Name, Vorname Matrikel-Nr. Aufg.1 Aufg.2 Aufg.3 Σ Note Klausur (Modulprüfung) zum Lehrerweiterbildungskurs ’Stochastik’ SoSe 2015 Bearbeiten Sie bitte zwei der drei folgenden Aufgaben! Falls Sie alle drei Aufgaben bearbeitet haben sollten, kennzeichnen Sie bitte, welche zwei davon gewertet werden sollen! Zur Lösung einer Aufgabe gehört auch die Darstellung des Gedankenganges. Pro gelöster Aufgabe erhalten Sie 10 Punkte. Eigener nicht-programmierbarer Taschenrechner ist erlaubt. Aufgabe 1 (Bedingte Wahrscheinlichkeit, Baumdiagramm, Vierfeldertafel) Eine Nachrichtenquelle sendet unabhängig voneinander das Signal “1” mit Wahrscheinlichkeit 0, 1 und das Signal “0” mit Wahrscheinlichkeit 0, 9. Die Übertragung erfolgt über einen Kanal, der das Signal “0” mit Wahrscheinlichkeit 0, 8 richtig überträgt, aber wegen Rauschens mit Wahrscheinlichkeit 0, 2 zu “1” abändert; das Signal “1” wird über den Kanal mit Wahrscheinlichkeit p richtig übertragen und mit Wahrscheinlichkeit 1 − p zu “0” verfälscht. (a) (i) Zeigen Sie, dass p mindestens den Wert p0 = 0, 9 haben muss, damit die Wahrscheinlichkeit einer fehlerhaften Übertragung eines Signals kleiner gleich 0, 19 ist! (ii) Wie groß ist (mit p = p0 ) die Wahrscheinlichkeit dafür, dass das Signal “1” gesendet wurde, wenn “1” empfangen wurde. (b) Geben Sie für obiges “2-stufiges Experiment” (mit p = p0 ) (falls nicht schon in (a) angegeben) (i) einen Wahrscheinlichkeitsbaum, (ii) eine Vierfeldertafel (iii) ein umgekehrtes Baumdiagramm an! Hinweis: Brüche brauchen Sie hier nicht auszurechnen! (c) (Mit 2 Sonderpunkten) Welche Streuung hat die Nachrichtenquelle am Ausgang des Kanals (mit p = p0 )? Aufgabe 2 (Problem der vollständigen Serie) Ein Glücksrad ist in 6 (gleichwahrscheinliche) Sektoren aufgeteilt. Gesucht ist die mittlere Anzahl der Läufe, die nötig sind, bis jeder Sektor mindestens einmal angezeigt wurde. Teilaufgaben als Lösungshilfe: Für i ∈ {0, 1, 2, 3, 4, 5} sei Xi die Zufallsvariable, die die Anzahl der Läufe angibt, die man zum Erreichen eines neuen Sektors benötigt, nachdem zum ersten Mal der i−te Sektor in einem Lauf erreicht wurde. (i) Wieviel Möglichkeiten für einen neuen Sektor gibt es, nachdem die Anzahl der bereits angezeigten verschiedenen Sektoren gleich i ist? (ii) Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit q dafür, dass nach Erreichen von i verschiedenen Sektoren bei den nächsten k−1 Läufen kein neuer Sektor angezeigt wird. (iii) Bestimmen Sie P (Xi = k) und damit die Verteilung von Xi . (iv) Wie groß ist der Erwartungswert von Xi . Hinweis: Sie brauchen diesen Wert nicht zu berechnen, sondern dürfen ohne Beweis verwenden, dass der Erwartungswert der geometrische Verteilung mit Erfolgswahrscheinlichkeit p gleich p1 ist. (v) Berechnen Sie den Erwartungswert von 5 P Xi (mit Begründung der i=0 Rechenschritte)! Aufgabe 3 (Satz von de Moivre-Laplace) Durch Befragen von n repräsentativen“ Wählern und Wählerinnen einer ” sehr großen Grundgesamtheit soll der Prozentsatz p der Wähler(innen) einer Partei A geschätzt werden. Die Wahrscheinlichkeit eines Irrtums um mehr als 1 Prozentpunkt soll nicht größer sein als 0,05. Wie groß muss n dabei näherungsweise sein? Was setzen Sie bei der Berechnung über die Stichproben voraus? Lösungs-Anleitung: n P Sei Sn = Xi diejenige Zufallsvariable, die bei der Befragung misst, wieviele i=1 Wähler Partei A wählen, und Sn n eine Näherung für p. (i) Welche Verteilung hat die Zufallsvariable Sn angenähert? 2 (ii) Welchen Erwartungswert und welche Streuung (abhängig von p) hat die Zufallsvariable Sn (–aus der Kenntnis der angenäherten Verteilung zitiert!). Geben Sie die standardisierte Zufallsvariabel Sn∗ in Abhängigkeit von Sn an! (iii) Formen Sie die Ungleichung | Snn − p| ≤ 0, 01 (für einen Irrtum um weniger als 1 Prozentpunkt) in eine Ungleichung der Form − Sn − E(Sn ) 0, 01n 0, 01n ≤ ≤ σ(Sn ) σ(Sn ) σ(Sn ) um, d.h. in eine Ungleichung, in der Sn∗ vorkommt. Deren Wahrscheinlichkeit ist mithilfe der Aufgabenstellung abzuschätzen. (iv) Wenden Sie den Satz von Moivre-Laplace (ohne Stetigkeitskorrekrtur) an, und erhalten Sie eine Ungleichung mit Verwendung der Φ-Funktion (abhängig von n und p)! (v) Beachten Sie Φ−1 (0, 975) ≈ 1.96. (vi) Bestimmen Sie mithilfe von (iii), (iv) und (v) eine Ungleichung für n in Abhängigkeit von p. (vii) Verifizieren Sie, dass n = 9604 diese Ungleichung erfüllt; beachten Sie dabei (ohne Beweis): p · (1 − p) ≤ 41 . (Bitte Beweisrichtung beachten!) 3 Lösungsskizzen zu Aufgabe 1 (a) (i) Die Wahrscheinlichkeit einer fehlerhaften Übertragung ist (wegen der Disjunktheit der betreffenden Ereignisse): P (1)·P ( 0 emfangen | 1 gesendet )+P (0)·P ( 1 emfangen | 0 gesendet ) = 0, 1 · (1 − p) + 0, 9 · 0, 2 = 0, 28 − 0, 1p. Wegen 0, 28 − 0, 1p ≤ 0, 19 ⇔ p ≥ 2, 8 − 1, 9 = 0, 9 ist p0 = 0, 9 gezeigt. P (1 gesendet und 1 empfangen ) (ii) P ( 1 gesendet | 1 empfangen ) = P( 1 empfangen ) = P (1 empfangen | 1 gesendet ) P (1 gesendet) P( 1 empfangen ) = 0,1·0,9 0,1·0,9+0,9·0,2 = 0, 33. Alternativ hierzu könnte man den Wert auch aus Teil (b) (iii) dieser Aufgabe entnehmen. (b) (i) 0, 9 0, 1 · 0, 9 0, 1 0, 2 0, 1 · 0, 1 0, 8 0, 9 · 0, 8 0, 1 0, 9 gesendet 0, 9 · 0, 2 empfangen Anmerkung: Statt mit “1 empfangen” oder “0 empfangen” konnte auch ein Baum mit “richtig übertragen” oder “falsch übertragen” erstellt werden. 4 (ii) gesendet 1 0 Σ empfangen 1 0 Σ 0,09 0.01 0,1 0,18 0,72 0,9 0,27 0,73 1 (iii) 0, 3 0, 09 0, 18/0, 27 0, 01/0, 73 0, 18 0, 72/0, 73 0, 72 0, 27 0, 01 0, 73 empfangen gesendet (c) Sei X die Zufallsvariable, die das Signal am Ende des Kanals angibt! Dann gilt: M := E(X) = 0, 27 · 1 + 0, 73 · 0 = 0, 27 und mit dem Verschiebungssatz: σ 2 (X) = E(X 2 ) − M 2 = 0, 27 · 12 − 0, 272 = 0, 27(1 − 0, 27) = 0, 1971 (oder direkt ausgerechnet: E([X − M ]2 ) = (1 − M )2 · 0, 27 + (0 − M )2 · 0, 73 = 0, 1971.) Es folgt σ(X) ≈ 0, 444. 5 zu Aufgabe 21 (i) 6 − i neue Sektoren, da von den 6 möglichen schon i Sektoren “verbraucht” sind. (ii) Es handelt sich dabei um eine Bernoulli-Kette mit Wahrscheinlichkeit i für das Auftreten eines verbrauchten Sektors (“Misserfolg”) und 6−i 6 6 für das eines neuen Sektors (“Erfolg”) ; es folgt q= i k−1 . 6 (iii) Gemäß den Angaben zu (ii) warten wir hier auf den ersten Erfolg; dieser tritt genau beim k−ten Lauf mit Wahrscheinlichkeit P (Xi = k) = i k−1 6 − i · = (1 − p)k−1 p 6 6 ein. Xi ist daher geometrisch verteilt mit Wahrscheinlichkeit p = 6−i . 6 (iv) Der Erwartungswert der geometrischen Verteilung mit Erfolgswahrscheinlichkeit p ist p1 , hier also E(Xi ) = (v) E 5 P Xi 6 . 6−i (mit der Linearität des Erwartungswerts) i=0 = 5 P E(Xi ) (Einsetzen gemäß (iv)) i=0 = 5 P i=0 6 6−i = 6 · 1 + 12 + 13 + 14 + 15 + = 14, 7. (arithmetische Gesetze) 1 6 Im Mittel muss man als mindestens 15 Läufe des Glücksrads abwarten, bis zum ersten Mal alle 6 Sektoren erreicht wurden. 1 Angelehnt an eine Aufgabe in H.Scheid: Wahrscheinlichkeitsrechnung, BI 1992, p.87. Dort wird gewürfelt statt am Glücksrad gedreht. Die (für die Lösung uninteressanten) Würfelaugenzahlen verwirren aber eventuell. 6 ad Aufgabe 3 Generell setzen wir voraus, dass die Population sehr groß, die Auswahl der n Befragten repräsentativ ist und die Befragungen voneinander unabhängig sind. Sei Sn dann die Zufallsvariable, die bei der Befragung misst, wie viele Wähler Partei A wählen (Siehe Lösungs-Anleitung!). (i) Sn ist zu den Parametern n und p (Erfolgswahrscheinlichkeit) annähernd binomialverteilt (eigentlich hypergeometrisch verteilt, aber mit sehr großem n). √ (ii) Damit ist E(Sn ) = np und σ(Sn ) = npq . Es ist Xn = Snn ; und die standardisierte Zufallsvariable Sn∗ ist gleich Sn −np √ . Gesucht ist nun ein genügend großes n derart, dass gilt: npq 1 P (| Sn − p| ≤ 0, 01) ≥ 1 − 0, 05 = 0, 95. n (iii) Von Interesse ist nun P (| n1 Sn − p| ≤ 0, 01) . Man beachte, dass die zu untersuchende Zufallsvariable für die Anwendung des Satzes von Moivre-Laplace normiert werden sollte. Da wegen des Erwartungswerts −np und der Varianz von Sn die standardisierte Zufallsvariable Sn∗ = S√nnpq ist, hat man folgende äquivalenten Ungleichungen: 1 Sn | Sn − p| ≤ 0, 01 ⇐⇒ −0, 01 ≤ − p ≤ 0, 01 n n Sn − np 0, 01n 0, 01n ≤ √ = Sn∗ ≤ √ . ⇐⇒ − √ npq npq npq (iv) Nach dem Satz von de Moivre-Laplace ist 0, 01n Sn − np 0, 01n P −√ ≤ √ ≤ √ ≥ 1 − 0, 05 npq npq npq für große n annähernd äquivalent zu 0,01n 0,01n Φ( √ ) − Φ(− √ ) ≥ 0, 95 npq npq ⇐⇒ Φ(−x)=1−Φ(x) 0,01n 0,01n 2Φ( √ ) − 1 ≥ 0, 95 ⇐⇒ Φ( √ ) ≥ 0, 975. npq npq 7 (v)/(vi) Aus der Tabelle für Φ bzw. mit dem Lösungshinweis erhält man (da Φ streng monoton steigend ist): 0, 01n ≥ 1, 96, √ npq also √ √ n ≥ 196 pq, d.h. n ≥ 1962 p(1 − p). (vii) Die letzte (und damit auch die erste) Ungleichung folgt aber, wenn man n ≥ 1962 · 41 (≥ 1962 · pq) , also n ≥ 9604 wählt (es liegt hier zwar keine Äquivalenz vor, diese ist aber auch nicht notwendig). Also sollten für die erlaubte Irrtumswahrscheinlichkeit mindestens n = 9604 Wähler befragt werden. 8