Cystinurie und das Hypotonie-Cystinurie-Syndrom Die Cystinurie (OMIM 220100) ist charakterisiert durch die gestörte Reabsorption von Cystin, Lysin, Ornnithin und Arginin im proximalen Nierentubulus (S3-Segment). Obwohl in der Regel erhöhte Exkretionswerte für alle vier Aminosäuren nachweisbar sind, steht nur die Hyperexkretion von Cystin im Vordergrund, das im distalen Tubulus präzipitieren kann und somit aufgrund der schlechten Löslichkeit bei niedrigen pH-Werten zur Steinbildung beiträgt. In Patienten mit größeren Deletionen, die neben dem Cystinurie-Gen SLC3A1 auch mindestens das PREPL-Gen in 2p21 umfasst, geht die Steinbildung zusätzlilch mit einer Hypotonie und weiteren Symptomen einher (Hypotonia-Cystinuria-Syndrom). Die Cystinurie tritt weltweit auf, zeigt dabei aber Populationsspezifische Prävalenzen. Die allgemeine Prävalenz wird mit ca. 1:7000 unter Neugeborenen angegeben. Die Erstdiagnose einer Cystinurie basiert allgemein auf dem Nachweis von Cystinsteinen. Die Diagnose wird dann mit dem Nachweis erhöhter Aminosäure-Ausscheidewerte bestätigt. Auf klinischer Ebene erfolgt die Klassifikation über die Einordnung der Ausscheidewerte von obligaten Heterozygoten, dabei werden drei Typen der Cystinurie unterschieden (I-III). Allerdings läßt sich diese Einteilung auf der Basis der genetischen Befunde nicht aufrechterhalten, insbesondere korreliert das Ausmaß der Hyperaminoacidurie nicht mit den Mutationen bei TypII/III-Heterozygoten. Daher werden diese Typen als nicht-Typ I-Cystinurie zusammengefasst. Nicht-Typ I-Heterozygote zeigen eine variable Hyperexkretion von Cystin und der dibasischen Aminosäuren, bei einigen heterozygoten Mutationsträgern wurde eine Steinbildung berichtet. Daher wird die nicht-Typ I-Cystinurie als autosomal-dominant erbliche Erkrankung mit inkompletter Penetranz für Cystinsteinbildung eingeordnet. Die Beteiligung des SLC3A1-Gens (OMIM 104614) an der Ätiologie der Erkrankungen wurde bereits 1994 durch Kopplung der Erkrankung mit Chromosom 2p berichtet, zeitgleich wurden die ersten Mutationen bei Cystinurie-Patienten berichtet. Im Jahre 1999 wurden dann erste Mutationen im SLC7A9-Gen (OMIM 604144) berichtet. Beide Gene kodieren Untereinheiten des renalen heteromeren Aminosäuretransporters b0,+: dabei wird die schwere Untereinheit rBAT von SLC3A1, die leichte Untereinheit b0,+AT von SLC7A9 kodiert. Nach Identifikation der molekularen Basis der Erkrankung wurde eine neue Klassifizierung vorgeschlagen: die autosomal-rezessiv erbliche Typ I-Cystinurie wird hauptsächlich durch SLC3A1-Mutationen, die inkomplette autosomal-dominante nicht-Typ ICystinurie durch SLC7A9-Mutationen verursacht. Allerdings erwies sich auch diese Klassifizierung mit dem Nachweis immer neuer Mutationen mit unterschiedlichen Phänotypen als ungeeignet, so dass die derzeitige Einteilung strikt auf den molekularen Befunden beruht: Die Typ A-Cystinurie umfasst SLC3A1-Mutationen, die Typ B-Cystinurie SLC7A9Mutationen. Daher sind drei Genotypen zu beobachten: AA, BB und die gemischte Cystinurie AB. Unsere Arbeiten zur molekularen Basis der Cystinurie umfassen die folgenden Fragen: - Wie ist das Mutationsspektrum in den beiden bekannten Cystinurie-Genen? - Gibt es eine Genotyp-Phänotyp-Korrelation? - Sind andere Gene an der Ätiologie der Erkrankung beteiligt? - Verlaufsstudie zum seltenen Hypotonie-Cystinurie-Syndrom. Ansprechpartner: Prof. Dr. rer. nat. Thomas Eggermann ([email protected])