Finnland Info 900 23.8.11 http://www.ich-will-waehlen.ch/meta/kursunterlagen/ Beschämend: Politische Parteien und Illettrismus: Mittel zum Zweck (Zusätzliche Wählerstimmen) Kursleiterhandreichung für Lese- und Schreibkurse mit Erwachsenen August 2011 Einleitung Die Handreichung bietet einen Einblick in die Umsetzung des Themas „Wahlen und politische Rechte“ in Kursen mit Illettristinnen und Illettristen. Anmerkung H. Joss: Der Begriff ‚Illettrismus‘ wurde gewählt, damit keine Stigmatisierungen mehr möglich sind im Sinne von ‚funktionale Analphabeten‘. Die deutsche Sprache scheint nicht ohne negative Zuschreibungen auszukommen. So sind Bezeichnungen wie ‚Illettristinnen und Illettristen‘ absolut unzulässig. Ihre Verwendung weist auf fehlende Kompetenzen der Autorinnen hin. Finnland Info 900 Beschämend: Politische Parteien und Illettrismus www.hansjoss.ch Für Schweizer Bürgerinnen und Bürger mit Leseschwierigkeiten sind die Hürden bei der politischen Partizipation – zum Beispiel beim Wählen – durch die Textlastigkeit der Informationen immens höher als für Wahlberechtigte ohne Leseschwierigkeiten. Die vorliegende Handreichung hat denn auch als Leitziel, den Teilnehmenden von Schreib- und Lesekursen durch Politische Bildung die Möglichkeit zu bieten, an den Parlamentswahlen 2011 aktiv teilzunehmen und so von ihrem politischen Recht Gebrauch zu machen. Anmerkung H. Joss: An sich sinnvolles Anliegen. Das Leitziel: aktive Teilnahme an den Parlamentswahlen 2011, ist unrealistisch und macht wenig Sinn. Ziele Politischer Bildung Mit Politischer Bildung sollen Kompetenzen eingeübt werden, die eine aktive Teilnahme am demokratischen Leben ermöglichen. Sie versteht sich dabei bewusst als eine Disziplin, die über die reine Wissensvermittlung hinausgeht. Politische Bildung fördert drei Kompetenzbereiche: Abbildung: Drei Kompetenzbereiche (vgl. Gollob et al. 2007: 6, Heft Konzepte) Finnland Info 900 Beschämend: Politische Parteien und Illettrismus www.hansjoss.ch Die drei Bereiche sind zwar nie voneinander losgelöst, haben aber unterschiedliche Schwerpunkte (vgl. Gollob et al. 2007: 6, Heft Konzepte): A. Politische Analyse- und Urteilskompetenz: Politische Ereignisse, Probleme und Kontroversen sowie Fragen der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklung unter Sach- und Werteaspekten analysieren und beurteilen können. B. Methodenkompetenz: Die Fähigkeiten und Fertigkeiten in den Bereichen „Umgang mit Information“ und „Kommunikation“ erwerben und in Methoden anwenden können, die für die Teilnahme am politischen Leben speziell wichtig sind. C. Politische Entscheidungs- und Handlungskompetenz: Eigene Meinungen, Überzeugungen und Interessen formulieren, vor anderen angemessen vertreten, Aushandlungsprozesse führen und Kompromisse schliessen können. Eigene Möglichkeiten (und Grenzen) der politischen Partizipation erkennen und entsprechend über Handlungsmöglichkeiten entscheiden können. In der vorliegenden Handreichung sowie im konkreten Unterrichtsmaterial wurden die drei Kompetenzbereiche berücksichtigt. So gehört zur Analyse- und Urteilskompetenz das Wissen vom Wählen als politisches Recht und dessen Notwendigkeit für die Demokratie, denn die Demokratie lebt von der politischen Partizipation. Sie wird gelebt und neu gebildet. Partizipation ist aber nur möglich, wenn die Beteiligten informiert werden können (Einheit 1). Die Methodenkompetenz wird beispielsweise im Lesen von Säulendiagrammen gefördert (Einheit 3). Besonders die Entscheidungs- und Handlungskompetenz nimmt in den Einheiten viel Raum ein, konkret im Einüben der politischen Partizipation (Wählen) oder im Üben, eine eigene Meinung zu vertreten. Anmerkung H. Joss: Grundsätzlich sinnvolle Ueberlegungen. Nur kommen diese für Betroffene rund 15- 20 Jahre zu spät. Die durchlaufene segregative/aussondernde Schulstruktur nimmt in Kauf/ ist sich nicht bewusst, dass einem Teil der Lernenden die aktive Teilnahme am politischen Leben nicht möglich sein wird. Die Volksschule wird ihrem Auftrag „Erziehung zur Mündigkeit“ nur teilweise gerecht. Für 15-20 % der Lernenden stehen nicht genügend Ressourcen zur Verfügung. Sie verlassen die obligatorische Schule mit ungenügenden Sprachkompetenzen. Finnland Info 900 Beschämend: Politische Parteien und Illettrismus www.hansjoss.ch Didaktik Drei spezifisch auf die Politische Bildung gerichtete didaktische Prinzipien gilt es zu beachten. Sie wurden 1976 im „Beutelsbacher Konsens“ formuliert (vgl. Gollob et al. 2007: 8, Heft Konzepte): - Überwältigungs- und Indoktrinationsverbot: Die Lehrperson drängt oder zwingt den Lernenden ihre eigene Meinung nicht auf. Lernende bilden sich aufgrund des Unterrichts eine eigene Meinung. Anmerkung H. Joss: „Ueberwältigungsverbot“: Betroffene mit Schwierigkeiten in Lesen und Schreiben erlebten unzählige Male Ueberwältigungen im Unterricht in Form von Beschämungen, Blossstellungen und Stigmatisierungen. In einem Schulsystem, das den Auftrag hat, möglichst homogene Lerngruppen zu bilden. Bei gleichzeitiger Vernachlässigung von optimalen individuellen Hilfestellungen. - Ausgewogenheit bzw. Kontroversität: Die Lehrperson stellt ein Thema, das in der Öffentlichkeit kontrovers erscheint, auch kontrovers dar und diskutiert es mit den Lernenden. - Orientierung an den Lernenden: Politische Bildung richtet sich darauf aus, dass Lernende in die Lage versetzt werden, die politische Situation der Gesellschaft und ihre eigene Position zu analysieren und daraus für sich Konsequenzen zu ziehen. Anmerkung H. Joss: An dieser Stelle wird deutlich, wie die öffentliche Schule den aktuellen Anforderungen der Demokratie hinterher hinkt. „Die eigene Position analysieren und daraus für sich Konseqenzen ziehen“ wirkt wie blanker Zynismus, gemessen an den destruktiven Selbstbildern Betroffener, - erworben während der obligatorischen Schulzeit- während rund 10‘000 Stunden-, welche Kurse bei Lesen und Schreiben besuchen. Daneben gelten auch für die Politische Bildung allgemeine didaktische Prinzipien wie beispielsweise der Bezug zur Lebenswelt, das Anknüpfen an Vorwissen oder die Finnland Info 900 Beschämend: Politische Parteien und Illettrismus www.hansjoss.ch Handlungsorientierung. Eine ausführliche Darlegung didaktischer Prinzipien finden sich in Gollob et al. 2007. Die Unterrichtseinheiten Ausgehend von den drei Dimensionen der Politik – Polity, Policy und Politics – werden verschiedene Aspekte der Wahlen beleuchtet. - Polity – Die institutionelle Dimension von Politik Dazu gehören beispielsweise die Parteien, deren Machtverhältnis in Demokratien per Mehrheitsentscheid veränderbar ist (Wahlen). - Policy – Die normativ-inhaltliche Dimension von Politik Sie umfasst die Ziele, Inhalte, Gegenstände der Politik (zum Beispiel die Wertvorstellungen einer Partei). - Politics – Die prozessuale Dimension Politics meint etwa die politische Willensbildung, Interessenvermittlung (Stimmenfang bei Wahlen). Anmerkung H. Joss: Neue Terminologie aus der Politikwissenschaft, welche selbst für Kursleitende ungewohnt und gewöhnungsbedürftig ist. Die Einheiten können aufeinander folgend oder einzeln im Unterricht eingesetzt werden. Jederzeit kann das Arbeitsblatt „Merken“ beigezogen werden, beispielsweise als Ausklang einer Einheit. Anmerkung H. Joss: Und das alles innerhalb weniger Wochen. Ohne Rücksichtnahme auf bestehende Planungen der Kursleitenden. Einem Kriterium für eduqua – Zertifizierungen. Die Website ich-will-waehlen.ch wird in der Einheit 5 beigezogen und kann auch bei den restlichen Einheiten als Ergänzung dienen. Der Lehrperson steht ein ausführliches Glossar zur Verfügung. Finnland Info 900 Beschämend: Politische Parteien und Illettrismus www.hansjoss.ch Damit der Schwierigkeitsgrad einzelnen Bedürfnissen in einer Kursgruppe angepasst werden kann, werden die Arbeitsblätter im Word-Format angeboten. Anmerkung H. Joss: Fazit: Gut gemeinte, sorgfältige Arbeit, jedoch ohne jeglichen Adressatenbezug, mit unqualifizierten Vorstellungen des Phänomens „ Illettrismus“. Mit Einsatz von zwei bis dreistelligen Millionenbeträgen, welche bei der Früherfassung, Frühförderung und Begleitung von Lernenden mit Schwierigkeiten in Lesen und Schreiben fehlen. Auf Vorschul-und Volksschulstufe. Beschämend: Politische Parteien interessieren sich weitgehend aus Eigennutz für betroffene Personen. Sie erhoffen sich zusätzliche Wählerstimmen. Nach den Wahlen kann das Thema umgehend aus den Parteiprogrammen gestrichen werden. Bis kurz vor die nächsten Wahlen. So werden weiterhin jedes Jahr rund 15-20 % der Lernenden die obligatorische Schule mit ugenügenden Sprach- und politischen Kompetenzen verlassen. Siehe auch: Finnland-Info 894:CH:9.8.11:Die Schule war für mich eine Horrorzeit Finnland-Info 882:BE:22.7.11:3. Finnland-Tagung in Bern,12.11.11, ,Schule für alle?' Finnland-Info 855:26.5.11:BE: Illettrismus: Bildungsklage gegen den Kanton Bern? Finnland-Info 854:25.5.11:BE/CH: "Bist du so dumm, oder tust du nur so?" Finnland-Info 352/21.11.08 CH: Lesen und Schreiben Lernen: Sie war eine Hexe Finnland-Info 356/29.11.08 CH: Keine Verbindung zw. Erstausbildung u Weiterb.? Der Film zum Thema Illettrismus: BOGGSEN, http://www.boggsen.ch/ Finnland Info 900 Beschämend: Politische Parteien und Illettrismus www.hansjoss.ch Anfragen für Visionierungen des Films durch Fachleute bitte per Mail richten an: [email protected] Literaturhinweise: Gollob, Rolf et al. (2007): Politik und Demokratie leben und lernen. Schulverlag Bern. Wahlhilfe für Erwachsene mit Leseschwierigkeiten: www.ich-will-waehlen.ch Weiterführende Links zum Thema Wahlen: www.parlamentswahlen-2011.ch www.parlament.ch Weiterführender Link zur Politischen Bildung: www.politischebildung.ch Finnland Info 900 Beschämend: Politische Parteien und Illettrismus www.hansjoss.ch