8. Reibungsphänomene

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8.
Reibungsphänomene
8.1
Gleitreibung und Haftreibung
Betrachte den auf ebener Fläche reibungsfrei gelagerten Körper aus Abbildung 8.1.1 oben.
Falls dieser Körper nicht in Bewegung gesetzt werden soll (Fall des statischen Gleichgewichts), darf man offenbar nur Kräfte F anbringen, die exakt senkrecht zur Lagerfuge stehen.
Sobald die Kraft F eine Komponente in horizontaler Richtung aufweist, also parallel zur Lagerfuge zeigt, wird der Körper ins Rollen geraten, so klein diese auch sein mag. Mithin ist der
soeben diskutierte Gleichgewichtszustand extrem instabil.
Im allgemeinen ist jedoch zwischen zwei sich berührenden Flächen Reibung vorhanden. Und
diese Reibung kann dazu benutzt werden, auch eine um den Winkel α geneigte Kraft (siehe
Abbildung 8.1.1 unten) im statischen Gleichgewicht zu halten, jedenfalls solange man nicht
einen kritischen Neigungswinkel ρ überschreitet.
F
F
F
F
α
Abb. 8.1.1: Zum Begriff der Reibungsfuge.
Dieses wollen wir nun näher untersuchen und insbesondere die Wirkung der Reibung quantitativ erfassen. Dazu betrachten wir einen unter seinem Eigengewicht stehenden Körper, den
wir nach links bewegen wollen, so wie in Abbildung 8.1.2 gezeigt.
Zunächst wird die Kraft F in zwei Komponenten zerlegt, eine normal auf der Unterseite des
Klotzes (d.h. im mathematischen Sinne senkrecht), genannt FG , und eine parallel zur Unterseite, genannt FH . Die Indizes G bzw. H rühren von den Worten Gewichtskraft bzw. Haltekraft her, denn der Körper wird ja mit seinem Gewicht über seine Unterseite senkrecht auf die
Erdoberfläche drücken, und die Haltekraft muß aufgebracht werden, um die Haftung des Körper gerade zu überwinden und ihn in Bewegung zu setzen. Diese potentielle Bewegung ist in
Abbildung 8.1.2 o.B.d.A. nach links angenommen und durch das Geschwindigkeit (englisch
„velocity“) andeutende Pfeilsymbol υ hervorgehoben.
FG
FN
F
FW
FH
FW
FN
Abb. 8.1.2: Freischnitt in der Reibungsfuge.
In der Reibungsfuge selbst werden zwei Kräfte angesetzt: eine sogenannte Normalkraft FN
sowie eine Haftwiderstandskraft FW (die Haftreibungskraft). Man beachte, daß die Widerstandskraft stets der potentiellen Bewegung entgegen gerichtet ist. Sie zu überwinden ist notwendig, um den Körper zu bewegen. Dieses mal darf man sich beim Freischnitt, also beim
Einzeichnen des Kraftpfeiles, nicht irren, ansonsten wird es zu Fehlern in der späteren Rechnung kommen. Auf der Erdoberfläche zeichnen wir dem Schnittprinzip gemäß beide Kräfte
(also FN und FW ) im Vergleich zur Klotzunterseite wie dargestellt in entgegengesetzter Weise ein.
Zwischen der Normalkraft und der aus dem Haften resultierenden maximalen Widerstandskraft besteht ein empirisch gefundener Zusammenhang, das sogenannte Coulombsche Reibungsgesetz. Danach sind beide Kräfte zueinander proportional:
FW = µFN .
(8.1.1)
Dabei bezeichnet man den Koeffizienten µ als den sogenannten Haftreibungskoeffizienten.
Er hängt von der Materialpaarung also auch von der Rauhigkeit der einander berührenden
Körper ab, und er wird experimentell bestimmt.
1
Charles Augustin de Coulomb (1736-1806) wurde in Angoulême geboren. Seine Erstlingsausbildung erhält er in Paris, er tritt dem militärischen Ingenieurcorps bei und geht für neun Jahre auf die Insel Martinique, wo er Baukonstruktionen zu beaufsichtigen hat, was ihn in
ersten Kontakt mit Problemen der Materialwissenschaft und der Strukturmechanik bringt. Es wird gesagt, daß sein Aufenthalt in Übersee
gesundheitliche Schäden mit sich brachte, und so zieht er sich 1789
beim Ausbruch der Französischen Revolution auf das Altenteil ins
französische Hinterland, genauer gesagt auf sein Anwesen bei Blois
zurück, um weitere naturwissenschaftliche Studien zu treiben. Neben
der Mechanik haben es ihm die damals neuen Wissenszweige Elektrizität und Magnetismus besonders angetan. Berühmtheit erlangt er
insbesondere durch seine experimentelle Entdeckung des quadratischen Abstandsgesetzes zur Anziehung und Abstoßung elektrischer
Ladungen.
Die Proportionalität zwischen FW und FN gilt jedoch überraschenderweise auch noch nach
Einsetzen der Bewegung, und zwar in folgendem Sinne. Damit der Körper nach Überschreiten der durch µFN gegebenen Haftkraft mit konstanter Geschwindigkeit weitergleitet, ist weiterhin ein Reibungswiderstand zu überwinden, welche wir zur Unterscheidung von der Haftwiderstandskraft mit FWG bezeichnen wollen. Dieser Gleitwiderstand bzw. diese Gleitwiderstandskraft ist zahlenmäßig geringerer als bei der Haftreibung. Allerdings, trägt man ihm
nicht mindestens Rechnung, so kommt die Bewegung sofort zum Erliegen. Ist hingegen die
angreifende Kraft größer als FWG , so wird sich der Körper beschleunigen, wovon in der Dynamik noch die Rede sein wird. Auch die Gleitwiderstandskraft ist proportional zur Normalkraft, allerdings ist der Proportionalitätsfaktor ein anderer und wir schreiben:
FWG = µ G FN .
(8.1.2)
Den Koeffizienten µ G nennen wir auch Gleitreibungsbeiwert. Wie der Haftreibungskoeffizient hängt er von der Oberflächenbeschaffenheit der aufeinander gleitenden Körper ab und es
gilt:
µ > µG .
(8.1.3)
Beide Koeffizienten sind dimensionslose Zahlen. Typische Werte sind in der nachstehenden
Tabelle zu finden.
Zusammenfassend ist folgendes zum Reibungsphänomen festzustellen:
• Die Haftreibung ist stets größer als die Gleitreibung.
2
• Der Reibungskoeffizient µ ist unabhängig von der Größe der Reibungsfläche.
• Der Reibungskoeffizient µ ist von der Materialpaarung der Berührungsflächen abhängig.
• Der Gleitreibungskoeffizient µ G ist bei kleinen Bewegungsgeschwindigkeiten unabhängig
von der Geschwindigkeit.
• Die Reibungskraft FW wächst linear mit der Druckkraft in der Reibungsfuge.
Kontakt
µ
µG
Stahl / Eis
Stahl / Stahl
Stahl / Teflon
Leder / Metall
0.027
0.45 − 0.8 (trocken)
0.014
0.4 − 0.7
0.04
0.4
Tabelle verschiedener Materialkombinationen und dazugehörige Reibbeiwerte
FG
FW
FN
Abb. 8.1.3: Zur Lokalität des Reibungsproblems.
Der letzte Satz sei nochmals an einem Beispiel illustriert. Eine Walze wird mit einer Umfangsgeschwindigkeit υ einen Berg hinaufgerollt (Abb. 8.1.3). Der Geschwindigkeitstrend
geht also nach oben (siehe den Pfeil im Schwerpunkt). Diese Geschwindigkeit ist jedoch
nicht für die Richtung der Reibungskraft maßgeblich. Am Kontaktpunkt zwischen der Walze
und dem Hang existiert eine Reibungsfuge. Lokal geht die Bewegung υ dort nach unten. Die
Reibungskraft FW ist dieser Geschwindigkeit entgegengesetzt.
3
α F
FW
ρ FN
Abb. 8.1.4: Zum Begriff des Reibwinkels.
Anstelle der Reibungskoeffizienten verwendet man gerne auch den Begriff des Reibungswin-
kels ρ . Dieser Begriff sei nachfolgend erläutert. Betrachten wir dazu die in Abbildung 8.1.4
dargestellte Situation. Eine Kraft wirkt schräg auf einen Körper und zwar zunächst unter einem Winkel α . Wir fragen, wie stark diese Kraft geneigt sein darf (Winkel ρ ), bevor die
Bewegung einsetzt. Dazu schneiden wir frei, wie gezeichnet.
α
F
ρ
Abb. 8.1.5: Zum Begriff des Reibkegels.
Wir stellen fest, daß, falls die Kraft F so stark geneigt ist, daß ihre Horizontalkomponente
gerade kompensiert wird, die Bewegung einsetzen wird. Die Haftreibung ist also völlig ausgenutzt. Offenbar gilt für den dazugehörigen Grenzwinkel:
tan ρ =
FW
=µ.
FN
(8.1.4)
4
Man kann sagen, daß für α < ρ der Körper haftet und für α ≥ ρ Gleiten des Körpers einsetzt.
Auch im Räumlichen kann man den Reibungswinkel ρ wiederfinden: Abbildung 8.1.5. Hier
wird aus dem ebenen Winkel ein Raumwinkel, und man spricht auch vom sogenannten Reibungskegel. Kommt die angreifende Kraft samt ihrer Wirkungslinie im Reibungskegel zu
liegen, so ergibt sich keine Störung des Gleichgewichts. Die Haftreibung ist ausreichend, um
die Bewegung des Körpers zu unterbinden.
8.2
Reibung an der schiefen Ebene
Betrachte zunächst die in Abbildung 8.2.1 gezeigte Situation. Ein reibungsfrei gelagerter
Klotz soll eine schiefe Ebene (Schräge α ) hochgezogen werden. Gesucht ist die Halte- bzw.
Zugkraft FH .
y
x
FH
α
FH
α
FG
FN
FN
FG
FH
α
Abb. 8.2.1: Freischnitt entlang der schiefen Ebene ohne Berücksichtigung der Reibung.
Wenn wir einen recht flachen Klotz betrachten, dann sind zur Auswertung der Gleichgewichtsbedingungen nur zwei Kraftbedingungen relevant, da es sich dann um eine zentrale, im
Schwerpunkt des Körpers angreifende Kräftegruppe handelt. Wir orientieren unser Koordinatensystem praktischerweise in Richtung der schiefen Ebene, so wie oben gezeichnet. Beim
Freischnitt ist zu den angreifenden Kräften FG (Gewichtskraft) und FH (die gesuchte Haltekraft) noch eine (ebenfalls unbekannte) Normalkraft FN (und nur diese) anzutragen. Wir notieren:
∑F
∑F
x
= 0 : FH − FG sin α = 0 ⇒ FH =FG sin α ,
y
= 0 : FN − FG cos α = 0 ⇒ FN =FG cos α .
(8.2.1)
Damit sind die beiden Unbekannten bestimmt. Wir wissen jetzt, mit welcher Kraft der Klotz
bei bekanntem Eigengewicht auf die Unterlage drückt und wie groß die Haltekraft sein muß,
5
damit er nicht die Ebene herunterrutscht. Zusätzlich zu unserer rechnerischen Lösung haben
wir in Abbildung 8.2.1 auch noch die zeichnerische Lösung notiert (Kräftepolygon).
Nun untersuchen wir dieselbe Situation unter Berücksichtigung der Haftreibung. Die Abbildung 8.2.2 zeigt den Freischnitt für diesen Fall.
y
µ
x
FH
α
FH
FW
FW
FN ρ
α
FG
FG
8.2.2: Freischnitt bei Reibung entlang der schieben Ebene.
Im Unterschied zu vorhin, tritt zusätzlich zur Normalkraft eine Widerstandskraft FW auf, die
wie gezeigt der Bewegung (welche nach oben geht) entgegengesetzt gerichtet ist. Wir notieren die Gleichgewichtsbedingungen für diesen Fall:
∑F
∑F
x
= 0 : FH − FG sin α − FW = 0 ,
y
= 0 : FN − FG cos α = 0 .
(8.2.2)
FR
α β
FG
α
90°−α
FH
Abb. 8.2.3: Zur zeichnerischen Lösung von Reibungsaufgaben.
Diesmal gibt es offenbar drei Unbekannte, wie vorhin die Haltekraft FH , die Normalkraft FN
und zusätzlich die Widerstandskraft FW aufgrund der Haftung. In der Tat haben wir aber auch
drei Gleichungen, nämlich die beiden Gleichgewichtsbedingungen aus (8.2.2) und zusätzlich
das Coulombsche Reibungsgesetz aus Gleichung (8.1.1). Wir lösen auf:
6
FH = FG (sin α + µ cos α ) , FN = FG cos α , FW = µFG cos α .
(8.2.3)
Wir wollen uns nun auch noch um eine zeichnerische Lösung bemühen (siehe Abbildung
8.2.3). Zu diesem Zweck faßt man zweckmäßigerweise die Widerstandskraft FW und die
Normalenkraft FN zu einer Resultierenden FR zusammen, wie in der letzten Zeichnung aus
Abb. 8.2.2 bereits angedeutet ist. Ihre Richtung liegt fest, denn sie ist wegen des Coulombschen Zusammenhanges durch den Reibungswinkel ρ gegeben.
Nun müssen die Gewichtskraft, die Haltekraft und die genannte Resultierende ein sich schließendes Kräftepolygon bilden, und dieses kann nur so liegen, wie in der Abbildung 8.2.3 zu
sehen ist. Wir folgern durch Nachrechnen des Kraftecks, daß gelten muß (Sinussatz):
FH
sin (α + ρ )
=
FG sin (90° − ρ )
⇒
FH = FG
sin (α + ρ )
.
sin (90° − ρ)
(8.2.4)
Diese Lösung sieht auf den ersten Blick ein wenig anders aus, als das in der zuvor abgeleiteten
Gleichung (8.2.3) notierte Ergebnis. Das ist aber nur scheinbar, denn man rechnet nach, daß
gilt:
FH = FG (sin α + µ cos α ) = FG (sin α + tan ρ cos α ) =
(8.2.5)


sin ρ
sin α cos ρ + sin ρ cos α
sin (α + ρ)
cos α  = FG
= FG
FG  sin α +
.
cos ρ
cos ρ
sin (90° − ρ )


Damit haben wir die Gleichung (8.1.2) für den Reibungskegel benutzt.
8.3
Spezielle Anwendungen des Reibungsphänomens
8.3.1 Der Pronysche Zaum (Reibungsbremse)
Betrachte die in Abbildung 8.3.1 dargestellte Situation: Ein Rad, über dessen Umfang 2πr
ein Gewicht FG befestigt ist, wird über eine Stange, an der eine Backe angebracht ist, in Ruhe
gehalten. Dabei wirkt am Ende der Stange die Kraft F , die aufgrund der Backe und der am
Rad herrschenden Haftreibung (Haftreibungskoeffizient µ ) die Bewegung des Rades verhin-
7
dert. Gesucht ist die Größe der Kraft in Abhängigkeit von der aufgeprägten Gewichtskraft,
dem Reibungskoeffizienten und den Abmessungen a , h und l der Stange.
Bevor wir zu rechnen beginnen, wird das System freigeschnitten. Es entstehen die beiden
Untersysteme I und II , die ebenfalls in der Abbildung 8.3.1 zu sehen sind. Die unbekannten
Kräfte nach dem Freischnitt lauten: FAx , FAy , FBx , FBy , FN , FW und F . Im Prinzip ist es möglich, sie alle zu berechnen, denn für jedes der beiden Untersysteme lassen sich drei Gleichgewichtsbedingungen formulieren, und darüber hinaus verfügen wir auch noch über das Coulombsche Haftreibungsgesetz:
FW = µFN .
A
(8.3.1)
a
l
FAy
F
h
ρ
FAx
ρ
FN
FW
r
F
FW
FN
µ
A
I
II
FBx
FH
FBy
FG
FG
Abb. 8.3.1: Schematische Darstellung des Pronyschen Zaums.
Gaspard Clair Francois Marie Riche Baron de Prony (1755-1839) wurde in Chamelet bei
Lyon geboren. Er besuchte die École des Ponts et Chaussés von 1776 und graduierte im
Jahre 1780. Danach arbeitet er an der Konstruktion der Brücke von Neuilly, 1785 assistierte
er bei der Wiederherstellung des Hafens von Dünkirchen und besuchte England. Zur Zeit der
Französischen Revolution war er Mitglied in der Kommission zur Erstellung des metrischen
Systems, wobei er sich derart engagierte, daß er nach Einteilung des Kreises in Neugrad die
Erstellung der nunmehr notwendigen „neuen“ trigonometrischen Tafeln verlangte und
schließlich selbst in Angriff nahm.
Er war einer der Gründer der berühmten École Polytechnique, deren Lehrkörper er auch von 1794 bis 1815
angehörte. Von 1798 bis zu seinem Tode war er außerdem noch Direktor der École des Ponts et Chaussés. Da
beklage man sich noch einmal über Ämterhäufung.
8
Im allgemeinen sind die Auflagerkräfte jedoch von sekundärem Interesse, und wenn man sich
Rechenarbeit sparen will, ist man gut beraten, nur solche Gleichgewichtsbedingungen auszuwerten, in denen diese nicht vorkommen. Das gelingt auch im vorliegenden Fall:
M A = 0 : FN l − F (l + a ) − FW h = 0 ,
(8.3.2)
M B = 0 : FG r − FW r = 0 .
Eine kurze Rechnung liefert:
F=
1 l − µh
FG .
µ l+a
(8.3.3)
Dieses Ergebnis verdient es, weiter diskutiert zu werden. Zunächst einmal ist aus dieser Formel ersichtlich, daß bei verschwindend kleiner Reibung ( µ = 0 ), die zum Abbremsen nötige
Kraft F unendlich groß wird. Das leuchtet auch anschaulich ein. Zum zweiten gelingt es, auf
die zum Abbremsen nötige Kraft vollkommen zu verzichten, falls der in Gleichung (8.3.3)
auftretende Zähler verschwindet, also gilt:
µ=
l
.
h
(8.3.4)
Man sagt, das System ist selbstsperrend, falls der Haftreibungsbeiwert mindestens gleich dem
in Gleichung (8.3.4) gezeigten Quotienten ist. Wir dürfen schließlich schreiben:
µ=
F
l
= tan ρ = W .
h
FN
(8.3.5)
Den Reibungswinkel ρ können wir bei bekanntem µ in unsere Skizze einzeichnen (siehe
Abbildung 8.3.1), und damit gelingt eine anschauliche Interpretation der Selbstsperrung. Man
darf sagen: Selbstsperrung liegt gerade dann noch vor, solange es der Gewichtskraft FG nicht
gelingt, die aus FW und FN bestehende Resultierende aus dem Reibungskegel herauszuführen.
Wir wollen abschließend noch untersuchen, was sich ändert, falls das Gewicht auf der rechten
Seite des Rades angeschlossen wird: Abbildung 8.3.2. Die Gleichungen (8.3.2) schreiben
sich dann wie folgt:
9
M A = 0: FN l − F (l + a) + FW h = 0 ,
(8.3.6)
M B = 0: - FG r + FW r = 0 .
FN
FW
FBy
FAy
FAx
B
FBx
h
r
A
l
FN
FN
FG
F
a
FW
Abb. 8.3.2: Freischnitt am Pronyschen Zaum bei Umhängung des Gewichtes auf die rechte Seite.
Man beachte, daß sich sowohl die Vorzeichen bei FG als auch bei der Widerstandskraft FW
umkehren, denn schließlich ändert sich ja die potentielle Bewegungsrichtung. Eine kurze
Rechnung liefert:
F=
1 l + µh
FG .
µ l+a
(8.3.7)
Mithin ist stets eine Bremskraft F erforderlich. Selbstsperrung ist bei diesem System nicht
möglich.
8.3.2 Schraube
Betrachte die in Abbildung 8.3.3 dargestellte Situation. Eine Schraube wird unter Wirkung
eines Momentes M D nach rechts in ein Gewinde hineingedreht. Dabei wirken längs der
Schraubenflanken (gewellte Linien in Abbildung 8.3.2) Reibungskräfte. Außerdem gilt es,
eine äußere Kraft F zu überwinden. Diese Kraft kann man sich z.B. wie folgt zustande gekommen denken: Eine Person sitzt auf einem drehbaren Klavierhocker (Abbildung 8.3.3 unten rechts).
10
Wir wollen studieren, unter welchen Bedingungen statisches Gleichgewicht garantiert ist.
Dazu wickeln wir zunächst die Schraubenlinie in der Ebene wie gezeichnet ab. Es resultiert
eine Gerade, die wir durch die Ganghöhe h und die Basislänge 2πr , bzw. kurz und effektive
durch den Schraubenwinkel α charakterisieren wollen. Es gilt offenbar:
tan α =
h
.
2 πr
(8.3.8)
Dabei ist r der Schraubenradius. Auf der Schraubenlinie betrachten wir, wie gezeichnet, ein
kleines Element. Dieses unterliegt einem Normalkraftsbeitrag dFN sowie einem der Bewegung entgegengesetzten (also nach links weisenden) Reibungskraftbeitrag dFW . Beide Größen sind durch das Coulombsche Reibungsgesetz miteinander verknüpft:
dFW = µdFN .
(8.3.9)
Um die Gleichgewichtsbedingungen zu finden, müssen wir diese differentiellen Größen über
die gesamte Schraubenlänge summieren, also integrieren. Mit dem angegebenen Koordinatensystem finden wir als Kraftbedingung:
∑F
z
= 0: − F + ∫ cos α dFN − ∫ sin α dFW = 0 .
(8.3.10)
Um die Momentenbedingung aufzuschreiben, blicken wir von oben auf die Schraube und notieren mit den richtigen Vorzeichen:
∑M
0
= 0 : M d − r ∫ sin α dFN − r ∫ cos α dFW = 0 .
(8.3.11)
Wir beachten, daß der Schraubenwinkel α und damit auch die Winkelfunktionen konstant
sind. Mit der Bezeichnung:
FN = ∫ dFN ,
(8.3.12)
welche die totale Normalkraft repräsentiert können wir dann schreiben:
M d = r (sin α + µ cos α )FN
(8.3.13)
sowie:
11
F = (cos α − µ sin α ) FN .
(8.3.14)
z
y
x
F
µ
r
h
α
h
2π r
MD
FBy
dFW
F
MD
r
dFW cos (α)
dFN
dFN sin (α)
α
Abb. 8.3.2: Zum Reibungsphänomen bei Schrauben.
Dabei wurde das Coulombsche Reibungsgesetz verwendet. Die zweite Gleichung benutzen
wir, um bei bekannter eingeprägter Kraft F sowie bekanntem Schraubenwinkel α und Reibungskoeffizienten µ die totale Normalkraft FN zu ermitteln:
FN =
F
.
cos α − µ sin α
(8.3.15)
Dieses kann man in Gleichung (8.3.13) einsetzen, um so das zur Überwindung der Haftreibung einschließlich aufgeprägter Kraft F nötige Drehmoment zu ermitteln:
Md = r
sin α + µ cos α
F.
cos α − µ sin α
(8.3.16)
12
Das wäre auch schon die Lösung. Folgendes ist zu der gefundenen Lösung noch anzumerken:
Zum ersten wird bei vorgegebener Reibzahl für einen gewissen Schraubenwinkel das Moment
unendlich groß (Nenner der Gleichung (8.3.16) verschwindet):
α = cot −1 µ .
(8.3.17)
Hält man sich vor Augen, daß der Reibbeiwert für Stahl auf Holz im ungeschmierten Zustand
zwischen 0.4 und 0.5 liegt, so ergibt sich ein kritischer Schraubenwinkel von α > 60° , ein
etwas ungewöhnliches Format für eine Schraube.
F
FW
FR
α
α
FN ρ
Abb. 8.3.3: Zum Einfluß des Reibwinkels bei der Schraube (Drehung nach rechts).
Zweitens wollen wir mit Hilfe des Reibwinkels ρ noch eine zeichnerische Lösung des Problems versuchen. Betrachte dazu die in Abbildung 8.3.3 gezeigte Situation. Die Reibkraft FW
und die Normalkraft FN wurden dort zu einer Resultierenden FR zusammengefügt. Diese
greift unter dem Reibwinkel ρ gegenüber der Normalenrichtung geneigt auf der Schraubenlinie an. Es gilt:
cos ρ =
FW
=µ.
FN
(8.3.18)
Dabei ist das erste Gleichheitszeichen eine Folge der Geometrie (siehe Abbildung 8.3.3), das
zweite hingegen eine Folge des Coulombschen Reibungsgesetzes. Offenbar gelingt es FR , der
eingeprägten Kraft F gerade dann das Gleichgewicht zu halten, falls:
13
F
cos ρ
= cos(α + ρ) ⇒ FN =
F.
FR
cos(α + ρ)
(8.3.19)
Dieses Ergebnis erscheint auf den ersten Blick anders als das aus Gleichung (8.3.15). Man
denke jedoch an das folgende Additionstheorem:
cos(α ± ρ ) = cosα cosρ ∓ sinα sinρ ,
(8.3.20)
mit dem es gelingt, die Äquivalenz beider Gleichungen zu zeigen:
FN =
cos ρ
cos ρF
F=
=
cos(α + ρ )
cosα cosρ − sinα sinρ
F
=
sinα
cosα −
sinρ
cos ρ
(8.3.21)
F
F
F
=
=
.
sinρ
cosα − tanρ sinα cosα − µsinα
cosα −
sinα
cos ρ
Schließlich sei bemerkt, daß es gelingt, auch das Ergebnis für das Moment (8.3.16) mit Hilfe
des Reibungswinkels ρ in eine handliche Form umzuschreiben. Hierbei ist das folgende Additionstheorem nützlich:
tan(ρ ± α ) =
tan ρ ± tan α
.
1 ∓ tanρtanα
(8.3.22)
Beachtet man nun wieder die Beziehung (8.3.18), so wird aus Gleichung (8.3.16) nach kurzer
Rechnung:
sin α
+ tan ρ
sin α + µ cos α
cos
α
Md = r
F =r
F = r tan (ρ + α )F .
sin α
cos α − µ sin α
1 − tan ρ
cos α
(8.3.23)
Wir wollen uns nun dem Fall zuwenden, daß die Schraube herausgedreht wird: Abbildung
8.3.4.
14
F
MD
dFW cos(α)
α
FW
FN
FR
α
ρ
dFN sin(α)
Abb. 8.3.4: Zum Einfluß des Reibwinkels bei der Schraube (Drehung nach links).
In diesem Fall ändern sich die Gleichgewichtsbedingungen um in:
∑F
z
= 0: − F + ∫ cos α dFN + ∫ sin α dFW = 0
(8.3.24)
und:
∑M
0
= 0 : − M d − r ∫ sin α dFN + r ∫ cos α dFW = 0 ,
(8.3.25)
denn sowohl das angreifende Moment wie die Reibwiderstandskraft FW (der Bewegung entgegengesetzt) ändern ihr Vorzeichen. Man erhält:
FN =
F
=
cos α + µ sin α
F
F cos ρ
=
,
sin ρ
cos(ρ − α )
cos α +
sin α
cos ρ
− sin α + µ cos α
Md = r
F =r
cos α + µ sin α
sin α
cos α F = r tan (ρ − α )F .
sin α
1 + tan ρ
cos α
(8.3.26)
tan ρ −
(8.3.27)
Dabei wurde wieder von den Additionstheoremen (8.3.20) und (8.3.22) sowie der Definition
des Reibungswinkels ρ Gebrauch gemacht. Die dazugehörige zeichnerische Interpretation
und Lösung ist in Abbildung 8.3.4 rechts zu sehen. Man erkennt aus der Lösung außerdem,
daß im Fall ρ = α das zur Aufrechterhaltung des Gleichgewichts nötige Drehmoment trotz
wirkender Kraft gerade verschwindet. Die Interpretation ist die, daß das System für diesen
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und kleinere Schraubenwinkel, also α ≤ ρ , selbstsperrend ist. Man kann auch so sagen: Es
ist dann erlaubt, nach links anzuziehen, ohne daß die Kraft F in der Lage ist, die Schraube
herauszudrücken.
8.3.3 Umschlingungsreibung
µ
αL
αH
SH
R
SL
dFW
dα/2
dF N
S
dα/2
S + dS
dα
Abb. 8.3.5: Zur Euler-Eytelweinschen Umschlingungsreibung.
Betrachte die in Abbildung 8.3.5 dargestellte Situation: Ein Seil wird um einen kreisförmigen
Poller geschlungen. Der Kontaktwinkel zwischen Seil und Poller betrage α = α L − α H . Im
folgenden ist er stets im Bogenmaß anzugeben. Dabei sollen die Indizes H bzw. L bereits
auf die Halte- bzw. auf die Lastseite hinweisen. Es ist anschaulich klar, daß wenn wir versuchen, eine am rechten Ende ziehende Last S L ins Gleichgewicht zu bringen, indem wir am
linken Ende halten, die dazu nötige Kraft S Z geringer sein wird als die Last S L . Denn dadurch, daß zwischen Seil und Poller Reibung herrscht, gelingt es, durch Reibungskräfte einen
Teil der Last S Z aufzufangen.
16
Wir wollen dieses Problem nun quantitativ analysieren, also berechnen, wie die Kräfte S Z
und S L sowie die Reibungskraft miteinander zusammenhängen. Zu diesem Zweck betrachten
wir ein kleines Stück des Seiles an der Position α , gekennzeichnet durch die Länge R dα ( R
ist der Pollerradius) und untersuchen statisches Gleichgewicht an diesem Seilstück. Rechts
liegt ein wenig mehr Kraft an als links, S + dS im Gegensatz zu S . Deshalb würde sich das
Seil potentiell nach rechts bewegen. Der Reibwiderstand dFw steht dieser Bewegung entgegen, wie in der Abbildung dargestellt. Ferner benötigt man, um im Freischnitt die Wirkung
des Pollers auf das Seil zu berücksichtigen, noch die Normalkraft dFN . Man erhält insgesamt:
∑F
x
= 0 : −S cos
dα
dα
+ (S + dS ) cos
− dFW = 0
2
2
(8.3.28)
sowie:
∑F
y
= 0 : dFN −S sin
dα
dα
− (S + dS )sin
= 0.
2
2
(8.3.29)
Um die beiden unbekannten Normal- und Reibungskraftanteile miteinander zu verbinden
verwenden wir das Coulombsche Reibungsgesetz:
dFW = µdFN .
(8.3.30)
Da der Winkel dα klein ist, darf man die trigonometrischen Funktionen entwickeln und nach
dem ersten Glied abbrechen:
cos
dα
dα dα
≈ 1 , sin
≈
.
2
2
2
(8.3.31)
Nachdem man dieses in die Gleichungen (8.3.28-30) einsetzt, entsteht:
dS = dFW = µdFN , dFN − S
dα
dα
− ( S + dS )
≈ dFN − Sdα = 0 .
2
2
(8.3.32)
Indem man beide verbliebene Gleichungen kombiniert, entsteht ein Differentialgleichung für
die Seilkraft S an der Stelle α :
17
dS
= µ dα .
S
(8.3.33)
Integration zwischen den Winkeln α H und α L resultiert in:
SL
∫
SH
α
L
dS
S
α
= µ ∫ dα ⇒ ln S S Z = µ α α Z
H
H
S
αH
⇒
(8.3.34)
S L = S Z exp[µ(α L − α Z )] = S Z exp(µα ) .
6
y=exp(x)
y=x
5
4
3
y=ln(x)
2
1
-3 -2
1
-1
2
3
4
5
6 x
-1
-2
-3
Abb. 8.3.6: Die Exponentialfunktion und der natürliche Logarithmus.
Hierbei wurde Gebrauch von den Eigenschaften des (natürlichen) Logarithmus und seiner
Umkehrung, der Exponentialfunktion gemacht. Das Endresultat ist bekannt unter dem Namen
Euler-Eytelweinsche Gleichung für die Umschlingungsreibung. Durch Steigerung des Umschlingungswinkels α gelingt es, mit Hilfe einer relativ geringen Kraft S Z schnell einer großen Last S L das Gleichgewicht zu halten. Dieses ist der Wirkung der Exponentialfunktion
zuzuschreiben, die zusammen mit dem natürlichen Logarithmus in der Abbildung 8.3.6 zu
sehen ist.
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Als fünfzehnjähriger Junge war der in Frankfurt am Main geborene Johann Albert
Eytelwein (1764-1848) Kanonenschütze beim Berliner Artillerieregiment. Diese
Tätigkeit hat ihn wohl zur Mechanik inspiriert aber doch nur teilweise ausgefüllt,
denn in seiner Freizeit bringt er sich genug Mathematik und Ingenieurwissen bei,
um 1790 die Ingenieursprüfung als Architekt zu bestehen. Im Jahre 1799 gründet er
dann zusammen mit Kollegen die Bauakademie in Berlin, wird deren Direktor und
Professor für Ingenieurmechanik.
8.3.4 Seilbremse
Eine Anwendung der Euler-Eytelweinschen Gleichung ist in Abbildung 8.3.6 zu sehen. Eine
sich mit dem Drehmoment M nach links oder nach rechts anfahrende Walze zu halten, wird
sie mit einem Riemen (Haftreibungskoeffizient ) umgeben und mit einer Bremsmimik, wie
gezeichnet, verbunden. Gesucht ist die Bremskraft F für beide Drehrichtungen. Wir schneiden frei wie gezeichnet. Um die Auflagerkräfte nicht als Unbekannte in die Gleichungen hineinzubringen und die Bremskraft direkt zu ermitteln, wird im Teilsystem Walze das Momentengleichgewicht um den Punkt A sowie im Teilsystem Bremsstab das Momentengleichgewicht um den Punkt B ausgewertet. Man erhält bei Drehung nach links:
∑M (
A)
= 0 : M + S 2 r − S1 r = 0 ,
(8.3.35)
bei Drehung nach rechts hingegen:
∑M (
A)
= 0 : − M + S 2 r − S1 r = 0 .
(8.3.36)
Wie man sich leicht überlegt, ist die Momentenbedingung bei Drehung um den Punkt B in
beiden Fällen gleich:
∑M (
B)
= 0 : − S 2 0.5r + S11.5r − F 3.5r = 0
(8.3.37)
Nun zu der in dem jeweiligen Fall maßgeblichen Form der Euler-Eytelweinschen Gleichung.
Dreht die Walze nach links, so ist dies vom Standpunkt der Relativbewegung gleichbedeutend
mit einem Wegziehen am rechten Ende des Seiles. Dieses entspricht dem Punkt L aus dem
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vorherigen Abschnitt und beide Situationen sind prinzipiell identisch. Reibung baut sich entgegen der Bewegung auf, und wir schreiben bei Walzendrehung nach links:
S1 = S 2 exp(µπ) .
(8.3.38)
Bei Drehung der Walze im Uhrzeigersinn, also nach rechts, ist die Situation genau umgekehrt.
Vom Standpunkt der Relativbewegung entspricht dies einem Ziehen am Seil auf der linken
Seite, welche nun dem Punkt aus dem letzten Abschnitt entspricht. Somit schreiben wir bei
Walzendrehung nach rechts:
S 2 = S1 exp(µπ) .
(8.3.39)
Auflösen der Gleichungen (8.3.35/37/38) ergibt bei Drehung nach links:
S1 =
M exp(µπ)
M
M 3 exp(µπ) − 1
, S2 =
, F=
.
r (exp(µπ) − 1)
r (exp(µπ) − 1)
r 7(exp(µπ) − 1)
(8.3.40)
und bei Drehung nach rechts:
S1 =
M
M exp(µπ)
M 3 − exp(µπ)
, S2 =
, F=
.
r (exp(µπ) − 1)
r (exp(µπ) − 1)
r 7(exp(µπ) − 1)
(8.3.41)
Wir untersuchen nun den Fall der Selbstsperrung, also die Möglichkeit, daß man überhaupt
keine Kraft aufprägen muß, um abzubremsen: F = 0 . Im Fall der Linksdrehung der Walze
wäre dies nur dadurch möglich, indem man den Zähler zu Null zwingt, also zu fordern, daß:
3 exp(µπ) − 1 = 0 ⇒ µ =
ln (1 3)
<0.
π
(8.3.42)
Ein negativer Reibungskoeffizient macht aber keinen Sinn, und daher ist im Fall der Linksdrehung keine Selbstsperrung möglich. Nun zum Fall der Rechtsdrehung der Walze. Hier
ist, um zu erzwingen, folgender Zähler zu Null zu setzen:
3 − exp(µπ) = 0 ⇒ µ =
ln 3
.
π
(8.3.43)
20
M
r
A
F
B
2r
1.5 r
0.5 r
µ
S2
M
FAx
FAy
S1
F
FBx
FBy
S2
S1
Abb. 8.3.7: Seilbremse mit Freischnitt.
Man beachte ferner, daß in beiden Fällen die Richtung der Bremskraft (Drücken des Pedals)
zwingend ist, ansonsten lockert man das rechts vom Auflager D stehende Seil, und die
Bremswirkung der Reibung bricht ab (Seile können keine Druckkräfte übertragen).
Offenbar ist der Reibkoeffizient bei Konstruktionen, die auf dem Prinzip der Reibung beruhen, der kritische Faktor. Der Reibkoeffizient ist sehr stark von Umgebungsbedingungen abhängig, z.B. Luftfeuchtigkeit. Er kann daher sehr deutlichen Schwankungen unterliegen.
Man berücksichtigt dies in einem Sicherheitsfaktor ν insofern, daß man in den Ergebnissen
(siehe etwa die Gleichungen (8.3.40/41)) µ / ν anstelle von µ einsetzt. Der Sicherheitsfaktor
ν beträgt etwa 2 bis 2.5 . Bei der Seilreibung (siehe Gleichung (8.3.34)) ergibt sich mithin
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ein großer Effekt. Es stellt sich die Frage, wie man den Reibungskoeffizient vergrößern kann
ohne die Materialpaarung zu verändern. Die Antwort hierauf sind etwa Keilriemen, wie wir
sie im nächsten Abschnitt untersuchen werden.
8.3.5 Reibung am Keil
F
FG
v
FW
2β
FG
FN
β
β
y
FN
2β
x
Abb. 8.3.8: Freischnitt bei Reibung am Keil.
Betrachte die in Abbildung 8.3.8 dargestellte Situation: Ein Keil wird unter der Wirkung einer Kraft FG in eine Nut gepreßt. Wir wollen errechnen, welche Kraft F man benötigt, um
den
Keil
in
Längsrichtung
(= z -Richtung)
zu
bewegen.
Gleichgewichtsbedingungen in x -, y - und z -Richtung ergibt:
∑F
x
= 0 : FN cos β −FN cos β = 0 ,
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Auswerten
der
∑F
y
= 0 : 2 FN sin β −FG = 0 ⇒
FN =
z
= 0 : 2 FW −F = 0 ⇒
F
.
2
∑F
FW =
1
FG ,
2 sin β
(8.3.44)
Mit dem Coulombschen Reibungsgesetz:
FW = µFN
(8.3.45)
folgt durch Kombination der obigen Gleichungen:
FW =
µ
µ
FG , F =
FG
2 sin β
sin β
(8.3.46)
Wählt man einen Keilwinkel 2β = 180° = π , so erhält man die Coulombsche Formel aus Gleichung (8.1.1), denn es gilt F = 2 FW . Man darf man sagen, daß durch den Keilwinkel β die
Wirkung des Reibkoeffizienten deutlich vergrößert werden kann (Faktor 1 sin β !).
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