Pharmazeutische Chemie - Trametinib Trametinib (Mekinist®) Nach Vemurafenib (Zelboraf®) in 2012 und Dabrafenib (Tafinlar®) in 2013 ist nun mit Trametinib (Mekinist®) (Strukturformel s. Abbildung 1) ein weiterer oral applizierbarer Kinase-Inhibitor zur Therapie des malignen Melanoms zugelassen worden (s. bei Neue Arzneistoffe 2012: Vemurafenib und Neue Arzneistoffe 2013: Dabrafenib). Trametinib ist beim nicht-resezierbaren oder metastasierten Melanom entweder als Monotherapie oder in Kombination mit Dabrafenib, wenn eine BRAF-V600-Mutation vorliegt. Sofern die Erkrankung unter vorherigen Therapie mit einem BRAF-Inhibitor fortschritt, zeigte eine Trametinib-Monotherapie keine klinische Aktivität. Vor Therapiebeginn mit Trametinib muss eine BRAF-V600-Mutation nachgewiesen sein. Abbildung 1 Die Mekinist®-Filmtabletten werden einmal täglich in einer Dosierung von 2mg (1 Filmtablette) immer zur selben Zeit unzerkaut, unzerteilt eingenommen. Da die Bioverfügbarkeit des Tramitinibs erheblich sinkt, wenn es mit einer fettreichen, hochkalorischen Mahlzeit eingenommen wird (cmax -70%; AUC -10%) , sollte der Arzneistoff nicht zusammen mit Nahrung, sondern mindestens eine Stunde vorher oder frühestens zwei Stunden nachher eingenommen werden. Wird Trametinib zusammen mit Dabrafenib gegeben (Dabrafenib: 2 x täglich 150mg), sollte die einmal tägliche Trametinib-Gabe entweder zusammen mit der morgendlichen oder abendlichen Dabrafenib-Gabe erfolgen (Fachinformation Mekinist® 2015). Innerhalb des MAPK-Signalweges (MAPK = Mitogen-aktivierte Proteinkinasen) sind eine Reihe von Proteinkinasen hintereinandergeschaltet, um extrazelluläre Signale und Stimuli durch z.B. Wachstumsfaktoren oder Zytokine intrazellulär weiterzuleiten, was zu bestimmten zellulären Antworten führt (s. Abbildung 2). Der MAPK-Signalweg reguliert verschiedene wichtige zelluläre Funktionen, zu denen Proliferation, Überleben, Differenzierung, Angiogenese und Migration gehören. Er umfasst die vier Proteinkinasen RAS, BRAF, MEK und ERK. Genetische Abnormalitäten im MAPKWeg treten bei mehr als 80% der Melanome auf. Mutationen wie z.B. die B-RafV600-Mutationen führen zu einer dauerhaften Aktivierung dieses Signalweges und zur Förderung der Entstehung von Tumoren (Akinleye et al. 2013, Lugowska et al. 2015, Niezgoda et al. 2015). Die häufigsten Mutationen betreffen das BRAF-Gen, die häufigste Mutation dabei wiederum ist die B-Raf-V600E-Mutation, bei der im B-RafProtein ein einziger Austausch von Valin gegen Glutamat zu einer konstitutiven Aktivierung des MAPK-Signalweges führt (Lemech und Arkenau 2012). Die oben erwähnten Wirkstoffe Vemurafenib und Dabrafenib sind selektive ATP-kompetitive Inhibitoren dieser mutierten B-Raf-V600E-Kinase (s. Tabelle 1). Der jetzt neu 1 CA 9.11.2015 Pharmazeutische Chemie - Trametinib hinzugekommene Wirkstoff Trametinib erzielt seine Wirkung ebenfalls über eine Hemmung des MAPK-Signalweges, allerdings nicht über eine Hemmung des B-RafProteins, sondern Trametinib hemmt bestimmte MEK-Proteine. Insgesamt sieben verschiedene humane MEK-Proteine sind identifiziert. Dabei ist Trametinib ein selektiver, reversibler, ATP-nichtkompetitiver allosterischer Inhibitor mit nanomolarer Aktivität der Proteine MEK1 und MEK2, die eng miteinander verwandt sind (Gilmartin et al. 2011, Yamaguchi et al. 2011, Akinleye et al. 2013) (s. Tabelle 1 und Abbildung 2). Arzneistoff Wirkmechanismus Applikation Interaktion mit Nahrung Vemurafenib (Zelboraf®) Selektiver, ATPkompetitiver B-RafV600E-Inhibitor Peroral alle 12 Stunden keine Dabrafenib (Tafinlar®) Selektiver, ATPkompetitiver B-RafV600E-Inhibitor Peroral alle 12 Stunden BV, Einnahme nüchtern Trametinib (Mekinist®) Selektiver, reversibler allosterischer MEK1und MEK2-Inhibitor Peroral alle 24 Stunden BV, Einnahme nüchtern Tabelle 1: Abbildung 2: Inhibitoren des MAPK-Signalweges Angriffspunkte von Vemurafenib, Dabrafenib und Trametinib innerhalb des MAPK-Weges 2 CA 9.11.2015 Pharmazeutische Chemie - Trametinib Auch wenn für die MEK-Proteine weniger aktivierende Mutationen als für die RafProteine beschrieben sind, so macht die MEK-Hemmung innerhalb des MAPKWeges dennoch Sinn. Trametinib zeigt deutliche Antitumorwirkungen bei Melanomen, die B-Raf-V600-Mutationen aufweisen. Insbesondere für die kombinierte Anwendung von Dabrafenib und Trametinib und die damit verbundene doppelte Hemmung des MAPK-Weges ist ein deutlicher klinischer Nutzen nachgewiesen (Flaherty et al. 2012, Luke und Ott 2014, Awad und Sullivan 2015). Trametinib bindet nicht in der ATP-Tasche von MEK1/2, zeigt damit auch keine strukturellen Ähnlichkeiten zum physiologischen Substrat bzw. zu anderen ATPkompetitiven Kinase-Inhibitoren wie Dabrafenib und Vemurafenib. Trametinib ist achiral, besitzt keine chiralen C-Atome. Auffällig ist, dass es ein Iod-Atom besitzt, wie es eigentlich nur in älteren Arzneistoffen noch zu finden war. Zentraler Baustein im Trametinib ist ein Trioxotetrahydropyrido[4,3-d]pyrimidin-Heterozyklus. Zahlreiche andere MEK-Inhibitoren befinden sich derzeit in klinischen Prüfungen, die Mehrzahl dieser Substanzen sind ATP-nichtkompetitve Inhibitoren, einige wenige dieser Verbindungen sind ATP-kompetitive Inhibitoren. Literatur: Akinleye, A. et al. J Hematol Oncol 2013, 6, 27 Awad, M.M. und Sullivan, R.J. Expert Rev Clin Pharmacol 2015, 8, 25 Fachinformation Mekinist® 2015, Novartis Europharm Limited Flaherty, K.T. et al. N Engl J Med 2012, 367, 107 Gilmartin, A.G. et al. Clin Cancer Res 2011, 17, 989 Lemech, C. und Arkenau, H.T. Clin Med Insights Oncol 2012, 6, 53 Lugowska, I. et al. Onco Targets Ther 2015, 8, 2251 Luke, J.J. und Ott, P.A. Drug Healthc Patient Saf 2014, 6, 77 Niezgoda, A. et al. Biomed Res Int 2015, 2015:851387 Yamaguchi, T. et al. Int J Oncol 2011, 39, 23 3 CA 9.11.2015