaCl: Steinsalz NaCl kristallisiert in einem kubisch-flächenzentrierten Gitter, Gitterkonstanten a = 0,562767 nm, d.h.: a = b = c = 0,562767 nm (5,62767 Å) und α = β = γ = 90° 4 Ionen Na+ und Cl- in der Elementarzelle, d.h. Formeleinheit Z = 4. Die Basis ist: Cl- : 0,0,0 ½, ½, 0 ½, 0, ½ 0, ½, ½ Na+ : ½,00 0, ½, 0 0,0, ½ ½, ½, ½ Modul Allgemeine Chemie, CH01, Prof. Dr. Martin Köckerling, Uni Rostock 253 Berechnung der Dichte : ρ = m/V g/cm3 mit: m = Masse der sich in der EZ befindenden Bausteine (Formeleinheiten), V = Volumen der EZ m = M Z / NA,, M = molare Masse, NA= AvogadroKonstante = 6,022 1023 mol-1 also: ρ = Z •M NA • V [g/cm3] Für NaCl ergibt sich mit MNa = 22,99 g/mol und MCl = 35,453 g/mol: ρ = 2,187 g/cm3 (Röntgendichte) Modul Allgemeine Chemie, CH01, Prof. Dr. Martin Köckerling, Uni Rostock 254 NaCl CsCl Gitter, Elementarzelle ZnS CsCl Modul Allgemeine Chemie, CH01, Prof. Dr. Martin Köckerling, Uni Rostock 255 AB-Strukturen Natriumchlorid KZ NaCl 6 : 6 Umgebung Na+ von 6 Cl– Cl– von 6 Na+ Koordinationpolyeder Oktaeder Oktaeder Cäsiumchlorid CsCl 8 : 8 Cs+ von 8 Cl–Cl– von 8 Cs+ Würfel Würfel Zinksulfid, Zinkblende ZnS 4 : 4 Fluorid-Typ KZ CaF2 8 : 4 Umgebung Ca2+ von 8 FF- von 4 Ca2+ Koordinationspolyeder Würfel Tetraeder Rutil-Typ TiO2 6 : 3 Ti4+ von 6 O2O2- von 3 Ti4+ Oktaeder Gleichseitiges Dreieck Cristobalit-Typ SiO2 4 : 2 Si von 4 O O von 2 Si Tetraeder Lineare Anordnung Zn2+ von 4 S2– S2– von 4 Zn2+ AB2-Strukturen Modul Allgemeine Chemie, CH01, Prof. Dr. Martin Köckerling, Uni Rostock Tetraeder lTetraeder 256 Ionenradien Ionenkristalle sind in erster Näherung als Packung starrer Kugeln aufzufassen. Keine Durchdringung der Elektronenhüllen! Abstand = rAnion + rKation 02 − berechnet r = 140 pm L. Pauling Das Kation ist in diesem Beispiel oktaedrisch von Anionen umgeben. Anordnung im NaCl-Gitter. Dargestellt sind die Atome in einer Ebene. Abstand Anion-Kation = rA + rK Modul Allgemeine Chemie, CH01, Prof. Dr. Martin Köckerling, Uni Rostock 257 Ionenradien Sind abhängig von der Geometrie der Kristalle d. h. von der Koordinationszahl KZ 8 r 1,1 6 1 4 0,8 Ionenradien resultieren aus den unterschiedlichen Gleichgewichtsabständen in einem bestimmten Kristall. Allgemeine Regeln: Kationen < Anionen r wird größer mit steigender Ordnungszahl Be 2 + < Mg2 + < Ca 2 + < Sr 2 + < Ba 2 + F − < Cl− < Br − < J− isoelektronische Ionen O2 − > F − > Na + > Mg2 + > Al3 + Der Radius eines Ions wird auf einen bestimmten Wert fixiert und alle anderen „konsistent“ unter Zugrundelegung von experimentellen Ionenabständen (z.B. aus Röntgenstrukturanalysen, Gitterkonstanten) berechnet. L. Pauling: r (O2-) = 1,40 Å (140 pm). Andere Werte von Goldschmidt und Shannon. Modul Allgemeine Chemie, CH01, Prof. Dr. Martin Köckerling, Uni Rostock 258 Die Gitterenergie Die Tendenz zur Bildung von Ionenverbindungen läßt sich nicht allein aus dem Bestreben der Atome, Edelgas- oder ähnlich stabile Konfigurationen zu erreichen, erklären. Dies soll an einer Zusammenstellung der an der Bildung eines Ionenkristalls aus den Elementen beteiligten Energien deutlich werden: Die bei der Bildung einer Ionenverbindung freiwerdende Energie stammt im wesentlichen aus der Gitterenergie, der Energie, die freigesetzt würde, wenn 1 mol eines Salzes aus seinen isolierten Ionen gebildet würde. Die Gitterenergie ist der wesentliche Grund für den oft stark exothermen Verlauf der Reaktionen zwischen Metallen und Nichtmetallen. Modul Allgemeine Chemie, CH01, Prof. Dr. Martin Köckerling, Uni Rostock 259