Der Segensspruch über die Sonne oder die Wiederholung der Schöpfung (Birkat Hachama) Es handelt sich um einen der seltensten Riten des Judentums, der nur alle 28 Jahre an einem Mittwochmorgen im April, praktiziert wird. Er erinnert an den Augenblick, da die Sonne anfing, am Himmelsgewölbe zu scheinen, als die Welt geschaffen wurde. Mit diesem Ritus bestätigt der Mensch, dass das Universum einen Sinn hat, eine Dynamik, ein Ziel und einen Zweck jenseits der Schöpfung. Zum letzen Mal fand er am 8. April 1981 statt und ereignet sich wieder im April des Jahres 2008. Wir lesen in der Tora, in Genesis 1, 16-23, dass G’tt am vierten Tag die Sonne und alle Gestirne schuf und die Sonne der Mittelpunkt unseres Sonnensystems wurde. Die Tradition lehrt uns, dass das Erscheinen der Sonne am Himmelsgewölbe mit dem Monat Nissan verknüpft ist, dem Monat des Pessach-Festes und des Frühlings. Nach allen Umlaufbewegungen des Mondes um die Erde, der Erde um die Sonne und der periodischen Addition eines dreizehnten Monats befindet sich die Sonne alle 28 Jahre an einem Mittwoch morgen im April bzw. Nissan an derselben Stelle wie während der Schöpfung, nämlich über Jerusalem. Am vierten Tag rezitieren die Leviten des Tempels Psalm 94: Kel nekamot Haschem – „Haschem ist ein rächender G’tt“, und im Talmud, Traktat Rosch Haschana 31a, heißt es: „Denn Er hat die Sonne und den Mond am vierten Tag geschaffen, und er wird sich an ihren Anbetern rächen.“ In der Tat sollen wir mit den Geboten, den Mond zu heiligen – Kiddusch halewana – und die Sonne zu segnen – Birkat Hachama, dem Schöpfer huldigen, aber wir müssen uns davor hüten, in die Falle der Idolatrie zu geraten und den Gestirnen zu huldigen. In dieser Hinsicht lehrt uns der Talmud, Traktat Nedarim 8b: „Es gibt kein Gehenom – „Hölle“ in der zukünftigen Welt; aber G’tt wird nach der Auferstehung der Toten die Sonne aus ihrer Umlaufbahn nehmen, und sie wird den Gerechten Balsam sein, und die Sünder werden bestraft werden.“ Ihre Laster werden vor der ganzen Menschheit dem Licht des Tages ausgesetzt sein. Unsere Weisen haben uns gelehrt: Wer die Sonne in ihrem Zeitraum sieht (gegenüber Jerusalem alle 28 Jahre), den Mond in seiner Herrlichkeit, die Planeten auf ihrer Bahn, die Sternzeichen in ihrer zodiakalen Ordnung, soll den Segensspruch sagen: „Baruch osse bereschit“ – „Gesegnet sei, der die Handlungen der Schöpfung wiederholt“. Es handelt sich also tatsächlich um ein Fortschreiten und eine Kontinuität in der Schöpfung. Unsere Ethik lehrt uns, dass G’tt das Universum nicht einfach aus dem Nichts geschaffen hat, sondern dass Er „in Seiner Güte jeden Tag fortwährend die Werke der Schöpfung wiederholt.“ Der Begriff tamid – „fortwährend“ verweist uns auf die messianische Zeit und die Errichtung des dritten Tempels, die dem inneren Zweck der Heiligung der Sonne entspricht. G’tt hat bei der Schöpfung der Welt den Menschen geschaffen, damit dieser Sein Werk weiterführt und es heiligt. In jedem Augenblick, an jedem Tag haben wir die Möglichkeit, jeden Gegenstand der Schöpfung zu heiligen, jedoch sind manche Augenblicke günstiger als andere. Wenn ein neuer Zyklus beginnt, erinnert man sich an den ursprünglichen Zyklus und an die Gründe seiner Erschaffung. Alle 28 Jahre „kehrt die Sonne nach Hause zurück“, zu dem Augenblick, da G’tt sagte: „Es seien Lichter“ – das heißt zum vierten Tag der Schöpfung. 1 Für uns, die wir von der Sonne abhängen, um Licht, Energie und Leben zu Erhalten, ist das der Augenblick, da wir über diesen Feuerball hinausblicken und Den wahrnehmen müssen, der unsere Galaxie unter Millionen anderer gewählt hat, unsere Sonne unter Milliarden andere, unseren Planeten unter den neun Planeten des Sonnensystems, unseren Patriarchen Awraham unter den Weisen der Nationen zur Zeit Nimrods1, und der gesagt hat: „Ich habe Israel gewählt, damit es Meine Tora empfange und Meine Gebote einhalte und Mein Universum zu dem mache, was Ich wünschte.“ Es ist auch der Augenblick, da wir, wenn wir die Sonne anblicken, eine Sonne von Wahrheit und Klarheit erstreben, die scheinen wird, sobald Frieden auf der Welt herrscht und die ganze Menschheit Israel folgt, das sich im Zenit geistiger Erfüllung befinden wird. Es ist auch der Augenblick, da wir beim Anblick der Sonne sagen: „Gesegnet seist Du, Haschem, unser G’tt, König des Universums, Der die Handlungen der Schöpfung wiederholt.“ 1 Heidnischer König, der zur Zeit Abrahams in Mesopotamien lebte. 2