Institut für Staatsrecht und Politische Wissenschaften Abteilung für Politikwissenschaft, Rechtsethik und Rechtsphilosophie Altenberger Straße 69 4040 Linz, Austria Staats- und Verfassungslehre II Kontakt: [email protected] © Martin Schauer 2017 Vorwort Von der Renaissance zur Aufklärung ❖ Die Renaissance ist die intellektuelle Basis und damit Wegbereiterin der Aufklärung. Durch die Entdeckung des wissenschaftlichen Potentials der Antike begannen Philosophen und Naturwissenschafter die tradierten, religiös-dogmatischen Aussagen - vor allem bezüglich der natürlichen Ordnung - zu hinterfragen. ❖ Die Renaissance markiert den Beginn einer Jahrhunderte andauernden, oft feindschaftlichen Diskrepanz zwischen Religion und (Natur-)Wissenschaften, da oftmals die Aussagen der Religion nicht mit den empirischen Erkenntnissen der (Natur-)Wissenschaften in Einklang zu bringen waren. ❖ Aber nicht allein die Natur der Dinge, sondern auch die natürliche, gesellschaftlich-politische Ordnung wird hinterfragt. 3 Thomas Hobbes (1588 - 1679) Vorbemerkungen ❖ Der „Englische Bürgerkrieg“ (1642-1649) hatte kurzfristig die Abschaffung der Monarchie, langfristig die Statuierung der bis heute bestehenden Konstitutionellen Monarchie zur Folge. ❖ Zentral für Hobbes war daher zunächst einmal die Beantwortung der Frage: „Durch welches politische System kann ein feudal-herrschaftliches System abgelöst werden, das die größte Stabilität verspricht?“ 5 Menschenbild bei Hobbes ❖ Prinzipiell sind alle Menschen mit denselben Fähigkeiten ausgestattet und jeder Mensch ist alleine und ausschließlich an der Sicherung seiner Bedürfnisse interessiert. Um diese zu wahren setzt er - solange keine Ordnungsmacht diese Bestrebungen lenkt - alle Mittel ein, die ihm zur Verfügung stehen (von Betrug bis Mord). ❖ Der Mensch ist zu Beginn also nicht Ebenbild Gottes und damit gut (siehe Genesis); sondern „homo homini lupus est“. ❖ Dieser Naturzustand wird als belastend erkannt, da der damit einhergehende, stetige Konflikt des Menschen mit den anderen Menschen, dem - ebenfalls jedem Menschen innenwohnenden Wunsch nach Rechtsschutz und Sicherheit widerspricht. 6 Hobbes Leviathan ❖ Hobbes beschäftigt sich im Leviathan hauptsächlich mit der Frage: „Wie kann die Ausübung staatlicher Gewalt legitimiert werden?“ ❖ Ebenso wie Machiavelli sieht Hobbes keine transzendente Legitimierung des Souveräns als ausreichend an. Der Souverän legitimiert sich durch die Erfüllung seiner gesellschaftsvertraglichen Verpflichtungen. 7 Der Gesellschaftsvertrag bei Hobbes ❖ Erster Schritt zur Kreation eines Staates besteht darin, dass die sich im Naturzustand befindlichen Menschen erkennen, dass die stetigen Auseinandersetzungen jeder gegen jeden keinen Vorteil bringt, da die innovativen Kräfte an diesen Selbsterhaltungskampf gebunden sind. ❖ Mittels Gesellschaftsvertrages übertragen alle Menschen die Aufgabe zur Wahrung des Naturrechts und alle ihre Rechte an den Staat, der mittels Sanktionen für die Rechtsdurchsetzung und Rechtsverteilung sorgt. ❖ Dieser Vertrag ist nicht mehr disponibel und damit ist auch der Souverän unabsetzbar. ❖ Eine verfassungsgesetzliche Beschränkung oder Überprüfung der souveränen Rechtsakte ist bei Hobbes ausgeschlossen, da nur die absolute Herrschaftsmacht die Einhaltung der natürlichen Ordnung gewährleisten kann. 8 Jean-Jacques Rousseau (1712 Schweiz -1778 ) Frankreich Vorbemerkungen ❖ Gilt als intellektueller Vater der französischen Revolution. ❖ Der technisch-wirtschaftliche Fortschritt begeistert die einflussreiche, europäische Gesellschaft. Immer mehr Entdeckungen durch weltweit agierende Expeditionen erweitern den geografischen und Intellektuellen Horizont. ❖ Rousseau gilt als Skeptiker. Entfernt sich der Mensch nicht immer mehr von seiner eigentlichen Art? Liefern uns die "Naturvölker" nicht ein Beispiel für ein besseres Sein? ❖ Was ist der Mensch?! 10 Menschenbild bei Rousseau ❖ Kritik an Hobbes: Aus der Beobachtung des modernen Menschen und der Gesellschaft könne man keinerlei Rückschlüsse auf den Naturzustand des Menschen schließen, da sich dieser viel zu weit von der „natürlichen Ordnung“ entfernt habe. ❖ Der Mensch im Naturzustand ist frei von allen Zwängen. Es ist daher auch Aufgabe der Erziehung den Menschen in seiner „Natürlichkeit“ zu belassen. ❖ Der technisch-gesellschaftliche Fortschritt entfremdet den Menschen von sich selbst und führt zu unethischem Verhalten. 11 Gesellschaftsvertrag bei Rousseau ❖ Die Gemeinschaftsbildung der Menschen erfolgt aufgrund eines freiwilligen Zusammenschlusses - auf dem Gesellschaftsvertrag. Durch ihn ist jeder Vertragspartner geschützt. ❖ Die politische Gemeinschaft geht aus der freiwilligen Vereinigung jedes einzelnen mit dem Staat hervor. Dieser unterwirft sich zwar dem gemeinsamen Willen, aber da er ja selbst Mitglied der gesetzgebenden Gewalt ist, unterwirft er sich willentlich den beschlossenen Normen und sichert sich damit seine Freiheit. ❖ Jeder Mensch besitzt demgemäß das Recht auf Freiheit, Gleichheit und auf die Achtung seiner ihm zustehenden Würde. Diese Rechte bestehen sowohl gegenüber dem einzelnen Mitbürger als auch gegenüber dem Staat. 12 Karl Marx (1818Deutschland - 1883England) Vorbemerkung ❖ Die industrielle Revolution hatte durch ihren Ersatz der erlernten Berufe durch Maschinen, dafür gesorgt, dass die menschliche Arbeitskraft durch die Verkürzung der Einschulungsphasen zu einer austauschbaren und nahezu endlos, vorhandenen Ressource verkam. (Anmerkung: Dieses Problem besteht bis heute nahezu unverändert. Anhand der Analyse der Arbeitsmarktentwicklung erkennen wir auch heute, dass wenig- bis minderqualifizierte Arbeitnehmerinnen immer mehr durch „Maschinen“ im weitesten Sinne ersetzt werden.) 14 Marxistisches Menschenbild ❖ Anders als Hobbes und Rousseau verzichtet Marx auf die Beantwortung der Frage „nach der Natur des Menschen“. Marx sieht den Menschen als Produkt seines gesellschaftlichen Umfeldes. ❖ Aus diesem Grund braucht auch die Frage: “Ob der Mensch von Natur aus gut oder böse ist?“ nicht beantwortet werden. 15 Marxistische Staatstheorie ❖ Von Beginn an teilt sich die Gesellschaft in zwei Klassen: Die Besitzlosen (Sklaven etc.) und die Besitzenden (Gewerbetreibende, Adelige etc.). ❖ Das Gebilde Staat dient am Anfang dazu dieses System aufrecht zu erhalten, bis sich die Klasse des Proletariats aus ihren Fesseln befreit und die bürgerliche Zweiklassengesellschaft in einem gewalttätigen, revolutionären Akt zerstört. ❖ Im nächsten Schritt wird das Eigentum der Besitzenden auf den Staat übertragen, der damit aber seine Existenzberechtigung verloren hat, da der Staat lediglich zur Absicherung von Eigentumsverhältnissen dient. ❖ Diese Entwicklung ist zwangsläufig und kann nicht aufgehalten werden. 16 Aktuelle Problemstellungen des modernen Verfassungsstaates (ausgewählte) Staatslegitimation und Demokratie ❖ Warum soll der weiterbestehen? demokratische ❖ Radikalisierungstendenzen Landschaft. ❖ Hauptaufgabe wird darin liegen der wählenden und zukünftig wählenden Bevölkerung zu vermitteln, dass nur der moderne Verfassungsstaat geeignet ist, in Verfassungsstaat der in dieser gesamteuropäischen, Weise politischen 1. gesellschaftliche Probleme gewaltfrei(!) zu lösen 2. sozialen Frieden zu gewährleisten und 3. den Schutz der unveräußerlichen Menschenrechte zu garantieren. 18 Familien- und Gesellschaftspolitik ❖ Ein- oder Mehrkindfamilie? ❖ Familienbild im 21. Jahrhundert: Was soll vor dem Gesetz als „Familie“ gelten? ❖ Prämisse der staatlichen oder privaten Fürsorgeverpflichtung? ❖ Globalisierung oder Renationalsierung der Gesellschaft? ❖ Wertneutralität oder Wertebewusstsein? ❖ Bildungs- und Wissenszugang: Privileg oder Menschenrecht? 19 Finanzpolitik ❖ Kampf gegen den „Finanzfaschismus“? 1. (Neo)Protektionismus? 2. (Re)verstaatlichung? ❖ Kapitalismus unter der Prämisse der Eigenverantwortlichkeit? ❖ Nachhaltigkeit? 20 Politik der Werte ❖ Zukunft der Menschenrechte… ❖ Menschenbild des 21. Jahrhunderts…Was ist der Mensch? ❖ Welches sind die absolut, unabdingbaren, ethischen Werte ohne die eine humanitäre Gesellschaftsordnung aufhört zu existieren? 21