Deutsches Ärzteblatt 1989: A-3585

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HIV-bindende Rezeptoren
auf Epidermalzellen
Hygiene
als Konsequenz
Mit großem Interesse haben wir
Ihre Interpretation zur perkutanen
HIV-Infektion betreffend drei Krankenschwestern mit ekzematösen/seborrhoischen Hautveränderungen
gelesen, die entsprechend Ihren Ergebnissen durch die Ausprägung
HIV-bindender Rezeptoren auf epidermalen Zellen ermöglicht beziehungsweise gegünstigt wird. Andererseits sind auch andere Möglichkeiten der perkutanen Infektion hier
zu bedenken, denn schon frühere
Arbeiten lassen eine Permeabilität
psoriasiform-seborrhoisch veränderter Haut für Proteine erkennen.
Zwar wird ein Teil der mit diversen Methoden in Epidermis/Stratum
corneum nachgewiesenen sogenannten „epidermalen Proteine" als Keratine angesehen, daneben handelt es
sich ziemlich sicher auch um Serumproteine. Denn wir konnten, dieser
Beobachtung entsprechend, von der
Oberfläche seb orrhoisch-psoriasiform veränderter Haut (meist Psoriatiker) stets Proteine gewinnen, die sich
mittels Immundiffusion als Serumproteine (besonders Albumin, IgG, aber
auch andere) identifizieren ließen.
Demnach scheint die Möglichkeit
des Serumaustritts aus derartigen
„trocken erscheinenden" Herden zu
bestehen. Somit ist folglich auch ein
Austritt von HIV•haltigem Material
aus der Blutbahn an die Hautoberfläche nicht auszuschließen, so daß bei
seborrhoisch-psoriasiform veränderter Haut eventuell — aufgrund klinisch
inapparenter Mikroverletzungen
durch Kratzen/Scheuern) — an eine
Infektionsgefahr zu denken ist. Daraus kann abgeleitet werden, daß, wie
im Fall der drei Krankenschwestern
vermutet, HIV-haltiges Material via
Mikroverletzung in die Blutbahn eindringen kann.
Zu dem Beitrag von
Prof. Dr. med. Ralf Bauer
et al. in Heft 7/1989
Als Konsequenz bis zur weiteren
Klärung der Problematik ist eine erhöhte Aufmerksamkeit und die gewissenhafte Beachtung der Hygienevorschriften im Umgang mit HIVPatienten mit zusätzlichen seborrhoisch-psoriasiformen Erkrankungen notwendig. Ebenso sollten sich
umgekehrt Nichtinfizierte, die an
derartigen „trockenen epidermalen
Dermatosen" leiden, besonders vor
einer möglichen Kontamination mit
HIV-infiziertem Material schützen.
Prof. Dr. Wolfgang Remy
Michael Märtin
Dermatologische Klinik
und Poliklinik der
Technischen Universität München
Biedersteiner Straße 29
8000 München 40
Schlußwort
Wir danken den Herren Remy
und Märtin für das Interesse an unserer Arbeit und den wiederholten
Hinweis auf gewissenhafte Beachtung der Hygiene-Vorschriften. Erstaunt waren wir über die Fülle der
Sonderdruckanforderungen zu unserem Manuskript, erfreut, daß wir
nicht den Vorwurf der Panikmache
hören mußten, sondern nur hohes
Interesse an der dermatologischen
Immunologie vorfanden. Das ist verständlich, da erst in den letzten zehn
Jahren durch namhafte dermatologische Immunologen die Epidermis als
ein immunkompetentes Organ herausgestellt werden konnte. Bis dahin
wurde die Epidermis immer als ein
Schutz- und Trutzorgan verstanden,
und funktionelle Untersuchungen
wurden stets unter der Frage des
Proliferationsverhaltens oder der
biochemischen Zusammensetzung
der Hautoberfläche durchgeführt.
So, wie wir langsam lernen, daß
auch Ekzeme durch Allergene ausgelöst werden können, die wir im allgemeinen als Allergene für Soforttyp-Reaktionen kennen, müssen wir
auch die bislang bekannten immunologischen Daten der Epidermis heranziehen und uns fragen, ob hier
neue Infektionswege aufgedeckt
werden können. Epidermale Zellen
prägen zahlreiche obligate und fakultative Rezeptoren aus. Dazu zählen ganz besonders Adhäsionsrezeptoren aus der Integrin und Immunoglobulin family, wie zum Beispiel
Beta 1chain (CD29) oder ICAM 1
(CD54) auf epidermalen Zellen.
Welche Bedeutung diese Rezeptoren auch für die Adhärenz von
Viren haben, ist bislang noch nicht
untersucht worden. Möglicherweise
öffnen sich hier neue immunologische Erkenntnisse für die Übertragung viraler Krankheiten.
Wir danken allen Lesern für ihre
zahlreichen Zuschriften und positiven Äußerungen über unsere Arbeit.
Für die Autoren:
Professor Dr. med. Ralf Bauer
Hautklinik und Poliklinik
der Universität Bonn
Sigmund-Freud-Straße 25
5300 Bonn 1
Dt. Ärztebl. 86, Heft 47, 23. November 1989 (47)
A 3585
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