Thema: Übersicht: Moderne Wissenschaftstheorie TMD: Kurzvorstellung des Materials: Übersicht über die Teile Information zum Dokument SCHOOL-SCOUT – schnelle Hilfe per E-Mail • Die Wissenschaftstheorie ist ein Teilgebiet der Philosophie, die sich mit Fragen befasst wie „Was macht eine Wissenschaft zur Wissenschaft?“ oder „Kann es wissenschaftlichen Fortschritt geben und wenn ja, wie wird dieser vollzogen?“ • Das Thema Wissenschaftstheorie ist Gegenstandsbereich des Fachs Philosophie in der Oberstufe und daher in vielen Bundesländern relevant für das Zentralabitur. • Das vorliegende Material stellt übersichtlich die wichtigsten Positionen des vergangenen Jahrhunderts zusammen. Erläuterungen zentraler Begriffe, Biografien der wichtigsten Philosophen sowie abschließende Fragen und Aufgabenstellungen helfen beim Verstehen. • Einleitung • Der „Wiener Kreis“ • Karl Popper • Thomas Kuhn • Paul Feyerabend • Wilhelm Dilthey • Aufgabenstellungen • Lösungsvorschläge • Ca. 10 Seiten SCHOOL-SCOUT Der persönliche Schulservice Internet: http://www.School-Scout.de E-Mail: [email protected] SCHOOL-SCOUT Der persönliche Schulservice E-Mail: [email protected] Internet: http://www.School-Scout.de Fax: 02501/26048 Linckensstr. 187 48165 Münster SCHOOL-SCOUT Übersicht: Moderne Wissenschaftstheorie Seite 2 von 10 Wissenschaftstheorie Das Nachdenken über die Wissenschaften, über ihre Verfahrensweisen, ihre Aufgaben und über den Gültigkeitsanspruch ihrer Aussagen ist beinahe so alt wie die Philosophie selbst und reicht bis ins antike Griechenland zu Aristoteles zurück. Dennoch ist die Wissenschaftstheorie, die sich mit genau diesen Themen beschäftigt, als eigenständiges Teilgebiet der Philosophie noch sehr jung und entstand erst zu Anfang des 20. Jahrhunderts. Die Wissenschaftstheorie hinterfragt die Struktur und die Methoden der Wissenschaften, sowie die Bedingungen der Möglichkeit wissenschaftlicher Erkenntnis. Damit kann sie auch als eine Sonderform der Erkenntnistheorie angesehen werden. Sie beschäftigt sich eben mit einer speziellen Variante der Erkenntnis, nämlich mit der wissenschaftlichen. In diesem Zusammenhang interessieren sich die Denker der Wissenschaftstheorie für die spezifischen Merkmale der einzelnen Wissenschaften. Sie stellen fragen wie: Was macht eine Wissenschaft zur Wissenschaft? Welche Formen von Wissenschaften gibt es? Welche Gemeinsamkeiten und welche Unterschiede weisen diese Wissenschaftsformen auf und auf welchen Wegen kommen sie zu ihren Ergebnissen, Erkenntnissen und Aussagen? Wie sicher sind diese jeweiligen Wege und Aussagen der einzelnen Wissenschaften? Kann es wissenschaftlichen Fortschritt geben und wenn ja, wie wird dieser vollzogen? Schon anhand der Bandbreite dieser Fragestellungen sieht man, wie viele Bereiche die Wissenschaftstheorie umfasst. Der Grund für all diese Fragen ist meistens der schlichte Zweifel daran, ob die Philosophie zu gesicherten Ergebnissen führen kann und damit zusammenhängend, ob man sie überhaupt als Wissenschaft bezeichnen kann. Die größten Philosophen, wie beispielsweise auch Kant, grübelten über diesem Dilemma, denn schließlich ist das sichere Wissen seit Platon das Ziel einer jeden Wissenschaft. Die Ausgangsfrage ist also, ob man eine Geisteswissenschaft, wie es die Philosophie ist, mit den Formalwissenschaften wie Logik und Mathematik und den empirischen Wissenschaften wie den verschiedenen Naturwissenschaften auf eine Ebene stellen kann und in wie weit das Wissen dieser einzelnen Wissenschaften als sicheres Wissen anzusehen ist. Der „Wiener Kreis“ Mit dem Ziel, diese Problemstellung zu erforschen und Lösungen zu finden, entstand Ende der zwanziger Jahre des 20. Jahrhunderts der so genannte „Wiener Kreis“. Dies war eine Gruppe von Denkern, die es sich zur Aufgabe gemacht hatten, der Philosophie ihren spekulativen Charakter zu nehmen. Mit Hilfe der formalen Logik sollte die Philosophie analysierbar und überprüfbar werden und somit auf die Ebene einer empirischen Wissenschaft aufsteigen. Mit diesem Anliegen war der logische Empirismus geboren. SCHOOL-SCOUT Der persönliche Schulservice E-Mail: [email protected] Internet: http://www.School-Scout.de Fax: 02501/26048 Linckensstr. 187 48165 Münster SCHOOL-SCOUT Übersicht: Moderne Wissenschaftstheorie Seite 3 von 10 Neben der von Hans Reichenbach gefundenen Bezeichnung „logischer Empirismus“ gehen auch die wichtigsten Inhalte dieser Strömung auf ihn sowie auf Rudolf Carnap zurück. Das Problem, welches ihnen zufolge bestand, war, dass die traditionelle Philosophie keine objektiv nachvollziehbaren Aussagen liefern könne. Die Aussagen der Erfahrungswissenschaften sind immer überprüfbar und somit nachvollziehbar. Die Philosophie, insbesondere die Metaphysik, stellt dagegen nur eine Anhäufung von Vermutungen dar. Um diesem Missstand entgegenzuwirken, muss auch LEXI BOX: logischer Empirismus die Philosophie auf eine erauch „logischer Positivismus“ oder „Neopositifahrbare und somit nachvismus“ genannt vollziehbare Ebene gebracht Anfang des 20. Jh. in Deutschland und Österwerden. Die Grundlage jeder reich entstanden Wissenschaft sind BeoBeeinflusst durch die logischen und mathematischen Revolutionen um die Jahrhundertwenbachtungssätze. Mithilfe der de 19./20. Jh. Logik lassen sich diese Ziel: Begründung einer rein wissenschaftlichen einzelnen Beobachtungssätze in Philosophie ohne Rückgriff auf die spekulative und unfundierte Metaphysik eine Relation bringen oder es Hauptvertreter waren vor allem: Rudolf Carkönnen aus ihnen neue Sätze nap, Hans Reichenbach und Herbert Feigl abgeleitet werden. Ein Satz, der nicht auf Erfahrungen beruht und auch nicht aus solchen Sätzen logisch abgeleitet ist, ist Carnap und Reichenbach zufolge vollkommen sinnlos. Für die Entscheidung darüber, ob eine Aussage sinnvoll ist oder nicht, führen sie deshalb das Kriterium der Verifizierbarkeit ein. Nur solche Aussagen, die verifizierbar sind, sind auch sinnvoll und gültig. Alle anderen Aussagen, die dieses Kriterium nicht erfüllen können, sind sinnlos und können daher verworfen werden, da sie keinerlei objektive Überzeugungskraft haben. Demzufolge sind auch alle metaphysischen Aussagen sinnlos, denn es ist genau ihre Eigenschaft, nicht verifizierbar zu sein. Bei den logischen AbLEXI BOX: Verifikation & Verifizierbarkeit leitungen, aus denen neue sinnvolle Sätze aufgestellt Verifikation bedeutet übersetzt „Bestätigung“ (in unserem Zusammenhang die Bestätigung werden können, ist der einer wissenschaftlichen Aussage) Induktionsschluss von Aussagen gelten als bestätigt/verifiziert, wenn besonderer Bedeutung. Das die Prüfung der aus der These abgeleiteten bedeutet, dass man vom Implikation positiv ausfällt Verifizierbarkeit entspricht also der VoraussetSpeziellen zum Allgemeinen zung, dass aus der Theorie (oder These) empischließt. Aus Beobachtungen risch überprüfbare Ableitungen erhoben werwerden Theorien abgeleitet. den können Karl Popper Der österreichische Philosoph Karl Popper war allerdings ganz und gar nicht von der Methode der Induktion überzeugt. Seiner Meinung nach konnte durch induktives Schließen und das Kriterium der Verifizierbarkeit keinesfalls die Sinnhaftigkeit von Sätzen festgestellt werden. Um wissenschaftlichen Fortschritt zu erlangen, müssen nicht auf dem Wege der Induktion ständig neue Theorien aufgebaut werden. Es ist Popper zufolge nicht notwendig, immer nur aus einzelnen Beobachtungen, auf komSCHOOL-SCOUT Der persönliche Schulservice E-Mail: [email protected] Internet: http://www.School-Scout.de Fax: 02501/26048 Linckensstr. 187 48165 Münster SCHOOL-SCOUT Übersicht: Moderne Wissenschaftstheorie Seite 4 von 10 plexe theoretische Zusammenhänge zu schließen, ganz im Gegenteil. Wie eine Theorie zustande kommt, ist für die Wissenschaft und ihren Erfolg gar nicht wichtig. Viel entscheidender ist die Frage, wie die Richtigkeit der angenommenen Thesen überprüft werden kann. Für Karl LEXI BOX: Kritischer Rationalismus Popper müssen wissenschaftliche Theorien KR ist die These der Fehlbarkeit (Falibilität) einem ständigen Prozess einer von Handlungen und Erkenntnissen deduktiven Überprüfung Kernaussage des KR: Es kann nie eine sichere unterzogen werden.1 Damit Garantie für wissenschaftliche Befunde bzw. Theorien geben wurde er zum Begründer des Konsensorientierte Position: Es gibt keine wahKritischen Rationalismus. ren und falschen Aussagen mehr, nur besser Seine Methode lässt sich in 3 oder schlechter begründete und fundierte Aussagen kurzen Schritten erklären: - Aussagen sind nur untereinander vergleichbar, können jedoch nie an sich wahr oder falsch sein 1. Aus der Theorie werden deduktiv Hypothesen für einzelne Fälle abgeleitet 2. Diese Hypothesen werden empirisch überprüft 3. a) Die Hypothese hat sich im Kontext der Theorie als richtig erwiesen: Die Theorie kann somit weiter aufrecht erhalten werden b) Die Hypothese hat sich im Kontext der Theorie als falsch erwiesen: Die Theorie kann in ihrer Formulierung so nicht aufrecht erhalten werden, sondern muss abgeändert und angepasst, gegebenenfalls sogar verworfen und ersetzt werden. Aus diesen Überlegungen folgt aber auch, dass eine Theorie nie vollkommen wahr sein kann. Sie ist immer nur vorLEXI BOX: Falsifikation & Falsifizierbarkeit läufig wahr, nämlich so lange bis sie irgendwann in Falsifikation bedeutet übersetzt „Widerlegung“ irgendeinem Experiment oder Wissenschaftliche Aussagen gelten als widereiner bestimmten Anwendung legt/falsifiziert, wenn die Prüfung der aus der falsifiziert wird. Deswegen ist These abgeleiteten Implikation negativ ausfällt Falsifizierbarkeit entspricht somit ebenfalls, auch die Verifizierbarkeit von wie auch Verifizierbarkeit, der Voraussetzung, Aussagen für Popper kein dass aus der Theorie (oder These) empirisch Argument für deren überprüfbare Ableitungen erhoben werden können Sinnhaftigkeit. Auch verifizierte ABER: Falsifikation beruht auf dem Prinzip der Aussagen bedeuten nur, dass Deduktion; Verifikation beruht auf dem Prinzip die Theorie sich bis zum der Induktion heutigen Tag noch bewährt hat. Daraus folgt: Die Falsifikation setzt immer die Verifikation voraus, denn nur verifizierte AusSchon morgen kann die Theorie sagen sind falsifizierbar. sich als fehlerhaft entpuppen. Der Induktionsschluss ist niemals vollständig Deswegen ist für Popper die (Es können nie alle Fälle beobachtet werden) Die Deduktion hingegen ist eindeutig (ein einFalsifizierbarkeit die wichtigste ziges Gegenbeispiel reicht aus) Eigenschaft wissenschaftlicher Aussagen und Theorien. Diese 1 Die Deduktion ist das Gegenteil der Induktion. Hier wird die allgemeine Theorie auf den Einzelfall angewandt. SCHOOL-SCOUT Der persönliche Schulservice E-Mail: [email protected] Internet: http://www.School-Scout.de Fax: 02501/26048 Linckensstr. 187 48165 Münster SCHOOL-SCOUT Übersicht: Moderne Wissenschaftstheorie STECKBRIEF: Karl Raimund Popper - geb. am 28.07.1902 in Wien 1918: Nach Mittelschulabschluss beginnt Popper sein Studium als Gasthörer an der Uni Wien Dabei besucht er Vorlesungen in Physik und Mathe, wie auch in Philosophie und Psychologie 1928 promoviert Popper in Wien 1934: Poppers Hauptwerk Die Logik der Forschung erscheint 1937 – 1945: Nach der Emigration lehrt Popper an der Canterbury Universität in Neuseeland 1945: Popper veröffentlicht Die offene Gesellschaft und ihre Feinde 1946: Umzug nach England 1949: Popper wird zum Professor für Logik und wissenschaftliche Methodenlehre 1965: Karl R. Popper wird durch Königin Elizabeth II. für sein Lebenswerk zum Ritter geschlagen 1969: Emeritierung Am 17.09.1994 stirbt Karl Popper Seite 5 von 10 Denkweise beschreibt also den wissenschaftlichen Weg einer asymptotischen Annäherung an die Wahrheit. Salopp könnte man wissenschaftlichen Fortschritt bei Karl Popper mit den Worten beschreiben: „Aus Fehlern lernt man“. Auch wenn Karl Popper mit der Falsifizierbarkeit anstatt der Verifizierbarkeit ein anderes Maß anlegt, so beschreibt er doch damit die gleiche Grenzziehung, wie die Philosophen des Wiener Kreises. Er versucht ein Kriterium zu finden, durch welches eine empirische Wissenschaft von der spekulativen Metaphysik getrennt wird. Im Gegensatz zu Carnap, Reichenbach & Co. räumt er aber ein, dass es auch durch Empirie nie zu einer absoluten Sicherheit kommen kann. Jedoch gibt es zumindest eine vorübergehend bewährte Sicherheit, anstelle von bloßen Vermutungen in der Metaphysik. Und je mehr Fehler an einer Theorie aufgedeckt und schließlich auch behoben werden, desto mehr nähert sich diese Theorie an die Wahrheit an, auch wenn sie die vollkommene Wahrheit nie erreicht. Die Theorie wird der vollkommenen Wahrheit damit immer „ähnlicher“. - Aber auch an Karl Poppers Methode der Falsifikation äußerten viele andere Wissenschaftstheoretiker Bedenken. Willard van Orman Quine stimmte Popper zwar dahingehend zu, dass Fehler dazu führen, dass eine Theorie oder ein wissenschaftliches System verbessert wird. Allerdings sei diese Verbesserung ein ganz automatischer Vorgang der auf die Vernetzung wissenschaftlicher Theorien untereinander zurückzuführen ist und auf den Anspruch des Menschen, korrekte Theorien aufzustellen. Taucht irgendwo ein Fehler auf, wird dieser natürlich behoben. Und so verbessern sich auch alle anderen Theorien, die mit der fehlerbehafteten in Verbindung stehen. Dazu brauch es jedoch keine spezifische Methode. Denn genau diese ist angreifbar, wenn man nur gewillt ist, sie zu manipulieren. Wenn jemand will, dass eine Theorie nicht falsifiziert wird, dann hat er genügend Möglichkeiten, dieses Ziel zu erreichen. Durch geschickte, wenn auch teilweise absurde Argumente kann man jede Aussage vor dem Urteil der Falsifikation bewahren. Beispielsweise kann man häufig das Argument der Halluzination vorbringen, so Quine. Thomas Kuhn Auch Thomas S. Kuhn glaubt nicht an den wissenschaftlichen Fortschritt durch den ständigen Versuch, Hypothesen einer Theorie zu falsifizieren. Sein Bild wissenschaftlicher Entwicklung ist durch einen Phasenverlauf gekennzeichnet. Ein wichtiger Begriff ist für Kuhn dabei das Paradigma. In der Phase der „normalen Wissenschaft“ folSCHOOL-SCOUT Der persönliche Schulservice E-Mail: [email protected] Internet: http://www.School-Scout.de Fax: 02501/26048 Linckensstr. 187 48165 Münster SCHOOL-SCOUT Übersicht: Moderne Wissenschaftstheorie Seite 6 von 10 gen die Forscher und Wissenschaftler einem Paradigma, von dem sie glauben, dass es so wie es ist, wahr ist und zu richtigen Ergebnissen führt. Diese Art des Forschens steht im direkten Gegensatz zu Poppers Ansicht. Nach Popper LEXI BOX: Paradigma würde kein Wissenschaftler der Paradigma bedeutet ursprünglich so viel wie Welt daran glauben, es gäbe „Beispiel“ oder „Muster“ eine richtige Theorie und er - Seit dem späten 18. Jh. Wird der Begriff auch würde mit dieser Arbeiten. Er zur Bezeichnung wissenschaftlicher Grundhalwürde eher an ihr arbeiten, um tungen verwendet ihre Fehler zu finden und sie zu - Bei Kuhn wird er als „herrschende Lehrmeibeseitigen. Diese Fehler treten nung“ verwendet nach Kuhn jedoch nicht durch akribische Suche, sondern im Laufe der Zeit von ganz allein auf, je vielfältiger die Anwendungsgebiete eines bestimmten Paradigmas werden. Irgendwann ist der Zeitpunkt erreicht, an dem das Paradigma nicht mehr tragfähig erscheint, da es jetzt andere Paradigmen gibt, die das jeweilige Problem besser, das heißt fehlerfreier erklären. Dies ist die Phase der „wissenschaftlichen Revolution“. Es findet ein Paradigmenwechsel statt und das alte Paradigma wird durch ein neues und besseres ersetzt. Nach dieser Revolution findet wissenschaftlicher Arbeit wieder wie gewohnt als normale Wissenschaft statt. Nach Kuhns Auffassung muss ein Paradigma jedoch wirklich erheblich erschüttert werden, ehe der Wissenschaftler auf die Idee kommt, es auszuwechseln. Normalerweise behalten Wissenschaftler das STECKBRIEF: Thomas Samuel Kuhn Paradigma trotz auftretender Anomalien bei. Und zwar so lange, bis ein neues geb. am 18.07.1922 in Cincinnati Paradigma den Platz des alten Studierte Physik an der Harvard Unieinnehmen kann. Niemals jedoch versity An der Universität belegte er nebengeschieht die Ablehnung eines bei auch einige Kurse in Philosophie, Paradigmas nur aus der Einsicht eines sowie in Literatur Fehlers. Wissenschaftlicher Fortschritt 1943: Bachelorabschluss Anschließend beteiligte sich Kuhn an wird nicht begangen, indem man das Forschungsprojekten zu Gegenmaßvorhandene Paradigma mit der realen nahmen zum 2. WK Welt vergleicht, wie es bei der Methode Nach dem Krieg machte er seinen der Falsifikation getan wird. Die Masterabschluss und promovierte 1949 Wissenschaften entwickeln sich vielmehr 1956: Kuhn nimmt eine Stelle als dann weiter, wenn verschiedene Hilfsprofessor für WissenschaftstheoParadigmen miteinander verglichen werrie und Wissenschaftsgeschichte in Berkeley an, die ihm später eine orden. - - dentliche Professur einbrachte In Berkeley schrieb er sein Hauptwerk Die Struktur wissenschaftlicher Revolutionen 1964 – 1979: Anstellung an der Universität in Princeton 1979 – 1991: Anstellung in Massachusetts am Institute of Technology 1996 stirbt Thomas S. Kuhn an Krebs Paul Feyerabend Noch einen anderen Blick auf die wissenschaftliche Fortentwicklung beschreibt Paul Feyerabend. Seiner Meinung nach ist das entscheidende Merkmal einer neuen Theorie im Vergleich zur alten, dass beide absolut inkommensurabel sind. Das bedeutet, SCHOOL-SCOUT Der persönliche Schulservice E-Mail: [email protected] Internet: http://www.School-Scout.de Fax: 02501/26048 Linckensstr. 187 48165 Münster SCHOOL-SCOUT Übersicht: Moderne Wissenschaftstheorie Seite 7 von 10 dass sie keinerlei Anhaltspunkte bieten, um untereinander verglichen zu werden. Sie bieten keinen einheitlichen Maßstab an dem sie beide gemessen werden können. Feyerabend sieht also keine Verbesserungen oder Ergänzungen bestehender Theorien, sondern immer gänzlich neue Ansichten über das jeweilige Problem, die untereinander nicht zu vergleichen sind. Wilhelm Dilthey Erinnern wir uns noch einmal an das fast schon aus den Augen verlorene, ursprüngliche Hauptanliegen der Wissenschaftstheoretiker. Der Art und Weise, wie sich Wissenschaft weiterentwickelt, ging die Überlegung voraus, wie sich fundierte Wissenschaften von nicht beweisbarer Metaphysik trennen lässt und wie die Geisteswissenschaften ein naturwissenschaftliches Antlitz erhalten können. Zu dieser Trennung von Geistes- und Naturwissenschaft hatte sich auch schon der deutsche Philosoph Wilhelm Dilthey viele Gedanken gemacht. Der Ausgangspunkt seiner Überlegung ist die These, dass alle Geisteswissenschaften sich durch ihr gemeinsames, zentrales Thema kennzeichnen. Dieses Thema ist der Mensch selbst. Wenn sich aber die Geisteswissenschaften um den Menschen kümmern, was ist dann beispielsweise mit der Medizin? Ist geb. am 19.11.1833 in Wiesbaden diese auch Geisteswissenschaft? Gymnasium in Wiesbaden (Abitur Schließlich befasst sie sich auch mit 1852) dem Menschen. Dilthey sah sehr Studierte danach Theologie, Philosophie und Geschichte in Heidelberg schnell, dass diese oberflächliche und Berlin Charakterisierung nicht ausreichte, eine 1864: Promotion über die Ethik trennscharfe Grenze zwischen GeistesSchleiermachers und Habilitation üund Naturwissenschaften zu ziehen. ber das moralische Bewusstsein Nahm anschließend eine Stelle als Zwar war die Art und Weise, wie sich Privatdozent an der Uni Berlin an Medizin und andere 1966 – 1972: Anstellungen in Basel, naturwissenschaftliche Disziplinen auf Kiel und Breslau als Professor 1882 – 1905 Lehrstuhlinhaber an der der einen und Geisteswissenschaften Uni Berlin wie Literatur, Musik oder eben auch 1883 erscheint Einleitung in die GeisPhilosophie auf der anderen Seite mit teswissenschaften dem Menschen auseinandersetzten 1900 erscheint das Werk Logische Untersuchungen von Edmund Husgrundverschieden, aber die Erfassung serls, welches Dilthey dazu ermundes Objekts allein reicht nicht zur tert einen zweiten Band der EinleiDifferenzierung. Das heißt das Kriterium tung in die Geisteswissenschaft zu verfassen. zur Unterscheidung muss in der 1906 wird Diltheys Das Erlebnis und Vorgehensweise der die Dichtung veröffentlicht Wissenschaftsgruppen gesucht werden. 1911 erscheint der Sammelband Während sich die Naturwissenschaften Weltanschauung, Philosophie und Religion dem Mensch, wie allen anderen Im selben Jahr stirbt Dilthey in Seis Untersuchungsgegenständen, auf dem an Dysenterie Wege der Erkenntnis seiner schlichten physischen Form und Zusammenhänge nähern, versuchen die Geisteswissenschaften in einem Verstehensprozess den Menschen vor dem inneren Auge, geistig, als die Entität all seiner Eigenschaften und Wesenszüge nachzuzeichnen. Für Dilthey verfolgen die Geisteswissenschaften das Ziel, den Menschen als geistiges Objekt zu STECKBRIEF: Wilhelm Dilthey SCHOOL-SCOUT Der persönliche Schulservice E-Mail: [email protected] Internet: http://www.School-Scout.de Fax: 02501/26048 Linckensstr. 187 48165 Münster SCHOOL-SCOUT Übersicht: Moderne Wissenschaftstheorie Seite 8 von 10 verstehen; die Naturwissenschaften dagegen, bemühen sich den Menschen als physisches Objekt zu erkennen. Ihm gelingt somit die Abgrenzung von Natur- und Geisteswissenschaften durch die Beschreibung ihrer Verfahrensweise, Zielsetzung und Gegenstandsbereiche: Erstere wollen Tatsachen erkennen durch die Betrachtung der Natur. Letztere versuchen Zusammenhänge zu verstehen durch ein geistiges Nacherleben fremder Existenzen. Aufgaben 1. Erarbeiten Sie im Klassenverband ein Schaubild, welches mit wenigen Stichworten die prägnanten Eckpunkte der im Text erläuterten wissenschaftstheoretischen Überlegungen darstellt. 2. Veranschaulichen Sie in einem Pfeildiagramm den Weg der wissenschaftlichen Entwicklung, wie ihn Kuhn beschreibt. 3. Machen Sie an einem Beispiel anschaulich, wie wissenschaftlicher Fortschritt nach Popper und nach Kuhn jeweils stattfindet. Das Beispiel kann frei erfunden sein. 4. Bilden Sie 2 Gruppen. Eine soll die Position von Karl R. Popper, die andere die von Thomas S. Kuhn einnehmen. Erarbeiten sie so gemeinsam Argumente pro und contra zu den beiden Positionen. Halten sie die Ergebnisse in einer tabellarischen Übersicht fest. 5. Stellen Sie die Eigenschaften von Natur- und Geisteswissenschaften nach Dilthey in einer Tabelle gegenüber. 6. Teilen Sie sich in 5 etwa gleichstarke Gruppen auf. Teilen Sie jeweils einen der im Anschluss aufgeführten Begriffe einer Gruppe zu. Erarbeiten Sie in der Gruppe eine Lexi-Box zu ihrem Begriff. Nutzen sie dazu Lexika oder recherchieren Sie im Internet. (Metaphysik – Erkenntnistheorie – Wiener Kreis – Modus Ponens – Positivismus) SCHOOL-SCOUT Der persönliche Schulservice E-Mail: [email protected] Internet: http://www.School-Scout.de Fax: 02501/26048 Linckensstr. 187 48165 Münster SCHOOL-SCOUT Übersicht: Moderne Wissenschaftstheorie Seite 9 von 10 Lösungsvorschläge 1. Erarbeiten Sie im Klassenverband ein Schaubild, welches mit wenigen Stichworten die prägnanten Eckpunkte der im Text erläuterten wissenschaftstheoretischen Überlegungen darstellt. Beispiel: 2. Veranschaulichen Sie in einem Pfeildiagramm den Weg der wissenschaftlichen Entwicklung, wie ihn Kuhn beschreibt. Beispiel: 3. Machen Sie an einem Beispiel anschaulich, wie wissenschaftlicher Fortschritt nach Popper und nach Kuhn jeweils stattfindet. Das Beispiel kann frei erfunden sein. Beispielthese: „Die Erde ist eine Scheibe“ a. Poppers Methode: 1. diverse Ableitungen finden, wie „Die Erde ist flach“, „Die Sonne dreht sich um die Erde“, „Die Erde hat einen Rand“, … 2. Die Ableitungen überprüfen: SCHOOL-SCOUT Der persönliche Schulservice E-Mail: [email protected] Internet: http://www.School-Scout.de Fax: 02501/26048 Linckensstr. 187 48165 Münster SCHOOL-SCOUT Übersicht: Moderne Wissenschaftstheorie Seite 10 von 10 a. Als Beobachter auf der Erde scheint die Erde wirklich ziemlich flach Æ positiv b. Als Beobachter auf der Erde scheint sich die Sonne tatsächlich um die Erde zu drehen Æ positiv c. Als Beobachter auf der Erde kann ich die Erde umsegeln, sie kann also keinen Rand haben Ænegativ 3. Die neue These aufstellen: „Die Erde ist rund.“ Die Hypothese, die Sonne drehe sich um die Erde kann in späteren Fortschrittsszenarien widerlegt werden, oder je nach Überprüfungsvariante auch direkt mit den anderen Hypothesen; das kommt auf die Herangehensweise und die Möglichkeiten der Überprüfung an. b. Kuhns Methode: 1. Alle Wissenschaftler arbeiten auf der Grundlage der Beispielthese – sie folgen dem Paradigma 2. Über die Jahre kommt es dabei vermehrt zu Widersprüchen mit Forschungsergebnissen 3. An dem Punkt, an dem die Widersprüche so groß werden, dass die These unhaltbar erscheint, beginnt der Prozess der wissenschaftlichen Revolution, in der ein neues, passenderes Paradigma gefunden wird, das ohne Widersprüche auskommt. 4. Alle Wissenschaftler arbeiten anschließend weiter auf der Grundlage des neuen Paradigmas 4. Bilden Sie 2 Gruppen. Eine soll die Position von Karl R. Popper, die andere die von Thomas S. Kuhn einnehmen. Erarbeiten Sie so gemeinsam Argumente pro und contra zu den beiden Positionen. Halten Sie die Ergebnisse in einer tabellarischen Übersicht fest. PRO POPPER / CONTRA KUHN - Popper umgeht, bzw. zerstört das Induktionsproblem - Der Paradigmenbegriff ist extrem vieldeutig; Kuhn verwendet ihn selbst später nicht mehr, da er ihm zu ungenau scheint - Die Vorstellung sprunghafter wissenschaftlicher Revolutionen wie bei Kuhn scheint irrational ... PRO KUHN / CONTRA POPPER - Kuhns Fortschritts-Theorie wirkt realitätsnaher, als der ständig nach Falsifikation suchende Wissenschaftler bei Popper. - Naturgesetzte sind überhaupt nicht falsifizierbar, liefern aber dennoch meist die Grundlage einer jeden wissenschaftlichen Tätigkeit - In der realen Forschung sucht man nicht nach Möglichkeiten, Theorien auszuhebeln, sondern nach Möglichkeiten, sie zu verbessern ... 5. Stellen Sie die Eigenschaften von Natur- und Geisteswissenschaften nach Dilthey in einer Tabelle gegenüber. NATURWISSENSCHAFTEN - beschäftigen sich mit der äußeren Natur - untersuchen die physikalische Erscheinung - sind auf Erkenntnisgewinn ausgerichtet - betrachten die Formen der Natur ... GEISTESWISSENSCHAFTEN - beschäftigen sich mit dem geistigen Menschen - untersuchen die geistigen Zusammenhänge - zielen auf ein umfassendes Verständnis - versuchen geistige Vorgänge nachzuempfinden ... SCHOOL-SCOUT Der persönliche Schulservice E-Mail: [email protected] Internet: http://www.School-Scout.de Fax: 02501/26048 Linckensstr. 187 48165 Münster