Der Gang der Wissenschaft Revolution, Anarchismus und das Sterben von Hypothesen Karl Raimund Popper Paul Feyerabend Thomas Samuel Kuhn David Drischel Nadja Neder Sandra Alilovic Karl Popper 1. Jugend und Elternhaus 2. Drei Schlüsselerlebnisse 3. Der Wiener Kreis 4. Die „Logik der Forschung“ - Das Induktionsproblem - Das Abgrenzungsproblem - Kumulativer Erkenntnisfortschritt Jugend und Elternhaus 1902 am 28. Juli in Wien geboren Vater Carl: - Rechtsanwalt - Interesse an Philosophie - große Bibliothek - sozial engagiert 1914 1. Weltkrieg Sympathie für die Sozialisten, die gegen den Krieg sind 1918 Kriegsende, Elend des Proletariats, Karl verlässt die Schule und schließt sich der sozialistischen Arbeiterbewegung an Drei Schlüsselerlebnisse 1919 In der Hörlgasse Einstein und die Sonnenfinsternis Ein kurzer Disput mit Alfred Adler Schlussfolgerung: Gesichertes Wissen ist unmöglich Theorien müssen kritisch überprüft werden Der Wiener Kreis Seit 1924 um Moritz Schlick, bei dem Popper Philosophie studiert In den 20er Jahren besucht Popper Vorlesungen verschiedener Mitglieder des Wiener Kreises und knüpft auch persönliche Kontakte 1929 ermutigt ihn Herbert Feigl, ein Buch über seine erkenntnistheoretischen Gedanken zu schreiben Erst durch seine Begegnung mit dem Wiener Kreis wird Popper zum Philosophen 1934 erscheint Poppers „Logik der Forschung“ in einer Schriftenreihe des Wiener Kreises Die „Logik der Forschung“ „Die beiden Grundprobleme der Erkenntnistheorie“: 1. Das Induktionsproblem 2. Das Abgrenzungsproblem Das Induktionsproblem Induktion: Vom Einzelnen auf die Allgemeinheit schließen Popper: Allgemeine Theorien können nicht aus Einzelbeobachtungen bewiesen, sondern nur widerlegt werden (Falsifikation) Stattdessen: Deduktiv-hypothetische Methode: Theorie als hypothetische Vermutung, die sich immer wieder der kritischen Überprüfung (Falsifikation) aussetzen muss Das Abgrenzungsproblem Abgrenzung wissenschaftlicher Theorien von metaphysischen bzw. nicht-wissenschaftlichen Aussagen Abgrenzungskriterium Falsifizierbarkeit: Da wissenschaftliche Sätze niemals bewiesen werden können, ist das einzige Kriterium für die Wissenschaftlichkeit eines Satzes seine (prinzipielle) Falsifizierbarkeit. Ein Satz, der etwas über die Realität aussagt, muss widerlegt werden können; Sätze, die nicht widerlegt werden können (etwa "Morgen regnet es oder auch nicht"), sagen nichts über die Realität aus und liefern keinen Erkenntnisgewinn. Kumulativer Erkenntnisfortschritt Durch das "Aussieben" falscher Theorien kommen wir, so Popper der Wahrheit immer näher, ohne sie jemals zu erreichen. Durch diese Umkehrung des klassischen Versuchs, Theorien zu "beweisen", kommt Popper zur ungewohnten Forderung: Wissenschaftler sollten versuchen, ihre Theorien zu widerlegen. Wichtig für den Fortschritt sei vor allem die kritische Überprüfung, die nur von den "wahrheitsnächsten" Theorien bestanden wird. Paul Feyerabend 1924: Geboren in Wien 1946: Studium von Geschichte, Soziologie; später Wechsel zu Physik, Mathematik und Astronomie 1952: Studium bei Popper in London (Philosophie) 1959-1990: Professor für Philosophie an der Universität in Kalifornien (Berkeley) und an der ETH Zürich 1994: Gestorben in Genf Werke „Wider dem Methodenzwang“ (1975) „Erkenntnis für freie Menschen“ (1977) „Irrwege der Vernunft“ (1991) Anarchistischer Erkenntnisfortschritt Argumentationsskizze 1/2 Es gibt keine Methode, die feste allgemeine und verbindliche Grundsätze für das Betreiben für Wissenschaft enthält Regelverletzungen sind notwendig für den Fortschritt Fortschritt durch Irrtümer Irrationalitäten abgelehnte Theorien Argumentationsskizze 1/2 Grundsatz: „Anything goes“ Aufhebung der Trennung von Wissenschaft und Nichtwissenschaft Kontrolle der Wissenschaft durch Laien und Politik Kritik an der Falsifikation und am kumulativen Erkenntnisfortschritt Keine Methode, auch nicht die Falsifikation hat Absolutheitsanspruch Bei radikaler Anwendung der Falsifikation, würde die Wissenschaft ausgelöscht Vernachlässigung der externen Faktoren Erkenntnis ist keine allmähliche Annäherung an die Wahrheit Thomas Samuel Kuhn * 18.07.1922 in Cincinnati † 17.06.1996 in Cambridge US-amerikanische Physiker Wissenschaftstheoretiker und –historiker Erkenntnistheoretiker Hauptwerk: The Structure of Scientific Revolutions dt: Die Struktur wissenschaftlicher Revolutionen, 1962 Wissenschaftliche Entwicklung 1) Allgemeines Bild der Wissenschaft 2) Paradigma 3) Normale Wissenschaft 4) Wissenschaftliche Entdeckungen 5) Wissenschaftliche Krisen 6) Wissenschaftliche Revolution 7) Wissenschaftlicher Fortschritt 1) Allgemeines Bild der Wissenschaft Darstellung durch Zeitleiste Darstellung der Wissenschaft als kumulative Disziplin „Entwicklung durch Anhäufung“ Mündung in der Entdeckung einer Weltformel? Kuhn: Wissenschaft verläuft nicht linear Sie ist einem ständigen Wandel unterworfen Die Entwicklung weist eine zyklische Struktur auf 2) Paradigma „Ein Paradigma ist das, was den Mitgliedern einer wissenschaftlichen Gemeinschaft gemeinsam ist…“ „… besteht eine wissenschaftliche Gemeinschaft aus Menschen, die ein Paradigma teilen.“ Kann nicht falsifiziert werden Wird erst dann aufgegeben, wenn es durch ein anderes ersetzt werden kann Unterscheidung in drei Phasen 1) vorparadigmatische Phase der Wissenschaftsentwicklung 2) Phase der Formierung eines Paradigmas 3) Phase des Übergangs zu einem neuen Paradigma 3) Normale Wissenschaft Gezieltes Lösen von Problemen, die sich innerhalb eines Paradigmas stellen - „Rätsellösen“ – „Puzzle“ Begriffliche, theoretische, instrumentelle und methodologische Regeln 1) Bestimmung bedeutsamer Tatsachen 2) Gegenseitige Anpassung von Theorie und Praxis 3) Artikulierung des Paradigmas, empirisch wie theoretisch Hat nicht zum Ziel, neue Entdeckungen oder Erfindungen zu machen, sondern leistet „Aufräumarbeit“ 4) Wissenschaftliche Entdeckung Neue Entdeckungen gelten meist als „Fehlschlag“ und können nicht auf einen Moment datiert werden Keine blitzartige Eingebung sondern oft langwieriger Prozess Anomalien führen meist zu Entdeckungen, die sich nicht mit Regeln des Paradigmas erklärt lassen - Entdeckungen durch langwierige wissenschaftliche Prozesse - Entdeckungen durch Zufälle - Theorieveranlasste Entdeckungen Anomalie kann Auslöser für wissenschaftliche Krisen werden 5) Wissenschaftliche Krise 1/2 Symptome: Das Wuchern konkurrierender Artikulationen die Bereitschaft alles zu versuchen der Ausdruck einer offenen Unzufriedenheit das Zufluchtsuchen in der Philosophie die Grundlagendiskussion Die Krise führt zur „Aufweichung eines Paradigmas und der sich daraus ergebenden Lockerung der Regeln für die normale Forschung 5) Wissenschaftliche Krise 2/2 Die Krise äußert sich in einem Wechsel der Arbeitsform - es erfolgt eine möglichst genaue Untersuchung der Anomalie - daraus folgen weitere Anomalien - bei den Bemühungen diese Anomalien zu erklären, hält man sich eng an das gültige Paradigma Möglichkeiten für das Beenden der Krise: - die normale W. bekommt das Problem in den Griff - es gelingt auch mit radikal neuen Ansätzen nicht, das Problem zu lösen - die wissenschaftliche Revolution 6) Wissenschaftliche Revolution Paradigmenwechsel - Vergleich mit Darwins Evolutionstheorie: Die wissenschaftliche Gemeinschaft „wählt in einer bestimmten geschichtlichen Situation unter den geg. Möglichkeiten die lebensfähigste aus.“ Das alte Paradigma setzt Dinge über die Welt voraus, die sich durch das Auftreten der Anomalie als falsch erwiesen Das Neue macht die vorherige Anomalie zum Erwarteten Widerspruch zwischen vor- und nachrevolutionärer Ordnung Unsichtbarkeit der Revolution Revolution ≠ Erweiterung wissenschaftlicher Erkenntnis 7) Wissenschaftlicher Fortschritt Fortschritt in Phasen der normalen Wissenschaft Fortschritt in der Revolution Die wissenschaftliche Gemeinschaft sucht sich aus den in einer Krisenzeit wuchernden Theorien eine heraus, die sowohl eine Lösung als auch einen Großteil der Leistungen früherer Wissenschaftler bewahrt Die Anzahl der gelösten Probleme wächst Die Exaktheit der einzelnen Problemlösungen wächst Ziel der Wissenschaft? Allg: Näher kommen der Wahrheit Kuhn: Wissenschaft hat kein wirkliches Ziel Zusammenfassung Karl Popper: - Falsifikationsprinzip - Abgrenzung von Wissenschaft und Nichtwissenschaft - kumulativer Erkenntnisforschritt Paul Feyerabend: - Theorienvielfalt - Methodenvielfalt - Aufhebung der Trennung von Wissenschaft und Nichtwissenschaft Thomas Samuel Kuhn: - wissenschaftliche Revolution - Paradigmenwechsel - normale Wissenschaft Weitere Diskussionen Mittwoch Abend beim Bierchen!!