vernetzung

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inklusive
acquisa
Der direkte Weg zum Kunden
crm. Was Kunden beim Crosschannel Marketing wirklich wollen
second screen. So erweitern Tablets das Online- und Offline-Marketing
vernetzung
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Wie Social Media und Mobile das
Suchmaschinenmarketing herausfordern
04 | 2013
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Editorial
Wenn, dann richtig
Liebe Leserinnen, liebe Leser,
Service ist das neue Marketing, heißt es
jetzt immer wieder. Das ist so wahr wie
banal. Die schönste und beste Werbung
nützt nichts, wenn das Leistungsversprechen nicht eingelöst wird. Wenn
Bestellungen verloren gehen, Lieferzeiten nicht eingehalten, Reklamationen nicht oder unprofesisonell bearbeitet werden.
Nun kann immer einmal etwas schiefgehen, und dann ist es eine gute Idee,
Kunden um Entschuldigung zu bitten.
Diese Idee hatte auch ein Weinversender. Dessen Service war extrem schlecht
geworden, nachdem er eine neue Kundenmanagement-Software eingeführt
hatte. Die Prozesse funktionierten nicht
mehr, nichts passte zusammen.
1(8(
,'((1
62) 7:$5(
Christoph Pause, Chefredakteur
Kontakt: [email protected]
Woher ich das weiß? Der Unternehmens­
chef hat es in einem langen Schreiben
an seine Kunden sehr detailliert selber erklärt. Das
war ehrlich, offen, sympathisch. »Schwamm drüber« war die erste Reaktion beim Lesen, noch dazu,
weil jeder Kunde als Wiedergutmachung eine Flasche Wein im Wert von fast 30 Euro erhalten sollte.
Schöne Geste. Wenn da nicht das »Aber« wäre, nämlich: Die Kompensation erhält man nur, wenn man
im Shop etwas bestellt. Wenn man die Tut-uns-LeidGabe quasi selber bezahlt.
IU GHQ 9HUVD Q G K D Q G H O
Und schon verpufft die Wirkung der Entschuldigung, sie schmeckt im Abgang etwas sauer. Da
helfen auch zwei wortreiche Seiten Brief nicht
weiter.
Viel Spaß beim Lesen,
63+'LUHFW
Ihr
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0LFURVRIW '\QDPLFV $;
04/2013 www.acquisa.de
3
LQIR#VSKDJFRP
ZZZVSKDJFRP
14
24
Titelthema Die vom Aufstieg sozialer Netzwerke angetriebenen Veränderungen im
Suchmaschinenmarkt bieten neue Möglichkeiten – und noch mehr Herausforderungen.
Direktmarketing & Service Die Mailingtage
2013 zeigen noch mehr Profil.
Inhalt 04/2013
08NAchrichten
08
Call-Center: CCW verzeichnet 7.500 Besucher
Multichannel-Management, Service über Social Media und ­
Big Data waren die Trendthemen auf der CCW.
12Inhalt Themenportal
12 Themenportal acquisa.de
acquisa zeigt, warum Usability das A und O beim Webshop
ist.
14Titelthema
14
Die Suche im Umbruch
Der Einfluss von Social Media wächst rasant und wirkt sich
zunehmend auf die Suchmaschinenoptimierung aus. Warum
sich Online-Marketer auf ganz neue Herausforderungen einstellen müssen.
20 Interview: »Social Search ist Feintuning«
Andre Alpar, Partner beim SEO-Dienstleister Akm3, erklärt,
warum sich Firmen mit Social Search beschäftigen müssen.
22Werkstatt
22
Kleiner Gruß aus der Küche
Warum nur unterschätzen Unternehmen, wie sehr vermeintlich unwichtige Details den Gesamteindruck ihres Angebots
beim Kunden prägen.
24 Direktmarketing & Service
24 Mailingtage: Aus der Praxis für die Praxis
Auch im Jahr 2013 liefern die Mailingtage in Workshops und
Vorträgen Marketing-Know-how in Hülle und Fülle.
26
E-Mail-Marketing: Kennzahlen im Überblick
Welche Kennzahlen Aufschluss über den Erfolg einer E-MailMarketing-Aktion geben.
4
28
Kundenbindung: »Fans« kaufen mehr Bohrer
Schafft es ein Baumarkt, den Anteil von »Fans« und
»Sympathisanten« zu steigern, steigen Umsätze und Erträge.
30
Call Center: Das Telefon schöpft Wert im E-Commerce
Auch und gerade Online-Shops können über das Telefon
Vertrauen aufbauen und mehr verkaufen.
32
Kundenservice: Der Kunde nennt es Beziehungspflege
Der Konsument verlangt heute relevantes Know-how zur
­richtigen Zeit am ausgewählten Kontaktpunkt.
34Praxis-scout
34 Duschen für Olympia
Der Bad- und Sanitärspezialist Hansgrohe nimmt bei der
Markteinführung seiner neuen Handbrause Raindance Select
150 die Zielgruppen hinter der Zielgruppe in den Blick.
36Online-Marketing & Social Media
36
Eins, zwei oder drei...
Die Bildschirme verschmelzen zunehmend und machen
so eine transmediale Kommunikation möglich, die den
Fernsehmarkt derzeit tüchtig aufmischt.
40
Adressmanagement: One face to the customer
Omnichannel beinhaltet, dass alle am Handel beteiligten Player
dazu übergehen müssen, den Verkauf nicht länger als einen
kanalbezogenen Vorgang, sondern als Ganzes zu betrachten.
44Vertrieb & Verkauf
44
E-Commerce: Fröhlicher Category-Roll-out
Der Online-Handel erschließt sich stetig neue
Produktkategorien: Welcher Verkaufsprozesse es bedarf,
damit sich neue E-Shop-Segmente durchsetzen.
48
Interview: Kulturwandel im Vertrieb
Siegfried Kreuzer, Geschäfts­führer der Beratungsfirma KP2
in Amberg, erklärt, wie der Vertrieb eine höhere Produktivität
und eine höhere Effektivität erzielt.
www.acquisa.de 04/2013
Foto: einzmedia / pixelio.de
Ausbildungsstart
08.05.2013
52
CRM & Database Die Zahl potenzieller Kundenkontaktpunkte ist unübersichtlich
geworden. Unternehmen müssen auch die Wege ihrer Kunden kennen.
52CRM & Database
52
CRM: Die Fährtenleser
Wie Marktforschung und CRM bei der Kundenanalyse helfen.
56
Adressmanagement: Sauber ist besser als rein
Warum Kundendaten bis ins Detail stimmen müssen.
58Recht & Marketing
58 » Twittern Sie mal ordentlich!«
Wenn Unternehmen das Twittern als Marketinginstrument
entdecken, müssen arbeitsrechtliche Lösungen her.
60
Gerichtsentscheidungen
Gezielte Behinderung durch Anzeige mit Briefkastenaufkleber.
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06
FORUM
Was bedeutet Second
Screen für das Marketing?
42 Bücher
50 Meinungsmacher
Kommentar und
Presseschau.
62 Karriere und
Stellenmarkt
65 Vorschau, impressum
04/2013 www.acquisa.de
66
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Woll, Marketing-Chef der
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forum
o-töne zum Thema Mediennutzung
Was erwartet das Marketing vom Second Screen?
»Der Second Screen erweitert
und vertieft das Markenerlebnis
– wenn die Vorteile der einzelnen Endgeräte richtig eingesetzt
werden. Der große TV-Bildschirm
dient nach wie vor der Unter­
haltung, die Features des Second
Screen ermöglichen Interaktion
und damit noch höheres Involvement. Allerdings
muss man auch wissen: Laut dem repräsentativen
TNS Convergence Monitor 2012 kommen Laptop ­&
Co. heute im Schnitt bei weniger als zehn Prozent
der täglichen Fernsehzeit zum Einsatz.«
Dr. Julian Weiss, Geschäftsleiter Marketing bei ­
IP Deutschland, Köln
»Prinzipiell gibt es verschiedene
Szenarien für die parallele Nutzung von Screens, wobei nur bei
einem Szenario synchrone Inhalte
auf mehreren Screens flimmern.
Bietet der TV-Screen gelungene
Anreize, sich zusätzliche Inhalte
auf den anderen Screen zu holen
oder selbst interaktiv zu werden, kann sowohl
das TV-Format, als auch die Werbung wesentlich
höhere Aufmerksamkeit erzielen. Für Format­
entwickler und Werbestrategen gleichermaßen
spannend ist, wie es gelingt, die unterschiedlichen
Nutzertypen zur Synchronisierung der Screens
zu bringen. Es gilt, sowohl klassische Medien wie
auch beispielsweise das Smartphone gelungen zu
nutzen, um den Impuls dazu zu geben.«
Prof. Harald Eichsteller, Studiendekan an der
Hochschule der Medien (HdM), Stuttgart-Vaihingen
»In Jahr 2012 war die Fernsehnutzung erstmals
rückläufig, die Menschen verbringen immer
mehr Zeit mit Online-Medien und die Nutzung
erfolgt dabei kaum noch nur entweder-oder, sondern immer öfter parallel. Nutzer erwarten dabei
Inhalte, die ihre Lieblingssendungen sinnvoll
6
ergänzen und die das Fernseherlebnis interaktiver
und dadurch reicher machen. Und genau hier setzt
auch das Potenzial für das Marketing an, durch
emotionale Inhalte zum Branded
Entertainment zu kommen. Übrigens, während wir noch drüber
reden, wird Second Screen bereits
sukzessive zum First Screen.«
Thomas Funk, Chief Executive Officer bei
DDB Tribal Group, Berlin
»Wirkungsvolle Marketingmaßnahmen berieseln nicht, sondern
involvieren und begeistern. Hier
eröffnet Second Screen deutlich mehr Möglichkeiten als die
­k lassische T V-Werbung. Nicht
zuletzt vor dem Hintergrund
unserer eigenen technischen
Innovationen wie Smart TVs und Galaxy Tabs beobachten wir die Entwicklung im Bereich Second
Screen sehr genau.«
Georg R. Rötzer, Vice President Corporate Marketing bei
Samsung Electronics GmbH, Schwalbach im Taunus
»Ein Großteil der deutschen
Zuschauer nutzt beim Fernsehen
bereits – ganz unbewusst – einen
Second Screen, um parallel im
Internet zu surfen, E-Mails abzurufen, zu spielen und zu schoppen. Und dadurch beeinflusst der
Second Screen auch das Konsumverhalten: Laut einer aktuellen Studie steigt bei
Zalando die Nutzung des mobilen Angebots um das
Dreifache, sobald ein Werbespot läuft. Darauf muss
das Marketing reagieren – etwa mit den passenden
mobilen Apps oder Smart-TV-Apps. Und vor allem
durch deutlich im TV kommunizierende Einladungen zum Dialog oder Response in Echtzeit.«
Matthias Berger, Managing Partner bei
Berger Baader Hermes, München.
www.acquisa.de 04/2013
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Digital Natives
Viele prophezeiten bereits
das Aussterben des statio­
nären Handels. Falsch, denn
selbst junge Zielgruppen
wie die Digital Natives be­
vorzugen Ladengeschäfte
gegenüber dem Internet.
Zu diesem Ergebnis kommt
die aktuelle Studie »Dem
Kunden auf der Spur« von
Roland Berger.
www.rolandberger.de
Empfehlungsmarketing
Wie Marketingprofis Kun­
den gezielt dazu bringen,
­Freunden und Verwandten
Produkte oder Dienstleis­
tungen zu empfehlen, zeigt
ein Seminar der Haufe
Akademie. »Effektives
Empfehlungs­marketing«
vermittelt Strategien, Tools
und Maßnahmen.
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8
Berlin, Berlin... Wir fahren nach Berlin: Die CCW 2013, das Branchen-Event rund um den Kunden­dialog der
Zukunft, lockte wieder einmal zahlreiche Besucher in die Hauptstadt.
Call-Center
CCW verzeichnet 7.500 Besucher
Mit 7.500 Besuchern zeigten sich die Veranstal­
ter der diesjährigen Call Center World zufrieden
– auch wenn sie eigentlich rund 7.700 erwartet
hatten. 250 Unternehmen aus 16 Ländern waren
als Aussteller im Berliner Estrel Hotel präsent.
Erstmals lief die Kongressmesse Call Center
World offiziell unter dem Namen CCW. Motto
der Veranstaltung war: »Weil Kunden nicht nur
anrufen ...« Entsprechend war MultichannelManagement im Call-Center das bestimmende
Thema der Messe. ­Weitere wichtige Schlagworte
waren Social Media, Cloud-Computing, CRM und
Big Data.
Ein Highlight war auch in diesem Jahr wieder das
Live-Call-Center, welches Technik, Software und
Einrichtung für Call-Center in einer Live-Demo
zeigte. Partner war dieses Jahr die Tui Service AG.
Wie in jedem Jahr wurden auch im Jahr 2013 die
»Call-Center-Manager des ­Jahres« aus Deutsch­
land, Österreich und der Schweiz mit dem »Cat
Award« ausgezeichnet. Die Gewinner: Klaus Schn­
urbus, Geschäftsleiter der Servodata GmbH, Erika
Leibetseder, Geschäftsleitung der Market Calling
Marketing GmbH für Österreich und Jean-Pierre
Zala, Leiter Kundenservice-Center der CSS Versi­
cherungen für die Schweiz.­­p www.ccw.de
Studie
Service ist wichtiger als der Preis
Deutsche Verbraucher legen wieder
Wert auf Qualität, während der Preis
an Bedeutung verliert. Zu diesem Ergeb­
nis eine aktuelle Studie des Beratungs­
unternehmens Accenture. Demnach
ist ihnen der Kundenservice besonders
wichtig.
So hätten laut »Global Customer Sur­
vey« vier von fünf abgewanderten Kun­
den gehalten werden können, wenn die
Anbieter sich mehr um sie bemüht oder
sie für ihre Treue belohnt hätten. An der
Studie hatten mehr als 12.000 Verbrau­
cher in 32 Ländern teilgenommen, da­
runter 401 Personen aus Deutschland.
Aufgrund schlechter Serviceleistungen
haben hierzulande 45 Prozent der Be­
fragten im Laufe des vergangenen Jah­
res einmal einen Anbieter gewechselt.
Besonders unzufrieden waren sie mit
dem Service im Einzelhandel, beim
Mobil­funkanbieter, beim Energieversor­
ger oder bei der Bank.
Besonderen Ärger verursachen unge­
haltene Versprechen, Mitarbeiter mit
wenig bis gar keinem Fachwissen und
die Sorge über den Umgang mit persön­
lichen Daten. p www.accenture.com
www.acquisa.de 04/2013
Fotos: Management Circle AG
Datenweitergabe
Eine Studie belegt, dass
die Bereitschaft der User,
persönliche Daten weiterzu­
geben, wächst. Laut »DMA/
fast.MAP Data Tracking
Report« haben 76 Prozent
der Befragten nichts dage­
gen, wenn Unternehmen, zu
denen sie eine Beziehung
pflegen, diese einholen.
www.dma.org.uk
acquisa-Umfrage
Bei Sportutensilien zählen Marke und Preis
Der Frühling ist im vollen Gange, Son­
nenschein und frische Luft locken nach
draußen. Die Saison für die verschie­
densten Sportarten startet. Worauf Kun­
den der Sportgeschäfte achten und wie
­Werbung vor dem und am Point of Sale
wirkt, hat die Kölner Unternehmensbe­
ratung »Die Gefährten« zusammen mit
acquisa in einer aktuellen Umfrage ana­
lysiert.
Wie auch im Jahr zuvor wählen Sport­
begeisterte ihre Einkaufsstätte vor allem
nach Lage und Preis-Leistungsverhältnis.
Als dritten Punkt nannten die Befragten
eine gute Auswahl an Marken. Knapp
die Hälfte der Kunden kommt mit einer
festen Kauf­absicht in den Markt und er­
wirbt genau das, was sie ursprünglich
geplant hatte. Die andere Hälfte jedoch
entscheidet sich im Markt um.
Einen immer stärkeren Einf luss auf
das Kaufver­halten hat das Smartphone.
Über 20 Prozent der Befragten haben
sich während des Einkaufs ­weitere In­
formationen zum Wunschprodukt ein­
geholt, rund 13 Prozent ändern ihre
Kaufabsicht aufgrund der so eingehol­
ten Informationen ­(Preisvergleiche mit
anderen Geschäften in der Nähe und in
Online-Shops).
Auch im Vorfeld des Einkaufs infor­
miert sich der Kunde. Der klassische
Print-Katalog ringt hier mit dem Inter­
net als beliebteste Informationsquelle
um den ersten Platz – gefolgt von Post­
wurfsendungen und persönlichen Em­p­
fehlungen.
Werbung schenken 60 Prozent der Be­
fragten im Vorfeld des Einkaufs keine
Beachtung. Die restlichen 40 Prozent
nehmen vor allem Zeitungsbeilagen,
Internetanzeigen sowie Prospekte und
Broschüren von Sportanbietern wahr.
E-Mail-Newsletter und Radiowerbung
liegen auf den letzten Plätzen von wahr­
genommener Werbung.
Für die Umfrage hatte das Kölner Un­
ternehmen im Februar 100 Kunden von
Sport-Scheck, 100 Kunden von Intersport
und 200 Kunden von Globetrotter, alle in
Köln, befragt.
p www.diegefaehrten.com
Wenn es wärmer wird, zieht es die
­Deutschen zum Joggen in die freie Natur
– und vorher in die Sportgeschäfte.
Messen
Mehr als ein Verkaufskanal
Über neun verschiedene Ziele verfolgen
ausstellende Unternehmen auf einer Messe,
wobei der Fokus naturgemäß auf den per­
sönlichen Kundenkontakten liegt.
Die fünf wichtigsten Ziele einer Messebetei­
ligung sind die Steigerung der Bekanntheit
(96 Prozent), Stammkundenpflege (95 Pro­
zent), Neukundengewinnung (93 Prozent),
Imagepflege (91 Prozent) sowie die Präsenta­
tion neuer Produkte und Leistungen (87 Pro­
zent). Darüberhinaus dienen Messen als Ver­
kaufskanal. Fast drei Viertel (73 Prozent) der
Befragten Unternehmen wollen entweder
gleich vor Ort oder im direkten Nachgang
Umsatz generieren. Zu diesem Ergebnis
kommt eine Umfrage des Ausstellungs- und
Messe-Ausschusses der Deutschen Wirt­
schaft (Auma).
p www.auma.de
04/2013 www.acquisa.de
Zahl des Monats
E-Mail
91
Von wegen, das Telefon sei das meistgenutzte Medium, wenn Kun­
den mit Unternehmen Kontakt ausnehmen müssen. 91 Prozent
der Menschen schreiben in diesem Fall eine E-Mail. Nur 87 Prozent
greifen zum Telefonhörer. Das ist ein Ergebnis der Studie »Service­
monitor 2012« von Gkk Dialoggroup. Grund: E-Mail ist kostengüns­
tig und schnell. Besonders E-Mail-affin sind jüngere Verbraucher
zwischen 18 und 30 Jahren.
Mehr zur Studie erfahren Sie bei der gkk DialogGroup.
Kontakt: www.gkk.de
9
nachrichten
Drei fragen an Nicolas Leonhardt
Ticker
»Werbung kann Spaß machen«
follow us on Twitter
Unter twitter.com/acquisa
finden Interessierte regel­
mäßig Aktuelles, Wissens­
wertes und Witziges aus
der Welt von Marketing und
Vertrieb. Darüberhinaus gibt
es dort Hinweise auf vertie­
fende Interviews und Tipps.
www.twitter.com/acquisa
Wettbewerbsrecht
Werbung mit geschönten
Kundenbewertungen für
medizinische Produkte im
Internet ist nicht zulässig.
Da Laien-Testimonials für
Verbraucher irreführend sein
können, verstoßen sie gegen
das Heilmittelwerbegesetzt,
sagt das Oberlandesgericht
Düsseldorf.
www.olg-duesseldorf.nrw.de
E-Commerce
Augmented Reality – Hype
oder Chance? Selbst Exper­
ten sind sich da nicht ganz
einig. Die Studie »W3B –
Trends im E-Commerce« von
Fittkau & Maaß kann nun be­
legen, dass Online-Shopper
die »erweiterte Realität« zu­
mindest als attraktives Ein­
kaufserlebnis bei bestimm­
ten Produkten schätzen.
www.fittkaumaass.de
Studie
Erhalten Twitter-Nutzer
Tweets von B2B-TechnologieUnternehmen, steigt die
Wahrscheinlichkeit, dass
sie die Seiten aufsuchen.
Dieses Ergebnis liefert die
Studie »Tweets in Action: Mo­
bile/Tech« von Twitter in Zu­
sammenarbeit mit Compete.
www.advertising.twitter.com
10
Nicolas Leonhardt, Geschäftsführer Wagawin
GmbH.
Wie kommt meine Anzeige an? Und was
sagt meine Zielgruppe zu meinem TV-Spot?
Antworten auf diese Fragen von Unter­
nehmen will Wagawin geben, eine GameApp, bei der Nutzer mit Werbung spielen.
Was werbungtreibende Unternehmen
davon haben, erklärt Geschäftsführer
Nico­las Leonhardt.
acquisa: Herr Leonhardt, Welche Idee steckt
hinter Wagawin?
Nicolas Leonhardt: Online Werbung
stört, egal wo und wie sie auftaucht: PopUps beim Lesen eines Artikels, Pre-Rolls
vor einem Youtube-Video, und beim ReTargeting fühlt sich der ein oder andere
User ausspioniert. Trotzdem werden für
diese Störungen 20 Euro und mehr als
Tausender-Kontakt-Preis (TKP) entrichtet.
Wir haben uns gefragt: Funktioniert On­
line-Werbung nur als Störfaktor?
acquisa: Ihre Antwort war vermutlich »Nein«
Leonhardt: Im Fernsehen laufen Sende­
formate über die lustigsten Werbespots
der Welt seit Jahren erfolgreich. Wer bei
Youtube nach lustige Werbespots sucht,
findet Klicks im siebenstelligen Bereich.
Werbung kann also Spaß machen und
wird dann freiwillig konsumiert. Dazu
kommt: Gerade im mobilen Umfeld der
Apps hat sich eine unglaubliche Vielfalt
an Spielen entwickelt, die millionenfach
genutzt werden: zum Beispiel »Doodle
Jump« und »Find the difference«. Spiele
wie »Logo Quiz«, bei dem die Spieler
Firmen-Logos erraten sind ebenfalls ein
Erfolg. Aus dieser Beobachtung haben
wir uns – vier Studenten – ans Werk ge­
macht, um eine Engine zu ent­wickeln,
die vor allem mobil, aber auch am Desk­
top unter wagawin.com, Spiel und Wer­
bung miteinander verbinden sollte. Wir
haben eine App für Geschicklichkeits-,
Kniffel- und Reaktionsspiele entwickelt.
Das Ganze basiert auf Bannerwerbung,
TV-Spots und Printkampagnen. Wir neh­
men bestehende Formate, die bereits
teuer von Agenturen für Unternehmen
gestaltet wurden.
acquisa: Das macht den Spielern Spaß. Aber
was haben die Unternehmen davon, deren
Werbung als Grundlage dient?
Leonhardt: Wer bei uns spielt, kann
nicht nur mit Freunden um den höchs­
ten Score wetteifern. Gleichzeitig ver­
breiten sich die Werbespots und Anzei­
gen viral. Verbunden mit den positiven
Erlebnissen beim Spielen werden die
Werbepartner mit positiven Gefühlen
­assoziiert. Denn mindestens 50 Prozent
unserer Werbeeinnahmen geben wir
in Form von Sachprämien an die Ziel­
gruppe, unsere Community, zurück.
Das Ganze beruht auf einem Punkte­
system: Spieler erhalten Punkte zum ei­
nen beim Spielen, zum anderen für das
Werben von neuen Freunden und das
aktive Kommunizieren der Gewinne auf
den Social-Media-Plattformen. Unsere
Zielgruppe sind alle, die das Web mo­
bil nutzen und ein wenig Unterhaltung
und Ablenkung in Kniffel-und Ratespie­
len suchen. Außerdem wollen wir bei
Facebook-Nutzern eine Quote von fünf
Prozent erreichen.
p www. wagawin.com
p Lesen Sie das ganze Interview auf
www.acquisa.de
www.acquisa.de 04/2013
✓
$QELHWHU&KHFNGH
ZZZDQELHWHUFKHFNGHFUPVRIWZDUH
&KHFNLW0DUNWEHUVLFKWDOOHU&506RIWZDUH$QELHWHU0DUNWQHZV7RS7KHPHQ6RIWZDUHLQIRUPDWLRQHQ
:KLWHSDSHUV9LGHRV%HVW3UDFWLFH%HLVSLHOH&KHFNOLVWHQXYP-HW]WNRVWHQORV$QELHWHUYHUJOHLFKHQ
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MENÜ
I Marketing & V...
Marketing & Vertrieb Home Dialogmarketing Online-Marketing Vertrieb CRM Recht
Webshop: Usability ist A und O
Der Online-Handel boomt. Allem Wehklagen zum trotz bedeutet das nicht
zwingend Gefahr für den stationären Handel. Auch traditionelle Händler
können von der E-Commerce-Begeisterung der Verbraucher profitieren, sagt
Sabrina Klinksiek vom IFH Köln. Wenn sie es schaffen, für Kunden ein einheitliches Erlebnis zu schaffen – online wie offline. Und dabei spielt die benutzerfreundliche Website-Gestaltung eine zentrale Rolle.
p www.haufe.de/marketing-vertrieb/vertrieb
Datenschutz: Verbraucher informiert
Da täuschen sich Verbraucherschützer und Politiker: In Sachen Datenschutz
sind die Deutschen besser informiert als gemeinhin angenommen. Dass Onliner ihre Daten keinesfalls leichtgläubig hergeben, hat eine Panelumfrage
des Deutschen Dialogmarketing Verbandes (DDV) nun ergeben.
p www.acquisa.de
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Sie suchen eine CRM-Software?
Dann werfen Sie einen Blick in den AnbieterCheck CRM von acquisa. Das
Suchportal bietet interessierten Entscheidern einen Überblick über Anbieter
von Software für das Kundenbeziehungsmanagement. Die Suche ist auf die
individuellen Anforderungen jedes Unternehmens anpassbar.
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Urteile zu Werbe- und Wettbewerbsrecht. p www.acquisa.de/newsletter
12
Newsletter
www.acquisa.de 04/2013
Titelthema
Die Suche im Umbruch
Der Einfluss von Social Media wächst rasant und wirkt sich zunehmend auf die Such­
maschinenoptimierung aus. Direkt und indirekt. Gleichzeitig zieht Google bei seinen Werbe­
angeboten gravierende Änderungen durch. Online-Marketer müssen sich auf ganz neue
­Herausforderungen einstellen.
Text _ Karsten Zunke
Die Garage von Susan Wojcicki ist
­l egendär: Der verschließbare Unterstand im kalifornischen Städtchen
­ enlo Park war im September 1998
M
der erste Firmensitz von Google. ­Heute
­b etreibt das Unternehmen die wich-
tigste Suchmaschine der Welt und
verdient Milliarden mit Werbeanzeigen. Auch das soziale Netzwerk Face-
p Search
Ü bersicht
Aktuelle Big Data Studie 17
Mobile Search
18
Interview 20
book hat klein angefangen. Als sich
eine handvoll Mitstudenten um Mark
Zucker­berg scharten und im Jahr 2004
Facebook starteten, war nicht absehbar,
dass daraus ein Netzwerk entsteht, das
heute mehr als eine Milliarde Mitglieder weltweit zählt. Die ursprüngliche
Ausrichtung der beiden Unternehmen
war unterschiedlich, doch sie nähern
sich immer mehr an. Suche und Social
Media verflechten sich zunehmend. Eine Entwicklung, die für Marketing und
Vertrieb von größter Wichtigkeit ist.
Immer mehr soziale und individuelle
Aspekte fließen in die Suchergebnisse
ein, und immer mehr Informations­
quellen werden gekreuzt. »Die Suchmaschinenoptimierung wird sich
­d ramatisch verändern. Likes werden
die Links ersetzen«, sagt Erik Siekmann,
Geschäftsführer der PerformanceMarketing-Beratung Digital Forward
in Hamburg. So war bisher eine gute
Verlinkung einer Website einer der
wichtigsten Faktoren für deren Ranking in den Suchergebnissen. Diese
Funktion werden dem Experten zufolge
künftig soziale Empfehlungen – also
Facebook-Likes oder Google-Plus-Ones
04/2013 www.acquisa.de
14_
15
– über­nehmen. »Marketer müssen die
Such­maschinenoptimierung neu denken«, ist sich der Performance-Spezialist ­sicher. Selbst wenn die Kundenbasis ­bröckelte, konnte sich ein Unter­
nehmen bisher in den Suchergebnissen
stets gut positionieren. Dies könnte sich
nun ändern. Siekmann sagt: »Advertiser
müssen sich den sozialen Medien öffnen, weil sie sonst zum ersten Mal ­einen
direkt sichtbaren monetären Nachteil
haben, wenn die eigene Community
untreu wird.« Bisher hatte Search die
Hoheit über die Kaufabsichten und Social ­Media die Hoheit über Zielgruppen­
profile. Siekmann rechnet damit, dass
Facebook eher in der Lage ist, auch
Kaufabsichten einzubinden, als dass
Google Zielgruppenprofile abbilden
könnte. »Social Media ist im Vertrieb angekommen«, sagt Siekmann.
Perspektiven der Graph Search
Für Aufsehen sorgte Anfang dieses
Jahres der Start von »Graph Search«
in den USA. Dabei handelt es sich um
eine Suchmöglichkeit auf Facebook,
bei der nach Verknüpfungen zwischen
Menschen gesucht werden kann – über
Orte, Fotos oder gemeinsame Interessen. So kann ein Facebook-Nutzer
beispiels­weise in seinem Freundeskreis
nach jenen Menschen suchen, die gern
Volleyball spielen oder Leute in seiner
Heimatstadt finden, die den gleichen
Musikgeschmack haben. Alle Informationen, die öffentlich oder im Freundeskreis geteilt wurden, können einfließen. Somit sind die Suchergebnisse für
jeden Nutzer höchst individuell.
Aus Suchmaschinen-Werber-Sicht ist
die Graph Search allerdings noch nicht
relevant. Sie ist bisher ohnehin nur für
wenige ausgewählte Beta-Tester in den
USA freigeschaltet. Dass die Such­option
auch in Deutschland etabliert wird, gilt
als sehr wahrscheinlich. Aber auch [ …
Titelthema _ Search
»Likes werden
die Links ersetzen.«
Erik Siekmann, Geschäftsführer
Digital Forward, Hamburg
und Dienstleister könnten das ausnutzen und müssten Möglichkeiten finden,
sich so zu platzieren, dass ihre Ziel­
gruppe mit ihrem Content inter­agiert.
»Die Graph Search bietet die Chance,
zusätzlichen Traffic zu generieren, der
wahrscheinlich viel stärker konvertiert,
weil er aus persönlichen Empfehlungen
entstanden ist«, so der Experte.
dann sehen einige Marktbeobachter ihr
Potenzial als Werbeplattform skeptisch.
»Die Graph Search liefert nur Informationen, die bereits mit dem Suchenden
geteilt wurden. Neue Kunden lassen
sich für Unternehmen so nicht plötzlich ­f inden«, sagt Maik Bruns, Berater
für SEO und Social Media bei Bloofusion
in Emsdetten. Bisher gibt es auch keine
Anzeichen dafür, dass sich Facebook
­seine Suche mit einer Art Keyword-Advertising versilbern lässt.
Das Potenzial offenbart die neue ­soziale
Suche also nicht im Bereich der bezahlten Werbung. Der Benefit für Unternehmen dürfte vielmehr im Bereich
der Social Media liegen, in der Analyse
der Informationen, die mit anderen
geteilt wurden. »Transaktionsorientierte ­Suche, wie auch die Suche nach
Restaurants oder Produkten wird Facebook aber stark beeinflussen«, sagt
Marcus Tober, Gründer und CTO von
Search­metrics in Berlin. So würden User
­großen Wert auf die Meinungen anderer legen, insbesondere von Freunden.
»Die Likes werden demzufolge zu Facebooks Pagerank«, sagt Tober. Händler
16_
17
Paradigmenwechsel im SEO
Mit seiner Rankingfaktorstudie 2012
hatte Searchmetrics gezeigt, dass SocialMedia-Signale mit guten Platzierungen
auf Googles Suchergebnisseiten korrelieren. Insbesondere Shares und Likes auf
Facebook zeigten den Analysen zufolge
einen positiven Einfluss auf das GoogleRanking. »Die klassische SEO hat in der
Form, wie wir es jahrelang kannten,
ausgedient«, sagt Tober. Unternehmen
müssten nun auch berücksichtigen, wie
das Produkt beim User ankommt, wie
zufrieden er damit sei und ob er es weiterempfehlen würde. Die zunehmende
Redundanz von Informationen und Produkten führe dazu, dass Suchmaschinen
nicht umhin kommen, auch User beziehungsweise soziale Signale einzubeziehen. Die Analyse von User- und Social
Sig­nals sollten Tober zufolge daher in
das SEO-Pflichtprogramm aufgenommen werden. Aus Sicht von Bruns wird
bei dieser Diskussion jedoch häufig vernachlässigt, dass nur die wenigsten Likes
und Shares ­öffentlich sind. Das allermeis­
te spielt sich im geschlossenen FacebookUniversum ab. »Wir können keinen Einfluss von Facebook Shares oder Likes auf
das Google-Ranking feststellen. Vielmehr
ist es so, dass es auf die Qualität des Inhalts ankommt. Ist die Qualität hoch,
wird ein Inhalt bei Google gut gerankt
und wahrscheinlich auch gern mit anderen geteilt«, erläutert Bruns, der die aktuelle Diskussion um einen Paradigmenwechsel im SEO für etwas übertrieben
hält. Das wichtigste Ranking-Kriterium
seien nach wie vor ebenso relevante wie
einzigartige Inhalte.
Bei der strategischen Online-Beratung
TRG in Hamburg beobachtet man aber
seit geraumer Zeit, dass Google nicht
mehr allein auf harte Fakten wie Links,
Überschriften oder Inhalte abstellt. Immer öfter werden auch weiche Faktoren
wie die Clickthrough-Rate (CTR) oder
die Bouncerate (Klicken und sofortiges
Zurück-Klicken) für das Ranking berücksichtigt. »Mit Social Media lassen sich
diese weichen Faktoren beeinflussen,
indem man Traffic von den sozialen
Netzwerken auf die klassische Website
bringt« erläutert Björn Tantau, Head of
Social Media bei TRG. Bei empfohlenen
Inhalten sei die Verweildauer auf der Seite höher. Dies wiederum spreche für relevanten Content und werde von Google
im Ranking honoriert. »Mit Social Media wird man in den Trefferlisten nicht
von Platz zehn auf Platz eins rutschen,
eher von zehn auf acht«, so ­Tantau. Aus
Sicht des Social-Media-Experten gibt
es neben dem Einfluss auf weiche Faktoren auch direkte Wirkungen der sozialen Medien. »Wird eine Google-PlusUnternehmensseite verifiziert, mit der
Homepage richtig verknüpft und mit
guten Inhalten gefüllt, wirkt sich dies
nach unseren Beobachtungen positiv
»Die klassische SEO hat
in der Form, wie wir
es jahrelang kannten,
ausgedient.«
Marcus Tober, Gründer und CTO
Searchmetrics, Berlin
www.acquisa.de 04/2013
p
stUDIE Google Plus immer wichtiger
Eine aktuelle Big-Data-Studie von Searchmetrics hat das Wachstum der sozialen Netzwerke Google Plus und Facebook untersucht. Ein Aspekt waren die Auswirkungen auf SEO.
Trotz des rasanten Aufstiegs von Google Plus, ist Facebook im Social
Web die Nummer eins. Auf Google Plus sind der Searchmetrics-Analyse
zufolge nur knapp 25 Prozent der rund 500 Millionen Nutzer aktiv. Das
heißt, nur jeder vierte hat dort jemals etwas gepostet. Facebook zählt
eine Milliarde Nutzer weltweit. Hier liegt die Quote der aktiven Nutzer
bei rund 67 Prozent. Auch absolute Zahlen vom Dezember 2012 ver­
deutlichen das Kräfteverhältnis: Der Searchmetrics-Studie zufolge gab
es in jenem Monat rund 400 Millionen Plus-Ones in ganz Deutschland.
Dem gegenüber stehen rund 32,5 Milliarden Shares und Likes auf Fa­
cebook im selben Zeitraum. Zum Vergleich: Das sind im Verhältnis 81
mal mehr Shares nd Likes als Plus-Ones. Waren Anfang letzten Jahres
aus Social Media Sicht noch die Daten für Facebook Shares, Likes
auf das Google-Ranking der verknüpften Website aus«, so Tantau.
SEA wird umgekrempelt
Während die Suchmaschinenoptimierung durch Social Media kräftig durcheinander gewirbelt wird, steckt auch das
Keyword-Advertising in großen Veränderungen. Hier ist jedoch Google selbst die
treibende Kraft. Mit der Zwangsumstellung auf »Enhanced Campaigns« wird
momentan das Suchmaschinen-Advertising generalüberholt. Früher mussten
Kampagnen für Mobile, Tablet und Desktop-Nutzer separat aufgesetzt werden.
Mit den »erweiterten Kampag­nen« entfällt dies nun. Einerseits wird die Kampagnensteuerung vereinfacht, denn es
muss nur noch eine Kampagne bespielt
werden. Andererseits sind Mobile-OnlyKampagnen nun nicht mehr möglich,
auch explizit fürs Tablet optimierte Kampagnen gehören der Vergangenheit an.
Laut Stefan Gaitzsch, Teamleiter SEA
bei Eprofessional in Hamburg, ist einer
der großen Vorteile der erweiterten
Kampag­nen, dass Marketer Gebote auf
Orte und Zeiten jetzt viel einfacher anpassen können. »Problematisch ist hingegen, dass eine Budget-Trennung [ …
04/2013 www.acquisa.de
und Kommentaren als Rankingfaktor für klassische Suchergebisse
dominant, werden den Analysten zufolge im Jahr 2013 Google PlusSignale immer wichtiger. Ein wichtiger Grund dafür sei, dass Google
zunehmend Daten aus seinem eigenen Social Graph für das Ranking
heranziehe. Ein nicht zu vernachlässigender Faktor ist demnach auch
die von Google eingeführte Autorenintegration (Authorrank). Dabei wird
das Profilbild und der Autorennamen in der Anzeige des Suchergeb­
nisses eingeblendet; sie rankt in der Regel weiter oben. Auch zeigen
erste Auswertungen der Berliner Analysten, dass Seiten mit Autorenin­
tegration im Durchschnitt deutlich besser performen als Seiten ohne
eine solche Integration.
Das Fazit der Analysten: Klassisches SEO bleibt Pflicht, Social Media
die Kür. Aber der Einfluss von Social-Media-Signalen werde zum einen
als Rankingfaktor und zum anderen als Generator für direkten Traffic
weiter zunehmen. Den Prognosen der Analysten zufolge wird Google
Plus hierbei künftig eine entscheidende Rolle spielen.
Titelthema _ Search
zwischen Mobile und Desktop nun
nicht mehr möglich ist«, sagt der Experte. So haben viele SEA-Kunden in der
Regel getrennte Geld-Töpfe, um Mobilesowie Desktop-Kampagnen zu finanzieGeben Sie hier Ihre Suchbegriffe ein
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Direktmarketing
Aktuelle News und Hintergründe aus dem Bereich
Direktmarketing finden Sie auch auf unserer
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> www.acquisa.de
ren. Googles Hoffnung: Wer einmal ­eine
Kampagne aufgesetzt hat, lässt sie auch
für mobile Endgeräte ausliefern. Und
steigender Werbedruck verspricht steigende Klickpreise. Bisher waren ­diese
für Mobile deutlich niedriger als für den
Desktop-Bereich.
Schon vor dem Jahr 2012 war zu beobachten, dass sich der durchschnittliche
p
Mobile-Search
Allgemeines. Die 20 Millionen-NutzerGrenze ist geknackt: Laut der Arbeitsgemein­
schaft Online Forschung ist jeder dritte Deut­
sche im mobilen Netz unterwegs. Damit hat
sich die Anzahl der mobilen Internetnutzer in
Deutschland seit 2010 nahezu verdoppelt.
Im Kaufprozess spielen mobile Technolo­
gien eine immer größere Rolle. Laut einer
aktuellen Ebay-Studie legen 60 Prozent der
Verbraucher vor dem Kauf eines Produktes
Wert darauf, sich gezielt mobil informieren zu
können. Mit zunehmender Smartphone-Ver­
breitung und Mobile-Nutzung steigt auch die
Zahl der mobilen Suchanfragen. Laut einer
Untersuchung des Agenturnetzwerkes Vivaki
werden Suchmaschinen von zwei Dritteln der
Smartphone-Besitzer mindestens einmal wö­
chentlich genutzt.
Insgesamt ist das Suchmaschinen-Advertising komplexer geworden, es eröffnet Marketing und Vertrieb aber auch
immer neue Möglichkeiten. Ein gutes
Beispiel sind die sogenannten Communication Ad Extensions. Dabei werden
die Google Adwords-Anzeigen um ein
Eingabefeld erweitert. Dort können
Nutzer beispielsweise direkt ihre E-MailAdresse eingeben und einen ­S ervice
abonnieren, ohne die eigentliche Zielseite zu besuchen. In Deutschland befindet sich die Funktion in der Betaphase,
Reiseportale und Versicherungen gehörten zu den ersten Testern.
Rückruf in Suchwortanzeigen
Laut Harald Zimmer, Consultant bei der
TRG, sind diese Adwords-Erweiterungen
für Marketer äußerst interessant, weil
sie den Nutzer sofort abholen und zum
Interagieren einladen. In den USA lassen sich sogar Telefon-Rückrufe in den
dIE HERAUSFORDERUNGEN FÜR DAS MARKETING STEIGEN
Die mobile Suche boomt. Doch die unru­hi­ge
Nutzungssituation und die be­schränkten
Darstellungsmöglichkeiten stellen besondere Anforderungen an die Marketer.
p
CPC auf dem Sinkflug befand. »Obwohl
die Preise im letzten Quartal wieder ein
bisschen teurer wurden, liegt der Preis
noch immer unter dem Durchschnitt
der Vorjahre. Das wird allerdings nicht
so bleiben«, sagt Tober. Mittel- bis langfristig erwartet der Marktbeobachter, dass
sich Unternehmen zunehmend mehr
Traffic kaufen müssen. Dass die Entwicklung in diese Richtung geht, zeigt bereits
die Umstellung von ­Google Shopping
auf das kostenpflichtige Bezahlmodell
mit den Product Listing Ads (PLA). Viele
Shop-Anbieter müssen nun den entfallenen kostenfreien T­raffic über PLAs einkaufen. Die Anzeigen sind auffällig platziert, meist im oberen Drittel rechts, mit
Bild, Kurzinfo und Preisangabe. »Das ist
die relevanteste Produktsuche im Web«,
sagt Gaitzsch. Und sie konvertiert prächtig. Dem SEA-Chef zufolge liegen die
Conversionrates der PLA im NonbrandBereich rund 20 Prozent höher als bei
normalen Suchanzeigen.
p
Besonderheiten SEA. Über die mobile
Suche lassen sich vor allem günstige Pro­
dukte gut vermarkten, zum Beispiel Musik­
downloads. Aber auch regionale Angebote
sind gefragt. Etwa 40 Prozent aller mobilen
Suchanfragen haben einen lokalen Bezug.
Anzeigentexte und Call-to-Action-Elemente
müssen Smartphone-typisch gewählt werden,
beispielsweise auf eine Filialsuche verlinken
oder eine Telefonnummer anbieten. Der Wett­
bewerb ist bei der mobilen Suchreklame aller­
dings härter: So gibt es bei Google Mobile nur
fünf Anzeigenplätze (zwei oben, drei unten),
während für Desktop-Anzeigen zehn Positionen
zur Verfügung stehen. Die Kampagnenbuchung
für Mobile hat sich kürzlich vereinfacht. Eine
Kampagne muss lediglich einmalig aufgesetzt
werden und kann dann auf verschiedenen End­
geräten ausgespielt werden.
p Besonderheiten SEO. Die limitierte Dar­
stellungsgröße auf dem Smartphone-Display
und die vorrangige Unterwegsnutzung des
mobilen Webs machen es notwendig, speziell
für Mobile optimierte Websites anzubieten.
Für das Ausspielen der Seite gibt es zwei
Möglichkeiten: Entweder ein mobiler Nutzer
bekommt stets nur die für Mobile optimierte
Website angezeigt oder man überlässt ihm
die Wahl, ob er die klassische oder die mobi­
le Version sehen möchte. Eine mobile Web­
site ist jedoch keine Garantie für eine gute
Sichtbarkeit in mobilen Suchergebnissen.
Denn im Gegensatz zu Desktop-Websites
sind mobile Websites oft schlecht verlinkt –
und das ist ein wichtiges Kriterium für das
Google-Ranking.
Für lokale Anbieter ist entscheidend, die mo­
bile Website mit stringenten Adress- und Kon­
taktangaben zu versehen. Außerdem sollte
ein Google Plus-Local-Eintrag erstellt werden
und die Seite in Adressverzeichnissen einge­
tragen und verlinkt werden. Auch im mobilen
Web ist Google der Platzhirsch: Einen Markt­
anteil von 95 Prozent bescheinigen die Ana­
lysten von Comscore dem Internetgiganten.
www.acquisa.de 04/2013
»Die Performance von
SEA ist nach wie vor
unschlagbar gut«
René Körting, Geschäftsführender
Gesellschafter , Exelution, München
Exelution. Für ihn sind es oft auch die
kleinen Änderungen von Google, welche eine besonders positive Wirkung
entfalten. Neben den PLA sind für den
Experten das Remarketing im Searchbereich und das Interessen-Targeting
im ­Google ­Display-Netzwerk die vielver­
sprechensten Neuerungen im SEA-Sektor. Remarketing ermöglicht es, beim
exakt gleichen Suchwort unterschiedlich zu bieten – je nachdem, ob der
Suchende die Website zum ersten oder
zum wiederholten Mal besucht. Und im
Display-Netzwerk können die Anzeigen
auch an Nutzern mit ähnlichen Interessen ausgespielt werden. »Mittelfristig
gibt es für das Suchmaschinen-Advertising keine Alternative zu Google, lediglich Ergänzungen«, so Körting.
Für die Zukunft der Suchmaschinen­
optimierung dürften auf absehbarer
Zeit noch die alten Grundregeln gelten: Gute
Inhalte und eine saubere technische Umsetzung der Seite. Doch ­harte Faktoren machen
laut Tantau heute nur noch rund 70 Prozent
aus: »Die restlichen 30 Prozent werden mit
weichen Faktoren gefüllt, die von Social Media direkt oder indirekt beeinflusst werden.«
Social Media Marketing wird das bisherige
SEO nicht überflüssig machen, da sind sich
die Marktbeobachter einig. Aber es ist klar:
Social Media wird zum wichtigen ­Element,
um eine Marke im Suchergebnis zu präsentieren. »Der Mehrwert des Contents oder
Produkts muss im Vordergrund stehen und
dieser Ansatz führt SEO und ­Social Media
zusammen«, sagt Search­metrics CTO Tober.
Ging es im klassischen SEO darum, mit originellem Content möglichst viele Links zu
bekommen, würden künftig auch die User
einbezogen.
•]
redakt­­­[email protected] Suchwortanzeigen vereinbaren. »Hierzulande gibt es zwei Heraus­forderungen
– die Technik und den Datenschutz«,
sagt Zimmer. So muss der Advertiser
in der Lage sein, die von Google gelieferten Kontakte effizient in sein Newsletter-System zu übertragen, um diese
weiter zu verarbeiten. Auch rechtlich
ist eine Nutzung des Anzeigeformats
anspruchsvoll. So sollte in einem ersten
Schritt das Double-Opt-In-Verfahren
gestartet werden. In der Adwords-Anzeige selbst ist dies nicht möglich. Für
Werbungtreibende ist die Erweiterung
kostenfrei, sie zahlen lediglich den normalen Klickpreis, sobald der Nutzer die
Anzeige anklickt oder Daten eingibt.
»Die Performance von Suchmaschinen-Advertising ist nach wie vor unschlagbar gut« sagt René Körting, Geschäftsführender Gesellschafter der
Münchner Online-Marketing-Beratung
18_
19
mehr Käufer
mehr Gewinn
mehr Leistung
mehr Sicherheit
websale.de/mehr
Titelthema _ Interview
»Social Search ist Feintuning«
Firmen müssen sich mit Social Search beschäftigen, aber Grund zur Panik besteht nicht.
Das sagt Andre Alpar, Partner beim SEO-Dienstleister Akm3. Wer gute Geschichten erzähle,
die die Zielgruppe begeistern, und Social Media intelligent nutze, könne nur gewinnen.
Interview _ Christoph Pause
acquisa: Herr Alpar, was meint das
neue Zauberwort Social Search?
Andre Alpar: Hier gibt es zwei Themen­
bereiche, die in Zukunft absehbar wich­
tig werden: Zum einen die Individuali­
sierung der Suchergebnisse bei Google,
abgestimmt auf einzelne Personen, vor
allem auf Basis der Daten aus Google+.
Das andere ist Facebook mit seiner
­Graph Search.
acquisa: Wie sehen solch individualisierte Suchergebnisse denn aus?
Alpar: Die Idee dahinter ist: Wenn sich
bei Google+ zwei Personen verbinden,
dann teilen sie Interessen oder eine be­
stimmte Sicht auf die Welt. In jedem Fall
haben sie etwas gemeinsam. Wenn nun
einer der beiden eine Website, ein Ange­
bot oder sonst etwas mit einem +1 mar­
kiert und damit empfiehlt, taucht diese
Empfehlung bei einer entsprechenden
Suche des anderen und aller mit der Per­
son verbundenen Menschen priorisiert
in den Suchergebnissen auf. Das passiert,
weil Google davon ausgeht, dass diese
Website, dieses Angebot für den anderen
von besonderem Wert sein könnte.
acquisa: Die Verlinkung ist nicht mehr
das entscheidende Kriterium?
Alpar: Das völlig Neue bei Google, das,
was Google so erfolgreich gemacht hat,
war damals die Idee, die Links als Aus­
wahlkriterium zu nehmen. Ein Link, so
Google, ist eine Empfehlung. Je mehr
Links, desto mehr Empfehlungen, des­­
to relevanter. Aber: Wer von all den
Menschen, die das Internet und Google
nutzen, setzt schon Links? Auch heute
noch sind das nur wenige Prozent der
Internetnutzer. Grob gesagt etwa zwei
20
»Es wird darum gehen, spannende und
interessante Geschichten zu erzählen.«
Andre Alpar, Partner bei Akm3, Berlin
Prozent der Bevölkerung, und die sind
eher jung, männlich und gut ausge­
bildet. Diese vergleichsweise wenigen
Menschen bestimmen also die Reihen­
folge der Suchergebnisse bei Google.
Sie stellen aber mitnichten einen reprä­
sentativen Durchschnitt dar. Deshalb
sucht Google eine Ergänzung zum Link.
Für Google ist das die Empfehlung via
+1. Dahinter steckt die Hoffnung, dass
mehr Menschen solch explizite Empfeh­
lungen geben als Links zu setzen.
acquisa: Die Zahl der Google+-Nutzer
ist aber eher überschaubar.
Alpar: Sicher, Google+ ist – Stand heu­
te – ein Minderheitenportal, deshalb
hat Google Dienste wie Picasa, Youtube
und andere mit +1 ausgestattet. Dazu
kommen die E-Mails, über die Google
auch erkennen kann, wer mit wem ver­
bunden ist. Über E-Mails kann Google
auslesen, wer wen kennt, um basierend
darauf Suchergebnisse zu präsentieren.
Denn auch der +1-Button wird natürlich
nicht von allen genutzt, auch wenn Goo­
gle das massiv pusht. Was passiert also,
wenn jemand die Empfehlung nicht
nutzt? Nehmen wir an, Sie und ich woh­
nen beide in Berlin und sind auf Goo­
www.acquisa.de 04/2013
gle+ verbunden. Ich besuche zwei Mal
innerhalb einiger Wochen die Website
eines Zahnarztes, gebe aber keine Emp­
fehlung. Kurz danach suchen Sie bei
Google nach einem Zahnarzt in Berlin.
Dann erscheint der, auf dessen Seite ich
zwei Mal war, in Ihren Such­ergebnissen
weit oben. Weil Google davon ausgeht,
dass ein Dentist, der mir zusagt, auch
etwas für Sie sein könnte, eben weil
wir zumindest virtuell verbunden sind.
Google versucht, für jeden Nutzer indi­
viduell eine Lichtung in den Wald der
Angebote zu schlagen und die Möglich­
keiten zu filtern. Basis muss dabei nicht
immer eine explizite Empfehlung sein,
es kann auch eine weichere sein. Google
wird seine Suche dahingehend immer
weiter verfeinern.
meine Freunde kenne, kann ich verste­
hen, warum sie die Hotels wie bewertet
haben.
acquisa: Das wäre das Ende der objektiven Suchergebnisse bei Google.
Alpar: Objektive Suchergebnisse sind
sowieso eine Chimäre. Menschen sind
immer bestrebt, ihre kognitive Disso­
nanz zu minimieren. Ein konservati­
ver Mensch liest eher die »FAZ« als die
»taz«, weil jene seinem Wertekanon ent­
spricht und er sich bei der taz immer so
aufregen muss. Menschen konsumieren
bevorzugt solche Medien, die ihren Wer­
tekanon teilen. Das Internet, das jedem
alles angeboten hat, hatte unserer über­
kommenen Mediennutzung komplett
widersprochen. Google will das ändern,
objektive Suchergebnisse waren nie das
Ziel. Ziel war es immer, das für den Su­
cher individuell bestmögliche Ergebnis
zu liefern, das Ergebnis, das zu seinem
Profil am besten passt.
»es geht darum, spannende geschichten zu erzählen,
die traffic auf die website bringen und social signals
wie likes, +1 und links anziehen.«
acquisa: Facebook will Google Wettbewerb bieten mit Graph Search.
Alpar: Graph Search wird Suchen er­
möglichen, die vorher nicht möglich
waren. Google hat ja immer den An­
spruch auf Vollständigkeit, zu Recht.
Individualisiert zwar, aber vollständig.
Doch das erschlägt den Nutzer, wenn er
Waschmaschine eingibt und hundert­
tausend Treffer angezeigt bekommt.
Bei Facebooks Suche nun kann ich mir
zum Beispiel Hotels in, sagen wir, New
York anschauen, in die Freunde von
mir eingecheckt haben. Und weil ich
04/2013 www.acquisa.de
acquisa: Wird Facebook damit zum
Such-Konkurrent von Google?
Alpar: Wer schreibt auf Google schon
eine Anfrage wie »Welche Musik, die
ich nicht kenne, ist gut und könnte mir
gefallen?« Die wäre völlig unnütz. Auf
Facebook aber kann man dank Graph
Search genau diese Art Suche durch­
führen: Welche Musik haben meine
Freunde gehört? Graph Search wird
mit Google konkurrieren, aber eigent­
lich gerade für die Anwendungsfälle
sinnvoll werden, die mit Google nicht
machbar sind. Zum Beispiel: Ich sitze
in Berlin-Kreuzberg, im Umkreis von
einem Kilometer gibt es geschätzt meh­
rere Dutzend Restaurants. Bei Facebook
kann ich gezielt nach Restaurants su­
chen, in denen meine Freunde schon
waren. Das erleichtert die Sache.
acquisa: Irgendwie auch beängstigend,
dass alles gefunden werden kann.
Alpar: Ja, im Moment experimentieren
einige damit, was mit Graph Search al­
les möglich ist. In Berlin zum Beispiel
hat jemand Singles aus Berlin gesucht,
die noch nicht seine Facebook-Freunde
sind und die App »Bang your friends«
nutzen, also offen zu sein scheinen für
»Unverbindliche Kontakte« mit aufge­
schlossenen Unbekannten. Das ist na­
türlich grenzwertig. Es ist fraglich, ob
Facebook tatsächlich solche Art der Su­
che dauerhaft zulassen wird.
acquisa: Was heißt das Ganze für Firmen, die viel Geld in SEO stecken?
Alpar: Wir sprechen über Dinge, die
in zwei, drei, vielleicht fünf Jahren
aktuell werden. Google liefert ja heute
schon sehr gute Ergebnisse, die auch
individuelle Interessen widerspiegeln.
Social Search ist und wird mehr ein
Tuning in den letzten 5-15 Prozent, um
die Ergebnisse noch besser zu machen.
Zudem hängt es auch davon ab, ob der
Nutzer zu einem Thema sucht, das nur
punktuell wichtig ist, sagen wir nach
einem Elektriker. Oder er sucht zu
einem Thema, das ihn im Beruf oder
privat stark interessiert. Bei solchen
Themen sind die Ergebnisse bei Google
schon heute sehr stark individualisiert.
In Zukunft kriegt man dann vielleicht
acht statt zehn Ergebnisse, und zwei
davon beruhen auf den Social-Funkti­
onen. Es besteht also kein Grund zur
Panik. Dennoch sollten sich Unter­
nehmen vorbereiten und Facebook und
Google+ als Medien nutzen, um News
herauszubringen. Kundendialog und
PR sollten auch über diese Netzwerke
laufen.
acquisa: Also mehr Social-Media-Engagement als Gewinnspiele?
Alpar: Auf jeden Fall! Interessante und
spannende Geschichten erzählen, da­
rum wird es gehen. In zwei bis drei Jah­
ren werden Marketing, PR und SEO en­
ger zusammenwachsen. Heute ist SEO
technisch und immer noch eher etwas
für Nerds, die am Quelltext herumfum­
meln und kaum jemand weiß, warum
und mit welchen Folgen. Das ist zwar
besser geworden in den letzten Jahren,
aber stimmt dennoch weitgehend. In
Zukunft wird diese Arbeit wieder zu­
sammenwachsen mit klassischem Mar­
keting und PR. Unternehmen müssen
Geschichten erzählen, die Traffic auf
die Website bringen und Social Signals
anziehen wie Likes, +1 und Links.
•]
[email protected] p Lesen Sie das ganze Interview auf
www.acquisa.de
21
werkstatt
Kleiner Gruß aus der Küche
Laufend stößt man auf Irradiation, die Ausstrahlung eines Merkmals auf die Wahrnehmung
der übrigen Merkmale eines Angebots. Und doch wird von Unternehmen unterschätzt, wie sehr
vermeintlich unwichtige Details den Gesamteindruck ihres Angebots beim Kunden prägen.
Text _ Antje Terhaag
Wenn man einmal von der Küche
absieht, was macht ein Restaurant
erfolgreich? Diese Frage stelle ich mir
immer wieder angesichts des gastronomischen Wandels in unserem Stadtteil.
Ein Laden lief sehr gut, ehe der Betreiber umzog. Danach gab es Wechsel
quasi im Quartalsrhythmus und man
musste den Standort schon fast als verbrannt abschreiben. Dann ein erneuter Wechsel, und seit dem ersten Tag
von wenigen Jahren ist das Restaurant
zu jeder Tageszeit brechend voll. Man
kann nicht einmal reservieren, wer
abends nicht bis 18 Uhr 30 einen Tisch
in Beschlag genommen hat, wartet mit
einem Glas in der Hand, bis etwas frei
wird. Hier lag die Sache einfach: Hervorragende Küche, moderate Preise und ein
Inhaber, dem sein Ruf bereits voraus22
eilte. Ein Bistro/Cafe ist seit Ewigkeiten
bestens frequentiert, obwohl die einschlägigen Gastroführer und die eigene
Erfahrung vor Service und Küche warnen. Dafür haben andere Restaurants
– egal aus welcher Preisklasse – nicht
einmal einen Anfangsachtungserfolg
zu verzeichnen, obwohl Ambiente wie
Küche ambitioniert an den Start gehen.
p Die Ausgangslage
»Adrian will »das Prinzinger« wieder
zur TOP-Adresse in Düsseldorf Oberkassel machen.« Das würde ich ihm und
uns gönnen. In der Tat war das Prinzinger eine Institution, dann, so war zu
hören, habe sich der Koch selbstständig
gemacht und die Brauerei die Pacht
erhöht. Leerstand, Pächterwechsel,
Umgestaltungen, jede Neueröffnung
verwirrte den Besucher und machten
das Prinzinger nicht mehr zum Anlaufpunkt. Jetzt hat Adrian den Kochlöffel
in der Hand. Ich kenne Adrian nicht,
vermute aber, dass die Küche bei
meinem letzten Besuch dort bereits
unter seiner Ägide stand. Am Essen war
auch nichts auszusetzen, die Bedienung
war nett. Dennoch bin ich skeptisch,
und im Gegensatz zu meinen Spekulationen bei den anderen Restaurants in
der Nähe, nähren Indizien diese Skepsis.
Es war wenig zu tun bei meinem
besagten Besuch, daher hatte ich freie
Sicht auf die Speisekarten, die halb aufgeklappt auf allen Tischen standen. Erst
war ich nur etwas irritiert, dann sah ich
es: In etwa fünf Zentimeter hohen Lettern prangte »Prinziger« vorne auf den
Karten. Ich fragte die Bedienung, ob
es nicht sinnvoller gewesen wäre, den
Namen bei der Neueröffnung ­radikal
zu ändern, statt nur einen Buchstaben
wegzulassen. Das sei ein Fehler der
Druckerei gewesen, antwortete sie mir,
andere Gäste hätten das auch schon festgestellt. Man bekäme neue Karten.
Ganz ehrlich: Würden Sie Speisekarten
aufstellen, auf denen Ihr eigener Name
fett falsch geschrieben ist? Mal abgesehen davon, dass man so einen Fehler
schwerlich auf den Drucker schieben
kann: Es gibt dicke gold-, silber- oder
neonfarbene Lackstifte, mit denen man
kurzfristig (immerhin war Karneval) ein
handschriftliches »n« prominent hätte
ergänzen können. Oder man legt die
eine Innenseite mit den Speisen einfach
ohne den »Umkarton« auf den Tisch.
Oder lässt die gefühlte Menge von 20
Karten in Windeseile nachdrucken. Ich
hatte an dieser Stelle den Eindruck, es
www.acquisa.de 04/2013
könnte schneller einen neuen Pächter
als neue Karten geben.
Dann landete ein Mailing in unserem
Briefkasten. Das empfand ich als grundsätzlich sympathische Idee, zumal noch
keinem der neu eröffneten Lokale in
den Sinn gekommen war, einfach mal
die Nachbarn einzuladen. Aber was
mir gleich wieder den Atem verschlug:
Das »N« ist zurück, dafür musste jetzt
das »G« dran glauben. »das Prinzinaer« verschwindet im Anschreiben
hinter einem nicht freigestellten »das
Bistrorante«, und das, obwohl im Flyer
»das Prinzinger« im Logo korrekt vor
»das Bistrorante« gestellt ist.
»Sehr geehrte Damen und Herren, liebe
Nachbarn, das Prinzinger lädt Sie ein,
damit wir uns als Nachbarn kennenlernen. Nach einigen Anlaufproblemen
können wir Sie jetzt erfreuen.« Das ist
natürlich entwaffnend ehrlich, aber es
sagt dennoch: Wir können es nicht so
ganz. Ich bin mir nicht sicher, ob man
als Gastronom gut daran tut, Schwierigkeiten so offensiv in die Welt zu
posaunen. »Als sich für Adrian die Möglichkeit, das Prinzinger zu übernehmen, bot, griff er sofort zu. Er wusste
welches Potenzial hier schlummert.
Sofort suchte er Partner und tat sich
mit GASTRO Innovationen( GI) zusammen. Mit Sterne-Koch W. Behrens von
GastroInnovation (GI) wird nun das
neue Speiseangebot entwickelt – im
laufenden Betrieb, step by step!« Fast
möchte man Adrian zurufen: »Hättest Du Dir mal einen Partner für Text
und Interpunktion gesucht!« Stattdessen hat der In­haber ohne Nachnamen
einen Sternekoch ohne Vornamen an
­seiner Seite, und man will das Profil des
Restaurants im laufenden Betrieb ent­
wickeln: »Unsere Speisekarte ist bewusst
klein und abwechslungsreich gehalten.
So wollen wir uns am Geschmack und
den Wünschen unserer Gäste orientieren.« Von einem Restaurant, das gut
und frisch kocht, erwartet man per se
eine kleine und laufend wechselnde
Karte. Dass dies nun derart expliziert
wird, drückt eher Planlosigkeit aus –
wir kochen alles, was sich verkaufen
lässt und springen auf jeden fahrenden
Zug: Vegan, aus dem Wok, Kaffee und
04/2013 www.acquisa.de
(Dinkel-)kuchen, Sonntagsbrunch, Mittagstisch, Feierlichkeiten, Abendkarte
– man bekommt alles, nur kein Profil.
Und die Beratung durch einen Sternekoch ist, das wissen wir aus dem Fern­
sehen, der allerletzte Strohhalm. Dass
sich ein Koch konzeptionelle Unterstützung holt ist gut und sinnvoll, aber
sollte er mit dieser Information hausieren gehen, statt einfach mit einer klaren Idee anzutreten und sich mit aller
Kraft dafür einzusetzen, dass diese sich
auch durchsetzt? Wenn der Name der
Beratung im Flyer stärker hervorgehoben wird als der des Restaurants, sollten
die Alarmglocken schrillen.
Der Flyer selbst ist alles andere als aufgeräumt und klar und gemahnt verdächtig
an die Internetseite von GASTRO Innovationen. Betrachten Sie die Fotos, die
einem Frühstück, Nachmittags­kaffee
und all die anderen Köstlichkeiten
schmackhaft machen sollen: Zumindest
bei den Bildern auf der rechten Seite des
Flyers wird mit Agenturbildern gearbeitet. In der Mitte sieht man tatsächlich
die Fassade und den Betreiber des Prinzinger, aber die genießend abgebildeten
Gäste hat man nicht im Prinzinger aufgenommen. Auf der Internetseite ist
dies noch deutlicher zu sehen. Gepaart
mit den in den Flyer integrierten Anzeigen für die Geschäfte in der Nachbarschaft gibt es mir das Gefühl: Ein Budget für Speisekarten oder Bilder vom
eigenen Lokal gibt’s nicht. Das könnte
aber durch Kreativität mehr als wettgemacht werden: Eine kopierte Speise-
karte und zwei charmante handschriftliche Sätze für die Nachbarn, fertig. Eine
kleine, aber bestimmte Speisenauswahl.
Und Liebe zum Detail: Besser eine große
Schiefertafel als Speisekarten mit falsch
geschriebenem Namen. Und gerne ein
Mann, der mit vollständigem Namen für
seine Sache steht.
p Der Expertenrat
1. Kümmern Sie sich um jedes Detail, das
Kunden gegenüber in Erscheinung tritt.
Auch wenn es nichts mit dem tatsächlichen Angebot zu tun hat, kann es über
den Erfolg entscheiden.
2. Überlegen Sie gut, welche Wirkung die
Verlautbarung von Interna haben kann.
3. Eine klare Positionierung macht Kunden und Anbietern das Leben leichter.
[email protected] •]
Die Expertin
Antje Terhaag, M.A.
berät und trainiert Unternehmen rund um das
Thema Präsentation und
Präsentieren. Schwerpunkte sind dabei Angebots- und Wettbewerbspräsentationen.
p
www.terhaag.com
23
Direktmarketing & Service _ Mailingtage 2013
Aus der Praxis für die Praxis
Zur Fortbildung abseits des Messetrubels erfreuen sich die Mailingtage-Workshops großer
Beliebtheit. Bei den halbtägigen Veranstaltungen treffen sich Marketer und Entscheider aus
unterschiedlichsten Branchen. Im Mittelpunkt steht der praxisorientierte Gedankenaustausch.
Text _ Klaus Dietzel
Marketing-Know-how in Hülle und ­Fülle
wollen die Mailingtage, die vom 19. bis
20. Juni in Nürnberg stattfinden, auch
dieses Jahr wieder bieten. Dabei geht es
aber nicht nur allein um das spannende
Vortragsprogramm –immerhin geht die
Fachmesse für Kundendialog mit insgesamt vier Vortrags-Areas an den Start, so
etwa der Crossmedia Area ­powered by
acquisa, auf der unter anderem ­Ralph
Pispers von .Dotkomm Rich Media Solutions über gehirngerechte Websites und
Emotional Shopping spricht oder eben
Jeff Jarvis, Blogger, Buchautor und US-
p
Hochschulprofessor mit seinem Vortrag
»Mehr Transparenz wagen« für Furore
sorgen sollte.
Vielmehr geht es um Praxis pur, wenn
der Messeveranstalter zur aus­führlichen
Fortbildung abseits des ­Trubels in den
Messehallen der Frankenmetropole
einlädt: Bei den halbtägigen Veranstaltungen treffen sich Marketer, Werber
und Entscheider aus unterschiedlichsten Branchen. »Im Mittel­p unkt
steht dabei der lebendige, kreative
Gedankenaustausch«, so Mailing­tageProjektleiterin Bettina Focke. Es gehe
um konzentrierte und praxisorientierte
Wissensvermittlung. DialogmarketingKnow-how auf den Punkt gebracht sozusagen.
Praxisnahes Know-how
Den ersten Workshop bestreitet die
Deutsche Post. Der gelbe Riese aus Bonn
informiert detailiert über seinen Infopost-Manager, dessen Werkzeuge eine
­effektive Versandvorbereitung und ein
professionelles Adressmanagement gewährleisten sollen. Aber natürlich nur,
Workshops Mittwoch, 19. Juni 2013
»Crossmedialog beginnt hier«, heißt es auf den Mailingtagen in Nürnberg.
Auf den halbtägigen Workshops kann man dann erfahren, was dies in der Praxis heißt:
Uhrzeit
Workshop
9.30 –
13.00
Infopost-Manager – Effektiver und effizienter Einsatz des Infopost-Managers
im professionellen Umfeld
14:00 –
17:30
24
Mit dem Infopost-Manager erhalten Sie viele Werkzeuge für eine effektive Versandvorbereitung und ein
professionelles Adressmanagement. Eine der vielfältigen Möglichkeiten ist die einfache Zusammenführung
von Adressdateien. Oder erkennen Sie mit uns, wie Sie Fertigungskosten schon bei der Portooptimierung
beeinflussen können und welche Möglichkeiten der Export und integrierte Seriendruck bietet. In diesem
Workshop werden Ihnen die einzelnen Funktionen an Beispielen, die Sie aus der Praxis kennen, präsentiert, so dass Sie die gezeigten Funktionen schon am nächsten Tag nutzen können.
Veranstalter
Deutsche Post AG
Egon H. Ditscheid
Tel + 49(0)1805.334460
[email protected]
www.infopost-manager.de
Werbewirkung messbar machen – Methoden aus der Praxis
Die Wirkung des Dialogmarketings ist mehr als nur Response - mit jeder Kampagne wird immer auch Bekanntheit, Image, Wiedererkennung etc. des Absenders transportiert. In diesem Workshop wird auf diese
»verborgenen« Wirkungen der Dialogkommunikation geschaut - welche Wirkungen werden erzeugt, wie
können sie gemessen werden, wie können sie optimiert werden? In diesem Workshop werden wir darüber
sprechen, wie Werbung wirkt, welche typischen Fragestellungen und Methoden sich ergeben, und mit welchen Test-Designs diese Wirkungen gemessen werden können. Neuromarketing, klassische Befragungen,
Beobachtungen, Online und Offline werden gleichermaßen behandelt.
Siegfried Vögele Institut
Internationale Gesellschaft
für Dialogmarketing mbH
Thorsten Schäfer
Tel + 49(0)6174.2017-23
[email protected]
www.sv-institut.de
www.acquisa.de 04/2013
p
Für Marketer, Werber und Ent­
scheider dürften die Mailingtage
auch in diesem Jahr wieder eine
­Reise nach Nürnberg wert sein.
Fotos: Fotos/Photos © webphotographeer / istockphoto.com
wenn man genau weiß, wie es in der Praxis funktioniert. Wenn dem so ist, lassen sich die vielfältigen Möglichkeiten
für die einfache Zusammen­f ührung
von Adressdateien spielend umsetzen
und die Fertigungskosten schon bei der
Porto­optimierung beeinflussen.
Am Nachmittag des ersten Messetages
geht es darum, wie man Werbewirkung
messbar machen kann. Das Siegfried
­Vögele Institut (SVI) wirft einen Blick
auf die »verborgenen Schätze«, die man
mit Dialogmarketing heben kann.
Am Morgen des zweiten Kongresstages
zeigt die Demand-Gen AG dann, wie
Unter­n ehmen mit gutem Content
Marketing mehr Website-Besucher zu
Käufern konvertieren. Der Workshop
richtet sich an Online-Marketing-Verantwortliche, die Antworten finden wollen,
wie sie ihre News und Kampagnen möglichst gewinnbringend einsetzen.
Last, but not least, gibt das Siegfried
­Vögele Institut am zweiten Kongresstag
praxisnahe Tipps, wie man Websites
userfreundlich gestalten kann.
•]
[email protected] Workshops donnerstag, 20. Juni 2013
Kaum eine Branche verändert sich so rasant wie das Dialogmarketing. Damit Entscheider in Marketing den Wandel
antizipieren k
­ önnen, liefern die Mailingtage-Workshops praxisnahes Wissen zur Nutzung am nächsten Tag:
Uhrzeit
9.30 –
13.00
14:00 –
17:30
Workshop
Veranstalter
Mit gutem Content Marketing und Personas mehr Website-Besucher konvertieren
Intelligentes Content-Marketing ist der Schlüssel zur erfolgreichen Kundenansprache im Web. Doch wie
finden Sie Ihre Kunden und wie erfolgt deren Ansprache? In diesem Workshop lernen Sie unter anderem
»Personas« – weit mehr als ein ideales Kundenprofil - für Ihr Unternehmen zu erstellen und wie sie mit
gezielten Inbound Marketing- Aktivitäten neue, qualitativ hochwertige Leads generieren und damit mehr
Besucher auf Ihre Website bekommen. Der Workshop richtet sich an alle Online Marketing Verantwortlichen, die Antworten finden wollen, wie sie ihre News und Kampagnen möglichst gewinnbringend einsetzen. Eckpunkte dabei sind auch Begriffe wie Social Media und Lead Management.
DemandGen AG
Isolde Fischer
Tel +49(0)89.2032104-28
[email protected]
www.demandgen.de
Websites userfreundlich gestalten – Tipps und Tricks aus der Praxis
Erfolgreiche Websites sind kein Zufall. Sie schaffen es, das Interesse des Users zu wecken, zu halten
und ihm gleichzeitig die Bedienung spielend leicht zu machen. In diesem Workshop erfahren Sie, wie Sie
gängige Gestaltungs- und Usability-Regeln gezielt einsetzen, um Ihre Website wahrnehmungsfreundlich
und wirkungsvoll zu gestalten. Anhand einer Checkliste erarbeiten Sie Schritt für Schritt OptimierungsPotenziale, die Sie später bei der Weiterentwicklung Ihres Internetauftritts umsetzen können.
04/2013 www.acquisa.de
Siegfried Vögele Institut
Internationale Gesellschaft
für Dialogmarketing mbH
Thorsten Schäfer
Tel + 49(0)6174.2017-23
[email protected]
www.sv-institut.de
25
Direktmarketing & Service _ E-Mail-Marketing
Kennzahlen im Überblick
Ob Zustellrate, Bounce-Rate oder Social-Sharing-Rate: Diese Kennzahlen geben Aufschluss
über den Erfolg einer E-Mail-Marketing-Aktion. Und sie sind relativ einfach zu berechnen. Wir
geben einen Überblick über die wichtigsten Schlüsselkennzahlen.
Text _ Stefan Mies
Jeder Schritt im Customer Life Cycle des
E-Mail-Marketing, von der Zustellung
bis zur Nutzung durch die Empfänger,
lässt sich mit geeigneter Software präzise messen. Grundvoraussetzung einer
jeden erfolgreichen E-Mail-MarketingKampagne ist, dass die versendeten EMails den Empfänger überhaupt erreichen. Doch das ist nicht selbstverständlich. E-Mails, die zwar versendet, aber
Auch eine erfolgreiche Zustellung garantiert nicht, dass eine E-Mail den
Empfänger auch erreicht. Grund sind
die Schutzmaßnahmen gegen Spam,
die leider immer wieder auch legitime,
erwünschte E-Mails filtern. Die Inbox
Placement Rate gibt an, wie viele der
versendeten E-Mails auch tatsächlich im
Posteingang der Empfänger angezeigt
wurden. Dazu wird die Zustellmenge
»KPI geben Aufschluss über den Erfolg einer
kamapgne. sie sind einfach zu berechnen.«
nicht zugestellt werden, bezeichnet
man als Bounces. Gründe für Bounces
können nur temporärer Art sein – beispielsweise ein überfülltes Postfach
beim Empfänger. In ­diesem Fall spricht
man von Softbounces. Falls eine E-Mail
dauerhaft nicht zugestellt werden kann
– etwa, weil das Postfach nicht mehr
existiert – handelt es sich um einen
Hardbounce. Zieht man die Bounces
von der Anzahl versendeter E-Mails (Versandmenge) ab, ergibt sich daraus die
Zustellmenge. Teilt man die Zustellmenge durch die Versandmenge, erhält man
die Zustellrate, die prozentual angibt,
wie viele versendete E-Mails erfolgreich
zugestellt wurden:
Zustellrate =
Versandmenge – Bounces
Versandmenge x 100
Die Bounce-Rate dahingegen gibt das
prozentuale Verhältnis von Bounces zur
Versandmenge an.
Bounce-Rate =
26
Bounces
Versandmenge x 100
um E-Mails bereinigt, die durch Antispam-Maßnahmen blockiert wurden.
Inbox Placement Rate =
Anzahl tatsächlich im Postfach
­erscheinender E-Mails
Versandmenge x 100
Empfänger-Reaktionen messen
Jegliche Reaktion eines Empfängers auf
eine E-Mail kann technisch erfasst werden. Mittels der Öffnungsrate lässt sich
bestimmen, wie viele Empfänger eine
erhaltene E-Mail geöffnet haben. Dabei
muss entschieden werden, ob pro Empfänger nur eine Öffnung gezählt wird
(Unique Öffnungen) oder auch Mehrfachfachöffnungen. Zur Messung wird
bei Öffnung der E-Mail ein sogenannter
Zählpixel geladen. Da dieser Zählpixel
in Form eines Bildes in die E-Mail integriert ist und manche Empfänger Bilder
­blockieren, ist die Messung von Öffnungen nie ganz exakt. Die Öffnungsrate errechnet sich aus dem Verhältnis von Öffnungen zu Versandmenge
(Brutto Öffnungsrate) beziehungsweise
Öffnungen zu Zustellmenge (Netto Öffnungsrate).
Brutto
­Öffnungsrate =
Öffnungen
Versandmenge x 100
Netto
­Öffnungsrate =
Öffnungen
Zustellmenge x 100
Die Klickrate wiederum gibt prozentual an, wie oft die Links in einer E-Mail
geklickt wurden. Um einen Klick auf
einen Link messen zu können, muss
­dieser Link als sogenannter Trackinglink angelegt sein. Der Klick wird dann
über die eingesetzte E-Mail-Marketinglösung geleitet, bevor die angeforderte
Seite aufgerufen wird. Der Empfänger
bemerkt davon nichts. Um die Klickrate zu bestimmen, werden die gesamten Klicks (also auch Mehrfachklicks
eines Empfängers) ins Verhältnis zur
Zustell­menge gesetzt (Brutto Klickrate).
Alternativ kann nur der erste Klick pro
Empfänger gemessen werden (Netto
Klickrate).
Brutto
­Klickrate
=
Klicks
Zustellmenge x 100
Netto
­Klickrate
=
Unique Klicks
Zustellmenge x 100
Wie lange liest der Empfänger?
Doch nicht nur die Klicks aus einer
­E-Mail heraus sind eine relevante Größe,
um die Attraktivität des E-Mail-Inhaltes
zu bestimmen. Mittels der Lesedauer
lässt sich bestimmen, wie lange eine
E-Mail im Durchschnitt gelesen wurde.
Die Messung erfolgt über einen Zählpixel, der erfasst, wie lange eine E-Mail
geöffnet wurde. Die durchschnittliche
www.acquisa.de 04/2013
Autor
Stefan Mies
ist Marketing
Consultant bei Artegic.
Das Unternehmen
bietet Dienstleistungen rund um E-MailMarketing und Online-CRM.
p
www.artegic.de
Lesedauer ergibt sich aus dem Verhältnis der gesamten Öffnungsdauer aller
geöffneten E-Mails durch die Anzahl der
Öffnungen.
ø Lesedauer =
∑ Öffnungsdauer in Sekunden
Öffnungen
Die durchschnittliche Öffnungsdauer
kann auch pro Empfänger ermittelt
werden.
ø Lesedauer
je Empfänger =
∑ Öffnungsdauer in Sekunden
Unique Öffnungen
Die Reichweitenverlängerung von E-MailKampagnen in soziale Netzwerke gehört
heutzutage zu den Standards im integrierten E-Mail-Marketing. Per Klick auf
einen sogenannten SWYN-Link (Share
With Your Network) kann der Empfänger E-Mail-Inhalte an seine Social Media
Kontakte teilen – zum Beispiel als Tweet
oder an seine Facebook Timeline. Die Social Sharing Rate gibt an, wie häufig ein
Inhalt aus einer E-Mail in Social Media geteilt wurde. Dazu werden die Klicks auf
SWYN-Links (Social Sharings) ins Verhältnis zu den erfolgten Öffnungen gesetzt.
Social
Sharing Rate =
Social Sharings
Öffnungen x 100
Die Social Contact Rate zeigt an, wie
viele neue Kontakte durch Social Sharings erzielt wurden. Als Kontakt gilt
hierbei ein Klick auf den geteilten Link.
Diese Klicks werden ins Verhältnis zu
Social Sharings gesetzt.
Social
Contact Rate =
Klicks auf Links in geteilten
Beiträgen
Social Sharings x 100
Aufgabe des E-Mail-Marketing ist es
nicht nur, Empfänger kurzfristig zu
aktivieren, sondern auch, neue Empfänger im Zeitverlauf hinzuzugewinnen
und bestehende langfristig zu binden.
04/2013 www.acquisa.de
Um das Wachstum eines Verteilers innerhalb eines definierten Zeitraumes
abzubilden, wird die Retention Rate genutzt. Sie zeigt prozentual an, wie viele
Empfänger nach Ablauf des definierten
Zeitraums im Verteiler verblieben oder
hinzugekommen sind. Hierzu wird die
Anzahl der Empfänger zu Beginn des
gewählten Zeitraums mit der Anzahl
der Empfänger nach dessen Ablauf ins
Verhältnis gesetzt.
Retention
=
Rate
Anzahl Empfänger t1
Anzahl Empfänger t0 x 100
t1 = Zeitpunkt nach t0
t0 = Zeitpunkt
Unternehmen verfolgen üblicherweise primär finanzielle Ziele – Umsatz,
Gewinn oder Return on Investment.
Was oftmals vergessen wird: Dies gilt
auch für das E-Mail-Marketing. Optimierungen bei Öffnungen, Klicks oder der
Lese­dauer sind kein Selbstzweck, sondern sollen letztendlich den wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens steigern. Daher müssen neben Reaktionen
und Qualitätsmassen auch monetäre
Ziele im E-Mail-Marketing-Controlling
berücksichtigt werden. Der wirtschaftliche Erfolg des E-Mail-Marketings wird
durch den Return on Investment (ROI)
abgebildet.
Der ROI setzt Umsätze und Kosten einer
E-Mail-Kampagne ins Verhältnis zueinander. Damit ist der ROI keine absolute
Größe wie der Gewinn, sondern gibt an,
wie wirtschaftlich das investierte Kapital (abgebildet in den Kosten) eingesetzt
wurde. Die Frage lautet: Wie viel Umsatz
konnte für jeden investierten Euro generiert werden?
Umsätze der Kampagne
Return on
Investment = Kosten der Kampagne
Um den ROI zu bestimmen, ist es notwendig, dass Umsätze der jeweiligen
Kampagne zugeordnet werden können.
Dies ist problemlos möglich, solange der Klick auf ein Angebot sofort zu
einem Kauf führt. Allerdings ist dieser
Zusammenhang zwischen E-Mail-Versand und generiertem Umsatz nicht immer gegeben. E-Mail-Marketing eignet
sich nicht nur zum direkten Abverkauf,
sondern beispielsweise auch für die
Marken­bildung oder die Vorbereitung
auf einen späteren Kauf.
Bei der Zuordnung von Kosten zu einer
Kampagne sieht es ähnlich aus. Eine
Möglichkeit, um Kosten auf einzelne
Kampagnen umzulegen ist, sich an den
angefallenen Arbeitsstunden pro Kampagne zu orientieren. Es ist in jedem
Fall sinnvoll, Kosten im E-Mail-Marketing einzelnen Kampagnenleistungen
und damit den zugehörigen Messgrößen zuzuordnen. So kann bestimmt
werden, wie viel eine erzielte Öffnung,
ein Klick, ein Lead oder eine Bestellung
durchschnittlich gekostet haben.
Kosten der Kampagne / Cost per View / Generierte Öffnungen / Click / Lead / =
Klicks / Leads / Bestellungen
Order
Der Tausenderkontaktpreis (TKP) gibt
an, wie hoch die Kosten sind, um tausend Empfänger mit einer Kampagne zu
erreichen. »Erreicht« bedeutet in diesem
Fall, dass der Empfänger die E-Mail geöffnet hat. Beim optimalen TKP wird davon ausgegangen, dass alle Empfänger
im Verteiler die E-Mail öffnen.
Kosten der Kampagne
Optimaler
=
TKP
Anzahl der Empfänger x 1000
Der wahrscheinliche TKP gibt an, wie
viele Empfänger das Mailing wahrscheinlich öffnen werden. Hier werden
üblicherweise Durchschnittswerte der
letzten zehn E-Mails herangezogen.
Wahrscheinl.
TKP
=
Kosten der Kampagne
Anzahl der x
Empfänger
Öffnungsrate t1 + …
+ Öffnungsrate t10
10
x 1000
Der reale TKP bildet nun den tatsächlichen TKP nach Abschluss der
­Kampag­ne ab.
Realer
TKP =
Kosten der Kampagne
Anzahl der x Öffnungsrate x 1000
Empfänger
[email protected] p
•]
Ein Whitepaper von Artegic bietet
einen Überblick über insgesamt 25
Kennzahlen für das Controlling von
E-Mail-Marketing-Kampagnen. Es steht
zum kostenlosen Download bereit.
www.artegic.de
27
Direktmarketing & Service _ Kundenbindung
»Fans« kaufen mehr Bohrer
Baumärkte haben ein eher maues Image und im Vergleich zu anderen Branchen weniger
­begeisterte Kunden. Damit entgehen den Unternehmen viele Millionen Euro Umsatz, denn
»Fans« kaufen öfter und mehr. Das lässt sich konkret berechnen.
Text _ Christoph Pause
Der Baumarkt – für viele Menschen ist
das der Ort, an dem sie glänzende Augen
bekommen im Angesicht all der Schlag­
bohrer und Schleifmaschinen. Der Bau­
markt ist aber auch der Ort, der vielen
anderen ein Gefühl der Verlorenheit und
Verlassenheit vermittelt, wenn sie durch
die Hochregalgänge irren, verzweifelt
auf der Suche nach einem Ansprech­
partner, der ihnen sagen kann, welche
Schrauben die richtigen sind zum Bilder­
aufhängen oder wo sie den Muffenstopf
in weiß finden.
All diese verlorenen Muss-Käufer kos­ten
Baumärkte bares Geld. Das zeigt die Stu­
p
die »Fanfocus-Deutschland« von Forum
Marktforschung, Mainz. Im Rahmen der
Studie haben die Markt­forscher neun
Baumarkt-Marken daraufhin unter­sucht,
wie sich deren Kunden in die Gruppen
»Fans«, »Sympathisanten«, »Söldner«,
»Gefangene« und »Terroristen« segmen­
tieren lassen und welche Folgen für Ab­
satz und Umsatz die Verteilung hat (zum
Studiendesign siehe acquisa 2/2013). Mit
spannenden Ergebnissen. Das wichtigste
gleich vorweg: Mit einem Mittelwert von
63 auf einer Skala bis 100 ist die Emotio­
nale Kundenbindung bei Baumärkten
relativ schwach aus­geprägt. Auch die Ge­
Tabelle Kundenwert
Gruppe
ca.-Ausgaben
pro Kunde,
pro Jahr
Anteil
DurchschnittsBaumarkt
Anteile Best in
Branche »Globus«
– angestrebt
Veränderung
im »Fan«Portfolio
»Fans«
300 Euro
16 %
28 %
+ 12,1 %
»Sympathisanten«
»Söldner«
»Gefangene«
»Terroristen«
240 Euro
153 Euro
120 Euro
118 Euro
29 %
17 %
19 %
18 %
33 %
12 %
20 %
8 %
+ 3,1 %
- 5,7 %
+ 1,0 %
- 10,8 %
Kundenwert: Umsatz
pro Kunde und Jahr
Vorher: 189 g
p Umsatzsteigerung, falls angestrebte Ver­
änderung erreicht wird: ca. 13%
p Dabei ist noch nicht berücksichtigt, dass
durch die Veränderungen...
- Ressourcen eingespart werden können
Nachher: 213 g
Kundenwert-­
Steigerung: 13 %
- » Fans« dem Unternehmen länger treu bleiben
und damit einen höheren CLV aufweisen
- »Fans« mehr weiterempfehlen und dadurch
neue Kunden gewonnen werden können
- »Terroristen« Schaden anrichten und bei weniger »Terroristen« weniger Schaden entsteht.
Basis: Fanfocus Deutschland 2013; Branche: Baumarkt; Darstellung eines fiktiven Baumarktunternehmens
(Mittelwerte der Gesamtbranche)
samtzufriedenheit lässt mit 67 Luft nach
oben, genauso das Gesamtimage mit 69.
Schlechtes Image
Das maue Ergebnis erklärt sich, wenn
man einen Blick auf die Gruppen­
verteilung wirft. Mit einer Fanquote von
16 Prozent liegen Baumärkte unter dem
Gesamtdurchschnitt der untersuchten
Branchen (19 Prozent). Die Gruppen der
»Gefangenen« und der »Terroristen« –
der Kunden, die im jeweiligen Baumarkt
einkaufen, weil sie keine Wahl haben
und negative Mundpropaganda betrei­
ben – sind mit zusammen 37 Prozent
deutlich höher als im Gesamtergebnis­­
(31 Prozent). Das ist gravierend, denn 22
Prozent der »Terroristen« und sechs Pro­
zent der »Gefangenen« haben Freunde
und Bekannte schon einmal aktiv vom
Besuch einer Baumarkt-Kette abgeraten.
Es sind aber nicht nur diese immer
noch einigermaßen weichen Faktoren,
die die geringe »Fan«- und die hohe »Ge­
fangenen«- und »Terroristen«-Quote so
gefährlich machen. Es geht ganz ein­
fach um bares Geld, das Baumärkte
auf der Straße liegen lassen, die sich
nicht um Emotionale Kundenbindung
kümmern und darum, die »Fan«- und
»Sympathisanten«-Quoten zu steigern.
Das zeigt die Baumarktkette Globus, die
die meisten »Fans« gewinnen konnte und
mit einem Anteil an den Kunden von 28
Prozent deutlich vor dem Rest der Bran­
che liegt.
Warum sind »Fans« so wichtig? Weil sie
schlicht deutlich mehr Umsatz machen
im Jahr als andere Kunden. Für Baumärk­
te hat Forum Marktforschung errechnet,
dass ein »Fan« 300 Euro ausgibt, wäh­
www.forum-mainz.de
28
www.acquisa.de 04/2013
rend ein »Gefangener« mit 120 Euro und
ein »Terrorist« mit 118 Euro deutlich we­
niger bringen.
Schafft es ein Baumarkt, den Anteil von
»Fans« und »Sympathisanten« deutlich
zu hebenn und den der »Gefangenen«
und »Terroristen« zu senken, steigert er
den Kundenwert deutlich, im Beispielfall
um 24 Euro je Kunde und Jahr. So könnte
Praktiker seinen Umsatz um rund 500
Millionen Euro steigern, wenn die Kette
die »Fan«-Quote auf das Niveau von Glo­
bus steigern würde.
Dabei ist noch nicht berücksichtigt, dass
es weniger Geld kostet, »Fans« an sich zu
binden, diese treuer und gute Weiter­
empfehler sind, während ­»Terroristen«
nicht nur deutlich weniger Umsatz ma­
chen, sondern zusätzlichen Schaden an­
richten (können).­­
•]
[email protected] p
INFO Kundenwert
Beispiel: Potenzial der Baumarktkette
»Praktiker« bei Steigerung der »Fan«-Quote
auf Niveau des Branchenbesten. Schätzung
Angestrebt
Aktuell
28 %
16 %
des Umsatzes – in Abhängigkeit von der
Zugehörigkeit zu den Gruppen im »Fan«Portfolio.
33 %
29 %
Fans
Sympathisanten
Gefangene
Terroristen
12 %
17 %
Söldner
19 %
20 %
8%
18 %
4,3 Mrd. g
3,8 Mrd. g
Steigerung:
ca. 500 Mio. g
www.forum-mainz.de
Direktmarketing & Service _ Call Center
Telefon schöpft Wert im E-Commerce
Online-Handel ist digital – so viel ist klar. Dennoch kann das Telefon auch dort ein wert­
schöpfender Faktor sein. Weil es die Offline-Erfahrung in Sachen Beratung und Betreuung ins
Web verlängert. Und weil die menschliche Stimme Vertrauen schafft.
Text _ Frank Hümmer
Das Internet und der Online-Handel im
Speziellen werden oft und gerne als gesichtslos abgetan. Gesichtslos deshalb,
weil die persönliche, dialogorientierte
Kommunikation des Einzelhandels, an
die sich der Kunde gewöhnt hat, bei
einer Online-Shopping-Tour nur eingeschränkt zu leisten ist. Zudem bewirken
die sich ständig weiterentwickelnden Gewohnheiten und Ansprüche der Internetnutzer, dass sich die früher klar getrennten Kanäle immer mehr angleichen:
Der Kunde erwartet schlicht überall die
gleichen Möglichkeiten, die gleichen Services und den gewohnten Ablauf.
Call-Center als Chance
Eine weit verbreitete und doch oft unterschätzte Möglichkeit, die Offline-Erfahrung online zu bringen und gleich­zeitig
der Verschmelzung von Kanälen zu begegnen, ist das klassische Call-Center. Also die telefonische Kundenbetreuung seitens interner Mitarbeiter oder externer
Dienstleister. Telefonischer Service leistet dabei neben effektiver Vertriebsunterstützung vor allem wertvolle ­Dienste
bei der Pre- und Aftersales-Betreuung.
Doch wie zeitgemäß ist das Call-Center
in Zeiten des Social- und MultichannelCommerce überhaupt noch?
acquisa.de
Fachbeitrag:
»Beschwerdemanagement«
Beschwerden sind unangenehm. Aber sie
bieten die Chance, Kunden neu zu begeistern. Hier lesen Sie, wei es geht.
HaufeIndex: 1835643
30
p
»E-verybody & E-verywhere?
Neue Wege zum Kunden!«
»E-verybody & E-verywhere? Neue Wege
zum Kunden!« – das ist der Titel der
Frühjahrstagung des Call Center
Verband Deutschland e.V. am 18. und
19. April in Berlin. Neben den
beschriebenen Themen geht es um
Multikanalvertrieb, Kunden-BestPractices, neuste Zahlen, Daten und
Fakten aus der Call-Center Branche
und um die Frage, ob das Ende des
klassischen Call-Center Agenten längst
besiegelt ist. Das komplette Programm
sowie weitere Informationen finden
Sie unter
p bit.ly/CCV_FT_2013
Die Erwartungshaltung der Verbraucher steigt mit den Möglichkeiten, die
die Überlagerung von Web, Mobile und
stationärem Einzelhandel mit sich
bringt. Hohe Qualität der Produkte
und zeitnahe Lieferung, gern auch
am selben Tag, sind mittlerweile Standard und bei weitem kein Alleinstellungsmerkmal mehr. Vielmehr geht es
darum, den Kunden abzuholen, egal
wo er mit seiner Erwartungshaltung
auftrifft. Ausgezeichneter Service und
individuelle Betreuung, idealerweise
in kanalübergreifend einheitlicher,
dialogorientierter und umfassend verfügbarer Kommunikation, sind hier
grundlegend. E-Mail-Formulare, integrierte Chat-Funktionen und fleißige
Social-Media-Mitarbeiter sind dabei
aber nur ein Mittel, um den Informationsdurst des heutigen Verbrauchers
zu stillen. Bei Reklamationen und
Beschwerden, aber auch schon bei
Fragen zum Produkt oder angesichts
der Scheu, dem Internet zu viele Daten preiszugeben, geht der erste Griff
vieler Menschen oft immer noch zum
Telefon – der Wunsch nach einer helfenden Stimme am anderen Ende der
Leitung ist ungebrochen.
Vertrauensbildende Maßnahme
Diese Stimme und allein schon die Angabe einer Festnetznummer in einem
Online-Shop steigern das Vertrauen
in den Anbieter und sein Sortiment.
Interne Untersuchungen von Rakuten
Deutschland haben gezeigt, dass eine
Telefonnummer in einem Online-Shop
eben nicht nur ein nettes Service-Extra
ist, sondern sich merklich auf den Umsatz auswirkt: Rakuten stellt seinen
Händlern beispielsweise eine kostenlose
Bestell- und Servicehotline zur Verfügung, die sie auch in ihren Shops nutzen können. Auswertungen zeigen, dass
dieses vertrauensfördernde Element
sich positiv auf die Kaufentscheidung
und die Wiederkäuferrate auswirkt. Die
Investition in ein Call-Center ist also
immer eine Entscheidung für Vertrauenssteigerung und eine nachhalte Ent­
wicklung des Kundenstamms.
Hohe Anforderungen an Prozesse
So groß die kundenseitigen Erwartungen auf allen Kanälen sind, so hoch
sind auch die Anforderungen an ein
www.acquisa.de 04/2013
mailingtage
Workshops
Jetzt anmelden!
Autor
Frank Hümmer
ist Chief Operations
Officer bei Rakuten
Deutschland und dort
verantwortlich für die Geschäftsführung
sowie für IT, Organisation, Vertrieb,
Service, Support und ECC zuständig.
p
www.rakuten.de
Call-Center im E-Commerce. Neben
dem selbstverständlich hohen Grad an
Professionalität im Umgang mit dem
Kunden spielen Flexibilität, unbürokratische Abläufe und vor allem die
Effizienz, also eine zügige Bearbeitung
der Anfrage, eine entscheidende Rolle.
Lange Warteschleifen, intransparente
Weiter­v ermittlung oder begrenzte
Erreichbarkeit sind trotz hohen Telefonaufkommens nicht akzeptabel und
wirken im schlimmsten Fall sogar ab-
kann oder ob die Abgabe an einen externen Dienstleister, zum Beispiel aus
Kosten- oder Kapazitätsgründen, sinnvoller ist. Die Inhouse-Variante hat dabei
ihre Vorteile vor allem im schnelleren
und flexibleren Informationsfluss und
dem höheren Grad der Spezialisierung
auf das entsprechende Unternehmen –
gerade mit Sicht auf die Prozesse wie
Bestellabwicklung oder Retouren.
Investition in Conversion
Der Aufwand ist allerdings entsprechend hoch, denn ob inhouse oder
nicht interessiert den Kunden letztendlich wenig – auf die Qualität des Dienstes kommt es an. Die Investition in guten Service, von der Kaufentscheidung
bis weit über den Bestellvorgang hinaus,
zahlt sich aber immer aus.
Die Entscheidung für oder gegen ein
­eigenes Call-Center ist nicht nur eine
operative Überlegung, sondern bestimmt die gesamtstrategische Ausrichtung des Unternehmens. Wer die
Service-Hotline als grundlegenden Be-
»Unsere Auswertungen zeigen, dass sich das Telefon
vertrauensfördernd und damit positiv auf Conversion
und Wiederkäuferrate auswirkt.«
schreckend. Bei Rakuten gehen derzeit
über 11.000 Anrufe pro Monat ein, was
für jeden Service-Mitarbeiter aktuell
eine reine Gesprächszeit von fünf bis
sechs Stunden am Tag bedeutet. Trotz
dieses hohen Aufkommens liegt die
durchschnittliche Erreichbarkeit bei
über 90 Prozent. Anfragen werden immer innerhalb eines Tages beantwortet.
Die hohen Erwartungen der Kunden zu
erfüllen, bietet gleichzeitig die Chance für jeden Anbieter, sich erfolgreich
in der Kundenkommunikation zu positionieren und sich dadurch einen
klaren Wettbewerbsvorteil zu verschaffen – denn die Praxis zeigt: Marktkommunikation ist essenziell für Kunden­
gewinnung und -bindung.
Zuallererst stellt sich die Frage, ob ein
Call-Center inhouse realisiert werden
04/2013 www.acquisa.de
standteil seines Ansatzes betrachtet, für
den ist das Telefon ein wichtiger Wertschöpfungsfaktor.
Im Grunde stellt sich die Frage gar
nicht, ob ein E-Commerce-Anbieter
­telefonischen Service braucht oder
nicht. Unternehmen verschenken Umsatz- und Wachstumspotenzial, wenn
sie ihren Kunden nicht auf allen gewünschten Kanälen begegnen. Vor
allem verzichtet jeder, der den Telefonkanal nicht anbietet, auf ein wichtiges
Instrument der Vertrauensbildung und
damit auf die Chance zur effektiven
Kundenbindung. Das Telefon stützt den
Dialog und verringert die Distanz zwischen Anbietern und Kunden. Es ermöglicht Online-Händlern, ihre Kunden an
die Hand zu nehmen.
•]
[email protected] 31
19./20. Juni 2013
Messezentrum Nürnberg
19. Juni 2013
Workshop 1
Werbewirkung
messbar machen:
Methoden
aus der Praxis
Wissen, wie Dialogmarketing wirkt!
Auf die harte und auf die weiche Tour.
20. Juni 2013
Workshop 2
Websites
userfreundlich
gestalten:
Tipps und Tricks
aus der Praxis
Weil Wahrnehmung, Usability und
Conversion eng zusammenhängen!
www.sv-institut.de/mailingtage
Direktmarketing & Service _ Kundenbeziehungsmanagement
Der Kunde nennt es Beziehungspflege
Technische Entwicklungen treiben Unternehmen vor sich her. Diese scheinen in konven­
tionellen Mustern gefangen. Der Konsument aber verlangt nur etwas absolut Traditionelles:
relevantes Know-how zur richtigen Zeit am ausgewählten Kontaktpunkt.
Text _ Thomas Dehler
Um den Kundenservice trotz der rasanten Umbrüche in der Kommunikationstechnik und der Mediennutzung
wieder salonfähig zu machen, müssen
Unternehmen bewährte Managementkonzepte, nutzungsbasierte und somit
skalierbare Technik und die Idee des
Internets als Mitmach-Web mit Milliarden von zwischenmenschlichen Beziehungen vernünftig und konsequent
verknüpfen.
Veränderte Wahrnehmung
Einen erfolgversprechenden Blick auf
das Heute und Morgen im Kunden­dialog
hat das sogenannte Cluetrain Manifest
bereits im Jahr 1999 geworfen. Darin
heißt es etwa: »Wenn Du heute nur Zeit
hast für eine Einsicht, dann sollte es
­diese sein: Wir sind keine Zielgruppen
oder Endnutzer oder Konsumenten. Wir
sind Menschen – und unser Einf luss
entzieht sich eurem Zugriff.«
Das Internet in seiner derzeitigen Ausprägung und Nutzung – social, local,
mobile – hat die Wahrnehmung von
Konsum- und Service-Erlebnissen enorm verändert. Nicht mehr nur die jun-
Autor
Thomas Dehler
ist Gründer und
Geschäftsführer des
Kundenkommuni­
kationsdienstleisters Value5, Berlin.
p
www.value5.com
32
ge mobile Generation, auch die Älteren
sind mit der Freiheit im Internet nicht
nur vertraut, sondern sie erheben heute
den Anspruch, immer und überall digitale und reale Inhalte zu konsumieren.
Sie bestimmen selbstbewusst, was und
wie sie konsumieren möchten. Deshalb
überprüfen die Menschen Markenversprechen auch und gerade im ServiceBereich auf ihren Wahrheitsgehalt und
darauf, ob Unternehmen ihr Leistungsversprechen er­füllen. Wenn nicht, strafen sie Marken im sozialen Kollektiv viral per Shitstorm ab. Der Marketing-Guru Don Peppers bringt es auf den Punkt:
»Jedes Mal, wenn ein Kunde online geht
und großartigen Kunden­service etwa
von Amazon bekommt, wächst auch
sein Service-Anspruch beim Kiosk an
der Ecke«.
Mit der Entwicklung Schritt halten
Die Herausforderung für Unternehmen
liegt darin, mit dieser Entwicklung
Schritt zu halten und sich gleichzeitig
besonnen und bewusst von kurzfris­
tigen Trends zu distanzieren, zu ent­
schleunigen und an den aktiv betriebenen multimedialen Kundenkontaktpunkten mit Gefühl und Kompetenz
den richtigen Ton zu treffen. Dabei
zahlt einer der wichtigsten IT-Mega­
trends dieser Zeit – die Cloud-Technik
– auf die elementare Erfolgsbasis für
einen reaktionsfähigen und skalierbaren Kundenservice-Desk ein: Nämlich
Prozesse und Tools auch standortunabhängig per Internet bereitzustellen,
um hochwertigen, lösungsorientierten,
­a uthentischen Kundendialog überhaupt zu ermöglichen.
Wichtig ist dabei vor allem eines: Kunden müssen nichts davon wissen, wie
komplex der technische Aufwand für
Unternehmen ist, damit sie einen Service nutzen können. Es geht darum,
sich voll auf die entscheidende Größe für ein erfolgreiches Beziehungs­
management zu konzentrieren: den gefühlvollen, ehrlichen, kompetent guten
Ton, das hörbare Fingerspitzengefühl
in einer Kundenbeziehung, damit das
Unter­nehmen über das Ohr des Kunden
einen Logenplatz in dessen Gedächtnis
einnehmen kann.
Nun folgt die entscheidende Frage: wie
können Unternehmen schon heute dieses vom Kunden ersehnte, exzellente Serviceerlebnis schaffen? Tatsache ist, dass
im Social Web Gespräche des Marktes
stattfinden, und zwar ohne jede Einwirkung der Unternehmen. Tatsache ist
ebenso, dass sich Dienstleis­tungen und
Produkte am Markt den neuen Gewohnheiten und Erwartungen eines deutlich
aufgeklärteren Ver­brauchers anpassen
müssen. Die wichtigste Herausforderung wird sein, in einer offenen Gesprächskultur ohne Kontrollmechanismen keine Bedrohung zu sehen, sondern im Gegenteil gewaltige Chancen
für eine Verbesserung der Produkte und
für eine Verbesserung im Kundendialog
und Kundenservice. Wer das Wissen und
die Erfahrungen der breiten Masse, seiner Kunden in diesen Netzgemeinschaften nutzen kann, erhält nicht nur ein
kostenloses Produktfeedback, sondern
darüberhinaus wichtige allge­meine Informationen zum Thema Markenwahrnehmung und Markttrends.
Die wichtigste Frage ist nicht, ob Social
Media eine historische Veränderung in
www.acquisa.de 04/2013
der Interaktion von Kunden mit Unternehmen auslöst und zu Verbesserungen
führen kann, sondern wie. Und in diesem Zusammenhang auch die Frage,
inwieweit neue, ethischen Grundsätzen
folgende Kommunikationsstrategien
entwickelt werden können. Genau hier
müssen Kundenserviceverantwortliche
von Markenherstellern und Dienstleistungsunternehmen nachjustieren: In einer Zeit, in der Wissen theoretisch unbegrenzt verfügbar ist, kann sich der Kundendialog nur dadurch auszeichnen,
wie schnell, reaktionsfähig, kompetent
und authentisch die Beratung ist. Neben
fundierter und fallabschließender Beratung ist es absolut vertrauens­bildend,
die Sprache der Verbraucher zu sprechen
und zu antizipieren, was sie bewegt.
Unternehmen als Enabler
Mit den derzeitigen Kommunikationsmitteln eines Mitmach-Web werden Verbraucher zu Prosumenten: Sie konsumieren Inhalte und Produkte nicht nur,
sie teilen, kommunizieren, erschaffen
und veröffentlichen Informationen. Studien belegen, dass klassische Werbung
durch Informationsüberlastung immer mehr an Wirkung verliert. 78 Pro-
zent der Konsumenten vertrauen den
Kunden­empfehlungen im Internet, und
nur 14 Prozent glauben der Werbung.
34 Prozent der Nutzer teilen ihre Meinung über Marke und Produkte ihrem
sozialen Netzwerk mit.
Dabei sollte es für Unternehmen nicht
darauf ankommen, sich in erster Linie
in jede Twitter- oder Facebook-Kommunikation einzumischen. Viel wichtiger
ist es, dass ein Unternehmen aus Sicht
des Verbrauchers als technischer Ermöglicher und Förderer dieses auf Interaktion, Partizipation und Kollaboration basierenden offenen Meinungsaustauschs fungiert. Der Konsument wird
es mit Erfolgsgeschichten innerhalb
seines Netzwerkes belohnen.
Wie verändert der Einsatz von Social
Media die Anforderungen an Mitarbeiter und deren Ausbildung im Kundenservice? Aktuell können sich Unter­
nehmen nur sehr schwer vorstellen, die
Betreuung der Kommunikation im Mitmach-Web in die Hände von klassischen
Dienstleistungsunternehmen zu geben.
Gerade dort, wo in komplexen Servicesituationen qualifiziertes Fachpersonal,
oftmals intime organisatorische Erfahrung und echtes Anwender-Know-how
von Nöten ist, stoßen klassische Service-
Zentren schnell an ihre natürlichen
Grenzen.
Eine der wichtigsten Aufgaben von
Service­verantwortlichen wird es in
­nächster Zeit sein, eine Antwort auf die
Frage zu finden, wie sie ihre Service-Center näher an den Kunden bekommen,
Verbraucher direkt in die Serviceprozesse einbinden, wie sie reaktionsfähiger
werden und, denn daran hängt alles,
wie sie die nötigen Mitarbeiter bekommen. Die Kernfrage der nahen Zukunft:
Was macht die Arbeit im Kundenservice
für Mitarbeiter wirklich attraktiv?
Noch ist völlig offen, wohin die Eigen­
dynamik und Schnelligkeit des Internets
den Kundendialog führen und welche
neuen Kommunikationsstrategien der
Markt entdecken und entwickeln wird.
Fest steht nur, dass allein ethischen
Grundsätzen folgende neue Kommunikationsstrategien Aussicht auf Erfolg
haben. Und nie war die Zeit günstiger,
um den Souverän des Marktes, den Konsumenten, mündig und selbstbestimmt
in die Kundenservice-Strategie eines Unternehmens einzubeziehen mit dem Ziel
einer ehrlichen und langfristigen Beziehung: think in the head, feel in the heart
and dream in the soul of your customer.
•]
[email protected]  ­€­‚
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† praxis-scout
Duschen für Olympia
Aufgabe | D
er Bad- und Sanitärspezialist Hansgrohe vertreibt ausschließlich über den Großhandel. Werberisch muss er aber auch Fachhandwerker erreichen.
Lösung | M
it einer Kampagne zur Einführung der neuen Handbrause Raindance Select 150
nimmt das Unternehmen die Zielgruppen hinter der Zielgruppe in den Blick.
Text _ Stephanie Streif
Schiltach ist ein kleiner Ort im Schwarzwald. Weil unten im Tal wenig Platz
ist, wurden die Fachwerkhäuser an den
Hang gebaut. Ein paar Gehminuten
vom Ortskern entfernt steht die Firmenzentrale von Hansgrohe. Ein sperriges
­Etwas, das sich im Laufe der Zeit in das
üppige Schwarzwaldgrün hineingeschachtelt hat und heute zu Schiltach
gehört wie die Kinzig, die durch das
Städtchen fließt. Hansgrohe ist einer
der ganz Großen der Sanitärbranche.
Das Unternehmen kommt im Inland auf
einen Marktanteil von über 25 Prozent.
Die von den Schiltachern entwickelten
Badarmaturen und Duschsysteme kommen nicht nur in deutschen Doppelhaushälften vor, sondern auf der Queen
Mary 2 genauso wie im Terminal 5 des
Flughafens Heathrow oder im Burj Khalifa, dem im Dubai stehenden höchsten
Gebäude der Welt. In 42 Ländern ist der
Schwarzwälder Bad- und Sanitärspezialist präsent und hat weltweit rund
3.400 Mitarbeiter. Trotz schwächelnder
Weltwirtschaft brachte es Hansgrohe im
Jahr 2011 auf einen Jahresüberschuss
von 90 Millionen Euro, seine Nettoumsätze kletterten von 360 Millionen Euro
im Jahr 2002 auf 764 Millionen Euro im
Jahr 2011. Besonders dynamisch fiel das
Wachstum in Deutschland und in Osteuropa sowie im Fernen Osten, in Lateinamerika und im südlichen Afrika aus.
China mauserte sich 2011 zum umsatzstärksten Auslandsmarkt.
­ ürde, hätte sich Hans Grohe wohl niew
mals träumen lassen. Über hundert Jahre ist es her, dass er seinen Handwerksbetrieb für Metalldrückwaren gründete
und sich auf Blechbrausen spezialisierte.
Badezimmer gab es damals kaum. Die
von Grohe entwickelte Brause wurde
schnell zu einer erschwinglichen Alternative zur Wanne. Grohe hat den Deutschen das Duschen beigebracht. Mit seinen zwei Hauptmarken Hansgrohe und
Axor bringt es das Unternehmen mittlerweile auf mehr als 2.000 Produkte für Bad
und Küche. Der Einhebel-Küchenmischer
mit Ausziehauslauf gehört genauso dazu
wie die Raindance Select 150 ­Handbrause
mit Strahlumstellung per Knopfdruck
und luftdurchwirbeltem Duschstrahl.
Mit seinen Innovationen habe sich Hansgrohe eine eigene Konjunktur erschaffen, so Siegfried Gänßlen, Vorsitzender
des Hansgrohe-Vorstands, auf dem Branchenportal Shk-journal.de. Im Jahr 2011
lag der Anteil Neuprodukte am Gesamt­
umsatz bei 27 Prozent.
Innovation scheint sich zu lohnen. Auch
in Sachen Marketing: »Wir schieben
nicht jede Botschaft doppelt und dreifach nach draußen«, so Stefan Schraff,
Marketingleiter von Hansgrohe Deutschland. Statt alle Kanäle schwallartig zu füllen, wolle man Informationen nach dem
Kaskaden­prinzip stufenweise fließen
lassen. Und wenn es Sinn macht, auch
mal an der eigenen Kundschaft vorbei.
Innerhalb Deutschlands vertreibt Hans-
Nach dem Kaskadenprinzip
Dass sein Unternehmen mal so viel
­i nternationale Marktpräsenz zeigen
34
www.acquisa.de 04/2013
Die »Go for Gold«kampagne kurbelte
den Verkauf der
neuen HansgroheDuschen an.
des neuen Typs kaufen. Darin enthalten
waren auch ein Thekendisplay mit Gewinnspiel-Flyern für die Endkunden und
goldfarbene Talismane zum Sammeln
und Umtauschen.
Nachhaltig kommuniziert
grohe über drei Stufen, die Distribution
erfolgt aber über den Großhandel. Trotzdem unterstützt das Unternehmen auch
die SHK-Handwerksbetriebe, immerhin
entscheiden sie, welche Armatur ins Bad
kommt und welche nicht. Doch wie die
Zielgruppe hinter der Zielgruppe erreichen? Schraff erzählt, dass nur ein auf
Großhandel und Handwerk ausgerichteter partnerschaftlicher Außendienst garantieren könne, dass eine Pull-Wirkung
entstehe. Flankierend wird geworben –
und zwar bis zum Endkunden.
Im vergangenen Sommer startete Hansgrohe eine mehrstufige, breit gefächerte
Kampagne, die den Partnern aus dem
Fachhandwerk die Möglichkeit bot,
auch ihre Kunden über ein Gewinnspiel
p
Str ategie »Go for Gold«-kampagne
Der Schwarzwälder Bad- und Sanitär­
spezialist Hansgrohe vertreibt ausschließlich über den Großhandel. Dennoch muss
sich das Unternehmen auch um die Partner im Handwerk bemühen – schließlich
sind sie es, die die Marke Hansgrohe in
Küchen und Bäder einbauen.
Ausgangslage: Die Olympiade in London
gibt das Thema für eine breit angelegte, mehrstufige Kampagne vor. Anvisiert wird nicht der
Handel, sondern die innerhalb des Vertriebs
nachgelagerten Fachhandwerker und Endkunden. Ziel der Kampagne: eine neue Handbrause im Markt und innerhalb der Zielgruppe
nachhaltig zu etablieren.
p
Fotos: Hansgrohe
mit einzubinden. Geködert wurden die
Handwerker mit vielen Prämien und
­einer Reise zu den Olympischen Spielen
2012 nach London. Zentrales Element
der Kampagne »Go for Gold« war die
­Raindance Select 150 Handbrause, die
im Oktober 2011 auf den Markt kam.
»2012 waren wir offizieller Ausstatter des
deutschen Olympia-Teams«, so Schraff.
Eine geradezu ideale Partnerschaft, denn
Sport und Duschen gehören schließlich
zusammen. Die Kampagne wurde als
Staffellauf in vier Etappen nach London
konzipiert. Pünktlich zur Einführung
der Raindance Select 150 ging es los: Die
Handwerksbetriebe wurden angeschrieben und konnten sich ­direkt bei Hans­
grohe ein Starterpaket mit sechs Brausen
04/2013 www.acquisa.de
p
Strategie: Die Kampagne startete ein
halbes Jahr vor den Olympischen Spielen in
London und stellte dem Handwerk eine Reise
zur Olympiade in Aussicht. Gewinnen konnte
diese Reise nur, wer sich im Kampagnenzeitraum entsprechend qualifizierte, die von
Hansgrohe geschnürten Staffelpakete bestellte und Punkte sammelte. Weiter konnte das
Fachhandwerk in der Ausstellung seinen Kunden ein Gewinnspiel anbieten.
p Ergebnis: Die neue Handbrause konnte
nachhaltig in den Markt eingeführt werden.
Die Aktion hatte fünfmal mehr Teilnehmer als
vergleichbare Werbeaktionen. Und die Bestellungen lagen sogar weit über dem Faktor fünf.
Nach dem Kampagnenauftakt schnürte
Hansgrohe drei weitere Produktpakete
– mal mit Badarmaturen, mal mit Handbrausen, aber immer mit goldfarbenen
Talismanen. Handwerker, die alle vier
Pakete bestellten, qualifizierten sich für
den Lostopf des Hauptgewinns – der Reise zur Olympiade. Einige von ihnen seien
erst beim zweiten oder dritten Staffelpaket eingestiegen, erinnert sich Schraff.
»Die haben die fehlenden ­Pakete dann
noch nachgeordert.« Dass es mit Hansgrohe in Etappen nach London geht,
wurde natürlich auf der Homepage des
Unternehmens veröffentlicht, aber auch
auf Facebook immer wieder gestreut.
Über Youtube wurde zusätzlich jede
Menge Traffic erzeugt: »Mit einem einzigen Spot konnten wir innerhalb kürzester Zeit über 40.000 Aufrufe generieren«, so Schraff. Natürlich sollte die dort
erlebte Marke Lust auf mehr machen
und die vielen Viewer auch auf Facebook
und die Website schieben. Weitere Zahlen zur Aktion nennt Schraff nicht. Im
Vergleich zu anderen Promo-Aktionen
ähnlichen Zuschnitts sei die Go-for-GoldKampagne aber extrem erfolgreich gewesen. »Wir hatten fünfmal mehr Teilnehmer als sonst. Und die Bestellungen für
­Pakete lagen weit über dem Faktor fünf.«
Doch die Geschichte ist mit dem Flug
von zehn Handwerkern, den Gewinnern
der Aktion, nach London noch nicht fertig erzählt. Auch während der Spiele ließ
Hansgrohe jede Menge Stories twittern
und posten. Sportler, Events und jede
Menge Atmosphäre wurden durch die
Kanäle geschickt. Auf Radio Ohr, einem
regionalen Sender, war täglich ein O-Ton
der Hansgrohe-Jugendreporterin zu hören. Selbst in Fachzeitschriften hinein
wurde das Thema verlängert. »Mit ‚Go
for Gold’ haben wir sehr schnell eine
sehr breite Präsenz aufbauen können«,
so Schraff.
•]
[email protected] 35
Online-Marketing & Social Media _ Second Screen
Eins, zwei oder drei...
Immer öfter schauen Menschen nicht nur fern, sondern nutzen zeitgleich Laptop,
Smartphone oder Tablet. Die Bildschirme verschmelzen zunehmend und machen so eine
transmediale Kommunikation möglich, die den Fernsehmarkt derzeit tüchtig aufmischt.
Text _ Stephanie Streif
Darf’s ein bisschen mehr sein? Immer mehr Deutsche nutzen während des TV-Konsums einen Second Screen.
Ein Second Screen setzt immer einen
First Screen voraus. Doch welcher ist
der erste und welcher der zweite Bildschirm? Vor zwei Jahren noch hätte
vermutlich kein Medien- oder Werbeexperte auf diese Frage ernsthaft ant-
> acquisa.de/newsletter
Newsletter
36
Der acquisa-Newsletter informiert
Sie regelmäßig über aktuelle Entwicklungen und Trends.
worten wollen. »Mir zu blöd« hätte er
vielleicht gemurmelt und sich kopfschüttelnd umgedreht. Ende des Gesprächs. Damals war das TV-Gerät noch
die unangefochtene Nummer eins, an
der alle anderen mobilen Endgeräte
irgendwie mit dran hingen. Heute ist
das anders, oder wie Daniel Schmeißer,
Managing Director des auf Medien- und
Kommunikations­forschung spezialisierten Instituts Phaydon sagen würde:
»Die Grenzen zwischen den Bildschirmen verwischen zunehmend.« Nutzer
lassen sich längst nicht mehr nur vom
Fernseher ins Netz ziehen, sondern
switchen zwischen den Geräten hin
und her. Wie zum Beispiel bei der auf
RTL II ausgestrahlten Daily-Soap »Berlin – Tag & Nacht«, deren Protagonisten
ihre Dialoge auf Facebook fortsetzen
und zum direkten Austausch animieren. Auch andere Sender experimentieren längst mit Facebook und SecondScreen-Apps, um das Erleben bei DailySoaps, Live-Events und Casting-Shows
zu intensivieren und die Nutzer über
www.acquisa.de 04/2013
Interview »Zerschnittene Customer Journey«
das lineare Erlebnis hinaus an das Format zu binden.
Noch radikaler ist das, was zum Beispiel
mit Youtube Leanback möglich ist: Die
auf der Plattform stehenden Videos
werden an die automatische Wieder­
gabe in Vollbild und in High Definition, kurz HD, angepasst und über die
Tastatur benutzerdefiniert eingestellt.
»Der Fernseher ist dann nur noch Abspielmedium und das mobile Endgerät
die Steuerungszentrale«, so Schmeißer.
Aus Internet und Fernsehen werde über
kurz oder lang Smart TV, das eine ganz
neue Art von Nutzung möglich mache
– eine vernetzte statt einer linearen.
Schmeißer bezeichnet das als »Paradigmenwechsel«, und in der von Phaydon aufgelegten Studie »Couchpotato
3.0« ­werden sieben Thesen aufgestellt,
die eben diesen Paradigmenwechsel
beschreiben (siehe Kasten S.38). »Der
Second Screen erobert die Wohnzimmer«, heißt es darin. Und weiter: »Die
parallele Nutzung verschiedener Endgeräte beschleunigt den Trend zu Individualisierung und Fragmentierung
der Fernsehnutzung. Social TV wird
bei den Digital Natives zur neuen Form
der Fernsehrezeption.« Auch spannend:
Was in Sachen Marken­kommunikation
künftig möglich sein soll. Werbung sei
dann nicht mehr disruptiv und eindimensional, sondern werde interaktiver
und involviere den Nutzer durch transmediales Story­telling auf verschiedenen
Plattformen.
Foto: Goodluz /shutterstock.com
Vernetzt statt linear
Doch erst einmal zurück in die Gegenwart: Ein Blick in deutsche Wohn­
zimmer verrät, dass dort bereits jede
Menge erste, zweite und vielleicht sogar schon dritte Bildschirme genutzt
werden, sie aber nur selten inhaltlich
oder technisch zusammenhängen.
Zwar schauen 55 Prozent mit einem Second Screen auf dem Schoß oder in der
Hand Fernsehen, nutzen diesen aber vor
allem, um nebenher Mails zu checken
(47,7 Prozent), durchs Internet zu streifen (49 Prozent) oder sich auf ­sozialen
Plattformen auszutauschen (35,6 Prozent), so die Studien­ergebnisse des [ …
04/2013 www.acquisa.de
Mirko Caspar, Geschäftsführer des BrillenVersandhändlers Mister Spex, begreift den
Second Screen als echte Herausforderung
und rät Online-Unternehmen dazu, auf TV
genauso präzise und analytisch vorzugehen wie im Web.
acquisa: Wie bringen die Online-Händler den
First und den Second Screen zusammen?
Mirko Caspar: Das ist eine Herausforderung.
Das wichtigste ist, dass man die gleiche Präzision und Analytik, die man heute aufwendet,
um die Online-Journeys der Nutzer zu verstehen und Web-Kampagnen zu optimieren,
auch auf TV anwendet und sich nicht nur
von Agenturen schöne Spots kreieren lässt.
acquisa: Worauf sollten Online-Händler
beim Einsatz von TV als weiterem Bildschirm achten?
Caspar: Wichtig ist, vorab zu klären, wo
ich mit meiner Marke im Vergleich zum
Wettbewerb stehe und wobei genau mir TV
helfen soll. Geht es um eine Produkteinführung, um neue Zielgruppen oder plane
ich, mit einem TV-Spot meinen Abverkauf
anzukurbeln. Wer sich für das Medium TV
entscheidet, sollte sowohl die direkten als
auch die indirekten Effekte seiner Spots
messen. Wir tracken den direkten Effekt
auf Sekundenebene und filtern heraus, wie
viele Zuschauer vor, während und unmittelbar nach dem Spot in unseren Shop kommen. Die Testgruppe muss groß genug sein,
um Veränderungen außerhalb des gewöhnlichen Nutzungskorridors registrieren zu
können.
acquisa: Bildet dieser sprunghafte Anstieg
den TV-Effekt richtig ab?
Mirko Caspar, Geschäftsführer des
Brillen-Versandhändlers Mister Spex.
Caspar: Nicht allein. Letztlich misst er
nur die Reaktionen der Leute, die auch
tatsächlich mit einem Second Screen auf
dem Schoß vor dem Fernseher sitzen. Aber
natürlich wirkt der Spot darüberhinaus –
zum Beispiel bei Leuten, die erst zwei, drei
Tage später in den Online-Shop kommen
und vielleicht etwas kaufen. Um diese
zeitver­zögerten Effekte messen zu können,
braucht man ein klassisches Regressions­
modell. Aber ein Problem besteht schon
beim ­Messen des direkten Effekts: Früher
ließ sich die Customer Journey über Cookies
vergleichsweise einfach nachvollziehen.
Heute hat ein und derselbe Nutzer mehrere
Screens. Gut möglich also, dass er vor dem
Kauf eines Produktes schon öfters über
andere Geräte auf meiner Seite war, ohne
dass ich das weiß.
acquisa: Bedeutet ganz praktisch?
Caspar: Mal angenommen, ein einzelner TVSpot kostet mich 20.000 Euro und ich messe
initial, also in den ersten paar Minuten nach
Ausstrahlungsbeginn, 5.000 zusätzliche Visitors, dann weiß ich, dass mich jeder Visitor
vier Euro kostet. Wenn ich wissen will, wie
viele davon auch kaufen, habe ich schon
Schwierigkeiten aufgrund der durch unterschiedliche Geräte zerschnittenen Customer
Journey. Zudem fehlt mir der Effekt der
Visitors, die erst später meine Seite auf­
suchen. Um auch diese aufzuspüren, schaut
man sich zum Beispiel die Entwicklung der
TV-Kosten im Vergleich zur Entwicklung der
Visitors auf Wochen- oder Monatsebene an
– idealerweise in einem Regressionsmodell.
So komme ich auf die Kosten pro Visitor im
Gesamteffekt und kann mit diesem einmal
berechneten Verhältnis weiter arbeiten, weil
es eher stabil bleibt.
Um die Visitors, die sich erst nach ein paar
Tagen auf meine Plattform klicken, aufzuspüren, frage ich innerhalb einer Woche
die Wirkung meines Spots online ab und
kann so die Anzahl der Visitor ermitteln.
Die dividiere ich durch die auf eine Woche
hochgerechneten Spot-Kosten und komme
so auf die Kosten pro Visitor ohne Second
Screen. Kenne ich einmal das Verhältnis
zwischen den Visitors mit und den Visitors
ohne zweiten Bildschirm, kann ich immer
wieder damit operieren.
37
Online-Marketing & Social Media _ Second Screen
auf den Online-Markt spezialisierten Beratungsunternehmens Fittkau & Maaß
Consulting. Auf laufende Sendungen
(10,2 Prozent) oder Werbung (1,8 Prozent) reagieren hingegen nur wenige.
Weiter dokumentiert der W3B-Report,
dass zwar heute bei jedem dritten Online-Nutzer ein internetfähiges Fernsehgerät stehe, doch als Online-Zugang
wird dieses nur selten bis nie benutzt.
All das klingt noch nicht nach Revolution, aber nach einer klar auszumachenden Tendenz, an der jede Menge
Unternehmen verdienen wollen – Online-Shops genauso wie TV-Sender und
App-Entwickler.
E-Commerce über zwei Bildschirme
Experimentiert wird viel. Und in ­alle
Richtungen: Dass nach einen Ludwigsburger »Tatort« online weiter­ermitteln
kann, wer will, oder die App Pro­
sieben-Connect es den Zuschauern ermöglicht, sich rund um die Uhr über
Lieblingsformate auszutauschen, an
Backstage-Infos heranzukommen oder
Tweets darüber mitzuverfolgen, sind
nur zwei und schon längst nicht mehr
die originellsten Spielarten von Second
Screen. In der Vorweihnachtszeit hat
p
Bei Wywy
können
­TV-Zuschauer
über ihr Smartphone oder
Tablet Kleider
einkaufen:
Otto als eines der ersten Unternehmen
in Deutschland seine TV-Kampagne mit
einer Second-Screen-Maßnahme kombiniert, um so aus einem passiven einen
aktiven Zuschauer zu machen. Das Prozedere: Die App von Ottos Kooperationspartner Couchfunk zählte für ihre Nutzer die noch verbleibende Zeit bis zum
nächsten Otto-TV-Spot im Countdown
runter. Zeitgleich zur Ausstrahlung
konnten diese dann an einem Spiel teilnehmen und die im Spot gezeigten Produkte gewinnen. Innerhalb des fünfwöchigen Aktionszeitraums im ­November
und Dezember 2012 verzeichnete
info sieben thesen zum fernsehen der zukunft
»Der Second Screen erobert die Wohnzimmer«, heißt es in der von Phaydon aufgelegten Studie »Couchpotato 3.0«.
p
Couchpotato goes interactive. die
­ roberung des Second Screens durch die
E
Konsumenten in Deutschland
p Konvergente TV-Nutzung ist Lean-BackRezeption. Apps bringen das Internet ins
Wohnzimmer
p Eintauchen statt Wegzappen. neue Wege durch interaktive Werbung
p
Individuelle Inspiration. das Geheimnis des personalisierten Programms
p Vom Wohnzimmer zum virtuellen Lagerfeuer. Social TV schafft digitale Gemeinschaftserlebnisse
p Smart Search. intelligente Empfehlungen
p
als Wegweiser im wachsenden Programm­
dschungel
Der Zuschauer als Programmmanager.
CatchUp TV als Zugpferd für zeit- und ortsunabhängiges Smart TV
Quelle: Phaydon Research + Consulting: Couchpotato 3.0 – wie wir in Zukunft fernsehen! Ergebnisse einer Studie zu
Potenzialen und Trends von Smart und Social TV.
38
Couchfunk über 360.000 Adviews und
über 10.000 Adclicks bei mehr als 7.600
Teilnehmern. Nach Meinung von Couchfunk-Marketing-Leiter Frank Barth war
das erst der Anfang. »Die Verbindung
von Fernsehen und E-Commerce wird
2013 eines der zentralen Themen.« Kein
Wunder, dass auch Axel Springer in das
Second-Screen-Geschäft eingestiegen ist.
Ende Februar übernahm der Medienkonzern das Berliner Start-up Tuned-In und
nimmt seither den zweiten Bildschirm
in seinen Fokus.
Einkaufen via TV-App
Eine App mit jeder Menge werberischem Potenzial ist auch Wywy: Während eine Sendung läuft, checkt die in
Kooperation mit dem Start-up Stage­
fisher entwickelte App per Audioerkennung (ACR-Technologie) den Nutzer
automatisch ein und kann über ein mobiles Endgerät die für ihn relevanten
Inhalte abfragen. Ganz praktisch heißt
das, dass TV-Zuschauer über ihr Smartphone oder Tablet Kleider einkaufen
können, die ihre Stars in Sendungen
wie »How I met your mother« oder
»Gossip Girl« tragen. Für jeden Checkin gibt es Bonuspunkte, die gegen Prämien wie Amazon-Gutscheine eingetauscht werden können. Weiter erlaubt
die ACR-Technologie die Erkennung,
was der Second-Screen-Nutzer gerade
schaut, sodass zu einem TV-Spot synchron die korrespondierende OnlineWerbung ausgeliefert werden kann, die
den Werbespot aufs Smartphone verwww.acquisa.de 04/2013
längert und einen interaktiven Rückkanal für TV-Werbung schafft. Ganz
ähnlich funktioniert die App Shazam,
wie sie Toyota im Sommer vergangenen
Jahres für einen Spot einsetzte. Schon
während des Spots hat der Autobauer
dazu aufgefordert, Shazam zu nutzen,
um so alle mobil verfügbaren und relevanten Infos zum neuen Toyota Yaris
mit Hybrid­a ntrieb über den Second
Screen abrufen zu können.
Second Screen im Kundendialog
Boris von Heesen, Geschäftsführer von
Anywab, einer Unternehmensberatung
für digitales Feedback, glaubt, dass
­Second Screen im Kundendialog sehr
viel leisten kann, unter anderem auch
weil die dort geschaltete Werbung nicht
als Programmunterbrechung, sondern
als interaktives Feature wahrgenommen wird. »Die Möglichkeiten für Werbung und E-Commerce sind mannigfaltig, weil genug Reichweite vorhanden
ist«, so von Heesen. Ein Sender, der sich
darauf verstehe, könne leicht Hunderttausende motivieren, TV und Internet
vernetzt zu nutzen. Wichtigste Voraussetzung für die Parallelnutzung ist die
Bindungskraft, die ein Sender auf dem
Second Screen hat. Besonders hoch, so
das Ergebnis der von Anywab durchgeführten Untersuchung »Second Screen
One«, ist diese bei den Spartensendern
Viva (62 Prozent der Zuschauer nutzen
Second Screen), Super RTL, Tele 5 (beide 59 Prozent) und DMAX (58 Prozent),
gefolgt von 3Sat (58 Prozent) und Pro7
(50 Prozent). Aber weil immer noch
ein bisschen mehr geht, maximieren
die Sender die Einschaltimpulse, denn
­höhere Reichweite bedeutet auch immer mehr Werbeeinnahmen.
Auf Prosieben etwa wird der Zuschauerkontakt durch Interaktionen, Social-TVMaßnahmen und Loyality-Programme
intensiviert. »Gerade der jungen Zielgruppe wollen wir einen echten Mehrwert bieten und sie dauerhaft und
nachhaltig für ein Format begeistern«,
sagt Thomas Wagner, Vorsitzender der
Geschäftsführung von Sevenone Media,
Prosiebens Werbezeitvermarkter. Parallel gilt es auch, die Werbekunden mit
neuen vernetzten Werbeformen glücklich zu machen. Ideen werden derzeit
entwickelt und getestet. Dazu Wagner:
»Denkbar sind hier neben den bereits
buchbaren statischen und bewegten
Onlinewerbeformen beispielsweise kundenindividuell gebrandete Umfrage­
module, ganze Kunden-Specials oder gebrandete Badges als virtuelle Belohnung
für eine bestimmte Aktion des Users
innerhalb der App.« Die transmediale
Kommunikation ist längst Realität,
aller­dings muss sie, um zum Standard
zu werden, entsprechend ausgestaltet und beworben werden. Ohne relevanten Content und spannende ­Stories
geht gar nichts. Alle zur Ver­f ügung
stehenden Screens brauchen ihre eigene Geschichte, deren Inhalte raffiniert
hin und her gespielt werden. »Bei neuen Formaten sollte von vornherein geprüft werden, ob eine Integration von
Social Media Sinn ergibt oder nicht«,
rät Stefanie Aßmann, Digital Consultant bei der Hamburger Agentur Elb-
Als eines der ers­
ten Unternehmen
in Deutschland
kombinierte Otto
seine TV-Kampagne mit einer
Second-ScreenMaßnahme.
04/2013 www.acquisa.de
»Die Möglichkeiten für
Werbung und E-Commerce
sind mannigfaltig, weil
genug Reichweite vorhanden ist.«
Boris von Heesen, Geschäftsführer
­Anywab, Darmstadt
kind. Format, Zielgruppe und Kanäle
müssten außerdem zusammenpassen.
Weiter müsse mitbedacht werden, wie
viel Infos eine Zielgruppe verkrafte
und welche Aufmerksamkeitsspanne
sie habe. »Zu viel Input in zu kurzer
Zeit kann vor allem ältere Zielgruppen
schnell über­fordern«, so Aßmann.
Dass sich die Sender multimedialer
und damit jünger machen, hat seinen
Grund. Das Web macht ihnen Konkurrenz, denn vor allem die jungen
Zielgruppen sind dem TV-Gerät längst
nicht mehr so hörig wie die älteren.
Wie die Anywab-Studie belegt, surfen
bereits jetzt 83 Prozent der Internet­
user beim Fernsehen durchs Web. Aus
Langeweile etwa? Oder weil Multi­
tasking längst gelernt ist? Gut möglich.
Aßmann argumentiert noch in eine andere Richtung. Die Jungen hätten den
Paradigmenwechsel bereits vollzogen.
Ihr First Screen sei das Laptop. »Sie
entscheiden völlig selbstbestimmt, wo
und wann sie die Inhalte sehen möchten.« Auf die Frage, welcher Bildschirm
der erste und welcher der zweite ist,
scheint es noch immer keine befriedigende Antwort zu geben. Klingt nach
Henne-Ei-Problematik.
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[email protected] 39
Online-Marketing & Social Media _ Multichannel Management
One face to the customer
Omnichannel heißt ein neues Zauberwort im Handel. Dieses neue Schlagwort beinhaltet,
dass alle am Handel beteiligten Player dazu übergehen müssen, den Verkauf nicht länger als
einen kanalbezogenen Vorgang, sondern vielmehr als Ganzes zu betrachten.
Text _ Peter Hartmann
­­W ährend man in der Vergangenheit
zwar die einzelnen Kanäle wie Versand­
handel, Webshop, stationären Handel,
Direktverkauf oder den Verkauf über
Vertreter sehr wohl kannte und auch
recht aktiv eigenständig jeweils in
­seinem Kanal agierte, haben sich die
Möglichkeiten und damit der Anspruch
des Kunden signifikant verändert.
Der Kunde kann sich – bedingt durch die
neue Mobilität, die das Internet möglich
gemacht hat – heute um­fassend, flexibel
und schnell informieren. Das bedeutet,
dass er die Angebote der herkömmlichen
Werbung zwar nach wie vor durchaus
wahrnimmt. Jedoch wird er sich mithil­
fe von Apps über sein Smartphone oder
Tablet in aller Regel vor einer endgül­
tigen Kaufentscheidung noch einmal
kurz über alternative An­gebote infor­
mieren und vergleichen. Was bedeuten
diese Entwicklungen für den Markt, die
Kunden und die Anbieter?
Aus der Sicht des Kunden haben sich
neue Welten geöffnet. Er kann sich ­­24
Stunden am Tag, sieben Tage pro Wo­
Autor
Peter Hartmann
ist Vorsitzender
des Vorstandes der
SPH AG. Neben
der Entwicklung von Software gehört
die ganzheitliche IT-Beratung in allen
Bereichen des Direkt-Marketing zu den
Kernkompetenzen des Unternehmens.
p
www.sph-ag.com
40
che, an 365 Tagen im Jahr rund um
den Globus informieren. Dabei spielt
es keine Rolle mehr, ob es um Reise­
informationen, Flugbuchungen, Ho­
tel- oder Autobuchungen, Handel oder
Artikel des täglichen Bedarfs wie Beklei­
dung, Sportartikel, Freizeitartikel usw.
handelt. Selbst der Vertrieb von sen­
siblen Produkten wie Versicherungen
jeder Art oder Finanzierungsangeboten
mitteln, löst er gleichzeitig eine Atmos­
phäre des Wohlbehagens und auch des
Vertrauens aus. Und in einer solchen
Atmosphäre ist plötzlich der günstigste
Preis nicht mehr der allein treibende
Faktor. Im Gegenteil: Auch ein höherer
Preis wird mit Freude akzeptiert. Ein für
beide Seiten angenehmes Szenario.
Was kann sich der Anbieter eigentlich
noch mehr wünschen? Natürlich eine
»Selbst der Vertrieb von sensiblen Produkten ist
im Internet völlig normal geworden. Online ist
alles möglich – und zwar im Idealfall schnell,
komfortabel und einfach.«
ist heute im Internet völlig normal ge­
worden. Online ist alles möglich – und
zwar im Idealfall schnell, komfortabel
und einfach.
Auch das Web schafft Erlebnisse
Das geht so weit, dass sogar das produ­
zierende Gewerbe seinen Kunden im In­
ternet individuelle Lösungen bietet. Es
ist überhaupt kein Problem, seine neue
Küche, das Mountainbike oder auch das
Kraftfahrzeug im Internet nach seinen
individuellen Wünschen und Anforde­
rungen zu konfigurieren. Und dies auf
eine spielerische Art, die Freude berei­
tet. Genau an dieser Stelle liegt dann
auch das Verkaufsgeheimnis: Der Kunde
kauft nicht nur aus Vorfreude auf den
Artikel oder die Dienstleistung, sondern
auch aus Freude über den Einkaufsvor­
gang. Wenn der Anbieter es schafft, dem
Kunden ein Gefühl der Freude zu ver­
gesicherte Zahlung. Doch dieses Thema
ist dank neuer Zahlungsarten wie zum
Beispiel Paypal eigentlich schon weitest­
gehend gelöst.
Und hiermit sind wir beim Anbieter.
Wie können wir nun die beschriebene
Zufriedenheit und Freude beim Kunden
erreichen oder steigern? Der Anbieter
muss zunächst einmal alle seine Ver­
kaufskanäle auf den Prüfstand stellen.
Das bedeutet, die Verkaufskanäle sind
Chefsache und nicht mehr in der Ver­
antwortung von Bereichsleitern. Die
Verkaufsziele der Bereichsleiter sollen
nicht entfallen, es gibt kein Zurück­
lehnen und die anderen mal machen
lassen. Aber es gibt im Sinne des Ge­
schäftserfolges insgesamt ein höher
anzusiedelndes Ziel: eine umfassende
Kundenzufriedenheit. Und um diese zu
erreichen, darf es keine kleinkarierten
Grabenkämpfe zwischen Versandhan­
del und Webshop und Stores mehr ge­
www.acquisa.de 04/2013
ben. Jeder trägt durch seine positive
Ein­stellung und eine optimalen Verzah­
nung zum Wohle des Kunden bei.
Einige Beispiele: Wie viel Freude be­
reiten Sie einem Kunden, dem Sie aus
dem Versandhandel einen Gutschein
zusenden? Er wird beim Stadtbummel
in Ihrem Store vorbeischauen. Noch
ohne konkrete Kaufabsicht, aber im
Bewusstsein, einen Gutschein einlösen
zu können. Wenn nun das PoS-System
des Stores den Kunden kennt und auch
> twitter.com/acquisa
Hier twittert die Redaktion acquisa
Aktuelles und Wissenswertes aus
der Marketingwelt.
den Gutschein im System sieht, kann
das Verkaufsgespräch positiv laufen
und keine Fragen oder Zweifel am Gut­
schein werden den Verkaufsprozess
stören.
Den Kunden glücklich machen
In einem anderen denkbaren Szenario
kommt ein Kunde auf einem Ausflug in
Hamburg an einem Ihrer Stores vorbei
und hat wegen eines kleinen Defektes
Reparaturbedarf an seinem Schuh, zieht
aber auch in Erwägung, ein neues Paar
zu kaufen. Wird der Reparaturwunsch
abgelehnt, weil der defekte Schuh in
einem anderen Store gekauft wurde,
können Sie den Verkauf des ­neuen Paars
Schuhe getrost vergessen. Und das pas­
siert oft. Machen Sie den Kunden glück­
lich, indem Sie seine Reparatur anneh­
men und ihm gleichzeitig einen neuen
Schuh verkaufen. Animieren Sie Ihren
Kunden, den Katalog mitzunehmen
oder lassen Sie ihn blättern, vielleicht
lässt er sich einen weiteren Artikel nach
Hause schicken. Falls der Kunde fragt,
ob dieser oder jener Artikel auch in Ih­
rem Store an seinem Heimatort verfüg­
bar ist, sollte ein Blick in das IT-System
ausreichen, um eine verlässliche Ant­
wort geben zu können.
Führen Sie den Kunden auch in Ihren
Webshop: Das kann aus dem Call-Center
heraus erfolgen, aber auch im Store. Ha­
04/2013 www.acquisa.de
ben Sie den Mut dazu. Der Kunde ver­
bindet mit Ihrer Offenheit und Ihrer
Empfehlung ein Vertrauen in Ihre Pro­
dukte. Er erkennt, dass Sie sich um ihn
als Kunden kümmern und nicht fürch­
ten, dass er möglicherweise über den
von Ihnen bearbeiteten Verkaufskanal
keinen Umsatz macht.
Für Webshops ist es von großer Bedeu­
tung, dass sie dem Kunden das Leben
so leicht wie möglich machen. Gestal­
ten Sie die Navigation so einfach, dass
sie sich auch Kindern sofort erschließt.
Lassen Sie doch einmal Kinder Ihren
Webshop testen. Die Begabung der Kin­
der löst häufig die Probleme, bei denen
die Erwachsenen im Webshop dann aus­
steigen. Und jeder Ausstieg ist ein verlo­
rener Auftrag und hinterlässt ­eine Unzu­
friedenheit beim Kunden. Die Rückkehr
eines Abbrechers in Ihren Webshop ist
dann sehr unwahrscheinlich.
Es ist heute modern und zählt zur
­Routine der Generation Online, an­
deren Menschen über das Internet
mitzuteilen, wie begeistert man von
einem Produkt, einer Dienstleistung
oder auch einem Anbieter ist – im um­
gekehrten Fall natürlich auch, wie un­
zufrieden man ist. Was liegt näher, als
Plattformen wie Facebook und Twitter
zu nutzen. Die meisten User haben
dort eine Vielzahl von Freunden, die
wiederum ebenfalls Freunde haben.
zentrale Rolle. Sie sorgt einerseits dafür,
dass den Kunden ein optimaler Service,
von der Information über die Produkt­
präsentation, einen zügigen Versand,
eventuellem Retourenservice bis hin zu
einer korrekten Rechnungsstellung mit
diversen Zahlungsmöglichkeiten gebo­
ten wird.
Transparenz über alle Kanäle
Anbieterseitig sorgt sie für hohe Trans­
parenz über alle Kanäle und die Mög­
lichkeit, den Erfolg jedes einzelnen
Kanals zu messen und entsprechend
zu honorieren. Hier soll das Honorie­
ren so verstanden werden, dass jeder
Verkaufsvorgang die Information des
Channels beinhaltet, zusätzlich stets
speichert, wie die Bestellung zum Kun­
den kommt, welcher Store und welche
Verkäuferin aktiv war. Hieraus lassen
sich die Provisionsabrechnungen ab­
leiten. Und – was ebenfalls wichtig ist
– bei allen Retouren kann der Verkaufs­
vorgang auf den Ursprung zurückge­
führt werden. Das hieße im Falle einer
Retoure, dass auch die Provision wie­
der belastet werden kann, falls dies ge­
wünscht ist. In intergrierten BusinessIntelligence-Systemen kann der Erfolg
von Werbung dann nach den einzelnen
Channels heruntergebrochen werden
und beispielsweise zusätzlich ausge­
»Unternehmen müssen ihre Verkaufskanäle ­
auf den Prüfstand stellen. Sie müssen
Chefsache sein – und nicht mehr in der
Verantwortung von Bereichsleitern stehen.«
Über ­diese Netzwerke hat der Versen­
der ­heute die Möglichkeit, eine Werbe­
information in den Worten des Kunden
x-fach zu multi­plizieren. Reichweiten
von 1.000 bis 10.000 sind dabei keine
Seltenheit, und zwar unabhängig von
Ihrem eigenen Standort. Jeder Direkt­
marketer sollte heute sein eigenes Board
haben und dort posten, was für das
­Thema Kundenzufriedenheit relevant
ist. Die Software im Hintergrund spielt
beim Omnichannel-Management eine
wertet werden, ob im Store Aufträge
für den Versandhandel generiert wor­
den sind.
Es ist diese Transparenz und die Ver­
zahnung aller Verkaufsaktivitäten
in allen Ka­n älen, die beides fördert:
Die Möglichkeiten des Unternehmers
hinsichtlich einer erfolgreichen Ge­
schäftsführung und -planung und an
allererster Stelle die Freude und ehr­
liche Zu­friedenheit des Kunden.
•]
[email protected] 41
bücher _ Neuerscheinungen
Buch des Monats
Mehr als eine Vermutung
Lena Hautzer,
Marco Lünich,
Patrick Rössler
Social Navigation
Nomos Verlag
Baden-Baden 2012
34 Euro
218 Seiten
Christian Belz
Stark im Vertrieb
»Die 11 Hebel für ein schlagkräftiges
Verkaufsmanagement«
Schaeffer-Pöschel, Stuttgart 2013
49,95 Euro, 167 Seiten
Die Führung machts
In Zeiten, da die Komplexität im Verkauf stetig steigt und die Ressourcen knapp sind,
drohen Marketing und Vertrieb zu pulverisieren. Um das zu verhindern, verfolgt Christian
Belz in diesem Buch zwei zentrale Thesen:
Nur eine starke Führung kann die teilweise
konkurrierenden Ziele zusammenführen.
Und weil die Strukturen jedes Unternehmens
unter­schiedlich gewachsen sind, gibt es keine Universaltheorie. Nur wer die wichtigsten
Themen herauszugreifen und Akzente zu setzen vermag, wird Erfolg haben. Entlang dieser
Idee strukturiert der Autor das Buch, indem er
die »Top 11« in der Verkaufsführung herausarbeitet.
acquisa meint: Stringent verfolgt der Autor
sein Ziel, Akzente zu setzen. Das ist auch der
Maßstab dieses Buches, was sich nicht zuletzt
im Umfang bemerkbar macht. Ein hervorragendes Buch, um Fachwissen aufzugreifen und die
eigene Ausrichtung im Verkauf zu hinterfragen
und zu überprüfen. (cp)
42
Diese wissenschaftliche Veröffentlichung beschäftigt sich mit Weiterempfehlungen jeder Art, mit besonderem
Fokus auf soziale Netzwerke. Es geht
um Weiterleitungen von Medieninhalten, aber auch um Tags, Bewertungen
etc. Ausgeklammert wird Social Navigation mit rein werblichem Inhalt. Die
Modellierung des Prozesses basiert auf
einem Dynamisch-Transaktionalen Ansatz. Auch auf das Gatekeeping-Konzept
greifen die Autoren zurück. Der empirische Teil dieser Arbeit konzentriert
sich dabei auf die Mikroebene: also die
beteiligten Personen, zwischen denen
Weiterempfehlungen stattfinden, und
die geteilten Inhalte selbst.
acquisa meint: Das Buch unterstützt die gängigen Annahmen im Online-Marketing über die
Wirkungsweise von Social Media. Für Marketer,
die gerne mal einen Blick in wissenschaftliche
Werke werfen, vielleicht trotzdem – und trotz
der wissenschaftlichen Sprache – eine lohnenswerte Lektüre. (ms)
... und Schokolade
Virgil Schmid
Spielend verkaufen
Redline Verlag
München 2013
24,99 Euro
196 Seiten
Eines der einfachsten und gleichzeitig
überzeugendsten Beispiele für spiele-
risches Marketing ist wahrscheinlich das
Überraschungsei. Um Ansätze wie diesen
geht es Virgil Schmid in diesem Buch. Er
beleuchtet darin spielerische Formen
in der Warenpräsentation, im Kundenservice, auf Websites, in der Werbung,
in den Social Media, im Markenaufbau
sowie – im Verkaufsseminar. Schmid
mischt dazu kurze allgemeine Erörterungen mit vielen Beispielen aus kleinen
oder großen Unternehmen aller Art.
acquisa meint: Auf dieses Buch, das man von
außen leicht für einen weiteren Vertriebsratgeber hält, muss man sich einlassen wollen.
Nicht nur weil es am Anfang eine klare Struktur
verweigert, und mit dem nicht mehr ganz frischen Beispiel Mymuesli einsteigt. Dafür wird
man mit vielen Schmunzlern und sicher der ein
oder anderen nützlichen Idee belohnt. Dass auf
Bilder zugunsten von QR-Codes verzichtet wird,
ist schade, aber angesichts der Menge an Beispielen doch verständlich. Eine nette Lektüre
für zwischendurch. (ms)
Digitales Dickicht
Anja SchüürLangkau (Hrsg.)
Media- und
Marketingstrate­
gien in digitalen
Zeiten
Springer
Fachmedien
Wiesbaden 2012
24,95 Euro
114 Seiten
Dieser Band versammelt diverse Interviews des Fachmagazins Media Spectrum aus den Jahren 2011 und 2012.
Das Buch ist in drei Kapitel unterteilt.
Im ersten geht es um allgemeine Trends
in Medien und Media sowie um Marktforschung. Zu Wort kommen hier unter
anderem Jens-Uwe Steffens von Pilot,
Thomas Strerath von Ogilvy & Mather
Deutschland, Ralf Ganzenmüller von
Ipsos und Prof. Dr. Dr. Manfred Spitzer
von der Universitätsklinik Ulm. Das
zweite Kapitel verhandelt die Themen
Marketing und Markenführung, Interviewpartner sind zum Beispiel Prof. Dr.
www.acquisa.de 04/2013
Dr. h.c. mult. Heribert Meffert von der
Universität Münster, Prof. Dr. Manfred
Bruhn von der Universität Basel und
Bitkom-Präsident Prof. Dieter Kempf.
Die Best-Practice-Beispiele des abschließenden Kapitels beziehen sich auf »übliche Verdächtige« wie Otto und Audi.
acquisa meint: Das Buch steigt sehr gut ein, indem es die Finger in diverse Wunden wie den Intermedia-Vergleich, Branding in der Online-Welt
und den sehr hohen Aufwand hinter echter
One-to-One-Kommunikation legt. Im weiteren
Verlauf geht es allerdings mehr als einmal weit
über das Thema Marketing und Media im engeren Sinne hinaus. Somit stellt sich die Frage,
was dieses Buch von den vielen Monographien
zum Thema abheben soll. Chance vertan. (ms)
Mehr SEO als Social
Dirk Schiff
Social SEO
Verlag Hüthig Jehle
Rehm
Heidelberg 2013
19,95 Euro
336 Seiten
Positiv denken lassen
Klaus Angerbauer
Hört auf zu verkaufen
Haufe-Lexware
Freiburg 2013
29,95 Euro
238 Seiten
Es gibt keine geborenen Verkäufer. Sagt
Klaus Angerbauer, der seit 15 Jahren
weltweit als Verkaufstrainer und Coach
aktiv ist. Denn für Vertriebserfolg seien
zu viele verschiedene Eigenschaften erforderlich, wie Extrovertiertheit UND
Empathie. Das Neuro Associative Selling
(NAS), das in diesem Buch vorgestellt
wird und auf empirischer Basis entwickelt wurde, soll verschiedenen Verkäufertypen in ihrem Business helfen, denn
es setzt bei der Kaufmotivation und den
unbewussten Bedürfnissen des Kunden
an. Und damit bei dessen Gehirn, dem
Ort, an dem die Kaufentscheidungen
fallen. Dort sollen positive Assoziationen erzeugt werden. Dazu werden 10
Parameter herangezogen, die im Einflussbereich des Vertriebsmitarbeiters
liegen und zu einem erfolgreichen Ausgang des Verkaufsgesprächs beitragen.
Zum Beispiel Sympathie, Vertrauen und
Kompetenz. Am Ende geht es noch um
Einwandbehandlung, Preisverhandlung
und Selfempowerment im Kontext der
NAS-Strategie.
acquisa meint: Das Buch erscheint wie acquisa bei Haufe-Lexware. (ms)
Herzlich Willkommen
im Hotel Park Soltau
Naturnah & Erfogreich Tagen
Social Signals werden in Zukunft für das
Google-Ranking immer wichtiger werden, denn sie sind – ähnlich wie Links
– Hinweise auf eine Empfehlung. Insofern ist dieses Buch von hoher Relevanz.
Doch zunächst holt es den Leser bei den
Basics der klassischen Suchmaschinenoptimierung ab. Dann geht es mitten
rein ins Social-Media-Getümmel. Dabei
spielt Google+ naheliegenderweise eine
wichtigere Rolle als seinem Marktanteil
entspricht. Doch das Buch thematisiert
nicht ausschließlich SEO im engeren
Sinne, sondern streift auch viele weitere
Online-Marketing-Möglichlichkeiten.
acquisa meint: Dieses Buch punktet mit einer wirklich verständlichen Sprache. Inhaltlich
bleibt es ebenfalls eher basic, wird der Komplexität des Themas jedoch trotzdem gut gerecht.
Der eng gefasste Titel verschleiert allerdings
ein wenig den breiten Fokus. Für Einsteiger auf
jeden Fall empfehlenswert. (ms)
04/2013 www.acquisa.de
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Vertrieb & Verkauf _ E-Commerce
Fröhlicher Category-Roll-out
Der E-Commerce erschließt sich stetig neue Produktkategorien – auch vermeintlich
»nicht online vertreibbare«. acquisa skizziert, welcher Verkaufsprozesse es bedarf, damit
sich neue E-Shop-Segmente durchsetzen.
Text _ Kristina Schreiber
Die zweite Welle des E-Commerce rollt.
Neue Handelskategorien werden mit
Verve online ausgerollt und Prozesse
bis zum After Sales durchdacht. Sogar
maßgebaute Brillen gibt es längst per
Mausklick. Und das umstrittene E-Food
kommt möglicherweise bald in größerem Stile wirtschaftlich, pünktlich und
vorbildlich gekühlt ins Haus. »Der Trend
von Universal- zu Spezialhandel wird
sich weiter fortsetzen«, prophezeit René Otto, Chef des Hamburger FanshirtVersenders Rock N Shop. Der Händler
ist vor ein paar Monaten in das vielversprechende Roll-out-Segment Schmuck
eingestiegen: energetix-magnet.de
steht stellvertretend für Rock N Shops
horizontale Diversifikation. Passende
Einkaufsquellen hat Firmenchef Otto
zusammengefügt und die Logistikprozesse über die Rock-N-Shop-Infrastruktur
gesichert. Binnen sechs Monaten kam
der Schmuckmarktneuling »auf die Um­
sätze, für die wir bei Rock N Shop drei
Jahre benötigt haben«, skizziert Otto.
Heil im Hybrid
Die Voraussetzungen für derart vielversprechende Roll-outs schaffen die
44
Verbraucher. Inzwischen vertrauen
auch Durchschnittskonsumenten den
Internet-Pure-Playern (IPP). Sie verfügen
zudem über umfängliche Online-Erfahrungen und nutzen etwa beim digitalen
Brillenkauf schon einmal eine virtuelle
Anprobe per Augmented Reality (AR).
Aber auch Haptik muss in diesem Vertrauensgeschäft sein: Kunden des Berliner Online-Optikers Mister Spex können
sich nicht nur vier Brillen kos­tenlos zur
Ansicht bestellen und nach Anprobe
einfach zurückschicken, bevor der Brillenfavorit in korrekter Seh­stärke und
Ausführung geliefert wird. Ein Partnerkonzept mit rund 300 Stationär-Optikern (Stand zum Jahresende 2012) sorgt
auch dafür, dass Mister-Spex-Kunden
ihre Sehstärke vor Ort messen und die
fertige Brille Live und in Farbe anpassen
lassen können. Gerade das lockt auch
weniger Online-affine Zielgruppen mit
komplexen Bedürfnissen an: »Selbst
meine Eltern mit Gleitsichtgläsern
­haben kein Problem mehr, Brillen online zu beziehen«, betont Mirko Caspar,
Geschäftsführer von Mister Spex. Skaleneffekte bei den Prozessen sorgten dafür,
dass auch Sehhilfen mit komplexen Gläsern um bis zu 60 Prozent günstiger als
im Laden seien. »Seit wir Brillen in der
gleichen Qualität, mit nahezu gleichem
Service wie stationär, aber zu einem geringeren Preis online anbieten«, ergänzt
Mario Zimmermann, Chef des Wettbewerbers Brille 24 in Oldenburg, gerate
die Brille zum erschwinglichen Mode­
accessoire. Die Aussichten sind jedenfalls rosig: »Der Brillenmarkt mit rund
fünf ­Milliarden Euro Jahresumsatz ist
als neue Online-Kategorie noch lange
nicht ausgeschöpft«, betont Caspar.
Das Web entdeckt die Nische
Auch im Online-Reifenhandel herrscht
Bewegung. Anfang 2000 wurde dieses
Geschäft noch belächelt, skizziert Swantje Hillen, Leiterin Online-Marketing bei
reifencom in Hannover. Heute kaufen
laut Expertenschätzungen rund sechs
Prozent der Endkunden Reifen im Netz.­
> acquisa.de/newsletter
Newsletter
Der acquisa-Newsletter informiert
Sie regelmäßig über aktuelle Entwicklungen und Trends.
Einer Panel-Befragung des ADAC-Verlags
zufolge wollen künftig 19 Prozent der
Befragten Autoreifen online kaufen. Um
sich den Marktbedürfnissen und der
www.acquisa.de 04/2013
Preissensiblität der Kunden anzupassen,
hat reifencom seine Prozesse schlank, hybrid (online und stationär) und automatisiert aufgesetzt: »Die Kunden können sich
die Reifen aus dem Online-Shop direkt zu
einer der 38 Filialen liefern lassen«, erklärt Hillen. Vor Ort sind neben der Montage Dienstleistungen wie Einlagerungsservices oder Diagnosen möglich, die sich
telefonisch nicht stellen lassen. Online
bedarf es einer benutzerfreundlichen
Website mit hohen Verfügbarkeiten und
großem Sortiment. Gängige, sichere Zahlungsarten und eine griffige Abwicklung
und Auslieferung gehören ebenso zum
guten Ton wie, speziell bei Business-Kunden, Informationen über den aktuellen
Bearbeitungsstand der Bestellung oder
eine zentrale Rechnungsstellung.
Hybrid ist auch eine Option für den
Online-Möbelhandel, einem weiteren
»Der Trend von Universalzu Spezialhandel wird
sich weiter fortsetzen.«
René Otto, Geschäftsführer, Rock N Shop,
Hamburg
Roll-out-Kandidaten des E-Commerce.
Christian Bühring, Chef des im Herbst
gestarteten Möbel-E-Merchants Loberon
in Nürnberg, erwartet hier in den nächs­
ten Jahren neue, flexible Vertriebsan­
sätze, »die wir heute noch gar nicht kennen und an die der Einzelhandel noch
gar nicht denkt«. Derweil setzt Loberon
auf sich kontinuierlich verändernde
Sortimente und auf stilabhängige Einrichtungsberatung. Möbel und Wohn­
accessoires sollen vor allem inspirieren.
Unterdessen geht das Online-Hoffnungs-
segment Lebensmittel insbesondere
den Convenience-Weg: Während E-Food
in Großbritannien einen Anteil von
rund sieben Prozent am Lebensmittel­
einzelhandel hält und dort zum [ …
GROSS ODER KLEIN,
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Vertrieb & Verkauf _ E-Commerce
Interview »zu viel zu verlieren«
Jens Drubel, Kommissarischer Sprecher des Bundesverbands Lebensmittel-Onlinehandel (bvlo), Berlin, über die Online-Ausrichtung des Lebensmittelsegments.
»Die gröSSten E-Food-Innovationen
und Wachstumsschübe werden
nicht von den bisherigen
Marktteilnehmern kommen.«
Jens Drubel, Kommissarischer Sprecher des
­Bundesverbands Lebensmittel-Onlinehandel (bvlo)
und Geschäftsführer, Allyouneed.com, Berlin
Wachstumsmotor des Lebensmittlers
­Tesco mutiert, haben sich in Deutschland Versandgrößen wie ­Otto oder Amazon schon die Zähne daran ausgebissen.
Den traditionellen Lebensmittelhändlern in Deutschland fehlt indes die erforderliche Struktur für E-Food, sagt Jens
Drubel, Kommissarischer Sprecher des
Bundesverbands Lebensmittel-Onlinehandel (bvlo) und Geschäfts­führer von
Allyouneed.com, beide in Berlin. Das
­fange bei der händischen Kommissionierung an, gehe über das entsprechende
Verbuchen in der Waren­wirtschaft und
höre bei der ­I­n-Time-Lieferung mit Kühl­
kette auf. Zudem sei die Preispolitik der
Discounter zu uneinheitlich, und ein
Unterbieten via Web würde die Margen
kaputt­machen. Auch der Gebietsschutz
einzelner Ketten bremse den digitalen
Roll-out. Die Flächenrentabilität in
den Märkten (und damit der Wert der
oft systemeigenen Immobilien) würde
sinken. Unterdessen droht die Expansion regionaler Anbieter zu scheitern:
»Eine Skalierung der eigenen Idee an
einem weiteren Ort ist fast mit denselben Kos­ten verbunden wie der erste
Start«, warnt Drubel. Dennoch trage
der Zeitnotstand von Kunden dazu bei,
dass Anbieter mit einer eigenen ­Logistik
(Zentrallager mit halbautomatischer
Verpackung und deutschland­weiter Lie46
acquisa: Man könnte glauben, Händler und Kunden sind mittlerweile umfassend mit
Online-Shopping-Erfahrungen gesegnet. Ist hier zu Lande die Durststrecke im zähen
E-Food-Segment endlich überwunden?
Jens Drubel: Der E-Commerce der ersten Welle ging von Menschen vor Desktop-PCs
aus, die dazu gezwungen waren, Produkte ganz konventionell in einen Warenkorb
zu legen. Doch leider kann das pro Produkt schon mal bis zu 30 Minuten dauern.
Bei Amazon ist dieses Prozedere gerechtfertigt, weil man ein Buch, ein Handy oder
einen Fernseher aussucht. Aber im Lebensmittelhandel? Da legen Sie ja nicht ein,
sondern bis zu 50 Produkte in den Warenkorb. Und das würde dann garantiert länger dauern als der Gang zum Supermarkt. Warum sollte irgendjemand, der in der
Lage ist, das Haus zu verlassen, so etwas tun?
acquisa: Das schreit förmlich nach der zweiten Welle: Welche innovative Systematik
aus Kundensicht würde für Abhilfe sorgen?
Drubel: Mit Hilfe mobiler Lösungen sprechen Sie die Produkte, die Sie einkaufen
wollen, fix mal in ihr Smartphone. Die Waren landen dann automatisch in Ihrem
Warenkorb und Sie müssen, wenn überhaupt, nur noch am Laptop Ihre Bestellung
prüfen und sich auschecken – eine Sache von maximal fünf Minuten. Wenn zu Weihnachten auch auch noch vier Millionen Google-Tablets unter dem Christbaum liegen
und 2013 noch attraktivere Flatrate-Datentarife auf den Markt kommen, wird das
auch die Kategorie Lebensmittel beeinflussen und verändern.
acquisa: Das führt zu einem Strategiewechsel bei den bekannten Playern, weg vom
klassischen Discounter hin zu ausgeklügelten Prozessen rund um Dark Stores,
In-time-Lieferlogistik mit Kühlkette und und und?
Drubel: Ich will nicht sagen, dass das in sechs Monaten zu einem kompletten Strategiewechsel führen wird; ich will aber auch nicht ausschließen, dass etwas passieren
wird in der deutschen Lebensmittelhandelslandschaft. Etwas, das wir uns heute
noch nicht vorstellen können. Ich bin mir sicher, dass die größten Innovationen und
Wachstumsschübe nicht von den bisherigen Marktteilnehmern kommen werden.
Die haben zu viel zu verlieren. Die Innovatoren werden komplett neue Player sein,
die den hiesigen Markt dahingehend verändern werden, dass Lebensmittelhandel
künftig eher an Convenience als an der nationalen Verfügbarkeit von Produkten
gemessen wird.
ferung) oder Spezialanbieter (mit Convenience- oder Frischeangeboten) durchaus profitieren können. Immerhin will
eine Allyouneed-Studie herausgefunden
haben, dass der Durchschnittsdeutsche
jährlich allein fünf volle Tage im Supermarkt verbringt. Im Jahresdurchschnitt
verbraucht er für seine Einkäufe 260
Liter Benzin und erhält statistische 1,2
Dellen am Auto – und das, um sich mit
Low-Interest-Produkten wie Deorollern
und Zahnpasta einzudecken.
Radikal und konsequent
Aber es geht auch anders. »Wir machen
in den Augen der klassischen Lebensmittelhändler vieles falsch, realisieren
aber dafür unser Konzept radikal und
konsequent«, erläutert Benjamin Brüser,
www.acquisa.de 04/2013
Geschäftsführer des hybriden und mehrfach preisgekrönten Erfolgskonzepts
Emmas Enkel. Die Düsseldorfer setzen
einerseits auf moderne Technik, einen
Dark-Store und Lieferlogistik. Andererseits spielen sie die Nostalgie-Karte mit
einem gemütlichen Tante-Emma-Laden
(mit einem Teilsortiment ausgestattet
und angrenzend an das kundenfreie
Lager) aus. Dort bedient beschürztes
Personal hinter einer historischen Registrierkasse. Und die I-Pads zum Bestellen liegen schon an Caféhaustischen
bereit. So können Kunden (sofern sie
nicht ­telefonisch, vom heimischen Rechner oder per Smartphone ordern) auch
vor Ort online bestellen. Die Wartezeit
auf die konfektionierten Einkäufe lässt
sich bei einem Latte macchiato verkürzen. Ab 30 Euro Einkaufswert wird die
Ware innerhalb des Liefergebiets auch
gratis ins Haus gebracht. Die Preise bei
Emmas Enkeln orientieren sich am normalen Supermarkt. Das Konzept spricht
Kunden an, die keine reinen DiscountKäufer sind. Alle Mitarbeiter arbeiten je
nach Auslastung im Lager, auf der Tante-Emma-Fläche oder sind mit der Aus­
lieferung befasst. »Im besten Fall haben
unsere Kunden bei der Lieferung denselben Ansprechpartner, mit dem sie noch
am Morgen telefoniert haben«, erläutert
Brüser. Privatkunden bezahlen bei der
Online-Bestellung per E-Cash oder bar
bei Abholung im Laden. Wer Bananen
online ordert, digital bezahlt und im
Laden abholt, kann sich die einzelnen
Früchte dort sogar aussuchen. »Diese Flexibilität verursacht keine Mehrkosten,
trägt aber zur Kundenzufriedenheit bei«,
weiß Brüser. Mehr als ein Jahr nach dem
Start arbeitet der Emma-Enkel gerade
eine Standortexpansion. Nach acquisaInformationen soll demnach im März
ein Franchise-Partner von Emmas Enkel
in Essen starten.
Eine der nächsten Roll-out-Kategorien
wird den Automobilhandel betreffen.
Laut einer Accenture-Studie hat schon
jetzt jeder neunte Autofahrer bereits
einen Neu- und jeder Fünfte einen Gebrauchtwagen im Netz gekauft. Zwar
vermissen deutsche Fahrer im OnlineShop die Probefahrt (61 Prozent) und die
Vorfreude im klassischen Verkaufsraum
(70 Prozent). Aber offenbar ­sprechen
Preise und Prozesse mittelfristig doch
für den Internetkauf. Allerdings muss
dieser etwa bei Preistransparenz, intuitiver Autokonfiguration oder Zugänglichkeit von der Hersteller- hin zur Verkäufer-Site noch nachlegen.
•]
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Vertrieb & Verkauf _ Management
Kulturwandel im Vertrieb
Deutschlands Verkaufsorganisationen müssen besser werden. Siegfried Kreuzer, Geschäfts­
führer der Beratungsfirma KP2 in Amberg, erklärt, wie der Vertrieb eine höhere Produktivität
und eine höhere Effektivität erzielt – und warum es eines Kulturwandels im Vertrieb bedarf.
Interview _ Klaus Dietzel
acquisa: Herr Kreuzer, die Eurokrise
sorgt nach kurzen Ruhephasen für immer neue Verun­sicherung. Wie muss
sich der Vertrieb aufstellen, um für
künftige Krisen ­gewappnet zu sein?
Siegfried Kreuzer: Es ist wichtig, wie sich
der Verkauf, die Vertriebsabteilung, in
einem Unternehmen positioniert. Wir
leiter ist, der Gesamtvorstand oder die
Reinigungskraft. Jeder im Unternehmen
muss sich bewusst sein, welchen Beitrag
er für den Nutzen der Kunden leistet.
acquisa: Sie haben einmal vom vertrieblosen Unternehmen gesprochen.
Wie soll das konkret funktionieren?
Kreuzer: Das ist eine Vision. Komplett
werden wir wohl nie vertrieblos sein.
»In Zukunft muss der Vertriebsmitarbeiter
vor allem ein Orchestrator in
einem multifunktionalen Team sein.«
müssen verstehen, welchen Nutzen der
Verkauf für einen Kunden realisieren
kann. Das kundenorientierte Unter­
nehmen treffe ich zwar in allen Werbe­
broschüren an. Aber vielleicht sollte je­
der einmal hinterfragen, wie kundeno­
rientiert sein Unternehmen wirklich ist.
Kundenorientiert heißt, zu verstehen,
welchen Nutzen ich für meinen Kunden,
für sein Geschäft, produzieren kann. Da
besteht hierzulande Handlungsbedarf.
Außerdem gilt: Unternehmen können
nicht mehr mit einer isolierten Ver­
triebsabteilung arbeiten, sondern müs­
sen mit einem multifunktionalen und
am besten auch mit einem multikultu­
rellen Team am Kundennutzen arbeiten.
Das bedeutet letztlich, dass die Zeiten
­reiner Vertriebsabteilungen vorbei sind.
Ich möchte in Zukunft nicht mehr von
Verkaufsorganisationen sprechen, son­
dern vom verkaufenden Unternehmen.
Das Unternehmen muss mit der ganzen
Mannschaft verkaufen, das heißt, alle
Mitarbeiter müssen eine KundennutzenFunktion haben. Ob das der Produktions­
48
Als Unternehmen benötige ich sicher­
lich immer noch die eine oder andere
Vertriebsfunktion – zum Beispiel das
Vertriebscontrolling. Aber der Ver­
triebsmann oder die Vertriebsfrau von
heute werden sich mehr und mehr
zum Generalisten, zum Beziehungsma­
nager, entwickeln. In Zukunft muss der
Vertriebsmitarbeiter ein Orchestrator
in einem multifunktionalen Team sein.
meint, es würde ausreichen, neue Pro­
jekte bei ihren Kunden zu identifizie­
ren – ganz nach dem Motto: Die haben
jetzt ein neues Projekt und da können
wir ­unsere Lösung anbieten. Das ist für
mich viel zu spät, das ist für mich ei­
ne nicht sehr kreative und auch nicht
besonders befriedigende Vertriebsleis­
tung. Nein, wir brauchen Vertriebs­
mitarbeiter, die ihre Unternehmen bei
den wichtigsten Kunden, in den Ziel­
märkten, repräsentieren. Sales Teams,
die in einen kunden­orientierten, einen
kundenverstehenden Dialog treten. Die
bes­ten Gespräche für Menschen in einer
Vertriebsfunktion – ich nenne sie gerne
Kundenverstehfunktion – sind doch,
wenn ein Kunde sagt: Ich weiß nicht,
wie wir das lösen sollen. Dann kann
ich als Vertriebsmitarbeiter entgegnen:
Vielleicht finden wir das gemeinsam
heraus. Wenn Sie den Bedarf nicht nur
identifiziert, sondern wirklich kreiert
haben, dann haben Sie erst einmal
gar keinen Wettbewerb. Wenn Unter­
nehmen immer nur zu ihren Kunden
gehen, wenn sie meinen, diese hätten
gerade Bedarf für das eine oder andere
»Die Umsatzzahlen als schlüsselindikator für
den vertrieb zu verwenden, ist kontraproduktiv,
denn sie sind historisch.«
Außerdem brauchen Unternehmen in
Deutschland für den Vertrieb das, was
ich Braincatcher nenne.
acquisa: Braincatcher? Was muss man
sich darunter vorstellen?
Kreuzer: Mir gibt es hierzulande zu
viele Unternehmen, deren Vertrieb
Produkt aus dem eigenen Hause, kön­
nen sie auch sehr unerfahrene Mitarbei­
ter schicken. Auch die können leicht Ra­
batte geben. Doch in der Praxis braucht
es vielmehr Beziehungsmanager, die im
permanenten Dialog mit dem Kunden
stehen. Verkäufer, zu denen der Kunde
sagt: »Ich möchte mit Dir reden, denn
www.acquisa.de 04/2013
Kulturwandel im Ver­
trieb.
acquisa: Deutschland wird um seine
Ingenieure beneidet.
Aber wenn es um Verkauf und Markteinführung geht, dann
sind plötzlich andere viel stärker. Was
läuft da schief?
Kreuzer: Eines der
Schlüsselprobleme ist
in der Tat, dass sich
die Unternehmen so
sehr auf ihre Kern­
kompetenzen kon­
zentrieren, dass die
Bedürfnisse ihrer Kun­
den nur allzu leicht in
Vergessenheit geraten.
Ob Ingenieurwesen,
Maschinenbau oder
Automobil – immer
steht die Entwicklung
von Produkten im
Vordergrund. Ohne
Zweifel: Wir haben
»Der Vertrieb braucht Key Performance
vielfach die besten
Indices (KPI), WELCHE DIE zukünftige
Produkte und sind
sehr wettbewerbs­
­Entwicklung ABBILDEN.«
fähig auf dem Welt­
markt – viele Produk­
siegfried kreuzer, Geschäftsführer KP2, Amberg
tionsanlagen in Asien
kommen aus Deutsch­
land. Und diese hohe
Qualität in der Pro­
du inspirierst mich«. Das verstehe ich
duktion ist vielleicht einer der Gründe,
unter Braincatcher.
warum sich Unternehmen nicht auf die
Vertriebsproduktivität konzentrieren. Es
acquisa: Wie können Unternehmen
ist für Unternehmen viel einfacher, im
­ihren Vertrieb effizient und erfolgBereich der Produktion Optimierungen
reich auf Kunden ausrichten?
herbeizuführen. Doch im Bereich Engi­
Kreuzer: Indem sie nicht nur den Kun­
neering, Produktion und Entwicklung ist
den verstehen, sondern auch die Kun­
das Einsparpotenzial nahezu ausgereizt.
den ihres Kunden verstehen. Das ist der
Um ein Prozent zu sparen, müssen Unter­
Knackpunkt. Denn erst dann können
nehmen viel Geld investieren.
sie begreifen, was genau der Kunde tun
muss, um bei seinen Kunden erfolg­
acquisa: Das Einsparpotenzial ist im
reich zu sein. Dahingehend müssen Un­
Vertrieb also höher?
ternehmen ihre Kunden unterstützen.
Kreuzer: Genau so ist es: Der schnellste
Das in die Realität umzusetzen, ist ein
Weg für Unternehmen, zu besseren Er­
Kulturwandel. Doch diesen Weg müs­
gebnissen zu gelangen, liegt in der Stei­
sen wir gehen. Wir brauchen da einen
gerung der Effektivität innerhalb der
04/2013 www.acquisa.de
Verkaufsorganisation und in der Verbes­
serung der Kundenbeziehungen. Das ist
der günstigste und nachhaltigste Weg.
acquisa: Nur was messbar ist, kann
auch verbessert werden. Welche und
wie viele Kennzahlen braucht eine
Verkaufsorganisation, um überdurchschnittliche Ergebnisse zu erzielen?
Kreuzer: Meiner Meinung nach gibt es
keine ideale Zusammenstellung von
Schlüsselindikatoren. Diese sollten
ohnehin zunächst an die Unterneh­
mensstrategie angepasst werden. Die
Strategie rechtfertigt also die Key Per­
formance Indices (KPIs). Gleiches muss
für den Kundenschwerpunkt gelten.
Man kann beispielsweise auch die
Kauf-Verkauf-Hierarchie bewerten, die
Stellung beim Kunden. Und auch die
Anzahl der Ansprechpartner oder die
Anzahl der regelmäßigen Treffen: All
das kann ein Schlüsselindikator sein.
Ein wesentlicher KPI muss sich mit der
Vertriebsproduktivität beschäftigen.
Wie produktiv ist das Unternehmen?
Wie schnell bewegen sich die Verkaufs­
chancen durch den Verkaufstrichter?
Wie gestaltet sich die Gewinn-VerlustAnalyse im Verkaufsprozess? Die Stra­
tegie ist der Treiber – mit kundenorien­
tierten KPIs und produktivitätsorien­
tierten KPIs kommen die Unternehmen
dann zu guten Ergebnissen. Aber mo­
derne Schlüsselindikatoren sollten
sich in eine Richtung bewegen, wo sie
eine positive Wirkung auf die Strategie
und die Produktivität beim Kunden
haben, um so die richtigen Ergebnisse
zu fördern und damit letztendlich den
Erfolg zu fördern.
Die Umsatzzahlen als KPI für den
Verkauf zu verwenden, ist kontra­
produktiv. Denn diese können einem
Unternehmen nur sagen, was in den
vergangenen sechs oder neun Mona­
ten passiert ist. Daran können Unter­
nehmen eh nichts mehr ändern. Es
braucht also KPIs, welche die zukünf­
tige Entwicklung des Unternehmens
abbilden. Ein agiles Zahlenwerk. Wenn
sich die Welt immer schneller dreht,
kann man sich im Vertrieb nicht auf
die Zahlen von vor einem Jahr berufen.
[email protected]
49
meinungsmacher
dIE s-kLASSE DER tOILETTEN
Wenn nicht die »Frankfurter Allgemeine Zeitung« schon im März
Weil das »Dusch-WC« bereits in den achtziger Jahren in Japan
darüber berichtet hätte, könnte man die Sache als Aprilscherz
entwickelt wurde, wo damals die meisten Toiletten in kalten
werten. Doch weit gefehlt. Schließlich soll diese Innovation einen
Räumen installiert waren, gehört traditionsgemäß auch eine
Millionenmarkt öffnen. Die Rede ist vom »Dusch-WC«, den der
Sitzheizung zur Ausstattung. Eine wahre S-Klasse unter den Toi-
börsennotierte Lifestylekonzern Villeroy & Boch zusammen mit
lettensitzen sozusagen. Diese neue Form der Toilette will Villeroy
der japanischen Toto-Gruppe, einem der größten
& Boch jetzt auch in Europa durchsetzen, wo sie
Sanitärhersteller der Welt, in Europa auf den Markt
mit Ausnahme der Schweiz weitgehend unbekannt
bringen will. Nachdem die deutschen Kon­sumenten
ist. Für das neue Hightech-Klo rechnet das Unter-
bereits seit Jahren durch entsprechende Medien­
nehmen allein zwischen Flensburg und Füssen mit
berichterstattung angehalten werden, ihre Bäder zu
einem Absatz­volumen von 200.000 Stück im Jahr.
Wohnlandschaften und privatem Spa umzubauen –
Das größte Hindernis dürften die Kosten sein. Eine
man denke an Dampfduschen mit Massage-Effekt
vor allem für Neubauten geeignete integrierte Lö-
oder LED-Duschköpfen, deren Licht das Wasser in
verschiedenen Farben einfärbt – soll nun auch die
letzte Bastion fallen: das stille Örtchen.
Bei Villeroy & Boch im Saarland verspricht man
Klaus Dietzel,
Redakteur acquisa,
klaus.dietzel@
acquisa.de
sung schlägt mit 6.000 bis 7.000 Euro zu Buche.
Das hängt mit den vielen elektrischen und elektronischen Komponenten zur Einstellung von Wasserstrahl, Sitzflächenerwärmung und Fönstufe zusam-
sich sehr viel von dieser in Japan als Standard geltenden und
men. Ein weiteres Hindernis könnte sein, dass in vielen Bädern
in Nordamerika durchaus nicht unbekannten Toilette. Das
die Toilette heute keinen eigenen Stromanschluss hat.
»Dusch-WC« gilt hierzulande noch als echte Innovation: Statt
Interessant dürfte es werden, wenn diese Innovation bei den
mit Papier reinigt man sich nach dem Toilettengang mittels
Entwicklern im kaliforschen Cupertino Gefallen finden. Wir war-
Wasser und anschließender Trocknung über einen Elektrofön.
ten gespannt auf das »I-Klo«.
•]
Fette Jahre für Deutschlands Wirtschaft?
Über das neue deutsche Wirt­schafts­­wun­
und horrenden Staatsschulden«, schrei­
mobilen Büroausstattung nur bedingt
der berichtet das »manager magazin«in
ben die Journalisten Martin Noé und
Extras bieten, zeigen Auto-Tuner wie
seiner April-Ausgabe. »Die fetten Jahre
Astrid Maier und zeigen detailiert und
­Brabus aus Bottrop, was technisch mög­
sind zurück« titelt das publizistische
kenntnisreich auf, warum die fetten
lich ist. Da wäre wohl jeder mal gerne
Flaggschiff der »Spiegel«-Gruppe. Ein
Jahre zurück sind.
Top-Manager.
McKinsey-Team hat zusammen mit den
Vielleicht, weil sich immer mehr Manager
Die Wochenzeitung »Die Zeit« berichtet
Redakteuren Henrik ­Müller und Dietmar
und Unternehmenschefs mobile Büros
unterdessen über eine neue Generation
Student die heimische Ökonomie neu
leisten, wie die Kollegen von »manager
von Robotern, die dank menschlicher
vermessen. Und siehe da: Wachstum,
magazin online« berichten: »Chefsessel
Eigenschaften den Alltag verändern soll.
Wohlstand, neue Jobs. Die Bun­des­re­
mit 700 PS« zeigt, wie die Cheflimousine
»Auch Maschinen müssen höflich sein«,
pu­blik steht demnach vor ei­ner gol­de­
oder der Firmen-Van zum mobilen Büro
bilanzieren die Hamburger Journalisten
nen Ära, sofern sie eine Agen­da 2025
umgebaut wird. Das Angebot reicht vom
ihre Reise zur vergangenen Mensch-
um­setzt. »Es ist noch nicht lange her,
zweckmäßigen Laptop-Halter bis zum rol­
Roboter-Konferenz in Japans Hauptstadt
da galt Deutschland als kranker Mann
lenden Luxuskonferenzraum. Während
Tokio.
Europas und hoffnungsloser Fall - mit
die deutschen Premium-Automarken wie
Klaus Dietzel, Redaktion acquisa,
­Massenarbeitslosigkeit, Nullwachstum
Mercedes oder BMW ihren Kunden in der
[email protected]
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Daten sind das neue Gold der Unternehmen. Denn nur wer weiß, was Kunden und Interessenten
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CRM & Database _ Marktforschung
Die Fährtenleser
Die Zahl potenzieller Kundenkontaktpunkte ist unübersichtlich geworden. Unternehmen
­stehen heute nicht nur vor der Aufgabe, geeignete Informationen bereitzustellen. Sie müssen
auch die Wege ihrer Kunden kennen. Dabei hilft die Marktforschung.
Text _ Christoph Lorenz
Wie laufen Kaufentscheidungen im Zeitalter von M-Commerce und mobile Payment ab? Online recherchieren, offline
verifizieren, in sozialen Netzwerken
­Bewertungen einsammeln und dann
mobil kaufen – oder vielleicht doch ganz
anders? Die Vielzahl potenzieller Kundenkontaktpunkte, Informations- und
Recherchekanäle macht die ­Analyse von
Kaufentscheidungs­prozessen selbst für
die Profis der Marktforschung zu ­einer
kniffligen Aufgabe.
Noch schwieriger ist es für Unter­
nehmen, die weder Zeit noch Geld ­haben
für ausführliche Interviews oder Studien abseits des operativen Geschäfts. Für
sie sind die komplexen Kaufentscheidungsprozesse anspruchsvoller Kunden
häufig ungefähr so nachvollziehbar wie
ein 13-zügiges Matt für ­einen Schach­
anfänger. Doch es gibt auch wieder­
kehrende Muster und Ergebnisse der
Marktforschung im Bereich Cross-Channel, aus denen sich allgemeine Tipps ableiten lassen. Die Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) hat dafür etliche
Kaufent­scheidungsprozesse für zahlreiche Produkte über alle genutzten Onund Offline-Touchpoints hinweg analysiert und die Verbraucher vom Beginn
ihres Interesses bis zum Kauf begleitet.
Jedem Touchpoint seine Botschaft
Die Ergebnisse dieser Studie sollen
es Unternehmen ermöglichen, »Marketingaktivitäten auf die wichtigsten
Touchpoints ihrer Zielgruppen zu fokussieren«, erklärt Norbert Wirth, Global Head of Innovation and Digital bei
der GfK in Nürnberg. »Außerdem ver­
setzen wir Marketingverantwortliche
und Händler in die Lage, für jeden
Touchpoint die richtige Botschaft zu
finden«, so Wirth weiter.
Dass Konsumenten bei High-Involvement-Produkten wie Autos, Reisen oder
Smartphones viel Zeit mit der Recherche von Produktbeschreibungen und
Verbraucherbewertungen im Internet
verbringen, ist bekannt. Fast zwei Drittel aller Käufer recherchiert laut einer
GfK-Analyse vor dem Kauf solcher Produkte sehr genau im Internet. Überraschenderweise zeigt dieselbe Analyse
aber auch, dass fast ein Drittel der Ver­
braucher (32 Prozent) bei Low-Involvement-Produkten wie Duschgel oder
Windeln ähnlich vorgeht.
Ein Grund dafür könnte sein, dass eine
einmalige Recherche bezüglich Preis
oder Qualität sich auszahlt, weil das
Produkt regelmäßig oder sogar sehr
häufig gekauft wird. In jedem Fall ergibt sich daraus die Notwendigkeit,
dass Produkte, ganz gleich aus welchem
Bereich, im Internet so präsentiert werden müssen, dass sie einfach zu finden
und anhand der Kaufkriterien der Ziel­
gruppe leicht zu vergleichen sind.
Das hört sich selbstverständlich an,
ist es aber keineswegs. Zahlreiche, in
mehreren Ländern durchgeführte Studien zeigen, dass eine große Zahl an
Verbrauchern auch im digitalen Zeitalter längst nicht alle Informationen im
Netz finden, nach denen sie suchen.
Und das nicht etwa nur für Nachahmeroder Billigprodukte. Auch etablierte
Marken­hersteller vergeben hier häufig
die Chance, interessierten Kunden wichtige Informationen zu ihren Produkten
zukommen zu lassen. Das ist umso erstaunlicher, weil laut der GfK-Studie 73
Prozent aller Kunden in jedem Stadium
ihrer Customer Journey Online-Touchpoints nutzen.
Aber selbst Unternehmen, die regel­
mäßig und gezielt Produktinformationen auf ihrer Website, entsprechenden
Branchenforen oder Fachportalen anbieten, hinterfragen diese Inhalte zu selten. Nur wenige Unternehmen prüfen
gezielt, welche der angebotenen Inhalte
an den einzelnen Touchpoints tatsächlich genutzt werden.
Foto: einzmedia / pixelio.de
Offline nicht vernachlässigen
Bei aller Wichtigkeit der Online-Kontaktpunkte sollten die Marketingabteilungen sich aber eine unverstellte Sicht
bewahren und die Offline-Touchpoints
nicht vernachlässigen. Ein Beispiel: Bei
einem Hightech-Produkt wie einem
­Tablet-PC erwartet man, dass potenzielle Käufer technisch interessiert und
sehr online-affin sind, und überwiegend mithilfe einer intensiven InternetRecherche zum Ziel kommen. Doch weit
gefehlt. Die GfK hat herausgefunden,
dass fast ein Drittel der Verbraucher,
die einen Tablet-PC kaufen, bei der Produktrecherche ausschließlich OfflineTouchpoints nutzen.
Das klingt so unwahrscheinlich wie
ein Kammerkonzert mit Angus Young,
ist aber aus Sicht der Marktforscher
04/2013 www.acquisa.de
durchaus nachvollziehbar. Der Grund:
Tablet-PCs sind in erster Linie emotionale Produkte, bei denen Optik, Haptik und Style-Faktor eine große, wenn
nicht die entscheidende Rolle spielen.
Und diese Kriterien kann man am Bildschirm nicht erleben. Laut der GfK ist
dieses Phänomen bei allen Produkten
zu beobachten, bei denen das wörtliche
»Begreifen« des Produkts für die Kaufentscheidung eine große Rolle spielt.
Dazu gehören alle Produktkategorien
mit ausgeprägter Markenbindung – also
Luxus-, Technologie- oder auch FashionProdukte. Vor allem Unternehmen,
die solche Produkte vertreiben, sollten
weiterhin großen Wert auf ihre OfflineTouchpoints legen.
Um die Bewertung von Kaufent­
scheidungsprozessen greifbarer zu
­machen, hat die GfK verschiedene Entscheidungstypen charakterisiert. Während die »Online Search Dependents«
Recherche und Kauf ausschließlich im
Internet abwickeln, sind die »Online
proved by Off liners« deutlich miss­
trauischer. Sie schätzen zwar den Komfort einer Online-Recherche, vertrauen
den Informationen jedoch erst dann,
wenn sie sie offline verifiziert haben.
Interessante Ergebnisse zum Thema
Cross-Channel-Einsatz im Informationsund Suchprozess einer Customer Journey haben auch die Marktforscher von
You-Gov Deutschland mit ihrer Studie
zur »Wechseltätigkeit in der Kfz-Ver­
sicherung 2012« gewonnen. Für die
Studie wurden rund 2.000 wechsel­
willige Kfz-Halter unter anderem nach
ihren Recherchegewohnheiten gefragt.
Wichtigstes Ergebnis: Unabhängig von
der späteren Entscheidung für einen
Vertriebsweg (Vergleichsportal, Makler,
Direktversicherer, Geschäftsstelle etc.)
sind Vergleichsseiten im Internet das
am häufigsten genutzte Informationsmedium. Und: Diejenigen, die bevorzugt Online-Informationsquellen nutzen, schließen rascher ab. Online-affine
Nutzer benötigen im Durchschnitt nur
drei bis vier unterschiedliche Informationsquellen, um eine neue Kfz-Ver­
sicherung abzuschließen. Kunden, die
sowohl persönliche Gespräche als auch
das Internet bei der Recherche nutzen,
informieren sich im Durchschnitt bei
fünf bis sechs Quellen.
Beispiel Autoversicherungen
Insgesamt hat You-Gov vier typische
»Kundenreisen« identifiziert, abhängig vom gewählten Vertriebsweg. Demnach hat knapp die Hälfte der Kunden,
die schließlich einen neuen Vertrag
bei einem Vertreter des von ihnen ausgewählten Anbieters unterschrieben
haben (das waren etwa 18 Prozent der
Befragten), ihre Customer Journey auch
mit einem persönlichen Gespräch bei
einem Berater begonnen. Der Weg zum
Abschluss beim Vermittler (etwa 19 Prozent) beginnt für die meisten Wechsel­
willigen ebenfalls bei einem Berater,
während diejenigen, deren Kundenreise
mit dem Direktabschluss beim Anbieter
endet (zirka 34 Prozent), sich meist zuerst
bei einem Vergleichsrechner im Internet
informieren. Charakteristisch für diese
Gruppe ist ein schneller Entscheidungsprozess mit wenigen Stationen und die
Nutzung vergleichsweise unpersönlicher
Informationsquellen (online, Zeitschriften, Prospekte). Gleiches gilt für die letzte
Kundengruppe, die direkt über den Vergleichsrechner abschließt (27 Prozent).
Ein Vergleich mit den Studienergebnissen der Vorjahre hat gezeigt, dass
die in den vergangenen Jahren stark
gestiegenen Abschlüsse direkt über den
Vergleichsrechner stagnieren. Damit
konnte sich der Abschluss über die Internetseite eines Anbieters gegen den
Trend der Vorjahre wieder stärker bei
den Verbrauchern etablieren.
»Ein wichtiger Grund hierfür sind ­sicher
die Investitionen der Gesell­schaften in
ihre Internet-Auftritte«, sagt Oliver Gae­
deke, Vorstand und Leiter der Finanzdienstleistungsforschung bei You-Gov.
»Aus unseren Labor- und Usabilitytests
ist bekannt, dass der direkte Weg zu
konkreten Produktinformationen immer wichtiger ist für den Erfolg einer
Internetseite.« Ein weiteres Beispiel für
die neue Marktmacht der Kunden, die
heute anstelle der Füße mit ein paar
Mausklicks bestimmen, wo sie ihr Geld
ausgeben.
[ …
[email protected] 53
CRM & Database _ Marktforschung
Interview »offliner brauchen länger«
Bis vor einigen Jahren waren Online-Shops fast ausschließlich
Tummelplätze für Preisfüchse und Schnäppchenjäger. Wer Qualität wollte, ging ins Fachgeschäft. Doch das hat sich gründlich
geändert, Kunden profitieren heute von der crossmedialen Nutzung – von der Erstinformation bis zum Kauf. »Neben Preisvorteilen spielen Schnelligkeit und Bequemlichkeit heute eine große
Rolle«, sagt Oliver Gaedeke, Vorstand für die Geschäfts­bereiche
Versicherungs- und Finanzmarktforschung bei der You-Gov
Deutschland AG im Interview mit acquisa.
acquisa: Herr Gaedeke, lassen sich Kunden heute überhaupt noch
klassisch in Onliner und Offliner unterscheiden?
Oliver Gaedeke: Vor einigen Jahren motivierte die Internetsuche
nach Produkten vor allem ein möglicher Preisvorteil. Dement­
sprechend waren mehr Preisfüchse im Netz und mehr service­
orientierte beziehungsweise bequemere Menschen offline
unterwegs. Inzwischen hat sich dies jedoch deutlich geändert.
Neben möglichen Preisvorteilen spielen heute auch Convenience
und Bequemlichkeit eine große Rolle. In Motivabfragen werden
Schnellig­keit und Einfachheit auch zunehmend als Grund für die
Online-Suche genannt. Man bedenke nur die Öffnungszeiten: 24/24,
7/7. Grundsätzlich ist zu beobachten: Reine Offliner benötigen mehr
Zeit und mehr Informationsschritte, um zu einer Entscheidung
zu kommen. Diesen Trend beobachten wir in vielen Branchen.
Und viele Händler haben darauf reagiert und ihr Online-Angebot
ausgebaut. Das gilt besonders für einfach zu vergleichende Marken­
produkte – etwa bei Mode oder Elektronik.
acquisa: Mit welchen Methoden untersuchen Sie moderne, cross­
mediale Kaufentscheidungsprozesse?
Gaedeke: Wir unterscheiden fünf klassische Phasen in einem Kaufentscheidungsprozess, einer Customer Journey: Die Startphase (Interessent informiert sich über das Leistungsspektrum eines Produkts),
die Vertiefungsphase (Angebote werden gesammelt), die Vergleichs­
phase (Angebote werden verglichen), die Entscheidungsphase (Wünsche werden konkretisiert, weniger geeignete Produkte nach und
nach aussortiert) und die Abschlussphase (Kauf des favorisierten Produkts). Je nach Fragestellung setzen wir unterschiedliche Methoden
ein, um die Customer Journey zu untersuchen. In Frage kommen
dabei biotische Interviews, also die Kombination von Beobachtung
und Tiefeninterview, mit denen sich Suchstrategien, Markenerlebnisse und Entwicklungen von Entscheidungskriterien nachvollziehen lassen. Eine wichtige Rolle spielen auch Tagebuchmessungen,
qualitative Tiefeninterviews oder quantitative Befragungen nach
dem Kauf. Diese Interviews geben Auskunft über Umfang der Suche,
Informationspunkte und Entscheidungskriterien.
acquisa: Welche Unterschiede gibt es in den klassischen Phasen
einer Customer Journey zwischen Kunden, die überwiegend Online
aktiv sind und denen, die vor allem Offline recherchieren?
54
Oliver Gaedeke, Vorstand für Versicherungs- und Finanzmarktforschung bei der You-Gov Deutschland AG.
Gaedeke: In der Startphase gibt es kaum Unterschiede zwischen
Onlinern und Offlinern. Hier sind eher das soziale Umfeld (Trends,
Empfehlungen) sowie das Mediennutzungsverhalten entscheidend.
Anders ist das in der Vertiefungsphase: Während die Onliner sofort
ins Netz gehen, beginnen Offline-Käufer meist bei Händlern oder im
sozialen Umfeld mit der Recherche. In der Vergleichsphase suchen
Onliner-Käufer vor allem bei komplexeren Produkten oder höheren
Preisen einen Sparringspartner im Offline-Bereich, der ihnen bei der
Sortierung und Bestimmung von Entscheidungskriterien hilft. Das
kann ein Bekannter sein oder auch ein Fachberater. Offline-Käufer
gehen dagegen meist klassisch vor: Sie verschaffen sich einen dinglichen Eindruck von den Angeboten und gehen zum Teil bewusst auf
Beratungspersonal im Handel zu. In der Entscheidungsphase konzentrieren sich Online-Käufer innerhalb des Internets auf ihre zum Teil
offline entwickelten Entscheidungskriterien und gleichen Eindrücke
anderer Käufer in Verbraucherportalen ab. Offline-Käufer nutzen in
dieser Phase zum Teil auch das Internet, um ein besseres Preisgefühl
oder Qualitätseindrücke anderer Verbraucher zu erhalten. In der
Abschlussphase: Online-Käufer kaufen online, weil dieses Medium in
ihren Augen schneller, günstiger, einfacher und auch diskreter ­(z.
­ B.
bei Mode) erlebt wird. Offline-Käufer kaufen offline, weil diese Form
des Einkaufs in ihren Augen vertrauensvoller, sicherer (Stichwort
Reklamationen), einfacher (im Sinne von weniger eigener Arbeit mit
Papier-/Bestellformularen) und erlebnisreicher (Produkt vor Ort ansehen, anprobieren, mit nach Hause nehmen und sofort auspacken) ist.
acquisa: In Ihrer Studie zur Wechselbereitschaft bei Kfz-Versicherungen wird deutlich, dass eine Mehrheit der Nutzer in allen Informationsphasen zumindest auch im Internet recherchiert hat. Kann
man sagen, dass bei aller Cross-Channel-Denke das Internet der mit
Abstand wichtigste Kanal geworden ist?
Nein, der Wichtigste würde ich nicht unbedingt sagen. Selbst
Online-Käufer können in der Vergleichs- und Entscheidungsphase
stark von anderen Personen beeinflusst werden. Unternehmen
sollten sich heute eher die Frage stellen, wie offline- und onlineKundenangebote so flexibel integriert werden können, dass Kunden
je nach Wunsch mit dem Unternehmen in Kontakt treten können.
www.acquisa.de 04/2013


CRM & Database _ Datenqualität im internationalen E-Commerce
Sauber ist besser als rein
Einkäufe im Netz werden zunehmend globaler. Nur zehn Prozent der Online-Shops nehmen laut
einer aktuellen Studie keine Aufträge aus dem Ausland an. Damit die Ware ihren Adressaten
erreicht, müssen am Ende des Einkaufsprozesses die Kundendaten bis ins Detail stimmen.
Text _ Susan Tuchel
Beim Verkauf über die Landesgrenzen
hinweg beschleichen so manchen Online-Händler – neben der Frage, ob im
Ausland überhaupt Interesse an der
Ware vorhanden ist – noch andere Zweifel. Gibt es rechtliche Probleme? Wie
sieht es mit dem Kundenservice, der
Gewährleistung, der Sprache und der
Zahlungsabwicklung aus? 53 Prozent
der Online-Shopbetreiber in Deutschland haben diese und andere Klippen
gemeistert und verkaufen bereits in die
europäischen Nachbarländer. Elf Prozent planen dies laut einer Studie des
Instituts Ibi Research an der Universität
Regensburg in absehbarer Zeit.
Eine weitere Hürde stellt der mitunter
komplizierte Versand ins Ausland dar.
Kann man in Deutschland noch den
Adressänderungsservice der Deutschen
Post bemühen, um seine Kundendatei
auf dem aktuellen Stand zu halten
und die Daten- und Informationsqualität zu sichern, hilft dieser Weg beim
grenzüberschreitenden E-Commerce
nicht wirklich weiter. Deshalb müssen
Handelsunternehmen heute viel Geld
investieren, um Aufgaben wie eine einheitliche Sicht auf die Kundendaten,
­D atenintegration, Betrugsverhinderung, Minimierung der operativen
Autorin
Dr. Susan Tuchel
ist IT-Journalistin aus
Düsseldorf.
p
www.humaninference.de
56
­ isiken oder auch die Einhaltung von
R
­Compliance-Bestimmungen im eigenen
Betrieb zu bewältigen.
Das Wissen um die Syntax
Firmen, die internationale Geschäfte
machen, denken nicht automatisch
daran, dass sie es im Ausland mit einer
großen Vielfalt an Sprachen, Namen,
­ lten Kontinent zu berücksichtigen sei.
a
Die Interpretation und Verarbeitung von
Postadressen in den einzelnen europäischen Ländern ist ebenfalls kein leichtes Unterfangen. Die Vielfalt der AdressBestandteile und die Unter­schiede bei
deren Anordnung und Formatierung
sind groß. So gibt es in Irland keine Postleitzahlen und in Frank­reich steht die
Hausnummer vor der Straße. Dort gibt
»Die Interpretation und Verarbeitung von
Postadressen in den einzelnen europäischen
Ländern ist kein leichtes Unterfangen.«
Adress-Konventionen und anderen Gewohnheiten und Regeln zu tun haben.
Diese sind oft nur im kulturellen Kontext des jeweiligen Landes zu verstehen
und nicht selten ist deren Bedeutung abhängig von semantischen sowie syntaktischen Zusammenhängen. »Wussten
Sie, dass die Namen Haddad, Hernández, Le Fèvre, Smid, Ferreiro, Schmidt,
Kuznetsov und Kovács alle das Gleiche
bedeuten? Auf Deutsch heißt der ­Name
Schmidt, kommt aber unter anderem auch als Schmied, Schmitt oder
Schmiet vor«, erklärt Holger Wandt.
Der Sprachwissenschaftler ist Experte
für alle wissensbezogenen Fragen zur
Datenqualität und Principal Advisor
beim niederländischen Softwareunternehmen Human Inference. Das Beispiel
zeigt für ihn die Namensvielfalt in Eu­
ropa, die es in diesem Ausmaß in anderen Wirtschaftsregionen in der Welt
– etwa in den USA – nicht gebe und die
auch im elektronischen Handel auf dem
es zwar eine verbindliche ­Regelung, die
von der »Association française de normalisation« (AFNOR) festgelegt wurde und
die einheitliche Schreibweise von Post­
adressen definiert. Doch in der Praxis ist
das leider nicht so klar. Auch wenn der
»Service national de l’adresse (SNA)« Referenzdatensätze veröffentlicht hat, an die
man sich nur zu halten braucht und seine eigenen Empfänger­daten für Pakete
nach Frankreich überprüfen kann.
Dort teilen sich nämlich verschiedene
Standorte oft dieselbe Postleitzahl.
Außer­dem bietet die staatliche Post »La
Poste« Cedex (Courrier d’Entreprise à
Distribution Exceptionnelle) in Frankreich einen Lieferservice für Unternehmen, deren Anschrift nicht unbedingt
in der postalisch gleichen Stadt wie der
Empfänger einer Sendung liegen muss.
Hat man zum Beispiel die folgende
Adresse: M. Legendre Pierre, La Butte,
50540 CHALANDREY, dann schreibt die
SNA-Referenzdatenbank Folgendes vor:
www.acquisa.de 04/2013
M. Legendre Pierre, LA BUTTE, MONTGOTHIER, 50540 ISIGNY LE BUAT.
Chalandrey ist ein Standort, der zur
Poststelle Isigny le Buat gehört und dieselbe Postleitzahl nutzt. Aber La Butte
ist keinesfalls ein Teil von Chalandrey,
sondern von Montgothier – mit derselben Postleitzahl wie Isigny le Buat. Und
damit nicht genug: CHALANDREY, LA
MANCELLIERE, LE MESNIL BOEUFS, LE
MESNIL THEBAULT, LES BIARDS, MONTGOTHIER, MONTIGNY, NAFTEL, VEZINS
– alle diese Orte haben dieselbe Postleitzahl 50540 mit ISIGNY LE BUAT als
zuständigem Postamt. Gelingt es nicht,
den richtigen Kunden zu identifizieren
und ihm das Paket zuzustellen, erwartet
den Online-Händler eine teure Retoure.
Vom Ärger mit dem unzufriedenen Kunden ganz zu schweigen.
Digitale vs menschliche Intelligenz
Um Kosten zu reduzieren und Rück­
läufer zu vermeiden, ist es sinnvoll,
bereits im Vorfeld die Adresse zu validieren. Dazu ist eine von der SNA zertifizierte Software erforderlich. Idealerweise sollte sie computergestützte
Schlussfolgerungen mit der mensch­
lichen Intelligenz kombinieren. Denn
die in Deutschland noch einigermaßen zuverlässig arbeitenden mathe­
matischen Prozeduren zur Dubletten­
erkennung und Adressvalidierung
stoßen bei europaweiten Kundendatenbanken sehr schnell an ihre Grenzen.
Neben den herkömmlichen mathematischen Verfahren kommen deshalb in
der Datenqualitätssoftware zunehmend
auch wissensbasierte Methoden zum
Einsatz, die Einsichten der Computerlinguistik zur Spracherkennung und
-synthese anwenden. Im Ergebnis wird
eine deutlich höhere Erkennungsquote
von Dubletten erreicht – und das über
Länder- und Sprachgrenzen hinweg.
Doch mit der richtigen Schreibweise
der Namen und Anschriften alleine ist
es noch nicht getan. Hinzu kommen
die verschiedenen Sprachen, Zeichen­
sätze, Datenschutzregelungen sowie
die Schreibweisen bei Datum und
Währungen, die beachtet werden müssen. Unternehmen, die in ihren CRM04/2013 www.acquisa.de
Die unterschiedlichen Sprachen in Europa stellen hohe Anforderungen an den Adresshandel.
Systemen internationale Kundendaten
verarbeiten wollen, sind sehr stark auf
das Verständnis von Namensbesonderheiten, Adresskonventionen, Sprachfeinheiten, Geschäftsregeln, den Verhaltensnormen und dem kulturellen
Hintergrund des jeweiligen Landes angewiesen. Sonst ist die internationale
Expansion des Geschäfts schneller vorbei, als sie begonnen hat.
Investitionen, die lohnen
Beim Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation (IAO) in
Stuttgart geht man davon aus, dass
­alleine in Deutschland jährlich circa 186
Milliarden Euro Wirtschafts­schäden aus
mangelhafter Daten­qualität entstehen.
Es steht deshalb außer Frage, dass ­gerade
international tätige Online-Händler in
die Datenqualität investieren sollten.
Denn Namen und Adressdaten falsch zu
erfassen, ist ganz einfach. Kompliziert
ist es hingegen, festzustellen, ob die für
den Versand benötigten Informationen
korrekt, eindeutig und vollständig sind.
Zertifizierte Daten­b ereinigungstools
übernehmen hier vor dem Verschicken
die Aufbereitung und sorgen für die
automatische Korrektur falscher Namen und Adressen – etwa bei typischen
Buchstabendrehern oder Erfassungsfehlern. In unklaren Fällen machen sie dem
Händler Vorschläge für die manuelle
Korrektur. Und auch erfundene Namen
wie Mickey Mouse oder James Bond werden erkannt und von vornherein aus der
Versandliste gestrichen.
•]
[email protected] 57
Recht & Marketing _ Twitter
»Twittern Sie mal ordentlich!«
Immer mehr Unternehmen entdecken das Twittern als Marketinginstrument. Doch wer ­
seine Mitarbeiter darauf ansetzt, muss arbeitsrechtliche Lösungen finden. Insbesondere
Möglichkeiten oder auch Verbote des privaten Twitterns sollten fixiert werden.
Text _ Thomas Muschiol
Die Kommunikationser weiterung
durch den Microblog und Nachrichtendienst Twitter hat mittlerweile
eine gigantische Dimension erreicht
und durchdringt alle Lebensbereiche
und Situationen. Dabei ist es nicht
nur der Pendler im Vorort-Zug oder
der Spaziergänger auf der Parkbank,
der mit konzentriertem Blick auf sein
Smartphone eine unbekannte Zahl von
p
Twitter-Kollegen an seinen aktuellen
Erlebnissen teilnehmen lässt. Twittern
ist viel­mehr gesellschaftsfähig geworden. Dies nicht nur durch Politiker,
die sich zu­nehmend gerne twitternd
vor laufenden Kameras zeigen, auch
den Business-Bereich hat die virtuelle
und grenzen­l ose Kommunikationsform schon längst erreicht. Und dies
immer stärker auch in Deutschland.
Experten-r at Wem gehören »Twitter-Follower«?
Immer mehr Unternehmen verpflichten ihre Verkäufer, über eine
ständige Präsenz in der Twitter-Gemeinde Kontakte zu akquirieren und zu pflegen. Was aber geschieht, wenn der Arbeitsvertrag
endet und der Mitarbeiter sich mit seinen Kontakten »aus dem
Staub« macht? acquisa im Gespräch mit dem Arbeitsrechts­
experten P
­ rofessor Stefan Lunk.
»Bei der Twitter-Follower-Problematik kommt es darauf an, was arbeitsvertraglich geregelt ist. Ist es Verpflichtung des Arbeitnehmers, in Netzwerken wie Twitter aktiv zu sein, so ist dies im Ergebnis nicht anders zu
beurteilen als wenn ein Arbeitnehmer in herkömmlicher Weise arbeitsvertraglich verpflichtet ist, etwa den Markenauftritt des Arbeitgebers
zu fördern. Die dadurch gewonnenen Unterlagen und Kundenkontakte
sind dann dem Arbeitgeber zuzurechnen. Dies trifft auch auf die Adressen et cetera der Follower zu.
Um langwierige Auseinandersetzungen zu vermeiden, sollten von vornherein Regelungen insbesondere für den Fall des Ausscheidens des
Mitarbeiters vereinbart werden. Hierzu zählen die »Nutzungsrechte«
sowie die Herausgabe der Follower-Daten und Passwörter.
Werden über einen privaten Account auch Geschäftsbeziehungen geknüpft, so sind auch diese Daten beziehungsweise Follower grundsätzlich von der Rückgabepflicht erfasst. Bezüglich der Weitergabe
dieser Daten bestehen jedoch datenschutzrechtliche Probleme,
insbesondere wenn sich der Geschäftskontakt aus einem privaten
Kontakt entwickelt. Daher kann die Löschung oder Weitergabe der-
58
Zunächst eher zur lieben Not der
Personal­verantwortlichen zwischen
Flensburg und Füssen. Die HumanRessources--Experten beschäftigten
sich ursprünglich damit, wie sie den
Trend zur ständigen Twitter-Verbindung ­arbeitsrechtlich in den Griff bekommen. Denn ein geübter Twitterer
hält parallel zu seiner Arbeitstätigkeit
permanent Kontakt zu seinen virtu-
artiger Daten im Zweifel nicht verlangt werden. Der Arbeitgeber wird
sich daher entscheiden müssen: Will er durch fehlende Hinweise auf
die Beziehung des twitternden Mitarbeiters zum Arbeitgeber den Eindruck erwecken, es preise sozusagen ein Neutraler die Produkte an,
so wird man mangels entgegenstehender Vereinbarungen im Zweifel
diese Kontakte auch als privat ansehen müssen. Allerdings hätte
eine Klage auf Schadensersatzklage, wie aus den USA zu hören ist,
in Deutschland keinen Erfolg. Denn der Arbeitgeber müsste seinen
Schaden konkret darlegen und gegebenenfalls beweisen. Dies erscheint kaum möglich, zumal es eine Pauschalierung, wie in den USA,
nach deutschen Regeln nicht gibt. Ein Ausweichen auf Vertragsstrafen ist angesichts der damit verbundenen AGB-Problematik gleichfalls
praktisch nicht sinnvoll. Somit blieben Unterlassungs- oder Herausgabeansprüche, die sich aus dem unbefugten Verwenden von Geschäftsgeheimnissen ergeben könnten. Hierbei sind aber nur solche
Daten geschützt, die nicht offenkundig sind, also nicht – wie die bloße Adresse des Kunden – ohne Weiteres zu erlangen sind. Hat der
Arbeitnehmer über das Twittern derart nicht offenkundige Kundendaten erlangt und gespeichert, so stellen derartige Listen regelmäßig
selbst dann Geschäftsgeheimnisse dar, wenn der Arbeitnehmer die
Kunden selbst »geworben« hat (BGH 26.6.2009 – I ZR 28/06). Will
man dem Mitarbeiter vertraglich generell untersagen, nach seinem
Ausscheiden für bisherige »Twitter-Kontakte« tätig zu werden, ist eine
Abgrenzung zum karenzentschädigungspflichtigen nachvertraglichen
Wettbewerbsverbot vorzunehmen.«
www.acquisa.de 04/2013
ellen Gruppierungen, neudeutsch auch
­Follower genannt. Das »Zwitschern«
zu verbieten ist allerdings ein schwieriges Unterfangen, denn gegen entsprechende Twitter-Verbote stellten sich
oftmals die Führungskräfte selbst. Sie
erkannten, dass das Twittern durchaus
zu Geschäftszwecken nutzbar ist.
auftrag«, nämlich um die Frage, ob der
twitternde Arbeitnehmer nach Ver­
lassen des Unternehmens seine dienstlich erworbenen Kontakte schlicht und
einfach mitnehmen kann (siehe auch
Experten-Rat).
Dass es dabei nicht nur um »Peanuts«
geht, zeigen die Rahmendaten der
­ lage. Immerhin 17.000 Kontakte hatte
K
der dienstlich twitternde Mitarbeiter
arbeitsvertraglich angesammelt. Das
­taxierte die klagende Firma mit 2,50
Dollar pro Kontakt und machte somit
einen Schadensersatzanspruch von
340.000 Dollar geltend.
•]
[email protected] Es besteht Regelungsbedarf
Darüber sind sich die Experten einig:
Twittern im Betrieb sollte arbeitsrechtlich geregelt sein. Insbesondere Möglichkeiten oder auch Verbote des privaten Twitterns sollten fixiert werden.
Ist es aber nicht von vornherein ein
untauglicher Versuch, mit dem aus der
Jahrhundertwende stammenden BGB
und dessen Grundzügen des Arbeitsver­
tragsrechts derartige virtuelle Quantensprünge in praktikable Vorschriften
zu fassen? Prinzipiell ist dies möglich,
meint Arbeitsrechtsexperte Professor
Stefan Lunk. Er sieht die Probleme eher
darin, dass sich Privates und Dienstliches faktisch oft nicht trennen lasse.
Aber die Arbeitsrechtler, die derzeit zu Dutzenden an sogenannten
»Social-Media-Guidelines« arbeiten,
können kaum Luft holen. Immer öfter stellt sich ein weiteres, speziell arbeitsrechtliches Twitter-Problem. Das
Zauberwort heißt »Twittern als Ar-
BCP 2013
Mit Da
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Wie Inhalte wirken
Hamburg, 19. Juni 2013
Kongress im Radisson Blu
anschließend festliche Preisverleihung
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der BCP-Awards in Schmidts Tivoli
ivolli
> twitter.com/acquisa
Hier twittert die Redaktion acquisa
Aktuelles und Wissenswertes aus
der Marketingwelt.
beitspflicht« und trägt dem Umstand
Rechnung, dass immer mehr Marketingstrategen das Twittern als Kontakt und Verkaufsmodell der ­Zukunft
erkannt haben. Da liegt es ­nahe, das
Twittern nicht etwa einzu­schränken,
sondern im Gegenteil vom Mitarbeiter
zu ­fordern, dass er in Zukunft doch
bitte nach Kräften twittern solle. In
welche Dimensionen und Probleme
dies münden kann, zeigt ein Rechtsstreit, der derzeit in den USA ausgetragen wird. Hier geht es um ein Folge­
problem des »Twitterns im Arbeitgeber­
Mehr
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Steinbeis und Deutsche Post sind Hauptsponsoren des BCP 2013
04/2013 www.acquisa.de
Recht & Marketing _ Gerichtsentscheidungen
§ Behinderung durch Werbeanzeige mit Briefkastenaufkleber
OLG Koblenz
RechtsTicker
Health Claims
Nach einem Urteil des
Bundesverwaltungsgerichts
darf ein Wein nicht mit der
Bezeichnung »bekömmlich«
beworben werden, weil es
sich um eine unzulässige
gesundheitsbezogene Anga­
be handele (BVerwG, Urteil
vom 14. Februar 2013, 3 C
23.12).
www.bverwg.de
Kostenlose Schätzung
Die Werbeaussage »kos­
tenlose Schätzung« eines
Händlers mit Edelmetallen
ist auch dann keine unzuläs­
sige Werbung mit Selbstver­
ständlichkeiten, wenn solche
unentgeltlichen Leistungen
marktüblich sind. Das hat
jetzt das Oberlandesgericht
Celle entschieden (Urtteil
vom 31. Januar 2013, 13 U
128/12).
www.rechtsprechung.
niedersachsen.de
Brand Bidding
Das Landgericht Nürn­
berg-Fürth (Urteil vom
29. ­Februrar 2013, 3 O
5174/11) hat entschieden,
dass ein Online-Händler in
seiner Google Ad-Words-An­
zeige fremde Marken­namen
verwenden darf, wenn er
die betreffende OriginalWare verkauft, weil sich
das Schutzrecht insoweit
erschöpft habe.
www.justiz.bayern.de
Die Meldungen und Berichte
auf dieser Seite wurden
zusammengestellt von
RA Dr. Flemming Moos,
Norton Rose Germany LLP –
www.nortonrose.com
60
Der Anbieter eines Anzeigenblatts darf nicht
mit einem Aufkleber für den Briefkasten
seiner Leser werben, mit dem der Einwurf
anderer Anzeigenblätter gezielt verhindern
werden soll. Das hat das OLG Koblenz am
16.01.2013 (Az.: 9 U 982/12) entschieden und
dem Unternehmen die entsprechende Wer­
beanzeige untersagt, weil es sich hierbei um
eine wettbewerbswidrige gezielte Behinde­
rung handele. Wer durch Werbung nicht die
Chancen des eigenen Produkts verbessern
will, sondern nur die Verdrängung der Mitbe­
werber beabsichtige, habe die entsprechende
Werbung zu unterlassen.
Zur Begründung führte das Gericht aus, dass
die Kombination der Formulierung »Bitte kei­
ne Werbung/keine kostenlosen Zeitungen«
mit dem Logo des eigenen Anzeigenblattes
auf die Verdrängung der Mitbewerber gerich­
tet sei. Der Markt für kostenlose Anzeigenblät­
ter werde grundsätzlich dadurch bestimmt,
dass die Zeitungen entweder in den Briefkas­
ten geworfen oder – bei generell ablehnen­
dem Aufkleber – nicht eingeworfen werden.
Der Aufkleber sei aber gerade darauf gerich­
tet, den Einwurf des eigenen Anzeigenblattes
zu sichern und nur den Einwurf der Konkur­
renzprodukte zu verhindern. Dadurch werde
der Zutritt der Konkurrenten zu den Kunden
auf unabsehbare Zeit versperrt. Dies sei der
wesentliche Zweck der Werbeanzeige der Be­
klagten und auch so beabsichtigt. Wenn ein
Mitbewerber die Verbraucher aber gezielt da­
rin beeinflusse, die Annahme der Produkte
der Mitbewerber abzulehnen, lasse auch die
freie Entscheidung der Kunden über die Nut­
zung der Aufkleber den Vorwurf der Unlau­
terkeit dieser Werbung nicht entfallen.
Handlungsempfehlung: Werbetreibende
müssen beachten, dass auch durch Werbe­
anzeigen eine unlautere, gegen das UWG
verstoßende Behinderung mittels Errichtung
von Vertriebshindernissen erfolgen kann.
Derartige Maßnahmen sind regelmäßig un­
lauter, wenn sie nur dem Zweck dienen, den
Vertrieb des Mitbewerbers zu behindern oder
auszuschalten. Das ist immer dann anzuneh­
men, wenn kein sachlicher Grund für die
Maßnahme erkennbar ist. So ist in der Recht­
sprechung z.B. auch die Verteilung von Auf­
klebern für Reklamationsschreiben als unzu­
lässig angesehen worden, wenn dadurch der
Adressat unter Druck gesetzt werden soll.
p www.mjv.rlp.de/Rechtsprechung
§ Deutsches Datenschutzrecht und Facebook
VG Schleswig
In einem Beschluss hat das
VG Schleswig im Hinblick
auf die Anordnungen des Un­
abhängigen Landeszentrums
für Datenschutz in Schles­
wig-Holstein (ULD), bei dem
sozialen Netzwerk-Dienst den
Klarnamenzwang abzuschaf­
fen, entschieden, dass auf
Face­book Ltd. mit Sitz in Ir­
land deutsches Datenschutz­
recht nicht anwendbar sei
(VG Schleswig, Beschluss vom
14.02.2013, 8 B 61/12). Voraus­
setzung für die Anwendung
deutschen Datenschutz­
rechts sei, dass der Sitz der
Daten verarbeitenden Stelle
oder jedenfalls deren Nieder­
lassung in Deutschland sei.
Das sei aber nicht der Fall –
ungeachtet der Existenz der
Facebook Germany GmbH in
Hamburg.
Insoweit sei entscheidend,
dass die Facebook Germany
GmbH lediglich im Bereich
der Anzeigenakquise und des
Marketing tätig sei, sie aber
gerade keine Verarbeitung
personenbezogener Daten
der registrierten Nutzer von
Facebook vornehme, sodass
insoweit keine Verarbeitung
personenbezogener Daten
im Rahmen der Tätigkeit der
Niederlassung im Sinne des
BDSG vorliege.
Handlungsempfehlung :
Die Datenschutzaufsicht
in Deutschland wird nicht
durch aus­ländische Daten­
schutzaufsichtsbehörden,
sondern gemäß § 38 BDSG
durch die deutschen Daten­
schutzaufsichtsbehörden
ausgeübt. Diese können da­
bei das Recht des jeweiligen
Mitgliedstaat anzuwenden.
Das Landgericht Berlin hat­
te kürzlich sogar entschie­
den, dass auf den FacebookFreundefinder deutsches Da­
tenschutzrecht Anwendung
finde.
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ISSN 0938-7927
60. Jahrgang
Verantwortlicher Chefredakteur
Christoph Pause [email protected]
Vorschau
acquisa im Mai
Das bringt
Redaktion
Klaus Dietzel [email protected]
Markus Singer [email protected]
Redaktionsassistenz
Gabi Reuys [email protected]
Telefon 07 61/898 3031, Telefax 07 61/898 990068
Korrespondent
Karsten Zunke
Autoren dieser Ausgabe
Christoph Lorenz, T­ homas Muschiol, Kristina Schreiber,
­Stepfanie Streif, Antje Terhaag
Redaktionsbeirat
Prof. Dr. Willi Diez (FH Nürtingen), Manfred Hasenbeck
(Forum Corporate Publishing, München), Prof. Dr. Manfred
Krafft (Universität Münster), Friedhelm Lammoth (Lammoth
Mailkonzept Werbeagentur, St. Gallen), Prof. Dr. Peter
Winkelmann (FH Landshut)
Grafik/Layout
Kerstin Fikentscher, Ruth Großer
Anzeigenverkaufsleitung
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Telefon 09 31/27 91-543, Telefax 09 31/27 91-477
Anzeigenverkauf
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Churn-Rate, der Opt-out-Rate etc.)?
Wie finden Unternehmen heraus,
­welche Kunden wann angesprochen
werden sollten und welcher besser
nicht. acquisa sondiert die Lage.
Recht & Marketing
Website-Gestaltung Welche
ur­heberrechtlichen Aspekte sind bei
der Website-Gestaltung zu beachten?
p
Die nächste Ausgabe von acquisa
erhalten Sie ab dem 2. Mai 2013.
FEIERABEND
Segelnder Berg-Liebhaber
Text _ Karsten Zunke
Das Segel tauchte fast ins Wasser, der Mast knackte gefährlich,
nur zwei Schiffe auf dem großen See: Damals – als 9-jähriger –
wäre Matthias Moll fast gekentert. Doch er ist es nie. »Seitdem
weiß ich, was man leisten kann, wenn man es wirklich will«,
sagt der Marketing-Chef des Ratgeber-Portals gutefrage.net.
Bereits als 7-jähriger segelte er mit dem Boot seines Bruders
allein hinaus. Sein Vater liebte das Segeln. Das Häuschen der
Familie in Holland war Ausgangspunkt für so manchen Törn.
Die wichtigsten beruflichen Stationen – Münster, Konstanz,
Genf – liegen allesamt in der Nähe von Segelgebieten. »Ich
­liebe die Berge, brauche aber Wasser zum Ausgleich«, sagt der
45-jährige, der seit fünf Jahren in München seine neue Heimat
gefunden hat. Jedes zweite Wochenende geht es in die Tiroler
Berge, die übrigen wird gesegelt – sofern das Wetter mitspielt.
Matthias Moll, Marketing-Chef der Ratgeber-Community
gutefrage.net, ist begeisterter Segler und liebt die Berge.
Internetführerschein für Urlauber
Als sich der gebürtige Münsteraner Anfang der 90er Jahre für
ein Studium der Mediaplanung entschied, war sein späterer
Erst-Job nicht vorhersehbar: Im Jahr 1997, als das Internet gern
mit Multimedia umschrieben wurde, baute er für den Reise­
veranstalter TUI das erste Internetcafé in einem RobinsonClub mit auf. Das Web entdeckte er während des Studiums für
sich, in den Semesterferien hatte er als Animateur gearbeitet.
In dieser Kombination war er für diese Aufgabe prädestiniert.
Ein halbes Jahr lang brachte er den Club-Urlaubern das Internet bei, viele machten bei ihm ihren »Internetführerschein«.
War das Wetter für Golf, Tennis oder Reiten zu schlecht, traf
sich die Kundschaft im Internetcafé. »Interessante Leute. Meist
urlaubende Manager und Unternehmer, die nun Zeit hatten,
sich mit einer Materie zu beschäftigen, die bis dato die Sekretärin miterledigte.«
Später wechselte er zu einer Werbeagentur, baute in einem
Verlag das Anzeigenmarketing auf und verantwortete schließlich den Vertrieb bei Netdoktor. Mittlerweile ist aus dem
­Sekretärinnen-Internet ein Mitmach-Internet geworden, und
Moll ist als Marketing-Chef der Ratgeber-Community gutefrage.net wieder ganz vorn dabei.
Auch sein siebenjähriger Sohn mag das Web, mimt vor Freunden schon mal den Wisch-Finger-Surfer. Der Vater möchte
damit »natürlich« umgehen und achtet darauf, dass die Anziehungskraft internetfähiger Geräte nicht überhand nimmt.
Dem »Angry Bird« setzt er »MacGuyver« entgegen: Bevor der
gebürtige Westfale Dinge kauft, versucht er sie selbst zu bauen. So trifft man Vater und Sohn oft im Baumarkt, um Latten, Schrauben oder Kleister zu besorgen. Selbst wenn es nur
ein wackliger Balkontisch wird – Moll zieht es durch und alle
•]
­haben Spaß.
66
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