6.2 Elektromagnetische Wellen Im vorigen Kapitel wurde die Erzeugung von elektromagnetischen Schwingungen und deren Eigenschaften untersucht. Mit diesem Wissen ist es nun möglich die Entstehung von elektromagnetischen Wellen zu erklären. Im Alltag werden elektromagnetische Wellen zum Beispiel von Radio- oder Handymasten abgestrahlt und zur Rundfunkübertragung bzw. zur Telekommunikation genutzt. [30] Radiomast Borough Hill Ein Radiomast ist vereinfacht dargestellt nichts anderes als ein langer gerader elektrischer Leiter. Im Folgenden soll nun geklärt werden, wie es möglich ist mit einer derart einfachen Anordnung elektromagnetische Wellen zu erzeugen und welche Eigenschaften diese Wellen besitzen. © M.Brennscheidt 6.2.1 Der Hertzsche Dipol Hierzu betrachtet man zunächst einen einfachen LC-Schwingkreis, bestehend aus einem Kondensator und einer Spule. Wird der Kondensator aufgeladen, so baut sich in seinem Inneren ein elektrisches Feld auf. Entlädt man den Kondensator dann über die Spule, so bricht das elektrische Feld im Kondensator zusammen und es baut sich ein magnetisches Feld in der Spule auf. Daraufhin lädt sich wiederum der Kondensator entgegengesetzt auf. Das magnetische Feld in der Spule bricht zusammen und im Kondensator baut sich erneut ein elektrisches Feld auf. Bei diesem periodischen Vorgang wird kontinuierlich elektrische in magnetische Feldenergie umgewandelt und umgekehrt. Ersetzt man nun in Gedanken im Schwingkreis die Spule durch ein Stück Draht, so bleibt die Funktionsweise des Schwingkreises erhalten. Auch der Draht ist von einem magnetischen Feld umgeben, wenn der Entladestrom des Kondensators durch ihn fließt. Da die Eigeninduktivität eines Drahtes jedoch wesentlich kleiner ist, als die Induktivität einer Spule, verkleinert sich gemäß der Thomsonschen Schwingungsgleichung die Schwingungsdauer und die Frequenz der Schwingung steigt. Bei einer Eigenfrequenz des ursprünglichen Schwingkreises von beispielsweise , liegt die Frequenz dieses Schwingkreises nun bereits bei . © M.Brennscheidt Im nächsten Schritt wird nun der Kondensator so aufgeklappt, dass sich die Kondensatorplatten an den Enden des Drahtes befinden. Da hierdurch die Kapazität des Kondensators sinkt, verkleinert sich erneut die Schwingungsdauer des Schwingkreises und die Eigenfrequenz steigt auf . An dieser Stelle ist anzumerken, dass sich auch in diesem Schritt an der grundsätzlichen Funktionsweise des Schwingkreises nichts verändert hat. Auch hier wird immer noch periodisch elektrische und magnetische Energie ineinander umgewandelt. In einem letzten Schritt werden nun die beiden Kondensatorplatten entfernt und es bleibt ein gerader elektrischer Leiter. Einen derartigen Leiter bezeichnet man mit Hertzschen Dipol. Die Enden des Leiters fungieren dabei als Kondensatorplatten. Da die Enden des Leiters nur eine sehr kleine Fläche besitzen sinkt erneut die Kapazität und damit auch die Schwingungsdauer der Anordnung. Die Eigenfrequenz steigt auf Rundfunktechnik. . Sie liegt somit in einem Frequenzbereich aus der Ein Radiomast zum Abstrahlen von elektromagnetischer Strahlung ist also vereinfacht dargestellt nichts anderes als ein langer Hertzscher Dipol. In diesem werden die Elektronen zu Schwingungen zwischen den beiden Enden des Mastes angeregt. Sowohl das elektrische als auch das magnetische © M.Brennscheidt Feld breiten sich bei dieser Schwingung im Raum um den Sendemast aus. Es entsteht eine elektromagnetische Welle. In der Abbildung sind die beiden Feldkomponenten einer solchen elektromagnetischen Welle aufgetragen. Die x-Achse steht dabei senkrecht zum Hertzschen Dipol. Da diese Abbildung leicht zu Verwirrung und Fehlinterpretationen führt soll hier näher darauf eingegangen werden. Betrachtet man zunächst das elektrische Feld in der Abbildung, so ist ein sinusförmiger Verlauf der elektrischen Feldstärke zu erkennen. Im Gegensatz zur mechanischen Welle, ist hier jedoch nicht damit gemeint, dass irgendein Teil des elektrischen Feldes wie ein Elementarschwinger auf- und abschwingt. Die Sinuskurve gibt lediglich die Stärke des elektrischen Feldes auf der x-Achse an. Im Koordinatenursprung ist die Stärke des elektrischen Feldes gleich Null. Ein Stück weiter auf der xAchse ist die Stärke des elektrischen Feldes maximal. Wieder ein Stück weiter ist die elektrische Feldstärke erneut gleich Null, usw. Gleiche Überlegungen gelten für das magnetische Feld. Die Abbildung veranschaulicht also lediglich die Feldstärken auf einer eindimensionalen Linie, hier der xAchse, sowie die Richtung der Feldlinien. In der Abbildung ist außerdem zu erkennen, dass elektrisches und magnetisches Feld senkrecht aufeinander stehen. Dies wird deutlich, wenn man sich den Feldlinienverlauf in der Abbildung des Hertzschen Dipols anschaut. Auch dort stehen die elektrischen Feldlinien senkrecht auf den magnetischen Feldlinien. Für die Beträge und der elektrischen und magnetischen Felder gilt in jedem Moment und an jedem Ort der elektromagnetischen Welle die Beziehung: Die Lichtgeschwindigkeit ergibt sich hierbei aus der elektrischen Feldkonstante magnetischen Feldkonstante : © M.Brennscheidt und der Auf eine Herleitung dieser Formeln wird an dieser Stelle verzichtet, da diese ein intensives Studium der theoretischen Elektrodynamik erfordert. In der nachfolgenden Abbildung ist der tatsächliche Verlauf des elektrischen und des magnetischen Feldes im Raum um einen Dipol abgebildet. Die elektromagnetischen Wellen breiten sich auf die dargestellte Weise mit Lichtgeschwindigkeit im Raum um den Dipol aus. Maximale Intensität der Wellen wird erreicht wenn die Ausbreitungsrichtung senkrecht zum Dipol steht. Für die Intensität gemessen in gilt die Formel: Ersetzt man die magnetische Feldstärke durch so ergibt sich für die Intensität der EM-Welle: Zusammenfassung: „Eigenschaften der Dipolstrahlung“ Das elektrische und das magnetische Wechselfeld eines strahlenden Dipols haben die Eigenschaft einer transversalen Welle. (Der elektrische Feldvektor steht senkrecht zu Ausbreitungsrichtung der Welle) Die Strahlung ist polarisiert, das heißt dass der elektrische Feldvektor im Raum stets die gleiche Lage beibehält. Bei einem Hertzschen Dipol ist die Wellenlänge gleich der doppelten Dipollänge © M.Brennscheidt Die Felder sind rotationssymmetrisch um den Dipol angeordnet. In jedem Punkt stehen elektrischer und magnetischer Feldvektor senkrecht aufeinander. Technische Realisierung: Während einer vollständigen Schwingungsdauer haben die Ladungen im Dipol eine Strecke zurückgelegt die der doppelten Länge des Dipols entspricht. In der gleichen Zeit hat sich die elektromagnetische Welle um genau eine Wellenlänge ausgebreitet. Theoretische Berechnungen zeigen, dass die Wellenlänge gerade der doppelten Länge des Dipols entspricht. Anders herum muss ein Dipol der Radiowellen einer bestimmten Wellenlänge gerade eine Länge besitzen die der halben Wellenlänge entspricht: abstrahlen soll, Hierzu ein Beispiel: Der Radiosender Einslive sendet bei einer Frequenz von 106,7MHz. Mit Hilfe der Formel kann hieraus die Wellenlänge berechnet werden. Die Länge des Sendedipols beträgt für den Radiosender Einslive somit . Die berechnete Wellenlänge erscheint auf den ersten Blick sehr klein. Es handelt sich hierbei jedoch um den UKW, also den Ultrakurzwellen Frequenzbereich. Möchte man Radiowellen im Mittelwellen oder im Langwellenbereich senden, so sind sehr hohe Radiosender, wie in der Eingangsabbildung zu sehen ist, erforderlich. Großer Vorteil dieser Langwellen ist deren große Reichweite von über 1000km. So kann zum Beispiel der „Deutschlandfunk“ auch in anderen Ländern über Langwelle empfangen werden. © M.Brennscheidt