Naturzustandstheorie in Thomas Hobbes `Leviathan`, Politik

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Politik
Moritz Schneider
Naturzustandstheorie in Thomas Hobbes
'Leviathan'
Der Naturzustand - ein Krieg aller gegen alle?
Studienarbeit
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung .......................................................................................................... 1
2. Der Naturzustand – ein weiter Begriff .............................................................. 2
3. Die Naturzustandstheorie bei Thomas Hobbes ................................................. 3
3.1 Der Naturzustand als Kriegszustand ............................................................ 4
3.2 Gründe, Voraussetzungen und Konsequenzen ............................................ 5
3.3 Probleme und Kritik................................................................................... 11
4. Zusammenfassung und Ausblick .................................................................... 14
5. Literaturverzeichnis......................................................................................... 15
„Wo keine öffentliche Macht ist,
gibt es kein Gesetz,
wo kein Gesetz ist,
gibt es keine Ungerechtigkeit.
Gewalt und Betrug sind in einem Krieg
die beiden Kardinaltugenden.1“
1. Einleitung
Der Mensch ist dem Menschen ein Wolf. Es herrscht ein Krieg aller gegen alle.
Es sind diese eingängigen (verkürzten) Sätze, mit denen nicht selten auf Thomas Hobbes
Leviathan Bezug genommen wird. Die folgende Arbeit wird sich der Theorie des
Naturzustands in Thomas Hobbes Leviathan widmen2. Dabei soll im Folgenden nicht der
Naturzustand bloß als ein Teil des von Hobbes konzipierten, triadisch aufgebauten
Gedankenexperiments3 angesehen werden. Zweifellos ist der Naturzustand Teil dieser Triade,
aber er ist eben nicht bloß Teil, sondern auch Grundlage der auf ihn folgenden, gedanklichen
Schritte Hobbes. Zu unpräzise gestalten sich daher Untersuchungsansätze, die auf eine
Beschreibung Hobbes Herrschaftsvertrag ausgerichtet sind, den Naturzustand, auf welchem
dieser jedoch gründet, in nur wenigen Sätzen abhandeln. Die Notwendigkeit eines Vertrages
als ein logischer Schluss wird nur dann verständlich, wenn die Grundlage des
Gedankenexperiments – der Naturzustand – angemessen beschrieben wird. Um sich also
Hobbes Kontraktualismus angemessen widmen zu können, muss zunächst gezeigt werden,
warum dieser überhaupt notwendig ist. Hobbes Vertragstheorie setzt nicht bloß ein potenziell
mögliches Naturzustandstheorem voraus, sondern dediziert dieses geradezu. Wenn sich der
Herrschaftsvertrag als ein Ausweg, als eine Lösung aus der im Naturzustand herrschenden
Unerträglichkeit des menschlichen Miteinanders versteht, so muss zunächst der von Hobbes
beschriebene Naturzustand in seiner Gänze nachvollzogen werden. Dieses soll Ziel der
vorliegenden Arbeit sein. Es soll eine möglichst genaue Rekonstruktion Thomas Hobbes
Naturzustandstheorie durchgeführt werden. Dies meint einerseits, die Konzeption seines
Gedankenexperiments, dass heißt, die Gründe, Prämissen und Konsequenzen von denen
Hobbes in seinem Theorem ausgeht nachzuvollziehen, es meint andererseits aber auch, die
daraus resultierenden Probleme und etwaigen Kritiken, die an der Naturzustandskonzeption
1
Im Folgenden wird sich an der Übersetzung des Leviathan aus dem Englischen von Jutta Schlösser orientiert:
Hobbes, Thomas (1996): Leviathan. Übers. von Jutta Schlösser, hrsg. von Hermann Klenner, Hamburg: MeinerVerlag.
2
Seine politische Philosophie erarbeitet Thomas Hobbes neben dem Leviathan auch in den Elements of Law
Natural and Politic (1640), sowie in den zwei Auflagen von De Cive (1642, 1647). Die folgende Arbeit
orientiert sich schwerpunktmäßig am Leviathan.
3
Unter Kapitel 3 (S. 4ff.) wird deutlich gemacht, dass es sich beim Naturzustand um ein Solches handelt und
nicht von einer physisch-realen Situation auszugehen ist.
1
zu tätigen sein werden, darzustellen. Im Folgenden soll in einem ersten Schritt der Begriff des
Naturzustands im Allgemeinen, das heißt nicht bloß im Hobbesschen Sinne, verständlich
gemacht werden. Im Anschluss soll im Speziellen auf Hobbes Naturzustandstheorie
eingegangen werden und letztlich diese in die sich daraus ergebenden Probleme und Kritiken
überführt werden.
2. Der Naturzustand – ein weiter Begriff
Es ist Thomas Hobbes (1588-1679), der mit seinen Werken The Elements of Law Natural and
Politic (1640), Elementorum Philosophiae Sectio Tertia De Cive (1642) und insbesondere mit
dem Leviathan (1651) als Neubegründer der politischen Philosophie gilt, in dem er einerseits
inhaltlich, mit traditionellen metaphysischen und theologischen Rechtfertigungen bricht und
andererseits
aber
auch
methodisch
mit
seinen
an
der
Geometrie
orientierten
4
Genauigkeitsidealen neue Standards setzt . Hobbes wendet sich von Theorien des guten
Lebens ab und provoziert mit seiner Konzeption einer Theorie der reinen Selbsterhaltung5.
Zunächst kann jedoch eine allgemeine Einordnung des Begriffs hilfreich sein und zwar
insofern, als dass sie verdeutlicht, dass es sich bei dem Begriff des Naturzustandes um einen
polysemischen
handelt.
Konkret
liegen
dem
Begriff
drei
unterschiedliche
Bedeutungsdimensionen zu Grunde, die sich aus der epikureischen, der aristotelischthomistischen und der stoisch-patristischen Tradition ergeben6. Während nach aristotelischthomistischer Tradition der Naturzustand als ein natürliches Stadium des Wachstums der
Menschen hin zur Vollendung nach göttlich-natürlichem Recht verstanden werden kann,
beschreibt die stoisch-patristische Tradition den Naturzustand als ein paradiesisches
Zusammenleben, als einen Idealzustand, frei von einer unnatürlich-staatlichen Ordnung7.
Bevor nun im Folgenden die epikureische Tradition beschrieben werden soll, welcher sich
Hobbes Naturzustand am ehesten zuordnen lässt, sollte festgehalten werden, dass der Begriff
des Naturzustandes vornehmlich als eine analytische Kategorie begriffen werden sollte. Dies,
insofern, als dass sie einen vorgeschichtlichen, ursprünglichen Zustand zu beschreiben
4
Vgl. Kersting, Wolfgang (2008): Die Begründung der politischen Philosophie der Neuzeit im Leviathan, in:
Thomas Hobbes: Leviathan: oder Stoff, Form und Gewalt eines kirchlichen und bürgerlichen Staates, hrsg. von
Wolfgang Kersting, 2. Auflage, Oldenburg: Akademie-Verlag, 19; Vgl. Meluschke, Günther (1983):
Philosophische Grundlagen des demokratischen Verfassungsstaates, Freiburg: Verlag Karl Alber, 74f;
Zu Hobbes an der Mechanik orientierter Methodik, siehe etwa auch Hobbes Einleitung im Leviathan: „Denn
was ist das Herz, wenn nicht eine Feder, was sind die Nerven, wenn nicht die vielen Stränge, und was nicht die
Gelenke, wenn nicht die vielen Räder, die dem ganzen Körper Bewegung verleihen?[…]“.
5
Vgl. Kersting (2008), 13ff.
6
Vgl. Hofmann, H. (1984): Naturzustand, in: Historisches Wörterbuch der Philosophie, hrsg. von Joachim Ritter
und Karlfried Gründer, Bd. 6, Basel: Schwabe& Co AG, 653.
7
Vgl. a.a.O., 653f.
2
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