Mathematische Probleme, SS 2016 Dienstag 19.4 $Id: dreieck.tex,v 1.23 2016/04/19 15:02:00 hk Exp $ §1 Dreiecke 1.4 Dreiecksberechnung mit Seiten und Winkeln Wie am Ende der letzten Sitzung angekündigt wollen wir den Cosinussatz beweisen, dieser wird sich als eines der entscheidenden Hilfsmittel der Dreiecksberechnung“ her” ausstellen. In Worten besagt dieser, dass in einem jeden Dreieck das Quadrat einer Seite gleich der Summe der Quadrate der beiden anderen Seiten minus das doppelte des Produkts aus den beiden anderen Seiten und dem Cosinus des von diesen eingeschlossenen Winkels ist. Satz 1.4 (Der Cosinussatz) Sei ∆ ein Dreick mit Seiten a, b, c und Winkeln α, β, γ in der Standardbezeichnung. Dann sind a2 = b2 + c2 − 2bc · cos α, b2 = a2 + c2 − 2ac · cos β, c2 = a2 + b2 − 2ab · cos γ. Beweis: Es reicht aus etwa die erste dieser Gleichungen zu beweisen, die anderen beiden gehen aus dieser durch Umbezeichnungen hervor. Liegt dabei in α ein rechter Winkel vor, also α = π/2, so ist cos α = 0 und unsere Behauptung wird zum Satz des Pythagoras Satz 1. Wir können also annehmen das in α kein rechter Winkel ist, d.h. α 6= π/2. Nun können drei verschiedene Fälle auftreten. b α a h b h a α p c Fall 1 p c Fall 2 h a b p α c Fall 3 Im ersten Fall ist in α ein spitzer Winkel, also 0 < α < π/2 und die links oben eingezeichnete Höhe h liegt innerhalb des Dreiecks. In rechtwinkligen Dreieck links von h liefert der Satz des Pythagoras Satz 1 zunächst b2 = p2 + h2 , wobei p der durch die Höhe gebildete Abschnitt der Dreiecksseite AB ist, und damit h2 = b2 − p2 . Außerdem entnehmen wir diesem rechtwinkligen Dreieck noch die Beziehung p cos α = , also p = b · cos α. b 3-1 Mathematische Probleme, SS 2016 Dienstag 19.4 Eine weitere Anwendung des Satzes von Pythagoras Satz 1 diesmal im Dreieck rechts von h liefert a2 = h2 + (c − p)2 = b2 − p2 + (c − p)2 = b2 + c2 − 2pc = b2 + c2 − 2bc · cos α. Damit ist der Cosinussatz in diesem Fall bewiesen und die anderen beiden Fälle sind eine Übungsaufgabe. Ausgerüstet mit dem Cosinussatz können wir jetzt die erste Variante einer Dreiecksberechnung durchführen, nämlich die Dreiecksberechnung bei drei gegebenen Seiten. Hierbei tritt kein Eindeutigkeitsproblem auf, da wir die Kongruenz von Dreiecken ja gerade durch die Gleichheit der Seiten definiert haben, aber ein Existenzproblem. Zu beliebig vorgegebenen a, b, c > 0 muss es keinesfalls ein Dreieck mit diesen Seitenlänge geben, denn wie wir gleich sehen werden ist in einem Dreieck die Länge einer jeden Seite echt kleiner als die Summe der Längen der beiden anderen Seiten. Dies ist gerade die Dreiecksungleichung in ihrer ursprünglichen, namensgebenden Gestalt. Satz 1.5 (Dreiecksberechnung bei gegebenen Seiten) Seien a, b, c > 0 gegeben. Genau dann existiert ein Dreieck ∆ mit den Seitenlängen a, b, c wenn die Dreiecksungleichungen a < b + c, b < a + c und c < a + b erfüllt sind. In diesem Fall ist ∆ bis auf Kongruenz eindeutig bestimmt und die Winkel in ∆ sind in den Standardbezeichnungen gegeben durch 2 b + c 2 − a2 α = arccos , 2bc 2 a + c 2 − b2 β = arccos , 2ac 2 a + b2 − c 2 γ = arccos . 2ab Beweis: Für spitze Winkel 0 < α < π/2 ist direkt nach Definition 0 < cos α < 1, also gilt für beliebiges 0 < α < π stets −1 < cos α < 1. Gibt es nun ein Dreieck ∆ mit Seitenlängen a, b, c und Winkeln α, β, γ, so ergibt der Cosinussatz Satz 4 a2 = b2 + c2 − 2bc · cos α < b2 + c2 + 2bc = (b + c)2 , also a < b + c. Analog ergeben sich b < a + c und c < a + b, unsere Bedingungen sind also notwendig für die Existenz eines Dreiecks mit den Seitenlängen a, b, c. Sei nun umgekehrt die Dreiecksungleichung erfüllt. Nach eventueller Umbenennung können wir c ≥ a, b annehmen. Wähle dann eine Strecke AB der Länge c und bilde den Kreis K mit Mittelpunkt A 3-2 Mathematische Probleme, SS 2016 Dienstag 19.4 und Radius b sowie den Kreis L mit Mittelpunkt B und Radius a. Wegen c ≥ a, b und c < a+b schneiden sich K und L außerhalb von AB und bezeichnet C einen der beiden Schnittpunkte, so ist ABC ein Dreieck mit den Seitenlängen a, b, c. K L a b B A Damit haben wir die Existenzaussage bewiesen. Die Eindeutigkeitsaussage ist, wie schon oben festgehalten, klar und die Formeln für die drei Winkel folgen aus dem Cosinussatz Satz 4. Die effektive Konstruktion eines Dreiecks bei gegebenen a, b, c ist jetzt auch leicht möglich. Wollen wir dies mit dem Geodreick tun, so berechnen wir zunächst den Winkel α gemäß der obigen Formel und tragen dann Strecken AB und AC der Längen c und b im Winkel α zueinander ab. Dies gibt uns das gesuchte Dreieck. Die Konstruktion mit Zirkel und Lineal wurde im Beweis vorgeführt, man zeichnet die beiden beschriebenen Kreise K und L mit dem Zirkel ein und wählt dann einen der beiden entstehenden Schnittpunkte. Wir schauen uns noch zwei explizite Beispiele zum eben bewiesenen Satz an. 1. Seien a = 6, b = 3 und c = 2. Um zu schauen ob es ein Dreick mit diesen Seitenlängen gibt müssen wir die Dreiecksungleichung überprüfen. Diese ist hier aber wegen a = 6 > 2 + 3 = b + c offensichtlich verletzt, es gibt also kein Dreieck mit diesen Seitenlängen. 2. Nun seien a = 4, b = 2, c = 3. Diesmal sind die Dreiecksungleichungen erfüllt, es reicht ja offenbar diese für die längste Seite zu verifizieren und hier haben wir a = 4 < 2+3 = b+c. Es gibt also ein Dreieck mit diesen Seitenlängen. Die Winkel 3-3 Mathematische Probleme, SS 2016 Dienstag 19.4 in diesem Dreieck ergeben sich jeweils auf zwei Nachkommastellen gerundet als 4 + 9 − 16 1 α = arccos = arccos − ≈ 104, 48◦ , 12 4 7 16 + 9 − 4 = arccos ≈ 28, 96◦ , β = arccos 24 8 16 + 4 − 9 11 γ = arccos = arccos ≈ 46, 57◦ . 16 16 Man nennt den eben bewiesenen Satz 5 auch den Kongruenzsatz SSS, was für Seite– Seite–Seite steht. Wir kommen nun zum nächsten Typ von Konstruktionaufgaben bei dem zwei Seiten und ein Winkel vorgegeben sind. Hier gibt es zwei mögliche Fälle, entweder ist der Winkel der von den beiden Seiten eingeschlossene Winkel oder einer der beiden anderen Winkel. Im ersten Fall spricht man vom Kongruenzsatz SWS, für Seite– Winkel–Seite, und im zweiten Fall vom Kongruenzsatz SSW für Seite–Seite–Winkel. Diese beiden Fälle unterscheiden sich recht deutlich voneinander und wir beginnen mit dem komplizierteren der beiden, dies ist der SSW-Satz. Angenommen wir wollen in den Standardbezeichnungen die beiden Seiten b, c und den Winkel β vorgeben. Dann tragen wir zunächst eine Strecke AB der Länge c ab. Der Winkel β gibt uns einen Halbstrahl H vor auf dem der dritte Eckpunkt C des gesuchten Dreiecks liegen muss und die Länge b gibt einen Kreis K mit Radius b und Mittelpunkt A auf dem C liegen muss. Der gesuchte dritte Punkt C ist also ein Schnittpunkt der Halbgeraden H mit dem Kreis K. Eine Halbgerade schneidet einen Kreis in entweder keinem, in genau einem oder in zwei Punkten, und diese drei Möglichkeiten führen auf verschiedene Fälle. C a b β A B c Fall b < c β A c B Fall b > c Es können drei verschiedene Fälle auftreten. Ist b < c so sind wir in der links gezeigten Situation, K ist entweder so klein das er von H verfehlt wird oder so groß das er von H gleich zweimal getroffen wird. Im ersten Fall gibt es dann überhaupt kein Dreieck mit den vorgegebenen Werten und im zweiten Fall gibt es genau zwei nicht kongruente und passende Dreiecke. Eine eindeutige Lösung gibt es nur in dem Randfall das H tangential an K ist. Dann ist im Schnittpunkt C ein rechter Winkel γ = π/2 und somit muss 3-4 Mathematische Probleme, SS 2016 Dienstag 19.4 b/c = sin β sein. Im rechts gezeigten Fall b > c ist dagegen alles unproblematisch, der Halbstrahl H trifft den Kreis K in genau einem Punkt C und wir haben die eindeutige Lösung ABC. Im nicht gezeigten Ausartungsfall b = c gibt es dagegen für β < π/2 eine eindeutige Lösung während die Aufgabe für β ≥ π/2 nicht lösbar ist. Damit ist uns die Situation zumindest qualitativ klar. Wir wollen uns auf den Hauptfall b > c beschränken und diesen im folgenden Satz behandeln. Satz 1.6 (Dreiecksberechnung bei zwei Seiten und einem äußeren Winkel) Seien b > c > 0 und ein Winkel 0 < β < π gegeben. Dann existiert ein bis auf Kongruenz eindeutiges Dreieck ∆ = ABC mit |AC| = b und |AB| = c dessen Winkel bei B gleich β ist. In den Standardbezeichungen haben wir dann q b2 − c2 sin2 β, ! p c sin2 β − cos β b2 − c2 sin2 β , α = arccos b ! p c sin2 β − cos β b2 − c2 sin2 β γ = π − β − arccos . b a = c cos β + Beweis: Wir beginnen mit der Existenzaussage. Wähle einen Punkt A und bilde den Kreis K mit Mittelpunkt A und Radius b. Weiter trage eine Strecke AB der Länge |AB| = c ab. Wegen c < b liegt B innerhalb des Kreises K. Trage weiter eine von B ausgehende Halbgerade H im Winkel β zu AB ab. Da der Ausgangspunkt B von H innerhalb des Kreises K liegt, schneiden H und K sich in einem Punkt C. Dann ist ABC ein Dreieck mit |AB| = c und |AC| = b da b der Radius von K ist. Außerdem ist der Winkel dieses Dreiecks bei B gerade der Winkel zwischen AB und H also β. Sei jetzt umgekehrt ABC ein Dreieck mit |AB| = c, |AC| = b und Winkel β bei B. In den Standardbezeichnungen liefert der Cosinussatz Satz 4 b2 = a2 + c2 − 2ac cos β, also a2 − 2ac cos β + c2 − b2 = 0 Dies ist eine quadratische Gleichung für a und wir erhalten a = c cos β ± p c2 cos2 β+ b2 − c2 = c cos β ± q b2 − c2 sin2 β. Dass sin2 β + cos2 β = 1 gilt hatten wir dabei in der letzten Sitzung eingesehen da der Punkt (cos β, sin β) auf dem Kreis mit Radius 1 und Mittelpunkt in (0, 0) liegt. Wegen p 2 2 2 2 2 2 2 2 2 b > c ist auch b −c sin p β > c −c sin β = c cos β, also b − c2 sin2 β > c cos β und damit ist a = c cos β + b2 − c2 sin2 β. Dies beweist zum einen die Berechnungsformel für a und zum anderen ist a durch b, c, β festgelegt, also ist das Dreieck ABC bis auf 3-5 Mathematische Probleme, SS 2016 Dienstag 19.4 Kongruenz eindeutig festgelegt. Weiter haben wir p 2c2 − 2ac cos β c − c cos2 β − cos β b2 − c2 sin2 β b2 + c2 − a2 = = 2bc 2bc b p c sin2 β − cos β b2 − c2 sin2 β = , b und nach Satz 5 gelten α = arccos ! p c sin2 β − cos β b2 − c2 sin2 β b und γ = π − α − β = π − β − arccos ! p c sin2 β − cos β b2 − c2 sin2 β . b Wir kommen zum nächsten der Konstruktionssätze bei dem zwei Seiten und der von ihnen eingeschlossene Winkel vorgegeben sind. In den Standardbezeichnungen seien etwa die beiden Seiten b, c > 0 und der von ihnen eingeschlossene Winkel 0 < α < π gegeben. Dass es dann ein zu diesen Vorgaben passendes Dreieck gibt ist klar, wir müssen ja nur eine Strecke AB der Länge c und eine Strecke AC der Länge b im Winkel α abtragen, und haben dann ein Dreieck ABC der gewünschten Art. Dafür müssen wir wieder eine Eindeutigkeitsaussage nachweisen, also zeigen das das Dreieck durch b, c, α bis auf Kongruenz eindeutig festgelegt ist, man spricht dann auch vom Kongruenzsatz SWS für Seite–Winkel–Seite. All dies läßt sich wieder bequem über den Cosinussatz durchführen. Satz 1.7 (Dreiecksberechnung bei zwei Seiten und dem eingeschlossenen Winkel) Seien b, c > 0 und 0 < α < π gegeben. Dann existiert ein bis auf Kongruenz eindeutiges Dreieck ABC mit |AC| = b und |AB| = c so, dass α der Winkel bei A ist. In den Standardbezeichnungen gelten weiter √ a = b2 + c2 − 2bc · cos α, c − b cos α , β = arccos √ b2 + c2 − 2bc cos α b − c cos α γ = arccos √ . b2 + c2 − 2bc cos α Beweis: Die Existenz eines Dreiecks ABC mit den verlangten Eigenschaften haben wir bereits eingesehen. Nach dem Cosinussatz Satz 4 gilt in jedem solchen Dreieck in den 3-6 Mathematische Probleme, SS 2016 Dienstag 19.4 √ üblichen Bezeichnungen a = b2 + c2 − 2bc · cos α und insbesondere ist das Dreieck nach Satz 5 bis auf Kongruenz eindeutig bestimmt. Weiter haben wir a2 + c2 − b2 2c2 − 2bc cos α c − b cos α = =√ 2ac 2ac b2 + c2 − 2bc cos α und nach Satz 5 ist damit β = arccos c − b cos α √ 2 b + c2 − 2bc cos α . Die Gleichung für γ ergibt sich analog. Es verbleiben nur noch die Konstruktionsaufgaben mit einer vorgegebenen Seite und zwei vorgegebenen Winkeln. Da die Winkelsumme 180◦ ist, spielt es dabei keine Rolle welche Winkel vorgegeben werden, sind zwei Winkel bekannt so stehen bereits alle drei Winkel fest. Der entstehende Satz ist dann der sogenannte Kongruenzsatz Seite– Winkel–Winkel, also SWW, und zur Berechnung der fehlenden Seitenlängen verwenden wir den sogenannten Sinussatz, den wir zunächst einmal beweisen wollen. Satz 1.8 (Der Sinussatz) Sei ∆ ein Dreieck mit Seiten a, b, c und Winkeln α, β, γ in der Standardbezeichnung. Dann gilt sin α sin β sin γ = = a b c und bezeichnet ha , hb , hc die Höhen auf den jeweiligen Seiten a, b, c so haben wir ha = c · sin β = b · sin γ, hb = c · sin α = a · sin γ, hc = b · sin α = a · sin β, Beweis: Wir beginnen mit der Aussage über die Höhen und dabei reicht es hc = b·sin α zu zeigen, die anderen Gleichungen gehen aus dieser durch Umbezeichnungen hervor. Wir schreiben h = hc . Im Fall α = π/2 fallen h und b zusammen und wegen sin(π/2) = 1 ist in diesem Fall sofort h = b · sin α. Wir können also α 6= π/2 annehmen und wie beim Cosinussatz treten drei mögliche Fälle auf. b α a h b h a α p c Fall 1 p c Fall 2 h a b p α c Fall 3 Im ersten Fall ist 0 < α < π/2 und h liegt im Dreieck. Dann lesen wir den Sinus von α im links auftauchenden rechtwinkligen Dreieck ab und haben sin α = h/b, also 3-7 Mathematische Probleme, SS 2016 Dienstag 19.4 h = b · sin α. Im zweiten Fall ist 0 < α < π/2 weiterhin ein spitzer Winkel aber h liegt außerhalb des Dreiecks. Dann verlängern wir die Seite c wie gezeigt zu einem rechtwinkligen Dreieck und in diesem lesen wir den Sinus von α wieder als sin α = h/b ab, haben also wieder h = b·sin α. Im letzten Fall ist π/2 < α < π ein stumpfer Winkel. Betrachten wir dann das links auftauchende rechtwinklige Dreieck ACH wobei H der Fußpunkt von h = hc auf AB ist, so liegt in diesem bei A der Winkel π − α an, also ist sin α = sin(π − α) = h also erneut h = b · sin α. b Der eigentliche Sinussatz ist jetzt eine unmittelbare Folgerung, wegen c · sin β = b · sin γ ist sin γ sin β = b c und wegen c · sin α = a · sin γ haben wir auch sin α sin γ = . a c Damit kommen wir jetzt zum finalen Kongruenzsatz SWW: Satz 1.9 (Dreiecksberechnung bei einer Seite und zwei Winkeln) Seien c > 0 und 0 < α, β < π gegeben. Dann existiert genau dann ein Dreieck ∆ = ABC mit |AB| = c und Winkeln α bei A und β bei B wenn α + β < π ist. In diesem Fall ist ∆ bis auf Kongruenz eindeutig bestimmt und es gelten sin α · c, sin(α + β) sin β b = · c, sin(α + β) γ = π − α − β. a = Beweis: Da die Winkelsumme im Dreieck gleich π ist, ist die Bedingung α + β < π notwendig für die Existenz eines passenden Dreiecks. Nun nehme umgekehrt α + β < π an. 3-8 Mathematische Probleme, SS 2016 Dienstag 19.4 A α c C β B Dann tragen wir eine Strecke AB der Länge c ab und bilden im Winkel α einen von A ausgehenden Halbstrahl und im Winkel β einen von B ausgehenden Halbstrahl. Diese beiden schneiden sich in einem Punkt C und dann ist ABC ein Dreieck mit |AB| = c und Winkel α bei A und β bei B. Damit ist die Existenzaussage bewiesen, und wir kommen nun zur Eindeutigkeit. Sei also ein beliebiges Dreieck ∆ des gesuchten Typs gegeben. Dann ist γ = π−α−β und mit dem Sinussatz Satz 8 folgen a= sin α sin α sin α c= ·c= ·c sin γ sin(π − (α + β)) sin(α + β) und ebenso b= sin β sin β c= · c. sin γ sin(α + β) Insbesondere ist ∆ bis auf Kongruenz eindeutig bestimmt. Die obige Konstruktion des Punktes C verdient noch einen kleinen Kommentar. Wir hatten bereits ganz zu Beginn angemerkt das man die ebene Geometrie auch axiomatisch aufbauen kann, und das Urbeispiel eines solchen Aufbaus sind die Elemente des ” Euklid“. Diese sind im Zeitraum um 300 vor Christus entstanden und eines der dort verwendeten Axiome ist das sogenannte Parallelenaxiom Schneiden zwei Strecken eine Gerade in zwei gegenüberliegenden Winkeln die zusammen kleiner als zwei Rechte sind, so treffen sich diese Strecken bei Verlängerung ins Unendliche in einem Punkt der auf der Seite der Geraden liegt in der die beiden gegenüberliegenden Winkel sind die zusammen kleiner als zwei Rechte sind. 3-9 Mathematische Probleme, SS 2016 Dienstag 19.4 Der Name Parallelenaxiom“ entsteht da diese Aussage unter Voraussetzung der übri” gen Axiome dazu äquivalent ist, dass es zu jeder Geraden und zu jedem Punkt außerhalb der Geraden stets genau eine Gerade durch den Punkt gibt welche die vorgegebene Gerade nicht trifft. Unser Beweis des SWW-Satzes zeigt das der Kongruenzsatz SWW im wesentlichen zum Parallelenaxiom äquivalent ist. Tatsächlich wird bei vielen Axiomensystemen für die ebene Geometrie die eine oder andere Form eines Kongruenzsatzes als Axiom verwendet. Zusammenfassend haben wir damit die folgenden Kongruenzaussagen eingesehen: Zwei Dreiecke sind genau dann kongruent wenn sie • in allen drei Seiten, • in zwei Seiten und dem von ihnen eingeschlossenen Winkel, • in zwei Seiten und dem der längeren Seite gegenüberliegenden Winkel, • in einer Seite und zwei Winkeln übereinstimmen. 3-10