Research | Demoskopie Der Wählermarkt in Bewegung

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Marktforschung | Research | Demoskopie
Aktuelle Umfragen zu Wirtschaft und Gesellschaft
Der Wählermarkt in Bewegung
Nr. 15
Basis: Österreichische Bevölkerung ab 16 Jahren
2013
Der Österreichische Wählermarkt ist in Bewegung. Etwas mehr als ein Drittel der Österreicher bezeichnet sich als Stammwähler, jeder Fünfte entscheidet bereits jedes
mal neu und ist somit permanenter Wechselwähler, ein knappes weiteres Fünftel
wechselt zumindest gelegentlich die Parteifarbe. Über 50-jährige und Sympathisanten
von ÖVP und SPÖ neigen in der Tendenz stärker zur Parteitreue, als andere Gruppen.
Die permanenten Wechselwähler sind vor allem jünger, also unter 30 Jahre alt und
eher urban. Die politische Ebene spielt beim Wechselwahlverhalten selbst kaum eine
Rolle. Die Abgabe der eigenen Stimme per Post bleibt in Österreich seit zwei Jahren
konstant, genau genommen sind es aktuell 16 Prozent der Wahlberechtigten, die
schon zumindest einmal per Briefwahl gewählt haben. Vor allem ältere Personen,
Menschen mit höherer Bildung und aus höheren sozialen Schichten tendieren eher zu
dieser Form der Stimmabgabe. Mehr als ein Drittel der Briefwähler wählt ein bis zwei
Wochen vor dem eigentlichen Wahltermin, somit wird der Wahltag zur Wahlwoche.
Die Wahlentscheidung ist hochemotional und wird von unterschiedlichen Faktoren
beeinflusst. Ein entscheidendes Kriterium ist die Parteiidentifikation, also die grundsätzliche
Nähe eines Wahlberechtigten
zu
Stamm- und Wechselwähler in Österreich
einer wahlwerbenÖsterreichische Bevölkerung ab 16 Jahren
den Gruppe. InsFrage 2:
"Wie würden Sie sich als Wähler beschreiben: Als Stammwähler, als gelegentlicher Wechsler, oder als jemand, der grundsätzlich keine Bindung zu einer
bestimmten Partei hat und jeweils neu entscheidet, wen er wählt?"
gesamt sind 36
Prozent der Wahl100
berechtigten ihrer
90
Partei beim Wahl80
gang
treu,
ein
70
knappes Fünftel gilt
60
als gelegent-licher
50
Wechsler und ein
40
36%
gutes Fünftel sogar
30
als
permanenter
23%
22%
19%
20
Wechselwähler.
10
Betrachet man nun
0
die Charakteristik
Als Stammwähler
Als gelegentlicher Wechsler
Als jemand, der jeweils neu
Keine konkrete Angabe
entscheidet
der
jeweiligen
n=1.000, Österreichische Bevölkerung ab 16 Jahren, Mai 2013, ArchivNr 013041
Gruppen zeigt sich,
dass sich die Bindung zu einer Partei nach Alter und Wohnortgröße deutlich unterscheidet.
Die Stammwähler sind in der Tendenz eher über 50 Jahre alt und eher im ländlicheren Raum
Österreichs zu finden, die Wechselwähler sind im Gegensatz dazu jünger und urbaner.
Interessanterweise gibt es keine politische Wahlebene, in der Wechselwähler häufiger
auftreten, sprich die Veränderung der Parteipräferenz spiegelt sich eigentlich bei allen
politischen Urnengängen wider. 50 Prozent derjenigen, die jeweils neu entscheiden, geben
-2-
dem IMAS zu Protokoll, das eigentlich bei Wahlen auf allen Ebenen zu tun. Danach folgen,
deutlich später, mit ähnlich hohen Ausprägungen die Nationalratswahl, die EU Wahl, die
Gemeinderats- und dann die Landtagswahl.
Neben der Wechselwahl ist aber auch eine weitere Veränderung des Wahlverhaltens in Österreich festzustellen. Denn seit 2007 kann die österreichische Bevölkerung im In- und Ausland von ihrem Stimmrecht auch außerhalb der Wahlkabine – also von einem beliebigen Ort
aus – mittels Wahlkarte Gebrauch machen. Seit der letzten empirischen Messung im Juli
2011 ist die Anzahl an Briefwählern konstant geblieben. Insgesamt haben bereits 16 Prozent
der österreichischen Bevölkerung schon einmal oder öfter mit der Wahlkarte gewählt, bei 84
Prozent war dies bisher noch nicht der Fall. Unter den Briefwählern findet sich eine Gruppe
von 7 Prozent der Bevölkerung, die bereits mehrmals in dieser Form ihr demokratisches
Recht auf Mitbestimmung ausübte. Die Briefwähler an sich sind höher gebildet, eher aus der
A/B-Schicht und eher über 30 Jahre alt.
Bereits heute geben 46 Prozent der Personen, die bisher noch nicht mittels Briefwahl gewählt haben, an, sich in Zukunft diese Form der Stimmabgabe vorstellen zu können. Nur für
ein knappes Drittel käme eine Briefwahl auch weiterhin überhaupt nicht in Frage. Diese Zunahme an Briefwählern ist insofern für die politischen Parteien interessant, da sie nun versuchen können, ihr eigenes Stammklientel zusätzlich zu mobilisieren. Neben der örtlichen Unabhängigkeit tritt auch eine zeitliche Selbständigkeit ein. Etwas mehr als die Hälfte der Briefwähler schickt ihre
Stimme per Post
In Zukunft von einer Briefwahl Gebrauch machen
ein paar Tage
Falls Briefwahl noch nie genutzt (84%=100%)
Frage 5b: "Und könnten Sie sich vorstellen, in Zukunft von einer Briefwahl Gebrauch zu machen, oder käme das für Sie grundsätzlich nicht in Frage?"
vorher, mehr als
ein Drittel bereits
100
ein bis zwei Wo90
chen vor dem eigentlichen Wahl80
termin ab. Die
70
Wähler
treffen
60
somit deutlich vor
50
46%
dem eigentlichen
40
32%
Wahlsonntag ihre
30
Entscheidung und
21%
20
sind zu diesem
10
Zeitpunkt
noch
0
nicht in Kenntnis
Könnte ich mir vorstellen
Käme grundsätzlich nicht in Frage
Unentschieden
des
kompletten
n=1.000, Österreichische Bevölkerung ab 16 Jahren, Mai 2013, ArchivNr 013041
Wahlkampfes, der
sich ja oft bis in die Abendstunden eines Vorwahltages zieht. Für die Entscheidung der
Briefwähler sind folglich Ereignisse knapp vor dem Wahltermin obsolet, ihre Stimme liegt ja
bereits auf dem Postamt. Die zeitliche Vorverlagerung wird aus dem Wahltag Wahlwochen
machen. Die Parteien haben dies in ihrer politischen Kommunikation zu berücksichtigen und
neue Zeitpläne ihrer Wahlkampfregie für die letzten Wahlkampfwochen zu erstellen.
Die Österreicher haben ganz allgemein noch keine ausgeprägte Meinung zur Briefwahl. 44
Prozent von ihnen können Vor- und Nachteile noch nicht abwägen, und haben somit nur eine
diffuse Vorstellung von diesem Vorgang. Zwei Fünftel äußern sich gegenüber dem IMAS in
einem positiven Sinn, für 12 Prozent hingegen überwiegen bei einer Briefwahl eher die
Nachteile. Als Hauptmotiv für eine vorteilhafte Beurteilung kommt vor allem ein Aspekt in
Betracht: 59 Prozent der Österreicher halten eine Briefwahl für unverzichtbar, damit auch
Menschen mit Beeinträchtigungen, ältere Menschen oder Leute, die am Wahltag verreist
-3-
sind, von ihrem Wahlrecht Gebrauch machen können. Für weitere 31 Prozent der Österreicher ist die Briefwahl eine gute Sache, da sie den Weg zum Wahllokal erspart. Interessanterweise werden negative Aspekte wie die fehlende Anonymität oder die Unmöglichkeit seine
politische Entscheidung kurz vor dem Wahltag noch zu ändern, kaum genannt.
Der persönliche Gang zum Wahllokal hatte in früheren Zeiten unseres demokratischen Lebens den Nimbus einer gewissen Feierlichkeit, zu der sich viele Menschen auch entsprechend kleideten. Dieses Gefühl, mit der Stimmabgabe einen politisch fast sakralen Akt zu
vollziehen, ist nur mehr bei 15 Prozent der Bevölkerung vorhanden.
Insgesamt betrachtet, wird das Briefwahlrecht das Wahlverhalten langfristig in mehrfacher
Hinsicht prägen. Die Wahlentscheidung wird an unterschiedlichen Orten, im Beisein und unter Einfluss von weiteren Personen deutlich vor dem eigentlichen Wahltag getroffen. Als
Konsequenz für die Parteien ergibt sich eine frühere politische Ansprache, insbesondere zur
Mobilisierung der Stammwähler und die Notwendigkeit einen neuen Spannungsbogen für
den Wahlkampf zu zeichnen. Es wird aller Voraussicht nach auch nicht mehr lange dauern,
bis die Parteien mit „Briefwahlpartys“ ihre Stammwähler zur Stimmabgabe mobilisieren und
somit auf diese Entwicklung reagieren.
Dokumentation
Zeitraum der Umfrage:
17. April bis 02. Mai 2013
Sample:
n=1.000 Personen, statistisch repräsentativ für die österreichische Bevölkerung ab 16 Jahren, Quotaauswahl, face-to-face
Zahl der Interviewer:
100
Archiv-Nummer der Umfrage:
013041
IMPRESSUM:
Informationsdienst der Markt- und Meinungsforschung. Medieninhaber, Herausgeber und Hersteller: IMAS-International – Institut für Markt- und Sozialanalysen GmbH, A-4020 Linz, Gruberstraße 2-6, Tel.:
0732/77 22 55-0, Fax: 0732/77 22 55-5, E-Mail: [email protected]
Stamm- und Wechselwähler in Österreich
Österreichische Bevölkerung ab 16 Jahren
Frage 2:
"Wie würden Sie sich als Wähler beschreiben: Als Stammwähler, als gelegentlicher Wechsler, oder als jemand, der grundsätzlich keine Bindung zu einer
bestimmten Partei hat und jeweils neu entscheidet, wen er wählt?"
100
90
80
70
60
50
40
36%
30
22%
23%
Als jemand, der jeweils neu
entscheidet
Keine konkrete Angabe
19%
20
10
0
Als Stammwähler
Als gelegentlicher Wechsler
n=1.000, Österreichische Bevölkerung ab 16 Jahren, Mai 2013, ArchivNr 013041
Stamm- und Wechselwähler in Österreich
Österreichische Bevölkerung ab 16 Jahren
Frage 2:
"Wie würden Sie sich als Wähler beschreiben: Als Stammwähler, als gelegentlicher Wechsler, oder als jemand, der grundsätzlich keine Bindung zu einer
bestimmten Partei hat und jeweils neu entscheidet, wen er wählt?"
Als Stammwähler
Als gelegentlicher
Wechsler
Als jemand, der jeweils
neu entscheidet
Keine konkrete
Angabe
Österreichische Bev. ab 16 J. total
36
19
22
23
Männer
Frauen
33
38
20
18
21
23
26
21
16-29 Jahre
30-49 Jahre
50+ Jahre
16
12
29
52
25
17
32
25
14
40
21
17
Volks-, Hauptschule
Weiterführende Schule ohne Matura
Matura, Universität
35
37
35
13
22
22
21
21
25
31
20
18
A / B Schicht
C-Schicht
D / E Schicht
39
35
34
19
22
15
24
21
21
19
21
30
Land (Bis 5.000 EW)
Klein-, Mittelstadt
Landeshauptstadt
39
34
30
21
18
12
18
25
36
22
24
22
n=1.000, Österreichische Bevölkerung ab 16 Jahren, Mai 2013, ArchivNr 013041
%
Bevorzugte Ebene der Wechselwähler
Als jemand, der jeweils neu entscheidet (22%=100%)
Frage 3:
"Es gibt ja unterschiedliche Wahlen, also Gemeinderats-, Landtags-, Nationalrats- und EU-Wahlen. Bitte sagen Sie mir, auf welcher dieser Ebenen Sie
am ehesten bereit sind, Ihre Stimme im Vergleich zur letzten Wahl zu wechseln, auf welcher Ebene also Ihre Bindung zu einer gewissen Partei am
geringsten ist."
100
90
80
70
60
50%
50
40
30
20
13%
17%
10%
10
8%
6%
3%
0
Auf jeder Ebene
Bund
EU
Gemeinde
n=1.000, Österreichische Bevölkerung ab 16 Jahren, Mai 2013, ArchivNr 013041
Land
Auf keiner Ebene
Keine Angabe
In Zukunft von einer Briefwahl Gebrauch machen
Falls Briefwahl noch nie genutzt (84%=100%)
Frage 5b:
"Und könnten Sie sich vorstellen, in Zukunft von einer Briefwahl Gebrauch zu machen, oder käme das für Sie grundsätzlich nicht in Frage?"
100
90
80
70
60
50
46%
40
32%
30
21%
20
10
0
Könnte ich mir vorstellen
Käme grundsätzlich nicht in Frage
n=1.000, Österreichische Bevölkerung ab 16 Jahren, Mai 2013, ArchivNr 013041
Unentschieden
Stimmabgabe vor dem Wahltermin
Falls Briefwahl genutzt (16%=100%)
Frage 5a:
"Und können Sie sich noch erinnern, wie lange Sie bereits vor dem Wahltermin gewählt haben? War das ein paar Tage vor dem Wahltag, oder schon ein
bis zwei Wochen vor dem Wahltag?"
100
90
80
70
60
54%
50
36%
40
30
20
10%
10
0
Ein paar Tage vorher
Ein bis zwei Wochen vorher
n=1.000, Österreichische Bevölkerung ab 16 Jahren, Mai 2013, ArchivNr 013041
Keine Angabe
Vorzüge oder Nachteile der Briefwahl
Österreichische Bevölkerung ab 16 Jahren
Frage 7:
"Überwiegen für Sie persönlich bei einer Briefwahl alles in allem eher die Vorzüge oder die Nachteile?"
100
90
80
70
60
50
44%
44%
40
30
20
12%
10
0
Eher die Vorzüge
Eher die Nachteile
n=1.000, Österreichische Bevölkerung ab 16 Jahren, Mai 2013, ArchivNr 013041
Weder noch, egal
Aspekte der Briefwahl
Österreichische Bevölkerung ab 16 Jahren
Frage 6:
"Hier stehen verschiedene Ansichten zur Briefwahl. Was davon ist auch Ihre Meinung?"
%
Die Briefwahl ist unverzichtbar, damit auch Beeinträchtigte oder Leute, die am Wahltag verreist sind, von
Ihrem Wahlrecht Gebrauch machen können.
59
31
Die Briefwahl ist eine gute Sache, denn Sie erspart den Weg zum Wahllokal.
Der Gang zum Wahllokal ist für einen Bürger etwas ganz Besonderes. Dieses Gefühl der politischen
Mitentscheidung kann eine Briefwahl nicht ersetzen.
15
13
Eine Briefwahl ist bedenklich, weil Sie die Anonymität des Wählers zu wenig sicherstellt.
Eine Briefwahl ist erdenklich undemokratisch, denn sie verhindert, dass man kurz vor der Wahl noch seine
politische Entscheidung ändern kann.
Keine (konkrete) Meinung
n=1.000, Österreichische Bevölkerung ab 16 Jahren, Mai 2013, ArchivNr 013041
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