Journal-Club - BIOspektrum

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Journal-Club
Endocannabinoid-Terminase, eine gewendete Malonamidase
mit Lothar Jaenicke
Amidierte Lipide, wie das Anandamid, sind endogene Signalmoleküle im Zentralnervensystem. Anandamid bindet an den
zentralen Cannabinoid-Rezeptor CB1, einen lipophilen, heterotrimeren, G-Protein-gekoppelten Rezeptor, aktiviert z.B.
durch das lipophile ∆9Tetrahydrocannabinol. Diese
Membranrezeptoren sind dadurch ausgezeichnet, dass sie die
Lipid-Messenger kanalisieren,
die eigentlich leicht in die Membran hinein diffundieren oder
durch sie hindurch permeieren.
Modulation von Amplitude und
Dauer der Fettsäureamid-Signale geschieht durch eine membranassoziierte Fettsäure-Amidhydrolase (FAAH) aus dem Clan
Wasserstoffgas vom
Pylorus ernährt
Helicobacter
Wasserstoffgas, das bei bakteriellen Gärungen frei wird, ist eine Energiequelle für Commensalen, die mit einer membrangebundenen Hydrogenase ausgestattet sind, durch die die Elektronen aus H2-Gas in eine elektrochemische Kette von Hämoprotein-Elektronenträgern eingeschleust wird. J.W. OLSON und
R.J. MAIER, Science 298 (2002)
1788–1790, zeigen, dass solche
Ketten nicht nur im Verdauungstrakt von Schaben und Termiten vorkommen, sondern
auch in unserem eigenen. Helicobacter pylori siedelt auf der sauren Magenschleimhaut, einem
tatsächlich nährstoffarmen Milieu, und erzeugt dort pathogene Veränderungen bis hin zu
Magengeschwür und -krebs. Die
Magenschleimhaut bildet erhebliche Mengen H2, das normalerweise mit der Atemluft
ausgeschieden wird. H. pylori hat
die Enzym-Ausstattung konstitutiv, um dieses zu nutzen. Bei
Mäusen ist die Magen-Konzentration von H2 10 bis 50mal
höher als die Affinität der Hydrogenase von H. pylori, sodass
sie immer gesättigt ist; darüber
hinaus aber induziert das Bakterium die H2-Bildung und seine
eigenen Hydrogenase in positiver Koppelung. Eine Defektmutante im Enzym dagegen
kümmert und kann die Schleimhaut nicht besiedeln. Es scheint
sogar möglich zu sein, aus der
H2-Konzentration der Atemluft
auf die Besiedelung mit H. pylori zu schließen.
der Amidase-Signatur (AS)-Serinhydrolasen, die aber eine eigentümliche katalytische Triade
mit S/S/K im Aktiven Zentrum
enthält. Ihr nahe verwandt ist die
Malonamidase MAE2 aus dem
N2-fixierenden Bakterium Bradyrhizobium japonicum (S. SHIN et
al., EMBO J. 21 (2002) 2509 –
2510), von der sie sich auch nach
den Untersuchungen von M. H.
BRACEY et al.; B.J. CRAVATT,
Science 298 (2002) 1793–1796,
durch Umfaltungen ohne größere Änderungen im katalytischen
Mechanismus herleiten lässt.
Die um 29 Aminosäuren am
N-Terminus verkürzte FAAH
aus Rattenhirn wurde in E. coli
exprimiert, das Protein kristallisiert und seine Struktur auf 2.8
Das Spezifische der Knoblauchzehe
Knoblauch (Allium sativum)
gilt seit der Antike als Wunderdroge – vermutlich zum Teil wegen seines penetranten, alles
vertreibenden Geruchs, aber
doch auch objektiv pharmakologisch von Interessenten verbürgt
– man weiß nur nicht weshalb
nach Maß und Zahl. Die aktiven
schwefelhaltigen Komponenten
aus der Gruppe der Cystein-bürtigen Dithiine. Allylsulfide und
Ajoene leiten sich vom Thiosulfinat Allicin ab, dem alkylierten
Cysteinsulfoxid, das seinerseits
durch die Wirkung der Allinase
(EC 4.4.1.4) aus den CysteinDerivaten gebildet wird:
Es ließ sich reinigen und kristallisieren. Seine Struktur ist von
verschiedenen Seiten beschrieben worden, zuletzt von E.B.
KOSTNER, R. HILGENFELD und
M.S. WEISS (Archives Biochem.
Biophys. 402 (2002) 192 – 200; s.a.
L. J. W. SHIMON et al., F. FROLOW, Acta Crystallogr. Ser. D 58
(2002) 1335 – 1337), wobei, neben vier mutmaßlichen Glycosylierungs-Asparaginen eine
EGF-artige Domäne erkannt
wurde. Dies wird nun von E.
B ARTHOLOMEUS -K UETTNER ,
R.HILGENFELD und M.S. WEISS
(J. Biol. Chem. 277 (2002) 46402
– 46407) bestätigt, allerdings
Å Auflösung bestimmt. Sie ist dimer in Lösung und als Kristallisat mit einer Berührungsfläche
zwischen den Untereinheiten
von 1560 Å2. Der Innenkern ist
durch ein gedrehtes β-Faltblatt
charakterisiert, das aus 11 Strängen besteht und von 24 α-Helices unterschiedlicher Länge umgeben ist. Ein Tunnel, der vorwiegend durch hydrophobe Reste ausgekleidet ist, führt von
außen zur Lipid (Arachidonsäure)-Bindestelle und findet sich
ähnlich auch in der löslichen
cytosolischen MAE2.
Die beiden Enzyme lassen
sich folgendermaßen voneinander ableiten: Das Cytosol-Enzym MAE2 dissoziiert, und das
Monomere faltet sich zu einer
neuen Symmetrie für die nachfolgende erneute, aber nun lipophile Dimerisierung. Das Monomer lagert sich in die Membran, bildet den Tunnel aus,
dann die hydrophobe Bindetasche und dimerisiert zur FAAH;
die einzelnen Stufen sind reversibel. Es ist ein eindrucksvolles
Beispiel, wie ein lösliches Mitglied eines großen Enzym-Clans
sich adaptiert, um eine Spezialaktivität aufzunehmen, indem es
bestimmte neue Faltungsmodule erwirbt, ohne dass das
katalytische Zentrum oder die
Faltungsarchitektur schwerwiegend angegriffen werden. Zwischen Aktivem Zentrum und
Zelloberfläche entsteht ein direkter Zugang, sodass der lipide
Fettsäureamid-Signalstoff nicht
durch das wässrige Cytoplasma
vom Ort der Wirkung zu dem
des Abbaus transportiert zu werden braucht.
(L − Cystein) →→ CH2 = CH − CH2 − S(O) − CH2 − CH(NH2 )COOH
Alliin
Alliinase
→ CH2 = CH − CH2 − S(O) − S − CH2 − CH = CH2
Allicin
Das dimere Pyridoxalphosphat-Enzym der Klasse I ist in
den Vakuolen der Knoblauchzehen enthalten, spaltet die Cβ-SBindung von Cystein-SulfoxidDerivaten und dient möglicherweise der Herbivoren-Abwehr.
bleibt die Frage, ob daraus
größeres Verständnis für den Reaktionsmechanismus abgeleitet
werden kann oder ob es sich um
eine entwicklungsgeschichtliche
Mutwilligkeit handelt.
BIOspektrum · 3/03 · 9. Jahrgang
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Dehydrogenasen aller drei Reiche sind zugleich Ribonucleasen
Dehydrogenasen (DH) und
andere Stoffwechselenzyme
können RNA binden und damit
in die Proteinsynthese eingreifen, sei es durch Blockieren oder
durch Spalten von tRNA oder
mRNA, Ribozymen oder viralen
RNA-Kontrollelementen, sei es
im RNA-Transport oder als
RNA-Schutzproteine (Chaperones). Glycerinaldehydphosphat
(GAP)DH bindet darüber hinaus auch Einzelstrang-DNA.
Es liegt nahe, als Affinitätsstelle die Nucleotid-bindende Rossmann-Faltung anzuvisieren, die
auch in anderen DH enthalten
und wohl ein entwicklungsgeschichtlicher Fingerzeig ist. Aber
so einfach ist es wieder nicht.
Bisher wurden diese Dinge an
bakteriellen und eukaryotischen
GAPDHs eingehender untersucht. E. EVGENIEVA-HACKENBERG, E. SCHLITZ und G. KLUG
weiten dies nun auf das thermophile Archaeon Desulfovibrio solfataricus aus (J. Biol. Chem. 277
(2002) 46145 – 46150). Sie reinigten aus Zellextrakt-Fraktionen mit RNAse-Aktivität zwei
beieinander bleibende Proteine,
die als hypothetische DH’s,
dann als GAPDH und Aspartatsemialdedyd-DH identifiziert
wurden. Bei weiteren Untersuchungen wurde festgestellt, dass
GAPDH auch aus den anderen
beiden Reichen der Organismenwelt nicht nur RNA-Bindefähigkeit, sondern auch RNASpaltungsfähigkeit besitzt. Das
Archaeen-Enzym hydrolysiert
Pyr-Ado- und Ado-Pyr-Bindungen, hat sein Temperaturoptimum bei 60 °C und benötigt
5 µM Mg2+. Sein Aktives Zentrum befindet sich in den ersten
73 Aminosäuren des N-Terminus, in dessen vorderen
zwei Dritteln auch die erste
Mononucleotid-Bindestelle der
Rossmann-Faltung liegt. Jedoch
wird die RNA-Spaltung selbst
bei 200 µM NAD(P)H oder ATP
nicht vermindert. Damit sind
Konkurrenzen um die charakteristische DH-Faltung wenig
wahrscheinlich, sondern an der
RNAse-Wirkung wohl andere,
davon unterschiedene Aminosäurereste beteiligt. Bei genauer
Untersuchung mit feineren Sonden stellt sich zunehmend heraus, dass mehrschichtige Netze
von Protein/Protein- und Protein/Nukleinsäure-Wechselwirkungen im Funktionsgeschehen
viel häufiger sind als bisher angenommen. Proteine, von denen
zunächst nur eine Stoffwechselaktivität oder -katalyse bekannt
war, nehmen an verschiedenen
Zellvorgängen teil und sind multifunktionell, entweder als Kata-
Jasmonate stellen die Weichen ihrer Biosynthese
Die Eicosanoide der Tiere
(die „Zoo-oxylipine“) sind Mediatoren zahlreicher physiologischer zellulärer Vorgänge. Sie
entstehen durch Oxygenierung
und Cyclooxygenierung der polyungesättigten Eikosansäuren,
z.B. der Arachidonsäure aus den
Membranlipiden. Pflanzen haben diese nicht, sondern an ihrer
statt die Octadecensäuren Linolund Linolensäure. Aber auch
diese sind Ausgangssubstanzen
für Signalstoffe der Pflanze in ihrer Biozönose, vor allem der Jasmonate, 5’-Pentenyl-substituierten Pentan-4-on-essigsäuren,
die in vielen Abwehr- und Entwicklungs-bezogenen Vorgängen als Signalkettenglieder mitwirken. Die Synthese dieser
Phytooxylipine beginnt mit der
Hydroperoxydierung der Linolund Linolensäure in Position 9
oder 13 durch die pflanzliche
Lipoxigenase. Ihr folgen eine
Oxepin-Cyclisierung des 13Hydroperoxids durch die Allenoxid-Synthase, AOS, und weitere Umwandlungen durch eine
Reihe dem Cytochrom P450
nahestehender Enzyme aus
der CYP74-Familie der Cytochrome: Hydroperoxid-Lyase
(HPL), Divinylether-Synthase
(DES), die alle, im Gegensatz
zum P450, weder molekularen
Sauerstoff noch eine NADPHabhängige Reduktase brauchen,
sondern die HydroperoxidGruppe sowohl als Oxidans, als
auch als Reduktans verwenden.
Aus 13-Hydroperoxy-Linolensäure entsteht dadurch die Pflanzen-Signalstoff-Familie der Jasmonate – aus der ebenfalls Lipoxigenase-katalysiert gebildeten 9-Hydroperoxi-Linolensäure
die α-Ketol- und γ-Ketol-oxophytoensäuren, über deren
Funktion noch nichts bekannt
ist.
A. ITOH et al., G.A. HOWE (J.
Biol. Chem. 277 (2002) 46051 –
46058) beschreiben und charakterisieren nun eine cDNA, die
die AOS aus Tomaten (S. lycopersicum = L) encodiert. Das rekombinante Protein bildet
schließlich über die Vinyl-Epo-
xide aus 9-Hydroperoxy-C18En-säuren die Ketol-, aus den
13-Hydroperoxysäuren die Cyclopentanon-Phytooxylipine. LAOS wird vornehmlich in den
Wurzeln exprimiert. Pflanzen,
die einen Defekt in der Jasmonat-Signalisierung tragen, enthalten das Enzym nicht. Kinetische Messungen zeigen L-AOS
gegen die 9-Hydroperoxide
10mal aktiver als gegen die 13Homologen. Ob dieser Reaktionsweg mit dem der Salicylate in
Wechselbeziehung steht, wie der
der Cyclooxigenasen in der Eicosanoid-Synthese der Tiere, ist
eine naheliegende, aber offene
Frage; man kennt den Antagonismus von Jasmonat- und Salicylat-Signalen in der „Sprache
der Flora“. Die AOS stellt nach
diesen Ergebnissen im Stoffwechsel der Lipoxigenase-bürtigen Hydroperoxide in der Wurzel die Weiche zu den offenen
oder cyclisierten Phytooxylipinen unter dem regulierenden
Einfluss der Jasmonate.
lysatoren oder als Struktur- und
Schutz-Partner, wie die Glykolyse-DH’s und -Isomerasen (M.
A. STROVER, Biochim. Biophys. Acta 1432 (1999) 159 – 184) oder
bei E. coli die Enolase als Komponente des Abbau-Komplexes
„Degradasom“ (B. PY, C.F. HIGGINS , H.M K RISCH , A.J. C AR POUSIS, Nature 381 (1996) 169–
172).
Die kleinste
chymotryptische
Proteinase: 21 kDa mit
Triade
Arteriviren (AV- je nach Herkunft E vom Pferd; S vom
Schwein) sind tierpathogene
RNA-Viren mit Proteinhülle.
Das AV-Replicase-Gen encodiert zwei große vieldomänige
Vorläufer-Polypeptide, die durch
eine nicht-Strukturprotein (nsp)Protease von 21kDa des Virus
zerlegt werden. I.H. BARRETTENG et al., M.N.G. JAMES (J. Biol.
Chem. 277 (2002) 39960 – 39966)
haben die Struktur dieser kleinsten chymotraptischen Faltung
bei EAV-nsp4 durch Röntgenstrukturanalyse aufgeklärt. Sie
enthält die kanonische Triade
zwischen Ser-120, His-39 und
Asp-65, dazu eine C-terminale
bewegliche α/β-Domäne, die
möglicherweise etwas mit dem
Binden an die Substrat-Polypeptide zu tun hat. In der asymmetrischen Einheit nimmt das
Oxyanion entweder eine gefaltete, inaktive Form ein oder es
entfaltet sich zu der üblichen
Konformation und ist dann aktiv.
Das könnte eine neuartige Möglichkeit zu Regelung der Proteolyse-Aktivität darstellen.
BIOspektrum · 3/03 · 9. Jahrgang
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Alleine zu empfindlich – gemeinsam trotzen sie der Hitze
Symbiose zwischen Pflanzen
und Pilzen kann für beide Partner eine erhöhte Thermotoleranz bewirken, die sie alleine
nicht haben. Dies zeigten R.S.
REDMAN et al., R.J. RODRIGUEZ
(Science 298, (2002), 1581) mit
Dichanthelium leguminosum-Pflanzen aus dem Lassen Volcanic
und dem Yellowstone National
Park (YNP), die in Böden mit
jahreszeitlichen Temperaturschwankungen von 20 °C bis
50 °C wachsen. Von den Oberflächen und Samenschalen dieser Pflanzen isolierten sie einen
pilzlichen Endophyten, der
wahrscheinlich ein bisher unbekannter Vertreter der Gattung
Curvularia ist. Axenisch kultivierter Curvularia spec. war bei
Temperaturen von 40 °C und
darüber nicht lebensfähig. D. leguminosum-Pflanzen, die ohne
Endosymbionten kultiviert wurden, bekamen bei Erhitzung der
Wurzeln auf 50 °C Chlorosen,
welkten und starben bei 65 °C
komplett ab. Im Gegensatz dazu überlebten die symbiontischen Pflanzen eine drei Tage
lang konstante Temperatur von
50 °C und sogar Temperaturen
von zeitweise bis zu 65 °C. Von
diesen Pflanzen konnte der Endosymbiont reisoliert werden,
auch er überstand also in der
Symbiose die Hitze. Ohne Tem-
peraturstress zeigten sich keine
Wachstumsunterschiede zwischen den beiden Versuchsgruppen.
In einem Feldversuch im
YNP waren die symbiontischen
Pflanzen nach einem Jahr Kultur
generell besser entwickelt, und
in Erde mit Temperaturen über
40 °C überlebten Pflanzen ohne Endosymbionten nicht. Je
höher die Temperaturen waren,
desto stärker war der positive
Effekt der Symbiose sichtbar.
Wie die Thermotoleranz der beiden Symbiosepartner entsteht,
ist noch nicht bekannt.
Johanna Schmitt, Marburg
Das Rätsel der Lignifizierung und der Golgi-Apparat im Xylem
Die Lignifizierung der pflanzlichen Zellen ist trotz intensiver
Forschung noch immer Gegenstand kontroverser Diskussion.
A.L. SAMUELS et al. (Planta 216
(2002), 72–82) untersuchten jetzt
an Pinus contorta var. latifolia
die Zellstruktur während der
Entwicklung vom Kambium
zum ausdifferenzierten Xylem.
Außerdem bestimmten sie die
Lokalisation von Schlüsselenzymen zur Bildung der
Sekundären Zellwand und
der anschließenden Lignifizierung.
In den sich entwickelnden
Tracheiden fielen vor allem ungewöhnliche Golgi-Strukturen
auf, die in den dünnwandigen
Kambiumzellen nicht vorhanden
waren. Diese Golgi-Apparate
hatten ein sehr ausgeprägtes verzweigtes trans-Golgi-Netzwerk
(TGN) mit zahlreichen großen,
traubenartig angeordneten assoziierten Vesikeln und blieben
während der ganzen Zeit der Xylem-Bildung bis zum programmierten Zelltod erhalten. Sie traten kurz vor der ersten sichtbaren Lignifizierung auf, die in der
Mittellamelle, den Zellecken
und den Hoftüpfeln stattfand.
Mit der Plasmamembran fusionierende Golgi-Vesikel waren
ebenfalls vorhanden, über die
Zellwandbestandteile und -enzyme aus der Zelle ausgeschleust
werden können.
Im sich entwickelnden Xylem
war die zur Bildung von Hemicellulosen notwendige Mannanase in der Sekundären Zellwand sowie den trans-GolgiZisternen und -Vesikeln nachweisbar, aber nicht im verzweigten TGN. Coniferin-β-Glucosidase als Enzym der Lignifizierung war nur in den Zellwänden
vorhanden, aber nicht im Cytoplasma, den Golgi-Zisternen
und -Vesikeln oder der primären
Zellwand,
Die Frage, ob der Golgi-Apparat außer Polysacchariden
auch Lignin-Vorstufen in die
Zellwand liefert, ist noch offen.
Möglicherweise sind die ungewöhnlichen verzweigten Bereiche des TGN dafür verantwortlich, da hier die Mannanase fehlte. Wie die Phenylpropan-Monomere in der Zellwand zum
Lignin polymerisieren, ist ebenfalls noch ungeklärt. Die frühe
Einlagerung von Lignin in der
Mittellamelle und den Zellecken noch während des Aufbaus der Sekundären Zellwand
könnte eine Starterfunktion haben. Wenn die Hauptmenge an
Coniferin dann aus der absterbenden Zelle austreten würde,
könnte die Coniferin-β-Glucosidase in der Zellwand den Coniferylalkohol freisetzen, der
anschließend zur Lignin-Matrix
polymerisieren würde.
Überexprimierte
D-Glutamat-Racemase
sucht sich Arbeit als
Gyrase-Hemmer
Bakterienzellwände enthalten Vernetzungen, um die Mureinketten zusammenzuhalten,
sonst wachsen die Bakterien in
langen Fäden. In den Brücken
ist D-Glutaminsäure enthalten,
die durch die Pyridoxalphosphat-freie Glutamat-Racemase
bereitgestellt wird. Das zugehörige Gen, murI bei Escherichia coli (sein Produkt MurI) , ist
in Bakterien ubiquitär, wenn
auch nur in kleiner Menge. Seine Funktion ist strikt kontrolliert, und eine Untersuchung
von M. ASHIUCHI et al. (J. Biol.
Chem. 277 (2002) 39070 – 39073)
zeigt, dass Überexpression das
Zellwachstum unterdrückt, indem sich das Protein eine neue
Betätigung sucht (die vielleicht
auch eine physiologische ist),
nämlich die DNA-Gyrase zu
hemmen, sodass die Zellen ihre
DNA nicht mehr in Supercoils
legen können und die DNA essentieller Plasmide so verfestigt
wird, dass sie sich nicht mehr teilen. Ob diese Kreuzreaktivität
des murI-Genprodukts im Aminosäure- und im NucleinsäureStoffwechsel, interessant, wie sie
ist, tatsächlich eine physiologische Neuigkeit ist, oder eine
Vergiftung durch Überdosis und
Dysregulation, bleibt zu klären.
Johanna Schmitt, Marburg
BIOspektrum · 3/03 · 9. Jahrgang
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