Molekulare Metallatomarchitektur – Hume-Rothery Phasen inspirierte Molekülchemie Dissertation Zur Erlangung der Doktorwürde der Fakultät für Chemie und Biochemie an der RuhrUniversität Bochum Vorgelegt von Kerstin Freitag, M. Sc. Oktober 2014 Diese Arbeit wurde im Zeitraum von Juli 2011 bis Oktober 2014 am Lehrstuhl für Anorganische Chemie II, Organometallics and Materials, der Ruhr-Universität Bochum angefertigt. Hiermit erkläre ich, die vorliegende Dissertation selbstständig angefertigt zu haben und keine anderen Quellen und Hilfsmittel, als die angegebenen verwendet zu haben. Zudem erkläre ich, die vorliegende Dissertation in dieser oder anderer Form nicht an einer anderen Fakultät eingereicht zu haben. Kerstin Freitag, Oktober 2014 Erster Gutachter: Prof. Dr. Roland A. Fischer Zweiter Gutachter: Prof. Dr. Stephan Schulz Danksagung An dieser Stelle gebührt mein erster und ausdrücklicher Dank Herrn Prof. Dr. Roland A. Fischer. Die 3 ½ Jahre der Promotion, die ich in Ihrem, wissenschaftlich wie auch menschlich, herausragendem Arbeitskreis verbringen durfte, haben meine persönliche Entwicklung in wesentlichen Punkten geprägt. Ich hatte das Glück, ein Dissertationsprojekt durchführen zu dürfen, das mich über all die Jahre in einem hohen Maß begeistert hat. An dieser Begeisterung haben Sie, lieber Professor Fischer, insbesondere als Vollblut-Organometallchemiker, einen großen Anteil. Ihre Unterstützung, auf die ich immer zählen konnte, und Ihr großes Interesse an meinem Projekt, die Ausgeglichenheit zwischen wissenschaftlicher Freiheit und hilfreichen wissenschaftlichen Diskussionen, haben den Grundstein für diese Forschungsarbeit geleistet. Insbesondere möchte ich mich auch für Ihre Unterstützung außerhalb des Labors bedanken, wie bei dem Antrag auf ein Doktorandenstipendium des Fonds der Chemischen Industrie, die Teilnahme an dem 63. Nobelpreisträgermeeting in Lindau und vor allem ihr Engagement für den kurzfristigen Gastgeberwechsel meines Auslandsaufenthaltes. Vielen herzlichen Dank! Das Deckblatt dieser Dissertation trägt lediglich meinen Namen, dabei bin ich einer Vielzahl von Leuten zu tiefstem Dank verpflichtet, die mich auf dem lehrreichen und schönen, aber manchmal auch kraftraubenden und frustrierendem Weg der Promotion begleitet haben. Dabei wurde dieser von fruchtbaren wissenschaftlichen Diskussionen und Hilfestellungen im Laboralltag, aber ebenso zahlreichen privaten Momenten, in denen Erfolge gefeiert oder – noch wertvoller – erreichte Frustrationsgrenzen vergessen gemacht wurden. Herrn Prof. Dr. Stephan Schulz danke ich für die freundliche Übernahme des Koreferats. Dr. Christian Gemel danke ich für das Teilen seines herausragenden organometallchemischen Wissens, seine Begeisterung für mein Thema und im Besonderen für die Unterstützung bei dem Verfassen verschiedener Publikationen. Sabine Pankau möchte ich von ganzem Herzen für ihre unerschöpfliche Geduld und Freundlichkeit danken. Egal wie hoch der Arbeitsstapel auf dem Schreibtisch ist, nimmt sich Sabine jedem administrativen und privaten Problem an, was in keiner Weise selbstverständlich ist. Die zahlreichen Reiseberichte mit Fernwehgefahr, sowie die Aufarbeitung der Bundesligawochenenden, waren immer eine willkommene Pause für mich. Ebenso möchte ich Jacinta Essling für ihre administrative Hilfe danken. Ursula Herrmann danke ich nicht nur dafür, dass sie blind jedes gewünschte Glasteil findet, oder es im Notfall in Kürze beschafft, sondern auch für die Vitamine aus dem Garten im Sommer und Schokolade im Winter. Der Laboralltag wäre ohne Dr. Mariusz Molon nicht derselbe gewesen. In fünf gemeinsamen Jahren, in denen das Labor und Büro geteilt wurden, konnte ich immer auf seine Hilfe zählen, egal ob bei Precursorsynthesen oder Computerproblemchen. Der Laboralltag und vor allem die Mensabesuche waren ohne dich um einen großen Teil an unverwechselbaren Humor ärmer, danke für die fortwährende Freundschaft Mariusz! Besonderer Dank gilt außerdem Hung Banh. Für das Teilen der Begeisterung für die Zinkchemie, die hervorragende Unterstützung im Labor, die er als wissenschaftliche Hilfskraft geleistet hat, für Tieftemperatur NMR Messungen, für die Zusammenarbeit bei gemeinsamen Publikationen, das Teilen frustrierender Labortage und für all die Wetten und die speziellen Aufheiterungen im Labor –Stichwort KH Entsorgung-, die den Laboralltag so lebenswert gemacht haben. Nicht zuletzt muss ich mich ausdrüchlich für die Diskussionsbereitschaft in den letzten Monaten, bei jeglichen Fragestellungen, die das Verfassen dieser Arbeit aufgeworfen hat, bedanken. Danke Hung für deine Freundschaft, sowie das Teilen der BlauWeißen Freuden und noch häufigeren Leiden. Herrn Prof. Dr. Gernot Frenking und Dr. Paul Jerabek danke ich für die quantenchemischen Analysen und die gute Zusammenarbeit im Rahmen des DFG-Projektes. Auch Herrn Prof. Dr. Saillard und seiner Arbeitsgruppe danke ich für quantenchemische Berechnungen und die daraus resultierende Publikation. Herrn Prof. Dr. Philip P. Power bin ich für den dreimonatigen Forschungsaufenthalt in seiner Arbeitsgruppe an der University of California Davis zu großem Dank verpflichtet. Es hätte keinen besseren Gast-Doktorvater gegeben. Diese drei Monate haben zu der erfahrungsreichsten Zeit meiner Promotion gehört, wissenschaftlich, wie auch privat. Chemische Weisheiten wie „Reactions are a part of chemistry“, die einfach immer stimmen, werde ich nicht vergessen. Aimee M. Bryan, Michelle A. Faust und Petra Vasko danke ich für die freundliche Aufnahme in die Power Gruppe und die unvergessliche Zeit, die ich mit ihnen in Kalifornien verbringen durfte. Ich möchte mich herzlich bei Dr. Rüdiger W. Seidel für die große Hilfe beim Lösen von Kristallstrukturen bedanken. Bei Frau Sabine Bendix und Herrn Bernhard Linden bedanke ich mich für die Unterstützung bei LFIDI MS Messungen. Allen aktuellen und vorherigen Mitgliedern der Anorganischen Chemie II, danke ich ganz herzlich für die fantastische Arbeitsatmosphäre und auch die vielen privaten Stunden beim Grillen, bei Chemikerpartys, und allen anderen - immer gern genommenen - Anlässen. Insbesondere danke ich der aktuellen Bürobesetzung von 2/67 für das kollegiale Verhältnis, sowie den vorherigen Bürokollegen, die mich herzlich und hilfsbereit in den Lehrstuhl integriert haben. An dieser Stelle möchte ich besonders Dr. Timo Bollermann, Dr. Markus Halbherr, Dr. Sebastian Henke, Dr. Mariusz Molon, Dr. Maike Müller und Dr. Denise Zacher hervorheben. Herzlichen Dank an alle Beteiligten für zwei super Konferenzreisen. Hung Banh, Mariusz Molon, Arik Puls und Jana Weßing für die gemeinsame Fahrt zur ICOMC in Lissabon, wo wir glücklicherweise bei 36 °C im Auto keine Klimaanlage benötigten. Ganz besonderer Dank geht an Hung Banh und Daniel Peeters für die gemeinsame Teilnahme am ACS Meeting in Indianapolis und für den unvergesslichen anschließenden WOW Trip nach Neeeeeew Yooooooooork!! Daniel Peeters danke ich für seinen Blick außerhalb der organometallchemischen Grundlagenforschung, und die erheiternde fußballerische Rivalität und seine Freundschaft. Der Frauensportgruppe Hung Banh, Katharina Dilchert, Mariusz Molon, Daniel Peeters und Suttipong Wannapaiboon danke ich herzlich für Spiel, Spaß und Ehrgeiz beim wöchentlichen Badminton. Dem Fonds der Chemischen Industrie danke ich für ein Promotionsstipdenium und ganz besonders für das Sponsoring meiner Teilnahme am 63. Nobelpreisträgermeeting in Lindau. Der Ruhr-Universität Research School und Research School Plus danke ich für die finanzielle Unterstützung, insbesondere für ein Reisestipendium und einen geförderten Auslandsforschungsaufenthalt und den unkomplizierten genehmigten Gastgeberwechsel. Man sagt, Freundschaft, die länger als neun Jahre hält, hält ein Leben lang. Ich möchte Mara Lena Boelhauve und Melina Eul, mit denen ich seit mittlerweile siebzehn Jahren alle Freuden, aber auch Herausforderungen des Lebens teilen darf, auf meinem weiteren Lebensweg nicht missen. Mädels, ihr seid die Besten! Ricarda Wüstefeld danke ich für ihre langjährige Freundschaft seit Kindesbeinen. Katja Preukschaft und Uwe Scheel danke ich für das treue Zusammenstehen. Meiner Patenfamilie Alina, Ann-Christina, Katja und Ralf Loogsberg danke ich für das Interesse an meiner Arbeit, ihre Unterstützung und Notfallbehandlungen. Bei meinem Großeltern, Günter und Ruth Jechow möchte ich mich von Herzen für die unbeschwerte Kindheit, die ich bei ihnen verbringen durfte, bedanken. Für die Vermittlung von ihren Werten und die wunderschönen Erinnerungen an die gemeinsame Zeit. Aus tiefstem Herzen danke ich meinem Bruder Björn Freitag, für das liebevolle geschwisterliche Verhältnis und dafür, dass er ausnahmslos immer für mich da ist. Außerdem danke ich der wunderbaren Katharina Vallendar für ebenso große Unterstützung in den letzten Jahren und eine traumhafte und unvergessliche Tour durch den wilden Westen. Meine persönlichen Götter in Weiß seid ihr allemal, danke fürs Auffangen, wenn es mich „vorn rüber würfelt“! In diesem Zusammenhang geht auch ein ganz lieber Dank an das gesamte Team Brothers and Sisters. Ihr habt einen ganz speziellen Humor- und Spaßfaktor in mein Leben gebracht, Dankeschön, ihr seid super! Die Menschen, denen ich Unterstützung, unendliches Vertrauen in meine Person und mein Handeln, geteilte Freude, schützende und auffangende Hände zu verdanken habe sind Gabriele und Peter Freitag. Danke Mama und Papa! „Whatever you do in this life, It´s not legendary, Unless your friends are there to see it” (Barney Stinson in “How I met your mother”) Inhaltsverzeichnis Abbildungsverzeichnis ............................................................................................................... vi Schemenverzeichnis ...................................................................................................................ix Tabellenverzeichnis .................................................................................................................... x Abkürzungsverzeichnis ...............................................................................................................xi 1. Einleitung ................................................................................................................................ 1 1.1 Die Chemie intermetallischer Verbindungen ................................................................... 1 1.2 Synthese intermetallischer Verbindungen ....................................................................... 1 1.2.1 Schmelzen durch Bogenentladung ............................................................................ 2 1.2.2. Induktionsschmelzen ................................................................................................ 3 1.2.3 Hilfsmetallbadtechnik ................................................................................................ 4 1.2.4 Intermetallische Dünnschichten ................................................................................ 5 1.3 Klassifizierung intermetallischer Verbindungen ............................................................... 6 1.3.1 Hume-Rothery Phasen ............................................................................................... 8 1.3.2. Stabilität von Hume Rothery Phasen ...................................................................... 11 1.3.3 Messing, eine Hume-Rothery Phase aus Kupfer und Zink ....................................... 12 1.3.4 Laves Phasen ............................................................................................................ 15 1.3.5 Zintl-Phasen ............................................................................................................. 16 1.3.6 Intermetallische Zinkphasen .................................................................................... 20 1.4 Cluster: An der Schwelle von intermetallischen zu molekularen Verbindungen ........... 22 1.5 „Top-down“ vs. „Bottom-up“ Chemie zinkreicher Verbindungen ................................. 24 1.5.1 Hochkoordinierte Zink-Übergangsmetallverbindungen: Eine neuartige Verbindungsklasse an der Grenze von Cluster und Koordinationsverbindungen ............ 31 1.5.2 [Zn2Cp*2] – Meilenstein der niedervalenten Zinkchemie ........................................ 35 i 2. Motivation ............................................................................................................................ 45 3. Zusammenfassung ................................................................................................................ 47 4. Ergebnisse und Diskussion ................................................................................................... 53 4.1 Reaktivität von [Zn2Cp*2] – Protolytische Zn-Cp* Bindungsspaltung ............................ 53 4.1.1 Darstellung von [Cp*3Zn4(Et2O)2][BAr4F] (1[BAr4F]).................................................. 53 4.1.2 Spektroskopische und strukturelle Charakterisierung von [Cp*3Zn4(Et2O)2][BAr4F] (1[BAr4F]) ........................................................................................................................... 54 4.1.3 Zusammenfassung ................................................................................................... 56 4.2 Die σ-aromatischen Komplexe [Zn3Cp*3][BAr4F] (2) und [Zn2Cp*2CuCp*] (3) ................ 57 4.2.1 Aromatizität ............................................................................................................. 57 4.2.2 Darstellung von [Zn3Cp*3][BAr4F] (2[BAr4F])............................................................. 64 4.2.3 Spektroskopische und strukturelle Charakterisierung von [Zn3Cp*3][BAr4F] (2[BAr4F]) ........................................................................................................................... 65 4.2.4 Darstellung von [Zn2Cp*2CuCp*] (3) ........................................................................ 67 4.2.5 Spektroskopische und strukturelle Charakterisierung von [Zn2Cp*2CuCp*] (3) ..... 68 4.2.6 Quantenchemische Analyse von [Zn3Cp*3][BAr4F] (2[BAr4F]) und [Zn2Cp*2CuCp*] (3) ........................................................................................................................................... 70 4.2.7 Analogie von H2 und [Zn2Cp*2]................................................................................. 73 4.2.8 Zusammenfassung ................................................................................................... 74 4.3 Zink-Zink Wechselwirkungen an Palladium-Zentren ...................................................... 75 4.3.1 Darstellung von [Pd(CNtBu)2(ZnCp*)4] (4)................................................................ 75 4.3.2 Spektroskopische und strukturelle Charakterisierung von [Pd(CNtBu)2(ZnCp*)4] (4) ........................................................................................................................................... 76 4.3.3 Darstellung von [Pd(PdPCy3)2(Zn)(µ-Zn2Cp*)(µ-ZnCp*)3] (5) (Cy = cyclohexyl) ....... 79 4.3.4 Spektroskopische und strukturelle Charakterisierung von [Pd(PdPCy3)2(Zn)(µZn2Cp*)(µ-ZnCp*)3] (5) ...................................................................................................... 79 ii 4.3.5 Bindungssituation in [Pd(CNtBu)2(ZnCp*)4] (4) und [Pd(PdPCy3)2(Zn)(µ-Zn2Cp*)(µZnCp*)3] (5): Diskussion der Zink – Zink Wechselwirkungen auf Basis der strukturellen Eigenschaften .................................................................................................................... 82 4.3.6 Zusammenfassung ................................................................................................... 87 4.4 Molekulares Messing: Cu4Zn4, ein ligandenstabilisierter „Superatom“ Cluster ........... 88 4.4.1 Darstellung und Charakterisierung von [(CuCNtBu)4(ZnCp*)4] (6a) und [(CuCNtBu)4(ZnCp*)3ZnCp)] (6b) ....................................................................................... 89 4.4.2 Spektroskopische und strukturelle Charakterisierung von [(CuCNtBu)4(ZnCp*)4] (6a) und [(CuCNtBu)4(ZnCp*)3ZnCp)] (6b) ................................................................................ 91 4.4.3 Quantenchemische Analyse von [(CuCNtBu)4(ZnCp*)4] (6a) und [(CuCNtBu)4(ZnCp*)3ZnCp)] (6b) und Diskussion der elektronischen Situation ............... 96 4.4.4 Fazit zur Zuordnung der Kupfer und Zinkpositionen in 6a/6b............................... 100 4.4.5 Zusammenfassung ................................................................................................. 101 4.5 Das Dizink Kation [Zn2]2+ eingeschlossen in einer homoleptischen metalloiden Koordinationsumgebung, stabilisiert durch Dispersions-Wechselwirkungen: [Zn2(GaCp*)6][BAr4F]2 (7[BAr4F]2) ........................................................................................ 101 4.5.1 Darstellung von [Zn2(GaCp*)6][BAr4F]2 (7[BAr4F]2) ................................................. 103 4.5.2. Spektroskopische und strukturelle Charakterisierung von [Zn2(GaCp*)6][BAr4F]2 (7[BAr4F]2) ........................................................................................................................ 103 4.5.3 Mechanistische Überlegungen .............................................................................. 107 4.5.4 Quantenchemische Untersuchungen von [Zn2(GaCp*)6][BAr4F]2 (7[BAr4F]2) ........ 108 4.5.5 [Zn2Ga6(Cp*)6]2+ (8) – Ein Strukturisomer von [Zn2(GaCp*)6]2+ (7) ........................ 110 4.5.6 Spektroskopische und strukturelle Untersuchung von [M8Cp*6][BAr4F]2 (M = Ga, Zn) (8[BAr4F]2) .................................................................................................................. 111 4.5.7 Quantenchemische Analyse des hypothetischen [Ga2(ZnCp*)2(GaCp*)4][BAr4F]2 (8[BAr4F]2) ........................................................................................................................ 115 4.5.8 Zusammenfassung ................................................................................................. 116 5. Ausblick............................................................................................................................... 118 iii 6. Experimental Teil ................................................................................................................ 120 6.1 Allgemeine Arbeitstechniken ....................................................................................... 120 6.2 Routine-Arbeitsmethoden ............................................................................................ 120 6.2.1 Kernresonanzspektroskopie (NMR) ....................................................................... 120 6.2.2 Infrarotspektroskopie (IR) ...................................................................................... 121 6.2.3 Massenspektrometrie (LIFDI MS) .......................................................................... 121 6.2.4 Elementaranalyse (EA), Atomabsorptionsspektroskopie (AAS) ............................ 122 6.2.5 Einkristall-Röntgenstrukturanalyse (XRD).............................................................. 122 6.3 Ausgangsverbindungen ................................................................................................ 122 6.4 Synthese und analytische Daten dargestellter Verbindungen ..................................... 123 6.5 Packung der dargestellten [BAr4F]-Salze 1, 2, 7 und 8 in der Elementarzelle .............. 128 6.6 Exkurs: Das Jellium Modell ........................................................................................... 130 6.7 Exkurs: Beugungsuntersuchungen mit Röntgen-, Synchrotron- und Neutronenstrahlung zur Strukturaufklärung anorganischer Festkörper ............................................................. 134 6.7.1 Routine Einkristall-Röntgenstrukturanalyse (XRD) ................................................ 134 6.7.2 Synchrotron Röntgenstrahlung .............................................................................. 136 6.7.3 Neutronenbeugung ................................................................................................ 139 6.7.4 Gründe, warum weder Synchrotron noch Neutronenbeugungsexperimente versucht wurden ............................................................................................................. 141 6.8 Methodik quantenchemischer Analysen ...................................................................... 141 6.8.1 Quantenchemische Analyse von [Zn3Cp*3]+ (2) und [Zn2CuCp*2] (3).................... 142 6.8.2 Quantenchemische Analyse von [(CuCNtBu)4(ZnCp*)4] / [(CuCNtBu)4(ZnCp*)3(ZnCp)] (6a/6b)............................................................................... 144 6.7.3 Quantenchemische Analyse von [Zn2(GaCp*)6]2+ (7) und [Zn2Ga6(Cp*)6]2+ (8) ..... 144 6.9 Kristallographische Daten ............................................................................................. 146 Literaturverzeichnis ................................................................................................................ 149 Anhang.................................................................................................................................... 156 iv Posterbeiträge und Vorträge .............................................................................................. 156 Publikationen ...................................................................................................................... 157 Erstautorenschaften ....................................................................................................... 157 Co-Autorenschaften ........................................................................................................ 157 Akademischer Werdegang.................................................................................................. 159 v Abbildungsverzeichnis Abbildung 1. Micro Vakuum-Lichtbogenofen-Anlage. ............................................................... 2 Abbildung 2. Schematischer Versuchsaufbau des Induktionsschmelzens. ............................... 4 Abbildung 3. Periodensystem mit Einteilung der Metalle ......................................................... 7 Abbildung 4. Diagramm für die Kombination der Gruppen A1, A2, B1 und B2 ......................... 8 Abbildung 5. Nicht qualitative Zeichnung des Messing-Phasenverlaufes ............................... 10 Abbildung 6. Schematische Abbildung der Zustandsdichte der Elektronenphasen in der ersten Brillouin-Zone (BZ) .................................................................................................................... 12 Abbildung 7. Einteilung der Kupfer-Legierungen. .................................................................... 13 Abbildung 8. Zustandsdiagramm von Messing ........................................................................ 14 Abbildung 9. Elektrische Leitfähigkeit ausgewählter Kupfer-Zink-Legierungen ...................... 15 Abbildung 10. Schematische Strukturen von Ca2Si, CaSi und CaSi2 ......................................... 17 Abbildung 11. Strukturen bekannter homoatomarer Gruppe 14 Cluster ............................... 18 Abbildung 12. Darstellung der Reaktivitätsvielfalt von Zintl-Anionen .................................... 19 Abbildung 13. Beispiele endohedraler Cluster......................................................................... 20 Abbildung 14. Koordinationspolyeder in RhZn13...................................................................... 21 Abbildung 15. Ausgewählte Clusterbeispiele ........................................................................... 23 Abbildung 16. Schematischer Aufbau der Cokondensationsanlage ........................................ 24 Abbildung 17. Molekülsturktur von [Mo(ZnMe)9(ZnCp*)3]. und Koordinationspolyeder des Molybdänatoms in der Hume-Rothery Phase MoZn20.44 ......................................................... 33 Abbildung 18. Molekülstrukturen und Koordinationspolyeder zinkreicher Komplex. ............ 34 Abbildung 19. Darstellung von [{Pd(CNPh)}4(µ-GaCp*)2(µ-GaCp*)2] und [{Pd(CNPh)(µ2ZnCp*)(µ3-ZnMe)}4] .................................................................................................................. 34 Abbildung 20. Molekülstrukturen von [Pd(GaCp*)2(ZnCp*)2(ZnZnCp*)2] und [Pd(ZnCp*)4(ZnZnCp*)4]. .......................................................................................................... 40 Abbildung 21. Molekülstruktur von [Pd(ZnMe)2(ZnCp*)4(Zn{tmeda})] ................................... 43 Abbildung 22. Übersicht der dargestellten Verbindungen oder ihrer Kationen 1-4……………..50 Abbildung 23. Übersicht der dargestellten Verbindungen oder ihrer Kationen 5-8. .............. 51 Abbildung 24. Molekülstruktur des Kations [Zn4Cp*3(Et2O)2]+ (1)........................................... 55 Abbildung 25. NICS Werte im und oberhalb des Ringzentrums von Benzol und NICS Gitterplot von Benzene und Cyclobutadien .............................................................................................. 59 vi Abbildung 26. Ringstromdichte-Karten von [H3]+ und [Li3]+ .................................................... 61 Abbildung 27. Kanonische MO NICS(0) Analyse im Ringzentrum von Al42- ............................. 62 Abbildung 28. Molekülstruktur von K2[Ga4(C6H3-2,6-Trip2] ..................................................... 63 Abbildung 29. Übersicht literaturbekannter σ- und π-aromatischer Dreiringe....................... 64 Abbildung 30. Molekülstruktur des [Zn3Cp*3]+ (2) Kationes. ................................................... 67 Abbildung 31. Molekülstruktur von [Zn2Cp*2CuCp*] (3) ......................................................... 70 Abbildung 30. Deformationsdichten δρ. .................................................................................. 73 Abbildung 33. Analogie von H2 und [Zn2Cp*2] ......................................................................... 74 Abbildung 34. Verzerrt oktaedrischer Koordinationspolyeder in 4 ......................................... 77 Abbildung 35. Molekülstruktur von [Pd(CNtBu)2(ZnCp*)4] (4). ................................................ 78 Abbildung 36. [Pd3Zn6] Metallkern in [Pd(PdPCy3)2(Zn)(µ-Zn2Cp*)(µ-ZnCp*)3] (5). ............... 81 Abbildung 37. Schematische Darstellung der {Zn4Zn5Cp*} Einheit ........................................ 81 Abbildung 38. Molekülstruktur von [Pd(PdPCy3)2(Zn)(µ-Zn2Cp*)(µ-ZnCp*)3] (5) .................... 82 Abbildung 39. Ausschnitt aus [Pd(CNtBu)2(ZnCp*)4] (4) .......................................................... 85 Abbildung 40. Variation der Zn···Zn Wechselwirkungen in [Zn2Cp*2] und in 2, 4 und 5 ......... 88 Abbildung 41. 1H NMR Spektrum von 6a/6b ........................................................................... 92 Abbildung 42. Molekülionenpeak von 6a (m/z = 1389) und Molekülionenpeak von 6b . ...... 93 Abbildung 43. Molekülstruktur von Verbindung 6a/6b. .......................................................... 94 Abbildung 44. [Cu4Zn4] Kern in 6a/6b und Cu10Zn16 Cluster der γ – Messing Festphasenstruktur .................................................................................................................................................. 96 Abbildung 45. Molekülorbitalschema von [(CuCNMe)4(ZnCp)4].............................................. 98 Abbildung 46. Temperatur-abhängige 1H NMR Spektren für Verbindung 7[BAr4F]2 und Gleichgewicht der Koordinationsisomere 7A und 7B... ......................................................... 105 Abbildung 47. Molekülstruktur des [Zn2(µ-GaCp*)2(GaCp*)4]2+ (7) Kations.......................... 106 Abbildung 48. Optimierte Struktur von 7............................................................................... 109 Abbildung 49. Mögliche Isomere mit einem Ga:Zn Verhältnis von 6:2 ................................. 112 Abbildung 50. Temperaturabhängigkeit der 1H NMR Spektren von [Zn2Ga6(Cp*)6][BAr4F]2 (8[BAr4F]2) ............................................................................................................................... 113 Abbildung 51. Hypothetische Molekülstruktur des [Ga2(ZnCp*)2(GaCp*)4]2+ (8) Dikations. 114 Abbildung 52. Links: Hypothetische Molekülstruktur von [Cu(ZnCp*)4(ZnZnCp*)3] ............. 118 Abbildung 53. Packung von [Zn4Cp*3(Et2O)2][BAr4F] (1[BAr4F]) in der Elementarzelle .......... 128 Abbildung 54. Packung von [Zn3Cp*3][BAr4F] (2[BAr4F]) in der Elementarzelle ..................... 129 vii Abbildung 55. Packung von [Zn2(GaCp*)6][BAr4F]2 (7[BAr4F]2) in der Elementarzelle............ 129 Abbildung 56. Packung von [Zn2Ga6(Cp*)6][BAr4F]2 (8[BAr4F]2) in der Elementarzelle. ......... 130 Abbildung 57. Aufspaltmuster der p-, d- und f-Orbitale im strukturellen Jellium Modell . .. 132 Abbildung 58. Schematische Zeichnung eines Synchrotron Speicherringes ......................... 137 Abbildung 59. Veranschaulichte Darstellung des Friedel-Gesetzes....................................... 138 Abbildung 60. Anomale Röntgenstreuung von Gallium und Zink. ......................................... 139 Abbildung 61. Variation der Streufaktoren f.......................................................................... 140 Abbildung 62. Optimierte Struktur des [Zn3Cp*3]+ (2) Kations .............................................. 142 Abbildung 63. Optimierte Sturktur von [Zn2Cp*2CuCp*] (3) ................................................. 143 Abbildung 64. Optimierte Strukturen der vereinfachten Modelle [(CuCNH)4(ZnCp*)4] und [(CuCp)4((ZnCNH)4] ................................................................................................................. 144 Abbildung 65. Optimierte Struktur von [Ga2(GaCp*)4(ZnCp*)2]2+ (8) .................................... 145 viii Schemenverzeichnis Schema 1. Darstellung von [Zn{Co(CO)4}2] ............................................................................... 25 Schema 2. Disproportionierungs-Gleichgewicht von TM-ZnR Verbindungen ......................... 26 Schema 3. Darstellung von [(ZnCp)2Co(Cp)PPh3]. .................................................................... 26 Schema 4. Darstellung des oktaedrischen [Ni2Zn4Cp6] ............................................................ 27 Schema 5. Übersicht von Synthesestrategien zur Knüpfung von TM-ZnR Bindungen ............ 28 Schema 6. Reaktionsbedingungsabhängige Darstellung von Nb-ZnCp Komplexen. ............... 29 Schema 7. Synthese von Cu-, Zn- und β-Cu/Zn-Nanopartikeln................................................ 31 Schema 8. Darstellung von [Zn2Cp*2]....................................................................................... 36 Schema 9. Schematische Übersicht des Reaktionsverhaltens von [Zn2Cp*2].......................... 37 Schema 10. Darstellung des [Zn2Cp*2] Derivates [Zn2(Mesnacnac)2]. ..................................... 38 Schema 11. Zwei-Stufen-Synthese des basenstabilisierten Dikationes [Zn2(dmap)6]2+ .......... 39 Schema 12. Darstellung der Lewis Säure-Base Addukte [Cp*ZnZn(L)2Cp*] und deren Umsetzung mit Cp*OH und ArMesOH ....................................................................................... 39 Schema 13. Mögliche mechanistische Reaktionsschritte zur Bildung von [Pd(ZnCp*)4(ZnZnCp*)4]. .......................................................................................................... 41 Schema 14. Reaktion von [Pd(tmeda)Me2] mit [Zn2Cp*2] ...................................................... 42 Schema 15. Darstellung des [Cp*3Zn4(Et2O)2]+ (1) Kations ...................................................... 54 Schema 16. Darstellung der niedervalenten Zinkkationen [Cp*3Zn4(Et2O)2]+ (1) und [Cp*ZnZn(Et2O)3]+, sowie neuer Zugang zu dem Zinkdimer [Zn2Cp*2]75 ................................. 57 Schema 17. Darstellung des [Zn3Cp*3]+ (2) Kations ................................................................. 65 Schema 18. Darstellung von [Zn2Cp*2CuCp*] (3) ..................................................................... 68 Schema 19. Darstellung von [Pd(CNtBu)2(ZnCp*)4] (4) ............................................................ 76 Schema 20. Darstellung von [Pd(PdPCy3)2(Zn)(µ-Zn2Cp*)(µ-ZnCp*)3] (5). .............................. 79 Schema 21. Bindungsmodi von H2 an ein MLn-Fragment ........................................................ 83 Schema 22. Darstellung der Cu4Zn4 Cluster [(CuCNtBu)4(ZnCp*)4] (6a) und [(CuCNtBu)4(ZnCp*)3(ZnCp)] (6b) ............................................................................................. 90 Schema 23. Darstellung von [Zn2(GaCp*)6][BAr4F]2 (7[BAr4F]2) .............................................. 103 Schema 24. Darstellung von [M8Cp*6][BAr4F]2 (M = Ga, Zn) (8[BAr4F]2) ................................ 111 ix Tabellenverzeichnis Tabelle 1. Beispiele intermetallischer Phasen, die aus einem Metallbad kristallisieren. .......... 5 Tabelle 2. Valenzelektronenanzahl für die Anwendung der Hume-Rothery Regeln. ................ 9 Tabelle 3. Valenzelektronenkonzentrationen (VEC) für ausgewählte Hume-Rothery Phasen. .................................................................................................................................................. 10 Tabelle 4. Ausgewählte Beispiele für Laves-Phasen ................................................................ 16 Tabelle 5. Auflistung der dargestellten Verbindungen. ........................................................... 52 Tabelle 6. Vergleich der experimentellen und berechneten Bindungslängen und –winkel in 2 und 3......................................................................................................................................... 71 Tabelle 7. EDA-NOCV Rechnungen für das [Zn3Cp*3]+ (2) Kation und [Zn2Cp*2CuCp*] (3). .... 72 Tabelle 8. Übersicht der Zn-Zn Abstände in [Pd(CNtBu)2(ZnCp*)4] (4) und [Pd(PdPCy3)2(Zn)(µZn2Cp*)(µ-ZnCp*)3] (5) im Vergleich zu Referenzabständen. .................................................. 87 Tabelle 9. Relevante berechnete Werte für die Modelle [(MCNMe)4(M‘Cp)4] (M = Cu, M‘ = Zn and M = Zn, M‘ = Cu). ............................................................................................................... 97 Tabelle 10. Werte der EDA Kalkulationen für die Interaktion der [Zn(GaCp*)3]+ Fragmente. ................................................................................................................................................ 110 Tabelle 11. Auflistung und Vergleich der experimentellen und optimierten MetallMetallbindungslängen in [Ga2(ZnCp*)2(GaCp*)4]2+ (8). ......................................................... 116 Tabelle 12. Klassifizierung von Polyedern .............................................................................. 133 Tabelle 13. Wellenlänge der Rötgenstrahlung für verwendete Targetmaterialien. .............. 135 Tabelle 14. Berechnete Bindungslängen- und winkel in [Zn3Cp*3]+ (2). ................................ 143 Tabelle 15. Berechnete Bindungslängen- und winkel in [Zn2Cp*2CuCp*] (3). ....................... 143 x Abkürzungsverzeichnis Ø Durchschnitt AAS Atom-Absorptions-Spektroskopie AIM Atoms in Molecules ARCS Aromatic ring current shielding BAr4F B{C6H3(CF3)2}4 COD 1,5-Cyclooctadien Cp Cyclopentadienyl-Anion Cp* 1,2,3,4,5-Pentamethylcyclopentadienyl-Anion Cp*H 1,2,3,4,5-Pentamethylcyclopentadienyl Cy Cyclohexyl DFT Dichte-Funktions-Theorie Dipp 1,6-Pri2-C6H3 dmap 4-Dimethylaminopyridin EA Elementaranalyse EDA Energy Decomposition Analysis Et Ethyl Pri iso-Propyl IPr 1,3-bis(2,6-diisopropylphenyl)imidazol-2-yliden IR Infrarot LIFDI Liquid Injection Field Desorption Ionization Me Methyl Mes 2, 4, 6 - Me3C6H2 MO Molekülorbital MS Massenspektrometrie NBO Natural-Bond-Orbitals Analysis NICS Nucleus Independent Chemical Shift NMR Kernresonanzspektroskopie xi Ph Phenyl THF Tetrahydrofuran TM Übergangsmetall tmeda N,N,N’,N‘-Tetramethylethylendiamin R Organischer Rest RE Resonanzenergie RT Raumtemperatur tBu Tert-butyl VE Valenzelektronen xii 1. Einleitung “There is no easy road to organometallic chemistry” (Prof. Dr. Philip P. Power) 1. Einleitung 1.1 Die Chemie intermetallischer Verbindungen Intermetallische Materialien, die allgemein auch als Legierungen bezeichnet werden, stellen seit mehreren tausend Jahren eine der wichtigsten und wertvollsten Materialklasse dar. Erste Berichte über Bronze (Kupfer-Zinn Legierung, daher auch „Zinnbronze“) gehen bis auf das dritte Jahrtausend vor Christus zurück, die gewerbsmäßige Herstellung von Bronze begann vermutlich um 2500 v.Ch. Die große Bedeutung der Entdeckung und Verwendung von Bronze wird in der Benennung eines gesamten Erdzeitalters, der Bronzezeit (~ 2200 – 800 v.Chr.), herausgestellt. Diese Bedeutsamkeit zog sich über die Jahrtausende bis in die heutige Zeit, bereichert durch fortlaufende Entdeckungen und technische Entwicklungen. Mehr als 80 Elemente des Periodensystems der Elemente sind Metalle, welche eine hohe Vielfalt an strukturellen, physikalischen und Bindungseigenschaften aufweisen. Die Kombination von Metallen zu binären, tertiären, quartären oder sogar Mehrkomponenten-Systemen führt zu einer nahezu unendlichen Varietät und Anzahl an intermetallischen Festphasen. Folglich bilden Legierungen wie Stahl, Messing oder Bronze eine bedeutende Klasse an modernen funktionellen und Konstruktions-Materialien, die breite Anwendung wie etwa in der Fahrzeugkonstruktion, Luftfahrttechnik, der Darstellung von Form-Gedächtnis-Materialien, Superleitern oder Batterien finden und somit Teil des alltäglichen Lebens sind. Für die Entwicklung neuer intermetallischer Phasen und der genauen Abstimmung ihrer Eigenschaften und Funktionen, ist die Grundlagenforschung eine unverzichtbare Quelle neuer Erkenntnisse dieser Verbindungsklasse.1-3 1.2 Synthese intermetallischer Verbindungen Die Synthese von Legierungen basiert zumeist auf dem Erhitzen eines der Elemente bis zum Schmelzen, oder dem Erreichen einer effektiven Diffusionsrate (10-12 cm/s), die in etwa das 1 1. Einleitung Erreichen von 2/3 der Schmelztemperatur des Metalls erfordert. Die einfachste Methode ist das Erhitzen der Komponenten in Muffel- oder Röhrenöfen, die Temperaturen bis zu 1770 K erlauben und auch unter Inertgasatmosphäre oder im Vakuum operiert werden können. Oftmals werden jedoch Hochtemperaturverfahren oder Syntheserouten, die die Bildung von dünnen Schichten oder Einkristallen erfordern, benötigt.3 Eine Auswahl etablierter Synthesemethoden, in Bezug auf die in dieser Arbeit relevanten Kombinationen von Übergangsmetallen mit Gruppe-12 (Zn) und Gruppe-13 (Ga) Metallen, wird folgend beschrieben. 1.2.1 Schmelzen durch Bogenentladung Temperaturen von bis zu 4000 K können durch elektrische Bögen, einem Plasma-Volumen, das durch einen Elektronenstrahl zwischen zwei Elektronen geheizt wird, erreicht werden. Anlagen, die sogenannten Lichtbogenofen, können für Experimente im Labormaßstab kommerziell erworben werden (Abbildung 1). Die Elektroden solcher Anlagen besitzen Durchmesser von 1.5-2.4 mm und bestehen aus CeO2 gedoptem Wolfram. Die zu schmelzenden Metalle werden in wassergekühlte Kupferzylinder gegeben, die Reaktionskammer kann evakuiert und mit Argon befüllt werden, die Synthesen werden meist unter vermindertem Argondruck von 700-800 mbar durchgeführt.3 Abbildung 1. Links: Micro Vakuum-Lichtbogenofen-Anlage, deren Operationstemperatur bis zu ~ 3500 K betragen kann. Rechts: Anlage während des Schmelzvorganges. Nachdruck mit Genehmigung der Arcast Inc. (Oxford, Maine 04270, USA). 2 1. Einleitung Die besten Syntheseergebnisse in Bezug auf Reinheit und Zusammensetzung werden für Metalle mit vergleichbaren Schmelz- und Siedepunkten erreicht. Schmilzt ein Element bei wesentlich niedrigeren Temperaturen als die andere Komponente, ist es möglich, dass Ersteres bereits verdampft, bevor Zweiteres schmilzt, woraus Gewichtsverluste und Fehler in der Zusammensetzung resultieren. Metalle mit niedrigen Siedepunkten und nennenswerten Dampfdrücken können unkontrollierte Reaktionen hervorrufen und sind daher nicht für die Synthese in Lichtbogenofen geeignet. Geeignete Elemente hingegen sind beispielsweise Aluminium, Gallium, Indium oder Zinn.3 1.2.2. Induktionsschmelzen Die Verwendung von Induktionsöfen hat sich besonders für den großtechnischen Maßstab als effizient erwiesen, da bis zu 100 t Eisen, Kupfer, Stahl oder Aluminium durch die genaue Einstellung der Temperatur ohne einen Energieverlust geschmolzen werden können. Das Kernstück eines Induktiongenerators bildet ein Elektromagnet, durch den ein HochfrequenzWechselstrom fließt. Die Stromstärke liegt dabei in dem Bereich von 1.5 kW bis zu 15 MW und die Frequenzen betragen 50 – 400 kHz. Diese Parameter können individuell für jedes Material, dem verwendeten Volumen und der gewünschten Schmelzgeschwindigkeit eingestellt werden. Generatoren, die im Labormaßstab routinemäßig verwendet werden, operieren bei Stromstärken von 1.5 – 10 kW und Frequenzen von 30 – 300 kHz.3 Einer der möglichen Versuchsaufbauten ist schematisch in Abbildung 2 gezeigt. Das vorgeschmolzene Metall wird in einem gasdichten, evakuierten Siliciumrohr platziert, welches von einer wassergekühlten Reaktionskammer umgeben ist. Das Ende des Siliciumrohres befindet sich mittig in der Heizspirale. Ein literaturbekanntes Anwendungsbeispiel dieses Syntheseweges ist die Darstellung der intermetallischen Verbindung Yb3Pd4Ge4.4 3 1. Einleitung Abbildung 2. Schematischer Versuchsaufbau des Induktionsschmelzens. 1.2.3 Hilfsmetallbadtechnik Seit über hundert Jahren ist die effiziente Hochtemperatur-Synthese von Einkristallen in geschmolzenen Salzbädern literaturbekannt und gut erforscht. Ebenso alt ist der Gedanke, geschmolzene Metallbäder als Reaktionsmatrix zu benutzen. Henri Moissan versuchte 1904 Diamanten durch schnelles Quenchen von Kohlenstoff in Eisenbädern zu synthetisieren, wobei er eigens dafür einen Ofen entwickelte. Nach dem Entfernen der Reaktionsmatrix blieben kleine, harte Kristalle zurück, von denen einige die Form eines Oktaeders aufwiesen und die an Luft brannten.5 Der Glaube von Moissan an eine erfolgreiche Darstellung von Diamanten konnte erst nach seinem Tod widerlegt werden, als das Reproduzieren der Versuche in der Synthese von Siliciumcarbid resultierte. Weiterführende Forschung auf dem Gebiet der Hilfsmetallbadtechnik demonstrierte eine effiziente Verwendung dieser für die Darstellung intermetallischer Verbindungen, die nach der Hochtemperatursynthese durch langsames Abkülen des Metallbades auskristallisieren. Eine Auswahl an synthetisierten intermetallischen Phasen und der verwendeten Metallbäder und Reaktionsbedingungen ist in Tabelle 1 aufgelistet. Die entscheidenden Faktoren, damit ein Metall als Metallbad-Matrix dienen kann sind: 1) Das Metall sollte bei entsprechend niedrigen Temperaturen, die eine Verwendung von Standard-Heiztechniken ermöglicht, schmelzen, 2) Schmelz- und Siedetemperatur des Metalls sollten stark voneinander abweichen, 3) Die Matrix muss gut von 4 1. Einleitung den gebildeten Kristallen trennbar sein, beispielsweise durch Lösen, Filtrieren im flüssigen Zustand, oder mechanisches Entfernen und 4) Das Metallbad sollte keine stabilen binären intermetallischen Phasen mit einem der Reaktanden bilden. Punkt 4) beinhaltet jedoch Ausnahmen, wenn ein sogenanntes Reaktivbad verwendet wird, dessen Metall gleichzeitig Komponente der Zielphase sein soll, wie beispielweise die Synthese von Sm12NiGa12 in einem Galliumbad.6 Tabelle 1. Beispiele intermetallischer Phasen, die aus einem Metallbad kristallisieren. Intermetallische Metallbad Temperatur Abkühlrate Verbindung ReAl6 Al 1070 K, 14 d 7 K/h bis RT Ho6Mo4Al43 Al 1070 K, 21 d 5 K/h bis RT Sm12NiGa12 Ga 70 K bis 1170 K, 15 h Quenchen bis auf RT RhSn4 Sn 820 K, 2 d; 570 K, 5 d Quenchen bis auf RT Ti3Zn12 Zn 1120 K, 2 d 5 K/h bis 770 K 1.2.4 Intermetallische Dünnschichten Neben Volumenmaterialien gibt es eine hohe Nachfrage an intermetallischen Dünnschichten, die in der Materialforschung eine wesentliche Rolle spielen, wo sie als schützende Filme oder für elektronische Miniaturbauteile Verwendung finden. Dünnschichten besitzen ein hohes Oberflächen zu Volumen-Verhältnis, das ihre physikalischen Eigenschaften im Vergleich zu Bulkmaterialen signifikant unterscheidet. Die einfachste Technik ist die Galvanik, bei der eine kathodische Reduktion von Metallionen in einer wässrigen Lösung an einer Metalloberfläche stattfindet. Ein alltägliches Beispiel eines solchen Prozesses ist die Abscheidung von Kupfer auf Münzen. Komplexere Prozesse stellen die Chemische (CVD) und Physikalische (PVD) Dampfabscheidung dar. In der CVD resultiert das Wachstum von Dünnschichten auf einem Substrat aus der Zersetzung metallischer Ausgangsverbindungen, die sich zunächst in der Gasphase befinden, wobei moderate Temperaturen und Drücke verwendet werden. Typische Startverbindungen sind Trimethylgallium oder Diethylzink. Durch die Kombination mehrerer Ausgangsverbindungen können binäre und tertiäre 5 1. Einleitung Dünnschichten in hoher Vakuumabscheidungstechniken Varietät in gebildet der werden. Physikalischen Klassische Beispiele Dampfabscheidung für sind Elektronenstrahlverdampfen (MBE), Ionenstrahlunterstützte Abscheidung (IBAD) oder Sputtern. Das Ausgangmaterial liegt bei der PVD als Feststoff in einer Hochvakuumkammer vor. Durch den Beschuss im Hochvakuum mit Elektronenstrahlen, Lasern, Ionen oder Lichtbogenentladung wird das Ausgangsmaterial verdampft und anschließend zu den beschichtenden Teilen geleiten, wo sie den Dünnfilm ausbilden. PVD Techniken erlauben eine schichtweise Abscheidung, sodass die Schichtdicke einer intermetallischen Dünnschicht und somit die physikalischen Eigenschaften regulierbar sind.3 1.3 Klassifizierung intermetallischer Verbindungen Zunächst soll angemerkt werden, dass eine klare Trennung von Gruppen aufgrund der hohen strukturellen Vielfalt von intermetallischen Phasen nicht möglich ist und diese oft überschneidend ineinander übergehen. Durch die Einteilung der Metalle in Gruppen und Kombination dieser, ist jedoch eine Abgrenzung bis zu einem gewissen Grad möglich. Dabei werden die Metalle zunächst in die A und B Gruppe unterteilt. Metalle der Gruppe A werden als echte Metalle bezeichnet und umfassen die Metalle von der I. Gruppe des Periodensystems bis einschließlich der Kupfergruppe. Alle restlichen Metalle bilden Gruppe B und sind Metalle oder Halbleiter mit zunehmend kovalenten Bindungsanteilen. Die A und B Gruppe werden folgendermaßen weiter unterteilt (Abbildung 3): A1: Elektropositive Metalle mit z.T. sehr großen Metallradien (Alkali- und Erdalkalimetalle) A2: Übergangsmetalle (außer Zn. Cd, Hg) die vergleichbare Metallradien und Elektronegativitäten enthalten, sich aber in der Anzahl der Valenzelektronen unterscheiden. B1: Zinkgruppe, III. Hauptgruppe, (Sn) und Pb, Metalle, die stärker elektronegativ sind, in besonderen Strukturen kristallisieren, jedoch noch nicht kovalente Wechselwirkungen aufweisen. B2: Si, Ge, (Sn), V. und VI Hauptgruppe, Metalle, die kovalente Wechselwirkungen aufweisen und den Übergang zu den Nichtmetallen bilden.2, 7 6 1. Einleitung H He Li Mg B C N O F Ne Na Be Al Si P S Cl Ar K Ca Sc Ti V Cr Mn Fe Co Ni Cu Zn Ga Ge As Se Br Xe Rb Sr Y Zr Nb Mo Tc Ru Rh Pd Ag Cd In Sn Sb Te I Kr Cs Ba La Hf Ta W Re Os Ir Pt Au Hg Tl Pb Bi Po At Rn Abbildung 3. Periodensystem mit Einteilung der Metalle in die Kategorien A1, A2, B1 und B2. Neben der Einteilung der Metalle in vier Gruppen ist es ebenfalls möglich die Kombination der Gruppen, also gebildete binäre intermetallische Phasen, zu klassifizieren. Abbildung 4 beschreibt die unterschiedlichen Phasen kurz, eine ausführlichere Diskussion ausgewählter, relevanter Phasen erfolgt in den folgenden Unterkapiteln.8 7 1. Einleitung A1 A2 B1 B2 ∆ r klein: vollständige Laves Phasen oder keine Stöchiometrisch scharfe Stöchiometrisch Löslichkeit bei gleicher Verbindungsbildung. Verbindungen, Laves- scharfe Verbindungen, Phasen. Laves-Phasen. Da ∆ r klein: feste Lösungen Hume-Rothery Phasen Stöchiometrsiche mit großen Phasenbreiten (Elektronen-verbindungen). Verbindungen oder Kleinere bis mittlere kleine Phasenbreiten. Valenzelektronenanzahl. A1 ∆ r groß: Laves-Phasen oder vollkommene Entmischung. Phasenbreiten. A2 Bei Elementen derselben Gruppe feste Lösungen. Ansonsten stöchiometrisch scharfe Verbindungen. B1 Stark kovalente Bindungsanteile. B2 Abbildung 4. Diagramm für die Kombination der Gruppen A1, A2, B1 und B2 und daraus resultierenden binären intermetallischen Phasen (r = Metallradius). 1.3.1 Hume-Rothery Phasen Bei der Betrachtung von Phasendiagrammen unterschiedlicher binärer Systeme bemerkte William Hume-Rothery 1929 immer gleiche Phasenfolgen, mit zunehmender Valenzelektronenzahl von links nach rechts. Daher werden Hume-Rothery Phasen auch als Elektronenverbindungen bezeichnet, da ihre Struktur, bzw. die Bildung bestimmter Phasen, von der Valenzelektronenkonzentration (VEC, Anzahl der Valenzelektronen pro Atom, ne/na) und nicht der elementaren Zusammensetzung bestimmt wird. Hume-Rothery Phasen sind folgend keine stöchiometrischen Verbindungen, sondern stellen generelle Strukturtypen in ihren mehr oder weniger breiten Phasen dar. Folgende Werte werden für die qualitative Abschätzung der Valenzelektronenkonzentration nach den klassischen Hume-Rothery Regeln verwendet:7, 9 8 1. Einleitung Tabelle 2. Valenzelektronenanzahl für die Anwendung der Hume-Rothery Regeln. Element Valenzelektronen Cu, Ag, Au 1 Mg, Zn, Cd, Hg 2 Al, Ga, In 3 Si, Ge, Sn 4 Sb 5 Alle anderen Übergangsmetalle 0 Für eine veranschaulichende Beschreibung der Hume-Rothery Regeln wird als Beispiel die Phasensequenz des Phasendiagramms von Messing (Cu-Zn) bei Raumtemperatur beschrieben, die zusätzlich in Abbildung 5 zu sehen ist. Kupfer kristallisiert mit einer VEC von 1.0 in einem kubisch flächenzentrierten Gitter, Zink dagegen besitzt eine VEC = 2.0 und kristallisiert in einer hexagonal dichtesten Packung. Kupfer kann mit Zink eine feste Lösung bilden und bis zu 38 % Kupfer können unter Erhalt der α-Phase substituiert werden, wobei sich die VEC erhöht. Wird der prozentuale Zinkgehalt darüber hinaus gesteigert, bildet sich bei 45-49 % an Zink die β-Phase mit einem fehlgeordneten kubisch raumzentrierten Gitter (bcc). Eine geordnete Struktur nimmt dieses erst bei Temperaturen unter 740 K an. Die folgende γPhase (58-66 % Zn) wird um die Zusammensetzung Cu5Zn8 herum gebildet, welche mit 52 Atomen pro Elementarzelle eine komplexe kubische Struktur aufweist. Bei einem Zinkgehalt von 78-86 %, die in etwa der Zusammensetzung CuZn3 enstpricht, liegt Messing in der ε-Phase, mit fehlgeordneter bcc Struktur, vor. Im Gegensatz zu Kupfer kann Zink nur etwa 2 % an Kupfer lösen, bei diesem prozentualen Verhältnis wird abschließend die η-Phase gebildet, welche in einer fehlgeordneten hexagonal dichtesten Packung (hcp) kristallisiert.3 9 1. Einleitung Abbildung 5. Nicht qualitative Zeichnung des Messing-Phasenverlaufes bei Raumtemperatur. Die Mischphasen wurden farblich abgehoben (blau). Gegebene Zusammensetzungen binärer Phasen können also, durch die Anwendung der Hume-Rothery Regeln in Abhängigkeit von der VEC, die Phasen und Kristallsysteme zugeordnet werden. Die zugehörigen VECs der Phasen sind 21/14 für β (bcc), 21/13 für die γPhase (komplex kubisch) und 21/12 für die ε-Phase (hcp). VECs für ausgewählte Hume-Rothery Phasen sind in Tabelle 3 aufgelistet.3 Tabelle 3. Valenzelektronenkonzentrationen (VEC) für ausgewählte Hume-Rothery Phasen. Zusammensetzung Anzahl der Valenzelektronen Anzahl der VEC Atome β-Phase CuZn 1+2 2 3:2 = 21/14 Cu3Al 3+3 4 6:4 = 21/14 Cu5Zn8 5 + 16 13 21/13 Cu9Al4 9 + 12 13 21/13 CuZn3 1+6 4 7:4 = 21/12 Au5Al3 5+9 8 14:8 = 21/12 γ-Phase ε-Phase 10 1. Einleitung 1.3.2. Stabilität von Hume Rothery Phasen In Kapitel 1.2.1 wurde die empirische Valenzelektronen-Regel für Hume-Rothery Phasen eingeführt. Nach dieser ergeben sich VEC von 1.4, 21/14, 21/13 und 21/12 für die α-, β-, γund ϵ-Phase. Die theoretische Annäherung an diese emprische Regel berichteten erstmals Mott und Jones 1936, weitere theoretische Modelle folgten. Aus allen Modellen wurde jedoch ein essentieller Faktor, der zur Stabilisierung von Hume-Rothery führt, gezogen. Dieser Faktor ist die Wechselwirkung von der Fermi-Kugel mit der Brillouin-Zone. Um diese Wechselwirkung qualitativ zu beschreiben, müssen zunächst einige Begriffe eingeführt werden. Fermi-Energie: Die Fermi-Energie ist der höchste besetzte elektronische Zustand eines Fermions in einem Vielteilchensystem im Grunzustand. Alle Zustände zwischen dem tiefstmöglichen Niveau und der Fermi-Energie sind besetzt. Fermi-Kugel: Die Fermi-Fläche ist eine Fläche mit konstanter Energier im reziproken Raum. Sie wird gebildet aus den Punkten, auf die die Impulsvektoren von Elektronen mit Fermi-Energie zeigen. Im Modell der freien Elektronen, das Mott und Jones verwenden, bildet die FermiFläche eine Kugel, deren Zustände sukzessive aufgefüllt werden. Brillouin-Zone: Die Brillouin-Zone ist ein symmetrischer Polyeder im reziproken Gitter. Sie ist die primitive Zelle des reziproken Gitters eines Kristalls. Nach der ersten Brillouin Zone wiederholt sich diese periodisch, sodass die Beschreibung der Prozesse der ersten Zone diejenigen eines Systems beschreibt. Liegt die Fermikugel in der ersten Brillouin Zone, so können die Zustände der Fermi-Kugeln mit Elektronen gefüllt werden, bis diese an den Rand der Brillouin Zone stößt, die Anzahl der besetzbaren Zustände nimmt hier schnell ab. Bei weiterer Zufuhr von Elektronen müssten Zustände sehr viel höherer Energie besetzt werden, eine zusätzliche Energie ∆E müsste aufgebracht werden. Dieser Prozess wird energetisch jedoch nicht favorisiert. Stattdessen wird die Struktur und damit die Phase mit steigender ne/na systematisch geändert. Die Größe der Brillouin Zone hängt von der Kristallstruktur ab. Im Phasenverlauf findet eine Symmetrieerniedrigung statt, die Brillouin Zone wird größer, es sind mehr besetzbare Zustände verfügbar. Mott und Jones berechneten eine Berührung der Fermi-Kugel mit der ersten Brillouin-Zone für α-, β- und γ-Messing bei ne/na = 1.362, 1.48 und 1.538, die weitesgehend mit den empirischen Werten verglichen werden können. Die Verwendung des 11 1. Einleitung Modells des freien Elektrons von Mott und Jones konnte für erweiterte quantenchemische Analysen nicht verwendet werden, dennoch bildeten diese Erkenntnisse die eindeutige Grundlage für nachfolgende Untersuchungen.10 Abbildung 6. Schematische Abbildung der Zustandsdichte der Elektronenphasen in der ersten Brillouin-Zone (BZ) (N = Anzahl der Zustände). 1.3.3 Messing, eine Hume-Rothery Phase aus Kupfer und Zink Kupfer, eines der ältesten Metalle der Menschheit, wurde bereits von den ältesten bekannten Kulturen vor 10.000 Jahren verwendet und spielt auch heute noch eine bedeutende und zukunftsorientierte Rolle. Dazu gehört nicht allein die Verwendung von elementarem Kupfer als einem der nützlichsten Werkstoffe, durch das Legieren mit anderen Metallen können dessen vielfältigen Eigenschaften zusätzlich optimiert werden. Kupfer lässt sich mit einer Vielzahl an Metallen legieren, eine systematische Einteilung ist in Abbildung 7 zu sehen. Folgende Kupfer-Legierungen bilden die wichtigsten Legierungsfamilien: KupferZink (Messing), Kupfer-Zinn (Zinnbronze), Kupfer-Aluminium, Kupfer – max. 5 % Zusatz anderer Elemente (Niedriglegierte Kupferwerkstoffe), Kupfer-Nickel, Kupfer-Nickel-Zink (Neusilber), Kupfer-Zinn-Zink (Rotguss).11 Innerhalb der aufgelisteten Kupferwerkstoffe sind Kupfer-Zink-Legierungen (Messing) die wichtigste Legierungsgruppe. Messing wurde bereits in dem 3. Jahrtausend v. Chr. dokumentiert, hergestellt durch die Zugabe von Zinkkarbonat bei dem Schmelzen von Kupfer. Die Anfänge einer Messingindustrie sind auf das 15. und 16. 12 1. Einleitung Jahrhundert zurückzuführen und bis heute ist Messing fester Bestandteil des alltäglichen Lebens. Abbildung 7. Einteilung der Kupfer-Legierungen. Nachdruck mit Genehmigung des Deutschen Kupferinstitutes.11 Eine große technische Bedeutung hat Messing überall, wo gleichzeitig elektrische Leitfähigkeit und mechanische Stabilität die Anforderung an ein Material sind. Kupfer und Zink vermischen 13 1. Einleitung sich in der Schmelze und auch bei ihrem Erstarren bleibt die gleichmäßige Verteilung von Kupfer und Zink erhalten, wodurch Messing ein sehr homogenes Material ist. Die gebräuchlichen Kupfer-Zink-Legierungen enthalten 5 – 45 % Zink, bei höheren Zinkgehalten wird die γ-Phase gebildet, dessen Sprödigkeit eine technische Anwendung nicht ermöglicht. Theoretisch kann eine nahezu unendliche Anzahl an Kupfer-Zink Legierungen gebildet werden, in der Praxis sind jedoch 60 Sorten aufgeführt, welche die gewünschten physikalischen, chemischen und technologischen Eigenschaften aufweisen.12 Abbildung 8. Zustandsdiagramm von Messing im technisch wichtigen Konzentrationsgebiet. Nachdruck mit Genehmigung des Deutschen Kupferinstituts.12 Einer der wichtigsten Faktoren des Legierens von schmiedbarem und formbarem Kupfer ist das Erlangen eines härteren Materials. Doch auch weitere Eigenschaften der Legierung sind anwendungstechnisch von großem Interesse. Die Zusammensetzung CuZn5 weist eine elektrische Leitfähigkeit von 33 MS/m auf und ist damit ein begehrter Werkstoff für den 14 1. Einleitung Elektromaschinenbau. Messing zeichnet sich zudem durch thermische Leitfähigkeit und Korrosionsbeständigkeit aus. Abbildung 8 zeigt die elektrische Leitfähigkeit einiger ausgewählter Messingzusammensetzungen, welche stellvertretend für alle Eigenschaften die Abhängigkeit von dem Zinkgehalt demonstriert. Abbildung 9. Elektrische Leitfähigkeit ausgewählter Kupfer-Zink-Legierungen zwischen 0 und 200 °C. Nachdruck mit Genehmigung des Deutschen Kupferinstitutes.12 1.3.4 Laves Phasen Laves Phasen, benannt nach dem Mineralogen Fritz Laves, sind intermetallische Verbindungen der generellen Zusammensetzung AB2, also der Kombination von (Erd-) Alkalimetall und Übergangsmetall. Damit umfassen Laves Phasen ein breites Spektrum an intermetallischen Phasen, in denen die Elektronegativitätsdifferenz zwischen den Komponenten niedrig, aber auch sehr hoch sein kann. Aufgrund der elektronischen Vielfalt existiert im Gegensatz zu Hume-Rothery Phasen kein elektronisches Konzept für die Beschreibung von Laves Phasen, ein existierender Einfluss von elektronischen Eigenschaften kann jedoch nicht außer Acht gelassen werden. Anhaltspunkt für die Bildung von Laves Phasen mit bestimmten Komponenten sind die jeweiligen Atomradien (r). Bei einem idealen Verhältnis von rA/rB ≈ 1.225 bilden die Komponenten dicht gepackte Strukturen. Auch Atomradien-Verhältnisse, die leicht von dem idealen Wert abweichen, können zur Ausbildung von Laves Phasen führen, so sind in der Literatur Werte in einem Bereich von rA/rB = 1.1 – 1.7 bekannt. Es existieren drei unterschiedliche repräsentative Beispiele für Laves Phasen, die 15 1. Einleitung gemeinsame Strukturmotive aufweisen. In MgCu2, MgZn2 und MgNi2 sind die Übergangsmetallatome jeweils tetraedrisch angeordnet und unterscheiden sich nur aufgrund ihrer Verknüpfung. Die Magnesium Atome füllen die Tetraederlücken und bilden Überstrukturen. In dem kubisch kristallisierenden MgCu2 sind Cu-Tetraeder ausschließlich eckenverknüpft, sodass jedes Kuper Atom eine Ecke von zwei Tetraedern ist. Die Magnesium Überstruktur bildet einen Diamanttyp. MgZn2 bildet ein hexagonales Gitter, in dem die ZnTetraeder sowohl Ecken- als auch über die Dreiecksflächen verknüpft sind. Die Magnesium Struktur entspricht einer hexagonalen Diamantstruktur. Der MgNi2 Strukturtyp ist der komplexeste, da die Strukturmotive aus MgCu2 und MgZn2 simultan vorliegen. Viele der existierenden Laves-Phasen können in die Klassen dieser drei repräsentativen Strukturtypen eingeordnet werden. Eine kurze Auflistung ist in Tabelle 4 zu finden.3 Tabelle 4. Ausgewählte Beispiele für Laves-Phasen MgCu2 Typ MgZn2 Typ MgNi2 Typ CaAl2 CaLi2 TaCo2 CaIr2 TaFe2 ScFe2 CeCo2 CeMn2 HfMo2 ZrMo2 ZrRe2 TaZn2 1.3.5 Zintl-Phasen Zintl-Phasen werden aus elektropositiven Metallen (Erd-)Alkalimetalle oder Metalle der seltenen Erden) und p Block Elementen geformt. 1939 berichtete Eduard Zintl eine neue intermetallische Klasse, die nicht mit dem Konzept der Hume-Rothery Phasen übereinstimmte. Zintl beobachtete in NaTl, einem Prototyp der Zintl Verbindungen, und in weiteren Beispielen wie LiAl, LiGa oder NaIn, ungewöhnliche Anordnungen der Na und Tl Atome in der Kristallstruktur.13 Die Bindungssituation in Zintl-Phasen unterscheidet sich deutlich von denen in Hume-Rothery und Laves-Phasen. Während in letzteren metallische, delokalisierte Bindungen vorliegen, sind die Bindungen in den Teilgittern der Zintl-Phasen kovalent. Die Tl Atome sind in der Diamanttyp-Struktur angeordnet, wie sie auch für Gruppe 14 Elemente gefunden wird. Im Gegensatz zu diesen besitzt Thallium jedoch nicht vier, 16 1. Einleitung sondern lediglich drei Valenzelektronen. Folgend postulierte Zintl den Transfer eines Valenzlektrons des Natriums zum Thallium, sodass Thallium mit vier Valenzelektronen die favorisierte Diamantstruktur einnehmen kann, in deren Lücken sich die Natrium Ionen einlagern. Der ionische Charakter der Zintl-Phasen, hier Na+Tl- führte auch zu der Namensgebung „polare Intermetallverbindung“. Die resultierende Konnektivität wird von der 8-N Regel beschrieben, wobei N die Anzahl der Valenzelektronen des p-Elements ist. Um das Zintl-Prinzip zu erläutern, eignet sich das Calcium-Silikon System, bestehend aus Ca2Si, CaSi und CaSi2 (Abbildung 10). Die elektronenpräzise Beschreibungen lauten (2Ca2+)Si4-, Ca2+Si2- und Ca2+(2Si-) da jedes Calcium Atom je zwei Elektronen doniert. Folglich unterscheidet sich die Ladung der Silicium Atome signifikant. Die Si4- Anionen folgen der Oktettregel und Si-Si Bindungen werden in der Ca2Si Struktur nicht beobachtet. Jedes Silicium Atom weist eine dreifach verkappte trigonal prismatische Calcium Koordination auf. Die CaSi Struktur enthält Si2- Anionen, die formal isoelektronisch zu Schwefel sind. Auch in dieser Struktur sind die Silicium Anionen trigonal prismatisch von Calcium koordiniert, jedoch sind die Prismen flächenverknüpft, wodurch Silicium Ketten in zick-zack Form entstehen. In CaSi2 liegen SiAnionen vor, die dreifach verbundene gewinkelte hexagonale Netzwerke bilden. Das ZintlKonzept kann basierend auf den Valenzelektronen des Zintl-Anions die vorliegende Konnektivität, jedoch keine konkreten Strukturtypen voraussagen.3 Abbildung 10. Schematische Strukturen von Ca2Si, CaSi und CaSi2 (grün: Calcium; rot: Silicium) im Kristall. Nachdruck mit Genehmigung von Prof. Caroline Röhr, Universität Freiburg. 17 1. Einleitung Zintl-Phasen wurden für eine lange Zeit als außergewöhnliche intermetallische Spezies mit unerwarteten Stöchiometrien und faszinierenden Strukturmotiven betrachtet, die jedoch von limitierter Relevanz waren. Ein Wiederaufleben der Zintl-Ionen zog die Beobachtung, dass vorgeformte Zintl-Ionen aus den Gittern der Zintl-Phasen extrahiert werden können und in verwendbaren Lösungsmitteln löslich sind, nach sich. Der Übergang von Zintl-Phase zu diskreten molekularen Zintl-Anionen ist jedoch nur für einen geringen Teil der Phasen möglich. Gruppe 14 und 15 Elemente bilden lösliche molekulare Zintl Polyanionen (Abbildung 11). Im Gegensatz zu Gruppe 13 Element-Clustern sind diese homoatomaren Zintl-Cluster nicht ligandenstabilisiert und nicht nur wegen ihrer ästhetischen Schönheit, sondern vor allem wegen ihres großen synthetischen Potentials von hohem Interesse.14 Abbildung 11. Strukturen bekannter homoatomarer Gruppe 14 Cluster. Nachdruck mit Genehmigung von S. Scharfe, F. Kraus, S. Sregmair, A. Schier und T. E. Fässler, Angew. Chem. Int. Ed., 2011, 50, 36303670. Copyright (2011) Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim. Ein wesentlicher Fortschritt für die Zugänglichkeit von Zintl-Anionen war der Wechsel des Lösungsmittels vom dem ursprünglich verwendeten flüssigen Ammoniak zu Ethylendiamin und später Dimethylformiat. Für die Gewinnung hochkristallinen Materials haben sich Alkalimetallkomplexbildner wie zunächst Kryptanden und später Kronenether als effizient erwiesen.15, 16 Der immense Fortschritt in der Synthese von Zintl-Anionen und die Erzeugung von reinem, hochkristallinem Material erlaubte umfassende und detaillierte Studien der Reaktivität von Zintl-Ionen (Abbildung 12). Polyhedrale Cluster können als Liganden in Übergangsmetallkomplexen fungieren und zeigen dabei flexible Bindungsmodi mit einer η 1η6 Koordination. Die Zugabe von organischen Liganden führt zu der Bildung von ligandenstabilisierten Hauptgruppenclustern, die als Baustein für die „bottom-up“ Synthese von funktionellen Halbleitermaterialen verwendet werden und insbesondere das Erschließen von Silicium Clustern verspricht Anwendungen in den Materialwissenschaften.14 18 1. Einleitung Abbildung 12. Darstellung der Reaktivitätsvielfalt von Zintl-Anionen anhand ausgewählter Beispiele. a) Ligandenstabilisierter [Ge9{Si(SiMe3)3}3]- Cluster 17 b) Zintl-Anion ÜbergangsmetallKoordinationsverbindung [{EM(CO)5}6]2- (E = Ge, Sn; M = Cr, Mo, W) 18 c) Zintl-Anion mit ligand-freien Übergangsmetallen [(Pb9)Cd-Cd(Pb9)]6- 19 Nachdruck mit Genehmigung von S. Scharfe, F. Kraus, S. Sregmair, A. Schier und T. E. Fässler, Angew. Chem. Int. Ed., 2011, 50, 3630-3670. Copyright (2011) Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim. 1.3.5.1 Endohedrale Zintl-Cluster Das Einlagern interstitieller Metallatome ist für andere Verbindungsklassen, wie etwa Fullerene, bekannt. Im Vergleich zu größeren Fullerenen haben die Zintl-Anionen der schwereren Gruppen Homologen kein starres, stabiles σ-Bindungsgerüst, sondern delokalisierte Bindungen, welche die Gerüstbindungen schwächen. Dies führt dazu, dass der Hohlraum in einem Zintl-Cluster weniger gut stabilisiert ist, was durch die Einlagerung endohedraler Atome kompensiert werden kann. Für Zintl-Cluster hat sich die Anzahl von n = 10 Atomen als Grenze für stabile, nichtgefüllte Cluster ergeben, ab einer Atomanzahl von n > 10 ist eine Einlagerung von Metallatomen und die Bildung intermetalloider Cluster zum Erhalt der Stabilität unabdingbar.20 Der erste isolierte und ligandenfreie Gruppe 14 mit n > 10 ZintlCluster mit einem endohedralen Atom ist [Pt@Pb12]2-, der aus der Reaktion von Pb92- haltigen Ethylendiamin Lösungen mit [Pt(PPh3)4] in Anwesenheit eines Kryptanden resultiert.21 Die Orbitalanalyse des Systems zeigt, dass das endohedrale Platin Atom als Templat für den elektronengenauen Cluster dient und nicht etwa als Elektronendonor oder –akzeptor fungiert. Bis heute wurde eine beachtliche Anzahl an endohedral gefüllten Zintl-Clustern berichtet, die vielfältige strukturelle Eigenschaften zeigen. So variiert die Clustergröße zwischen dem kleinsten bekannten Cluster [Ni@Ge9]3- bis zu großen Clustern, wie [Pd2@E18]4- (E = Ge, Sn), der zwei endohedrale Palladium Atome enthält. Endohedrale Zintl-Cluster sind beeindruckende Beispiele intermetalloider Cluster und tragen in hohem Maße zu dem Verständnis der Reaktivität und Stabilität von Zintl-Clustern bei.14 19 1. Einleitung Abbildung 13. Beispiele endohedraler Cluster. Links: [M@Pb12]2- (M = Ni, Pd, Pt); Rechts: [Pd2@E18]421-23 Nachdruck mit Genehmigung von S. Scharfe, F. Kraus, S. Sregmair, A. Schier und T. E. Fässler, Angew. Chem. Int. Ed., 2011, 50, 3630-3670. Copyright (2011) Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim. 1.3.6 Intermetallische Zinkphasen Elementares Zink findet in verschiedenen Komponenten vielfältige Anwendung im alltäglichen Leben, begründet auf simplen Aspekten. Die Oberfläche von elementarem Zink ist leicht oxidierbar und reagiert mit Reaktivgasen aus der Luft, wodurch stabile, nahezu unlösliche Beschichtungen gebildet werden, die als lang haltender Korrosionsschutz dienen. So wird für viele Eisen- und Stahlmaterialien Zink als überziehende Schicht genutzt. Experimentell geschieht dies durch das Eintauchen der z.B. Eisenkomponente in ein heißes Zinkbad. Dies resultiert zuerst in der Bildung der Fe 5Zn21, dann der FeZn10 Phase, folgend in der zinkreichen Phase FeZn13 und abschließend wird die elementare Zinkschicht gebildet. Neben anwendungstechnischen Aspekten sind intermetallische Zinkphasen auch für die Grundlagenforschung von hohem Interesse, da diese eine Varietät an interessanten strukturellen Eigenschaften aufweisen. Aufgrund der niedrigen Schmelztemperatur (692 K) von Zink können intermetallische Zinkphasen durch die Hilfsmetallbadtechnik, die in Kapitel 1.2.3 erläutert wurde, hergestellt werden. Überschüssiges Zink kann nach der Synthese der entsprechenden Phase mit konzentrierter Salzsäure gelöst werden, in der die intermetallischen Phasen selbst meist unlöslich sind. Mit Messing wurde in Kapitel 1.2.2 die bekannteste und wichtigste intermetallische Zinkphase beschrieben. Neben Cu sind wichtige Legierungselemente für Zink Fe, Mg oder Al, aber auch weitere Übergangsmetalle bilden stabile binäre Phasen mit Zink. Mit Alkalimetallen bildet Zink eine Vielfalt an intermetallischen Phasen, Magnesium beispielweise reagiert mit Zink zu den binären Systemen MgZn2, Mg2Zn11, Mg21Zn25, Mg51Zn20 und Mg4Zn7, von denen das bekannteste Beispiel die Laves-Phase MgZn2 ist. Mit zunehmendem Zinkanteil steigen die Komplexität der Strukturen, sowie die 20 1. Einleitung Koordinationszahl des Alkalimetalls. Ähnliches wird auch für Übergangsmetall-Zink Phasen beobachtet.3 Diese setzen sich oft aus den Anordnungen verschiedener Koordinationspolyeder zusammen, die wiederkehrend miteinander verknüpft sind. Die Rhodiumatome in RhZn13 sind von 12 Zinkatomen koordiniert und bilden einen Rh@Zn 12 Polyeder. Das verbleibende Zinkatom ist dagegen nicht Bestandteil der Koordinationsspähre des Rhodiums, sondern füllt die Lücken zwischen den Rh@Zn12 Ikosaedern, und ist so ausschließlich von 12 Zinkatomen umgeben und bildet den Polyeder Zn@Zn12 (Abbildung 14).24 Abbildung 14. Koordinationspolyeder in RhZn13. Schwarz: Rhodium; Weiß: Zink. Nachdruck mit Genehmigung von N. Gross, G. Kotzyba, B. Künnen und W. Jeitschko, Z Anorg. Allg. Chem. 2001, 627, 155-163. Copyright (2001) Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim. Zu den zinkreichsten bekannten intermetallischen Phasen gehören ZrZn22 mit Zr@Zn16 Polyedern und MoZn20.44, die eine komplexe kubische Struktur besitzt, deren Anordnung elektronisch und kristallographisch bis heute nicht vollständig verstanden ist. 25, 26 21 1. Einleitung 1.4 Cluster: An der Schwelle von intermetallischen zu molekularen Verbindungen Als F. A. Cotton 1966 den Übersichtsartikel „Transition Metal Compounds Containing Clusters of Metal Atoms“ schrieb, herrschte lnoch bis ein Jahrzehnt zuvor die allgemeine Überzeugung, dass das Vorliegen einer signifikanten Anzahl an Bindungen zwischen Übergangsmetallen in einem Molekül äußerst unwahrscheinlich sei.27 Metallcluster werden definiert als Moleküle, die eine feste Anzahl an Metallatomen enthalten, welche ausschließlich, hauptsächlich oder mindestens in einem ausschlaggebenden Maß durch direkte Metall-Metall Bindungen zusammengehalten werden, auch wenn Nichtmetallatome ebenfalls Bestandteil des Clusters sein können (Originalzitat F. A. Cotton: „those containing a finite group of metal atoms which are held together entirely, mainly, or at least to a significant extent, by bonds directly between the metal atoms even though some non-metal atoms may be associated intimately with the cluster“).27 Die kleinsten Cluster sind diatomar, die Anzahl an Atomen kann jedoch bis zu mehreren zehntausend reichen. Cluster bilden die Brücke zwischen molekularen Verbindungen und nicht molekularen Festphasen. Besonders durch das steigende Interesse an der Entwicklung physikalischer Eigenschaften vom Metallatom, oder deren stabilen molekularen Verbindungen wie ihren Salzen, zu einem Bulkmetall, rückten sie in den Fokus.28 Während Metallsalze und Bulkmaterialien der Metalle bereits lang verstanden wurden, ist es umso erstaunlicher, dass die Intermediate der Bindungsbildung oder des Bindungsbruchs, lange Zeit unerforscht blieben. Insbesondere der experimentelle Fortschritt, die neuen Möglichkeiten Cluster zu synthetisieren und zu analysieren, hat einen immensen Anstieg des Wissens über diese Verbindungsklasse herbeigeführt. Den Eigenschaften von Clustern im Übergangsbereich zwischen Molekül- und Festkörperchemie fällt eine besondere Rolle zu, wie etwa in der Nanotechnologie. Cluster können wie folgt in drei Klassen eingeteilt werden: 1) „Nackte“ Metallcluster, die keine Liganden in ihrer Koordinationssphäre enthalten und unter Ultrahochvakuum Bedingungen vorliegen. Die durchschnittliche Oxidationsstufe (nav) der Metallatome ist nav = 0, 2) Metalloide Cluster, deren Beschreibung von den Pionierarbeiten von Schöckel geprägt ist. Diese Cluster enthalten sowohl Metallatome, die ausschließlich Bindungen zu anderen Metallatomen eingehen, als auch solche, die an die Nichtmetallatome der Ligandenhülle gebunden sind. Die Anzahl der Metall-Metall Wechselwirkungen übersteigt dabei stets die der Metall-Nichtmetallwechselwirkungen. Die Beschreibung „Metalloid“ soll außerdem die strukturellen Gemeinsamkeiten des 22 1. Einleitung Metallkernes eines metalloiden Clusters und der Anordnung der Atome im Element selbst ausdrücken. Die durchschnittliche Oxidationsstufe der Metalle wird für metalloide Cluster beschrieben durch 0 < nav < nSalz, 3) Sehr große, Salz-ähnliche Cluster, wie sie zum Beispiel von den Gruppen um Fenske und Müller beschrieben wurden, in denen nav = nSalz ist (Abbildung 15).29 Abbildung 15. Ausgewählte Clusterbeispiele. Links: „Salzartiger“ [Ag320(StBu)60S130(dppe)12] Cluster (nav = nSalz).30 Rechts: Metalloider [Al38(AlCp*)12] (Cluster 0 < nav < nSalz).31 Nachdruck mit Genehmigung von C. E. Anson, A. Eichhöfer, I. Issac, D. Fenske, O. Fuhr, P. Sevillano, C. Persau, D. Stalke und J. Zhang, Angew. Chem. Int. Ed. 2008, 47, 1326-1331. Copyright (2008) Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim. Nachdruck mit Genehmigung von H. Schnöckel, Chem. Rev., 2010, 110, 4125-4163. Copyright (2010) American Chemical Society. Auf dem Gebiet der metalloiden Cluster waren zunächst Cluster der Edelmetalle wie der Prototyp [Au55(PPh3)12Cl6] (Schmid´scher Goldcluster) bekannt, da diese aufgrund ihrer Stabilität und ihrem inerten Verhalten an Luft und teilweise sogar in Wasser, vergleichsweise einfach zu synthetisieren und zu handhaben waren.32 Der erste Bericht aus dem Jahr 1997 von Schnöckel et al. über einen metalloiden Aluminiumcluster, [Al77{N(SiMe3)2}20]2-, scheint dagegen bis heute eine der sonderlichsten Entdeckungen der Anorganischen Chemie zu sein.33 Die Chemie metalloider Cluster kann auch aktuell keineswegs als potentielle Anwendung betrachtet werden, umso interessanter ist diese Verbindungsklasse jedoch für die Grundlagenforschung, in Hinblick auf ihre strukturellen und bindungstheoretischen Eigenschaften, sowie ihren Bildungsmechanismen.29 Die Synthese metalloider Gallium- und Aluminiumcluster erfordert ohne Zweifel anspruchsvolle Techniken (Cokondensationsanlage, Abbildung 16), sowie synthetisches Geschick. 23 1. Einleitung Abbildung 16. Schematischer Aufbau der Cokondensationsanlage. A = Edelstahlglocke, B = Lösungsmitteleinlass, C = Al in Graphitzelle mit Widerstandsheizung, D = Ablaufrinne, E = Kühlschild, F = Schlenk-Gefäß, G = Dewar-Gefäß mit Trockeneis (-78 °C), K = Kühlwasser, HX = Halogenwasserstoffgas, HV = Hochvakuum. Nachdruck mit Genehmigung von A. Schnepf, H. Schnöckel, Angew. Chem. Int. Ed., 2002, 114, 3682-3703. Copyright (2002) Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim. Ausgegangen wird von gasförmigen Monohalogeniden, bei 1000 °C werden metastabile Lösungen erzeugt, aus denen sich durch Disproportionierung bei Raumtemperatur die Elemente abscheiden würden. Durch die geeignete Wahl von Liganden R (R = N(SiMe3)3, C(SiMe3)3, Cp* oder P(tBu)2), die als Schutzgruppen dienen, lassen sich als Intermediate auf dem Weg von Salz zum Element molekulare Aluminium- und Galliumcluster bilden.34 Die involvierten Mechanismen bestehen aus verschiedenen Reaktionssequenzen, wie RedoxReaktionen oder Substitutionsreaktionen und sind bis heute nicht komplett verstanden und stellen noch immer eine große Herausforderung dar. 1.5 „Top-down“ vs. „Bottom-up“ Chemie zinkreicher Verbindungen In Kapitel 1.2 wurden die etablierten Verfahren der Synthese von intermetallischen Festphasen beschrieben. Diese sogenannten „Top-down“ Routen, in denen die elementaren Komponenten einer Festphase in geeigneten Anlagen zusammengeschmolzen werden, sind äußerst effizient und zweifelsohne die Methode erster Wahl. Die reiche Chemie der Vielfalt an zinkhaltigen Festphasen, die auf diesem Weg dargestellt wird, findet wenig Vergleich auf 24 1. Einleitung molekularer Ebene. In molekularen Verbindungen, wie Nanopartikeln oder definierten Übergangsmetall-Zink-Verbindungen, müssen die Metall-Metall Bindungen auf dem Syntheseweg von „Bottom-up“ Reaktionen geknüpft werden. Die richtige Kombination an Startverbindungen ist dabei ausschlaggebend, woraus sich eine starke Abhängigkeit von den elektronischen und sterischen Eigenschaften dieser, die durch das Metallzentrum selbst, sowie die Ligandenspähre bestimmt werden, ergibt. Die wenigen literaturbekannten Beispiele an Übergangsmetall-Zink-Verbindungen, sowie die große Vielfalt an zur Verfügung stehenden Übergangsmetallstartverbindungen, stellen daher eine hohe synthetische Anforderung an die Koordination von Zink-Organyl-Liganden an Übergangsmetallzentren. Erste Berichte über Zink-Organyle gehen bereits auf das Jahr 1849 zurück, als Edward Frankland als Gast in dem Labor von Robert Bunsen die Isolierung von Ethylradikalen erforschte und er stattdessen in seinen Studien erfolgreich Diethylzink isolieren konnte.35 Diese Entdeckung bildete den Grundstein für die weiterführenden Untersuchungen von Zink-Organylen und insbesondere deren heutige breite Verwendung als Reagenzien in der organischen Synthesechemie. Bis zu der ersten dokumentierten Synthese einer Übergangsmetall-Zink Bindung verging dagegen nahezu ein Jahrhundert. 1942 erhielten Hieber et al. durch die Reaktion von CoX (X = Br, I) mit Zink, unter einer CO Hochdruck Atmosphäre, Zugang zu dem bimetallischen Komplex [Zn{Co(CO)4}2] (Schema 1).36 Schema 1. Darstellung von [Zn{Co(CO)4}2]. In Folge wurde das Syntheseschema auf weitere zinkhaltige Carbonylkomplexe, wie etwa [(CO)4Fe(ZnCl)2] übertragen, die zumeist terminale oder verbrückende ZinkhalogenidLiganden enthalten.37 Inspiriert von diesen ersten Resultaten, beschäftigten sich verschiedene Gruppen mit der Synthese bimetallischer Übergangsmetall-Zink Verbindungen, in denen Organyle wie Methyl-, Ethyl-, oder Cyclopentadienylgruppen an die Zinkliganden koordiniert sind, mit dem Ziel, ungewöhnliche Metall-Metall Bindungseigenschaften und strukturelle Besonderheiten in den Komplexen zu beobachten. Die Reaktionsstrategien die auf dem Gebiet 25 1. Einleitung der TM-ZnR (R = Et, Me, Cp, Cp*) Bindungsknüpfung existieren, sind facettenreich und die verschiedenen Mechanismen wie Hydrid-Abstraktion, Eliminierung substitutionslabiler Liganden an Übergangsmetallzentren, Salzeleminierung oder oxidative Additionsprozesse demonstrieren die Komplexitivität der Reaktionen, die teilweise kompetetiv verlaufen.38 Aus konkurrierenden Teilreaktionsschritten resultiert für die „Bottom-up“ Knüpfung von molekularen TM-Zn Bindungen ein unvorhersehbarer Reaktionsverlauf und somit ist auch die Produktbildung nicht transparent, worin der große Unterschied zwischen der Darstellung von molekularen Übergangsmetall-Zinkverbindungen und zinkhaltigen intermetallischen Festphasen liegt. Schnell zeigte sich, dass neben Zink-Organylen mit kleinen Resten wie Ethylgruppen, insbesondere sterisch anspruchsvolle Liganden wie die CyclopentadienylGruppe, Übergangsmetallzentren mit terminal koordinierten ZnCp-Liganden stabilisieren. Die Cp-Gruppe unterdrückt durch ihre stabilisierende Wirkung auf ds elektrophile Zinkzentrum die häufig auftretende und unerwünschte Disproportionierung von TM-ZnR Verbindungen in ZnR2 und [TM2Zn] (Schema 2).38 Schema 2. Disproportionierungs-Gleichgewicht von TM-ZnR Verbindungen. Das erste Besipiel einer strukturell charakterisierten TM-ZnR Verbindung, [(CpZn)2Co(Cp)PPh3], wurde aus der Reaktion von [Co(H)(N2)(PPh3)3] mit 2 Equivalenten ZnCp2, die unter Abspaltung von N2, CpH und PPh3 verläuft, synthetisiert (Schema 3).39 Der Reaktionsverlauf involviert unter anderem einen Transfer der Cp Gruppe von dem Zinkzentrum in ZnCp2 auf das Cobaltzentrum. Dies geschieht durch die protolytische Spaltung der Zn-Cp Bindung und dem simultanen Co-H Bindungsbruch, resultierend in CpH Eliminierung. Schema 3. Darstellung von [(ZnCp)2Co(Cp)PPh3]. 26 1. Einleitung Die Bindungslänge der Co-Zn Bindung (2.289(1) Å), sowie der Co-Zn Abstand in Hiebers [Zn{Co(CO)4}2] (2.305(2) Å), sind im Rahmen der Genauigkeit erwartbar ähnlich, unterscheiden sich jedoch aufgrund der unterschiedlichen Koordinationsumgebungen.36 Ebenfalls unter der Verwendung von ZnCp2 als Zinkquelle gelang es der Gruppe um Boersma und van der Kerk 1983, die erste zinkhaltige Clusterverbindung, [Ni2Zn4Cp6], darzustellen (Schema 4).40 Augegangen wird in der Reaktion von [Ni(cod)2] (cod = 1, 5-Cyclooctadien), in dem die codLiganden labil an das Nickelzentrum gebunden sind. Schema 4. Darstellung des oktaedrischen [Ni2Zn4Cp6]. Für die Bildung der oktaedrisch angeordneten Verbindung postulieren die Autoren den Bildungsmechanismus einer zweifachen oxidativen Addition von ZnCp 2 an ein Nickelzentrum, unter der Bildung der Intermediate [CpNiZnCp] und [Cp 2Ni(Cp)(ZnCp)2]. Abspaltung des CpLiganden führt anschließend zu der Bildung des ungesättigten [CpNi(ZnCp)2], welches schließlich zu dem Produkt [Ni2Zn4Cp6] dimerisiert.41 Der oktaedrische Komplex enthält acht Ni-Zn Bindungen mit Bindungslängen von 2.398(2) Å, die Zink-Zink Distanzen betragen 2.854(1) – 4.050(2) Å, zwischen den Zinkatomen liegen keine bindenden Wechselwirkungen vor. Dies wird aus den bekannten kovalenten Referenzwerten der Zn-Zn Abstände in metallischem Zink (2.644-2.912 Å) und dem molekularen Zinkdimer [Zn2Cp*2] (2.305(3) Å) abgeleitet.2, 42 Eine Übersicht weiterer Synthesestrategien zur Knüpfung von TM-ZnR Bindungen ist in Schema 5 abgebildet. 27 1. Einleitung Schema 5. Übersicht von Synthesestrategien zur Knüpfung von TM-ZnR Bindungen. Die Komplexität der Reaktionen, die zur Darstellung von TM-ZnR Komplexen führen, liegt nicht nur in den unterschiedlichen Synthesestrategien und den teilweise kompetetiv verlaufenden Mechanismen, sondern auch in der Abhängigkeit von den Reaktionsbedingungen wie stöchiometrischen Mengen der Zinkquelle, Lösungsmitteln und Temperaturen. Die starke Abhängigkeit der Produktbildung von Reaktanden und Reaktionsbedingungen wurde insbesondere in den Reaktionen von frühen Übergangsmetallhydriden wie [Cp 2NbH3] und [Cp’TaH3] (Cp‘ = C5H4Me) mit ZnCp2 demonstriert.43, 44 So wird der Bis-(Übergangsmetall)Zinkkomplex [{Cp2NbH2}2Zn] durch die Verwendung geringer stöchiometrischer Megen an ZnCp2 dargestellt, wohingegen das Erhöhen dieser zu Nb-ZnCp Komplexen in verschiedenen Graden der Hydridsubstitution resultiert.43 Eine Übersicht der Reaktionen von [Cp2NbH3] mit ZnCp2 ist in Schema 6 abgebildet. 28 1. Einleitung Schema 6. Reaktionsbedingungsabhängige Darstellung von Nb-ZnCp Komplexen. Die genaue Betrachtung der diskutierten Beispiele literaturbekannter LM-ZnR (L = Co-Ligand) Komplexe lässt einen eindeutigen Trend der Anzahl an koordnierten Zink-Organyl Liganden erkennen. Während Komplexe des Typs LxMaZnb mit x = 4 und b = 1 wie [Cp2NbH2(ZnCp)] vielzählig zu finden sind, sind Co-Liganden freie Komplexe, die eine vollständige Zink-Organyl Koordinationssphäre aufweisen wie in [Ni2Zn4Cp6], in denen also x = 0 und a < b sind, eine Seltenheit. Noch seltener sind in der Literatur Verbindungen mit x = 0 und a << b, streng genommen waren diese bis vor kurzem gänzlich unbekannt und werden in Kapitel 1.4.1 eingeführt. Trotz der effektiven Synthesestrategien, die in diesem Kapitel beschrieben wurden, ist die Anzahl an literaturbekannten Übergangsmetall-Zinkorganyl-Verbindungen überschaubar. Dies ist dadurch begründet, dass eine entsprechende Übergangsmetallstartverbindung zum einen reaktiv genug sein muss, um mit einer Zinkquelle eine Reaktion einzugehen, die elektronischen und sterischen Eigenschaften des TMKomplexes andererseits einen Komplex mit neu geknüpften TM-Zn Bindungen stabilisieren können müssen, um eine Disproportionierung der Zinkverbindung zu unterdrücken. Die Limitierungen und synthetischen Herausforderungen der „Bottom-up“ Synthese von TMZinkkomplexen werden am Beispiel von Cu/Zn Systemen verdeutlicht. Während Messing eine der bekanntesten und wichtigsten Legierungen ist, sind molekulare Verbindungen mit einem 29 1. Einleitung definierten CuaZnb Verhältnis gänzlich unbekannt. Kupfersalze wie Nitrate, Chloride, Sulfate oder Acetate existieren hinreichend, diese reagieren jedoch mit Zinkquellen zu den entsprechenden Zinksalzen, eine Ausbildung von Cu-Zn Bindungen findet nicht statt. Dahingegen sind nur wenige Kupferkomplexe mit substitutionslabilen Liganden bekannt. Diese Tatsache ist auf die Stabilität der abgeschlossenen d-Schale des Kupfers zurückzuführen, die eine starke π-Rückbindung aus gefüllten dπ-Orbitalen des Kupfers in π* Orbitale von Liganden wie der Carbonylgruppe verhindert. So existieren mono- und dinukleare Kupfercarbonylkomplexe beispielsweise nur unter Matrixisolationsbedingungen.45, 46 Aus den Halogeniden des einwertigen Kupfers wie CuCl (gilt auch für CuBr und CuI) werden mit donierenden Liganden L Komplexe des Typs [L4Cu]+Cl- (L z.B. C5H5N, PR3, R3PO), [L3CuCl] (L z.B. PR3, AsR3), [L2CuCl]2 (L z.B. Ph2NH) und [LCuCl]4 (L z.B. PR3, AsR3) gebildet. Diese werden in Folgereaktionen durch Reduktion, beispielsweise [PH3PCuCL]4 mit BH(OMe)3- zu [Ph3PCuH]6, oder Salzmethathese, z.B. [CNtBuCuCl]4 mit NaCp zu [CNtBuCuCp] zu einer Reihe an Kupferstartverbindungen weiter reagiert.2, 47, 48 Die Herausforderung liegt nun darin, für Komplexe des Typs LxCuaZnb (L = Co-Ligand) mit a, b > 1 und x < a+b ein Reaktionsprinzip mit geeigneten Startverbindungs-Kombinationen zu etablieren. Dabei müssen die an den gewählten Kupferkomplex koordinierten Liganden die Funktion einer, unter milden Reaktionsbedingungen abspaltbaren, Schutzgruppe einnehmen. Die L-Cu Bindung muss labil genug sein, um in Anwesenheit einer Zinkquelle gebrochen werden zu können, damit ZnRLiganden an das intermediär ungesättigte Kupferzentrum koordiniert werden können, um bimetallische Cu/Zn Komplexe zu synthetisieren. In der Vergangenheit hat sich für die Darstellung von Cu/Zn Nanopartikeln ein Reaktionsprinzip als effizient erwiesen, das auf der Verwendung von Kupferverbindungen des Typs [CpCuL] basiert. Die Schutzgruppen Funktion wird dabei zum einen von der etablierten Cyclopentadienyl-Gruppe erfüllt, die bekanntermaßen durch sterische und elektronische Effekte Metallzentren in ungewöhnlichen Oxidationsstufen stabilisieren kann, zum anderen aber zum Beispiel unter protolytischen oder hydrogenolytischen Bedingungen abgespalten werden kann. Durch die Wahl des Co-Liganden L können die elektronischen und sterischen Eigenschaften des Komplexes und somit die Reaktivität weiter gesteuert werden. In den Untersuchungen von Kupfer-, Zink- und Cu/ZnNanopartikeln wurde gezeigt, dass [CpCuPMe3] und [ZnCp*2] bei vergleichbaren Reaktionsbedingungen zu Cu(0) und Zn(0) Nanopartikeln zersetzt werden, sodass ebenfalls eine Co-Hydrolyse beider Startverbindungen möglich ist, die in der Formation von β-Cu0.5Zn0.5 30 1. Einleitung Nanopartikeln resultiert (Schema 7).49 Dabei führt die Co-Hydrolyse bei 150 °C in Mesitylen unter einer H2-Atmosphäre von 3 bar zu „nackten“, agglomerierten Messing-Partikeln, wird der Reaktion vor Beginn zusätzlich Poly(2,6-dimethyl-1,4-phenylenoxid) (PPO) zugesetzt, werden β-Cu0.5Zn0.5/PPO Kolloide in Mesitylen gebildet. Beide Synthesewege von βMessingpartikeln sind Beispiele der wenig erforschten und literaturbekannten Nanochemie von Cu/Zn Systemen.49, 50 Schema 7. Synthese von Cu-, Zn- und β-Cu/Zn-Nanopartikeln. 1.5.1 Hochkoordinierte Zink-Übergangsmetallverbindungen: Eine neuartige Verbindungsklasse an der Grenze von Cluster und Koordinationsverbindungen Einen völlig neuartigen Zugang zu Übergangsmetall-Zink-Organyl Verbindungen eröffneten die Synthesen von [Mo(ZnMe)9(ZnCp*)3] im Jahr 2008. Die Umsetzung des Gallium-Organyl haltigen Komplexes [Mo(GaCp*)6] mit einem Überschuss an Dimethylzink resultiert überraschenderweise in der Formation dieses ungewöhnlich hoch koordinierten Komplexes.51 In der klassischen Koordinationschemie, basierend auf den umfassenden Untersuchungen von Alfred Werner, ist die höchste Koordinationszahl für monodentate Liganden neun.52 Die in 31 1. Einleitung [Mo(ZnMe)9(ZnCp*)3] vorliegende Koordinationszahl von 12 für das Molybdänzentrum schließt den Komplex von der Definition einer klassische Koordinationsverbindung aus. In welche Verbindungsklasse lässt sich [Mo(ZnMe)9(ZnCp*)3] also einteilen? In Kapitel 1.2.4 wurde die Klasse der Zintl-Anionen beschrieben, die endohedral eingelagerte Metallatome aufweisen können, wie beispielsweise in [Ir@Sn12]2-, was für [Mo(ZnMe)9(ZnCp*)3] eine ähnliche Beschreibung als [Mo@Zn12] nahelegt.53 Die Beschreibung, als eine solche Clusterverbindung, sollte jedoch dann mit der Definition eines Clusters nach Cotton, nach der die vorliegenden Metall-Metall Bindungen den Cluster signifikant stabilisieren, vereinbar sein. Die quantenchemische Analyse von [Mo(ZnMe)9(ZnCp*)3] zeigt eine komplexe elektronische Struktur des Komplexes. 18 Elektronen (6 Valenzelektronen des Molybdäns und 12 Valenzelektronen der Zinkatome) stehen für die Mo-Zn und Zn-Zn Bindungen zur Verfügung. Das Molekülorbitalkorrelations-Diagramm zeigt sechs elektronenteilende Bindungen, bestehend aus den sechs Valenzelektronen des Molybdäns und sechs Elektronen aus den (ZnCp*)12 Fragmenten, woraus ½ Elektronpaar für jeden Mo-Zn Kontakt resultiert. Zusätzlich befinden sich drei Elektronenpaare in Orbitalen, die Zn-Zn Bindungscharakter besitzen. Bei 30 Zn-Zn Kontakten bedeutet dies lediglich je 1/10 Elektronenpaar für jeden Kontakt. Die Zn-Zn Wechselwirkungen, die aus drei Elektronenpaaren, die über die gesamte Zinkhülle delokalisiert sind, resultieren, können also als sehr schwach, aber vorhanden bezeichnet werden. Damit trifft die Definition eines Clusters auf [Mo(ZnMe)9(ZnCp*)3] nicht zu, es liegen jedoch auch keine klassischen Donor-Akzeptor Wechselwirkungen zwischen Metallzentrum und den Liganden vor, welche eine typische Koordinationsverbindung auszeichnet. 51 Mit diesem zinkreichen, hochkoordinierten Übergangsmetallkomplex, wurde also der Prototyp einer neuen Verbindungsklasse, die die Lücke zwischen Koordinations- und Clusterverbindungen füllt, synthetisiert. Doch nicht nur die elektronische Struktur von [Mo(ZnMe)9(ZnCp*)3] demonstriert das Füllen dieser Lücke, auch die strukturellen Eigenschaften des perfekt ikosaedrisch angeordneten Komplexes unterstreicht die außergewöhnliche Stellung. Erstmals wurde ein Übergangsmetall-Zinkkomplex dargestellt, dessen Strukturmotiv in einer intermetallischen Festphase analog vorliegt. Die zinkreiche binäre MoZn Phase MoZn20.44 besteht aus 20 verschiedenen Koordinationspolyedern, wobei der des Molybdänatoms einer ikosadrischen Umgebung von 12 Zinkatomen entspricht (Abbildung 17).26 [Mo(ZnMe)9(ZnCp*)3] kann somit als molekularer Ausschnitt einer 32 1. Einleitung zinkreichen intermetallischen Hume-Rothery Phase beschrieben werden und bildet einen vielversprechenden Ansatz für das Erschließen einer neuartigen Verbindungsklasse. Abbildung 17. Links: Molekülsturktur von [Mo(ZnMe)9(ZnCp*)3]. Rechts: Koordinationspolyeder des Molybdänatoms in der Hume-Rothery Phase MoZn20.44. Nachdruck mit Genehmigung von T. Cadenbach, T. Bollermann, C. Gemel, I. Fernandez, M. v. Hopffgarten, G. Frenking und R. A. Fischer, Angew. Chem. Int. Ed., 2008, 47, 9150-9154. Copyright (2008) Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim. Nachdruck mit Genehmigung von T. Nasch und W. Jeitschko, J. Solid State Chem. 1999, 143, 95-103. Copyright (1999) Academic Press. Der Bildungsmechanismus von [Mo(ZnMe)9(ZnCp*)3] beruht auf einem Gallium/Zinkaustausch, der wiederum auf formal redox-chemischen Prozessen basiert, vermutlich sind Radikal-Reaktionen involviert. Jeder der sechs Ga(I)Cp*-Liganden der Startverbindung [Mo(GaCp*)6] agiert als Zwei-Elektronen-Donor. In der Reaktion mit Zn(II)Me2 wird je ein Ga(I)Cp*-Ligand durch zwei Zn(I)R-Liganden (R = Me, Cp*), die je ein Elektron donieren, ersetzt (R = Me, Cp*). Es findet also eine Reduktion von Zn(II) zu Zn(I) statt, der zugehörige Oxidationsprozess wird mittels in situ NMR Studien, in denen Ga(III) Spezies wie Me2GaCp* als Nebenprodukte der Reaktion beobachtet werden, aufgeklärt. 51 Das Reaktionsschema wurde in umfassenden Studien zunächst erfolgreich auf weitere homoleptisch GaCp* koordinierte Übergangsmetall Verbindungen übertragen und resultiert in einer Vielzahl neuer zinkreicher Moleküle der generellen Formel [TM(ZnR)2n] (TM = n ≥ 4; M = Mo, Ru, Rh, Ni, Pd, Pt; R = Me, Et, Cp*) (Schema 22). Quantenchemische Untersuchungen zeigten auch in diesen Fällen tangentielle, schwache Zink-Zink Wechselwirkungen, jedoch keine starken oder gar kovalenten. Es ist anzumerken, dass alle Komplexe dieser Art die 18 Valenzelektronenregel erfüllen.54 33 1. Einleitung Abbildung 18. Molekülstrukturen und Koordinationspolyeder zinkreicher Komplexe. Von links: [Mo(ZnMe)9(ZnCp*)3], [Ru(ZnMe)6(ZnCp*)4], [Rh(ZnMe)6(ZnCp*)3] und [Pd(ZnMe)4(ZnCp*)4]. Nachdruck mit Erlaubnis von M.Molon, Disseration 2014, Ruhr-Universität Bochum. Nach diesen Erkenntnissen wurden die Untersuchung der Darstellung zinkreicher Verbindungen auf heteroleptisch GaCp* koordinierte Übergangsmetall-Startkomplexe ausgedehnt. Der erstaunliche Ga/Zn Austausch wird in diesen Reaktionen ebenfalls beobachtet, allerdings lässt sich für heteroleptische Edukte kein generelles, allgemein gültiges Reaktionsschema formulieren, da die Bildung der Produkte stark von den Co-Liganden abhängt.55, 56 Beachtlicherweise Übergangsmetall-GaCp* Komplexe, konnte, eine nach Vielzahl vorangehender an Synthese metallreichen neuer mehrkernigen Übergangsmetall-Zinkverbindungen dargestellt werden. So resultiert die Umsetzung von [Pd(CNPh)2Me2] mit GaCp* in dem vierkernigen Palladiumkomplex [{Pd(CNPh)}4(µ-GaCp*)2(µGaCp*)2], welcher mit Dimethylzink zu der finalen Verbindung [{Pd(CNPh)(µ 2-ZnCp*)(µ3ZnMe)}4] reagiert (Abbildung 19).55 Abbildung 19. Darstellung von [{Pd(CNPh)}4(µ-GaCp*)2(µ-GaCp*)2] und [{Pd(CNPh)(µ2-ZnCp*)(µ3ZnMe)}4]. Nachdruck mit Genehmigung von M. Molon, K. Dilchert, C. Gemel, R. W. Seidel, J. Schaumann und R. A. Fischer, Inorg. Chem. 2013, 52, 14275-14283. Copyright (2013) American Chemical Society. 34 1. Einleitung 1.5.2 [Zn2Cp*2] – Meilenstein der niedervalenten Zinkchemie Im Jahr 2004 erfuhr die niedervalente Zinkchemie eine Bereicherung, der die Bezeichnung „Meilenstein“ gerecht wird. Carmona et al. berichteten die erfolgreiche Synthese von [Zn2Cp*2], der ersten Verbindung mit kovalenter Zn(I)-Zn(I) Wechselwirkung, die lediglich durch zwei Cp*-Gruppen stabilisiert wird. Die neue Verbindung war das überraschende Nebenprodukt der Reaktion von [ZnCp*2] und Diethylzink, in der als Hauptprodukt [Cp*Zn(C2H5)] gebildet wird. In Abhängigkeit von den Reaktionsbedingungen kann [Zn 2Cp*2] als alleiniges Reaktionsprodukt isoliert werden.42 Die favorisierte Oxidationsstufe der Zinkgruppe ist +II und lange Zeit war das einzige Element dieser Gruppe Quecksilber, für das die Oxidationsstufe +I für Verbindungen, die unter Normalbedingungen stabil sind, beispielsweise in Hg2Cl2 (Kalomel), eine Rolle spielte. Für die anderen Elemente der Zinkgruppe blieb, mit wenigen Ausnahmen, die invariable Oxidatiionsstufe +II. NMR spektrospkopische Untersuchungen ließen die Existenz von Cd22+ in Cd2TpMe22 (Tp = hydrotris(3,5-dimethylpyrazolyl)borat) vermuten, die Molekülstruktur konnte jedoch nie aufgeklärt werden.57 Ebenso ist das Vorhandensein von Zn22+ Ionen in Zeolithmatrizes belegt, vollständig strukturell und analytisch charakterisierte Beispiele von Cd(I) und Zn(I) haltigen Molekülen blieben hingegen lange unerschlossen.58 Erst 1999 berichteten Apeloig et al. die Synthese des dinuklearen σ-gebundenen Silylkomplexes [{(Me3SiMe2Si)3SiHg}2], der, sogar an Luft, eine erstaunliche Stabilität zeigt.59 Die Lücke von niedervalenten Metallverbindungen der Zinkgruppe schloss schlussendlich die Darstellung von [ArCdCdAr] (Ar = C6H3-2,6-(C6H3-2,6Pri2)2) im Jahr 2006 von der Gruppe um Power.60 Das größte Interesse dieser Reihe an niedervalenten M2L2 (M = Zn, Cd, Hg; L = Ligand) zog gleichwohl unangefochten [Zn2Cp*2] nach sich. Bereits ein Jahr nach Erscheinen des ersten Berichtes untersuchten Carmona et al. die Bindungseigenschaften von [Zn2Cp*2]. Diese charakterisierten die Zn-Zn Bindung, mit einer ermittelten Bindungsdissoziationsenergie von ≈ 60 kcal/mol, als realtiv stark, die an der Bindung beteiligten Orbitale sind vornehmend die 4s Orbitale, die 4p Beteiligung ist lediglich schwach. Zeitgleich veröffentlichte die Gruppe um Carmona einen neuen Syntheseweg für ihr Reagenz, der [Zn2Cp*2] auf einem einfachen Syntheseweg zugänglich machte (Schema 8). 35 1. Einleitung Schema 8. Darstellung von [Zn2Cp*2] auf dem alternativ von Carmona et al. berichteten Syntheseweg. In Folge beschäftigte sich etwa eine handvoll Organometall-Gruppen mit der Erforschung der Reaktivität und Chemie des ungewöhnlichen, im Rahmen dieser Arbeit als „Carmona Reagenz“ bezeichneten Moleküles, das seine vielfältige Chemie demonstrierte. Schulz und Roesky fassten die Entwicklung in einem Übersichtsartikel zusammen, der nur acht Jahre nach der Entdeckung von [Zn2Cp*2] bereits 25 Verbindungen mit intakter Zn(I)-Zn(I) Wechselwirkung enthielt.61 Generell lassen sich zwei unterschiedliche Reaktionspfade von Carmonas Reagenz unterscheiden. Zum einen reagiert [Zn2Cp*2] unter Erhalt der Zn22+ Einheit und Ligandensubstitution mit verschiedenen Reagenzien, zum anderen können Reaktionen unter Zn-Zn Bindungsbruch verlaufen. Beide Reaktionspfade werden anhand ausgewählter Beispiel folgend erläutert. 1.5.2.1 Übersicht des Reaktionsverhaltens von [Zn2Cp*2] Das Reaktionsverhalten von [Zn2Cp*2] wird in Schema 9 übersichtlich abgebildet, in den folgenden Unterkapiteln werden die einzelnen Reaktionsprinzipien diskutiert. 36 1. Einleitung Schema 9. Schematische Übersicht des Reaktionsverhaltens von [Zn2Cp*2]: a) Lewis-Säure-Base Addukt Bildung mit anschließender protolytischer Zn-Cp* Bindungsspaltung. Das basenstabilisierte Kation [Zn2(dmap)6]2+ (dmap = Dimethylaminopyridin) ist der erste kationische Komplex mit [Zn2]2+ Einheit. b) Protolytischer Zn-Cp* Bindungsbruch und und Austausch der sterisch anspruchsvollen Reste Cp* und Mesnacnac (((2,4,6-Me3C6H2)N(Me)C)2CH)H) resultierend in [Zn2Mesnacnac2]. c) Homolytische Zn-Zn Bindungsspaltung und Generierung von ZnCp* Fragmenten. Diese koordinieren in GaCp*/ZnCp* Austauschprozessen an das Palladiumzentrum, wobei intermediär ungesättigte Fragmente gebildet werden. ZnCp*-Liganden reagieren dann mit [Zn2Cp*2] unter Eliminierung von [ZnCp*2] zu dem neuartigen {ZnZnCp*} Liganden und bilden die Komplexe [Pd(GaCp*)2(ZnCp*)2(ZnZnCp*)2] und [Pd(ZnCp*)4(ZnZnCp*)4]. d) Komplexe kompetitive Reaktionsschritte wie Zn-Zn Bindungsspaltung und Austauschprozesse der organischen Reste Cp*, Me und tmeda (tmeda = N,N,N‘,N‘- Tetrametyhlethylendiamin) resultieren in der Darstellung von [Pd(ZnMe)2(ZnCp*)4(Zn{tmeda})]. 37 1. Einleitung 1.5.2.2 Reaktionen von [Zn2Cp*2] unter Erhalt des [Zn2]2+ Kernes Der einfachste Reaktionsweg zur Erhaltung des Zn22+ Kerns, ist dessen kinetische Stabilisierung. Die geeignete Wahl der Reste R und R‘ erlaubt den Austausch dieser unter Erhalt der Zn2-Einheit. Die sterischen und elektronischen Eigenschaften der an die Zn2-Einheit gebundenen Liganden können die Disproportionierung von Zn(I) zu Zn(II) und Zn(0) verhindern. Beispiel einer solchen Reaktion ist die Umsetzung von [Zn2Cp*2] mit MesnacnacH (((2,4,6-Me3C6H2)N(Me)C)2CH)H), die unter der protolytischen Abspaltung von Cp*H verläuft und in der Bildung von [Zn2(Mesnacnacn)2] resultiert (Schema 10).62 Schema 10. Darstellung des [Zn2Cp*2] Derivates [Zn2(Mesnacnac)2]. Ein weiteres Beispiel für die Protonierung von [Zn2Cp*2] mit LH (L = sterisch anspruchsvoller Ligand) ist [Zn2(H2C(PPh2NPh)2)2], gebildet aus Reaktion von [Zn2Cp*2] mit H2C(PPh2NPh)2)H.63 Neben Protonierungsreaktionen kann die Zn-Zn Wechselwirkung auch in komplexeren Reaktionsverläufen erhalten werden. So reagiert [Zn2Cp*2] mit der Lewis Base 4Dimethylaminopyridin (dmap) zu dem Lewis-Saure-Base-Addukt [Cp*Zn-Zn(dmap)2Cp*], in dem beide dmap Moleküle an dasselbe Zinkatom koordinieren. Die protoyltische Umsetzung dieser Spezies mit [H(OEt2)2][Al{OC(CF3)3}4] führt erneut zu einer Eliminierung der Cp*Gruppen und Cp*H Bildung, das basenstabilisierte [Zn2]2+ Kation [Zn2(dmap)6][Al{OC(CF3)3}4]2 wird gebildet (Schema 11). In diesem ersten bekannten kationischen Komplex, mit einem von Stickstoff basierten Donor-Liganden koordinierten Zn22+ Kern, ist die Zn-Zn Bindung (2.419(2) Å) im Gegensatz zu [Zn2Cp*2] (2.305(3) Å) verlängert.64 38 1. Einleitung Schema 11. Zwei-Stufen-Synthese des basenstabilisierten Dikationes [Zn2(dmap)6]2+. Die Stabilisierung des Zn22+ Kernes mit sechs Stickstoff-Elektronendonor-Liganden lässt vermuten, dass weitere Stickstoff- oder Sauerstoff-Liganden mit ihren freien Elektronenpaaren an die Zn2-Einheit koordinieren können. Dieser Fragestellung ging 2010 die Gruppe um Carmona in Reaktivitätsstudien von [Zn2Cp*2] gegenüber Aryl- und Alkylalkoholen nach. Zunächst wurden mit den Lewis-Basen pyr-py (4-Pyrrolidinopyridin) und DBU (1,8diazabicyclo[5.4.0]undec-7-en) mit [Zn2Cp*2] die Lewis-Säure-Base Addukte [Cp*Zn-Zn(pyrpy)2Cp*] und [Cp*Zn-Zn(DBU)2Cp*] gebildet, die aufgrund ihrer Instabilität ausschließlich NMR spektroskopisch nachgewiesen wurden. Bei Temperaturen von -25 °C sind beide AdduktMoleküle stabil genug, um in situ als Precursor für die ersten Sauerstoffdonor-stabilisierten Zn-Zn Komplexe zu fungieren. Als Aryl- und Alkylalkohole wurden Cp*OH und ArMesOH (Mes = Mesitylgruppe) verwendet.65 Die gebildeten Produkte sind in Schema 12 abgebildet. Schema 12. Darstellung der Lewis Säure-Base Addukte [Cp*ZnZn(L)2Cp*] (L = pyr-py, DBU) und deren Umsetzung mit Cp*OH und ArMesOH zu [{Cp*ZnZn(L)OCp*}2] und [Cp*ZnZn(L2)OArMes]. 39 1. Einleitung 1.5.2.2. Reaktionen von [Zn2Cp*2] unter homolytischer Zn-Zn Bindungsspaltung Eine zweite Art von Reaktionstypen, die [Zn2Cp*2] eingeht, verläuft unter homolytischer Zn-Zn Bindungsspaltung und der Erzeugung zweier ·ZnCp* Fragmente. Dieser Reaktionsverlauf wird vor allem für die Koordinationschemie von Carmonas Reagenz gegenüber Übergangsmetallzentren beobachtet.38 So führt die Reaktion von [M(GaCp*)4] (M = Pd, Pt) mit [Zn2Cp*2] zu der Bildung eines untrennbaren Produktgemisches aus dem verzerrt oktaedrischen Komplex [M(GaCp*)2(ZnCp*)2(ZnZnCp*)2] und dem verzerrt dodekaedrischen [M(ZnCp*)4(ZnZnCp*)4] (Abbildung 20), wobei des Gleichgewicht der Reaktion stark auf Seiten ersteren Komplexes liegt, in NMR Studien wurde ein molares Verhältnis von etwa 10:1 beobachtet. Im Folgenden wird die Reaktion von [Pd(GaCp*)4] mit [Zn2Cp*2] stellvertretend für [M(GaCp*)4] (M = Pd. Pt) diskutiert. Abbildung 20. Molekülstrukturen [Pd(ZnCp*)4(ZnZnCp*)4] (rechts). von [Pd(GaCp*)2(ZnCp*)2(ZnZnCp*)2] (links) und In beiden Molekülen ist erstaunlicherweise der neuartige ZnZnCp*-Ligand an das d10 Metallzentrum koordiniert, der ebenso wie ZnCp* als Einelektronendonor fungiert. In situ 1H NMR Studien zeigen die Bildung von nicht koordiniertem GaCp* und [ZnCp* 2] als Nebenprodukte der Reaktion. Der Reaktionsmechanismus beruht vermutlich auf einer Reihe an Dissoziations- und Assoziationsschritten. Wahrscheinlich ist zunächst eine Dissoziation der GaCp* Liganden und folgende Koordination von ZnCp* Fragmenten an die nun elektronisch ungesättigten Palladiumzentren. Intermediäre Spezies des Typs [L aPd(ZnCp*)b] (L = GaCp* oder ZnCp*) reagieren dann in Cp* Transferprozessen, mit einem weiteren Equivalent 40 1. Einleitung [Zn2Cp*2] zu den ZnZnCp* Liganden, wobei [ZnCp*2] als Nebenprodukt gebildet wird. Der Reaktionsmechanismus beinhaltet zudem eine Disproportionierung von Zn(I) in [Zn 2Cp*2] zu Zn(II) ([Zn2Cp*2]) und Zn(0) ([Zn(0)Zn(I)Cp*]) (Schema 13). Schema 13. Mögliche mechanistische Reaktionsschritte zur Bildung von [Pd(ZnCp*)4(ZnZnCp*)4]. Zusammenfassend lassen sich aus der Synthese der ersten TM-ZnR (TM = Übergangsmetall, R = Cp*) Verbindungen, in der Carmonas Reagenz als ZnR Quelle dient, verschiedene interessante Aspekte hervorheben. Zum einen stellte sich [Zn2Cp*2] erstmals als effiziente und wertvolle Quelle für ZnR und ZnZnR Liganden, die an Übergangsmetallzentren koordiniert werden heraus. Zum anderen zeigen die Ergebnisse, dass Gallium-Organyl haltige Startkomplexe wie [Pd(GaCp*)4] nicht nur mit Dimethylzink GaCp*/ZnCp* Austauschprozesse eingehen, sondern auch die Reaktion mit [Zn2Cp*2] diese hervorruft. Die beobachteten Prozesse für zweitere Reaktionen sind jedoch weitaus komplexer in ihrem Reaktionsverlauf und nicht voraussagbar. Erstmals konnte zudem der neuartige ZnZnCp*-Ligand mit intakter Zn-Zn Wechselwirkung an ein Metallzentrum koordiniert werden. Dadurch kommt es zu der Ausbildung penta-atomarer Metallketten (Cp*ZnZnPdZnZnCp*), die lediglich von zwei Cp*Gruppen an beiden Enden stabilisiert werden. Das Vorliegen solcher unstabilisierten Metallketten ist für einige wenige Beispiele wie [Hg3(AsF6)2] oder [Hg4(AsF6)2] bekannt, findet jedoch kaum Analogie auf molekularer Ebene.66-68 Aufgrund des untrennbaren Produktgemisches, das eine analytische Charakterisierung nur sehr schwierig bis gar nicht realisieren lässt, die Koordinationschemie von [Zn2Cp*2] an Übergangsmetallzentren jedoch großes synthetisches Potential verspricht, wurden den ersten Reaktivitätsstudien folgend, GaCp* haltige Startkomplexe durch substitutionslabile Übergangsmetallverbindungen ersetzt, wodurch ein Zugang zu weiteren zinkreichen Molekülen eröffnet wurde. Die Reaktion des Komplexes [Pd(tmeda)Me2] (tmeda = N, N, N‘, N‘-Tetramethyl-ethan-1,2-diamin), der bereits 41 1. Einleitung erfolgreich für die Synthese metallreicher Moleküle wie [Pd3(InCp*)8] als Edukt verwendet wurde, mit [Zn2Cp*2] demonstriert die reiche Koordinationschemie, jedoch auch Komplexität dieser Reaktionstypen.69 Als Hauptprodukt dieser Reaktion werden gelbe Kristalle der Zusammensetzung [Pd(ZnMe)2(ZnCp*)4(Zn{tmeda})] isoliert. Neben dieser siebenfachkoordinierten Palladiumverbindung werden jedoch als Nebenprodukte in kleinen Mengen auch [ZnCp*2], [Cp*Pd(ZnCp*)3] und der bekannte Komplex [Pd(ZnMe)4(ZnCp*)4] gefunden (Schema 14).54 Aufgrund der unterschiedlichen Löslichkeit von [Pd(ZnMe)2(ZnCp*)4(Zn{tmeda)}] im Vergleich zu den Nebenprodukten ist eine Trennung und somit analytische Charakterisierung des Hauptproduktes möglich. Schema 14. Reaktion von [Pd(tmeda)Me2] mit [Zn2Cp*2]. Die Bildung dreier verschiedener Produkte lässt vermuten, dass kompetitive Reaktionsschritte einen komplexen Reaktionsverlauf bilden, der nicht eindeutig aufgeklärt werden kann. Offensichtlich werden Zn-Cp* und Zn-Zn Bindungen heterolytisch gespalten und Austauschprozesse der organischen Reste Cp* und CH3 sind involviert. Überraschenderweise beinhalten diese Ligandenaustauschprozesse auch die tmeda-Gruppe, die im Reaktionsverlauf von dem Palladiumzentrum auf eines der Zinkatome übertragen wird. Dadurch ist das Palladiumatom in [Pd(ZnMe)2(ZnCp*)4(Zn{tmeda})] von drei verschiedenen ZnR-Liganden (R = Me, Cp*, tmeda) koordiniert (Abbildung 21). 42 1. Einleitung Abbildung 21. Molekülstruktur von [Pd(ZnMe)2(ZnCp*)4(Zn{tmeda})]. Die Koordination des Zn{tmeda}-Liganden beeinflusst nicht nur die strukturellen Eigenschaften, sondern auch die elektronischen und bindungstheoretischen Eigenschaften des Komplexes. [Pd(ZnMe)2(ZnCp*)4(Zn{tmeda})] kann als siebenfach koordinierte strukturelle Variante von [Pd(ZnMe)4(ZnCp*)4] betrachtet werden, in dem zwei ZnMeLiganden als Einelektronen-Donoren durch einen Zn{tmeda}-Liganden substituiert werden. Dieser müsste somit als Zweielektronen-Donor agieren, damit [Pd(ZnMe)2(ZnCp*)4(Zn{tmeda})] die 18 Valenzelektronenregel erfüllt, für die in Bezug auf zinkreiche Übergangsmetallkomplexe noch keine Ausnahme beobachtet wurde. Konsequenz daraus ist die Betrachtung des Zinkatoms in dem Zn{tmeda}-Ligand als formales Zn(0), die auch von quantenchemischen Kalkulationen unterstützt wird.70 Die Isolierung des zinkreichen Komplexes [Pd(ZnMe)2(ZnCp*)4(Zn{tmeda})] demonstriert die vielfältige Koordinationschemie von [Zn2Cp*2] die besonders bei Betrachtung und Analyse der komplexen Reaktionspfade Fragen aufwirft, die auf der anderen Seite aber auch die Tür für die Synthese und Untersuchung weiterer zinkreicher Systeme aufstößt und den Status von [Zn2Cp*2] als effiziente Quelle für Zn(I)-Organyl Liganden hervorhebt. Für das Reaktivitätsverhalten von [Zn2Cp*2] gegenüber Übergangsmetallzentren lassen sich die folgenden Prinzipien festhalten: [Zn2Cp*2] kann a) Cp*-Gruppen auf andere Metallzentren transferieren; b) Austauschprozesse mit anderen organischen Resten eingehen; c) durch homolytische Zn-Zn Bindungsspaltung ZnCp* Fragmente generieren, die an TM-Zentren koordiniert werden. Diese können weitere Reaktionen eingehen, z.B. mit einem weiteren 43 1. Einleitung Equivalent [Zn2Cp*2] unter Eliminierung von [ZnCp*2] den neuartigen {ZnZnCp*} Liganden bilden; d) durch Disproportionierung in [Zn2Cp*] und Zn(0) Zinkatome in der formalen Oxidationsstufe 0 zur Verfügung stellen, die als Zinkbausteine für zinkreiche Moleküle dienen können. 44 2. Motivation 2. Motivation Die Chemie der Metalle ist aufgrund ihres häufigen Vorkommes (über 80 % der natürlich vorkommenden Elemente sind Metalle oder Halbmetalle) und ihrer Vielfalt für ein breites Spektrum, von dem alltäglichen Leben, bis zu der fundamentalen Grundlagenforschung, von hohem Interesse. Die Spanne an unterschiedlichsten strukturellen, bindungstheoretischen und physikalischen Eigenschaften der einzelnen Metalle ist bereits außerordentlich hoch, zu binären, tertiären oder Mehrkomponentensystemen in intermetallischen Festphasen vereint, eröffnet sich die Möglichkeit, von einer nahezu unendlichen Anzahl an elementaren und strukturellen Zusammensetzung. Dadurch variierbare Eigenschaften wie Härte, elektrische Leitfähigkeit oder Korrosionsbeständigkeit machen Legierungen, wie ihre bekanntesten Beispiele Stahl, Messing oder Bronze, zu essentiellen Münz-, Schmuck oder Konstruktionsmaterialien, aber auch modernen Funktionsmaterialien.3 Die breite alltägliche Verwendung metallischer Materialien geht Hand in Hand mit ihrer detaillierten Erforschung, die insbesondere auf molekularer Ebene erstrebenswert ist, um die Eigenschaften von MetallMetall Bindungen auf kleinster Ebene analysieren und zu verstehen. Zwischen den weit erforschten und gut verstandenen Prinzipien intermetallischer Festphasen und deren raren molekularen Analoga, liegt wissenschaftlich jedoch eine weite Kluft. Dies liegt, wie in der Einleitung beschrieben, intermetallischer an Komplexe. der komplexen Effektive „Bottom-up“ Bausteine, in Form Synthese von molekularer metallhaltigen Startverbindungen, für die Synthese metallreicher Moleküle zu determinieren, stellt bei der Komplexität der organometallchemischen Forschung eine hohe synthetische Herausforderung dar. Existieren für die Darstellung von intermetallischen Festphasen etablierte Verfahren und Syntheserouten, aus denen Phasen gewünschter Zusammensetzungen resultieren, so sind Reaktionen auf molekularer Ebene weitaus komplexer und selten vorhersehbar. Faktoren wie die Oxidationsstufe eines zentralen, komplexierten Metallatoms, Co-Liganden, die spezifische sterische und elektronische Eigenschaften aufweisen, welche sich auf die Eigenschaften des gesamten Komplexes auswirken, aber auch Reaktionsbedingungen wie verwendete Lösungsmittel, Temperaturen und Reaktionszeiten beeinflussen den Reaktionsverlauf und die Produktbildung entscheidend. Aufgrund der aufgezählten Faktoren sind die Reaktionsmechanismen oftmals komplex und kompetetiv, was einerseits in teilweise schwer nachvollziehbaren Reaktionspfaden resultiert, 45 2. Motivation andererseits die Grundlage neuartiger und ungewöhnlicher Komplexe ist. Ziel dieser Arbeit war es, molekulare Bausteine, aus denen neuartige metallreiche Verbindungen dargestellt werden können, zu evaluieren und anhand der gebildeten Komplexe reaktionsmechanistische und strukturelle Gemeinsamkeiten zu untersuchen, aus denen Konzepte der Synthese solcher Systeme abgeleitet werden können, um die Kluft zwischen dem Verständnis intermetallischer Phasen und entsprechender molekularer Verwandten ein kleines Stück zu verkleinern. 46 3. Zusammenfassung 3. Zusammenfassung Lehr- und Fachbücher lehren und diskutieren Konzepte, die etabliert sind und an denen ein großes wissenschaftliches Interesse besteht. Diese Konzepte müssen nicht unangefochten sein, das Beispiel der Aromatizität (Kapitel 4.2.1) zeigt, dass sie zum Teil, selbst nach vielen Jahren, durch immer neue Erkenntnisse, kontrovers diskutiert werden. Zwei übergeordnete Forschungsthemen, die für diese Arbeit von entscheidender Relevanz sind, sind „Metalle“ und „intermetallische Phasen“, beide sind vielfältig nachschlagbar. So ist für die strukturelle Anordnung von Metallatomen bekannt, eine dichteste Kugelpackung zu bilden. Fast alle Metalle kristallisieren in den Strukturtypen der kubisch innenzentrierten Packung (bcc, z.B. Alkalimetalle, Cr, Mo, W), der hexagonal dichtesten Kugelpackung (hcp, z.B. Zn und Cd) oder der kubisch dichtesten Kugelpackung (fcc, z.B. Ni, Pd, Pt, Cu, Ag, Au). Ebenso wie ein tiefes Verständnis der Metalle und ihrer Eigenschaften ist hinreichend bekannt, unter welchen Bedingungen und in welchen Verfahren sich Metalle zu binären, tertiären oder Mehrkomponentensystemen zusammenschmelzen lassen, wie es in der Einleitung dieser Arbeit erläutert ist. Fachliteratur stößt an dem Punkt an seine Grenzen, an dem die fundamentale Grundlagenforschung jeden Tag im Labor anschließt. Die Untersuchung neuartiger Systeme, die keinen Vergleich finden und weitere Erforschung erfordern, um verglichen werden zu können. Wie knüpft man Bindungen, wie eine Kupfer-Zink Bindung auf molekularer Ebene, die bislang nicht existieren? Was begründet die Entscheidung, bei einer erstmaligen Reaktion von zwei, oder 24 Stunden Rührzeit? Wann ist es lohnenswert, einen dunkelbraunen Reaktionsrückstand aufzuarbeiten, wann ihn zu verwefen? Findet man in der Literatur vielleicht den einen oder anderen Hinweis zur Beantwortung dieser Fragen, bleibt es allein der synthetische Anspruch, aus einem enormen Reichtum an Optionen die richtigen Bausteine in Form von Startverbindungen zu finden und deren Reaktivität einanander gegenüber unter verschiedenen Bedingungen auszumachen. Ebensolche Untersuchungen der letzten drei Jahre haben in der Darstellung der Verbindungen 1-8 (Abbildung 22 und Abbildung 23) resultiert. Die umfassende Charakterisierung dieser, durch komplementäre analytische und quantenchemische Methoden lässt sie zu Konzepten vereinen. 47 3. Zusammenfassung Strukturell fällt auf, dass, mit Ausnahme von 1, alle geometrischen Anordnungen der Komplexe (3, 4, 5, 6a/6b) oder ihrer metallhaltigen Kationen (2, 7, 8) durch einzelne Dreiecke und deren Verknüpfung beschrieben werden. Sofern drei Atome nicht linear angeordnet sind, ist die einzige strukturelle Möglichkeit eine trigonale Anordnung, wie sie in den σaromatischen Dreiringen [Zn3Cp*3]+ (2) und [Zn2Cp*2CuCp*] (3) nahezu perfekt vorliegt (Kapitel 4.2). Diese geometrische Anordnung kann eingenommen werden, da [Zn2Cp*2] unter Erhalt der Zn-Zn Wechselwirkung (quantenchemische Analyse) an die ungesättigten Fragmente [ZnCp*]+ und CuCp* koordiniert. Das Reaktionsprinzip wurde auf ungesättigte Übergangsmetallfragmente übertragen und resultiert auch in [Pd(CNtBu)2(ZnCp*)4] (4) in trigonalen {Zn2Pd} Einheiten (Kapitel 4.3). Auch wenn quantenchemische Rechnungen im zeitlichen Rahmen nicht möglich waren, lassen kurze Zn-Zn Bindungsabstände (2.595(2) und 2.609(2) Å) zusammen mit einer verzerrten oktaedrischen Anordnung und Haptizitäten der Cp*-Liganden von η2 - η4 auf Zn···Zn Wechselwirkungen schließen. Somit zeigen 2,3 und 4 nicht nur gemeinsame strukturelle Bausteine, sondern auch vergleichbare Reaktionsprinzipien. Diese demonstrieren eine Analogie zwischen [Zn2Cp*2] und H2, das mit ungesättigten Metallfragmenten DiwasserstoffKomplexe bildet. Dieser Analogie schließt sich der Metallreiche Cluster [Pd(PdPCy3)2(Zn)(µ-Zn2Cp*)(µ-ZnCp*)3] (5) an, indem ein elektronenreiches Ligandensystem sowie sterische Einflüsse einen Zn-Zn Bindungsbruch hervorrufen (Kapitel 4.3). Dieser führt zu der Koordination Palladiumverbrückender ZnCp*-Liganden, die somit in den {Pd2Zn} Einheiten erneut das trigonale Strukturmotiv aufgreifen. Auch die Ausbildung einer pseudo-hexagonalen Ebene aus drei Zinkund zwei Palladium-Atomen um ein Palladiumzentrum, wird von Dreiecksflächen beschrieben. Der Metallkern in [(CuCNtBu)4(ZnCp*)4] / [(CuCNtBu)4(ZnCp*)3(ZnCp)] (6a/6b) bildet einen inneren [Cu4] Tetraeder und einen äußeren [Zn4] Tetraeder, resultierend in der Struktur eines tetraedrischen Sterns (Kapitel 4.4). Dieser ist invers aus einer γ-Phase des Messings bekannt. Die Synthese von [Zn2Cp*2CuCp*] (3) hat gezeigt, dass Kupfer und Zink molekulare Bindungen eingehen. Analog zu dem rein zinkhaltigen [Zn3Cp*3]+ (2) und dem gemischtmetallischen [Zn2Cp*2CuCp*] (3), sind die Bauteile des tetraedrischen Sterns in 6a/6b, {Cu3} und {Cu2Zn} Einheiten, die bindene Interaktionen eingehen. 48 3. Zusammenfassung Die Kristallstruktur von [Zn2(GaCp*)6][BAr4F]2 (7[BAr4F]2) zeigt für zwei der GaCp*-Liganden eine verbrückende Position und somit eine trigonale {Zn 2Ga} Einheit, deren geometrische Anordnung im Kristall, vermutlich durch Packungseffekte, die stabilste Struktur zu sein scheint (Kapitel 4.5). In Lösung nehmen dagegen alle Liganden terminale Positionen ein. Mögliche Auswirkungen von Packungseffekten auf die strukturelle Anordnung des intermetalloiden Kations spannen den gedanklichen Bogen zwischen Metallen und metallreichen Molekülen. Ein solcher Packungseffekt wird in [Zn2Ga6(Cp*)2][BAr4F]2 (8[BAr4F]2], dessen Kation ein strukturelles Isomer von Kation 7 darstellt, nicht beobachtet (Kapitel 4.5). Jedoch sind die beiden zentralen Metallatome tetraedrisch koordiniert, sodass auch hier trigonale Flächen zu finden sind, die den strukturellen „roten Faden“ der dargestellten metallreichen Moleküle bilden. 49 3. Zusammenfassung Abbildung 22. Übersicht der dargestellten Verbindungen oder ihrer Kationen: 1 (oben rechts), 2 (oben rechts), 3 (unten links), 4 (unten rechts). 50 3. Zusammenfassung Abbildung 23. Übersicht der dargestellten Verbindungen oder ihrer Kationen: 5 (rechts oben), 6a (rechts oben), 7 (lnks unten), 8 (rechts unten). 51 3. Zusammenfassung Tabelle 5. Auflistung der dargestellten Verbindungen. Verbindung Klassifikation Kapitel [Zn4Cp*3(Et2O)2][BAr4F] (1[BAr4F]) Kationischer, niedervalenter ZinkTrippeldecker-Komplex 4.1 [Zn3Cp*3][BAr4F] (2[BAr4F]) σ-aromatischer Zink-Dreiring, „side-on“ koordiniertes [Zn2Cp*2] 4.2 [Zn2Cp*2CuCp*] (3) σ-aromatischer Cu/Zn-Dreiring, „side-on“ koordiniertes [Zn2Cp*2] 4.2 [Pd(CNtBu)2(ZnCp*)4] (4) Zink-Zink Wechselwirkungen an Palladiumzentren, [Zn2Cp*2] – H2 Analogie 4.3 [Pd(PdPCy3)2(Zn)(µ-Zn2Cp*)(µZnCp*)3] (5) Zink-Zink Wechselwirkungen an Palladiumzentren, [Zn2Cp*2] – H2 Analogie 4.3 [(CuCNtBu)4(ZnCp*)4] / [(CuCNtBu)4(ZnCp*)3(ZnCp)] (6a/6b) Molekulares Messing 4.4 [Zn2(GaCp*)6][BAr4F]2 (7[BAr4F]2) Metalloide Stabilisierung des [Zn2]2+ Kernes, Dispersionswechselwirkungen 4.5 [Zn2Ga6(Cp*)6][BAr4F]2 (8[BAr4F]2) Metalloide Stabilisierung des [Zn2]2+ Kernes, Problematik der Besetzung von Ga/Zn Positionen. 4.5 52 4. Ergebnisse und Diskussion 4. Ergebnisse und Diskussion 4.1 Reaktivität von Bindungsspaltung1 [Zn2Cp*2] – Protolytische Zn-Cp* Die Reaktionsprinzipien, die [Zn2Cp*2] eingeht wurden bereits eingehend in der Einleitung erläutert. Insbesondere die Synthese des ersten kationischen Komplexes, [Zn2(dmap)6]2+ der basenstabilisiert ist und die [Zn2]2+ Einheit enthält, lenkt den Fokus auf die Synthese weiterer kationischer, niedervalenter Zinkkomplexe.64 Protolytische Zn-Cp* Bindungsspaltung wurde nicht nur in der Synthese von [Zn2(dmap)6]2+ demonstriert, sondern auch von Braun et al. für [Zn2Cp*3][BAr4F] berichtet.71 Dieser Trippeldecker-Komplex resultiert aus der Umsetzung von [ZnCp*2] mit dem Brookharts Säure [H(Et2O)2][BAr4F]. In den folgenden Unterkapiteln wird die Synthese und Charakterisierung des niedervalenten Trippeldecker-Komplexes [Zn4Cp*3(Et2O)2][BAr4F] (1), der zwei intakte Zn2-Einheiten aufweist, beschrieben. Verbindung 1 ist somit ein weiteres Beispiel der Verwendung der Pentamethylcyclopentadienyl-Gruppe als reaktive, abspaltbare Schutzgruppe. Die Anwesenheit von [H(Et2O)2][BAr4F] bewirkt eine protolytische Spaltung der Zn-Cp* Bindung, Cp*H wird unter Bildung von 1 eliminiert. 4.1.1 Darstellung von [Cp*3Zn4(Et2O)2][BAr4F] (1[BAr4F]) Die Umsetzung von [H(Et2O)2][BAr4F] mit zwei Equivalenten [Zn2Cp*2] in Fluorbenzol bei -25 °C führt zu der Bildung des neuen kationischen Zink-Trippeldeckerkomplexes [Cp*3Zn4(Et2O)2][BAr4F] (1[BAr4F]) (Schema 15). Fällen des Produktes mit n-Hexan führt zu dem Ausfall von Verbindung 1[BAr4F] als weißer, pulvriger Feststoff in Ausbeuten von ~ 70 %. Farblose Einkristalle von 1[BAr4F] · 2C6H5F werden durch langsames Diffundieren von n-Hexan in die gesättigte Fluorbenzollösung bei -30 °C erhalten. Die isolierten Kristalle von Verbindung 1[BAr4F] sind unter einer Inertgasatmosphäre bei -30 °C für mehrere Wochen stabil, zersetzen sich jedoch innerhalb weniger Stunden bei Raumtemperatur. [Cp*3Zn4(Et2O)2][BAr4F] ist in polaren Lösungsmitteln wie Fluorbenzol und Dichlormethan gut löslich, jedoch auch in Lösung bei Raumtemperatur instabil. Die Zersetzung in Lösung ist durch Metallausfall innerhalb weniger Minuten sichtbar. 1 K. Freitag, H. Banh, G. Chelladurai, C. Gemel, R. W. Seidel, R. A. Fischer, Dalton Trans. 2013, 42, 10540. 53 4. Ergebnisse und Diskussion Schema 15. Darstellung des [Cp*3Zn4(Et2O)2]+ (1) Kations. 4.1.2 Spektroskopische und F [Cp*3Zn4(Et2O)2][BAr4 ] (1[BAr4F]) strukturelle Charakterisierung von Verbindung 1[BAr4F] wurde mittels 1H NMR Spektrometrie, IR Spektroskopie und Liquid Injection Field Desorption Ionization (LIFDI) Massenspektrometrie analytisch charakterisiert. Das 1H NMR Spektrum zeigt die erwarteten Signale für das [BAr4F]- Anion δ = 7.57 25 (s, 4H) and 7.73 (s, 8H) ppm) sowie ein zusätzliches Signal der Cp* Liganden bei der chemischen Verschiebung von δ = 2.06 (s, 45H) ppm. Ebenso ist wie erwartet im 19F NMR Spektrum das Signal der CF3-Gruppen des Anions sichtbar (δ = 62.9 ppm). Die Aufnahme eines 13C NMR Spektrums war aufgrund der raschen Zersetzung von Komplex 1[BAr4F] in Lösung bei Raumtemperatur nicht möglich. Auch ein Tieftemperatur 13C NMR Spektrum konnte nicht erfolgreich aufgenommen werden, da [Cp*3Zn4(Et2O)2][BAr4F] (1[BAr4F]) bei Temperaturen unter -30 °C aus der NMR Lösung auskristallisiert. Die Absorptionsbanden der Cp*-Liganden sind im FTIR Spektrum bei 2955, 2887 und 2844 cm-1 zu sehen, zusätzlich können die C-F Schwingungen des [BAr4F]- Anions bei einer Wellenzahl von 1260 cm-1 ausgemacht werden. Das LIFDI MS Spektrum zeigt Signale bei m/z = 668, was die Abspaltung der zwei koordinierten Diethylethermoleküle zeigt, sowie zwei weitere Signale bei m/z = 603 und 539, die je den Verlust eines Zinkatomes indizieren. Verbindung 1[BAr4F] · 2C6H5F kristallisiert in der monoklinen Raumgruppe P21/C mit vier Molekülen in der Einheitszelle. Während Zn1 und Zn4 jeweils mit einer Haptizität von η5 an die terminalen Cp* Ring gebunden sind, sind Zn2 und Zn3 lediglich im η 3 Bindungsmodus 54 4. Ergebnisse und Diskussion koordiniert. Daraus resultiert eine abgewinkelte geometrische Koordination für das gesamte Molekül (Abbildung 24). Der verbrückende Cp* Ligand sowie terminal an Zn1 gebundene Ring sind je über zwei Seiten fehlgeordnet. Abbildung 24. Molekülstruktur des Kations [Zn4Cp*3(Et2O)2]+ (1) im Kristall 1[BAr4F] ·2C6H5F. Thermische Ellipsoide werden mit 30 % Aufenthaltswahrscheinlichkeit gezeigt. Wasserstoffatome und Fehlordnung der Cp* Ringe sind aus Gründen der Übersichtlichkeit nicht abgebildet. Ausgewählte Bindungslängen (Å) und Winkel (°): Zn1-Zn2 2.310(1), Zn3-Zn4 2.307(1), Zn2-O2 2.204(4), Zn3-O1 2.234(4), Zn2-C31 2.442(3), Zn2-C32 2.256(4), Zn2-C33 2.402(3), Zn3-C33 2.572(3), Zn3-C43 2.316(4), Zn3-C35 2.412(4), Zn1-Cp*centroid 1.935, Zn4-Cp*centroid 1.899; Cp*centroid-Zn1-Zn2 165.86, Cp*centroid-Zn3Zn4 170.92. Kristallographische Daten: a = 14.6497(2) Å, b = 14.8155(2) Å, c = 18.8823(3) Å, α = 75.670(10) °, β = 69.094(2) °, γ = 87.907(10) °, V = 2703.27(10) Å3, Rint = 0.0575, Goof = 1.016, R1 [I>2σ(I)] = 0.0583, wR2 (alle Daten) = 0.1740, CCDC 928866. Die vollständigen Daten, sowie die Packung von 1[BAr4F] in der Elementarzelle sind in Kapitel 6 zu finden. Die Zn-Zn Abstände sind mit Bindungslängen von 2.310(1) Å (Zn1-Zn2) und 2.307(1) Å nahezu identisch und sehr gut mit der für [Zn2Cp*2] (2.305 Å) und vergleichbaren [Zn2R2] Verbindungen wie [Zn2TpMe2] (Tp = tris(3,5-dimethylpyrazolyl)hydridoborate) gefundenen Distanzen vergleichbar.42, 72 Die Zn-Cp*centroid Bindungslängen der terminalen Liganden (Zn1Cp*centroid 1.93 Å, Zn4-Cp*centroid 1.89 Å) sind im Vergleich zur Startverbindung [Zn2Cp*2] (2.04 Å) leicht verkürzt, im Vergleich zu dem bekannten [Cp*3Zn2]+ Trippeldecker (1.828 und 1.830 Å) jedoch geringfügig verlängert.42, 71 Die Zn2-CCp* und Zn3-CCp* Bindungslängen in Verbindung 55 4. Ergebnisse und Diskussion 1 variieren stark zwischen 2.256(3)-2.451(3) Å, hervorgerufen durch die η3 Koordination der Zinkatome an den Cp* Ring. Das gleiche kann für das [Cp*3Zn2]+ Kation von Braun et al. beobachtet werden, indem ein η1 Bindungsmodus zwischen dem verbrückenden Cp* Liganden und den Zinkatomen beobachtet werden kann und die Zn-CCp* Abstände in dem Bereich von 2.049(3)-2.396(3) Å liegen.71 Beide Zn-OEt2 Bindungen (Zn2-O2 2.204(4) Å, Zn3O1 2.234(4) Å) in Komplex 1 sind gegenüber literaturbekannten Zn-OEt2 Bindungslängen, die zwischen 1.997 Å und 2.163 Å liegen, verlängert, was eine schwache Zn-OEt2 Wechselwirkung indiziert.73, 74 Die Zn-Zn-Cp*centroid Winkel zeigen mit Werten von 165.86(4) ° (Zn2-Zn1- Cp*centroid) und 170.92(4) ° (Zn3-Zn4-Cp*centroid) eine signifikante Abweichung von einer linearen Anordnung, was vermutlich auf sterischen Faktoren begründet ist. Vergleichbare Komplexe, die Donor-Liganden an einem der Zinkatome der {ZnZnCp*} Einheit aufweisen zeigen ähnlich gewinkelte Zn-Zn-Cp*centorid Anordnungen. Beispiel hierfür sind [Zn2Cp*(OArMes)(pyr-py)2] (175.6°) oder [Zn2Cp*(μ-OC5Me5)(pyr-py)]2 (167.2°).65 4.1.3 Zusammenfassung Die Zn-Cp* Bindung in [Zn2Cp*2] lässt sich unter protolytischen Reaktionsbedingungen spalten, wobei unter Cp*H Eliminierung der kationische Zink-Trippeldeckerkomplex [Cp*3Zn4(Et2O)2][BAr4F] (1[BAr4F]) gebildet wird, welches die zweite literaturbekannte niedervalente kationische Zinkverbindung ist. Das Ergebnis schließt sich dabei an eine Reihe von Untersuchungen, die die flexiblen Eigenschaften des Cp*-Liganden als reaktive Schutzgruppe, die unter milden Bedingungen entfernt werden kann, herausstellten, an. [Cp*3Zn4(Et2O)2][BAr4F] ist für zukünftige Synthesen von Übergangsmetall- Organozinkverbindungen eine potentielle Quelle des {ZnZnCp*} Fragmentes. Die in Kapitel 4.1 vorgestellten Untersuchungen sind Teil der Publikation „Cp* as Removable Protecting Group: Low Valent Zn(I) Compounds by Reductive Elimination, Protolytic and Oxidative Cleavage of Zn-Cp*“ (K. Freitag, H. Banh, C. Ganesamoorthy, C. Gemel, R. W. Seidel, R. A. Fischer, Dalton Trans. 2013, 42, 10540). Im Rahmen dieser gemeinsamen Publikation wurden im Zuge der Masterarbeit von M. Sc. Hung Banh und dem Postdoc Projekt von Dr. Chelladurai Ganesamoorthy weitere Untersuchungen zu dem Cp* Ligand als labile Schutzgruppe gemacht. Resultat dieser Untersuchungen ist, dass die Zn-Cp* in [Zn2Cp*2] Bindung ebenfalls durch oxidative Entfernung des Cp*-Ringes gebrochen werden kann, wobei der kationische 56 4. Ergebnisse und Diskussion Halbsandwichkomplex [Cp*ZnZn(Et2O)3]+ gebildet wird. Zuletzt etablierten die in der Publikation diskutierten Reaktivitätsstudien einen neuen Zugang zu [Zn 2Cp*2], der in hohen Ausbeuten von ~ 60 % reproduzierbar ist. Die Reaktionen und Ergebnisse der gemeinschaftlichen Veröffentlichung sind in Schema 16 zusammengefasst. Schema 16. Darstellung der niedervalenten Zinkkationen [Cp*3Zn4(Et2O)2]+ (1) und [Cp*ZnZn(Et2O)3]+, sowie neuer Zugang zu dem Zinkdimer [Zn2Cp*2].75 4.2 Die σ-aromatischen Komplexe [Zn3Cp*3][BAr4F] (2) und [Zn2Cp*2CuCp*] (3) 4.2.1 Aromatizität Seit Einführung des Konzepts der Aromatizität von August Kekulé im Jahr 1865 ist dieses, zu einem der am meisten untersuchten, aber auch diskutierten Konzepte geworden.76 Dieses Interesse führt bis heute zu einer Anzahl an über 300 000 Publikationen, die sich mit Aromatizität befassen. Gleich zu Beginn dieses Kapitels ist anzumerken, dass Aromatizität ein virtuelles Charakteristikum ist, das quantitativ nicht direkt messbar ist. Aromatizität wird indirekt auf der Basis von strukturellen, magnetischen, energetischen oder spektroskopischen Kriterien evaluiert. Mit der stetigen Entwicklung quantenchemischer Analysemethoden, spielen auch diese eine zunehmende Rolle für die Charakterisierung aromatischer Systeme. Die indirekten Messverfahren bilden die Grundlage der kontroversen Diskussion, die auf der Wahl von geeigneten Referenzssystemen und widersprüchlichen Ergebnissen unterschiedlicher Verfahren bei denselben Systemen begündet ist. Ursprünglich wurde das Konzept der Aromatizität für konjugierte, zyklische Systeme, die eine außergewöhnliche 57 4. Ergebnisse und Diskussion Stabilität aufweisen, verwendet. Dabei galt die von Erich Hückel aufgestellte Hückel-Regel, dass Systeme mit (4n+2) π-Elektronen aromatisch sind, Systeme mit 4n π-Elektronen hingegen antiaromatische Eigenschaften aufweisen.77 In den letzten Dekaden wurde das Konzept jedoch auf eine hoch diverse Anzahl heterozyklischer Verbindungen erweitert. Für die Beschreibung aromatischer Systeme haben sich vier verschiedene Kriterien herauskristallisiert. Diese sind 1) Strukturelle Kriterien, die die Alteration von Bindungslängen in aromatischen Systemen beschreiben. Einheitliche Bindungslängen einer Verbindung können jedoch nicht als einziges Kriterium für Aromatizität verwendet werden, da Systeme mit gleichen Bindungslängen existieren, die nicht aromatisch sind. Dies ist beispielsweise der Fall in Borazin, welches isoelektronisch zu Benzol ist, ebenfalls sechs π-Elektronen besitzt, diese sind jedoch hauptsächlich an den Stickstoffatomen lokalisiert, woraus eine lediglich sehr schwache Aromatizität resultiert. 2) Energetische Kriterien, die die Resonanzenergien (RE) eines Moleküls und die aromatische Stabilisierungsenergie (ASE) umfassen. Die publizierten energetischen Abschätzungen variieren teilweise stark, je nach Verwendung von Gleichungen und Referenzmolekülen. So sind für Benzol für die RE Werte zwischen -36 und -50 kcal/mol zu finden. 3) Reaktivitäts Kriterien, wie das Eingehen von charakteristischen Reaktionsprinzipien z.B. elektrophile aromatische Substitution, wurden lange Zeit als ein wichtiges Kriterium aromatischer Systeme betrachtet. Die mitterweile große Anzahl an Ausnahmen des Reaktionsverhaltens schwächt die Bedeutung dieses Kriteriums deutlich. 4) Magnetische Kriterien, die experimentell an 1H NMR Verschiebungen gemessen werden können. Durch das Anlegen eines externen Magnetfeldes an ein aromatisches Molekül wird durch die Migration delokalisierter π-Elektronen ein zweites Feld induziert. Dies hat zur Folge, dass Protonen, die außerhalb des aromatischen Ringes lokalisiert sind, entschirmt werden, da beide magnetischen Felder in dieselbe Richtung gerichtet sind. Die Protonen im Inneren des aromatischen Ringes sind dagegen abgeschirmt, da die magnetischen Felder sich hier entgegen wirken. So sind die äußeren Ringprotonen des Annulens Tieffeld-verschoben (δ = 9.28 ppm) wohingegen die abgeschirtmen inneren Ringprotonen Hochfeld-verschoben sind (δ = -2.99 ppm).77-79 Die unpräzise Beschreibung des Aromatizitätskonzept hat das Interesse an einer simplen und effizienten Methode für eine quantitative Definition geweckt. In Folge wurden verschiedene theoretische Techniken entwickelt, zu denen die Berechnung von Ringstromdichte-Karten, die aromatische Ringstromabschirmung (ARCS = aromatic ring current shielding), und die Kern-unabhängige chemische Verschiebung (NICS = nucleus 58 4. Ergebnisse und Diskussion independent chemical shift) oder Berechnung der Resonanzenergie (RE) gehören. Aus allen Methoden hat sich NICS seit dem ersten Bericht von Schleyer et al. 1996 als einfachste und effektivste Probe für Aromatizität ergeben.78, 80, 81 4.2.1.1 NICS Die Entwicklung der NICS Methode ging aus den Ringstromeffekten von Li+ NMR Verschiebungen, sowie dem NMR spektroskopischen Verhalten von verbrückenden Wasserstoffatomen über aromatischen Ringen und innerhalb großer Annulene hervor. Die Idee, die absolute Abschirmung eines virtuellen Kerns zu berechnen, um ein System auf Aromatizität zu testen, entstand. Berechnete NICS Werte sind revers zu familiären NMR Verschiebungskonventionen. Negative NICS Verschiebungen demonstrieren Aromatizität, antiaromatische Systeme weisen positive NICS Verschiebungen auf und eine NICS Verschiebung von 0 wird einem nicht aromatischen System zugewiesen. Typischerweise wird NICS in dem Zentrum eines aromatischen Ringes, an verschiedenen Punkten oberhalb des Ringes, oder als Gitterplot berechnet (Abbildung 25). Die Vorteile dieser Methode sind 1) Es werden keine Referenzsysteme benötigt 2) NICS ist nicht von der Ringgröße abhängig 3) Gute Korrelation mit anderen energetischen oder magnetischen Kriterien und 4) Die quantenchemische Berechnung ist simpel und mit Standardprogrammen durchführbar. Abbildung 25. Links: NICS Werte im und oberhalb des Ringzentrums von Benzol. Die roten Punkte zeigen diatropischen (aromatischen) Charakter, die Größe der Punkte entspricht der Größenordnung der NICS Werte. Rechts: NICS Gitterplot von Benzene (oben) und Cyclobutadien (unten). Rote Punkte zeigen diatropischen (aromatischen), grüne Punkte paratropischen (antiaromatischen) Ringstrom. Nachdruck mit Genehmigung von Z. Chen, C. S. Wannere, C. Corminboeuf, R. Puchta und P. v. R. Schleyer, Chem. Rev. 2005, 105, 3842-3888. Copyright (2005) American Chemical Society. 59 4. Ergebnisse und Diskussion Die Verwendung von NICS Rechnungen zur Bestimmung von Aromatizität sind nicht auf zyklische Systeme beschränkt, sondern werden auch bei der Untersuchung von Übergangsmetallkomplexen, drei-dimensionalen Clustern etc. angewendet. Die Limitierung der Methode liegt besonders darin, dass NICS ein lokaler und kein globaler Index für Aromatizität ist. In polyzyklischen Systemen werden die einzelnen Ringe und nicht die GesamtAromatizität eines Moleküles bestimmt.78, 81 4.2.1.2 σ-Aromatizität σ-Aromatizität wurde erstmals von Michael J. S. Dewar im Jahr 1979 vorausgesagt.82 Diese Aussage resultierte aus Untersuchungen der anormalen energetischen und magnetischen Eigenschaften von Cyclopropan. Das Molekül besitzt eine extreme Ringspannung und reagiert chemisch wie Doppelbindungen in Olefinen. Es geht Interaktionen mit benachbarten Doppelbindungen sowie Cycloadditionen ein und bildet Metallkomplexe. Um den Unterschied der Ringspannung von Cyclopropan und Cyclobutan zu begründen, schlug Dewar eine Erweiterung der Hückel-Regel vor, nach der 4n+2 Gerüstelektronen von σ-Aromatizität stabilisiert werden und im Umkehrschluss 4n Gerüstelektronen σ-antiaromatisch sind.82, 83 Während umfassende Studien zur σ-Aromatizität von Cyclopropan bis heute keine Aufklärung liefern und widersprüchliche Ergebnisse berichtet werden, wurde das Konzept der σAromatizität auf weitere Dreiringe, sowie Systeme mit sp-Hauptgruppen Elementen und sogar d-Block Elementen erweitert, und gilt heute als etabliert und anerkannt.79, 80, 84 In σ- aromatischen Verbindungen tragen lediglich s-Atomorbitale zu den Bindungen bei, die σBindungen bilden und charakteristische aromatische Kriterien werden erfüllen. Beispiel einer solchen Verbindung ist [H3]+, das 4n+2 Gerüstelektronen aufweist. Unter Hinzuziehen von berechneten Ringstromdichte-Karten, die eindeutig einen diatropischen Ringstrom zeigen und somit das magnetische Kriterium für Aromatizität erfüllen, und NICS Berechnungen, die einen stark negativen Wert von NICS(0) = -33.6 ppm ermittlen, kann das [H3]+ Kation als σaromatisch bezeichnet werden. Im Gegensatz dazu, ist die Analyse des schwereren Gruppenhomologes [Li3]+ kontorvers. Elektronenzählen und ein NICS(0) von -11.2 ppm lassen auf σ-Aromatizität schließen, die Berechnung von Ringstromdichte-Karten zeigt jedoch keinen globalen Strom (Abbildung 26), sodass unter dem magnetischen Kriterium σ-Aromatizität nicht bestätigt werden kann.85 60 4. Ergebnisse und Diskussion Abbildung 26. Ringstromdichte-Karten von [H3]+ (links) und [Li3]+ (rechts). Nachdruck mit Genehmigung von R. W. A. Havenith, F. De Proft, P. W. Fowler, P. Geerling, Chem. Phys. Lett. 2005. 407, 391-396. Copyright (2005) Elsevier B. V. 4.2.1.3 Metall-Aromatizität Aromatizität in einem rein metallischen Molekül wurde erstmals von Boldyrev et al. im Jahr 2001 berichtet. Die bimetallischen ionischen Systeme MAl4- (M = Li, Na, Cu) wurden mittels Laser Verdampfung generiert und mit Photoelektronen Spektroskopie und quantenchemischen Analysen charakterisiert. Die stabilste Koordinationsstruktur der MAl4Spezies ist quadratisch pyramidal, wobei die vier Aluminium Atome ein perfektes Quadrat bilden. Daneben existiert ein vollständig planares Isomer, in dem das M+ Kation eine Kante des Aluminium Quadrats verbrückt. Die Analyse der Valenzorbitale zeigt eine doppelte Besetzung des HOMOs, das ein delokalisiertes π-Orbitals ist. Die anderen Orbitale sind bindende σ-artige Orbitale oder freie Elektronenpaare sind. Ebenso weist das Al 42-Anion ein delokalisiertes π HOMO auf. Damit ist die (4n+2) π Elektronen Regel für aromatische Verbindungen erfüllt. Auch die perfekt quadratische Struktur, die auch für Al 42- existiert und die Erhaltung dieser bei Koordination eines Metallkationes, sind Indikatoren für Aromatizität.86 Ausdehnung der Untersuchungen von Al42- haben eine deutlich kompliziertere Beschreibung der Aromatizität der Spezies ergeben. Havenith et al. zeigten in ihren Valenzbindungs-Kalkulationen, dass die Beiträge zweier unabhänger delokalisierter σSysteme, die je der (4n+2) Regel folgen, zur allgemeinen Aromatizität in Al 42- höher sind, als die Beiträge der π-Aromatizität.87 Die berechneten NICS Werte betragen NICS(0) = -35.8 ppm und NICS(1) = -26.7 ppm. Eine von Schleyer et al. entwickelte Methode, für jedes kanonische Molekülorbital individuell NICS zu berechnen, belegt die vorhandene multiple (σ + π) 61 4. Ergebnisse und Diskussion Aromatizität. Die Berechnungen ergeben für die π-Aromatizität einen Beitrag von NICS(0) = -17.8 ppm und für die σ-Aromatizität einen NICS(0) = -11.4 ppm (Abbildung 27).88 Abbildung 27. Kanonische MO NICS(0) Analyse im Ringzentrum von Al42-. Nachdruck mit Genehmigung von Z. Chen, C. Corminboeuf, T. Heine, J. Bohmann und P. v. R. Schleyer, JACS 2003, 125, 13930-13931. Copyright (2003) American Chemical Society. Das erste Beispiel von Metallaromatizität in einem vollständig metallischen System zeigt somit, dass multiple Aromatizität (σ + π) in metallischen Verbindungen zu einer komplexeren aromatischen Beschreibung führt. Den ersten aromatischen organometallchemischen Komplex berichteten Robinson et al im Jahr 1995 mit [(Mes2C6H3)Ga]3, das einen π-aromatischen Dreiring aus drei Gallium-Atomen besitzt.89 Nach dem ersten Bericht des ungewöhnlichen Moleküles vertiefte die Gruppe um Robinson selbst die Untersuchung der Aromatizität desselben und ermittelte negative NICS Werte als Bestätigung der ersten Vermutung, die auf Elektronenzählen und der Anordnung der Gallium-Atome in 60 ° Winkeln begründet war.90, 91 Nur wenig später synthetisierten Power et al. den außergewöhnlichen Komplex K2[Ga4(C6H3-2,6-Trip2)2] [Trip = C6H2-2,4,6-Pri3], in dem die Gallium-Atome in einem nahezu perfekten Quadrat angeordnet sind. Die quantenchemische Analyse der Bindungssituation des Systems zeigt zwei delokalisierte π Elektronen und suggeriert so Aromatizität. Die weitere Betrachtung zeigt außerdem, dass das Ga4 Quadrat nicht genügend Elektronen besitzt, um vier 2z2e Bindungen auszubilden, lediglich 62 4. Ergebnisse und Diskussion acht σ-Elektronen stehen zur Verfügung, die das System als σ-antiaromatisch charakterisieren. In diesem Fall würde jedoch keine nahezu perfekt quadratische Anordnung der GalliumAtome vermutet werden. Das diese trotzdem ausgebildet wird, resultiert aus der Wechselwirkung zweier Gallium-Atome mit den Kohlenstoffatomen der Liganden, die der σAntiaromatizität entgegenwirkt (Abbildung 28). Das ungewöhnliche Molekül von Power et al. ist das erste Beispiel eines Metallclusters, der zugleich π- Aromatizität und σ-Antiaromatizität aufweist, in erster Linie basierend auf Elektronenzählregeln.80, 92 Abbildung 28. Molekülstruktur von K2[Ga4(C6H3-2,6-Trip2]. Nachdruck mit Genehmigung von B. Twamley und P. P. Power, Angew. Chem. Int. Ed., 2000, 39, 3500-3503. Copyright (2000) Wiley-VCH Verlag GmbH, Weinheim. Die Erforschung von zyklischen, aromatischen Organometall-Verbindungen resultierte in weiteren trinuklearen Verbindungen, von denen eine Auswahl in Abbildung 29 gezeigt ist. Nennenswerte Beispiele sind das π-aromatische [{(SAr‘)(Par3)Pd}3]+, das als erstes Edelmetallanalog von [C3H3]+ betrachtet werden kann und [(IPrAu)3]+ als isolobales [H3]+ Analog, zu dem jedoch keine Analyse des aromatischen Charakters durchgeführt wurde. 93, 94 Diesem Fokus schließt sich der Rest dieses Kapitels an, in dem die Synthese und Charakterisierung der σ-aromatischen, zinkhaltigen Dreiringe [Zn3Cp*3][BAr4F] (2) und [Zn2Cp*2CuCp*] (3) beschrieben wird. 63 4. Ergebnisse und Diskussion Abbildung 29. Übersicht literaturbekannter σ- und π-aromatischer Dreiringe. 4.2.2 Darstellung von [Zn3Cp*3][BAr4F] (2[BAr4F]) Werden equimolare Mengen an [Zn2Cp*2], [ZnCp*2] und [H(Et2O)2][BAr4F] in Fluorbenzol bei Raumtemperatur zur Reaktion gebracht, entsteht augenblicklich eine gelbe Reaktionslösung. Nach Rühren dieser Lösung für die Zeit von einer Stunde und langsamer Diffusion von n-Hexan bei -30 °C, bilden sich gelbe, nadelförmige Einkristalle, deren Zusammensetzung, die mittels Einkristall-Röntgenstrukturanalyse bestimmt wurde, [Zn3Cp*3][BAr4F] (2[BAr4F]) entspricht (Schema 17). Die Ausbeute an analytisch reinen Kristallen entspricht ~ 56 %. Als nicht kristallines, analytisch reines Produkt kann Verbindung 2[BAr4F] in Ausbeuten von ~ 80 % als intensiv gelber pulvriger Feststoff durch Zugabe von nHexan aus der Reaktionslösung gefällt werden. Dieser wurde vor der spektroskopischen Charakterisierung mit n-Hexan gewaschen und im Vakuum getrocknet. 64 4. Ergebnisse und Diskussion Schema 17. Darstellung des [Zn3Cp*3]+ (2) Kations. In einer Inertgasatmosphäre bei -30 °C ist Verbidung 2[BAr4F] für mehrere Wochen stabil. Das isolierte Produkt zersetzt sich jedoch sowohl als pulvriger Feststoff, als auch als Einkristall innerhalb eines Tages bei Raumtemperatur. In polaren Lösungsmitteln wie Dichlormethan, Fluorbenzol oder Tetrahydrofuran ist [Zn3Cp*3][BAr4F] löslich. Jedoch erfolgte auf ein Lösen des isolierten Produktes eine sofortige Entfärbung der Lösung, wodurch Instabilität und folgende Zersetzung von 2[BAr4F] in Lösung indiziert wird. Das Verhalten von Verbindung 2[BAr4F] in Lösung wurde mittels 1H NMR Spektrometrie untersucht, die Diskussion der Ergebnisse erfolgt im nächsten Kapitel. 4.2.3 Spektroskopische [Zn3Cp*3][BAr4F] (2[BAr4F]) und strukturelle Charakterisierung von [Zn3Cp*3][BAr4F] (2[BAr4F]) wurde unter Hinzuziehen von 1H NMR Spektrometrie, InfrarotSpektroskopie, Elementar (C,H) Analyse sowie Atom-Absorptionsspektroskopie (AAS) analytisch charakterisiert. Die mittels CH und AAS Analyse bestimmte Elementzusammensetzung weicht nur leicht, aufgrund der thermischen Instabilität von 2[BAr4F], von der berechneten prozentualen Elementzusammensetzung ab (Berechnet für Zn3C65H59.5BF24.5 (%): C: 51.72, H: 3.98, Zn: 12.72; gefunden: C: 49.47, H: 3.93, Zn: 11.03). Das aufgenommene FTIR Spektrum enthält die erwarteten, charakteristischen Banden der Cp* Gruppen (2900 cm-1) sowie des [BAr4F]- Anions (ν(C-F) = 1264 cm-1). Bei dem Abfüllen der NMR Probe in der Glovebox, wurde bei den verfügbaren deuterierten Lösungsmitteln d 8-THF, CD2Cl2 und einer Mischung an C6D6 mit 5 % Fluorbenzol eine Entfärbung der zunächst gelben 65 4. Ergebnisse und Diskussion NMR Lösung in Sekundenschnelle, sowie der Ausfall eines weißen Niederschlages in THF, beobachtet, wodurch eine Zersetzung von 2[BAr4F] in Lösung angenommen werden kann. Das 1H NMR Spektrum, aufgenommen in CD2Cl2 zeigt ein Singulett bei 2.14 ppm, das dem Produkt zugeordnet werden kann, zusätzlich sind die Resonanzen für [Zn2Cp*2], [ZnCp*2] und B(ArF)3Spezies sichtbar, die eine Zersetzung, welche auf Arylgruppen-Transfer von dem [BAr4F]- Anion auf das elektrophile Zn3 Kation basieren, vermuten lässt. Das integrale Verhältnis suggeriert eine sponatne Zersetzung von 60 % der Probe, die mit der Zeit langsamer fortschreitet. Dieser Zersetzungsmechanismus ist nicht vollständig aufgeklärt und verstanden, es kann jedoch spekuliert werden, dass Anionen und Kationen in Lösung von Lösungsmittelmolekülen stabilisiert werden. Verbindung 2[BAr4F] ·0.5 C6H5F kristallisiert in der monoklinen Raumgruppe P21/c mit 8 Molekülen in der Einheitszelle. Daher enthält die asymmetrische Einheit zwei unabhängige Moleküle. Ausgewählte Bindungslängen und –winkel beider Kationen sind in der Unterschrift von Abbildung 30 aufgeführt, im Folgenden werden ausschließlich die Bindungsverhältnisse eines der Kationen diskutiert, da sich diese in beiden nicht signifikant unterscheiden. Die drei Zinkatome sind in einem nahezu perfekt symmetrischen Dreiring angeordnet, in dem die ZnZn Bindungen Längen von 2.430(1) (Zn1-Zn2), 2.463(1) (Zn1-Zn3) und 2.418(1) Å (Zn2-Zn3) aufweisen und die Zink Bindungswinkel 61.06(2) (Zn3-Zn1-Zn2), 59.23(2) (Zn1-Zn2-Zn3) und 59.71(2)° betragen. Die Zn-Zn Bindungslängen sind im Vergleich zu der Ausgangsverbindung [Zn2Cp*2] (2.305(3) Å), vermutlich hervorgerufen durch die Ringspannung, leicht verlängert.42 Ähnliche Effekte werden für Ethan, in dem die C-C Bindung 1.54 Å beträgt und Cyclopropan, mit einer C-C Bindungslänge von 1.51 Å, beobachtet. Die Zn-Cp*centroid Bindungslängen (ø = 1.85 Å) sind dagegen im Vergleich zu [Zn2Cp*2] geringfügig kürzer, aber gut mit anderen Dizink-Spezies vergleichbar.75 66 4. Ergebnisse und Diskussion Abbildung 30. Molekülstruktur des [Zn3Cp*3]+ (2) Kationes in dem Kristall von 2[BAr4F]. Thermische Ellipsoide werden mit 50 % Aufenthaltswahrscheinlichkeit gezeigt. Das [BAr4F]- Anion und Wasserstoffatome sind aus Gründen der Übersichtlichkeit nicht abgebildet. Die asymmetrische Einheit enthält zwei unabhängige Moleküle, zur Verdeutlichung der Kationenstruktur ist lediglich eines abgebildet. Ausgewählte Bindungslängen (Å) und Winkel (°) werden für beide Kationen angegeben: Zn1-Zn2 2.430(1), Zn1-Zn3 2.418(1), Zn2-Zn3 2.463, Zn4-Zn5 2.432(1), Zn4-Zn6 2.432(1), Zn5-Zn6 2.407(1), Zn1-Zn2-Zn3 59.22(1), Zn1-Zn3-Zn2 59.91(1), Zn3-Zn1-Zn2 61.06(1), Zn6-Zn4-Zn5 59.47(1), Zn6-Zn5-Zn4 60.02(2), Zn5-Zn6-Zn4 60.50(2). Kristallographische Daten: a = 21.3975(2) Å, b = 25.5256(2) Å, c = 24.6367(2) Å, α = 90 °, β = 95.055(1) °, γ = 90 °, V = 13403.8(2) Å3, Rint = 0.0233, Goof = 1.050, R1 [I>2σ(I)] = 0.0448, wR2 (alle Daten) = 0.1218, CCDC: 1013576 . Die vollständigen Daten, sowie die Packung von 2 in der Elementarzelle sind in Kapitel 6 zu finden. 4.2.4 Darstellung von [Zn2Cp*2CuCp*] (3) Das ungesättigte CuCp* Fragment kann bei -78 °C durch die Reaktion von CuCl und LiCp* in THF in situ stabilisiert werden. Die Zugabe einer equimolaren Menge an [Zn2Cp*2] führt zu der Bildung eines blassgelben mikrokristallinen Niederschlages. Entfernen des Lösungsmittels in der Kälte und anschließende Rekristallisation aus Toluol bei -30 °C resultiert in gelben, nadelförmigen Einkristallen des Adduktes [Zn2Cp*2CuCp*] (3) (Schema 18) in Ausbeuten von 35 %. 67 4. Ergebnisse und Diskussion Schema 18. Darstellung von [Zn2Cp*2CuCp*] (3). Verbindung 3 ist in polaren Lösungsmitteln wie THF und Toluol löslich, in unpolaren Lösungsmittel wie n-Hexan wird eine schlechte Löslichkeit beobachtet. Gelagert unter einer Inertgasatmosphäre bei -30 °C, ist 3 für mehrere Wochen stabil, zeigt jedoch thermische Instabilität und Zersetzung bei Temperaturen oberhalb von 20 °C innerhalb weniger Minuten. Dahingegen lässt sich in Lösung über die Zeit von 24 Stunden keine Zersetzung von Verbindung 3 beobachten, wodurch [Zn2Cp*2CuCp*] neben IR Spektroskopie, LIFDI Massenspektrometrie, CHN Analyse und AAS mit Hilfe von NMR Spektrometrie analytisch charakterisiert wurde. Aufgrund der Tatsache, dass Kupfer und Zink mittels Einkristall-Röntgenstrukturanalyse nicht unterschieden werden können, da sie als benachbarte Elemente des Periodensystems eine nahezu identische Elektronendichte aufweisen, sind die hinzugezogenen Charakterisierungsmethoden für die Bestimmung der elementaren Zusammensetzung von 3 essentiell. Die Auswertung dieser Ergebnisse wird im Folgenden diskutiert. 4.2.5 Spektroskopische und strukturelle Charakterisierung von [Zn2Cp*2CuCp*] (3) Der mit Atom-Absorptionsspektroskopie bestimmte Kupfer und Zink Gehalt (Cu: 11.22 %, Zn: 21.96 %) entspricht einem Cu/Zn Verhältnis von 2:1. Die gefundenen prozentualen Werte weichen leicht von den berechneten Werten (Cu: 10.59 %, Zn: 21.79 %) ab, was auf die thermische Instabilität von 3 zurückgeführt werden kann. Das 1H NMR Spektrum, aufgenommen bei Raumtemperatur, zeigt entsprechend der Festkörperstruktur von 3 zwei Signale für zwei chemisch nicht equivalente Cp* Gruppen im integralen Verhältnis von 2:1 (δ 68 4. Ergebnisse und Diskussion = 2.07 (30H, ZnC5Me5) und δ = 2.23 (15H, CuC5Me5) ppm) und auch das 13C NMR Spektrum weist das erwartete Set an Signalen auf (δ = 10.91 (s, ZnC5Me5), 12.18 (s, CuC5Me5), 104.65 (s, CuC5Me5), 110.35 (ZnC5Me5) ppm). Der Molekülionenpeak von Verbindung 3 wird im LIFDI Massenspektrum nicht beobachtet, aufgrund der Instabilität von 3 und vermutlichen Gasphasenreaktionen werden jedoch Peaks für das Dimer [Zn2Cp*2CuCuZn2Cp*2] (m/z = 927) und die Fragmente [Zn4Cu3Cp*3] (m/z = 1128), sowie [Zn3CuCp*3] (m/z = 660) detektiert. Damit demonstriert das Massenspektrum, dass in dem System Aggregate möglich sind und unter geeigeneten Reaktionsbedingungen Clusterwachstum denkbar ist. Die Bildung höher nuklearer Komplexe basiert vermutlich auf M-Cp* Bindungsspaltung und anschließender Reaktionen ungesättigter Fragmente. Im FTIR Spektrum sind die charakteristischen Absorptionsbanden der Cp* Gruppen zu finden (2936, 2878 und 2832 cm-1). Verbindung 3 kristallisiert in der triklinen Raumgruppe P-1 mit zwei Molekülen in der Elementarzelle. Die Metallatome in Verbindung 3 sind in einem nahezu perfekten Dreieck angeordnet, das durch Bindungswinkel von 60.34(3) (Zn1-Zn2-Cu1), 59.33(2) (Zn1-Cu1-Zn2) und 60.34(3)° (Zn2-Zn1-Cu1) beschrieben wird (Abbildung 31). Die Zn-Cu Bindungen weisen mit 2.381(1) Å die gleiche Länge auf, wohingegen die Zn1-Zn2 Bindung (2.357(1) Å) im Vergleich leicht verkürzt ist. Die drei Metall-Metall Bindungen sind allesamt gegenüber der ZnZn Bindung in [Zn2Cp*2] (2.305(3)) Å verlängert, jedoch kürzer als die Zn-Zn Bindungen in Verbindung 2 (2.481(1) – 2.463(1) Å) und liegen eindeutig im Bereich kovalenter Wechselwirkungen.42 Gegenüber der Cu-Zn Bindung in [(CuCNtBu)4(ZnCp*)4] (2.498(2) Å) (6a, Kapitel 3.4) sind die Metall-Metall Bindungen in 3 deutlich verkürzt.95 Die M-Cp*centroid (1.88 Å) Bindungen sind kürzer als diejenigen in [Zn2Cp*2] (2.04 Å), aber gut mit den durchschnittlichen in der Literatur berichteten Zn-Cp*centroid (1.83-2.19 Å) und Cu-Cp*centroid (1.82 – 1.96 Å) Bindungen vergleichbar. 69 4. Ergebnisse und Diskussion Abbildung 31. Molekülstruktur von [Zn2Cp*2CuCp*] (3). Thermische Ellipsoide werden mit 50 % Aufenthaltswahrscheinlichkeit gezeigt. Wasserstoffatome sind aus Gründen der Übersichtlichkeit nicht abgebildet. Zn1-Zn2 2.357(1), Zn1-Cu1 2.381(1), Zn2-Cu1 2.381(1), Zn1-Cp*centroid 1.883, Zn2-Cp*centroid 1.884 , Cu1-Cp*centroid 1.893, Zn1-Zn2-Cu1 60.34(3), Zn1-Cu1-Zn2 59.33(2), Zn2-Zn1-Cu1 60.34(3), Cp*centroid-M-M 149.91 (ø). Kristallographische Daten: a = 10.7504(6) Å, b = 10.8001(6) Å, c = 15.0565(10) Å, α = 75.547(6) °, β = 72.00(6) °, γ = 60.399(6) °, V = 1435.68(18) Å3, Rint = 0.0273, Goof = 1.091, R1 [I>2σ(I)] = 0.0416, wR2 (alle Daten) = 0.1092, CCDC: 1013577. Die vollständigen Daten sind in Kapitel 6 zu finden. 4.2.6 Quantenchemische Analyse von [Zn3Cp*3][BAr4F] (2[BAr4F]) und [Zn2Cp*2CuCp*] (3)2 Die quantenchemischen Analysen, die folgend diskutiert werden, wurden von der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. G. Frenking, Philipps-Universität Marburg, im Besonderen von Dr. P. Jerabek durchgeführt. Dies erfolgte im Rahmen einer gemeinschaftlichen Publikation mit dem Arbeitstitel „Embryonic Brass: The σ-aromatic Clusters [Zn3]+ und [Zn2Cu]“, Manuskript in Vorbereitung. Die quantenchemischen Daten, sowie Abbildungen wurden mit Genehmigung von Prof. Dr. G. Frenking verwendet. Die geometrische Struktur des [Zn3Cp*3]+ (2) Kations und des isoelektronischen Homologs [Zn2Cp*2CuCp*] (3) wurden unter Verwendung eines meta-GGA funktionellem M06-L, welches Dispersionswechselwirkungen 2 Der nachfolgende Abschnitt zitiert/paraphrasiert die entsprechenden Stellen in der Dissertation des Kooperationspartners Paul Jerabek (Philipps-Universität Marburg, 2014) und in K. Freitag, C. Gemel, P. Jerabek, I. Oppel, R. W. Seidel, G. Frenking, H. Banh, K. Dilchert, R. A. Fischer, Angew. Chem. 2015, DOI: 10.1002/anie.201410737R1 und 10.1002/ange.201410737R1. Die hier wiedergegebenen Ausführungen sind für die zusammenfassende Darstellung des Projektes in dieser Dissertation erforderlich. 70 4. Ergebnisse und Diskussion berückstigt, mit TZVPP Basissätzen optimiert. Zusätzlich wurden die Bindungseigenschaften mit EDA analysiert. Tabelle 6 zeigt den Vergleich von experimentellen und berechneten Bindungslängen. Die Betrachtung zeigt, dass eine gute Übereinstimmung für [Zn 3Cp*3]+ (2) erzielt wird, die berechneten Zn-Zn Bindungsabstände sind lediglich leicht, im Vergleich zu den experimentellen Werten, verlängert. Tabelle 6. Vergleich der experimentellen und berechneten Bindungslängen und –winkel in 2 und 3. Bindung / Winkel Experimenteller Wert Berechneter Wert (XRD) + [Zn3Cp*3] (2) Zn1-Zn2 2.430(1) Å 2.465 Å Zn1-Zn3 2.418(1) Å 2.465 Å Zn2-Zn3 2.463(1) Å 2.465 Å Zn1-Zn2-Zn3 59.22(1) ° 60 ° Zn1-Zn3-Zn2 59.91(1) ° 60 ° Zn3-Zn1-Zn2 61.60(1) ° 60 ° Zn1-Zn2 2.357(1) Å 2.531 Å Zn1-Cu1 2.381(1) Å 2.355 Å Zn2-Cu1 2.381(1) Å 2.355 Å Zn1-Zn2-Cu1 60.34(3) ° 57.2 ° Zn1-Cu1-Zn2 59.33(2) ° 65.0 ° Zn2-Zn1-Cu1 60.34(3) ° 57.2 ° [Zn2Cp*2CuCp*] (3) Im Gegensatz dazu werden größere Unterschiede zwischen experimentellen und berechneten Werten für die Bindungslängen und –winkel in [Zn2Cp*2CuCp*] (3) beobachtet. Auch die Wiederholung der Kalkulationen mit Einbezug von Dispersionskräften zeigt keine bessere Übereinstimmung mit den experimentellen Daten. Die experimentellen Werte der Zn-Cu Bindungen (2.381(1) Å) liegen in dem selbern bereich, wie die berechneten Bindungen (2.355 V). Während die experimentellen der Zn-Zn Bindung (2.357(1) Å) ebenfalls in diesem Bereich liegt, ist die berechnete Zn-Zn Bindung mit 2.531 Å stark verlängert. Alle Variationen der theoretischen Methoden zeigen den Trend d(Zn-Zn) > d(Zn-Cu). Die Optimierung der geometrischen Struktur mit eingefrorener Zn-Zn Bindungslänge bei 2.357 Å ergibt Cu-Zn 71 4. Ergebnisse und Diskussion Bindungen von 2.327/2.323 Å, die noch immer kürzer als die Zn-Zn Bindungslänge sind. Ist ist anzumerken, dass letztere Struktur nur 0.7 kcal/mol höher in Energie ist, als das vollständig optimierte Molekül. Basierend auf diesen Ergebnissen wird suggeriert, dass der signifikant verlängerte Zn-Zn Abstand der optimierten [Zn2CuCp*3] indikativ für eine „side-on“ gebundene σ(Zn-Zn) Einheit ist, die Elektronendichte zu dem elektronen-defizienten [CuCp*] Fragment doniert. Verbindung 3 kann somit auch als Komplex mit der Formel [Cp*Cu(η2Cp*Zn-ZnCp*)] beschrieben werden. Die Eigenschaften der Metall-Metall Bindungen in 2 und 3 wurden mittels Energy Decomposition Analyses (EDA) untersucht. Die intrinsische Bindungsinteraktion zwischen [Zn2Cp*2] und dem [ZnCp*]+ Fragment ist mit ∆Eint = -83.2 kcal/mol relativ stark (Tabelle 7). Der größte Anteil der Orbitalwechselwirkungen (∆Eorb = -59.1 kcal/mol) ist die σ-Donierung [Zn2Cp*2] [ZnCp*]+ in das formal leere 4s Valenzorbital des Zinks. Die Bindungssituation in [Zn2Cp*2CuCp*] ist eine etwas Andere. Die intrinsische Bindungsinteraktion ∆Eint = -54.9 kcal/mol ist etwas schwächer im Vergleich zu Kation 2, möglicherweise, da das Akzeptor Fragment in 2 ein Kation ist, in 3 hingegen eine neutrale Spezies. Dies erklärt ebenso das Vorhandensein von zwei Orbitalwechselwirkungen in [Zn2Cp*2CuCp*] (3). Die σ-Donierung [Zn2Cp*2] → [CuCp*] (-21.8 kcal/mol) ist lediglich etwas stärker als die [Zn2Cp*2] ← [CuCp*] π-Rückbindung (-16.5 kcal/mol). Abbildung 32 demonstriert den Ladungsfluss der Orbitalwechselwirkungen in 2 und 3. Tabelle 7. EDA-NOCV Rechnungen für das [Zn3Cp*3]+ (2) Kation und [Zn2Cp*2CuCp*] (3) auf dem BP86/TZ2P+/M06-L/TZVPP Level. Die wechselwirkenden Fragmente sind [ZnCp*]+ und [Zn2Cp*2] in 2 und [CuCp*] und [Zn2Cp*2] in 3. Die Energiewerte sind in kcal/mol angegeben. [Zn3Cp*3]+ (2) [Zn2Cp*2CuCp*] (3) ∆Eint -83.2 -54.9 ∆EPauli 81.6 99.6 ∆Eelstat -74.0 (44.9 %) -105.4 (68.3 %) ∆Eorb -90.8 (55.1 %) -49.0 (31.8 %) ∆Eorb, σ -59.1 (61.1 %) -21.8 (44.5 %) ∆Eorb, π ║ -7.9 (8.7 %) -16.5 (33.7 %) ∆Eorb, π -3.2 (3.5 %) -2.7 (5.5 %) ∆Eorb, rest -20.6 (22.7 %) -15.4 (31.3 %) 72 4. Ergebnisse und Diskussion (a) ∆E = -59.1 kcal/mol (b) ∆E = -21.8 kcal/mol (c) ∆E = -16.5 kcal/mol Abbildung 32. Deformationsdichten δρ die mit den paarweisen Orbitalwechselwirkungen in 2 und 3 assoziiert sind. (a) [Zn2Cp*2] → [ZnCp*]+ σ-Donierung. (b) [Zn2Cp*2] → [CuCp*] σ-Donierung. (c) [Zn2Cp*2] ← [CuCp*] π-Rückbindung. Die Richtung des Ladungsflusses ist rot → blau. Die Bindungssituation der Metall-Metall Bindungen in den Dreiringen [Zn3Cp*3]+ (2) und [Zn2Cp*2CuCp*] (3), welche lediglich zwei Elektronen für die Bindungen innerhalb der Ebene besitzen, ist in Bezug auf die kontroverse Diskussion der σ-Aromatizität in [Li3]+ von Interesse. Die Bindung in [Li3]+ kann mit den Metall-Metallbindungen in den Verbindungen 2 und 3 verglichen werden, wenn die Effekte der gefüllten d-Schale und die M-Cp* Bindungen vernachlässigt werden. Die berechneten NICS(0) Werte von [Zn3Cp*3]+ (2) und [Zn2Cp*2CuCp*] (3), im Zentrum des Ringes auf M06-L/TZVPP Level berechnet, sind mit -38.0 ppm für 2 und -42.3 ppm für 3 stark negativ und im Vergleich zu [Li3]+ (-11.2 ppm). 4.2.7 Analogie von H2 und [Zn2Cp*2] Die konzeptionelle Analogie von ZnR Fragmenten und dem Wasserstoffradikal, in Bezug auf ihre Koordination an Übergangsmetallzentren, wurde in der Vergangenheit demonstriert. [Zn2Cp*2], das isolobal zu H2 ist, koordiniert an ungesättigte Metallfragmente [LnM] und bildet Komplexe des Typs [LnM(ZnCp*)2].70, 96, 97 Dieses Reaktionsprinzip ist von H2, das oxidativ an Metallkomplexe addiert und so Dihydridkomplexe des Ryps [LnM(H)2] bildet, bekannt. Zum anderen ist seit den umfassenden Studien von Kubas bekannt, dass unter bestimmten Reaktionsbedingungen Diwasserstoffkomplexe gebildet werden, in denen H2 unter Erhalt der 73 4. Ergebnisse und Diskussion H-H Bindung an ungesättigte Metallfragmente koordiniert. Das Pionierbeispiel solcher Komplexe ist [M(CO)3(PR3)2(H2)] (M = Mo, W; R = Cy, Pri).98-100 Die Synthese von [Zn3Cp*3][BAr4F] (2[BAr4F]) und [Zn2Cp*2(CuCp*)] (3) demonstrieren erstmals das analoge Reaktionsverhalten von [Zn2Cp*2], das an die Fragmente [ZnCp*]+ und CuCp* addiert, wobei die Zn-Zn Bindung intakt erhalten bleibt. Die Analogie von H2 und [Zn2Cp*2] wird in Abbildung 33 verdeutlicht. Abbildung 33. Analogie von H2 und [Zn2Cp*2]. 4.2.8 Zusammenfassung Die Addition von [Zn2Cp*2] an die ungesättigten Fragmente ZnCp* und CuCp resultiert in der Darstellung zweier Dreiringe, die Metallanaloga von [H3]+ repräsentieren. Die Bildung von 2 und 3 kann mit der Formation von Diwasserstoffkomplexen [LnM(H2)] verglichen werden, in denen H2 an ungesättigte Metallzentren koodiniert. Breite Studien dieser Spezies zeigen, dass essentielle Kriterien der Stabilisierung solcher Komplexe positiv geladene Metallzentren, weniger elektronen-reiche Metalle der ersten und zweiten Reihe, sowie eine Ausgeglichenheit zwischen σ-Hinbindung und πRückbindung sind. Die Synthese von 2 und 3 demonstriert die Übertragbarkeit auf „side-on“ koordinierte [Zn2Cp*2] Komplexe, da für beide Verbindung mindestens zwei der Kriterien erfüllt werden. 74 4. Ergebnisse und Diskussion 4.3 Zink-Zink Wechselwirkungen an Palladium-Zentren Carmonas Reagenz [Zn2Cp*2] besitzt eine vielfältige Koordinationschemie an Übergangsmetallzentren, die in den letzten Jahren zunehmend erforscht und berichtet wurde.61 Oftmals wurde in der Synthese neuer zinkreicher Moleküle auf ein einheitliches Reaktionsschema zurückgegriffen, der Reaktion zwischen [Zn2Cp*2] und elektronisch gesättigten 18 Valenzelektronen-Übergangsmetallstartverbindungen, in denen die Liganden labil an das Metallzentrum koordiniert sind und unter milden Bedingungen abgespalten werden können.96 Die homolytische Spaltung der Zn-Zn Bindung generiert in diesem Reaktionsverlauf zwei ·ZnCp* Fragmente, worauf in Ligandenaustauschprozessen eine Koordination dieser Fragmente an das jeweilige Metallzentrum erfolgt. So resultiert beispielsweise die Umsetzung von [Pd(tmeda)Me2] (tmeda = N, N, N‘, N‘ – Tetramethylethylendiamin) mit [Zn2Cp*2] in konkurrierenden Reaktionsmechanismen in dem Produktgemisch [Pd(ZnMe)2(ZnCp*4){Zn(tmeda)}], [Cp*Pd(ZnCp*)3] und [Pd(ZnMe)4(ZnCp*)4]. Die Bildung dieser indiziert mechanistische Komplexitäten, die jedoch für alle gebildeten Produkte auf einem initialen Zn-Zn Bindungsbruch, sowie Transfer der Ligandengruppen (Cp*, Me, tmeda) beruhen.70 Die in Kapitel 4.2 dargelegten und diskutierten Ergebnisse demonstrieren dagegen einen bisher unbekannten Koordinationsmodus von [Zn2Cp*2]. Unter Erhaltung der kovalenten Zn-Zn Wechselwirkung koordiniert es an die koordinativ und elektronisch ungesättigten ZnCp* und CuCp* Fragmente. Die zinkhaltingen Dreiringe [Zn3Cp*3]+ (2) und [Zn2Cp*2CuCp*] (3) werden isoliert. Beide Dreiringe erfüllen zumindest je zwei der essentiellen Kriterien, für H2-Komplexe.98, 99 Die Ausdehnung dieses Reaktionsschemas auf weitere Übergangsmetallkomplexe, deren zentrale Metallatome koordinativ und elektronisch ungesättigt sind, verspricht ein vielfältiges synthetisches Potential und wurde daher im Rahmen dieser Arbeit untersucht. Die Reaktivität von [Zn2Cp*2] mit [{Pd(CNtBu)2}3] und [Pd(PCy3)2] resultierenden Ergebnisse wird nachfolgend erläutert und diskutiert. 4.3.1 Darstellung von [Pd(CNtBu)2(ZnCp*)4] (4) Die Reaktion von [{Pd(CNtBu)2}3] und [Zn2Cp*2] führt in n-Hexan bei Raumtemperatur bereits nach 10 Minuten zu der Bildung eines orangen, mikrokristallinen Niederschlages, 75 4. Ergebnisse und Diskussion welcher nach einer Stunde via Kanule isoliert wird. Nach Umkristallisation in Toluol bei -30 °C bilden sich gelbe, kubische Einkristalle, deren Zusammensetzung mittels EinkristallRöntgenstrukturanalyse als [Pd(CNtBu)2(ZnCp*)4] (4) bestimmt wurde (Schema 19). Schema 19. Darstellung von [Pd(CNtBu)2(ZnCp*)4] (4). Verbindung 4 ist in gängigen polaren Lösungsmitteln wie Benzol oder Toluol gut löslich und in einer Inertgasatmosphäre bei -30 °C für mehrere Wochen stabil. Auch bei Raumtemperatur sind bei dem isolierten Material und in Lösung innerhalb eines Tages keine Spuren von Zersetzung erkennbar. 4.3.2 Spektroskopische [Pd(CNtBu)2(ZnCp*)4] (4) und strukturelle Charakterisierung von Die prozentuale Elementzusammensetzung von 4 wurde mittels CHN und AAS Analyse bestimmt und stimmt gut mit den berechneten Werten überein. Das 1H NMR Spektrum weist die erwarteten Signale der Methylgruppen des tert-butylisonitril-Liganden (δ = 1.18, s, 18H) sowie zwei Signale für die chemisch nicht equivalenten Cp* Gruppen (δ = 2.10, s, 30H; δ = 2.27, s, 30H) auf. Ebenso treten im 13C NMR Spektrum die Signale aller Liganden bei den erwarteten chemischen Verschiebungen auf. Die C-N und C≡N Schwingungen rufen Absorptionsbanden im FTIR Spektrum hervor, die bei Wellenzahlen von 1188 und 1092 cm-1 auftreten. Zusätzlich sind die charakteristischen Banden der C-H Valenzschwingungen der Cp* Gruppen sichtbar (2950, 2878, 2832 cm-1). Verbindung 4 kristallisiert in der orthorhombischen Raumgruppe Pbca mit vier Molekülen in der Elementarzelle und zwei unabhängigen Molekülen in der asymmetrischen Einheit. Ausgewählten Bindungslängen und –winkel werden im Verlauf dieses Kapitels für lediglich ein Molekül diskutiert, da keine signifikanten Abweichungen beider Moleküle beobachtet werden. Die sechs Liganden sind in einer stark 76 4. Ergebnisse und Diskussion verzerrten oktaedrischen Koordination um das Palladiumzentrum angeordnet (Abbildung 34 und Abbildung 35). Abbildung 34. Verzerrt oktaedrischer Koordinationspolyeder in 4. Die Palladium-Zink Bindungen liegen in dem engen Längenbereich von 2.428(1) - 2.484(1) Å und entsprechen literaturbekannten Werten für Pd-Zn Bindungen, z.B. wie denen in [Pd(ZnMe)4(ZnCp*)4] vergleichbar.54 Ebenso weisen die Pd-CNtBu Bindungen (2.019(1) und 2.034(1) Å) Abstände in dem erwarteten Bereich auf.55 Erstaunlicherweise befinden sich je zwei der vier Zinkatome in einem vergleichsweise kurzen Abstand zueinander, mit Bindungslängen von 2.595(2) (Zn1-Zn2) und 2.609(2) Å (Zn3-Zn4). Die Zn-Zn Bindungen in 4 sind damit 13 % länger als die Zn-Zn Bindung in [Zn2Cp*2] (2.395(3) Å) und lediglich um 7 % gegenüber den Zn-Zn Bindungen in [Zn3Cp*3][BAr4F] (3[BAr4F]) verlängert, deren kovalenter Bindungscharakter durch DFT Rechnungen belegt wurde. Im Vergleich zu metallischem Zink (2.644-2.912 Å) sind die Zn-Zn Abstände in 4 leicht verkürzt, wodurch ZnZn Wechselwirkungen für Komplex 4 suggeriert werden. Zudem sind die Zn-Zn Bindungslängen in Verbindung 4 um 5 % kürzer, als der kürzeste Zn-Zn Abstand in [Ni(ZnMe)4(ZnCp*)4] zu dessen Stabilisierung schwache tangentiale Kontake der Zinkhülle beitragen, die durch DFT Kalkulationen bestimmt wurden.54 Die Abstände nicht bindender Zn···Zn Wechselwirkungen sind dagegen größer als 3 Å, beispielsweise in [Cp*Pt(ZnCp*)3] (3.099(3) – 3.14(3) Å).96 Die Vermutung zweier signifikanter Zink-Zink Wechselwirkungen in [Pd(CNtBu)2(ZnCp*)4] (4) wird durch einige auffällige Bindungswinkel weiter gestützt. Die Pd-Zn-Cp*centroid Winkel (144.22 – 150.17 °) weichen stark von einer linearen Anordnung ab, vermutlich hervorgerufen durch die Annäherung zweier Zinkpärchen (Zn1/Zn2, Zn3/Zn4). Daraus resultierende sterische 77 4. Ergebnisse und Diskussion Abstoßung der Cp* Ringe, bedingt die Abweichung von der η5-Koordination: η2 (Zn2), η3 (Zn1, Zn3) und η4 (Zn4). Ein weiteres Indiz für ZnZn Wechselwirkungen sind die Zn-Pd-Zn Bindungswinkel, die allesamt stark von einem perfekten Oktaederwinkel von 90 ° abweichen. Insbesondere für die Winkel Pd / Zn1 / Zn2 (63.76(3), 59.19(3) und 55.05(3) °) und Pd / Zn3 / Zn4 (64.24(3), 57.37(3) und 58.40(3) °), liegt eher ein Vergleich mit den Winkeln eines perfekten Dreiecks (60 °), als der Vergleich mit den Bindungswinkeln in einem Oktaeder nah. So ist mit den Einheiten {Zn1 / Zn2 / Pd} und {Zn3 / Zn4 / Pd} also das aus den zinkhaltigen Dreiringen 2 und 3, die kovalente Zn-Zn Wechselwirkungen enthalten, bekannte Strukturmotiv in Komplex 4 wiederzufinden. Auf die anderen {Zn2Pd} Einheiten trifft die Beschreibung mit Winkeln von 78.90(3) (Zn2-Pd-Zn3) und 99.37(3) ° (Zn1-Pd-Zn3) nicht zu. Abbildung 35. Molekülstruktur von [Pd(CNtBu)2(ZnCp*)4] (4). Thermische Ellipsoide werden mit 50 % Aufenthaltswahrscheinlichkeit gezeigt. Wasserstoffatome sind aus Gründen der Übersichtlichkeit nicht abgebildet. Ausgewählte Bindungslängen (Å) und Winkel (°):Pd-Zn1 2.484(1), Pd-Zn2 2.428(1), Pd-Zn3 2.439(1), Pd-Zn4 2.468(1), Zn1-Zn2 2.595(2), Zn3-Zn4 2.609(2), Pd-C 2.019(1) and 2.034(1), Zn1-PdZn2 63.76(3), Zn3-Pd-Zn4 64.24(3), Pd-Zn1-Cp*centroid 147.28, Pd-Zn2-Cp*centroid 144.63, Pd-Zn3Cp*centroid 144.22, Pd-Zn4-Cp*centroid 150.17, N-C-Pd 172.9(7) and 174.0(7)°. Kristallographische Daten: a = 25.6662(6)Å, b = 25.5792(6) Å, c = 35.0005(8) Å, α = 90 °, β = 90 °, γ = 90 °, V = 2298.10(9) Å3, Rint = 0.1063, Goof = 1.084, R1 [I>2σ(I)] = 0.0371, wR2 (alle Daten) = 0.1054. Die vollständigen Daten sind in Kapitel 6 zu finden. 78 4. Ergebnisse und Diskussion 4.3.3 Darstellung von [Pd(PdPCy3)2(Zn)(µ-Zn2Cp*)(µ-ZnCp*)3] (5) (Cy = cyclohexyl) Die Reaktion des koordinativ ungesättigten [Pd(PCy3)2] mit einer doppelten molaren Menge an [Zn2Cp*2] in Toluol führt zu der sofortigen Bildung einer roten Lösung. Diese wurde für die Dauer von einer Stunde auf 80 °C erhitzt, anschließend konzentriert und bei -30 °C gelagert. Dunkelrot bis schwarze, kubische Einkristalle wuchsen nach zwei Tagen aus der gesättigten Toluollösung (Schema 20). Schema 20. Darstellung von [Pd(PdPCy3)2(Zn)(µ-Zn2Cp*)(µ-ZnCp*)3] (5). Verbindung 5 ist in gängigen polaren Lösungsmitteln wie Benzol und Toluol gut löslich. Die isolierten Kristalle sind in einer Inertgasatmosphäre bei Raumtemperatur für 24 Stunden stabil, bei -30 °C erfolgt auch nach wenigen Wochen keine Zersetzung. 4.3.4 Spektroskopische und strukturelle [Pd(PdPCy3)2(Zn)(µ-Zn2Cp*)(µ-ZnCp*)3] (5) Charakterisierung von Die Elementzusammensetzung von Verbindung 5 wurde anhand von CN und AAS Analysen bestimmt, die gemessenen prozentualen Anteile von C, H, Pd und Zn stimmen gut mit den berechneten Werten des Solvats 5·C7H8 ein. Die NMR Spektren (1H, 13C und 31P ) von 5 resultiert in Spektren, zeigen die Resonanzen für alle Liganden im erwarteten chemischen Verschiebungsbereich. So ist im 31P NMR Spektrum ein Signal für die PCy3-Liganden bei δ = 52.26 ppm zu erkennen, das 1H NMR Spektrum zeigt ein Dublett (δ = 2.30) korrespondierend zu den Protonen der Cp*-Gruppen, sowie ein Multiplett (δ = 1.72) hervorgerufen durch die Tricyclohexylphosphin-Liganden. Auch die Auswertung des 13C NMRs führt zu dem erwarteten Set an Signalen (δ = 115.25 (s, C5Me5), 111.01 (s, C5Me5), 34.44 (PCy3), 32.14 (PCy3), 28.22 (PCy3), 27.20 (PCy3), 13.13 (C5Me5), 12.45 (C5Me5) ppm). Die Absorptionsbanden der Cp*79 4. Ergebnisse und Diskussion Gruppen (ν = 2898 und 2827 cm-1) sowie die P-Cyclohexyl Schwingung (ν = 1433 cm-1) sind im FTIR Spektrum zu erkennen. Verbindung 5 kristallisiert in der triklinen Raumgruppe P-1. Der Metallatomkern des Komplexes wird von einer [Pd3Zn6] Einheit gebildet, wobei Pd3 das Zentralatom des oligonuklearen Clusters ist (Abbildung 36 und Abbildung 38). Drei Zinkatome (Zn1, Zn2, Zn3) gehören zu ZnCp*-Liganden, zwei weitere Zinkatome (Zn4, Zn5) bilden eine {Zn2Cp*} Einheit, in der der Cp* Ring über zwei Seiten fehlgeordnet ist und dadurch sowohl an Zn4 als auch an Zn5 bindet. Dahingegen liegt Zn6 als „nacktes“, ligandenfreies Zinkatom vor. Das Zentralatom Pd3 sitzt im Zentrum eines aus abwechselnd drei Zink- und zwei Palladiumatomen bestehenden pseudo-Hexagons, in dem eine der Ecken unbesetzt bleibt. Diese Koordinationslücke beruht vermutlich auf sterischer Abschirmung dieser Position. Während das „nackte“ Zn6 zwischen zwei PdPCy3 Einheiten koordiniert ist, befindet sich die nicht besetzte Position des pseudo-Hexagons zwischen zwei ZnCp* Einheiten, die das zentrale Palladiumatom aufgrund ihres sterischen Anspruches nahezu vollständig abschirmen und so wohl eine Besetzung der sechsten Ecke verhindern. Werden die drei Palladiumatome in eine Ebende gelegt, liegen Zn1, Zn3 und Zn6 nahezu in derselben Ebene. Die Abweichungen betragen: Zn1 0.186 Å, Zn3 0.336 Å und Zn6 0.093 Å. Die Bindungswinkel weichen jedoch stark von den idealen Winkeln eines Hexagons ab, in dem die äußeren 120 ° und die inneren Winkel 60 ° messen würden. Aus der beschriebenen Anordnung der sechs Metallatome ergeben sich für die Liganden (Zn1)Cp* und (Zn3)Cp* zweifach-palladiumverbrückende Positionen, wohingegen Zn6 alle drei Palladiumatome verbrückt. (Zn2)Cp* liegt oberhalb der pseudohexagonalen Ebene und besetzt ebenfalls eine verbrückende Position, ebenso wie Zn4 und Zn5, die an dieselbe Cp*-Gruppe gebunden sind und unterhalb der aufgespannten [Pd 3Zn3] Ebene liegen. 80 4. Ergebnisse und Diskussion Abbildung 36. [Pd3Zn6] Metallkern in [Pd(PdPCy3)2(Zn)(µ-Zn2Cp*)(µ-ZnCp*)3] (5) in zwei verschiedenen Projektionen. Drei Zinkatome (Zn3, Zn6, Zn1) sowie zwei Palladiumatome (Pd2, Pd1) bilden eine „hexagonale“ Ebene um das zentrale Palladiumatom (Pd3), wobei die Position zwischen Zn1 und Zn3 unbesetzt bleibt. Die verbleibenden Zinkatome (Zn2, Zn4, Zn5) liegen unter- und oberhalb der Ebene und besetzen palladiumverbrückende Positionen. Die Palladium-Palladium Bindungen weisen Längen von 2.723(1) und 2.669(1) Å auf und liegen somit im Bereich literaturbekannter Pd-Pd Abstände wie in [Pd2(µ-GaCp*)3GaCp*)2] (2.609(1) Å oder [Pd2Zn6Ga2(Cp*)5Me3] (2.668 Å), in denen Pd-Pd Bindungspfade vorliegen (DFT Kalk.).101, 102 Die Pd-Zn Abstände von 2.471(1) – 2.563(1) Å sind im Gegensatz zu terminal an Palladiumzentren gebundenen ZnR-Gruppen (R = Me, Cp*) leicht verlängert, entsprechen aber mit Pd-Zn Bindungslängen verbrückender ZnR-Liganden, beispielsweise in [Pd2(ZnCp*)(µZnMe)3(PMe3)5] (2.435(1) – 2.580(1) Å).56 Die Pd-P Bindungen sind mit 2.307(1) und 2.309(1) Å im typischen Bereich (2.27 Å). Für die Zink-Zink Abstände finden sich größere Werte als 2.9 Å. Signifikante Zn···Zn Wechselwirkungen sind nicht zu vermuten. Lediglich die {Zn2Cp*} Einheit, die aus Zn4 und Zn5 sowie der zugehörigen Cp*-Gruppe besteht, bildet eine Ausnahme. Abbildung 37. Schematische Darstellung der {Zn4Zn5Cp*} Einheit. 81 4. Ergebnisse und Diskussion Mit einem Bindungsabstand von 2.729(1) ist die Zn4-Zn5 Distanz gegenüber allen anderen ZnZn Abständen deutlich verkürzt. Damit werden keine kurzen Zn-Zn Distanzen auf Niveau von Verbindung 4 (2.595(2) und 2.609(2) Å) erreicht, dennoch ermöglicht die Annäherung von Zn4 und Zn5 in Komplex 5 es einem der Cp* Ringe über eine zweiseitige Fehlordnung sowohl an Zn4, als auch an Zn5 zu binden. Dabei ist die stärker besetzte Cp* Position an η1 an Zn4 gebunden und weist den kürzeren Bindungsabtsand auf (2.178(5) Å), die niedriger besetzte Position der Cp* Gruppe koordiniert η1 an Zn5 (2.265(2) Å). Damit liegt in der {Zn2Cp*} Einheit ein Grenzfall zwischen den Zn(I)Cp* Liganden für Zn1-Zn3 und Zn6 vor. Abbildung 38. Links: Molekülstruktur von [Pd(PdPCy3)2(Zn)(µ-Zn2Cp*)(µ-ZnCp*)3] (5). Thermische Ellipsoide werden mit 50 % Aufenthaltswahrscheinlichkeit gezeigt. Wasserstoffatome sind aus Gründen der Übersichtlichkeit nicht abgebildet. Die Fehlordnung des an Zn4 und Zn5 gebundenen Cp* Ringes wird in Form eines transparenten niedriger besetzten Parts gezeigt. Ausgewählte Bindungslängen (Å) und Winkel (°):Pd1-Pd3 2.723(1), Pd2-Pd3 2.669(1), Pd1-Zn1 2.551(1), Pd3-Zn1 2.563(1), Pd3-Zn2 2.555(1), Pd2-Zn2 2.628(1), Pd2-Zn3 2.531(1), Pd3-Zn3 2.555(1), Pd3-Zn4 2.457(1), Pd1-Zn4 2.471(1), Pd2-Zn5 2.498(1), Pd3-Zn5 2.478(1), Pd1-Zn6 2.512(1), Pd2-Zn6 2.504(1), Pd3-Zn6 2.494(1), Pd1-P1 2.309(1), Pd2-P2 2.307(1), Zn4-Zn5 2.729(1), Pd1-Pd2-Pd3 115.22(2). Kristallographische Daten: a = 12.2816(3) Å, b = 13.0205(4) Å, c = 29.8246(8) Å, α = 100.247(2) °, β = 97.965(2) °, γ = 90.646(2) °, V = 4644.8(2) Å3, Rint = 0.0436, Goof = 1.013, R1 [I>2σ(I)] = 0.0349, wR2 (alle Daten) = 0.1063. Die vollständigen Daten, sind in Kapitel 6 zu finden. Rechts: Abbildung der ungewöhnlichen Bindung in der {Zn4Zn5Cp*} Einheit in 5. 4.3.5 Bindungssituation in [Pd(CNtBu)2(ZnCp*)4] (4) und [Pd(PdPCy3)2(Zn)(µZn2Cp*)(µ-ZnCp*)3] (5): Diskussion der Zink – Zink Wechselwirkungen auf Basis der strukturellen Eigenschaften Die strukturelle Charakterisierung und Diskussion der Bindungslängen und –winkel in Verbindung 4 und 5 erschließt neue erstaunliche Erkenntnisse in Bezug auf die 82 4. Ergebnisse und Diskussion unterschiedlichen Bindungsmodi, die [Zn2Cp*2] gegenüber Übergangsmetallzentren eingehen kann. Zinkorganyl-Liganden sind isolobal zu H-Liganden. Das Reaktionsverhalten von H2 an Übergangsmetallzentren wurde in den letzten Jahrzehnten umfassend erforscht, dabei leistete insbesondere die Gruppe um G. J. Kubas Pionierarbeiten.98, 99 Dass unter oxidativer Addition der H-H Bindung Übergangsmetall-Dihydrid-Komplexe gebildet werden können, wurde bereits in den frühen 1980er Jahren dokumentiert und die bahnbrechende Entdeckung auf diesem Gebiet erfolgte wenig später. Kubas et al. synthetisierten 1984 mit [W(CO)3(PR3)2(H2)] den ersten Komplex, in dem intaktes H2 in einem „side-on“ Bindungsmodus an ein Übergangsmetall koordiniert wurde.100 Erstaunlicherweise donieren die zwei σElektronen des H2, die bereits stark gebunden sind, Elektronendichte in ein unbesetztes Metallorbital und bilden so eine nicht klassische 2-Elektronen-3-Zentrenbindung, wie sie aus anderen Elektronenmangelverbindungen wie etwa B2H6 bekannt ist. Die bis dahin allgemeine Überzeugung, Wasserstoff könne als intaktes Molekül nicht stabil an ein anderes Atom gebunden werden, ohne dass ein H-H Bindungsbruch erfolgt und ein Dihydrid-Komplex gebildet wird, wurde damit widerlegt und eröffnete ein weites Forschungsfeld in der Organometall-/Komplex-Chemie. Dieses wurde im Anschluss weit erschlossen, was bis heute zu einer Vielfalt von mehreren hundert H2-Komplexen der allgemeinen Form LnM-H2 (L = Ligand, n = Anzahl der Liganden, M = Metall) führte. In den umfassenden Studien hat sich eine starke Abhängigkeit der Aktivierung von H2 von der elektronischen Struktur der Startverbindungen ergeben. Die variierenden H-H Distanzen und somit unterschiedlichen Bindungsmodi, sind in Schema 21 zusammengefasst.98 Schema 21. Bindungsmodi von H2 an ein MLn-Fragment: a) molekulares H2 (0.74 Å) b) „echter“ H2Komplex (0.8 – 1.0 Å) c) verlängerter H2-Komplex (1.0 – 1.3 Å) d) gestauchter Dihydrid-Komplex (1.3 1.6 Å) e) Dihydrid-Komplex (> 1.6 Å). 83 4. Ergebnisse und Diskussion Als entscheidende Faktoren für die Stabilisierung der H2 Bindung und Vermeidung der Oxidativen Addition zu Hydrid-Komplexen haben sich die folgenden vier Eigenschaften herauskristallisiert: (1) Elektronen-ziehende Liganden, wie beispielsweise CO, (2) Partial positiv, und positiv geladene Metallzentren, wie in kationischen Komplexen, (3) weniger elektronenreiche Metallzentren der ersten oder zweiten Reihe des Periodensystems und (4) Hybridisierung der Grenzorbitale, die beispielsweise für eine oktaedrische Koordination existiert. Generell muss die Bindungssituation von H2-Komplexen als Überlagerung zwischen σ-Hinbindung und Rückbindung beschrieben werden. Elektrophile Fragmente oder Metallzentren bilden zwar eine σ-Hinbindung, liegt allerdings eine zu hohe Elektrophilität vor, so findet favorisiert eine heterolytische H-H Bindungsspaltung gegenüber der Stabilisierung eines H2-Komplexes statt. Ist auf der anderen Seite die Rückbindung im Vergleich zu der Hinbindung signifikant stärker, beispielsweise bewirkt durch die Anwesenheit Elektronendonierender Co-Liganden, erfolgt eine Dehnung der H-H Bindung, die wiederum im Extremfall zu einem Bindungsbruch führen kann.99 Die in diesem und dem vorherigen Kapitel vorgestellten Resultate der Koordinationschemie von [Zn2Cp*2] an ungesättigte Fragmente lassen sich mit der Koordinationschemie von H2-Komplexen vs. Dihydridkomplexen weit überschneidend vergleichen. Nachdem bereits vielzählige Komplexe, in deren Bildung eine ZnZn Bindungsspaltung initiiert wird und die mit Dihydridkomplexen vergleichbar sind, berichtet wurden, zeigt Kapitel 4.2 die ersten Beispiele der Koordination des intakten [Zn2Cp*2] Moleküles, analog zu einem H2-Komplex. Lediglich die Lücke, die in Schema 21 für die Koordination von H2 als „verlängerter“ H2-Komplex, sowie „gestauchter“ Dihydrid-Komplex beschrieben wird, blieb für [Zn2Cp*2] Komplexe bisher bestehen und lässt sich nun mit [Pd(CNtBu)2(ZnCp*)4] (4) und [Pd(PdPCy3)2(Zn)(µ-Zn2Cp*)(µ-ZnCp*)3] (5) füllen. Die Zn-Zn Abstände in 4 (2.595(2) und 2.609(2) Å) liegen zwischen den Zn-Zn Bindungslängen in dem [Zn3Cp*3]+ Kation (3) (2.418(1) - 2.463(1) Å), die eindeutig als kovalent sind, und den Abständen in [Ni(ZnCp*)4(ZnMe)4] (2.746(1) – 2.912(1) Å), welche als sehr schwache tangentiale Wechselwirkungen innerhalb der Zinkhülle charakterisiert wurden.54 Da im zeitlichen Rahmen dieser Arbeit eine quantenchemische Betrachtung der Bindungssituation und speziell der Zn···Zn Wechselwirkungen in 4 und 5 nicht möglich war, erfolgt die Diskussion ausschließlich aufgrund signifikanter Bindunslängen und –winkel, die in Kapitel 4.3.2 beschrieben wurden. Insbesondere die nicht lineare Anordnung der Pd-Zn-Cp*centroid (144.22 150.17 °) und die Zn-Pd-Zn Bindungswinkel sind neben den zwei angenäherten Zink-Pärchen 84 4. Ergebnisse und Diskussion ausschlaggebend für die stark verzerrt oktaedrische Koordination von 4. Diese legt für die {Zn1 / Zn2 / Pd} und {Zn3 / Zn4 / Pd} Einheiten eher den Vergleich mit den Bindungswinkeln eines Dreieckes nah (Abbildung 39), das dem Strukturmotiv der zinkhaltigen Dreiringe 2 und 3 entspricht. Abbildung 39. Ausschnitt aus [Pd(CNtBu)2(ZnCp*)4] (4) in zwei verschiedenen Projektionen. Für Zn1 / Zn2 / Pd (63.76(3), 59.19(3) und 55.05(3) °) und Pd / Zn3 / Zn4 (64.24(3), 57.37(3) und 58.40(3) °) weichen die Bindungswinkel nur leicht von denen einer perfekten dreieckigen Anordnung ab, wodurch zweimal dasselbe Strukturmotiv entsteht, wie es in [Zn3Cp*3]+ (2) und [Zn2Cp*2CuCp*] (3) vorliegt. Aus diesen charakteristischen strukturellen Eigenschaften wird postuliert, dass auch für [Pd(CNtBu)2(ZnCp*)4] (4) eine „side on“ Koordination von [Zn2Cp*2], unter Erhaltung signifikanter Zn-Zn Wechselwirkungen, an ein koordinativ ungesättigtes Metallzentrum erfolgt. Verbindung 4 kann somit als „verlängerter Wasserstoffkomplex“ (Schema 21 c)) beschrieben werden. Im Gegensatz dazu enthält Verbindung 5 ([Pd(PdPCy3)2(Zn)(µ-Zn2Cp*)(µZnCp*)3]) lediglich eine {Zn2Cp*} Einheit, in der die Zn-Zn Distanz deutlich kürzer ist, als die restlichen Zn-Zn Abstände. Die Länge beträgt hier 2.723(1) Å und ist somit mit denen in [Ni(ZnCp*)4(ZnMe)4] vergleichbar. Schwache Wechselwirkungen dieser Art könnten eindeutig jedoch nur mit umfassenden Kalkulationen belegt oder ausgeschlossen werden. Der Unterschied zwischen den Startverbindungen, die für die Darstellung von Verbindung 4 und 5 verwendet wurden, liegt in dem Ligandensystem. Während [{Pd(CNtBu)2}3] den elektronenarmen und -ziehenden tert-butylisonitril-Liganden in seiner Koordinationssphäre enthält, weist [Pd(PCy3)2] das elektronenreiche Tricyclohexylphosphin als Liganden auf. Damit 85 4. Ergebnisse und Diskussion folgt die Koordination von [Zn2Cp*2] auch hier dem Trend, der die Stabilisierung von H2Komplexen beschreibt: Elektronenziehende Co-Liganden tragen zu einer solchen bei, wohingegen elektronenreiche Systeme eine Dehnung der H-H Bindung bis zu ihrem Bruch erwirken und die Bildung von Dihydrid-Komplexen favorisiert erfolgt. Im Fall von Verbindung 5 ist jedoch nicht nur eine Zn-Zn Bindungsspaltung zu beobachten. Im Reaktionsverlauf wird Zn(I) aus [Zn2Cp*2] zu einem formalen Zn(0) (Zn6) und zwei formalen Zn(+1/2) (Zn4, Zn5) reduziert. Dies ist Teil der Disproportionierung von Zn(I), da in situ NMR Studien die Entstehung von [ZnCp*2] (Zn(II)) zeigen. Die Synthese von [Pd(CNtBu)2(ZnCp*)4] (4) und [Pd(PdPCy3)2(Zn)(µ-Zn2Cp*)(µ-ZnCp*)3] (5) kann in den Kontext der Nickel-basierten Komplexe [Ni(ZnCp*)(ZnMe)(PMe3)3] und [Ni(ZnCp*)2(ZnMe)2(PMe3)2] eingeordnet werden (Dissertation M. Molon, Ruhr-Universität Bochum 2014).103 Die Zn-Zn Abstände in diesen Verbindungen sind im Vergleich zu Verbindung 4 teilweise noch einmal verkürzt und betragen 2.525(1) und 2.718(1)-2.811(1) Å (Tabelle 8). Die Zinkquelle ist hier nicht [Zn2Cp*2], sondern ZnMe2, das in Gallium- / Zinkaustauschprozessen mit GaCp* haltigen Startverbindungen reagiert. Im Gegnsatz zu [Zn2Cp*2], für das ein H2 analoger „side on“ Bindungsmodus postuliert werden kann, entsteht die Zn-Zn Wechselwirkung hier also erst in Form eines hypothetischen [Cp*Zn-ZnMe] während der Koordination an das Nickelzentrum. Die in diesem Zusammenhang kürzeste Zn-Zn Distanz von 2.525(1) Å schließt sich erneut sehr gut der Analogie von H2 und Zn2R2 (R = Cp*, Me) an. Nickel ist als d10 Metall der ersten Reihe des Periodensystems elektronenärmer und stabilisiert als solches Zn-Zn Wechselwirkungen, analog zu H2-Komplexen, im Vergleich zu dem elektronenreicheren Palladium effizienter. Der Rückbindungscharakter von Nickel ist höher und erlaubt eine ausgewogene Mischung zwischen Hin- und Rückbindung, was für die Erhaltung der H-H Bindung, oder hier der Zn-Zn Wechselwirkung, ein entscheidender Faktor ist. 86 4. Ergebnisse und Diskussion Tabelle 8. Übersicht der Zn-Zn Abstände in [Pd(CNtBu)2(ZnCp*)4] (4) und [Pd(PdPCy3)2(Zn)(µ-Zn2Cp*)(µZnCp*)3] (5) im Vergleich zu Referenzabständen. Verbindung Zn-Zn Abstand [Zn2Cp*2 ] 2.305(3) Å [Ni(ZnCp*)(ZnMe)(PMe3)3] 2.525(1) Å [Pd(CNtBu)2(ZnCp*)4] (4) 2.595(2) – 2.609(2) Å [Ni(ZnCp*)2(ZnMe)2(PMe3)2] 2.718(1) - 2.811(1) Å [Pd(PdPCy3)2(Zn)(µ-Zn2Cp*)(µ-ZnCp*)3] (5) 2.723(1) Å [Ni(ZnCp*)4(ZnMe)4] 2.746(1) - 2.912(1) Å 4.3.6 Zusammenfassung Nachdem die Synthese der Dreiringe [Zn3Cp*3]+ (2) und [Zn2Cp*2CuCp*] (3) erste Analogien zwischen der Koordination von [Zn2Cp*2] und H2 an koordinativ und elektronisch ungesättigte Komplexe gezeigt hat, schließt sich die Darstellung von [Pd(CN tBu)2(ZnCp*)4] (4) und [Pd(PdPCy3)2(Zn)(µ-Zn2Cp*)(µ-ZnCp*)3] (5) nahtlos an den Vergleich an (Abbildung 40). Die Reaktion zwischen [{Pd(CNtBu)2}3], das den elektronenziehenden CNtBu-Liganden enthält, resultiert in der Darstellung von Komplex 4, in dem sich je zwei Zinkpärchen durch kurze ZnZn Distanzen strukturell herausstellen und Zn···Zn Wechselwirkungen suggerieren. Ergänzend wird 4 durch einen stark verzerrten okatedrischen Koordinationspolyeder beschrieben, dessen Bindungswinkel die Vermutung intakter Wechselwirkungen zwischen Zn1-Zn2 und Zn3-Zn4 verstärken. Im Gegensatz dazu resultiert die Umsetzung des koordinativ ungesättigten [Pd(PCy3)2] mit [Zn2Cp*2] in dem metallreichen Komplex 5. Das elektronenreiche Ligandensystem trägt nicht zu einer Stabilisierung eines „side on“ gebundenen [Zn2Cp*2] Liganden mit intakter Zn-Zn Wechselwirkung bei, sondern ruft einen Zn-Zn Bindungsbruch hervor. Diese starke Ligandenabhängigkeit ist ebenfalls für H2 Komplexe bekannt und die Vielzahl an literaturbekannten Beispielen lässt hier eine Formulierung von Trends zu, die in Kapitel 4.3.3. beschrieben wurden und folgend wurden die Analogien zwischen der Koordinationschemie und den Koordinationsmodi von H2 und [Zn2Cp*2] diskutiert. 87 4. Ergebnisse und Diskussion Abbildung 40. Variation der Zn···Zn Wechselwirkungen in [Zn2Cp*2] und den Verbindungen 2, 4 und 5. 4.4 Molekulares Messing: „Superatom“ Cluster 3 Cu4Zn4, ein ligandenstabilisierter Kupfer-Zink Legierungen (Messing) sind eine der am längsten bekannten und erforschten, sowie weit verbreitetsten Legierungen und stellen ein klassisches Beispiel einer Hume Rothery Phase dar. Besonders breite Anwendung findet Messing aufgrund von erhöhter Wärmeleitung, Härte, und Korrosionsresistenz im Vergleich zu elementarem Kupfer. In den letzten Jahrzehnten rückte die Synthese von Metallnanopartikeln, sowie binären intermetallischen Nanopartikeln und die Untersuchung ihrer physikalischen Eigenschaften, mit daraus resultierenden potentiellen Anwendungen, mehr und mehr in den Forschungsfokus.104, 105 So sind beispielsweise Studien von Au-Ag oder Au-Cu Nanopartikeln 3 K. Freitag, H. Banh, C. Gemel, R. W. Seidel, S. Kahlal, J.-Y. Saillard, R. A. Fischer, Chem. Commun. 2014, 50, 8681. 88 4. Ergebnisse und Diskussion hinlänglich bekannt, wohingegen die „bottom-up“ Cu-Zn Nanochemie weitesgehend unerforscht blieb. Lediglich einige wenige Berichte, wie die nasschemische Synthese von CuZn Nanopartikel sind erschienen.49, 50, 106 Hier werden beispielsweise auf dem Syntheseweg der Precursor-Route die Kupfer- und Zinkstartverbindungen [CpCu(PMe3)] (Cp = C5H5, Me = CH3) und [ZnCp*2] (Cp* = C5Me5) Co-hydrogenolisiert, wodurch stabilisierte Messingnanopartikel gebildet werden. Während auf diesem Gebiet der Cu-Zn Nanopartikel noch einige wenige Berichte zu finden sind, wurden analoge molekulare Beispiele von definierten Messingclustern einer generellen Zusammensetzung [CuaZnb] bislang nicht beschrieben. Die Verbindung [Zn2Cp*2CuCp*] (3) (Kapitel 4.2) ist die einzig bekannte Verbindung, die eine nicht weiter stabilisierte, kovalente Cu-Zn Bindung enthält und strukturell sowie analytisch charakterisiert werden konnte. Die flexible und reiche Koordinationschemie von Carmonas Reagenz [Zn2Cp*2], zur Bildung von Übergangmetall-Zink Bindungen, wurde in der Vergangenheit vielfältig demonstriert und so wurde im Rahmen dieser Arbeit die Reaktivität von [Zn2Cp*2] gegenüber verschiedenen Kupfer- Startverbindungen untersucht und im Folgenden vorgestellt. 4.4.1 Darstellung und Charakterisierung von [(CuCNtBu)4(ZnCp*)4] (6a) und [(CuCNtBu)4(ZnCp*)3ZnCp)] (6b) Wird [CpCuCNtBu] mit einer equimolaren Menge an [Zn2Cp*2] in Toluol zur Reaktion gebracht, kommt es zur augenblicklichen Dunkelrotfärbung der Lösung. Aus der konzentrierten Lösung bilden sich bei -30 °C farblose, hellgelbe und dunkelrote, kubische Einkristalle. Letztere bilden einen Mischkristall, in dem in einem molaren 1:1 Verhältnis die beiden Verbindungen [(CuCNtBu)4(ZnCp*)4] (6a) und [(CuCNtBu)4(ZnCp*)3ZnCp)] (6b) Cokristallisieren (Schema 22). 6a/6b sind isostrukturell mit Ausnahme der CyclopentadienylLiganden. Während Komplex 6a vier Cp*- (Pentamethylcyclopentadienyl) Liganden aufweist, wird in 6b einer dieser Liganden durch einen Cp- (Cyclopentadienyl) Liganden substituiert (Schema 22). Die isolierten Kristalle 6a/6b sind unter einer Inertgasatmosphäre bei -30 °C für mehrere Wochen stabil, zersetzen sich jedoch bei Raumtemperatur innerhalb weniger Tage. In Lösung sind die Cluster 6a/6b bis zu einer Temperatur von 80 °C stabil, bei höheren Temperaturen ist die Zersetzung in Form von Ausfall eines metallischen Niederschlages sichtbar. In n-Hexan sind 6a/6b nahezu unlöslich und auch in anderen unpolaren 89 4. Ergebnisse und Diskussion Lösungsmitteln, wie Toluol und Benzol, zeigen die isolierten Kristalle ein schlechtes Lösungsverhalten. Schema 22. Darstellung der Cu4Zn4 Cluster [(CuCNtBu)4(ZnCp*)4] (6a) und [(CuCNtBu)4(ZnCp*)3(ZnCp)] (6b). Die Abbildung verdeutlicht die tetraedrische Anordnung der Cu4 und Zn4 Tetraeder und steht dabei nicht mit der tatsächlichen Bindungssituation im Cluster in Einklang. Zur Charakterisierung der entstehenden Nebenprodukte wurden in situ 1H NMR Studien durchgeführt, in denen [ZnCp*2], [ZnCp*Cp], unreagiertes [Zn2Cp*2] sowie [Cp*CuCNtBu] anhand ihrer chemischen Verschiebungen identifiziert werden konnten. Außer letzterem konnten alle entstehenden Nebenprodukte durch Waschen des Rohproduktes mit n-Hexan abgetrennt werden. Alle Versuche, das Hauptnebenprodukt [Cp*CuCN tBu] von Verbindung 6a/6b zu separieren, scheiterten, wobei unterschiedliche Lösungsmittel zur Umkristallisation oder dem Waschen der Produkt- / Nebenproduktmischung verwendet wurden und versucht wurde, eine Trennung durch Sublimation oder Säulenchromatographie zu erzielen. Die naheliegende Substitution von [CpCuCNtBu] durch [Cp*CuCNtBu] als Startverbindung der Reaktion wurde ebenfalls untersucht. Ein analoges Reaktionsverhalten beider Kupferkomplexe gegenüber [Zn2Cp*2] konnte jedoch nicht beobachtet werden. In situ 1H NMR Studien zeigen, dass [Cp*CuCNtBu] und [Zn2Cp*2] bei Raumtemperatur nicht miteinander zur Reaktion gebracht werden können und sich beide Verbindungen bis zu ihrer Zersetzung simultan im gasdichten NMR-Röhrchen erhitzen lassen. Um die Komplexe 6a/6b analytisch charakterisieren zu können, wurden die dunkelroten kubischen Kristalle daher manuell unter einem optischen Mikroskop in der Glovebox von den blassgelben [Cp*CuCNtBu] Kristallen getrennt. Die Präsenz von Zn(II) Spezies als Nebenprodukte in Form von ZnR2 (R = Cp, Cp*) indizieren einen Bildungsmechanismus für 6a/6b, der auf redox-chemischen Prozessen 90 4. Ergebnisse und Diskussion basiert. Dabei wird Zn(I) aus [Zn2Cp*2] zu Zn(II) oxidiert und Cu(I) aus [CpCuCNtBu] zu Cu(0) in 6a/6b reduziert. Wird die Reaktion in Abwesenheit des Isonitril-Liganden durchgeführt, können redox-chemische Prozesse interessanterweise nicht beobachtet werden. Die bereits in Kapitel 2 beschriebene Reaktion, des bei tiefen Temperaturen in situ gebildeten CuCp*· mit [Zn2Cp*2] resultiert nicht in einem definierten Cu-Zn Cluster, sondern in dem Addukt [Zn2Cp*2CuCp*] (3). Die Entstehung mehrerer Nebenprodukte zeigt, dass die Bildung von 6a/6b nicht stöchiometrisch verläuft und konkurrierende Ligandenaustausch-Prozesse stattfinden. Außerdem scheint eine starke Anhängigkeit der Reaktion von denen an das Kupferzentrum koordinierten Liganden zu bestehen. Neben [Cp*CuCN tBu] wurden weitere Kupferstartverbindungen der generellen Formel [LCuX], wobei L und X potentiell labil gebundene, abspaltbare Liganden sind, auf ihre Reaktivität gegenüber [Zn2Cp*2] getestet. Die Reaktionen mit [CpCuPMe3], [Cp*CuPMe3] und [HCuPPh3] zeigen in 1H NMR Studien jedoch keine oder nicht definierte Reaktionen. 4.4.2 Spektroskopische und strukturelle Charakterisierung [(CuCNtBu)4(ZnCp*)4] (6a) und [(CuCNtBu)4(ZnCp*)3ZnCp)] (6b) von Die Cu4Zn4 Cluster 6a/6b wurden mittels 1H NMR Spektrometrie, LIFDI MS und FTIR Spektroskopie analytisch charakterisiert. Der Kupfer- und Zinkgehalt wurde außerdem mit Atom-Absorptions-Spektroskopie (AAS) bestimmt. Ergänzende Analysemethoden wie 13C NMR Spektrometrie oder Elementar Analyse konnten aufgrund der schlechten Zugänglichkeit zu den sauberen Kristallen von 6a/6b nicht durchgeführt werden. Der für Kupfer und Zink bestimmte Metallgehalt (kalk. Cu: 18.77, Zn: 19.31 %; gefunden Cu: 19.32, Zn 20.51 %) stimmt mit den kalkulierten Werten für die Mischzusammensetzung 6a/6b überein Das 1H NMR Spektrum von 6a/6b, aufgenommen in C6D6 bei Raumtemperatur, zeigt ein molares Verhältnis von 1:1 für beide Verbindungen, alle auftretenden Signale können den erwarteten chemischen Verschiebungen von Verbindung 6a und 6b zugeordnet werden. Der Cluster 6a besitzt Td Symmetrie, die in je einem Signal für die tert-butylisonitril- Liganden (δ = 1.24 ppm (s, 36H)) und die Cp*- Gruppen (δ = 2.37 ppm (s, 60H)) resultiert. Verbindung 6b weist hingegen C3v Symmetrie auf, die sich in zwei Signalen für die tert-butylisonitril- Liganden sowie Signalen der Cp*- und Cp- Liganden widerspiegelt (δ = 1.31 ppm (s, 9H), δ = 1.32 (s, 27H), δ = 2.36 (s, 45H), δ = 6.37 ppm (s, 5H)) (Abbildung 41). 91 4. Ergebnisse und Diskussion Abbildung 41. Oben: 1H NMR Spektrum von 6a/6b aufgenommen bei Raumtemperatur in C6D6. Unten: Vergrößerung des relevanten Bereiches, zur besseren Darstellung der Cp*- und CNtBu- Signale. Das AT-FTIR Spektrum von 6a/6b zeigt die charakteristischen Absorptionsbanden der Cp*Gruppen (2937, 2880, 2829 cm-1) und CNtBu-Liganden (2104 cm-1). Im LIFDI-MS Spektrum können die [M]+ Molekülionpeaks beider Verbindungen 6a (m/z = 1389) und 6b (m/z = 1319) beobachtet werden, wobei die Isotopenmuster beider Molekülionenpeaks gut mit den berechneten Mustern übereinstimmen (Abbildung 42). Zusätzlich sind zahlreiche 92 4. Ergebnisse und Diskussion Fragmentierungen, hervorgerufen durch konsekutive Abspaltung der Liganden, im LIFDI MS Spektrum sichtbar. Abbildung 42. Oben links: Molekülionenpeak von 6a (m/z = 1389). Oben rechts: Molekülionenpeak von 6b (m/z = 1319), überlagert mit [6a-CNtBu]+ (m/z = 1306). Unten links: Berechnetes Isotopenmuster für [6a]+. Unten rechts: Überlagertes berechnetes Isotopenmuster von [6b] und [6aCNtBu]+. Die Auswertung der analytischen Daten zeigt zusammenfassend ein molares 1:1 Verhältnis von 6a und 6b im Kristall. Auf dieser Basis wurde die Verfeinerung der Einkristallstruktur vorgenommen. Kupfer und Zink können, aufgrund ihrer nahezu gleichen Elektronendichte, mittels Einkristall-Röntgenstrukturanalyse unter Verwendung von CuKα – Strahlung nicht unterschieden werden. Aufgrund der Td Symmetrie des Clusters, die durch das 1H NMR Spektrum belegt wurde, sind jedoch nur zwei verschiedene Isomere für 6a/6b chemisch möglich. Zum einen ist die Liganden-Verteilung ZnCp*(Cp) und Cu(CNtBu) möglich, zum anderen ist auch die inverse Koordination Zn(CNtBu) und CuCp*(Cp) wissenschaftlich denkbar. Um eine eindeutige Zuordnung vornehmen zu können, wurden DFT Kalkulationen durchgeführt, die in Kapitel 4.4.3 diskutiert werden. Jedoch lässt sich auch durch die Auswertung der spektroskopischen Daten auf die Besetzung der Kupfer- und Zinkpositionen 93 4. Ergebnisse und Diskussion schließen. Die ν(CN) Streckschwingung, die bei einer Wellenzahl von 2104 cm -1 beobachtet wird, kann gut mit denen für andere CuCNtBu Verbindungen berichteten Banden, wie der für [CpCuCNtBu] (2144 cm-1), verglichen werden.48 Die ν(CN) Schwingung des nicht koordinierten tert-butylisonitriles (2138 cm-1) ist ebenfalls in demselben Wellenzahlenbereich zu finden, wohingegen die wenig berichteten ZnCNtBu Gruppen eine deutliche Verschiebung zu höheren Wellenzahlen zeigen (2218-2244 cm-1).107 Abbildung 43. Molekülstruktur von Verbindung 6a/6b. Thermische Ellipsoide der Metallatome werden mit 30 % Aufenthaltswahrscheinlichkeit gezeigt. Wasserstoffatome und Fehlordnung der Cp* Ringe sind aus Gründen der Übersichtlichkeit nicht abgebildet. Aufgrund des hohen Grades an Fehlordnung konnten die Nichtmetallatome nicht anisotrop verfeinert werden und werden daher nicht als Ellipsoide dargestellt. Ausgewählte Bindungslängen (Å) und Winkel (°): Cu-Cu 2.471(4), Cu-Zn 2.498(2), Cu-C1 1.892(1), Zn-Cp*centroid 2.055, Cu-Cu-Cu 59.99(1), Cu-Zn-Cu 59.29(11), Zn-Cu-Cu 60.35(5). Kristallographische Daten: a = 16.8803(5) Å, b = 16.8803(5) Å, c = 16.8803(5) Å, α = 90 °, β = 90 °, γ = 90°, V = 4810.0(4) Å3, Rint = 0.1838, Goof = 1.045, R1 [I>2σ(I)] = 0.0678, wR2 (alle Daten) = 0.2042. Die vollständigen Daten sind in Kapitel 6 zu finden. Die vier Kupferatome in 6a/6b weisen eine Td-symmetrische Anordnung auf und bilden die Ecken eines Cu4 Tetraeders mit Cu-Cu-Cu Bindungswinkeln von 59.99(1)°, welche einem 94 4. Ergebnisse und Diskussion nahezu perfekten Tetraederwinkel entsprechen. (Abbildung 43). Die Cu-Cu Bindungslängen von 2.471(4) Å sind länger als die für [(IPrCuH)2] (IPr = 1, 3-bis(2,6-diisopropylphenyl)imidazol2-ylidene) (2.305(1) Å) berichteten Cu-Cu Abstände, welches die kürzeste literaturbekannte Cu-Cu Bindung ist, liegen aber im Bereich anderer Cu-Cu Bindungslägen, die für molekulare Verbindungen bekannt sind (2.305(1) – 3.424(2) Å).108-110 Jede Cu4 Tetraederfläche wird von einer ZnCp* Einheit verbrückt, wodurch ein äußerer Zn4Tetraeder gebildet wird. Neben [Zn2Cp*2CuCp*] (3) sind Verbindungen 6a/6b die ersten molekularen Verbindungen, die eine nicht weiter stabilisierte Cu-Zn Bindung (2.498(2) Å) aufweisen. Im Vergleich zu Verbindung 3 (2.357(1) – 2.381(1) Å) ist die Cu-Zn Bindung in 6a/6b leicht verlängert. Der einzig literaturbekannte Komplex mit Cu⋅⋅⋅Zn Wechselwirkung ist [Zn{(p-CH3CO2)(salpd-µ-O,O´)Cu}2] (salpd = propane-1,3-diylbis(salicylideneiminate)) mit einem Cu-Zn Abstand von 3.038(2) Å), welcher eindeutig eine nicht kovalente Wechselwirkung indiziert.111 Die Cp/Cp*-Liganden in 6a/6b sind hochgradig fehlgeordnet. Die Zn-Cp*centroid / Zn-Cpcentroid Bindungslängen (2.05 Å) stimmen gut mit den denen der Startverbindung [Zn2Cp*2] (2.04 Å) überein.42 Der Cu-C1 Abstand von 1.89(1) Å ist mit der durchschnittlichen Länge bekannter Cu-CNtBu Verbindungen vergleichbar (ø = 1.91 Å). Lediglich eine Verbindung mit Zn-CNtBu Bindung konnte bislang charakterisiert werden, in der die Zn-C Bindungslänge 2.31 Å misst und somit die für 6a/6b vorgenommene Zuordnung der Cu- und Zn- Positionen unterstützt.107 Der [Cu4Zn4] Kern in 6a/6b bildet einen tetraedrischen Stern. Interessanterweise wird ein ebensolches Strukturmotiv in der bekannten γ – Messingphase Cu5Zn8 gefunden, in der ein innerer Zn4 Tetraeder von einem äußeren Cu4 Tetraeder umgeben wird, welches das inverse Motiv zu dem [Cu4Zn4] Kern in 6a/6b darstellt (Abbildung 44).112 Die Bindungslängen der γ – Messingphase betragen 2.704(1) Å für den inneren Zn4 Tetraeder, 4.319(1) Å für den äußeren Cu4 Tetraeder und 2.611(2) Å für die Cu-Zn Bindungen. Diese Abstände sind im Vergleich zu denen in Verbindung 6a/6b deutlich verlängert. Das inverse Strukturmotiv in 6a/6b zeigt eindeutig die Präferenz der Koordination von CNtBu an die Kupferzentren, wohingegen die Cp* Gruppe präferiert an die Zinkzentren koordiniert wird. Dieser Trend lässt sich auch in der Diskrepanz zwischen den in der Literatur gut bekannten Cu-CNtBu haltigen Komplexen und nur einem strukturell charakterisierten Zn-CNtBu Komplex einordnen.48, 107 Diese Präferenz führt aufgrund der Sterik in 6a/6b zu der inversen Anordnung. Die Cp*-Gruppen weisen im Vergleich zu den Isonitril-Liganden einen größeren sterischen Anspruch auf und bilden, an die Zinkatome koordiniert, so den äußeren Tetraeder. 95 4. Ergebnisse und Diskussion Abbildung 44. Links: [Cu4Zn4] Kern in 6a/6b mit innerem Cu4 Tetraeder (rot) und äußerem Zn4 Tetraeder (grün). Rechts: Cu10Zn16 Cluster der γ – Messing Festphasenstruktur mit inversen Strukturmotiv eines inneren Zn4 Tetraeders (grün) und äußerem Cu4 Tetraeder (rot). 4.4.3 Quantenchemische Analyse von [(CuCNtBu)4(ZnCp*)4] (6a) und [(CuCNtBu)4(ZnCp*)3ZnCp)] (6b) und Diskussion der elektronischen Situation4 Kupfer und Zink sind, aufgrund ihrer nahezu identischen Elektronendichte als benachbarte Elemente im Periodensystem, mittels Einkristall-Röntgenstrukturanalyse nicht unterscheidbar. Deshalb wurden zur Unterstützung der spektroskopischen Daten DFT Rechnungen durchgeführt, um eine eindeutige Zuordnung der Kupfer- und Zinkpositionen in 6a/6b vornehmen zu können. Mögliche Isomere sind aufgrund der vorliegenden Td Symmetrie, die aus dem 1H NMR Spektrum abgeleitet werden kann, [(CuCNtBu)4(ZnR)4] (R = Cp*, Cp) und [(CuR)4(ZnCNtBu)4]. In den Modellrechnungen wurden anstelle der tBu-Gruppen des tert-butylisonitril-Liganden Methylgruppen (Me) und einheitlich für alle Cyclopentadienylgruppen C5H5 (Cp)-Liganden verwendet. Die Auswertung der Rechnungen zeigt, dass das Isomer [(CuCNMe)4(ZnCp)4] um 2.05 eV stabiler ist als [(ZnCNMe)4(CuCp)4]. Auch die berechneten Bindungslängen und IR Schwingungsbanden des [(CuCNMe) 4(ZnCp)4] 4 Der nachfolgende Abschnitt zitiert/paraphrasiert die entsprechenden Stellen in K. Freitag, H. Banh, C. Gemel, R. W. Seidel, S. Kahlal, J.-Y. Saillard, R. A. Fischer, Chem. Commun. 2014, 50, 8681. Die hier wiedergegebenen Ausführungen sind für die zusammenfassende Darstellung des Projektes in dieser Dissertation erforderlich. 96 4. Ergebnisse und Diskussion Modells stimmen mit den experimentellen Daten von Verbindung 6a/6b gut überein (Tabelle 9). Tabelle 9. Relevante berechnete Werte für die Modelle [(MCNMe)4(M‘Cp)4] (M = Cu, M‘ =Zn and M = Zn, M‘ = Cu) mit Cp* substituiert durch Cp und CNtBu substituiert durch CNMe. [(CuCNMe)4(ZnCp)4] [(ZnCNMe)4(CuCp)4] (S4) (D2d) Relative Energie (eV) 0.00 2.05 HOMO-LUMO gap (eV) 3.57 3.47 M-M 2.513 (0.102) 2.562 (0.104) M-M‘ 2.574 (0.151) 2.531 (0.179) M-C 1.891 (0.316) 2.051 (0.166) M’-(Cp centroid) 2.040 1.921 M 0.21 0.73 M’ 0.73 0.16 υ(CN) (cm-1) 2268 2317 Bindungslängen in (Å) Wiberg Indizes in Klammern : Natürliche Atomladungen: Innerhalb des Cu4Zn4 Clusters können signifikante kovalente Bindungspfade gefunden werden. Diese bestehen weitesgehend aus acht metallischen σ-artigen Hybriden mit 4s Charakter, welche sich in vier besetzte, bindende Gerüstorbitale und vier leere, anitbindende Orbitale aufteilen (Abbildung 45). Daraus resultiert ein mit 3.57 eV großer HOMO-LUMO Abstand, der einen closed-shell Zustand hervorruft. 97 4. Ergebnisse und Diskussion a1* a2 b1 a1 e (0.94) "t2" b2 b2* b1 e* "t2*" a1 a2 b1 a1 b2 b2 (0.94) e b2(1.07) e e e b2 "t2" a1(0.78) pCp a1 (1.33) "t2" (1.09) pCp 3d(Cu) 3d(Cu) a1 [(CuCNM e) 4] 4+ [(CuCNM e) 4(Z nCp) 4] [(Z nCp) 4] 4- Abbildung 45. Molekülorbitalschema von [(CuCNMe)4(ZnCp)4] in D2d Symmetrie. Die vier [(CuCNMe)4]4+ Gerüstorbitale [a1 (bonding) + „t2“ (antibonding)] interagieren mit den vier nichtbindenden [(ZnCp)4]4- Kombinationen (a1 + „t2“) und bilden vier besetzte bindende Gerüstorbitale (a1 + „t2“) und vier leere antibindende Gerüstorbitale (a1 + „t2*“). Die Werte in Klammern indizieren die Besetzung der [(CuCNMe)4] und [(ZnCp)4] Fragmentorbitale in dem [(CuCNMe)4(ZnCp)4] Cluster. Dieser wird auch beibehalten, wenn die CNMe-Liganden des Modells entfernt werden, wodurch indiziert wird, diese als neutrale Liganden im Jellium Modell, das zum Elektronenzählen in Clustern dient, zu betrachten.113, 114 Folglich bilden vier Elektronenpaare ein delokalisiertes Elektronensystem entlang der 16 Metall-Metall Kontakte. Das Jellium Modell hat sich als nahezu ideales vereinfachtes Modell für die Beschreibung von Clustern der s/p Metalle herauskristallisiert. Es ist einerseits einfach genug, um die Clusterstrukturen und 98 4. Ergebnisse und Diskussion Stabilitäten von Clustern mit bis zu mehreren tausend Atomen zu beschreiben. Andererseits lassen sich trotz des vereinfachten Ansatzes Parameter eines Clusters bestimmen, die diesen mit Bulkmaterialien oder ebenen Metalloberflächen vergleichbar machen. Als besonders wertvoll hat sich das Jellium Modell in Bezug auf die Beschreibung der „super shell“ Strukturen großer Alkalimetallcluster gezeigt. Die Vereinfachung des Modells liegt in der Missachtung der ionischen Struktur eines Clusters. Stattdessen wird ein N atomiger Cluster durch eine Sphäre angenähert, deren Radius sich aus dem Volumen von N Bulkatomen errechnet. Die als delokalisiert betrachteten Valenzelektronen bewegen sich in einem sphärischen, symmetrischen effektiven Potential, das durch N positiv geladene Metallkerne entsteht. Lösen der Schrödinger Gleichung führt zu, nach dem Pauli Prinzip besetzen, Orbitalen. Aufgrund der sphärischen Symmetrie ist die Degenerierung der Eigenzustände dieses Modells dieselbe, wie die des Wasserstoffatoms. Das Aufbauprinzip für sogenannte Superatom Orbitale leitet sich aus den degenerierten Zuständen des Jellium Modells (1S2 | 1P6 | 1D10 | 2S2 1F14 | 2P6 1G18 | … mit S-P-D-F-G- als Spin-Charakter) ab und führt zu außergewöhnlicher elektronischer Stabilität für molekulare Cluster der generellen Form {[Mm]L5Xn}q (q = Ladung; L = elektronisch neutraler, schwach koordinierender Ligand; X = elektronegativer, elektronenziehender Ligand) mit einer Valenzelektronenanzahl von n = 2, 8, 18, 34, 58… . Eine kurze Erläuterung des Jellium Modells ist in Kapitel 6.6 zu finden. Wird dieses Modell auf Verbindung 6a/6b angewendet, so ist Cp* als Ein-Elektronen-ziehender Ligand mit X gleichzusetzen und CNtBu ist als neutraler Ligand gleich L. Für Kupfer wird die effektive Valenzelektronenzahl von eins angenommen, zwei für Zink. Durch folgende Formel 4 (4 × 1 𝐾𝑢𝑝𝑓𝑒𝑟 𝑉𝑎𝑙𝑒𝑛𝑧𝑒𝑙𝑒𝑘𝑡𝑟𝑜𝑛) + 8 (4 × 2 𝑍𝑖𝑛𝑘𝑣𝑎𝑙𝑒𝑛𝑧𝑒𝑙𝑒𝑘𝑡𝑟𝑜𝑛𝑒𝑛) − 4(4 × (−1)𝐶𝑝 ∗ 𝐿𝑖𝑔𝑎𝑛𝑑𝑒𝑛 − 0 (𝑛𝑒𝑢𝑡𝑟𝑎𝑙𝑒 𝐶𝑁 𝑡 𝐵𝑢 𝐿𝑖𝑔𝑎𝑛𝑑𝑒𝑛 = 8 wird eine Clustervalenzelektronenanzahl von 8 errechnet, welche einem Superatomcluster mit abgeschlossenen Schalen entspricht. Der elektronische 1S21P6 Zustand entspricht mit Td Symmetrie der elektronischen Konfiguration a12 t26, welche ebenfalls für Verbindung 6a/6b berechnet wurde und in dem Molekülorbitalschema (Abbildung 45) verdeutlich wird. Für einen Td symmetrischen Cluster mit 8 Clustervalenzelektronen wird ein vierfachverkappter 99 4. Ergebnisse und Diskussion Tetraeder als stabilste Struktur vorausgesagt, welche dem Strukturmotiv in 6a/6b entspricht, womit die Cluster [(CuCNtBu)4(ZnCp*)4] (6a) und [(CuCNtBu)4(ZnCp*)3(ZnCp)] (6b) als ligandenstabilisierter Superatom-Cluster bezeichnet werden können. 4.4.4 Fazit zur Zuordnung der Kupfer und Zinkpositionen in 6a/6b Die Zuordnung der Kupfer- und Zinkpositionen in 6a/6b erfolgte durch das Hinzuziehen komplementärer Charakterisierungsmethoden. Darauf zurückzugreifen ist notwendig, da eine direkte Bestimmung der Besetzungen Einkristallröntgenstrukturanalyse zur in den Molekülen Verfügung mit stehenden den für Kupfer- die und Molybdänröntgenquellen nicht vorgenommen werden kann. Kupfer und Zink sind im Periodensystem benachbarte Elemente und die Aufnahme ihrer Elektronendichtekarten lässt beide Elemente nicht voneinander unterscheiden. Wie Kupfer und Zink experimentell zugeordnet werden könnten wird in Kapitel 6.7 erläutert. In dem vorliegenden Fall haben insbesondere die Kombination quantenmechanischer Analysen und Infrarot-Spektroskopie zu der Postulation der Positionsbesetzung geführt. Im IR Spektrum ist die Bande der ν(CN) Streckschwingung bei 2104 cm-1 zu sehen. Somit liegt sie im selben Wellenzahlenbereich wie die vergleichbare Schwingung des Eduktes [CpCuCNtBu] (2144 cm-1).48 Während an Kupferzentren koordinierte tert-Butylisonitril Gruppen in der Literatur vielfältig bekannt sind, gibt es lediglich eine Handvoll bekannter Zn-CNtBu Verbindungen. In diesen ist die ν(CN) Streckschwingung deutlich zu höheren Wellenzahlen verschoben (2218-2244 cm-1).107 Denselben Trend zeigen die berechneten Wellenzahlen für die Modelle [(CuCNMe)4(ZnCp)4] (2268 cm-1) und [(ZnCNMe)4(CuCp)4] (2317 cm-1), in denen die ν(CN) für Zn-CNtBu eine Bande bei ebenfalls höheren Wellenzahlen zeigt. Neben dem Heranziehen von Infrarotspektroskopie wurden die beiden Modelle [(CuCNMe)4(ZnCp)4] und [(ZnCNMe)4(CuCp)4], die die einzig möglichen Isomere darstellen, bindungstheoretisch analysiert. Die berechneten Bindungslängen des Modells [(CuCNMe)4(ZnCp)4] zeigen dabei eine bessere Übereinstimmung mit den experimentell gefunden Cu-Cu, Cu-Zn, Cu-C und Zn-Cp*centorid Bindungslängen. Die berechneten Bindungsabstände des Modells [(ZnCNMe)4(CuCp)4] zeigen hingegen durchgehend verlängerte Bindungslängen (Tabelle 9). Desweiteren ist das Modell des Isomers [(CuCNMe)4(ZnCp)4] um 2.05 eV stabiler als das von [(ZnCNMe)4(CuCp)4]. Die geschlossene Betrachtung der verschiedenen Charakterisierungsmethoden liefert damit die analytische 100 4. Ergebnisse und Diskussion Unterstützung des Postulats von [(CuCNtBu)4(ZnCp*)4] (6a) und [(CuCNtBu)4(ZnCp*)3(ZnCp)] (6b). 4.4.5 Zusammenfassung Die in Kapitel 4 beschriebenen und diskutierten Verbindungen [(CuCN tBu)4(ZnCp*)4] (6a) und [(CuCNtBu)4(ZnCp*)3(ZnCp)] (6b) sind die ersten literaturbekannten molekularen Cu-Zn Cluster, die kovalente Kupfer-Zink Bindungen aufweisen, welche nicht weiter stabilisiert sind. Das strukturelle Motiv eines inneren Cu4 Tetraeders, der flächenverbrückend von einem Zn4 Tetraeder umgeben ist, wodurch ein tetraedrischer Stern gebildet wird, wird „invers“ in der intermetallischen γ-Messingfestphase Cu5Zn8 gefunden. Diese Analogie erlaubt die Beschreibung von 6a/6b als molekulares Messing. Das Superatomkonzept, welches auf dem Jellium Modell beruht, kann auf 6a/6b angewendet werden und führt zu einem 1S21P6 geschlossenen Zustand mit einer Clustervalenzelektronenanzahl von 8, welches in Bezug auf Superatomcluster eine „magische Zahl“ ist, mit der eine außergewöhnliche elektronische Stabilität verknüpft ist. Die Synthese von 6a/6b weist eine hohe Abhängigkeit der an das Kupferzentrum koordinierten Liganden auf. So wurden unterschiedliche Kupfer Startverbindungen der generelle Formel LCuX, wobei L und X variiert wurden (L = Cp, Cp*, H; L = CNtBu, PMe3, PPh3) auf ihre Reaktivität gegenüber [Zn2Cp*2] untersucht, wobei lediglich die Verwendung von [CpCuCNtBu] zu einer definierten Synthese neuer Komplexe (6a/6b) führte. 4.5 Das Dizink Kation [Zn2]2+ eingeschlossen in einer homoleptischen metalloiden Koordinationsumgebung, stabilisiert durch DispersionsWechselwirkungen: [Zn2(GaCp*)6][BAr4F]2 (7[BAr4F]2)5 Der erste Bericht von Carmona et al. über ihre außergewöhnliche Verbindung [Zn2Cp*2] stieß nicht nur Reaktivitätsuntersuchungen an, sondern inspirierte allgemein Studien an niedrig koordinierten Verbindungen des Typs [M2R2] (M = Mg, Zn; R = sterisch anspruchsvoller Ligand).61, 115 Die für [Zn2Cp*2] demonstrierten Reaktionsmechanismen, wie das selektive 5 K. Freitag, H. Banh, C. Gemel, P. Jerabek, R. W. Seidel, G. Frenking und R. A. Fischer, „The Dizinc Cation [Zn 2]2+ Trapped In A Homoleptic Metalloid Coordination Environment Stabilizes by Dispersion Forces: [Zn2(GaCp*)6][BAr4F]2”, Inorg. Chem., eingereicht, Oktober 2014. 101 4. Ergebnisse und Diskussion Abspalten der Cp*-Gruppen durch Protolyse oder Oxidation, aber auch die vielfältige Koordinationschemie von [Zn2Cp*2] gegenüber Übergangsmetallzentren indizieren die Vorteile der Verwendung des Cp*-Liganden in Kontrast zu anderen, unflexiblen sterisch anspruchsvollen Liganden wie Ar‘ (C6H3-2,6-(C6H3-2,6-iPr2)2). Letztere sind insbesondere unter milden Reaktionsbedingungen nicht, oder nicht selektiv, abspaltbar.64, 70, 75, 96, 97 Diese Vorarbeiten und die der Darstellung der zinkreichen Moleküle [TM(ZnR)2n] (TM = n ≥ 4; M = Mo, Ru, Rh, Ni, Pd, Pt; R = Me, Et, Cp*), deren Zugang durch die Reaktionen GaCp* haltiger Komplexe [TM(GaCp*)n] mit ZnR2 (R = Et, Me) erschlossen wurde, legten auch nahe, die Koordinationschemie von GaCp* an Zinkzentren zu erforschen.51, 54 Eine erste Ga-Zn Bindung im Molekül wurde für den Komplex [Zn(GaCp*)4]2+ beschrieben. Die Komplexierung von Zn2+ erfolgt durch Protolyse von ZnMe2 mit [H(Et2O)2][BAr4F] und nachfolgender GaCp* Zugabe.116 Interessanterweise verhalten sich [Zn2Cp*2] und GaCp* einander gegenüber vollkommen inert. Dieses inerte Verhalten lässt sich unter Bezug auf die Verbindungen [Zn 3Cp*3][BAr4F] (2[BAr4F]) und [Zn2Cp*2CuCp*] (3) erklären. Die Addition von dem Zwei-Elektronen-Donor GaCp* an [Zn2Cp*2] würde in dem Dreiring [Zn2Cp*2GaCp*] resultieren. Unter Erhalt der ZnZn Wechselwirkungen wäre das allerdings ein 4 Elektronensystem, das „anti-aromatisch“ ist, bzw. antibindende MOs würden besetzt werden, wodurch das System nicht stabil ist. Im Gegensatz dazu wären die Systeme [Ga(ZnCp*)3] (analog zu GaH3) und [Cp*Ga(ZnCp*)2] ohne eine Zn···Zn Wechselwirkung stabil. In situ NMR Studien zeigen jedoch keine Anzeichen der Bildung solcher Spezies. Das bekannte Reaktionsverhalten von [Zn2Cp*2] gegenüber Übergangsmetallzentren wie homolytische Zn-Zn Bindungsspaltung und Koordination von ZnCp* Fragmenten kann also nicht ohne weiteres auf Hautgruppenmetallzentren übertragen werden. GaCp* wurde daher durch [Ga2Cp*][BAr4F] als Reaktionspartner für [Zn2Cp*2] substituiert. Das [Ga2Cp*]+ Kation kann als synthetisches Equivalent eines Substituentenfreien, „nackten“ Ga+ betrachtet werden, welches stark Lewis-azides und redox-labiles Ga+ auf elektronenreiche Metallzentren transferiert. So resultiert besipielsweise aus der Umsetzung von [Pt(GaCp*)4] mit [Ga2Cp*][BAr4F] das penta-koordinierte Pt(0) Kation [GaPt(GaCp*)4]+.117 Daher wird mit [Zn2Cp*2] als Reaktionspartner die Darstellung von Spezies wie eines kationischen [{GaZn2}Cp*2]+ (eine Ga+ verbrückte Zn-Zn Bindung) oder eines neutralen [Ga(ZnCp*)3] (ein RZn Analog von GaH3) erwartet. 102 4. Ergebnisse und Diskussion 4.5.1 Darstellung von [Zn2(GaCp*)6][BAr4F]2 (7[BAr4F]2) Die Reaktion von [Zn2Cp*2] mit einer equimolaren Menge an [Ga2Cp*][BAr4F] in Fluorbenzol führt augenblicklich zu der Bildung einer intensiv gelben Lösung, aus der sich ein metallischer Niederschlag bildet. Die Trennung der Lösung von diesem Niederschlag, anschließendes Konzentrieren der Lösung im Vakuum und Lagerung bei -30 °C führt zu der Bildung gelber, kubischer Einkristalle der Zusammensetzung [Zn2(µ-GaCp*)2(GaCp*)4][BAr4F]2 (7[BAr4F]2) in Ausbeuten von ~ 26% (Schema 23). Es ist anzumerken, dass die Ausbeute durch Variation des stöchiometrischen Eduktverhältnisses nicht erhöht werden kann. Schema 23. Darstellung von [Zn2(GaCp*)6][BAr4F]2 (7[BAr4F]2). Die isolierten Kristalle sind in einer Inertgasatmosphäre bei -30 °C für mehrere Wochen stabil, zersetzen sich jedoch bei Raumtemperatur innerhalb einiger Stunden und zeigen ebenso schnell Anzeichen von Zersetzung in Lösung. Aufgrund des ionischen Charakters ist Verbindung 7[BAr4F]2 gut in polaren Lösungsmitteln wie Fluorbenzol und Dichlormethan löslich. 4.5.2. Spektroskopische und [Zn2(GaCp*)6][BAr4F]2 (7[BAr4F]2) strukturelle Charakterisierung von Die Zuordnung der Gallium- und Zinkpositionen in Kation 7 hat sich, begründet auf der Ununterscheidbarkeit von Gallium und Zink in der Standard-Einkristall- Röntgenstrukturanalyse, als kompliziert erwiesen, weshalb nur indirekt, durch die Auswertung verschiedener analytischer Charakterisierungsmethoden und dem Hinzuziehen quantenchemischer Berechnungen, auf die Molekülstruktur in [Zn2(GaCp*)6]2+ (7) geschlossen werden konnte. Der Metallgehalt wurde mittels Atom-Absorptionsspektroskopie (AAS) bestimmt (Zn 3.57 %, Ga 10.81 %) und weicht leicht von den berechneten Werten für die 103 4. Ergebnisse und Diskussion Summenformel C148H134B2F52Ga6Zn2 (7[BArF]2 · 4C6H5F) (Zn 3.77 %, Ga 12.05 %) ab, vermutlich durch die thermische Instabilität von Verbindung 7[BAr4F]2 bei Raumtemperatur begründet. Trotz der Abweichung entspricht das gefundene Ga/Zn Verhältnis gut dem vermuteten Gehalt beider Metalle. Das 1H NMR Spektrum von 7[BAr4F]2, aufgenommen bei Raumtemperatur in CD2Cl2, zeigt neben den Resonanzen der [BAr4F]- Anionen lediglich ein weiteres Signal bei der chemischen Verschiebung δ = 2.05 ppm (90H) und indiziert damit das Vorhandensein chemisch equivalenter Cp*-Liganden, oder schnelle Cp* Austauschprozesse bei Raumtemperatur. Bei niedrigeren Temperaturen beginnt das Signal zu dekoaleszieren, bei -60 °C sind zwei breite Singuletts bei δ = 1.92 und 1.88 ppm sichtbar, das integrale Verhältnis ist unerwartet 1:5. Auch bei -90 °C werden beide Signale nur wenig schärfer. Das erwartete integrale Verhältnis für eine statische Struktur mit zwei verbrückenden und vier terminalen GaCp*-Liganden wäre 1:2. Eine plausible Erklärung für die Abweichung des erwarteten und beobachteten integralen Verhältnisses ist das Vorhandensein zweier Isomere in Lösung, eines mit verbrückenden und terminalen Liganden (7B), in Einklang mit der Festkörperstruktur und eines mit ausschließlich terminalen Liganden (7A) (Abbildung 46). Zwei der erwarteten drei Signale dieser Isomeren-Mischung überlagern, resultierend aus der sehr kleinen Differenz der chemischen Verschiebung koordinierter GaCp*-Liganden. Die überlagernden Signale spiegeln sich außerdem in der Breite der Signale bei -90 °C wieder. Die temperaturabhängigen NMR Spektren sind reversibel und reproduzierbar, wodurch partielle Zersetzung während der Messung ausgeschlossen wird. Eine weitere Erklärung für das temperaturabhängige NMR Verhalten ist die Dissoziation von GaCp* in Lösung und ein schnelles Assoziations/Dissoziationsgleichgewicht bei höheren Temperaturen. Auch wenn diese Möglichkeit nicht vollständig ausgeschlossen werden kann, ist kein Signal für freies GaCp* in CD2Cl2 (2.04 ppm) sichtbar. 104 4. Ergebnisse und Diskussion Abbildung 46. Oben: Temperatur-abhängige 1H NMR Spektren für Verbindung 7[BAr4F]2. Unten: Gleichgewicht der Koordinationsisomere 7A und 7B. Bei -90 °C sind für beide Isomere Resonanzen im 1 H NMR sichtbar. Dabei korrespondieren die zehn isomer-übergreifenden terminalen GaCp*-Liganden (dunkel blau) zu der chemischen Verschiebung bei δ = 1.88 ppm, die verbrückenden GaCp*-Liganden von Isomer 7B (hell blau) entsprechen dem Signal bei δ = 1.92. Das integrale Verhältnis von 150:30 Protonen entspricht der jeweiligen Anzahl der equivalenten Cp* Gruppen. In Ergänzung zeigt das 13C NMR Spektrum von 7[BAr4F]2 bei Raumtemperatur Signale der [BAr4F] Anionen und einer Cp* Spezies. Zusätzlich ist die beginnende Zersetzung von Komplex 7 in Lösung aus der Bildung von Cp*H und eines metallischen Niederschlages ersichtlich. 105 4. Ergebnisse und Diskussion Abbildung 47. Molekülstruktur des [Zn2(µ-GaCp*)2(GaCp*)4]2+ (7) Kations. Thermische Ellipsoide werden mit 50 % Aufenthaltswahrscheinlichkeit gezeigt. Wasserstoffatome sind aus Gründen der Übersichtlichkeit nicht abgebildet. Ausgewählte Bindungslängen (Å) und –winkel (°) :Zn1-Zn1‘ 2.411(1), Zn1-Ga1 2.456(1), Zn1-Ga2 2.459(1), Zn1-Ga3 2.585(1), Zn1-Ga3‘2.511(1), Ga-Cp*centroid ø = 1.909, Ga1Zn1-Ga2 103.55(2), Ga1-Zn1-Ga3 108.19(2), Ga2-Zn1-Ga3 108.85(2), Zn1-Ga1-Cp*centroid 162.46, Zn1Ga2-Cp*centroid 170.10, Zn1-Ga3-Cp*centroid 135.64, Zn1-Ga3’-Cp*centroid 166.64. Kristallographische Daten: a = 14.6492(2) Å, b = 14.8155(2) Å, c = 18.8823(3) Å, α = 75.670(10) °, β = 69.094(2) °, γ = 87.907(10) °, V = 2703.27(10) Å3, Rint = 0.0575, Goof = 1.016, R1 [I>2σ(I)] = 0.0583, wR2 (alle Daten) = 0.1740. CCDC: 1023640. Die vollständigen Daten, sowie die Packung von 7 in der Elementarzelle sind in Kapitel 6 zu finden. Die aufgrund spektroskopischer Daten vorgenommene Zuteilung der Gallium und Zink Positionen in 7, kann mittels Routine XRD weder bestätigt noch widerlegt werden. Ein Vertauschen der Positionen während der Verfeinerung der Kristallstruktur, sowie gemischte Besetzungen der acht Metallpositionen, führen zu keinen signifikanten Änderungen der essentiellen Parameter wie Temperaturfaktoren, Ausdehnung der thermischen Ellipsoide, oder R-Werten. Die Struktur von Kation 7 besitzt einen [Zn2]2+ Kern, in dem Zn(I) in eine homoleptische Hülle aus GaCp* 2-Elektronendonoren eingefasst ist (Abbildung 47). Damit ist [Zn2(GaCp*)6]2+ (7) ein Analog des Zn(II) Komplexes [Zn(GaCp*)4]2+ und ein metalloides Analog klassicher Donor-Akzeptor Komplexe [Zn2L6]2+ (z.B. L = dmap).64, 116 Verbindung 7[BAr4F]2 · 2 C6H5F kristallisiert in der triklinen Raumgruppe P-1 mit einem Molekül in der Elementarzelle. Der [Zn2]2+ Kern ist von sechs GaCp*-Liganden umgeben, von denen zwei verbrückende Positionen besetzen, während die restlichen Liganden terminal koordiniert sind. Die Zn-Zn 106 4. Ergebnisse und Diskussion Bindungslänge des Kernes von 7 (2.412(1) Å) ist im Vergleich zu [Zn2Cp*2] verlängert, kann aber gut mit den Zn-Zn Abständen in dem ebenfalls kationischen [Zn 3Cp*3]+ (2) (2.418-2.463 Å) verglichen werden.42 Zwischen dem Kern und den terminalen GaCp*-Liganden betragen die Bindungslängen 2.456(1) und 2.459(1) Å und liegen damit im Bereich der wenigen literaturbekannten Ga-Zn Abstände (2.321(1) - 2.463(1) Å).116, 118 Im Vergleich dazu sind die Ga-Zn Bindungen aufgrund ihrer verbrückenden Positionen erwartungsgemäß leicht verlängert (2.511(1) und 2.585(1) Å). Die Ga-Cp*centroid Distanzen (ø = 1.909 Å) sind vergleichweise kurz (Ga-Cp*centroid ø = 1.962) und lassen somit auf elektrophile Galliumzentren schließen, die für einen zweifach positiv geladenen Komplex auch angenommen werden können. Dieser Effekt wurde bereits noch stärker in [Zn(GaCp*)4]2+ mit Ga-Cp*centroid Abständen von 1.850 und 1.861 Å beobachtet.116 Beide Zinkatome des Kernes in 7 befinden sich in einer tetraedrischen Koordinationsspähre von vier GaCp*-Liganden. Zwei der Ga-Zn-Ga Bindungswinkel ((Ga1-Zn1-Ga3 103.55(2) °, Ga2-Zn1-Ga3 108.19(2) °) weichen nur leicht von einem perfekten Tetraederwinkel (109.5 °) ab, wohingegen der Ga1-Zn1-Ga2 Winkel (103.55(2) °) eine größere Abweichung zeigt, vermutlich durch den sterischen Einfluss der Zink-Zink Bindung. Das strukturelle Motiv der trigonalen Anordnung, analog zu [Zn3Cp*3]+ (2) und [Zn2Cp*2(CuCp*)] (3), ist mit zwei zentralen {Zn2Ga} Einheiten zu finden. Die Bindungswinkel weichen mit Winkeln von 56.47(2) (Zn1-Ga3-Zn1‘), 60.22(2) (Ga3-Zn1‘-Zn1) und 63.31(2) ° (Zn1‘-Ga3-Zn1) leicht von den perfekten Winkeln in einem Dreieck ab. Die Zn1Ga-Cp*centroid Winkel weisen keine lineare Anordnung auf und liegen im Bereich von 135.64170.10 °. Für Ga1 und Ga2 ist dies möglicherweise auf sterische Aspekte, für Ga3 auf die verbrückende Position im Molekül, zurückzuführen. 4.5.3 Mechanistische Überlegungen Auch wenn die Reaktionsmechanismen, die zur Bildung von Kation 7 beitragen, nicht vollständig aufgeklärt werden können, sollen die Auswertungen der spektroskopischen Daten in Bezug auf mögliche Reaktionspfade kurz zusammengefasst werden. Es ist anzunehmen, dass initial ein Ga+ Transfer von [Ga2Cp*]+ auf [Zn2Cp*2], möglicherweise durch elektrophilen Angriff auf die Zn-Zn Bindung, stattfindet. Übergangsmetallverbindungen mit liganden-freiem Ga+, also Strukturmotive des Typs [(µ2-Ga)M2] sind aus der Literatur bekannt (Dissertation M. Halbherr, Ruhr-Universität Bochum 2011).68, 119 Anschließend könnte ein Cp* Transfer von 107 4. Ergebnisse und Diskussion einem Zinkatom auf ein Galliumzentrum stattfinden, die gebildeten GaCp*-Liganden an ungesättigte Zinkzentren koordinieren. Ga+ würde sich so analog zu H+ verhalten, welches bekanntermaßen die ungeschützte [Zn2]2+ Einheit durch Cp*H Eliminierung generiert. Der gebildete metallische Niederschlag (Ga:Zn 24:1), also die Bildung von Spuren Zn(0) und reichlich Ga(0), zeigen redox chemische Prozesse. Sowohl für [Ga2Cp*]+ als auch für [Zn2Cp*2] sind Disproportionierungen bekannt, in diesem Fall können jedoch keine Ga(III) oder Zn(II) Spezies als Nebenprodukte beobachtet werden. Anzumerken ist allerdings, dass solvatisierte Ga3+ und Zn2+ Kationen gebildet werden können, die im 1H NMR nachzuweisen sind. [ZnCp*2] und [Ga2Cp*]+ reagieren nicht unter Bildung einer neuen gemischt metalischen Ga/Zn Spezies. Das in situ 1H NMR Spektrum der Mischung zeigt lediglich eine Resonanz bei δ = 1.99 ppm, auch nach längerem Erhitzen der Reaktionsmischung im NMR Rohr ist keine Veränderung zu sehen. Das Koaleszenzsignal wird durch schnellen Cp* Gruppen Transfer zwischen [ZnCp*2] und [Ga2Cp*]+ hervorgerufen. Dadurch kann eine Disproportionierung von [Zn2Cp*2] in Zink(0)metall und [ZnCp*2], vor der Reaktion mit [Ga2Cp*]+ ausgeschlossen werden. Eine effizientere Syntheseroute ist möglicherweise eine klassische Ligandensubstitution, in der [Zn2L6]2+ Komplexe (L = substitutionslabiler Ligand) mit einem Überschuss an GaCp* reagiert werden, der Zugang zu solchen Spezies ist bisher allerdings limitiert. 4.5.4 Quantenchemische (7[BAr4F]2)6 Untersuchungen von [Zn2(GaCp*)6][BAr4F]2 Für die Bestimmung der Gallium- und Zinkpositionen und der Bindungssituation in 7 wurden Dichtefunktionstheorie (DFT) Kalkulationen auf BP86/TZVPP Level mit D3(BJ) Korrektion von Grimme durchgeführt. Für die Geometrieoptimierung wurde die Röntgenstruktur von [Zn2(GaCp*)6][BAr4F]2 (7[BAr4F]2) als Ausgangspunkt gewählt, während den Berechnungen haben die verbrückenden GaCp*-Liganden der Festkörperstruktur terminale Positionen eingenommen, verschiedenste Berechnungen wurde keine energetische Minimumstruktur der Festphasenstruktur ermittelt. Die berechnete Kationenstruktur von 7 ist in Abbildung 48 zu sehen und stimmt mit der Struktur in Lösung, wie sie in 1H NMR 6 Der nachfolgende Abschnitt zitiert/paraphrasiert die entsprechenden Stellen in der Dissertation des Kooperationspartners Paul Jerabek (Philipps-Universität Marburg, 2014) und in K. Freitag, H. Banh, C. Gemel, P. Jerabek, R. W. Seidel, G. Frenking, R. A. Fischer, Inorg. Chem., DOI: 10.1021/ic502532g. Die hier wiedergegebenen Ausführungen sind für die zusammenfassende Darstellung des Projektes in dieser Dissertation erforderlich. 108 4. Ergebnisse und Diskussion Untersuchungen identifiziert wurde, überein. Die dikationische Festphasenstruktur mit zwei verbrückenden Liganden wird vermutlich durch die [BAr4F]- Anionen sowie Packungseffekte im Kristall stabilisiert. Abbildung 48. Optimierte Struktur von 7. Die Bindungslängen beziehen sich auf Werte auf BP86D3(BJ)/TZVPP Level, die entsprechenden Werte ohne Dispersionswechselwirkungen sind in eckigen Klammern gegeben. Die experimentellen Werte des verbrückenden Isomers sind in runden Klammern aufgelistet, alle Bindungslängen werden in Å angegeben: Zn1-Zn2 2.361 [2.461] (2.411), Ga1-Zn1 2.498 [2.601] (2.459), Ga2-Zn1: 2.456 [2.598] (2.456), Ga3-Zn1 2.517 [2.603] (2.585), Ga4-Zn2 2.515 [2.603] (2.585), Ga5-Zn2 2.461 [2.598] (2.456), Ga6-Zn2 2.487 [2.601] (2.459). Die berechneten Ga-Zn Bindungslängen der optimierten Struktur stimmen mit den für das Isomer 7B experimentell bestimmten terminalen Abständen überein. Die optimierte Struktur weist für die beiden Zn(GaCp*)3 Fragmente Ga-Zn Abstände von 2.456-2.517 Å und 2.4612.515 Å. Zwei kurze Ga-Zn Bindungen mit 2.456 und 2.459 Å, sowie eine verlängerte Bindung mit 2.585 Å zeigt die experimentelle Struktur. Die gute Übereinstimmung der berechneten und experimentellen Bindungswerte demonstriert die signifikante Auswirkung von Dispersionswechselwirkungen, unter denen die berechneten Ga-Zn Bindungen stark verkürzte Werte aufweisen. Der Einfluss der Dispersionskräfte rückt außerdem bei der quantenchemischen Betrachtung der Zn-Zn Bindung in den Vordergrund, welche mittels EDA (Energy Decompositon Analysis) untersucht wurde. Tabelle 10 zeigt die EDA Berechnungen für die Interaktion der zwei [Zn(GaCp*)3]+ Fragmente, mit und ohne Dispersions-Korrektur. 109 4. Ergebnisse und Diskussion Tabelle 10. Werte der EDA Kalkulationen in kcal/mol für die Interaktion der [Zn(GaCp*)3]+ Fragmente, mit (BP86-D3(BJ)/TZ2P+) und ohne (BP86/TZ2P+) Dispersionswechselwirkungen (DW). Die [Zn(GaCp*)3]+ Fragmente wurden im elektronischen Dublett-Zustand berechnet. Mit DW Ohne DW (BP86-D3(BJ)/TZ2P+) (BP86/TZ2P+) ΔEint -51.5 -3.6 ΔEPauli 145.4 145.4 ΔEelstat -49.2 (25.0%) -49.2 (33.0%) ΔEorb -99.8 (50.7%) -99.8 (67.0%) ΔEdisp -48.0 (24.4%) - Die kalkulierten Werte für die intrinsische Interaktion ∆Eint zwischen den positiv geladenen Fragmenten [Zn(GaCp*)3]+ mit starren Geometrien sind attraktiv, die Anziehung beruht jedoch in hohem Maß auf Dispersionskräften. Während die intrinsische Zn-Zn Bindung lediglich ∆Eint = -3.6 kcal/mol beträgt, ist der totale Wert der Anziehung ∆Eint = -51.5 kcal/mol. Ähnliche Beobachtungen wurden jüngst von Grimme und Schreiner für substituierte Hexaphenylethane, welche von sterisch anspruchsvollen Liganden an den Phenylgruppen stabilisiert werden, resultierend in dem Molekül Ar3C-CAr3, welches ausschließlich von Dispersionskräften zusammengehalten wird, gemacht.120 Aufspalten der Interaktionsenergie ∆Eint zeigt, dass die Hälfte der attraktiven Wechselwirkungen aus Orbitalwechselwirkungen (∆Eorb = 51%) resultieren, 25 % fallen auf elektrostatische Interaktion (∆Eelstat) zurück und zu 24 % tragen Dispersionskräfte (∆Edisp) bei. 4.5.5 [Zn2Ga6(Cp*)6]2+ (8) – Ein Strukturisomer von [Zn2(GaCp*)6]2+ (7) Aus den Überlegungen der mechanistischen Reaktionsschritte, die zur Bildung von Kation 7 führen wurde bereits resümiert, dass eine effektivere Syntheseroute möglicherweise die Reaktion von GaCp* mit substitutionsslabilen [Zn2L6]2+ Komplexen ist. Der Zugang zu diesen niedervalenten Zinkkomplexen ist bisher begrenzt ist, allerdings ist mit [Cp*Zn2(Et2O)3][BAr4F] ein Komplex des Typs [Cp*ML3]+ bekannt, welcher auf seine Reaktivität gegenüber GaCp* getestet wurde. Die Reaktion beider Startmaterialien führt in einem molaren Verhältnis von 110 4. Ergebnisse und Diskussion 1:6 bei -15 °C in Diethylether zu der Bildung eines gelben, mikrokristallinen Niederschlags. Nach Routineaufarbeitung und Rekristallisation aus Fluorbenzol bei -30°C wachsen innerhalb von 24 Stunden gelbe, kubischen Einkristalle in Ausbeuten von ~ 44 %, die mittels Röntgenstrukturanalyse untersucht wurden. Dies ergab für Kation 8 eine Konnektivität eines [M2]2+ Kernes, der von sechs terminalen MCp*-Liganden (M = Ga, Zn) umgeben ist, die sich somit von der Festkörperstruktur von 7 unterscheidet (Schema 24). Auch die ermittelten Einheitszellen weichen in einem signifikanten Maß voneinander ab, sodass angenommen werden kann, dass die Kationen 7 und 8 zwei unabhängige, unterschiedliche Komplexekationen darstellen. Schema 24. Darstellung von [M8Cp*6][BAr4F]2 (M = Ga, Zn) (8[BAr4F]2). Als mikrokristallines Pulver ist Verbindung 8[BAr4F]2 in einer Inertgasatmosphäre bei -30 °C für mehrere Wochen stabil, zeigt jedoch bei Raumtemperatur innerhalb eines Tages Spuren von Zersetzung. Wie Verbindung 7[BAr4F]2 ist [M8Cp*6][BAr4F]2 (8[BAr4F]2) in polaren Lösungsmitteln wie Dichlormethan und Fluorbenzol gut löslich. 4.5.6 Spektroskopische und strukturelle Untersuchung von [M8Cp*6][BAr4F]2 (M = Ga, Zn) (8[BAr4F]2) Analog zu Verbindung 7[BAr4F]2 kann auch für Komplex 8[BAr4F]2 nur indirekt, durch die Kombination unterschiedlicher analytischer Charakterisierungen, auf die Zusammensetzung und Verteilung der Gallium- und Zinkpositionen geschlossen werden. Der Metallgehalt wurde mittels AAS Analyse bestimmt. Die gefundenen prozentualen Werte (Zn 4.62, Ga 12.64) stimmen auch für Verbindung 8[BAr4F] mit den berechneten Werten derselben Summenformel C124H114B2F48Ga6Zn2, die für 7[BAr4F]2 gefunden wurde, überein (Zn 4.24, Ga 13.55). Somit besitzt Kation 8 dieselbe elementare Zusammensetzung wie Kation 7, weist aber 111 4. Ergebnisse und Diskussion eindeutig eine andere Festkörperstruktur auf und wird daher zunächst als [Zn2Ga6(Cp*)6]2+ beschrieben, das weiter analytisch charakterisiert wurde. Insgesamt existieren fünf unterschiedliche strukturelle Isomere, die in Abbildung 49 gezeigt werden und der elementaren Zusammensetzung von 8 entsprechen. Abbildung 49. Mögliche Isomere mit einem Ga:Zn Verhältnis von 6:2. Nachdruck mit Genehmigung von Hung Banh, Masterarbeit 2013, Ruhr-Universität Bochum. Im Rahmen der Dichtefunktionstheorie von 7 wurden alle weiteren stabilen Isomere derselben Zusammensetzung berechnet. Diese Rechnungen ergaben kein lokales Minimun für Isomer e) (Abbildung 49), dieses wird folglich in die weitere Diskussion der Gallium- und Zinkpositionen nicht einbezogen. Für alle weiteren Isomere konnten energetische Minima berechnet werden, welche in Summe vier sind, wovon eines einen Zn2 Kern besitzt (a)) und somit der Struktur von Kation 7 in Lösung entspricht, zwei einen Ga2 Kern besitzen (b) und d)) und eines einen gemischt metallischen Ga/Zn Kern (c)). Im 1H NMR Spektrum von 8[BAr4F]2 ist bei Raumtemperatur neben der Resonanzen der [BAr4F]- Anionen lediglich ein Signal im charakteristischen Bereich für Cp* Gruppen sichtbar (δ = 2.04 ppm). Damit ist das NMR spektroskopische Verhalten von 8[BAr4F]2 dem von 7[BAr4F]2 bei Raumtemperatur sehr ähnlich. Dahingegen zeigt 8[BAr4F]2 bereits ab -40 °C Dekoaleszenz des Signales, welches eindeutig in zwei Singuletts (δ = 1.92 und 1.96 ppm), mit einem integralen Verhältnis von 30:60 Protonen, aufspaltet (Abbildung 50). Damit zeigt 8[BAr4F]2 ein signifikant anderes Dekoaleszenzverhalten als 7[BAr4F]2 und demonstriert das Vorliegen zweier unterschiedlicher 112 4. Ergebnisse und Diskussion Isomere der Kationen. Um das Vorhandensein einer einzigen Verbindung absolut auszuschließen, wurde ein 1H NMR Spektrum der Mischung von Verbindung 7[BAr4F]2 und 8[BAr4F]2 bei -90 °C aufgenommen. In diesem Spektrum liegen drei Signale im Cp* Bereich vor (integrales Verhältnis 15:75:90), die allesamt breit sind, vermutlich durch Cp* Austauschprozesse der verschiedenen Spezies, und aufgrund der sehr ähnlichen chemischen Verschiebungen überlagern. Abbildung 50. Temperaturabhängigkeit der 1H NMR Spektren von [Zn2Ga6(Cp*)6][BAr4F]2 (8[BAr4F]2) im Bereich von -80 - 25 °C. Nachdruck mit Genehmigung von Hung Banh, Masterarbeit 2013, RuhrUniversität Bochum. Aus den durchgeführten NMR Studien kann interpretiert werden, dass Isomer b), [Ga2(ZnCp*)2(GaCp*)4]2+, experimentell der Konnektivität von Kation 8 entspricht, wobei insbesondere das integrale Verhältnis von 2:1 der Signale im 1H NMR Spektrum bei tiefen Temperaturen diese Annahme unterstützt. Für den Reaktionsverlauf, der zu Bildung von 8 führt, würde dies bedeuten, dass von einem Edukt mit einem [Zn2]2+ Kern ausgegangen wird, dessen Zn-Zn Bindung bricht und durch komplexe Cp* Austauschprozesse ein Komplex mit [Ga2]2+ Kern gebildet wird, der von zwei terminalen ZnCp*- und vier terminale GaCp*-Liganden abgeschirmt ist. Der genaue Reaktionsmechanismus zur Bildung von [Ga2(ZnCp*)2(GaCp*)4]2+ (8) konnte bislang jedoch nicht aufgeklärt werden. Für die Verfeinerung der EinkristallröntgenStruktur-Daten wurde aufgrund der analytischen Charakterisierung die Besetzung der Gallium- und Zinkpositionen [Ga2(ZnCp*)2(GaCp*)4]2+ (8) entsprechend vorgenommen (Abbildung 51). Es ist jedoch zu beachten, dass diese Zuordnung auf indirekten Methoden basiert und die tatsächliche Besetzung abweichen kann. Genaue Diskussionen dazu erfolgen in Kapitel 6.7. 113 4. Ergebnisse und Diskussion Abbildung 51. Hypothetische Molekülstruktur des [Ga2(ZnCp*)2(GaCp*)4]2+ (8) Dikations (Zuordnung der Metallpositionen vgl. NMR Spektroskopie). Thermische Ellipsoide werden mit 50 % Aufenthaltswahrscheinlichkeit gezeigt. Wasserstoffatome und Fehlordnung der Cp* Ringe sind aus Gründen der Übersichtlichkeit nicht abgebildet. Ausgewählte Bindungslängen (Å) und –winkel (°): Ga1Ga1’ 2.386(1), Ga1-Ga3 2.487(1), Ga1-Ga2 2.529(1), Ga1-Zn1 2.480(1), Ga3-Cp*centr. 1.920, Ga2-Cp*centr. = 1.910, Zn1-Cp*centr. 1.924; Ga1’-Ga1-Zn1 125.28(4), Ga1’-Ga1-Ga2 110.59(4), Ga1’-Ga1-Ga3 123.95(4), Ga1-Zn1-Cp*centr. 171.31, Ga1-Ga2-Cp*centr. 153.05, Ga1-Ga3-Cp*centr. 159.91. Kristallographische Daten: a = 14.5654(4) Å, b = 14.7873(4) Å, c = 19.0284(5) Å, α = 67.586(2) °, β = 77.587(2) °, γ = 87.029(2) °, V = 3698.14(18) Å3, Rint = 0.0784, Goof = 1.030, R1 [I>2σ(I)] = 0.0648, wR2 (alle Daten) = 0.2025. Die vollständigen Daten, sowie die Packung von 8[BAr4F]2 in der Elementarzelle sind in Kapitel 6 zu finden. Unter der vorläufigen Annahme, der Zuordnung der Ga/Zn-Positionen wird die folgende Strukturdiskussion gegeben. Verbindung 8[BAr4F]2 ·2(C6H5F) kristallisiert in der triklinen Raumgruppe P-1, mit einem Inversionszentrum, das mittig auf der [Ga2]2+ Achse lokalisiert ist. Die Ga-Ga Bindung des Kernes weist mit 2.385(1) Å eine Bindungslänge auf, die im Bereich literaturbekannter Ga(II)Ga(II) Bindungen liegt, wie beispielsweise in [Ga2{(N(SiMe3)CH2)2CMe2}2] (2.385(1) Å).121 Die Ga1-Zn1 Distanz beträgt 2.480(1) Å und kann damit mit denen der terminal an das [Zn2]2+ Zentrum in 7 gebundenen GaCp* Liganden (2.456(1) und 2.459(1) Å) verglichen werden. Die Ga1-Ga2/3 Abstände sind im Gegensatz zu der Ga1-Zn1 Bindung leicht verlängert (2.487(1) und 2.529(1) Å) und liegen im Bereich literaturbekannter Ga-Ga Bindungsabstände.122, 123 Ebenso wie in 7 ist der durchschnittliche Ga-Cp*centroid Abstand (ø = 1.922 Å) vergleichweise 114 4. Ergebnisse und Diskussion kurz, was auf elektrophile Galliumzentren innerhalb des dikationischen Komplexes schließen lässt. Dieselbe Eigenschaft ist für die Zn-Cp*centroid Bindung (1.910 Å) zu finden, die eine wesentlich kürzere Länge im Vergleich mit den entsprechenden Bindungen in [Zn 2Cp*2] (1.910 Å) aufweist, mit denen in kationischen Komplexen wie Verbindung 1[BAr4F] (1.899 und 1.935 Å) aber gut übereinstimmt.42, 75 Beide Galliumzentren in Kation 8 sind von einer tetraedrischen Koordinationsspähre, aus einem Zink- und drei Galliumatomen bestehend, umgeben. Die GaKern-GaKern-E Bindungswinkel (E = Ga terminal, Zn) liegen in dem Größenbereich von 110.62(3) – 125.26(3) ° und weichen damit von einem perfekten Tetraederwinkel (109.5 °) wenig bis signifikant ab, vermutlich hervorgerufen durch sterische Abstoßung der sechs terminalen ECp* (E = Ga, Zn) Liganden. Übereinstimmend damit sind die Ga Kern-E-Cp*centroid Anordnungen nicht linear, sondern weisen Bindungswinkel von 153.04 – 171.28 ° auf. 4.5.7 Quantenchemische Analyse F F 7 [Ga2(ZnCp*)2(GaCp*)4][BAr4 ]2 (8[BAr4 ]2) des hypothetischen Analog zu 7 wurden auch für das hypothetische Kation [Ga2(ZnCp*)2(GaCp*)4]2+ (8) quantenchemische Berechnungen des Systems durchgeführt. In ersten Untersuchungen konnte für die vorgeschlagene Konnektivität von 8 eine energetische Minimum Struktur ermittelt werden, die der durch AAS gefundenen elementaren Zusammensetzung entspricht, und ebenso wie die Molekülstruktur des Dikationes im Kristall von 8 ein Inversionszentrum besitzt. Die weitere Bindungsanalyse von [Ga2(ZnCp*)2(GaCp*)4]2+ (8) zeigt jedoch signifikante Diskrepanzen zwischen experimenteller und theoretischer Molekülstruktur. Die berechneten und experimentellen Bindungslängen sind in Tabelle 11 zusammengefasst. 7 Siehe Fußnote 6. 115 4. Ergebnisse und Diskussion Tabelle 11. Auflistung und Vergleich der experimentellen und optimierten Metall- Metallbindungslängen in [Ga2(ZnCp*)2(GaCp*)4]2+ (8). Bindung Experimentelle Bindungslänge (Å) Quantenchemisch optimierte Bindungslänge (Å) Ga1-Ga1‘ 2.386(1) 2.425 Ga1-Zn1 2.480(1) 2.356 Ga1-Ga2 2.529(1) 2.517 Ga1-Ga3 2.487(1) 2.491 Insbesondere die Abweichungen zwischen der optimierten und experimentell gefundenen Länge der Ga1-Ga1‘ Distanzen, sowie dem Ga1-Zn1 Abstand lassen, auch mit Berücksichtigung von Messungenauigkeiten, wissenschaftlich keinen Rückschluss auf die Verteilung der Metallatome auf die acht Positionen des [M8Cp*6]2+ (Ga, Zn) Dikationes, wie sie tatsächlich vorliegt, zu. Es kann festgehalten werden, dass die Reaktion von [Cp*Zn2(Et2O)3]+ mit GaCp* zu der Synthese eines strukturellen Isomeres von Verbindung 7 der Zusammensetzung [Zn2Ga6(Cp*)6][BAr4F]2 (8[BAr4F]2) führt. Die Auswertung der NMR Studien lässt auf ein hypothetisches [Ga2(ZnCp*)2(GaCp*)4]2+ (8) schließen, dessen Molekülstruktur in Bezug auf Metall-Metallbindungslängen mit literaturbekannten Komplexen vergleichbar ist. Die quantenchemische Analyse dieses Dikationes führt zu Widersprüchlichkeit experimenteller und theoretischer Daten in einem Ausmaß, das die Formulierung von [Ga2(ZnCp*)2(GaCp*)4]2+ (8) schlüssig nicht stützt. Wie eine experimentell belegte Zuordnung der richtigen Gallium- und Zinkpositionen in 8 erfolgen könnte, die im Rahmen dieses Dissertationsprojektes nicht möglich war, wird in Kapitel 6.7 diskutiert. 4.5.8 Zusammenfassung In Verbindung mit gegenwärtigen Studien zur Koordinationschemie niedervalenter Gruppe-12 und -13 Organyle an Übergangsmetallzentren wurde der neue Zn/Ga „Cluster“ 7[BAr4F]2 beschrieben, welcher aus der Reaktion von [Zn2Cp*2] und [Ga2Cp*][BAr4F] resultiert. Die richtige Kombination von Gallium und Zink Startmaterialien führt zu der Bildung des gemischt metallischen Dikations [Zn2(GaCp*)6]2+ (7), das ein weiteres Beispiel der seltenen 116 4. Ergebnisse und Diskussion Koordinationschemie an Zn(I) repräsentiert und das erste Beispiel eines homoleptisch metalloid-koordinierten [Zn2]2+ Kernes ist. Interessanterweise besitzt 7 zwei Koordinationsisomere 7A und 7B. Während in der Festkörperstruktur vier GaCp*-Liganden terminal koordiniert sind und zwei GaCp*-Liganden verbrückende Positionen einnehmen (7B), liegt ein Lösung ein zweites Isomer 7A, das vollständig von terminalen GaCp* Liganden umgeben ist, vor. Quantenchemische Rechnungen ergeben lediglich ein Minimum für Isomer 7B. Die Bindungsanalyse dieses sagt einen starken Einfluss von Dispersionskräften, die das das Molekül zusammenhalten, aus. Für das verbrückte Isomer 7B konnte keine energetische Minimunstruktur berechnet werden. Isomer 7B wird im Festkörper vermutlich durch Packungseffekte und Wechselwirkungen mit den Gegenionen favorisiert. Da der Zugang zu Komplexen des Typs [Zn2L6]2+ (L = Substitutionslabiler Ligand) als Startverbindung für Substitutionsreaktionen mit GaCp* noch nicht etabliert ist, wurde stattdessen [Cp*Zn2(Et2O)3][BAr4F] als Ausgangskomplex für die Reaktion mit GaCp* gewählt. Diese resultiert in der Darstellung des Komplexes [Zn2Ga6(Cp*)6]2+ (8), dessen elementare Zusammensetzung mittels AAS bestimmt werden konnte. NMR spektroskopische Untersuchungen zeigen, dass 8 ein Strukturisomer von 7 ist, das sowohl im Festkörper, als auch in Lösung einen [M2]2+ Kern enthält, der von sechs terminalen MCp* (M = Ga, Zn) Liganden koordiniert ist. Die analytischen Charakterisierungen lassen experimentell auf eine Konnektivität [Ga2(GaCp*)4(ZnCp*)2]2+ (8) schließen. Quantenchemische Rechnungen ergeben für das entsprechende Isomer eine energetische Minimunstruktur, die optimierten Metall-Metall Bindungen weichen jedoch signifikant von den experimentellen mit XRD ermittelten Werten der Molekülstruktur ab. Daher kann für Kation 8 keine defnitive und endgültige Besetzung der Gallium- und Zinkpositionen vorgenommen werden. 117 5. Ausblick 5. Ausblick Der Fokus dieser Forschungsarbeit lag in der Evaluierung synthetischer Bausteine, die vereint in der Darstellung neuer metallreicher Moleküle, mit neuartigen strukturellen, meachnistischen und bindungstheoretischen Eigenschaften, resultieren. Als Zinkquelle wurde dabei [Zn2Cp*2] verwendet, sodass der zweite Fokus der Arbeit gleichzeitig die Reaktivitätsuntersuchung des ungewöhnlichen Moleküles waren. Die Koordinationschemie von [Zn2Cp*2] befindet sich erst seit einigen wenigen Jahren im aktuellen Forschungsblickpunkt und beinhaltet daher noch großes synthetisches Potential. Substitutionslabile Komplexe sind für nahezu alle Übergangsmetalle bekannt und so bleibt es auch in Zukunft eine große Herausforderung, für [Zn2Cp*2] die richtige Kombination als Reaktionspartner auszumachen. Das verbleibende Potential deutet die Synthese von [Cu(ZnCp*)4(ZnZnCp*)] (Abbildung 52) an. Die Reaktion des in situ generierbaren KupferDimers [{IPrCu(µ-H}2] mit [Zn2Cp*2] resultiert in diesem Komplex, der das Gruppe-11 Homolog zu [M(ZnCp*)4(ZnZnCp*)4] (M = Ni, Pd, Pt) darstellt.97 Der literaturbekannte Syntheseweg der Kupfer Startverbindung involviert die Bildung von nicht identifizierten Nebenprodukten, auch die Ausbeute des in situ geformten [{IPrCu(µ-H}2] ist nicht bekannt. Abbildung 52. Links: Hypothetische Molekülstruktur von [Cu(ZnCp*)4(ZnZnCp*)3] (thermische Ellipsoide mit 50 % Aufenthaltswahrscheinlichkeit, Wasserstoffatome werden aus Gründen der Übersichtlichkeit nicht gezeigt). Rechts: [CuZn10] Kern in [Cu(ZnCp*)4(ZnZnCp*)3]. 118 5. Ausblick Diese Tatsachen machen einen sauberen Reaktionsverlauf mit [Zn2Cp*2] nicht möglich, und die Charakterisierung von [Cu(ZnCp*)4(ZnZnCp*)] konnte im zeitlichen Rahmen dieser Arbeit nicht abgeschlossen werden und wird lediglich als erfolgsversprechender Ausblick der weiteren Koordinationschemie von [Zn2Cp*2] an Übergangsmetallzentren erwähnt. Das andere Hauptziel ist, neben der Darstellung zinkreicher Moleküle, das Reaktionsverhalten von [Zn2Cp*2] in seinen Mechanismen detaillierter zu untersuchen und zu verstehen. Die Koordinationschemie von H2 an Übergangsmetallzentren und die essentiellen Faktoren, die zu der Stabilisierung von Diwasserstoffkomplexen führen oder in einem H-H Bindungsbruch resultieren sind gut erforscht und verstanden.98, 99, 124 Carmonas Reagenz [Zn2Cp*2] ist isolobal zu H2, ein analoges Reaktionsverhalten der beiden Moleküle wurde jedoch im Rahmen dieser Arbeit erstmals untersucht. Tatsächlich konnte mit den Darstellungen von [Zn 3Cp*2]+ (2), [Zn2Cp*2CuCp*] (3), [Pd(CNtBu)2(ZnCp*)4] (4) und [Pd(PdPCy3)2(Zn)(µ-Zn2Cp*)(µ-ZnCp*)3] (5) Apsekte der Koordinationschemie von H2 auf [Zn2Cp*2] übertragen werden. Die Erkenntnisse über das zum Teil analoge Reaktionsverhalten von H2 und [Zn2Cp*2] beinhaltet für zukünftige Reaktionen einen Anteil an Vorhersehbarkeit, ob ein „side-on“ koordinierter [Zn2Cp*2] Komplex gebildet werden kann, oder eine Reaktion unter homolytischer Zn-Zn Bindungsspaltung verläuft. Die Auswahl der TM-Startkomplexe kann so in Zukunft mit mehr Bedacht gewählt werden. 119 6. Experimental Teil 6. Experimental Teil 6.1 Allgemeine Arbeitstechniken Alle beschriebenen, durchgeführten Synthesen wurden unter striktem Ausschluss von Luft und Feuchtigkeit unter inerten Schlenktechniken durchgeführt. Alle verwendeten Schlenkgefäße wurden vor Gebrauch ausgeheizt und die Glaswände der Gefäße dabei mit siedendem 1, 1, 1, 3, 3, 3 – Hexamethyldisilazan silyliert, der Überschuss wurde im Vakuum entfernt. Alle dargestellten Verbindungen wurden in einer Glovebox bei Sauerstoff- und Wasserwerten ˂0.5 ppm gelagert, temperaturempfindliche Substanzen wurden zudem in einem Gefrierschrank der Glovebox bei -30 °C gelagert. Bei dem verwendeten Inertgas handelte es sich um nachgereinigtes Argon, das sowohl über einem beheizten KupferKatalysator, als auch über aktiviertes Molekularsieb geleitet wurde. Gängige Lösungsmittel wie n-Pentan, n-Hexan, Toluol, Tetrahydrofuran und Diethylether wurden mittels einer Lösungsmittel-Trocknungsanlage der Firma MBraun getrocknet. Mit Hilfe von Argonüberdruck werden hier die Lösungsmittel hintereinander durch zwei Säulen gepresst, die lösungsmittelabhängig mit Aluminiumoxid, Molekularsieb oder einem Kupferkatalysator befüllt waren. Alle weiteren verwendeten Lösungsmittel wie Fluorbenzol, Benzol oder Dirchlormethan wurden durch literaturbekannte, gängige Methoden getrocknet. Der Wassergehalt der Lösungsmittel wurde mit Hilfe von Karl-Fischer Titration überprüft, welcher ausschließlich bei einem Gehalt ˂5 ppm lag. 6.2 Routine-Arbeitsmethoden 6.2.1 Kernresonanzspektroskopie (NMR) Die Aufnahme der Kernresonanzspektren wurde an einem Bruker Advance 200 MHzSpektrometer, sowie einem Bruker Advance 250 MHz-Spektrometer durchgeführt. Die NMR Proben wurden in der Glovebox vorbereitet, wobei die verwendeten deuterierten Lösungsmittel über Molekularsieb getrocknet und mit Argon gesättigt wurden. Bei den NMRRöhrchen handelte es sich um verschraubbare, gasdichte J-Young-NMR-Röhrchen. Die Resonanten der Restsignale der deuterierten Lösungsmittel dienen als interner Standard (C6D6: 1H: 7.15 ppm, 13C: 128.06 ppm, CD2Cl2: 1H: 5.32 ppm, 13C 53.84 ppm). Alle 13C NMR 120 6. Experimental Teil Spektren sind protonenbreitbandentkoppelt. Für die Angaben der Multiplizitäten wurden folgende Abkürzungen verwendet: s = Singulett, d = Dublett, t = Triplett, m = Multiplett und br = breites Signal. Die erhaltenen Daten wurden mittels der Software MestReNova (Mestrelab Research S. L.) in der Version 7.0.1 bearbeitet. 6.2.2 Infrarotspektroskopie (IR) Die Infrarotspektren wurden mit abgeschwächter Totalreflexion (ATR) an einem Alpha FTIR-Spektrometer der Firma Bruker gemessen. Die Messungen wurden in einer Glovebox durchgeführt. Die Daten wurden mit Hilfe der Software OPUS 6.5 (Bruker Optik GmbH) aufgenommen und bearbeitet. 6.2.3 Massenspektrometrie (LIFDI MS) Die massenspektrometrischen Messungen wurden an einem LCT Gerät der Firma Waters durchgeführt. Das Massenspektrometer war dabei mit einer Liquid Injection Field Desorption Ionization (LIFDI) Ionenquelle der Firma Linden CMS GmbH ausgestattet. Die zu untersuchenden Substanzen wurden in Vorbereitung zu der Messung in der Glovebox in geeigneten Probengläschen mit Septum in Toluol, n-Hexan oder Dichlormethan gelöst. Die verwendete Ionisierungsmethode eignet sich insbesondere für die Analyse luftempfindlicher und labiler Komplexe. Die gelöste Probe wird zunächst über eine Kapillare auf einen mit Kohlenstoff bedampften Wolframdraht geleitet. Auf diesem so genannten Emitter verteilt sich die Probe äußerst fein und das überschüssige Lösungsmittel verdampft im Vorvakuum. Durch eine Spannungserzeugung von 10 kV zwischem dem Emitter, der als eine Elektrode fungiert und der Gegenelektrode werden die Probenmoleküle ionisiert und aufgrund von Coulomb Wechselwirkungen und Abstoßung zur Gegenelektrode geleitet und anschließend zum Detektor beschleunigt. Für eine energetische Anregung und höhere Mobilität der Moleküle auf den Dendriten des Emitters kann dieser durch eine Heizrampe von bis zu 80 mA erhitzt werden. Die gemessenen Daten wurden mittels der Software MestReNova (Mestrelab Research S. L.) in der Version 7.0.1 bearbeitet. 121 6. Experimental Teil 6.2.4 Elementaranalyse (EA), Atomabsorptionsspektroskopie (AAS) Die Elementzusammensetzungen wurden in dem Labor für Mikroanalytik und Thermoanalyse an der Universität Duisburg/Essen (Gerät vom Typ EURO EA Elemental Analyzer der Fa. EURO VECTOR, und einem Gerät der M-Serie der Fa. Thermo Electron) sowie dem Mikroanalytischen Laboratorium Kolbe, Mühlheim an der Ruhr, (Gerät vom Typ Elemental CHNOS-Analyzer (Vario EL) und einem Gerät der Firma Perkin-Elmer (AAS Model Analyst 200)). 6.2.5 Einkristall-Röntgenstrukturanalyse (XRD) Die Einkristall-Röntgenstrukturanalysen erfolgten an einem Oxford Xcalibur Diffraktometer mit einem Sapphire CCD Detektor, sowie an einem Oxford Supernova Diffraktometer mit Atlas Detektor. Verwendet wurden entweder MoKα-Röntgenstrahlen (λ = 0.71073 Å) mit einem Graphit-Monochromator oder CuKα-Röntgenstrahlung (λ = 1.54184 Å) mit einem Spiegelsystem als Monochromator. Zur Vorbereitung der Messung wurden die Einkristalle mit perfluoriertem Öl benetzt und unter dem Mikroskop auf einen Glasfaden oder eine Nylonschlaufe gesetzt. Die Bestrahlung erfolgte in einem Stickstoffstrom von 100 K. Die Datensammlung wurde mit der Software CrysAlisPro (kontinuierlich aktualisiert) der Firma Agilent durchgeführt. Absorptions Korrekturen basierend of mehrfach gescannten Reflektionen wurden wenn nötig mit ABSPACK in CrysAlisPro durchgeführt. Die Molekülstrukturen wurden mit dem Programm SHELXS-97 gelöst und mit SHELXS-97 gegen F2 mit der Full-Matrix-Least-Squares Methode verfeinert. Stark fehlgeordnete co-kristallisierte Lösungsmittelmoleküle, die nicht verfeinert werden konnten, wurden mit der SQUEEZE Routine, im Programmpaket PLATON enthaöten, aus den Beugungsdaten entfernt. 6.3 Ausgangsverbindungen Die verwendeten Ausgangsverbindungen wurden handelsüblich kommerziell erworben und, sofern nicht anders angegeben, ohne zusätzliche Reinigung eingesetzt. Folgende Ausgangsmaterialien wurden nach Literaturvorschriften synthetisiert. 122 6. Experimental Teil [Zn2Cp*2]125 [H(Et2O)2][BAr4F]126 [CpCu(CNtBu)]48 [{(NHC)Cu(µ-H)}2]108 [{Pd(CNtBu)2}3]127 [Pd(PCy3)2]128 [ZnCp*2]129 [Ga2Cp*][BAr4F]130 [Cp*Zn2(Et2O)3]75 GaCp*131 6.4 Synthese und analytische Daten dargestellter Verbindungen [Zn4Cp*3(Et2O)2][BAr4F] (1). Eine Mischung aus 100 mg [Zn2Cp*2] (0.249 mmol) und 126 mg [H(Et2O)2][BAr4F] (125 mmol) wurde bei -25 °C in 3 mL Fluorbenzol gelöst, wobei die Lösung sich sofort über helles orange und gelb, tief orange färbte. Die Lösung wurde für 30 Minuten bei -25 °C gerührt. Anschließend wurde das Produkt durch die Zugabe von 16 mL n-Hexane gefällt. Die farblose, mikrokristalline Substanz wurde bei -25 °C isoliert, dreimal mit 4 mL nHexane gewaschen und im Vakuum getrocknet. Farblose Einkristalle bilden sich durch Überschichten der Fluorbenzollösung mit 9 mL n-Hexane und Lagerung bei -30 °C nach sechs Tagen. Ausbeute: 284 mg (0.169 mmol, 68 % d. Th.) Elementanalytik (%) berechnet für C70H77BF24O2Zn4: C 50.08, H 4.62, Zn 15.58; Gefunden: C 47.69, H 4.21, Zn 15.02 1H NMR (CD2Cl2, 298 K, ppm): 7.73 (br, 8H, BAr4F), 7.57 (br, 4H, BAr4F), 3.36 (m, 8H, CH3CH2O), 2.06 (s, 45H, C5Me5), 1.22 (m, 12H, CH3CH2O) 19F NMR (CD2Cl2, 298 K, ppm): 62.9 (CF3) LIFDI-MS (m/z): 536 ([M -2(Et2O) -2Zn]+), 602 ([M -2(Et2O) -Zn]+), 668 ([M -2(Et2O)]+) IR (cm-1): 2887, 2844, 1598, 1376, 1342, 1260, 1157, 1108, 1037, 877, 831, 816, 783, 737, 707, 674, 662, 600, 577, 499, 478, 443, 422 123 6. Experimental Teil [Zn3Cp*3][BAr4F] (2). 100 mg [Zn2Cp*2] (0.249 mmol), 84 mg [ZnCp*2] (0.249 mmol) und 252 mg [H(Et2O)2][BAr4F] wurden in 3 mL Fluorbenzol gelöst. Die sich bildende gelbe Lösung wurde eine Stunde bei Raumtemperatur gerührt und das Lösungsmittel anschließend im Vakuum entfernt. Der ölige gelbe Rückstand wurde mit 2 mL n-Hexan versetzt, wobei sich ein gelber pulvriger Feststoff bildet. Dieser wurde erneut mit 2 mL n-Hexan gewaschen und im Vakuum getrocknet. Gelbe, nadelförmige Einkristalle bildeten sich durch Überschichten der Fluorbenzollösung mit 9 mL n-Hexan und langsame Diffusion bei -30 °C. Ausbeute: 289 mg (0.197 mmol, 79 %) Elementanalytik (%) berechnet für C65H59.5BF24.5Zn3 (2 · 0.5 C6H5F): C: 51.72, H: 3.98, Zn: 12.72; Gefunden: C: 49.47, H: 3.93, Zn: 11.03 IR (cm-1): 2900, 1596, 1443, 1401, 1375, 1342, 1264, 1108, 997, 925, 879, 831, 738, 706, 675, 663, 578, 500, 443 [Zn2Cp*2CuCp*] (3) 50 mg CuCl (0.498 mmol) wurden in 2 mL THF suspendiert, auf -78 °C gekühlt und zu einer Suspension von 71 mg LiCp* (0.498 mmol) in 3 mL THF, die ebenfalls auf -78 °C gekühlt wurde, gegeben. Zu der Reationsmischung, die das in situ geformte CuCp* enthält, wurden bei -78 °C 200 mg [Zn2Cp*2] (0.498 mmol) in 3 mL THF gegeben, wobei augenblicklich ein blass gelber, mikrokristalliner Feststoff ausfiel. Die Mutterlösung wurde mittels Kanule entfernt und der Rückstand bei -78 °C in 8 mL Toluol aufgenommen. Kühlen der Lösung auf -30 °C über Nacht führt zu der Bildung gelber, prismenförmiger Einkristalle. Für weitere analytische Charakterisierungen wurden diese in der Kälte isoliert, bei – 30 °C dreimal mit 3 mL n-Hexan gewaschen und im Vakuum getrocknet. Ausbeute: 104 mg (0.174 mmol, 35 % d. Th.) Elementanalytik (%) berechnet für C30H45CuZn2: C: 60.05, H: 7.55, Cu: 10.59, Zn: 21.79; Gefunden: C: 58.68, H: 7.36, Cu: 11.22, Zn: 21.96 1H NMR (C6D6, 298 K, ppm): δ = 2.23 (s,15H, CuC5Me5), 2.07 (s, 30H, ZnC5Me5) 13C NMR (C6D6, 298 K, ppm): δ = 110.35 (ZnC5Me5), 104.65 (s, CuC5Me5), 12.18 (s, CuC5Me5), 10.91 (s, ZnC5Me5) LIFDI-MS: m/z = 1128 ([Zn4Cu3Cp*5]+), 927 ([Zn2Cp*2CuCuZn2Cp*2]+), 660 ([Zn3CuCp*3]+) IR (cm-1): 2936, 2878, 2832, 1407, 1371, 1250, 1175, 1082, 1032, 906, 881, 855, 791, 744 124 6. Experimental Teil [Pd(CNtBu)2(ZnCp*)4] (4) Zu einer Mischung aus 130 mg [{Pd(CNtBu)2}3] (0.040 mmol) und 384 mg [Zn2Cp*2] (0.956 mmol) wurden 5 mL n-Hexan gegeben. Zunächst bildete sich eine klare, rote Lösung, aus der nach 10 Minuten ein orangener, mikrokristalliner Niederschlag ausfiel. Das Reaktionsgemisch wurde für eine Stunde bei Raumtemperatur gerührt. Anschließend wurde das Produkt mittels Kanule isoliert und dreimal mit je 3 mL n-Hexan gewaschen. Gelbe, kubische Einkristalle wurden durch Umkristallisation aus 6 mL Toluol bei -30 °C erhalten. Ausbeute: 159 mg (0.148 mmol, 31 % d. Th) Elementanalytik (%) berechnet für C50H78N2PdZn4: C: 55.85, H 7.31, N 2.61, Pd 9.89, Zn 24.33; Gefunden: C 55.35, H 6.89, N 2.61, Pd 10.98, Zn 23.85 1H NMR (C6D6, 298 K, ppm): δ = 2.27 (s, 30H, C5Me5), 2.10 (s, 30H, C5Me5), 1.18 (s, 18H, CNtBu) 13C NMR (C D , 298 K, ppm): δ = 109.71 6 6 (s, C5Me5), 109.30 (s, C5Me5), 55.94 (s, CNCMe3), 30.54 (s, CNCMe3), 11.78 (s, C5Me5) IR (cm-1): 2950, 2878, 2832, 2092 (C≡N), 1769, 1461, 1427, 1409, 1366, 1220, 1188 (C-N), 1023, 851, 790, 724, 689, 603, 583, 498, 460 [Pd3Zn6(PCy3)2(Cp*)4] (5) 100 mg [Pd(PCy3)2] (0.150 mmol) wurden zusammen mit 126 mg [Zn2Cp*2] (0.315 mmol) in 5 mL Toluol gelöst, wobei sich eine klare, rote Lösung bildete. Diese wurde für eine Stunde auf 80 °C erhitzt. Nach dem Abkühlen auf Raumtemperatur wurde die Reaktionslösung auf 2 mL eingeent und bei -30 °C gelagert. Tiefrote, prismatische Einkristalle wurden über Nacht aus der Lösung erhalten. Aubeute: 47 mg (0.026 mmol, 17 % d. Th.) Elementanalytik (%) berechnet für C86H134P2Pd3Zn6 (5·C7H8): C 52.31, H 7.08, Pd 16.75, Zn 20.59; Gefunden: C 53.17, H 7.18, Pd 16.72, Zn 20.40 1H NMR (C6D6, 298 K, ppm): 2.30 (d, 60 H, C5Me5), 1.72 (m, 66H) 13C NMR (C6D6, 298 K, ppm): 115.25 (s, C5Me5), 111.01 (s, C5Me5), 34.44 (PCy3), 32.14 (PCy3), 28.22 (PCy3), 27.20 (PCy3), 13.13 (C5Me5), 12.45 (C5Me5) 31P NMR (C6D6, 298 K, ppm): 52.26 IR: 2898, 2827, 1643, 1597, 1433, 1343, 1265, 1111, 993, 925, 879, 831, 738, 722, 706, 688, 667, 614, 444 125 6. Experimental Teil [(CuCNtBu)4(ZnCp*)4] (6a) / [(CuCNtBu)4(ZnCp*)3(ZnCp)] (6b) Eine Mischung aus 150 mg [CpCuCNtBu] (0.708 mmol) und 285 mg [Zn2Cp*2] (0.708 mmol) wurde in 4 mL Toluol gelöst, wobei sich eine tiefrote, klare Lösung bildete. Diese wurde für eine Stunde bei Raumtemperatur gerührt und das Lösungsmittel anschließend im Vakuum entfernt. Der orangene Rückstand wurde zweimal mit 3 mL n-Hexan gewaschen und anschließend getrocknet. Aufnahme des Rückstandes in 2 mL Toluol und Lagerung der roten Lösung bei -30 °C führt zur Bildung von tiefroten, kubischen Einkristallen der Mischzusammensetzung [(CuCNtBu)4(ZnCp*)4] (6a) / [(CuCNtBu)4(ZnCp*)3(ZnCp)] (6b) sowie gelben Prismen, die mittels XRD als [Cp*CuCNtBu] identifiziert werden konnten. Für analytische Charakterisierungen wurden die Einkristalle der Verbindungen 6a/6b manuell unter einem Mikroskop in der Glovebox von dem Nebenprodukt getrennt. Die Ausbeute wurde nicht bestimmt. Elementanalytik (%) berechnet für (C57.5H91N4Cu4Zn4): Cu 18.77, Zn 19.31; Gefunden: Cu 19.32, Zn 20.52 1H NMR (C6D6, 298 K, ppm): δ = 6.37 (5H, Cp (6b)), 2.37 (60H, C5Me5 (6a)), 2.36 (45H, C5Me5 (6b)), 1.32 (27H, CNtBu (6b)), 1.31 (9H, CNtBu (6b)), 1.24 (36H, CNtBu (6a)) LIFDI-MS: m/z = 1424 ([6a + Cu]+), 1389 ([6a]+), 1319 ([6b]+), 1306 ([6a – CNtBu]+), 1188 ([6a– ZnCp*]+, [6b – ZnCp]+), 1170 ([6a – CNtBu – Cp*]+), 1091 ([6b – Cu(CNtBu) – CNtBu)]+), 1040 ([6a – Cu(CNtBu) – ZnCp*]+, [6b – Cu(CNtBu) – ZnCp]+), 1022 ([6b – Cu(CNtBu) – CNtBu – Cp]+, ), 956 ([1b – Cu(CNtBu) - CNtBu – ZnCp]+], 893 ([6a – 2Cu(CNtBu) – ZnCp*]+, [6b – 2Cu(CNtBu) – ZnCp]+), 809 ([6b – Cu(CNtBu) – 2CNtBu – ZnCp*]+), 746 ([6a – 3Cu(CNtBu) – ZnCp*]+, [6b – 3Cu(CNtBu) – ZnCp]+), 694 ([6a – 2Cu(CNtBu) – 2ZnCp*]+, [6b – 2Cu(CNtBu) – ZnCp* - ZnCp]+), 282 ([Cp*CuCNtBu]+) IR (cm-1): 2937, 2880, 2829, 2104, 1462, 1415, 1385, 1358, 1249, 1192, 1076, 1006,853, 790, 744, 723, 690, 582, 545, 501, 461, 442 [Zn2(GaCp*)6][BAr4F]2 (7) 50 mg [Zn2Cp*2] (0.199 mmol) wurden zusammen mit 227 mg [Ga2Cp*][BAr4F] (0.199 mmol) in 5 mL Fluorbenzol gelöst, wobei sich die Lösung gelb färbte und sofortiger Metallausfall zu beobachten war. Die Reaktionsmischung wurde für 1.5 Stunden bei Raumtemperatur gerührt. Anschließend wurde für 45 min bei 2000 rpm zentrifugiert und die klare gelbe Lösung via Kanule von dem Metallrückstand getrennt. Einengen der Lösung auf 2 mL und Lagerung dieser bei -30 °C führt zu der Bildung von gelben, 126 6. Experimental Teil kubischen Einkristallen. Zur weiteren Charakterisierung wurden die Kristalle isoliert, mit drei Portionen (je 3 mL) n-Hexan gewaschen und getrocknet. Ausbeute: 161 mg (26 % d. Th.) Elementanalytik (%) berechnet für C148H134B2F52Ga6Zn2 (7[BArF]2 · 4C6H5F): C 51.21, H 3.89, Zn 3.77, Ga 12.05; Found: C 47.19, H 3.05, Zn 3.57, Ga 10.81 1H NMR (CD2Cl2, 298 K, ppm) δ = 7.72 (s, 8H, BAr4F), 7.56 (s, 16H, BAr4F), 2.05 (s, 90H,C5Me5) 1H NMR (CD2Cl2, 208 K, ppm) δ = 7.72 (s, 16H, BAr4F), 7.52 (s, 32H, BAr4F), 1.92 (s, 30H, C5Me5), 1.88 (s, 150H, C5Me5) 13C NMR (CD2Cl2, 298 K, ppm) δ = 162.18 (q, JC-B = 51.9 Hz, BAr4F), 135.29 (s, BAr4F), 129.39 (q, JC-F = 31.6 Hz, BAr4F), 124.97 (q, JC-F = 272.1 Hz, CF3), 117.97 (C5Me5), 116.95 (s, BAr4F), 9.86 (s, C5Me5) 19F NMR (CD2Cl2, 298 K, ppm): δ = -62. (s, CF3) IR (cm-1): 2903, 1596, 1446, 1401, 1379, 1341, 1265, 1102, 939, 922, 888, 877, 831, 789, 738, 707, 676, 662, 578, 444, 406 [Zn2Ga6(Cp*)6][BAr4F]2 (8) Eine Lösung von 150 mg [Cp*(Zn2Et2O)3][BAr4F] (0.111 mmol) in 5 mL Fluorbenzol wurde auf -15 °C gekühlt und 140 mg GaCp* (0.686 mmol) wurden zugegeben. Die Reaktionsmischung wurde für eine Stunde bei -15 °C gerührt wobei ein gelber Feststoff ausfällt. Dieser wurde isoliert, mit n-Hexan gewaschen (dreimal je 3 mL) und im Vakuum getrocknet. Gelbe Einkristalle konnten durch Umkristallisation des Produktes in Fluorbenzol bei -30 °C erhalten werden. Ausbeute: 150 mg (44 % d. Th.) Elementanalytik (%) berechnet für C124H114B2F48Ga6Zn2: C 48.25, H 3.72, Zn 4.24, Ga 13.55; Gefunden: C 47.39, H 3.85, Zn 4.62, Ga 12.64 1H NMR (CD2Cl2, 298 K, ppm): δ = 7.72 (s, 16H, BAr4F), 7.56 (s, 8H, BAr4F), 2.04 (s, 60H, C5Me5) 1H NMR (CD2Cl2, 218 K, ppm): δ = 7.71 (s, 16H, BAr4F), 7.53 (s, 8H, BAr4F), 1.96 (s, 60H, GaCp*), 1.92 (s, 30H, ZnCp*) 13C NMR (CD2Cl2, 298 K): δ = 162.14 (q, JC-B = 49.8 Hz, BAr4F), 135.18 (s, BAr4F), 129.19 (q, JC-F = 31.5 Hz, BAr4F), 127.16 (q, JC-F = 275.3 Hz, CF3), 117.86 (s, BAr4F), 116.41 (bs, C5Me5), 9.79 (s, C5Me5) 11B NMR (CD2Cl2, 298 K, ppm): δ = -6.56 (s, BAr4F) 19F NMR (CD2Cl2, 298 K, ppm): δ = -62.83 (s, CF3) LIFDI-MS: m/z = 271 [GaZnCp*]+, 136 [Cp*]+ IR (cm-1) = 2899, 1342, 1266, 1106, 926, 878, 738, 677, 663 127 6. Experimental Teil 6.5 Packung der dargestellten [BAr4F]-Salze 1, 2, 7 und 8 in der Elementarzelle Die folgenden vier Abbildungen zeigen die Packung der Verbindungen 1[BAr4F], 2[BAr4F], 7[BAr4F]2, und 8[BAr4F]2, in der Elementarzelle. Neben Kationen und Anionen sind auch die Co-kristallisierten Lösungsmittelmoleküle abgebildet. Die Kreuze entsprechen fehlgeordneten, niedriger besetzten Parts von Atomen. Die verwendeten Farben entsprechen: blau: Gallium, grau: Kohlenstoff, grün: Zink, lila: Bor, rot: Sauerstoff, violett: Fluor. Abbildung 53. Packung von [Zn4Cp*3(Et2O)2][BAr4F] (1[BAr4F]) in der Elementarzelle. 128 6. Experimental Teil Abbildung 54. Packung von [Zn3Cp*3][BAr4F] (2[BAr4F]) in der Elementarzelle. Abbildung 55. Packung von [Zn2(GaCp*)6][BAr4F]2 (7[BAr4F]2) in der Elementarzelle. 129 6. Experimental Teil Abbildung 56. Packung von [Zn2Ga6(Cp*)6][BAr4F]2 (8[BAr4F]2) in der Elementarzelle. 6.6 Exkurs: Das Jellium Modell Vor dem Jahr 1984 wurden Metallcluster entweder als kleine Mikromoleküle aus wenigen Atomen, die mit molekular physikalischen und quantumchemischen Methoden charakterisiert werden können, oder als kleine Partikel des mesoskopischen Bereichs, die mit Methoden der Festphasen und statistischer Physilk beschrieben werden können, beschrieben. Eine neue Ära wurde 1984 durch die Entdeckung von elektronischen Schalenstrukturen in freien AlkaliMetall Clustern durch Knight et al. eingeleitet. In massenspektrometrischen Untersuchungen von Natriumclustern mit Atomanzahlen von N = 2 - 100 wurden entscheidene Regelmäßigkeiten gefunden. So sind die Peaks für bestimmte Massen, die mit N = 8, 20, 40, 58 und 92 korrespondieren, auffallend groß und scheinen stabiler, als andere Cluster. Aus der Betrachtung der elektronischen Struktur geht ein simples Bild hervor. So wird die Sequenz N = 8, 20, 40, 58 und 92 mit einer elektronischen Schalenstruktur von Natriumclustern assoziiert, die von einer großen Energielücke zwischen den verschiedenen Energieleveln bestimmt wird. Auf die elektronische Struktur von elementaren Natrium kann das Modell quasifreier 130 6. Experimental Teil Elektronen angewendet werden. Die 3s Valenzelektronen interagieren mit dem Potential des Teilchens im Kasten, bestehend aus dem ionischen Pseudopotential und dem ElektronElektron Wechselwirkungspotential. Ein ähnliches Modell kann anscheinend auf Cluster angewendet werden. Das Potential, dass das Ein-Elektron Potential beschreibt ist 𝑈(𝑟) = − 𝑈0 𝑟 − 𝑟0 exp [ 𝜖 ] + 1 Mit U0 gleich der Summe der Fermi-Energie (3.23 eV) und der Austrittsenergie (2.7 eV) des Volumenmaterials; r0 ist der effektive Radius der Clustersphäre, angenommen als rSN1/3 mit rS als Radius einer Sphäre, die ein Elektron im Volumenmaterial enthält (rS = 3.93 a.u. für Natrium); ϵ ist ein Parameter, der die Variation des Potentials am Rand der Sphäre festlegt und 1.5 a.u. beträgt. Diese Beobachtung von Knight et al. richtete den Fokus auf quantisierte Bewegungen delokalisierter Valenzelektronen.132 Das von Knight et al. eingeführte Konzept wird als sphärisches Jellium Modell bezeichnet, die vorrausgesagten Stabilitäten bestimmter Cluster mit einer Atomanzhal N sind sogennante „magische Zahlen“. Das Potential U(r) ist aus der Nuklearphysik als Woods-Saxon Potential bekannt. Ein essentieller Faktor dieses Modells ist die Separation der Schrödinger-Gleichung in radiale und gewinkelte Anteile, die JelliumWellenfunktion kann beschrieben werden als 𝜓𝑛𝑙𝑚 = 𝑓𝑛𝑙 (𝑟)𝑌𝑙𝑚 (𝜃, 𝜙) Ylm(θ, φ) ist die Kugelflächenfunktion und fnl(r) hängt von der Form des Potenzialfeldes ab. Die Schrödinger Gleichung wird für jedes N nummerisch gelöst. Daraus ergeben sich diskrete Energielevel, die durch n und ihre Drehimpuls-Quantenzahl l mit einer Degeneration von 2(2l+1) spezifiziert werden. Das Energie-Level des Einelektronen-Modells ist 1s < 1p < 1d < 2s < 1f < 2p < 1g < 2d < 3s < 1h… Elektronisch abgeschlossene Schalen werden so bei 2, 8, 20, 32, 40, 58, 68, 70, 92… erwartet. Die guten Übereinstimmung „magischer Zahlen“ des Jellium Modells und den Beobachtungen aus massenspektroskopischen Untersuchungen von AlkaliMetallclustern demonstrieren die Anwendbarkeit des Jellium-Modells.114 Die Annahme des Modells, die Elektronen als Wellenfunktion des Teilchen im Kasten zu betrachten, die über den gesamten Cluster ausgesehnt ist, den ionischen Kern eines Clusters aber als uniformen, positiv geladenen Hintergrund zu betrachten ist ein simples Modell, das wie jedes simple Modell Limitierungen besitzt. So wird die elektronische Struktur, die zweifelsohne Einfluss auf 131 6. Experimental Teil Stabilität und Struktur Wechselwirkungen eines werden nicht Clusters hat einbezogen. völlig Durch missachtet, den Elektron-Elektron s-Wellencharakter der Wellenfunktion kann das Modell gut auf Alkalimetall-Cluster sowie Cu, Ag und Au Cluster angewendet werden, ist für andere Metallcluster jedoch nur bedingt gültig. Das Modell berechnet zudem oftmals eine zu große Anzahl an „magischen Zahlen“, die nicht immer einem Zustand abgeschlossener Schalen zugeordnet werden können. Diese Limitierungen haben zu Erweiterungen des Modells geführt, wie zum Beispiel der Beachtung von Elektron-Elektron Wechselwirkungen.113 Eines der weiterführenden Modelle ist das strukturelle Jellium Modell. Der wichtigste Aspekt dieses Modells ist die Zerlegung des Coulomb Potentials in einen sphärischen und einen nicht-sphärischen Anteil. Letzterer ist für die Aufspaltung der degenerierten Orbitale der Schalen verantwortlich (Abbildung 57). Diese Aufspaltung ist verantwortlich für die geometrischen Strukturen von Clustern mit und ohne abgeschlossene Schalen. Stabilität von Clustern wird im Jellium Modell mit abgeschlossenen Schalen verbunden. Ein Alkali-Metall Cluster mit der Elektronenkonfiguration 1s21p2 würde eine prolate Struktureinnehmen, da die Stabilisierungsenergie von zwei Elektronen in p0 doppelt so groß ist, wie das Füllen von p1. Ebenso ist ein Alkali-Metall Cluster mit sechs Elektronen, 1s21p4 oblat. Stehen acht Elektronen zur Verfügung, ist die p Schale vollständig gefüllt, der Cluster ist sphärisch, da es keine Triebkraft für das Abweichen von einer sphärischen Struktur gibt. Das strukturelle Jellium Modell lässt also vermuten, dass Cluster mit nicht abgeschlossenen Schalen eine oblate oder prolate Geomtrie einnehmen, wohingegen Cluster mit abgeschlossenen Schalen spährisch sind. Tabelle 12 enthält spezifische Beispiele dieses Prinzips.114 Abbildung 57. Aufspaltmuster der p-, d- und f-Orbitale im strukturellen Jellium Modell. Nachdruck mit Genehmigung von D. M. P. Mingos, T. Slee, L. Zhenyang Chem. Rev. 1990, 90, 383-402. Copyright (1990) American Chemical Society. 132 6. Experimental Teil Tabelle 12. Klassifizierung von Polyedern Anzahl der Atome Polyeder Form 4 Tetraeder Sphärisch 4 Quadrat Oblat 5 Eckenverkappter Tetraeder Prolat 5 Trigonale Bipyramide Prolat 5 Quadratische Pyramide Oblat 5 Pentagon Oblat 6 Oktaeder Sphärisch 6 Trigonales Prisma Prolat 6 Ecken-verknüpfter Tetraeder Prolat 6 Pentagonale Pyramide Oblat 7 Verkappter Oktaeder Prolat 7 Dreifach verkappter Tetraeder Oblat 7 Pentagonale Bipyramide Oblat 8 Würfel Sphärisch 8 Vierfach verkappter Tetraeder Sphärisch 8 Dodekaeder Prolat 8 Quadratisches Antiprisma Oblat 9 Verkapptes quadratisches Antiprisma Prolat 9 Dreifach verkapptes trigonales Prisma Oblat 10 Vierfach verkappter Oktaeder Sphärisch 10 Zweifach verkapptes quadratisches Antiprisma Prolat 10 Pentagonales Prisma Oblat 10 Pentagonales Antiprisma Oblat 12 Ikosaeder Sphärisch Das Jellium Modell ist bis heute ein Prinzip, das erfolgreich für die Beschreibung von Clustern, wie etwa Goldclustern verwendet wird. Untersuchungen von Schnöckel et al. demonstrierten im Jahr 2007, die Übertragung des Prinzips auf metalloide Cluster und so dessen breite Anwendbarkeit. 133-135 133 6. Experimental Teil 6.7 Exkurs: Beugungsuntersuchungen mit Röntgen-, Synchrotronund Neutronenstrahlung zur Strukturaufklärung anorganischer Festkörper 6.7.1 Routine Einkristall-Röntgenstrukturanalyse (XRD) Röntgenstrahlung ist elektromagnetische Strahlung mit Wellenlängen im Bereich von ~ 1 Å und liegt im elektromagnetischen Spektrum zwischen γ-Strahlung (~ 0.05 Å) und Ultravioletter-Strahlung (100 – 400 nm). Röntgenstrahlung wird durch hochbeschleunigte Elektronen erzeugt, wobei eine angelegte Hochspannung von 30-50 kV als Energiequelle dient, die dann auf Materie treffen. Die daraus resultierende Strahlung besteht aus einem Anteil an weißer Strahlung und einem Anteil an Strahlung, die eine feste Wellenlänge aufweist, die sogenannte monochromatische Strahlung. Röntgenstrahlung wird in der Einkristall-Röntgenstrukturanalyse als Routinemethode für die Aufklärung von Molekülstrukturen verwendet. Die experimentell verwendete Strahlung ist in nahezu allen Untersuchungen monochromatische Strahlung, die erzeugt wird, indem hochbeschleunigte Elektronen von einer Kathode in einer Hochvakuumröhre zu einer Anode (Target), die aus einem Metall, meist Kupfer oder Molybdän besteht, beschleunigt werden. Die Energie der Elektronen ist bei dem Auftreffen auf das Metall hoch genug, um eines der 1s Elektronen (kernnahe K-Schale) des Metalls herauszuschlagen. Die so entstandene Lücke auf 1s Level des Metalls wird durch ein Elektron der 2p oder 3p Schale sofort gefüllt, wobei dieses energetisch absinkt und die Energie des Überganges frei wird und als Röntgenstrahlung emittiert wird. Die Übergangsenergien weisen konkrete Werte auf wodurch ein charakteristisches Spektrum der Röntgenstrahlung entsteht. Die Linien des Spektrums werden dem Übergang entsprechend als Kα (2p 1s) und Kβ (3p 1s) bezeichnet. Um monochromatische Strahlung zu erhalten, muss ein Teil der Strahlung gefiltert werden. Für Röntgenstrahlen, die beispielsweise durch Kupfer emittiert werden, besitzt die Kα Linie die höchste Intensität und ist somit die effektivste Linie für XRD Untersuchungen. Um lediglich Cu Kα-Strahlung zu verwenden wird zur Trennung der Strahlung in der Praxis ein Filter, welcher meist aus einem Element besteht, welches eine oder zwei Ordnungszahlen unter dem Targetmaterial liegt, oder ein EinkristallMonochromator verwendet. Die Kα-Wellenlänge von Kupfer- und Molybdän-Strahlung, welche beide im Rahmen dieses Dissertationsprojektes verwendet wurden, sowie verwendbare Filter sind in Tabelle 13 aufgelistet.136, 137 134 6. Experimental Teil Tabelle 13. Wellenlänge der Rötgenstrahlung für verwendete Targetmaterialien. Target Kα Filter Cu 1.5405 Å Ni Mo 0.7093 Å Nb Die Wechselwirkung von Röntgenstrahlung mit Materie basiert auf zwei verschiedenen Prozessen: Streuung und Absorption (mit nachfolgender Emission). Absorptions- oder Emissionprozesse (Röntgenfluoreszenanalyse) spielen für die Routine-Einkristall- Röntgenstrukturanalyse theoretisch keine Rolle und werden daher hier nicht näher erläutert, auch wenn Absorption bei der Auswertung von Röntgenstrukturanalyse Daten nicht gänzlich außer Acht gelassen werden kann. Bei Streuprozessen ist zwischen inkohärenter Streuung und kohärenter Streuung zu unterscheiden. Inkohärente Streuung entsteht durch Energieverlust der Strahlung, hervorgerufen durch einen Stoßprozess zwischen einem Photon und einem Elektron, und weist eine höhere Wellenlänge als die Eingangsstrahlung auf. Die Wellenlänge kohärenter Streuung ist jedoch dieselbe, wie die der Eingangsstrahlung. Der Beugungsprozess resultiert in diesem Fall nicht in einem Energieverlust. Die Entstehung kohärenter Streuung bei der Wechselwirkung von Röntgenstrahlung und kristalliner Materie ist die experimentelle Grundlage der Röntgenstrukturanalyse. Der entscheidende Faktor ist nun, dass die Röntgenstrahlung beim Auftreffen auf die einzelnen Ebenen eines Einkristalls an den Elektronen der Moleküle gebeugt wird. Durch den einfallenden Röntgenstrahl wird ein Elektron zu einer gezwungenen Schwingung angeregt und emittiert Strahlung, die kohärent zu der Eingangsstrahlung ist. Somit dienen die Elektronen des zu untersuchenden Einkristalls also als zweite Quelle der Röntgenstrahlung. Die emittierten Strahlen werden detektiert und das entstehende Beugungsmuster (die Position und Intensität der verstärkten Wellenfronten, sowie die Symmetrie des Gesamtbildes) kann ausgewertet werden, wodurch die Kristall- und Molekülstruktur bestimmt wird. In XRD Experimenten wird also nicht die Position der Atome im Einkristall bestimmt, sondern die Verteilung der Elektronen in der Elementarzelle, da die Röntgenstrahlung mit der Elektronendichte in Wechselwirkung tritt. Durch diese Wechselwirkung wird zunächst das Beugungsmuster und durch anschließende Auswertung die Elektronendichtekarte erhalten. Aus dieser ist es dann möglich, die Molekülstruktur zu ermitteln. Die Röntgenbeugung ist also stark von der Anzahl der Elektronen eines Moleküls und somit der Anzahl an Elektronen der enthaltenen Elemente und dessen Ordnungszahl 135 6. Experimental Teil abhängig.136, 137 Alle neuen Verbindungen (1-8), die in dieser Dissertation beschrieben wurden, wurden mittels XRD Experimenten untersucht und 3, 6 und 8 eignen sich, um die Limitierung dieser Methode aufzuzeigen. Mit [Zn2Cp*2CuCp*] (3), [(CuCNtBu)4(ZnCp*)4] / [(CuCNtBu)4(ZnCp*)3(ZnCp)] (6a/6b), [Zn2(GaCp*)6]2+ (7) und [Zn2Ga6(Cp*)6]2+ (8) sind vier Komplexe bimetallische Verbindungen, deren Metalle benachbarte Elemente im Periodensystem der Elemente sind. Folglich unterscheiden sich Kupfer und Zink, sowie Gallium und Zink, nur durch die Anzahl eines Elektrons, wodurch die Elementkombinationen in XRD Untersuchungen unter der Verwendung von monochromatischer Cu Kα- oder Mo Kα-Strahlung nicht unterscheidbar sind, da diese eine Abbildung der Elektronendichte liefern, die für Cu/Znsowie Ga/Zn- Variationen nicht signifikant voneinander abweichen. Für die Komplexe 3, 6a/6b und Kation 7 konnte die Molekülstruktur durch komplementäre analytische Charakterisierungen sowie quantenchemische Kalkulationen bestimmt werden, für Kation 8 konnten die aus den Untersuchungen gezogenen Erkenntnisse jedoch nicht in Einklang gebracht werden, wodurch eine Besetzung der Gallium- und Zinkpositionen im Molekül nicht vorgenommen wurde. Experimentell müsste man für eine definitive Unterscheidung der Gallium und Zinkatome in 8 auf Synchrotron Röntgenstrahlung oder Neutronenbeugung zurückgreifen, beide Beugungsverfahren werden folgend erläutert. 6.7.2 Synchrotron Röntgenstrahlung Synchrotron Röntgenstrahlung wird erzeugt, wenn Elektronen sich, beschleunigt und geleitet durch starke Magnetfelder, mit hoher Energie kreisförmig in einer Ultrahochvakuum Röhre, dem Speicherring, des Synchrotrons bewegen (Abbildung 58). Die Geschwindigkeit der Elektronen erreicht dabei nahezu Lichtgeschwindigkeit, woraus eine Energie von 109 eV resultiert.137, 138 136 6. Experimental Teil Abbildung 58. Schematische Zeichnung eines Synchrotron Speicherringes. Als Folge wird elektromagnetische Strahlung in eine Richtung tangentiell zum Kreis emittiert. Diese Strahlung weist eine Energieverteilung auf und der Mittelpunkt der erhaltenen Wellenlänge (λc = kritische Wellenlänge) hängt von dem Radius R des Speicherringes (in Metern) ab. Die Abhängigkeit kann durch folgende Gleichung beschrieben werden: 𝜆𝑐 = 5.59 𝑅 (Å) (𝐸 = 𝐸𝑛𝑒𝑟𝑔𝑖𝑒 𝑑𝑒𝑟 𝐸𝑙𝑒𝑘𝑡𝑟𝑜𝑛𝑒𝑛 𝑖𝑛 𝑒𝑉) 𝐸3 Für große Speicherringe können so Wellenlängen in dem Bereich von 0.3 – 2.5 Å erreicht werden. Durch die Anwendung eines Monochromators kann aus diesem Bereich selektiv für jedes Experiment monochromatische Strahlung einer gewünschten Wellenlänge extrahiert werden, worin ein maßgeblicher Vorteil der Synchrotron Strahlung liegt. Des Weiteren ist die Intensität der Synchrotron Strahlung um einen Faktor 102-104 höher als die charakteristischen Linien einer Röntgenröhre, das Signal-Rausch-Verhältnis ist wesentlich besser als für herkömmliche Quellen und die Datensammlung erfolgt in einem kürzerem Zeitraum, was besonders für die Analyse von Makromolekülen von Vorteil ist. Für die Problemstellung, die der Komplex [Zn2Ga6(Cp*)6]2+ (8) in Bezug auf die Positionsverteilung der Gallium- und Zinkatome aufwirft, ist besonders die abstimmbare Wellenlänge der Synchrotron-Strahlung von großem Interesse. Jedes Element besitzt charakteristische Absorptionskanten und die Streuamplitude f eines gegebenen Elementes kann modifiziert werden, wenn Strahlung mit einer Wellenlänge, die nah an dessen Absorptionskante liegt, eingestrahlt wird. Die streuenden Atome einer Struktur schwingen normal als elektrische Dipole in Gegenphase zu der anregenden, primären Röntgenwelle. Es gilt das Friedel-gesetz (Abbildung 59). 137 6. Experimental Teil Abbildung 59. Veranschaulichte Darstellung des Friedel-Gesetzes. Diese phasengleiche Streuung tritt allerdings nicht mehr auf, wenn ein Kristall, Atome enthält, deren Absorptionskante nah an der eingestrahlten Wellenlänge liegt. Aufgrund der intensiven Wechselwirkung zeigen die von den betreffenden Atomen ausgehenden Streuwellen eine spezifische Phasenverschiebung, es wird von anomaler Streuung gesprochen. Die resultierenden Resonanzeffekte werden durch folgende Gleichung beschrieben 𝑓 = 𝑓 0 + 𝑓 ′ + 𝑓 ′′ Wobei f0 die Anzahl der Elektronen des jeweiligen Elementes sind, f‘ und f‘‘ der Realteil und Imaginärteil des Terms der anomalen Streuung sind. f‘ und f‘‘ tragen bei einem wesentlichen Energieunterschied zwischen der einfallenden Röntgenstrahlung und der Absorptionskante eines Elementes kaum zu der Streuamplitude f bei, beeinflussen diese hingegen stärker am Rand der Absorptionskante (Abbildung 60). Aufgrund dieser Abhängigkeit ist es möglich, durch Auswahl der Wellenlänge und Variation dieser in unterschiedlichen Experimenten, benachbarte Elemente des Periodensystems und sogar unterschiedliche Valenzen desselben Elementes, durch die Einstrahlung von Synchrotron-Röntgenstrahlung zu unterscheiden. Bei einer Wellenlänge nah der Zink-Absorptionskante (λ = 1.2854 Å, entspricht 9.64 keV) ist f0 = 30 Elektronen, f‘ und f‘‘ sind -6.31 und 0.49 Elektronen, wohingegen die entsprechenden Werte für Gallium 31, -2.37 und 0.60 Elektronen entsprechen. 138, 139 138 6. Experimental Teil Abbildung 60. Anomale Röntgenstreuung von Gallium und Zink. Schematisches Diagramm der Abhängigkeit von f‘ und f‘‘ von der eingestrahlten Wellenlänge.140 So kann die anomale Streuung auch genutzt werden, um Gallium und Zink in Festkörpern zu unterscheiden, wie es in Multiwellenlängen Synchrotron-Röntgenstrukturanalyse Studien für die Zink-Gallium-Phosphat Netzwerke [C7H14N][ZnGa3(PO4)4], (C5H6N][ZnGa2(PO4)3] und [C6H14N2]2[Zn4Ga5(PO4)9] gezeigt wurde.139 Zur Strukturbestimmung wurden zwei Experimente bei unterschiedlichen Wellenlängen durchgeführt, zum einen nah an der Zr K α Absorptionskante (0.6912 Å), bei der weder Gallium und Zink signifikante anomale Streuung aufweisen, und zum anderen nah an der Zn Kα Absorptionskante (1.2857 Å), wodurch es Chippindale et al. gelang, die Struktur der Netzwerke aufzuklären. 6.7.3 Neutronenbeugung Neutronen sind ladungsfreie Elementarteilchen, wobei die Welleneigenschaften eines Neutronenstrahles die Durchführung von Beugungsexperimenten erlauben. Dies wurde bereits 1939, nur kurze Zeit nach der Entdeckung des Neutrons, von Halban und Preiswerk an MgO Kristallen gezeigt, wobei eine Radium-Berrylium Quelle genutzt wurde.141 Heute werden Neutronen meist in nuklearen Reaktoren oder durch Spallation von Metallen, die als Target mit hochenergetischen (500 MeV) Protonen beschossen werden, erzeugt. Die Wellenlänge von Neutronenstrahlung liegt im Bereich von 0.5-3 Å und kann durch einen Monochromator für jedes Experiment selektiv eingestellt werden. Die Wechselwirkung von 139 6. Experimental Teil Neutronenstrahlung mit Materie wird durch drei Prozesse beschrieben: 1) Kernstreuung resultiert aus der Wechselwirkung eines Neutrons mit den Atomkernen; 2) Magnetische Streuung entsteht durch die Wechselwirkung des magnetischen Moments µ n des Neutrons mit den magnetischen Momenten der ungepaarten Valenzelektronen des zu untersuchenden Materials und 3) inelatische Streuung wird durch die Wechselwirkung mit der Gitterschwingung des Kristalles hervorgerufen.136, 137 Für eine potentielle Aufklärung der Struktur von Kation 8 ist nur die Wechselwirkung der Neutronenstrahlung mit Atomkernen von signifikanter Bedeutung. Die Neutronenbeugung eines Elementes ist eine Kerneigenschaft und hängt somit nicht von der Ordnungszahl des Elementes ab und die Streufaktoren f der Elemente sind über das Periodensystem verteilt, worin ein großer Vorteil gegenüber der Röntgenbeugung liegt (Abbildung 61). Durch das Auftreffen eines Neutrons auf einen Atomkern wird dieser angeregt und die relativen Energieniveaus des angeregten Kernes bestimmen die Streuamplitude der Resonanzstreuung. So besitzen auch im Periodensystem benachbarte Elemente (f (Gallium) = 7.288 10-13 cm, f (Zink) = 5.680 10-13 cm), oder Isotope eines Elements signifikant unterschiedliches Streuvermögen und können in Neutronenbeugungsexperimenten unterschieden werden.142 Abbildung 61. Variation der Streufaktoren f mit zunehmendem molekularem Gewicht M. 143 Ein literaturbekanntes Anwendungsbeispiel für die Neutronenbeugung ist die Untersuchung von MgAl2O2 Spinell-Kristallen. Durch ihre Oxidationsstufen weisen Mg2+ und Al3+ dieselbe 140 6. Experimental Teil Anzahl an Elektronen auf und können mit Standard Röntgenbeugungsexperimenten nicht differenziert werden.144 Aufgrund ihrer stark variierenden Streufaktoren (f (Mg) = 5.38 10-13 cm, f (Al) = 3.45 10-13 cm) können beide Elemente jedoch mittels Neutronenbeugung erfolgreich zugeordnet werden. 6.7.4 Gründe, warum weder Neutronenbeugungsexperimente versucht wurden Synchrotron noch Die Übertragung der beschriebenen Experimente auf die Untersuchung von [Zn2Ga6(Cp*)6]2+ (8) ist denkbar, ist in der Praxis jedoch im zeitlichen Rahmen dieses Dissertationsprojektes nicht möglich. Die Zugänglichkeit von Synchrotron und Neutronenbeugungsanlgen ist begrenzt und als besonders erschwerende Faktoren kommen die Luftempfindlichkeit von Komplex 8[BAr4F]2, die Kristallisationsbedingungen von – 30 °C und die Kristallqualität hinzu. Der Nachteil der Neutronenbeugung ist die geringe Intensität der Strahlung, die eine Größe der zu untersuchenden Einkristalle von ~ 1 mm3 erfordert. Diese wurde für die Einkristalle von Komplex 8[BAr4F]2 nicht erreicht. 6.8 Methodik quantenchemischer Analysen Die quantenchemischen Analysen wurden von der Arbeitsgruppe um Prof. Dr. Gernot Frenking Philips-Universität Marburg, Deutschland, für die Verbindungen 2[BAr4F], 3, 7[BAr4F]2, und 8[BAr4F]2, im Rahmen des Dissertationprojektes Von Dr. Paul Jerabek gemacht. Für Verbindung 6a/6b wurden Rechnungenvon der Gruppe um Prof. Dr. Jean-Yves Saillard (Samia Kahlal), Institut des Scienes Chimiques de Rennes, Frankreich vorgenommen. Die verwendeten Methoden werden für die entsprechenden Verbindungen kurz umfasst. Der nachfolgende Abschnitt zitiert/paraphrasiert die entsprechenden Stellen in der Dissertation des Kooperationspartners Paul Jerabek (Philipps-Universität Marburg, 2014). Die hier wiedergegebenen Ausführungen sind für die zusammenfassende Darstellung des Projektes in dieser Dissertation erforderlich. 141 6. Experimental Teil 6.8.1 Quantenchemische Analyse von [Zn3Cp*3]+ (2) und [Zn2CuCp*2] (3) Die optimierten Strukturen der Moleküle wurde mit Hilfe des Softwarepakets TURBOMOLE V6.3.1 optimiert. Der verwendete Basissatz ist def2-TZVPP. Stationäre Punkte der Geometrieoptimierungen konnten mit Hilfe der Hesse-Matrix und dem Befehl Aoforce nachgewiesen werden. Dispersions-Wecheselwirkungen wurden mit Grimmes D3 Korrektion hinzugezogen, das DFT Level wird dann als BP86(D3)/TZVPP bezeichnet. Zusätliche DFT Optimierungen wurden mit der M06-L Funktion des Programmpaketes Gaussian 09 auf dem M06-L/SVP Level durchgeführt. Die NBO Ladungen wurden mit dem Programm NBO 3.1, das in Gaussian 09 enthalten ist, erhalten. Die EDA-NOCV Berechnungen wurden mit dem Programmpacket ADF(2012.02) auf BP86/TZ2P+ Level gemacht. Die EDA-NOCS-Analyse teilt die Bindungsenergie zwischen zwei Fragmenten ∆Eint in drei Beiträge, die Pauliabstoßung (∆EPauli), die quasi-klassiche elektrostatische Wechselwirkung (∆Eelstat) und den kovalenten Orbitalbeitrag (∆EOrb). Der letzte Beitrag setzt sich aus ∆Eσ und ∆Eπ zusammen Abbildung 62. Optimierte Struktur des [Zn3Cp*3]+ (2) Kations (BP86(D3)/TZVPP und M06- L/TZVPP). 142 6. Experimental Teil Tabelle 14. Berechnete Bindungslängen- und winkel in [Zn3Cp*3]+ (2). BP86(D3)/TZVPP M06-L/TZVPP X-Ray E1-E2 2.415 2.465 2.425 E2-E3 2.414 2.464 2.424 E3-E1 2.416 2.465 2.443 * 1.852 1.832 1.838 * E2-Cp (c) 1.852 1.832 1.849 E3-Cp*(c) 1.856 1.832 1.842 E1-E2-E3 60.0 60.0 60.5 E2-E3-E1 60.0 60.0 59.8 E3-E1-E2 60.0 60.0 59.7 E1-Cp (c) Abbildung 63. Optimierte Sturktur von [Zn2Cp*2CuCp*] (3) (BP86(D3)/TZVPP und M06-L/TZVPP). Tabelle 15. Berechnete Bindungslängen- und winkel in [Zn2Cp*2CuCp*] (3). BP86(D3)/TZVPP M06-L/TZVPP X-Ray E1-E2 2.315 2.355 2.381 E2-E3 2.318 2.359 2.381 E3-E1 2.490 2.531 2.357 E1-Cp*(c) 1.936 1.906 1.888 E2-Cp*(c) 1.825 1.809 1.896 E3-Cp*(c) 1.930 1.908 1.884 E1-E2-E3 65.0 65.0 59.3 E2-E3-E1 57.4 57.2 60.3 E3-E1-E2 57.6 57.2 60.3 143 6. Experimental Teil 6.8.2 Quantenchemische Analyse t [(CuCN Bu)4(ZnCp*)3(ZnCp)] (6a/6b) von [(CuCNtBu)4(ZnCp*)4] / DFT optimierte Strukturen der Moleküle wurden mit dem Programmpaket Gaussian 09, dem PBE0 Funktional und Def2-TZVP Basissatz optimiert. NBO Rechnungen wurden mit dem Programm NBO 5.0 durchgeführt. Das MO Diagramm wurde aus Punkt-Berechnungen auf PBE0/TZVP Level mit dem Programm ADF 2013 gemacht. Abbildung 64. Optimierte Strukturen der vereinfachten Modelle [(CuCNH)4(ZnCp*)4] (links) und [(CuCp)4((ZnCNH)4] (rechts) ((PBE0/TZVP). 6.7.3 Quantenchemische Analyse von [Zn2(GaCp*)6]2+ (7) und [Zn2Ga6(Cp*)6]2+ (8) Die Strukturen der Moleküle wurden auf BP86/def2-TZVPP Level mit dem Programm TURBOMOLE V6.4.2. optimiert. Stationäre Punkte der Geometrieoptimierungen konnten mit Hilfe der Hesse-Matrix und dem Befehl Aoforce nachgewiesen werden. DispersionsWecheselwirkungen wurden mit Grimmes D3 Korrektion hinzugezogen. Die EDA Kalkulationen wurden auf BP86 Level mit TZ2P+ Funktion sowie mit und ohne D3(BJ) Korrektur mit dem Programm ADF(2013.01) durchgeführt. Das Level wird dann als BP86-D3(BJ)/TZ2P+ bezeichnet. 144 6. Experimental Teil Abbildung 65. Optimierte Struktur von [Ga2(GaCp*)4(ZnCp*)2]2+, das ein mögliches Koordinationsisomer von [Zn2Ga6(Cp*)6]2+ (8) darstellt. Die berechneten Bindungslängen sind in Klammern zu finden. (Die optimierte Struktur von [Zn2(GaCp*)6]2+ (7) ist in Kapitel 4.5.4 abgebildet.). 145 6. Experimental Teil 6.9 Kristallographische Daten 1[BAr4F] · 2(C6H5F) 2[BAr4F] · 0.5C6H5F Summenformel C83H87BF26Zn4 C65H59.5BF24.5Zn3 C30H45CuZn2 Molgewicht (g mol-1) 1870.81 1513.04 599.94 Temperatur (T) 110(2) 112(2) 112(2) Wellenlänge (Å) 0.71073 1.54178 1.54178 Kristallgröße (mm3) 0.34 0.25 0.22 0.122 x 0.087 x 0.036 0.057 0.041 0.037 Kristallsystem Monoklin Monolklin Triclinic Raumgruppe P21/c P21/c P-1 a (Å) 14.0958(2) 21.3975(2) 10.7504(6) b (Å) 23.3198(3) 25.5256(2) 10.8001(6) c (Å) 26.1788(4) 24.6367(2) 15.0565(10) α (°) 90.00 90 75.546(6) b (Å) 92.926(2) 95.055(1) 72.000(6) γ (°) 90 90 60.399(6) Zellvolumen (Å3) 8594.0(2) 13403.8(2) 1435.62(18) Z 4 8 2 ρ ber. (g cm3) 1.446 1.500 1.388 µ (mm1) 1.203 2.208 2.894 F (000) 3816 6120 628 Messbereich 2θ (°) 50 148.33 148.33 Anzahl der Reflexe / Unabhängige Reflexe 15097 / 10706 53357 / 26409 9633 / 5646 Rint 0.1132 0.0233 0.0273 Parameters / restraints 420 / 0 1744 / 751 313 / 0 Goodness-of-fit geg. F2 1.062 1.050 1.091 R1 [I>2σ(I)] 0.0763 0.0448 0.0416 wR2 (alle Daten) 0.1893 0.1218 0.1092 Restelektronendichte (e Å3) 0.773 / 0.559 1.004 / 0.686 0.566 / 0.512 3 146 6. Experimental Teil 4 · C7H8 5 · 3(C7H8) 6a/6b Summenformel C57H86N2PdZn4 C97H150P2Pd3Zn6 C57.5H91N4Cu4Zn4 Molgewicht (g mol-1) 1167.15 2089.52 1353.98 Temperatur (T) 100(2) 100(2) 110(2) Wellenlänge (Å) 0.71073 1.54178 0.71073 Kristallgröße (mm3) 0.26 0.24 0.23 0.11 0.09 0.08 0.23 0.09 0.08 Kristallsystem Orthorhomisch Triclinic Kubisch Raumgruppe Pbca P-1 I-43m a (Å) 25.6662(6) 12.2816(3) 16.8803(5) b (Å) 25.5792(6) 13.0205(4) 16.8803(5) c (Å) 35.0052(8) 29.8246(8) 16.8803(5) α (°) 90 100.247(2) 90 b (Å) 90 97.965(2) 90 γ (°) 90 90.646(2) 90 Zellvolumen (Å3) 22981.0(1) 4644.8(2) 4810.0(4) Z 16 2 2 ρ ber. (g cm3) 1.349 1.494 0.935 µ (mm1) 1.988 6.886 1.869 F (000) 9728 2160 1400 Messbereich 2θ (°) 57.764 148.38 57.74 Anzahl der Reflexe / Unabhängige Reflexe 208231 / 28690 43311 / 18285 17012 / 1141 Rint 0.1063 0.0436 0.1838 Parameters / restraints 1193 / 185 1058 / 364 25 / 5 Goodness-of-fit geg. F2 1.084 1.013 1.045 R1 [I>2σ(I)] 0.0371 0.0349 0.0678 wR2 (alle Daten) 0.1054 0.1063 0.2042 Restelektronendichte (e Å3) 2.340 / 1.122 1.167 / 1.201 0.359 / 0.478 147 6. Experimental Teil 7[BAr4F]2 · 4(C6H5F) 8[BAr4F]2 · 2(C6H5F) Summenformel C136H124B2F50Ga6Zn2 C136H124B2F50Ga6Zn2 Molgewicht (g mol-1) 2471.22 2471.22 Temperatur (T) 110(2) 100(2) Wellenlänge (Å) 1.54184 1.54174 Kristallgröße (mm3) 0.07 0.08 0.08 0.09 x 0.06 x 0.02 Kristallsystem Trinklin Trinklin Raumgruppe P-1 P-1 a (Å) 14.6497(2) 14.5654(4) b (Å) 14.8155(2) 14.7873(4) c (Å) 18.8823(3) 19.0284(5) α (°) 75.670(10) 67.586(2) β (°) 69.094(2) 77.587(2) γ (°) 87.907(10) 87.029(2) Zellvolumen (Å3) 2703.27(10) 3698.14(18) Z 1 1 ρ ber. (g cm3) 1.556 1.559 µ (mm1) 2.568 2.571 F (000) 1746 1746 Messbereich 2θ (°) 149.72 147.80 Anzahl der Reflexe / Unabhängige Reflexe 80574 / 14940 26976 / 12924 Rint 0.0575 0.0784 Parameters / restraints 947 / 245 964 / 360 Goodness-of-fit geg. F2 1.016 1.030 R1 [I>2σ(I)] 0.0583 0.0648 wR2 (alle Daten) 0.1740 0.2025 Restelektronendichte (e Å3) 1.601 / 1.123 2.860 / 0.811 148 Literaturverzeichnis Literaturverzeichnis 1. G. Sauthoff, Wiley-VCH, New York, 1995. 2. 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Kerstin Freitag, Christian Gemel, Roland A. Fischer, ´Reactions of [Zn2Cp*2] with electronically non saturated palladium complexes´, 246th ACS National Meeting, Indianapolis, USA, September 2013 (Vortrag). Kerstin Freitag, Christian Gemel, Roland A. Fischer, ´Koordinationschemie von [Zn2Cp*2] an elektronisch und koordinativ ungesättigten Palladiumzentren´, FCI Stipendiatentreffen, RuhrUniversität Bochum, Deutschland Dezember 2013 (Vortrag). 156 Anhang Publikationen Erstautorenschaften K. Freitag, H. Banh, C. Ganesamoorthy, C. Gemel, R. W. Seidel, R. A. Fischer, “Cp* as a removable protecting group: low valent Zn(I) compounds by reductive elimination, protolytic and oxidative cleavage of Zn–Cp*” , Dalton Trans. 2013, 42, 10540-10544. K. Freitag, H. Banh, C. Gemel, R. W. Seidel, Samia Kahlal, Jean-Yves Saillard, R. A. Fischer, „Molecular brass: Cu4Zn4, a ligand protected superatom cluster“, Chem. Commun. 2014, 50, 8681-8684. K. Freitag, H. Banh, C. Gemel, P. Jerabek, R. W. Seidel, G. 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Fischer, „Reactivity of [Zn2Cp*2] toward Transition Metal Complexes: Synthesis and Characterization of [Cp*M(ZnCp*)3] (M = Ni, Pd, Pt)”, Organometallics 2011, 30, 4123. T. Bollermann, K. Freitag, C. Gemel, M. Molon, R.W. Seidel, M. von Hopffgarten, P. Jerabek, G. Frenking, R.A. Fischer, „The rich chemistry of [Zn2Cp*2]: Trapping three different types of ligands in the unusual PdZn7 complex [Pd(ZnCp*)4(ZnMe)2(Zn{tmeda})]”, Inorg. Chem. 2011, 50, 10486. T. Bollermann, T. Cadenbach, C. Gemel, K. Freitag, M. Molon, V. Gwildies, R.A. Fischer, „Homoleptic Hexa and Penta Gallylene Coordinated Complexes of Molybdenum and Rhodium”, Inorg. Chem. 2011, 50, 5808. T. Bollermann, I. Schwedler, M. Molon, K. Freitag, C. Gemel, R.W. Seidel, R.A. Fischer, „Zincrich Compounds of Iron and Cobalt: Formation of [Fe2Znn] (n = 2-4) and [Co2Zn3] Cores”, Dalton Trans. 2011, 40, 12570. T. Bollermann, M. Molon, C. Gemel, K. Freitag, R.W. Seidel, M. von Hopffgarten, P. Jerabek, G. Frenking, R.A. Fischer, „Oligonuclear Molecular Models of Intermetallic Phases: A Case Study on [Pd2Zn6Ga2(Cp*)5(CH3)3]”, Chem. Eur. J. 2011, 18, 4909. 158 Anhang Akademischer Werdegang Persönliche Daten Vorname, Name Kerstin Freitag Geburtstdatum 09.03.1987 Geburstort Dortmund (Deutschland) Staatsangehörigkeit deutsch Schul- und Hochschulausbildung 06/2011 – 12/2014 Promotionsstudien der Chemie, Lehrstuhl für Anorganische Chemie II, Ruhr-Universität Bochum 10/2009 – 06/2011 Master Studium der Chemie an der Ruhr-Universität Bochum mit Schwerpunkt Anorganische Chemie Abschluss: Master of Science, Note: sehr gut (1.2) 10/2006 – 09/2009 Bachelor Studium der Chemie an der Ruhr-Universität Bochum Abschluss: Bachelor of Science, Note: gut (2.0) 08/1997 – 06/2006 Mallinckrodt Gymnasium Dortmund Abschluss: Allgemeine Hochschulreife 08/1993 – 06/1997 Augustinus Grundschule Dortmund Auszeichnungen 04/2012 – 03/2014 Doktorandenstipendium des Fonds der Chemischen Industrie (FCI) 09/2012 Reisestipendium der Ruhr-Universität Research School zur Teilnahme an der „XXV International Conference on Organometallic Chemistry (ICOMC)“, Lissabon, Portugal 07/2013 Teilnahme am „63rd Lindau Nobel Laureate Meeting“, Lindau, Deutschland, gesponsert und finanziert vom Verband der Chemischen Industrie (VCI) 03/2014 – 05/2014 Auslandsstipendium der Ruhr-Universität Research School Plus 159 Anhang Auslandsaufenthalt 03/2014 – 05/2014 Forschungsaufenthalt in der Gruppe von Prof. P. P. Power, University of California Davis, Davis, USA 160