Buch 4.indb - AkadMed.com

Werbung
23.7 Harnstoffzyklusstörungen
E. Mönch
1. Einleitung
Zur Ammoniakentgiftung durch den Harnstoffzyklus sind insgesamt 6 cytosomal bzw. intramitochondrial gelegene Enzyme notwendig.
Von allen diesen Enzymen sind angeborene Defekte mit vielen Mutationen bekannt, die zwar in
der Mehrzahl schon in der Neonatalzeit zu klinischen Symptomen führen, jedoch in Varianten
auch das Kindes- und Erwachachsenalter (late
onset) betreffen können. Mit Ausnahme des
Arginase-Mangels (Hyperargininämie) sind alle
Harnstoffzyklusdefekte gekennzeichnet durch
lebensbedrohliche Ammoniakvermehrungen
im Blut – auch die late onset Formen!
Bei den Harnstoffzyklusstörungen handelt
es sich um folgende Enzymdefekte:
" – N-Acetylglutamatsynthetase-Mangel
(NAGS) (OMIM 237310)
# – Carbamylphosphatsynthetase I-Mangel
(CPS I) (OMIM 237300)
C – Ornithintranscarbamylase-Mangel (OTC)
(OMIM 311250)
D – Citrullinämie (CIT I) (OMIM 238970)
E – Argininbernsteinsäure-Krankheit
(Argininosuccinaturie) (OMIM 207900)
F – Hyperargininämie (OMIM 207800)
Die Inzidenz der einzelnen Harnstoffzyklusdefekte ist sehr unterschiedlich, am häufigsten ist
der OTC-Mangel. Insgesamt treten sie mit einer geschätzten Häufigkeit von 1: 8.000 auf. Die
Harnstoffzyklusdefekte folgen einem autosomal
rezessiven Erbgang, bis auf den OTC-Mangel,
der X-chromosomal vererbt wird.
2. Mechanismus des Harnstoffzyklus
Der mit der Nahrung aufgenommene Stickstoff
wird zu einem Großteil als Harnstoff mit dem
Urin ausgeschieden. Das aus den Aminogruppen der Aminosäuren stammende Ammoniak
wird mit CO2 verbunden und das entstehende
Carbamylphosphat (enthält nur ein Stickstoffmolekül) in den Mitochondrien der Leberzellen
an Ornithin gekoppelt, wobei Citrullin entsteht.
Bei der Verbindung von Citrullin mit Asparaginsäure im Cytoplasma entsteht Argininbernsteinsäure, die dann in Fumarsäure (Fumarat)
und Arginin gespalten wird. Nach Abtrennung
des – 2 Stickstoffmoleküle enthaltenden – Harnstoffs entsteht wieder Ornithin, das, nach Transport zurück in die Mitochondrien, dem Zyklus
erneut zur Verfügung steht.
Über die Ursache der schweren Enzephalopathie bei Hyperammonämie sind nur einige Details bekannt. So findet im Gehirn eine
Ammoniakentgiftung durch Bildung von Glutamat und Glutamin statt, was einerseits zur
Verarmung von D-Ketoglutarat sowie anderen
Citratzyklusmetaboliten (Energiemangel) und
andererseits zur massiven intrazellulären Anreicherung an Glutamin führt. Die Entwicklung
eines Hirnödems ist die Folge. Nachgewiesen
sind auch Störungen der Synthese von Neurotransmittern und deren Rezeptoren.
3. Klinik der Harnstoffzyklusdefekte
Die klinische Symptomatik der Harnstoffzyklusstörungen (mit Ausnahme der Hyperargininämie) basiert auf der Wirkung des Ammoniaks.
Die Hyperammonämien treten häufig schon am
ersten bis dritten Lebenstag auf. Die late onset
Formen können bei Stoffwechselentgleisung
ebenso dramatisch verlaufen, wie die schweren
(klassischen) Formen bei Erstmanifestationen
im Neugeborenenalter.
Ammoniak sollte aus venösem Blutplasma
mit einer enzymatischen Methode gemessen
werden. Im Neugeborenenalter sind Werte unter
827
Buch 4.indb 827
15.10.2009 14:20:02
Kap. 23.7
E. Mönch
Abb. 1. Schema der
Harnstoffsynthese
110 μmol/l (187 μg/dl), im späteren Alter unter
80 μmol/l (136 μg/dl) normal. Ammoniakkonzentration über 150 μmol/l (255 μg/dl) bei Neugeborenen oder über 100 μmol/l (170 μg/dl) bei
Kindern entsprechen einer Hyperammonämie.
Hinweise auf das Vorliegen einer Hyperammonämie geben die Erhöhungen der Konzentrationen von Glutamin, Glutamat, Alanin und Asparagin im Blut.
3.1. N-Acetylglutamatsynthetase-Mangel
Mehrheitlich wird diese Störung des intramitochondrial gelegenen Enzyms zwischen dem ersten bis sechsten Lebenstag in Abhängigkeit von
der Eiweißaufnahme klinisch manifest (neonatale Form). Die Symptome sind Nahrungsverweigerung, Somnolenz, Lethargie, Koma,
Ataxie, Tachypnoe und Krampfanfälle. Das Produkt der Enzymreaktion, N-Acetylglutamat, ist
Coenzym der Carbamylphosphatsynthetase-I,
dem ersten Enzym in der Harnstoffsynthese.
Wird die initiale Hyperammonämie erfolgreich
behandelt, besteht ständig die Gefahr weiterer
hyperammonämischer Krisen. Dauern diese
mehrere Tage, resultieren nicht nur permanente
Ernährungsschwierigkeiten, sondern infolge
der eingetretenen Hirnschäden ausgeprägte
neurologischer Symptomatiken.
Eine mildere Variante ist gekennzeichnet
durch neurologische Symptome, wie Ataxien,
Verzögerung der statomotorischen Entwicklung, Sehstörungen und auffälliger Aversionen
gegen proteinreiche Nahrung.
Bei Verdacht auf das Vorliegen eines N-Acetylglutamatsynthetase-Mangels sollte die Hyperammonämie wie unten beschrieben energisch therapiert, zusätzlich die Blockierung
der Carbamylphosphatsynthetase-I mangels
N-Acetylglutamat durch die orale Substitution
eines zellwandpermeablen alternativen Coenzyms, Carbamylglutamat (Carbaglu®, Swedish ORPHAN) in der initialen Dosierung von
100 – 250 (570) mg/kg KG/Tag, beseitigt werden.
3.2. Carbamylphosphatsynthetase IMangel
Ist das Enzym des ersten Schrittes der Harnstoffsynthese, die mitochondriale Carbamylphosphatsynthetase I (CPS I), defekt, treten am
ersten bis dritten Lebenstag (in Abhängigkeit
von der Aufnahme von Eiweiß) Erbrechen, Lethargie, Koma und Krämpfe, seltener Hyperven-
828
Buch 4.indb 828
15.10.2009 14:20:04
Harnstoffzyklusstörungen
tilation, Hirnödem, Hypotonie und Hepatomegalie auf. In dieser Phase ist der Carbamylphosphatsynthetase-Mangel vom N-Acetylglutamatsynthetase-Mangel weder klinisch, noch durch
Blut- und/oder Urinanalysen zu unterscheiden.
Die Gabe von Carbamyglutamat kann bei der differentialdiagnostischen Klärung hilfreich sein
(Ammoniakkonzentration fällt bei Vorliegen
eines N-Accteylglutamatsynthetase-Mangels
nach Gabe von Carbamylglutamat in der Regel
ab). Letztendlich muss eine Enzymdiagnostik
aus Lebergewebe einen der beiden infrage kommenden Defekte ausschließen. Gelingt es, die
neonatale hyperammonämische Phase erfolgreich zu überwinden (Therapie siehe unten), folgen meist Episoden mit Erbrechen und Ernährungsproblemen. Je nach Schwere der durchgemachten Hyperammonämie und der damit verbundenen Hirnschädigung resultieren außerdem statomotorische Entwicklungsrückstände,
Hirnatrophie, Ataxie und weitere neurologische
Symptome.
Die seltenen milden Varianten manifestieren sich in Form von Entwicklungsrückständen, Hirninfarkten, können aber durch ebenso
schwere Hyperammonämien wie die neonatele
Form auffallen.
3.3. Ornithintranscarbamylase-Mangel
Der einzige X-chromosomal vererbte Defekt des
Harnstoffzyklus, der Ornithintranscarbamylase-Mangel (OTC-Mangel, mitochondrial), manifestiert sich bei den betroffenen Jungen meist
schon bis zum dritten Lebenstag (abhängig von
der Eiweißzufuhr) mit Erbrechen, Lethargie,
Koma und Krampfanfällen, seltener Hyperventilation, Hypotonie und Hepatomegalie. Von diagnostischer Wichtigkeit beim OTC-Mangel, der
unter den Harnstoffzyklusdefekten die höchste
Inzidenz hat, ist die Messung der Ausscheidung
von Orotsäure mit dem Urin (oft über 1000 μmol/
mol Kreatinin; normal 1–11 μmol/mol Kreatinin). Außerdem ist die Blutkonzentration von
Citrullin sehr niedrig (unter 15 μmol/l). Wird
die erste hyperammonämische Krise überlebt
(Behandlung siehe unten; eventuell Gabe von
L-Citrullin anstatt L-Arginin), treten häufiges
Erbrechen und andere Ernährungsschwierigkeiten, nicht selten auch Ataxien und muskuläre
Hypotonie auf.
Bei den selteneren milderen Varianten fallen
die Jungen in der Regel durch Verzögerungen der
geistigen Entwicklung auf.
Aber auch heterozygote Mädchen können
klinische Symptome entwickeln (mindestens
10 % der Betroffenen), die von Kopfschmerzen,
Ataxien und Lethargie bis zu schweren Hyperammonämien mit Hirnschädigung sogar mit
Todesfolge reichen, die z. B. während fieberhafter Erkrankungen (Hyperammonämie bei kataboler Stoffwechsellage) oder nach eiweißreicher
Kost auftreten.
Mittels eines Allopurinol-Belastungstests
und/oder molekulargenetischen Untersuchungen lassen sich die Mehrzahl der Überträgerinnen des OTC-Defektes erfassen.
3.4. Citrullinämie I
Die schwere, neonatale Form des Argininbernsteinsäuresynthetase-Mangels (Citrullinämie)
ist seltener, als die milderen oder sogar ohne klinische Symptome einhergehenden Varianten.
Die neonatale Form dieses cytosomalen Defektes ist klinisch identisch mit dem des CPS- oder
OTC-Mangels. Die Hyperammonämie sollte wie
unten beschrieben behandelt werden. Wie beim
OTC-Mangel, ist auch bei der Citrullinämie die
Ausscheidung von Orotsäure mit dem Urin vermehrt, jedoch in geringerem Ausmaß.
Bei einem Großteil der im Neugeborenenscreening mittels Tandem-Massenspektrometrie gefundenen Citrullinämien handelt es sich
um milde Varianten, die ev. nie klinische Symptome entwickeln werden, oder durch Erbrechen,
Durchfall, Lethargie, cerebrale Krämpfe, gelegentlich Echolalie bzw. Dyslalie, Halluzinationen und manische Episoden nach eiweißreicher
Mahlzeit auffallen. Zur differentialdiagnosti829
Buch 4.indb 829
15.10.2009 14:20:05
Kap. 23.7
E. Mönch
schen Klärung werden heutzutage vorwiegen
molekulargenetische Untersuchungen herangezogen.
3.5. Argininbernsteinsäure-Krankheit
Bei der Argininbernsteinsäure-Krankeit (Argininosuccinaturie; Mangel der cytoplasmatischen Argininbernsteinsäurelyase) lassen sich 3
klinische Verläufe unterscheiden:
r
r
r
neonatale oder maligne Form
infantile Form
chronische Form
Nach einem symptomfreiem Intervall von einigen Tagen treten bei der OFPOBUBMFO 'PSN
Trinkschwäche, Apathie, muskuläre Hypotonie
und Krampfanfälle auf, die durch die sich gebildete Hyperammonämie zu erklären sind. Die
Behandlung (siehe unten) entspricht der der bisher genannten Harnstoffzyklusdefekte.
Die JOGBOUJMF'PSN beginnt im Säuglingsalter mit Erbrechen, Tremor, Koma und Krampfanfällen. Zusätzlich sind Hepatomegalie und
trockene, schuppige Haut festzustellen. Ohne
Behandlung bilden sich körperliche und geistige
Retardierung aus.
Entwicklungsverzögerung nach dem ersten Lebensjahr ist meist das erste Symptom
der DISPOJTDIFO'PSN der Erkrankung. Später
kann man nach eiweißreichen Mahlzeiten und
anderen Situationen mit Stoffwechselstress
(fieberhafte Erkrankungen) Kopfschmerzen,
Lethargie, Ataxien und Krampfanfälle beobachten. Hepatomegalie mit Leberfibrose und sprödes, struppiges Haar (trichorrhexis nodosa) sind
weitere Symptome.
Bei der Argininbernsteinsäure-Krankheit
empfiehlt sich eine Substitution von Natriumcitrat (oral, bis zu 650 mg/kg KG/Tag) zur Aufrechterhaltung des Harnstoffzyklus, wenn weniger als 0,3 mol Citrat/mol Kreatinin mit dem
Urin ausgeschieden wird.
3.6. Hyperargininämie
Ein völlig anderes klinisches Bild als bei den übrigen angeborenen Defekten des Harnstoffzyklus zeigt sich bei dem Arginase-Mangel (Hyperargininämie), der relativ leicht zu verifizieren
ist, da das Enzym in Erythrozyten expremiert
ist. Hyperammonämien sind bei dieser Erkrankung selten. Der Verlauf ist chronisch, obwohl
auch episodenhafte Zustände mit Erbrechen,
Hirnödem, stato- und psychomotorischen Entwicklungsrückständen, Mikrozephalie, Chorea
und Athetose, spastischer Tetraplegie, Krampfanfällen sowie Hyperaktivität oder Schläfrigkeit nach der Nahrungsaufnahme beobachtet
wurden.
Die Therapie außerhalb der akuten Zustände
besteht in einer reduzierten Eiweißzufuhr.
4. Screening auf Harnstoffzyklusstörungen
Das Neugeborenenscreening auf angeborene
Aminosäurenstoffwechselstörungen wird heutzutage in der Regel mittels Tandem-Massenspektrometrie durchgeführt. Keine der Harnstoffzyklusdefekte stehen aber auf der Liste der
in Deutschland zu screenenden angeborenen
Stoffwechselstörungen. Mit den Routineanalysen lassen sich aber durchaus Konzentrationsveränderungen von Citrullin, Glutamin und Alanin feststellen. Prinzipiell ist auch die Messung
von Argininbernsteinsäure mittels Tandem-MS
möglich. Bei dem klinischen Verdacht auf das
Vorliegen eines Harnstoffzyklusdefektes sollte
man die kompletten Ergebnisse der Aminosäurenmessungen im Rahmen des Neugeborenenscreenings im Screeninglabor erfragen!
5. Differentialdiagnosen der Harnstoffzyklusstörungen
Bei jeder Hyperammonämie, deren Ursache zunächst unbekannt ist, ist unabhängig vom Alter
und Geschlecht an einen Harnstoffzyklusdefekt
830
Buch 4.indb 830
15.10.2009 14:20:05
Harnstoffzyklusstörungen
zu denken. In dieser Situation sollten die freien
Aminosäuren im Blut bestimmt werden, mit dem
besonderen Augenmerk auf Glutamat und Glutamin sowie auf Alanin und Citrullin. Quantitative Analysen von Argininbernsteinsäure und
Orotsäure (Orotat) im Urin sind notwendig.
Andere angeborene Stoffwechseldefekte
oder Störungen der Leberfunktion können zu
Hyperammonämien führen, z. B.:
legentlich eine ausgeprägte Aversion gegen eiweißreiche Nahrungsmittel.
r
r
7.1. Behandlung einer akuten
Hyperammonämie
r
r
r
r
r
r
r
r
r
r
alpha-1-Antitrypsin-Mangel (OMIM 107410)
Galactosämie (Galactose-1-Phosphat-Uridyltransferase-Mangel) (OMIM 230400)
Glutamatdehydrogenase Defekt mit Hyperammonämie und Hyperinsulinismus (mit
Hypoglykämien) (OMIM 138130)
Hepatitis
HHH-Syndrom (Hyperammonämie-Hyperornithinämie-Homocitrullinämie) (OMIM
238970)
Leberbypass
Lysinurische Proteinintoleranz (OMIM
222700)
Mitochondropathien
Organoacidämien (z. B. Propionacidurie
(OMIM 232000), Methylmalonacidurie
(OMIM 251000))
Pyrrolin-5c-Carboxylatsynthetase Mangel
(OMIM 138250)
Synthesestörungen der Gallensäuren
Tyrosinose Typ I (OMIM 276700)
7. Therapie der Hyperammonämie
Im Vordergrund bei der Therapie der Harnstoffzyklusdefekte steht im Allgemeinen die Beseitigung einer Hyperammonämie bzw. deren Vermeidung.
Die Beseitigung einer Hyperammonämie muss
unverzüglich und mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln in der Regie von stoffwechselversierten Ärzten unter intensivmedizinischen
Bedingungen betrieben werden:
r
r
6. Harnstoffzyklusstörungen assoziierte
Veränderungen
Überleben die Betroffenen mit den akuten Formen der Harnstoffzyklusstörungen die schweren hyperammonämischen Krisen, bleiben als
klinische Symptome häufig Ernährungsschwierigkeiten mit Erbrechen. Aber auch Hypotonie,
Ataxie, Kopfschmerzen, Lethargie und psychische Auffälligkeiten sind nicht selten (bes. nach
eiweißreicher Nahrung). Patienten mit milderen
Formen von Harnstoffzyklusdefekten oder auch
Überträgerinnen des OTC-Mangels haben ge-
r
Reduktion/Stopp der Proteinzufuhr (für
maximal 2 Tage)
Hochkalorische Ernährung (> 100 kcal/kg
KG Tag): Beginn mit mindestens 10 g/kg KG
Glucose zusammen mit Elektrolyten für 24
Stunden. Die Glucosemenge kann bis auf
20 – 30 g/kg KG erhöht werden. Falls notwendig Zugabe von Insulin (0,01– 0,5 I. E./kg
KG/Stunde), um den Glucoseblutspiegel zwischen 80 und 200 mg/dl zu halten. Das Ziel
der hohen Kaloriengabe ist die Vermeidung
von Eiweißkatabolismus. Zusätzlich kann
Fett infundiert werden (am Anfang 0,5 –1 g/
kg KG/Tag und wenn möglich Steigerung
auf 2 – 3 g/kg KG/Tag; unter Kontrolle der
Triglyceridkonzentrationen im Blut)
Verabreichung von Medikamenten (oral
oder i. v.):
– Natriumbenzoat 250 mg/kg KG in
10 %iger Glucoselösung, über 2 Stunden
– Natriumphenylbutyrat (Ammonaps®,
Swedish ORPHAN) 250 mg/kg KG in
10 %iger Glucoselösung, über 1– 2 Stunden
831
Buch 4.indb 831
15.10.2009 14:20:05
Kap. 23.7
E. Mönch
–
r
r
Argininhydrochlorid 21%: (1 ml = 1 mmol)
1– 2 mmol/kg KG in 10 %iger Glukoselösung, über 2 Stunden
Forcierte Diurese mit Furosemid (Lasix®)
(1– 2 mg oral oder 0,5 –1 mg/kg KG i. v., alle
6 –12 Stunden).
Hämodiafiltration, ersatzweise Hämodialyse bei Ammoniakspiegeln über 400 μmol/l
(680 μg/dl)
Erwachsenenalter sinnvoll. Bei Kindern ist die
Dosierung so zu wählen, dass weiche, aber nicht
wässrige Stühle und keine Bauchschmerzen
auftreten.
Bei akuter Entgleisung besteht in Extremfällen die Behandlungsmöglichkeit mittels intraportaler Infusion von blutgruppenidentischen gesunden Hepatozyten, mit deren Hilfe
eine schnellere Stoffwechselnormalisierung ermöglicht wird.
7.2. Langzeitbehandlung
Ziel der Langzeitbehandlung der Harnstoffzyklusdefekte ist die Vermeidung von Hyperammonämien, hervorgerufen durch zu hohe
Eiweißzufuhr oder katabole Stoffwechselzustände. Eine Kombination von Reduzierung der
Zufuhr von natürlichem Eiweiß, in der Regel
mit Substitution von essentiellen Aminosäuren,
und der Verabreichung von Medikamenten (Natriumbenzoat, Natriumphenylbutyrat, Argininhydrochlorid) ist empfohlen. Die Eiweißzufuhr soll bis auf den minimalen Bedarf gesenkt
werden (Verzicht auf Fleisch, Fisch, Milch, Eier
und Getreideprodukte). Bei der Erstbehandlung
sollte nach einer etwa 2tägigen Eiweißkarenz
mit der Gabe sehr geringer Mengen an natürlichem Protein (0,3 g/kg KG/Tag) begonnen werden, und nachfolgender langsamer Steigerung
bis auf etwa 1 g/kg KG und Tag). Meist muss zur
Deckung des Tagesbedarfs an Protein zusätzlich ein Gemisch mit essentiellen Aminosäuren
verabreicht werden. Eventuell wird außerdem
die Gabe von Citrullin (zusammen mit oder anstatt Arginin) notwendig. Für die Eiweißzufuhr
insgesamt (natürliches Eiweiß plus Aminosäurengemisch) wird empfohlen:
g/kg KG/Tag
Säuglinge
Kleinkinder
Schulkinder
Jugendliche/Erwachsene
1,8 – 2,0
1,2 –1,5
1,0
< 0,5
Zur Vermeidung von übermäßigen Ammoniakproduktionen durch untypische Darmbakterien
ist eine Gabe von Lactulose (3 u 4 – 20 g/Tag) im
Treten gehäuft Stoffwechselkrisen auf und gestaltet sich die Behandlung insgesamt sehr
schwierig, ist auch eine Lebertransplantation
als Therapieoption in Erwägung zu ziehen.
Literaturverzeichnis
Mönch E, Link R (2006) Diagnostik und Therapie bei angeborenen Stoffwechselstörungen. SPS Publ., Heilbronn
Brusilow SW, Horwich AL (2001) Urea Cycle Enzymes. In:
Scriver CR, Beaudet AL, Valle D, Sly WS, Vogelstein B,
Childs B, Kinzler KW (online eds) The Metabolic and
Molecular Bases of Inherited Disease. McGraw-Hill,
New York, S 1909 –1963
Bachmann C (2003) Inherited Hyperammonemias. In:
Blau N, Duran M, Blaskovics ME, Gibson KM (eds)
Physician’s Guide to the Laboratory Diagnosis of
Metabolic Diseases. Springer, Berlin, Heidelberg, New
York, pp 261 ff
Leonard JV (2006) Disorders of the urea cycle and related
enzymes. In: Fernandes J, Saudubray J-M, Van den
Berghe G (eds) Inborn Metabolic Diseases, Springer,
Berlin, Heidelberg, New York, pp 263 ff
Müller E (2003) Harnstoffzyklusstörungen. In: Müller E
(Hsg) Praktische Diätetik in der Pädiatrie. Grundlagen für die Ernährungstherapie. SPS Verlagsgesellschaft, Heilbronn, S 89 – 94
Berry GT, Steiner RD (2001) Long-term management of patients with urea cycle disorders. J Pediatr 138: 56 – 61
Bachmann C (2003) Long-term outcome of patients with
urea cycle disorders and the question of neonatal
screening. Eur J Pediatr 162 (Suppl 1): 29 – 33
Hauser ER, Finkelstein JE, Valle D, Brusilow SW (1990) Allopurinol induced orotidinuria. A test for mutations at
the ornithine carbamoyltransferase locus in women.
N Engl J Med 322: 1641–1645
Grünewald S, Fairbanks L, Genet S, Cranston T, Hüsing J,
Leonard JV, Champion MP (2004) How reliable is the
832
Buch 4.indb 832
15.10.2009 14:20:06
Harnstoffzyklusstörungen
allopurinol load in detecting carriers for ornithine
transcarbamylase deficiency? J Inher Metab Dis 27:
179 –186
Horslen SP, McCowan TC, Goertzen TC, Warkentin PI, Cai
HB, Strom SC, Fox IJ (2003) Isolated hepatocyte transplantation in an infant with a severe urea cycle disorder. Pediatrics 111: 1262 –1267
McBridge KL, Miller G, Carter S, Goss J, Lee B (2003) Development outcome in early liver transplantation for
urea cycle disorders. J Inher Metab Dis 26 (Suppl. 2):
77
Bachmann C, Häberle J, Leonard J (eds) (2007) Pathophysiology and Management of Hyperammonaemia,
Symposia Proceedings, SPS Verlagsgesellschaft, Heilbronn
833
Buch 4.indb 833
15.10.2009 14:20:06
Herunterladen