1 Einführung in die Atom- und Quantenphysik Detlef Kip Frühjahrstrimester (3V/4LP) Stand: 22.12.2015 2 1. Einführung 2. Grundlagen und Entwicklung der Atomphysik 2.1 Historischer Rückblick 2.2 Grundlegende Experimente 2.2.1 Beobachtung einzelner Atome 2.2.2 Größe von Atomen 2.2.3 Ladungsverteilung 2.2.4 Massenbestimmung 2.2.5 Strukturbestimmung 2.3 Quantelung der Energie 2.3.1 Photoeffekt 2.3.2 Compton-Effekt 2.3.3 Bohrsches Atommodell 3. Teilchen- und Welleneigenschaften 3.1 Interferenz von Teilchenstrahlen 3.1.1 De Broglie-Wellenlänge 3.1.2 Doppelspaltversuch 3.2 Unschärferelation 3.2.1 Wellenpakete 3.2.2 Unbestimmtheitsrelation 3.3 Schrödinger-Gleichung 3.4 Erwartungswerte und Operatoren 3.4.1 Operatoren und Eigenwerte 3.4.2 Drehimpulse 3.5 Anwendungen 3.5.1 Freies Teilchen 3.5.2 Rechteckpotential 3.5.3 Potentialschwelle 3.5.4 Harmonischer Oszillator 3.6 Korrespondenzprinzip 4. Das Wasserstoffatom 4.1 Schrödinger-Gleichung im Zentralpotential 4.1.1 Schwerpunktkoordinaten 4.1.2 Separationsansatz 4.1.3 Lösung der Azimutalgleichung 4.1.4 Lösung der Polargleichung 4.1.5 Lösung der Radialgleichung 4.2 Quantenzahlen und Wellenfunktionen 4.3 Aufenthaltswahrscheinlichkeit 4.4 Relativistische Korrektur 3 5. Magnetfeld und Elektronenspin 5.1 Magnetisches Moment 5.1.1 Zeeman-Effekt 5.2 Elektronenspin 5.2.1 Stern-Gerlach-Versuch 5.2.2 Einstein-de-Haas-Effekt 5.2.3 Formale Beschreibung 6. Fein- und Hyperfeinstruktur 6.1 6.2 6.3 6.4 6.5 6.6 7. Spin-Bahn-Kopplung: Feinstruktur Anomaler Zeeman-Effekt Hyperfeinstruktur Lamb-Verschiebung Magnetische Resonanzmethoden Atome in elektrischen Feldern Emission von Lichtquanten 7.1 Übergangswahrscheinlichkeiten 7.1.1 Übergangsmatrixelemente 7.2 Auswahlregeln: Magnetische, Paritäts-, Spinquantenzahl 4 1. Einführung • Quantentheorie oder Quantenphysik beschreibt die Eigenschaften und Wechselwirkungen von sogenannten Quantensystemen. Dies sind insbesondere sehr kleine Teilchen wie Elementarteilchen. In solchen Systemen sind physikalische Größen wie Energie oder Drehimpuls quantisiert, d.h. sie können nur bestimmte diskrete Werte annehmen. • Die Atomphysik ist ein bekanntes Beispiel für ein quantenphysikalisches System. Die dort gewonnenen Erkenntnisse und Methoden lassen sich vielfach auf andere Systeme übertragen. • Anregungsenergien quantenphysikalischer Systeme: − Exzitonenzustände* : meV − Atomzustände : eV − Kernzustände : MeV − Baryonenzustände** : GeV -3 10 eV 9 10 eV * Exziton: gebundenes Elektron-Loch-Paar in Festkörpern wie Si; spielt wichtige Rolle beim Halbleiterlaser ** Baryonen bestehen aus drei „Quarks“ und unterliegen der starken Wechselwirkung, der Spin ist 1/2 oder 3/2. Beispiele sind Protonen und Neutronen. Beispiele für verschiedene reale Quantensysteme mit unterschiedlichem Energiebereich (gemessen in eV). 5 2. Grundlagen und Entwicklung der Atomphysik 2.1 Historischer Rückblick • 1808 Dalton: Gesetz multipler Proportionen - feste Massenverhältnisse chemischer Reaktionen • 1811 Avogadro: Molekültheorie der Gasgesetze - Moleküle als kleinste Teilchen - gleiche Molekülzahl in gleichen Gasvolumen • 1815 Prout: Massenzahlen sind Vielfache von Wasserstoff • 1868 Mendeleev: Periodensystem der Elemente • 1869 Hittorf: Entdeckung von Kathodenstrahlen • 1895 Röntgen: Entdeckung der X-Strahlen • 1896 Becquerel: Radioaktivität • 1897 Thomsen: Entdeckung des Elektrons als Ursache von Kathodenstrahlen • 1900 Planck: Deutung des (äußeren) Photoeffekts - Energiequantelung bzw. „Photon“, E = hv • 1903 Rutherford: Streuversuche von Heliumkernen an Goldfolie - positive Ladung im Atomkern mit Größe rKern ≈ 10−15 m - Atommodell aus Kern und Elektronenhülle • 1905 Einstein: Äquivalenz Masse – Energie - E = mc 2 , (spezielle) Relativitätstheorie • 1913 Bohr: Formulierung von Postulaten zu Elektronenzuständen - „Bohrsches Atommodell“ - richtige Wiedergabe von beobachtbaren Atomspektren • 1926 Schrödinger: Aufstellung der Wellengleichung für Quantenobjekte - Beginn der (theoretischen) Quantenmechanik • 1927 Heisenberg: Unschärferelation - komplementäre Eigenschaften von Teilchen nicht gleichzeitig exakt bestimmbar - Beispiele sind Ort/Impuls und Energie/Zeit 2.2 Grundlegende Experimente 2.2.1 Beobachtung einzelner Atome • Feldemissionsmikroskop − betrachte E-Feld einer homogen geladenen Kugel mit Radius R E= Q 4πε 0 r R3 6 mit dem Potential r 1 Q 3 r2 U= − ∫ E ( r ′ ) dr ′ = − 3 2 4 πε R 0 R ∞ − Anlegen einer festen Spannung U 0 an Kugel, Potential an Kugeloberfläche r = R : U0 ⇒ E0 = Q 4πε 0 1 R = U0 R ⇒ kleine Krümmungsradien R erzeugen große Felder, die ein Auslösen von Elektronen ermöglichen. − Verwendung einer dünnen Spitze z.B. aus Wolfram (W hat hohe Austrittsarbeit WA ) mit Radius R = 10 nm . Spitze wird z.B. mit Cäsium (Cs hat niedriges WA ) bedampft. Folge: Aus Cs-Atomen werden Elektronen in radialer Richtung emittiert; im Abstand R′ wird auf Leuchtschirm ein um Faktor R′ R vergrößertes Bild der Cs-Atome dargestellt. • Elektronenmikroskop − Auch hier gilt das aus der Optik bekannte Rayleigh-Kriterium für die maximal erreichbare Auflösung xmin = 0 , 61 λ NA mit der numerischen Apertur NA. − Im Gegensatz zur Optik kann die Wellenlänge λ für schnelle Elektronen extrem klein werden. Mit der De-Broglie-Beziehung folgt 7 p= ⇒ λ = = = mv k h λ h h = p 2me Ekin Mit einer Beschleunigungsspannung von 500 kV bzw. Ekin = 500 keV erhält man λ ≈ 2 pm . − Elektronenlinsen lassen sich durch geeignete elektrische und magnetische Felder herstellen; der optische Aufbau entspricht dem des optischen Mikroskops. − Nachteile von Elektronenmikroskopen ausschließliche Verwendung dünner Probenerwärmung. sind die teure Schichten und Elektronenoptik, die die unvermeidbare • Rastermikroskope − Rastertunnelmikroskop (RTM) − Rasterkraftmikroskop (AFM) − optisches Nahfeldmikroskop (SNOM) Grundprinzip: Messspitze mit Dimension x λ wird mittels Piezotranslatoren über Probenoberfläche bewegt. Als Sensorsignal wird Wechselwirkung zwischen Spitze und Probe genutzt: − geringer Tunnelstrom bei Annäherung leitfähiger Spitze an leitfähige Probe, Regelung auf ITunnel = const. (RTM) 8 − geringe Kraft zwischen Cantilever/Spitze und Probe, Reglung auf konstante Verbiegung (Kraft) des Cantilevers (AFM), gemessen mittels Laserstrahlablenkung − Sensor in Form einer als Kapillare ausgezogenen Glasfaserspitze (Apertur ≈ 50 nm) über Probenoberfläche, Detektion von Licht (z.B. Fluoreszenz einzelner Moleküle) (SNOM). Alle Methoden erlauben Auflösung einzelner Atome (RTM, AFM) bzw. Moleküle (SNOM). Es sind viele weitere Variationen von Rastermikroskopieverfahren möglich, Rasterelektronenmikroskopieaufnahme von Kupfer-Phtalocyanin. 2.2.2 Größe von Atomen • Abschätzung der Größe eines H2O -Moleküls − betrachte „Wasserwürfel“ der Größe 1 cm3 − Unterteilung durch 3S Schnitte = S: Anzahl Schnitte 1 = 1 cm d d : Abstand der Moleküle bzw. Molekülgröße 9 − Energieaufwand pro Schnitt: E= W0 ⋅ 2 cm2 0 W0 : spezifische Oberflächenenergie von Wasser − gesamter Energieaufwand: Verdampfungswärme EV − Energiebilanz EV = ⇒ d − 3S ⋅ W0 ⋅ 2 cm2 1 6W ⋅ 1 cm2 = = 0 S EV Zahlenwerte aus der Literatur: = EV 2.26 ⋅ 103 J W= 0 7.3 ⋅ 10−6 J/cm2 ⇒ d o = 1.9 ⋅ 10−8 cm =Α 1.9 • Kovolumen realer Gase − Van-der-Waals-Gleichung a RT p + 2 (V − b ) = V mit a V 2 : Binnendruck durch Kräfte zwischen Teilchen und b : − vierfaches Eigenvolumen z.B. Messung von p(T ) für V = const. ⇒ Bestimmung der Größen a, b • Transportprozesse in Gasen − Teilchendiffusion, Wärmeleitung, innere Reibung − Transportprozesse durch Stöße bestimmt: Modell harter Kugeln mit Stoßquerschnitt σ =πd2 − Berechnung von d z.B. aus Diffusionskoeffizient D oder Wärmeleitzahl λ möglich • Röntgenbeugung an Kristallen − Streuung von Röntgenlicht an periodischen Kristallgittern − Wechselwirkung mit Elektronen bzw. Elektronendichten − Bragg-Bedingung: 2d sin vB= n ⋅ λ − Beispiel Laue-Beugung ( λ = const. ): Aus Beugungswinkel v kann auf Netzebenenabstand d zurückgerechnet werden. − Problem: Was ist Atomgröße in Kristallen? Einfachstes Modell: Atome sind Kugeln, die sich im Kristallgitter berühren; Annahme liefert vergleichsweise große Atomradien. − Vollständige Auswertung von Röntgenbeugungsbildern (d.h. Richtung und Intensität von Reflexen) liefert Elektronendichteverteilung im Kristall. 10 Mit Hilfe der Röntgenbeugung bestimmte Elektronendichteverteilung eines AnthracenMolekülkristalls. • Verschiedene Verfahren liefern (leicht) verschiedene Werte für Atomgrößen (in Angström) (1) Diffusionskoeffizient in Gasen (2) Netzebenenabstand in Edelgaskristallen (3) Kovolumen realer Gase (1) (2) (3) Neon 1,18 1,6 1,2 Argon 1,44 1,9 1,48 Krypton 1,58 1,97 1,58 Xenon 1,75 2,2 1,72 2.2.3 Ladungsverteilung in Atomen • Verschiedene Experimente zeigen, dass Atome aus elektrisch geladenen Teilchen aufgebaut sind: − Elektrolyse: Wanderung von Ionen im elektrischen Feld − Gasentladungen werden durch elektromagnetische Felder beeinflusst − Hall-Effekt: Ablenkung von Ladungsträgern im Magnetfeld • Atome sind elektrisch neutral und enthalten gleich viele positive und negative Ladungen. Die Coulomb-Kraft bewirkt Zusammenhalt von Atomen. • Ablenkung und Beschleunigung geladener Teilchen: Kathodenstrahlen (Hittorf 1869): Elektronen − Erzeugung von Teilchen an geheizter Kathode − Beschleunigung durch positive Spannung: Teilchen besitzen negative Ladung − Ablenkung im Plattenkondensator zur Bestimmung von e m : unabhängig vom Kathodenmaterial 11 Kanalstrahlen (Goldstein 1886): Ionen − Erzeugung von Ionen durch Gasentladung − Beschleunigung durch negative Spannung − Ablenkung abhängig von Art des Füllgases • Fazit: Atome bestehen auf positiv und negativ geladenen Teilchen, die jeweils auch Masse besitzen. Atome sind teilbar. Kein messbarer Unterschied zwischen positiver und negativer Ladung. • Messung der Elementarladung − Öltröpfchenmethode von Millikan: Messung der Sink-/Steiggeschwindigkeit geladener Tröpfchen in Luft, Bewegung im Plattenkondensator. Ergebnis: Ladung ist gequantelt = 1e 1.602 ⋅ 10−19 C − Elektrolyse: Messung der Elementarladung als Verhältnis F N A aus FaradayKonstante F und Avogadro-Konstante N A Aufbau von Millikan zum Nachweis der Ladungsquantelung 12 • Erzeugung freier Elektronen durch − Thermische Emission, Überwindung der Austrittsarbeit WA − Feldemission, analog zum Feldelektronenmikroskop − Photoemission: Auslösen von Elektronen aus Metallen durch Licht − Sekundärelektronenemission: Oberflächenbeschuss mit energiereichen Teilchen löst Elektronen aus. • Erzeugung freier Ionen − Gasentladung / Elektronenanstoß − Photoionisation, z.B. UV-Licht in Ionosphäre (in 80 – 400 km Höhe) 2.2.4 Massenbestimmung • Massenspektroskopie beruht überwiegend auf der Ablenkung von Elektronen und insbesondere Ionen in elektromagnetischen Feldern durch Coulomb- und Lorentz-Kräfte: FC = qE = FC q v×B ( ) Ablenkung von Ladungen in elektrischen und magnetischen Feldern • Ältestes Verfahren ist die Parabelmethode von Thomsen mit parallelen Feldern E und B Parabelmethode nach Thomson 13 • Die abgelenkten Teilchen mit gleichem Verhältnis e m von Ladung zu Masse, aber verschiedenen Geschwindigkeiten v0 liegen auf einer Parabel der Form e L2 B 2 x = py mit p = m 2E 2 Massenspektroskopie eines Gemisches verschiedener Neon-Isotope (Z=20-22) sowie einiger Vergleichssubstanzen. Hochauflösende Massenspektroskopie eines Gemisches verschiedener Atome und Moleküle der Massenzahl 20. • Nachteilig ist die geringe Effizienz, da die Ionen auf den Parabelarmen „verschmiert“ sind. Moderne Massenspektrometer nutzen Geschwindigkeits- und Richtungsfokussierung, bei denen die Teilchen auf Punkte oder Linien abgebildet werden. Eine weitere moderne Bauform ist das Quadrupol-Massenspektrometer mit oszillierendem elektrischem Feld. Doppelt fokussierendes Massenspektrometer 14 Aufbau eines Quadrupol-Massenspektrometers 2.2.5 Innerer Aufbau von Atomen: Rutherford-Streuung • Grundprinzip: Streuung geladener Teilchen (Elektronen, Atomkerne, …) an Atomen liefert Informationen zur Ladungsverteilung bzw. das Wechselwirkungspotential der Stoßpartner. • Begriff „Streuquerschnitt“ (eines stoßenden Teilchens): effektive Querschnittsfläche, so dass geometrisch (wie bei Billardkugeln) ein Stoß erfolgt. • Streuung von Elektronen an Atomen: − bei geringer Elektronenenergie: WW mit Elektronenhülle − bei großer Elektronenenergie: WW mit Atomkern Beobachtung: Streuquerschnitt für Elektronen sinkt mit der Energie. Schlussfolgerung: Atome sind im Wesentlichen leer; der Kern ist klein gegen die Elektronenhülle. • Rutherford-Streuung (1903): α -Teilchen treffen auf Goldatome α -Teilchen sind ionisierte He-Kerne mit Energien von einigen MeV als Zerfallsprodukt radioaktiver Kerne (α-Zerfall) − Bezeichnung von Atomen (bzw. Atomkernen) Masse : A Kernladung : Z Gesamtladung X QN :: Neutronenzahl − Allgemeiner α -Kernzerfall A Z XN → Bsp.: Zerfall von 212 84 212 A− 4 Z −2 X N − 2 + 24α 2 Po Po128 → 208 82 Pb126 + 24α 2 + Energie Kinetische Energie des α -Teilchens ist hier 8.9 MeV. 15 Der α -Zerfall beruht auf dem quantenmechanischen Tunneleffekt; es ergeben sich fast immer sehr große Halbwertszeiten (geringe Wahrscheinlichkeit). Die Reichweite von α -Teilchen beträgt in Gasen einige cm. In Festkörpern werden einige 1000 Atomlagen durchdrungen. Experiment von Rutherford: Streuung von α -Teilchen an dünner (Blatt-) Goldfolie, Messung der Winkelverteilung gestreuter Teilchen N( v ) Rutherfordscher Streuversuch. a,b: Experimenteller Aufbau, c: Erwartete Winkelverteilung der gestreuten Teilchen und d: Illustration des Stoßparameters b. Generell gilt: Je kleiner die streuende Ladungsverteilung (d.h. der Atomkern), desto größer die Streuwinkel. Experiment: Beobachtung großer Streuwinkel, auch exakte Rückstreuung tritt auf → Atomkern ist sehr klein! − Zur Herleitung der Rutherfordschen Streuformel wird modellhaft angenommen, dass die beteiligten Ladungen punktförmig sind. Dann gilt das Coulomb-Gesetz 1 Z1Z 2 e 2 r F= 4πe 0 r2 r mit den Kernladungen Z1 = 2 und Z 2 = Z Gold . Der Stoßparameter b ist der kleinste Abstand, auf den sich die Teilchen ohne Coulomb-Kraft annähern würden. Die Streuformel gibt den relativen Anteil dn n der in den Raumwinkel dΩ gestreuten Teilchen an: dn Z 2 Z 2 ND dΩ = 1 22 2 2 4 n 256π ε 0 E0 sin ( v / 2 ) 16 Die Streuverteilung (mit der Teilchendichte N und Foliendicke D) zeigt also eine −4 Winkelabhängigkeit sin ( v 2 ) , welche experimentell für Energien E0 < 5 MeV gut wiedergegeben wird. Der zugehörige Stoßparameter ist hier b ≈ 6 ⋅ 10−15 m . Bei höheren Teilchenenergien E0 treten Abweichungen von der Streuformel auf: Die Teilchen kommen sich dann schon so nahe, dass Kernkräfte wirksam werden, d.h. es ist dann b ≤ rKern . 2.3 Quantelung der Energie • Welle-Teilchen-Dualismus von Licht − 18. Jahrhundert: geradlinige Lichtausbreitung („Strahlen“) deutet auf Teilchencharakter hin (Newton); erste Interferenzversuche von Huygens und Young favorisieren das Wellenmodell. − Ende 19. Jahrhundert: Maxwell-Gleichungen, Hertzscher Dipol, Erzeugung von Strahlung im Labor → präzise Beschreibung von e.m. Strahlung insbesondere von Radiofrequenzen ( λ ≈ 1m ) und Radarfrequenzen ( λ ≈ 1 cm ) − Wichtige Erkenntnis: beschleunigte Ladungen strahlen e.m. Wellen ab, d.h. Energieabstrahlung. • Beispiel im sichtbaren Bereich: Synchrotron-Strahlung − Beschleunigung/Speicherung von Elektronen in Ringgeometrie, z.B. am DESY − Zentripetalbeschleunigung bewirkt Energieabstrahlung, Strahlungskontinuum vom Sichtbaren bis Röntgenbereich − Impulserhaltung: nahezu tangentiale Abstrahlung (Strahlungskerze) − Undulatoren: extrem hohe Strahlungsintensitäten durch alternierende Magnetfelder • Anfang 20. Jahrhundert: verschiedene Experimente erfordern Existenz von Lichtteilchen („Photonen“) mit diskreter, gequantelter Energie: − (äußerer) Photoeffekt, Lichtquantenmodell − Hohlraumstrahlung, Plancksches Strahlungsgesetz − Compton-Effekt: Streuung Photon-Elektron − Bohrsches Atommodell: diskrete Spektrallinien − Viele weitere Beispiele . . . 17 • Strahlungsgesetz für Hohlraumstrahler („Schwarzer Strahler“) − Anzahl Moden n(v ) im Hohlraum der Größe d λ n(v )dv = 8π v 2 dv c3 d.h. Modenzahl im Intervall [ v, v + dv ] − Annahme von Rayleigh-Jeans: jede Mode hat die Energie k BT W (v )dv = 8π v 2 k BT dv c3 Dies ist die Energiedichte des Rayleigh-Jeansschen Strahlungsgesetzes, sehr gute experimentelle Übereinstimmung, falls v nicht zu groß ist. − Problem: Energiedichte W (v ) → ∞ für v → ∞ , „UV-Katastrophe“ − Lösung von Planck (1904): „Quantenhypothese“ Energie der Moden ist gequantelt, d.h. W (v ) = n ⋅ hv, n = 0, 1, 2 , Energie hv ist ein „Energiequant“ oder „Photon“ ( n + 0.5) hv − genaueres (späteres) Modell liefert W (v= ) − Photonen sind „Bose-Teilchen“, für sie ist die mittlere Energie der Mode W ( v,T ) = − hv exp ( hv k BT ) − 1 Damit ergibt sich die Plancksche Strahlungsformel W (v )dv = 8p v 2 hv dv 3 c exp ( hv k BT ) − 1 d.h. das Strahlungsfeld ist quantisiert. − Für viele Fälle gilt hv k BT (d.h. kleine Frequenzen v ), dann ist exp ( hv k BT ) ≈ 1 + hv k BT und es folgt das Rayleigh-Jeans-Gesetz 2.3.1 Photoeffekt • Hertz (1887), Hallwachs (1895), Lenard (1902): Eine mit UV-Licht bestrahlte Metallplatte sendet Elektronen aus, „Lichtelektrischer Effekt“, „äußerer Photoeffekt“. 18 Lichtelektrischer Effekt. links: schematischer Aufbau, rechts: Messung der Energie ausgelöster Elektronen als Funktion der Lichtfrequenz • Wesentliche Befunde: − Energie ausgelöster Elektronen hängt von Frequenz v ab − Anzahl der Elektronen ist proportional zur Lichtintensität − Es existiert eine Grenzfrequenz v0 , ab der überhaupt Elektronen ausgelöst werden − Elektronenemission erfolgt instantan, keine „Ansammlung“ notwendiger Energie • Erklärung durch Einstein (1905): „Lichtquantenmodell“ → Nobelpreis 1926 (nicht für die Relativitätstheorie!) Ein Lichtphoton gibt seine Energie hv an ein Elektron ab; zur Emission muss mindestens die Austrittsarbeit WA des Kathodenmaterials aufgebracht werden: Ekin= hv − WA Messung der kinetischen Energie Ekin durch Abbremsen der Elektronen im elektrischen Feld durch angelegte Spannung U ; bei der Spannung U 0 geht Strom auf Null: Ekin = −eU 0 = hv − WA • Photozelle als Lichtdetektor: Messung des Stroms I als Funktion der Intensität 2.3.2 Compton-Effekt • Beschreibt die Streuung von energiereichen Photonen (z.B. Röntgenstrahlung) an Elektronen eines Festkörpers • Energieverhältnis: ERöntgen öö MeV EBind eV , d.h. die Elektronen im Festkörper können als freie (ungebundene) Teilchen betrachtet werden. • bekannt ist die (elastische) Rayleigh-Streuung mit Streuquerschnitt v 4 (Himmelsblau: bevorzugte Streuung von kurzwelligem blauen Licht) • Compton (1921): gestreutes Röntgenlicht zeigt bei großen Streuwinkeln Wellenlängenzunahme (Energieabnahme) → Nobelpreis 1927 • Wellenlängenverschiebung ∆λ : Herleitung über inelastischen Stoß 19 Benötigt wird Impuls des Photons. Es ist nach Einstein 2 = mc= = E hv ⇔ hc λ h k mc = p == λ mit h= 2pp und k 2 λ = Bezeichnung als De-Broglie-Beziehung, verknüpft Teilchenbild (Impuls p ) und Wellenbild (Wellenzahl k ): p = k • Geometrie Streuprozess Die große Elektronengeschwindigkeit υe erfordert Benutzung der relativistischen Masse me′ = me 1 1 − υ e2 c 2 • Energiebilanz und Impulsbilanz (für 2 Richtungen) hv + me c 2 =hv′ + me′c 2 = hv′ cos υ + me′υe cos ϕ c = 0 hv′ sin υ + me′υe sin ϕ c hv c also 3 Gleichungen mit 4 Unbekannten (ν ′, υ e , υ , ϕ ) . Ziel ist die Darstellung von v′ als Funktion von υ , genauer in der Form ∆v = v − v′ als Funktion von υ . Anschließend wird ∆v als Wellenlängenverschiebung dargestellt: ∆l = mit lc = h (1 - cos υ )= l c (1 - cos υ ) me c h : Compton-Wellenlänge me c Für mittelharte Röntgenstrahlung ( E ≈ 100 keV ) ist Compton-Streuung der dominierende Abschwächungsmechanismus; Nutzung in der Röntgendiagnostik. 20 Schematische Messanordnung zum Compton-Effekt (oben) und Messung des gestreuten Röntgenlichts als Funktion des Streuwinkels. Neben der elastischen Rayleigh-Streuung ist die spektral verschobene ComptonStreustrahlung sichtbar. 2.3.3 Bohrsches Atommodell • Experimenteller Befund: Atome wie z.B. Wasserstoff emittieren im Infraroten, Sichtbaren und UV-Bereich scharfe, diskrete Spektrallinien. • Interpretation der Linien mit Hilfe numerischer Formeln durch Balmer und Rydberg Ende des 19. Jahrhunderts. • Zunächst die Balmer-Serie für Wasserstoff: n2 ⋅G, n1 − 4 1 λ= 2 n1 > 2 G : Balmer-Konstante • Verallgemeinerung durch Rydberg, Darstellung mit Hilfe von Wellenzahlen v = 1 / λ mit der Einheit cm−1 1 1 v= RH 2 − 2 , n2 n1 n1 > n2 und der hier experimentell bestimmten Rydberg-Konstante RH = 109.677 , 6 cm−1 • Erlaubt recht genaue Darstellung verschiedener Spektrallinien: − Lyman-Serie − Balmer-Serie − Paschen-Serie − Brackett-Serie ( n2 = 1) ( n2 = 2 ) ( n2 = 3) ( n2 = 4 ) 21 Spektrallinienserien des Wasserstoffatoms • Aus der Lyman-Serie ( n2 = 1) folgt für n1 → ∞ die Bindungsenergie von Wasserstoff: v∞ =RH 13, 6 eV ⇒ EBind = hcv∞ = • In klarem Widerspruch zum diesem Experiment war das „Rutherfordsche Atommodell“ eines dynamischen Gleichgewichts aus Zentrifugalkraft und Coulomb-Anziehung. Für das Elektron auf einer Kreisbahn mit Radius r gilt danach m= e rω 2 1 4πe 0 e2 r2 ⇔ = r e2 4πe 0meω 2 Die Gesamtenergie ist die Summe aus kinetischer Energie und Coulomb-Energie = E Bind 1 1 e2 2 me ( rω ) − 2 4πe 0 r 1 1 e2 2 4πe 0 r = − = −13,6 eV Auch wenn die Bindungsenergie richtig beschrieben wird, so sind in diesem Modell kontinuierliche Bahnradien und Energiespektren erlaubt. Weiter müsste klassisch ein Elektron auf einer Kreisbahn ständig Energie abstrahlen. • Abhilfe schaffen die von Bohr 1913 formulierten Postulate, welche eine Quantisierung wichtiger Eigenschaften wie Energie, Bahnradius oder Drehimpuls für Elektronenzustände fordern: − Atome besitzen danach diskrete Energiezustände, in denen sie keine Energie abstrahlen. Für den Drehimpuls gilt danach weiter die Annahme L = n . − Zwischen zwei Zuständen sind Übergänge möglich; hierbei wird Licht absorbiert oder emittiert. 22 • Für die Frequenz dieses Lichts gilt = v 1 ( En − En′ ) h beim Übergang n → n′ und den Energien En = hRc 1 n2 • Die von Bohr (ohne jede mathematische Begründung!) postulierte Quantelung des Drehimpulses L = n reduziert das im Rutherfordschen Modell beschriebene Kräftegleichgewicht nun auf diskrete Werte; z.B. gilt für den Bahnradius L= me r 2ω n = me= rω 2 1 e2 L2 = me r 3 4πe 0 r 2 ⇔ rn 4πe 0 2 2 n = me e 2 Für den kleinsten Bahnradius n = 1 („Bohrscher Radius“ a0) erhält man 4πe 0 2 = 5, 29 ⋅ 10−11 m a0 = ≈ 0 ,529 A me e 2 • Die Energiewerte En erhält man durch Einsetzen von rn in den Ausdruck für die Bindungsenergie me e 4 1 e2 1 1 En = − = − 2 2 ⋅ 2 n 2 4πee 8 0h 0 rn • Der Vergleich mit der Darstellung der Energien mit Hilfe der Rydberg-Konstante liefert En= hcRH ⋅ ⇔ me e 4 1 1 = n 2 8e 0 h 2 n 2 me e 4 = 109.737 ,3 cm−1 RH = 3 8e 0 h c Die geringen Abweichungen gegenüber dem vorherigen, experimentell ermittelten Wert für RH folgen aus der Tatsache, dass hier in diesem einfachen Modell die Elektronenbewegung um den (als ortsfest angenommenen) Kern erfolgt anstatt richtigerweise um den gemeinsamen Schwerpunkt. 23 3. Teilchen und Welleneigenschaften • Licht oder ganz allgemein e.m. Wellen zeigen sowohl Teilchen- als auch Welleneigenschaften. Zur physikalischen Beschreibung werden daher je nach Problemstellung verschiedene Modelle zur Beschreibung genutzt; man spricht vom Welle-TeilchenDualismus. • Teilcheneigenschaften von Licht: − Hohlraumstrahlung − Compton-Effekt − Photoeffekt • Welleneigenschaften: − Interferenz, Doppelspaltversuch − Pulsverbreiterung, Dispersion − Brechungsgesetz • Die Verknüpfung von Wellen- und Teilchenbild erfolgt über die De-Broglie-Beziehung p = k . • Photonen besitzen die Ruhemasse m0 = 0 . Aber auch Teilchen mit m0 ≠ 0 wie Elektronen oder Neutronen zeigen Wellenverhalten, man spricht hier von „Materiewellen“. 3.1 Interferenz von Teilchenstrahlen 3.1.1 De-Broglie-Wellenlänge • Benutzung von p = k für Teilchen der Masse m p mv k = = = 2p h = λ λ 1 mv 2 2 Ekin = h ⇒ λ= 2mEkin : De-Broglie-Wellenlänge • Beispiel: Elektronen mit Masse m = me Ekin= 10 eV ⇒ λ= 3,9 A Ekin= 1 keV ⇒ λ= 0 ,39 A Ekin = 1 MeV ⇒ λ A (1= 10−10 m ) = 8, 7 ⋅ 10−3 A 3.1.2 Doppelspaltversuch • Licht- oder Materiewellen breiten sich durch zwei dicht benachbarte spaltförmige Blenden aus. Auf einem dahinter befindlichen Beobachtungsschirm oder Detektorarray wird das Beugungsmuster bzw. die Intensitätsverteilung gemessen. 24 • Historischer Rückblick − 19. Jhd. : Doppelspaltversuche von Young mit Licht, Nachweis Wellennatur Licht − 1909 : Taylor: Interferenzmuster bleiben auch bei extrem niedrigen Intensitäten erhalten − 1927 : Davisson/Germer: Beugung von Elektronen an Kristallen, Nachweis der Welleneigenschaften von Materiestrahlen (→ Nobelpreis 1937) − 1950 : Marten: Elektroneninterferenz im Elektronenmikroskop − 1961 : Jönssen: Doppelspaltversuch mit Elektronen − 1981 : Tanamura: Doppelspaltversuch mit extrem niedrigen Intensitäten, d.h. einzelne Elektronen „interferieren“ mit sich selbst Nachweis der Interferenz von Elektronenwellen bei der Beugung am Einkristall. Nur bei passender Beschleunigungsenergie und damit „passender“ Elektronenwellenlänge wird (hier: konstruktive) Interferenz beobachtet. • Heutige Doppelspaltversuche gelingen mit immer schwereren Teilchen wie Neutronen, He-Atomen oder sogar Fullerenen (C60-Moleküle, „bucky balls“) • Nutzung der Interferenz z.B. in Elektronen- oder Neutroneninterferometern Aufbau eines Neutroneninterferometers. Durch die Fertigung aus einem einzigen Silizium-Einkristall stehen die verschiedenen Strahlteiler (1-3) exakt parallel. Mit einem solchen Interferometer lassen sich Einflüsse (z.B. durch elektrische Felder) auf Neutronen sehr präzise untersuchen. 25 • Doppelspaltversuch nach Jönssen: E = 50 keV , Spaltbreite 0,3 µm, Spaltabstand 1 µm − analoges Verhalten wie Licht/Photonen − einzelne Elektronen verhalten sich beim Nachweis wie Teilchen • Uni Konstanz/Mlynek: Doppelspaltversuch mit He-Atomen, E = 100 keV , Spaltbreite 1µm, Spaltabstand 8 µm − Teilcheninterferenz wie für Photonen oder Elektronen Interferenz von Helium-Materiewellen am Doppelspalt. • Interferometrie mit C60-Molokülen (Fullerene) • Simulation der Elektroneninterferenz: − Schließen von Spalt 2 liefert Verteilungsfunktion P1 ( x ) − Schließen von Spalt 1 liefert P2 ( x ) − beide Spalte geöffnet: P ( x ) ≠ P1 ( x ) + P2 ( x ) , es wird Interferenz beobachtet • klassisches mechanisches Modell: Angabe von Ort und Impuls, Modell kann keine Interferenzen erklären • Quantenmechanisches Modell: − Beschreibung durch Wellenfunktion Ψ ( x ) , wobei „Wahrscheinlichkeitsdichte“ ist. − Ausbreitung von Ψ ( x ) nach Wellengesetzen P ( x) = Ψ ( x) 2 nun eine 26 − Ψ ( x ) ∆V ist die Wahrscheinlichkeit, ein Quantenobjekt im Volumen ∆V nachzu2 weisen. − Die Wellenfunktion wird einem Ensemble von identischen, nicht unterscheidbaren Quantenobjekten zugeordnet. • Interpretation des Doppelspaltversuchs − Ψ1,2 ( x ) beschreibt Elektronen, die durch Spalt 1 bzw. 2 fliegen − Auf dem Schirm überlagern sich Amplituden zu Ψ = Ψ1 + Ψ 2 − Die Wahrscheinlichkeitsfunktion ist die Elektronenintensität P ( x ) = Ψ ( x ) = Ψ1 ( x ) + Ψ ( x ) + 2 Ψ1 ( x ) Ψ 2 ( x ) 2 2 2 Doppelspaltversuch für Licht (a,b) und Elektronen (c,d). Die linke Seite zeigt das Wellenbild, bei der sich das Beugungsbild aufgrund der Interferenz der Einzelamplituden ergibt. Auf der rechten Seite wird zusätzlich eine Ortsmessung durchgeführt, so dass bekannt ist, durch welchen Spalt das Teilchen hindurchgetreten ist. Als Folge verschwindet der Interferenzterm auf dem Beobachtungsschirm. Das Interferenzbild entsteht durch die Überlagerung vieler Einzelereignisse bzw. -messungen. Dies gilt auch bei geringsten Intensitäten, bei denen sich klassisch gesehen zu einem Zeitpunkt jeweils nur ein einziges Teilchen im Aufbau befindet. 27 3.2 Unschärferelation • Für Quantenteilchen hat das Produkt aus Orts- und Impulsunschärfe einen endlichen, von Null verschiedenen Wert. • Elastisch gebundene Quantenteilchen befinden sich niemals in Ruhe, sondern führen auch bei der Temperatur T = 0 K sogenannte Nullpunktschwingungen aus. 3.2.1 Wellenpakete • Ziel ist die Beschreibung der Welleneigenschaften eines Teilchens durch Wellenpakete. • Ein Wellenpaket entsteht durch Überlagerung von (ebenen) Wellen mit Wellenzahlen im Intervall [ k0 − ∆k , k0 + ∆k ] : k +∆k = Ψ ( x, t ) ∫ a exp ( i ( kx − ωt ) ) dk k −∆k mit der Frequenz ω = ω ( k ) • Setze k = k0 + ( k − k0 ) und Taylor-Entwicklung von ω ( k ) um ω0 ergibt (in 1. Ordnung) ω = ω0 + ⇒ = Ψ ( x, t ) ∂ω ( k − k0 ) ∂k a exp ( i ( k0 x − ω0t ) ) k0 +∆k ∂ω exp i ( k − k0 ) x − ( k − k0 ) ∂k k0 −∆k ∫ dk • Benutze ξ= k − k0 und d ξ = dk t) Ψ ( x,= = a exp ( i ( k0 x − ω0t ) ) ∂ω exp i x − ∂k − ∆k ∆k 2a exp ( i ( k0 x − ω0t ) ) ∫ t xx d ∂ω sin t − x ∆k ∂k ∂ω t−x ∂k Realteil des Wellenpakets Ψ(x ) als Funktion des Ortes. Die durchgezogene Linie (Einhüllende) stellt die sinc-Funktion dar. 28 • Das Wellenpaket befindet sich am Ort Gruppengeschwindigkeit vg = x =∂ω ∂k ⋅ t und bewegt sich mit der ∂ω ∂k • Die Phase ändert sich mit k0t − ω0t , die Phasengeschwindigkeit lautet v= x ω0 = t k0 • Durch die sinc-Funktion ist das Teilchen nun lokalisiert, besitzt aber eine gewisse Unschärfe. Ein geeignetes Maß hierfür ist der Abstand der ±1. Nullstelle von Ψ : 1. Nullstelle bei x1∆k = π -1. Nullstelle bei x−1∆k =−π ⇒ 2π ∆k ∆x= x+1 − x−1= • Interpretation: Da ∆k die Impulsunschärfe beschreibt, ist diese umso größer, je stärker das Teilchen lokalisiert ist, d.h. je kleiner ∆x ist. • Beim Doppelspaltversuch werden einzelne Elektronen lokal an einer Stelle nachgewiesen. Erst die Überlagerung vieler Einzelergebnisse ergibt das Beugungsbild. Daher wird das Betragsquadrat Ψ x0 +∆x ∫ 2 als Wahrscheinlichkeitsdichte interpretiert: Ψ ( x ) dx 2 x0 ist die Wahrscheinlichkeit, das Teilchen im Ortsintervall [ x0 , x0 + ∆x ] nachzuweisen. Interpretation der Wellenfunktion als Wahrscheinlichkeitsdichte. Die schraffierte Fläche gibt die Aufenthaltswahrscheinlichkeit im Intervall [x0,x0+dx] an. 29 • Die Normierungsbedingung (Wahrscheinlichkeit für gesamten Raum ist gleich 1) lautet ∞ ∫ Ψ ( x) 2 dx = 1 −∞ ∞ bzw . ∫ Ψ ( x, y,z ) 2 dV = 1 −∞ 3.2.2 Unbestimmtheitsrelation • Für die Wellenfunktion eines Teilchens ist Ψ ( x) sin ( ∆kx ) x mit der räumlichen Ausdehnung angesetzt als Abstand der ± 1. Nullstellen 2π ∆x = ∆k Es war p = k bzw. ∆p = ∆k ⇒ ∆x ∆p =h • Die Heisenbergsche Unschärferelation besagt, dass Ort und Impuls nicht gleichzeitig genauer messbar sind als ∆x∆p ≥ h • Bsp.: Beugung am Einzelspalt − Auf Spalt der Breite d = ∆x falle ein kollimierter Elektronenstrahl mit ∆px = 0 (aber ∆x → ∞ , da ebene Welle). − Impulsunschärfe auf dem Schirm sei der Abstand der ersten Minima ∆p x = p sin ϕ − Beugungstheorie: Minimum tritt auf wenn Wegunterschied gleich der Wellenlänge ist: sin ϕ = λ λ = d ∆x ⇒= ∆px pλ = mit p h k ∆x ⇒ ∆x∆p= x = pλ h 30 − Fazit: Erst die Messung der Größe „Ort“ beim Durchgang durch den Spalt bewirkt die Unschärfe der Größe „Impuls“. • Energie-Zeit-Unschärfe − Im Phasenterm der Wellenfunktion treten Produkte x, k und ω , t immer gemeinsam auf. Dann folgt ∆x∆k ≥ 2π ⇒ ∆ω∆t ≥ 2π und mit E = ω ∆E ∆t ≥ h − Interpretation: Um eine Energie (bzw. Frequenz ω ) hinreichend genau zu messen, wird große Zeit t benötigt. − Für die Atomphysik folgt hiermit, dass angeregte Zustände mit einer endlichen Lebensdauer eine gewisse Energieunschärfe besitzen. • Anwendung der Unschärferelation auf den harmonischen Oszillator p2 D 2 − Gesamtenergie ist = E + x0 mit Federkonstante D und Auslenkung x0 2m 2 − klassisches Energieminimum: E = 0 für p = 0 und x0 = 0 − Unschärferelation fordert aber p = h x0 − Für die zugehörige Energie gilt = E − h2 D + x02 2 2m x0 2 Minimum dieser Energie ist die sogenannte „Nullpunktenergie“ dE =0 ⇔ dx0 − x0 =4 h2 , Dm E0 =ω Eine exakte quantenmechanische Rechnung liefert = x0 h2 1 = , E0 ω 2 Dm 2 4 31 − späteres Resultat: neben der Nullpunktenergie ist auch die Anregungsenergie des harmonischen Oszillators in der Quantenmechanik gequantelt: 1 E = n + ω 2 mit der Modenzahl n . 3.3 Schrödinger-Gleichung • Betrachtet wird zunächst ein sogenanntes „freies Teilchen“, welches nur kinetische Energie besitzt. Die potentielle Energie sei Null, d.h. formal bewegt sich das Teilchen im Potential V ( x ) = 0 . • Bei Verzicht auf Lokalisierung lässt sich ein freies Teilchen durch eine einfache ebene Welle beschreiben, in komplexer Schreibweise. = Ψ ( x,t ) ( ) 1 A0 exp ( i ( kx − ωt ) ) + c.c. 2 • Gesucht ist eine allgemeine Bestimmungsgleichung für die Wellenfunktion Ψ , in der dann auch zusätzliche Kräfte auf das Teilchen (z.B. in Form eines Potentials V ( x ) ≠ 0 ) berücksichtigt werden können. • Betrachte die Ableitung ∂Ψ ∂x : ∂Ψ ( x,t ) p =Ψ ik ( x,t ) = i x Ψ ( x,t ) ∂x ⇔ −i ∂ Ψ ( x,t ) = ∂x px Ψ ( x,t ) Dies ist eine „Eigenwertgleichung“: Anwendung der Rechenvorschrift −i∂ ∂x (im Folgenden „Operator“ genannt) auf die Wellenfunktion Ψ liefert den Eigenwert px , d.h. die Impulskomponente in x -Richtung. • Analoge Vorgehensweise für die Zeitableitung und E = ω : ∂Ψ ( x,t ) E =( −iω ) Ψ ( x,t ) = −i Ψ ( x,t ) ∂t ⇔ i ∂ Ψ ( x,t ) ∂t = E Ψ ( x,t ) Die Anwendung des Operators i ∂ ∂t auf Ψ liefert hier den Energieeigenwert E . E E= px2 • Für das freie Teilchen mit V ( x ) = 0 ist= kin E Ψ ( x,t ) = ⇔ ∂ i Ψ ( x,t ) ∂t ( 2m ) , also p x2 Ψ ( x,t ) 2m 2 ∂ 2 = − Ψ ( x,t ) 2m ∂x 2 Man erhält eine Differentialgleichung, deren Lösung z.B. ebene Wellen sind. 32 • Erweiterung des Resultats auf gebundene Teilchen mit V ≠ 0 , also px2 = E +V ( x) 2m Der zugehörige Operator H zur Anwendung auf Ψ = H 2 ∂ 2 +V ( x) 2m ∂t 2 ist der „Hamilton-Operator“, der als Eigenwert die Gesamtenergie E liefert, d.h. die Summe aus kinetischer und potentieller Energie. • Das Resultat der Überlegungen ist die allgemeine Schrödinger-Gleichung: i 2 ∂ 2 ∂ Ψ ( x,t ) = + V ( x ) Ψ ( x,t ) − 2 ∂t 2m ∂x Zusammen mit möglichen Randbedingungen lässt sich hieraus die Wellenfunktion eines Quantenteilchens berechnen. • Die Schrödinger-Gleichung (SGL) lässt sich leicht auf drei Dimensionen erweitern. Statt der Summe zweiter partieller Ableitungen wird der Laplace-Operator benutzt: oder kurz i 2 ∂ Ψ ( r ,t ) = − ∆ + V ( r ) Ψ ( r ,t ) ∂t 2m i ∂ Ψ ( r ,t ) =Ψ H ( r ,t ) ∂t • Da das Potential V zeitunabhängig ist, kann die SGL durch einen Separationsansatz teilweise gelöst werden: Ψ ( x,t ) ⇔ i u ( x ) ∂ϕ ( t ) ∂t = u ( x ) ⋅ ϕ (t ) 2 ∂ 2 = ϕ (t ) − + V ( x ) u ( x ) = H u ( x )ϕ (t ) 2 2m ∂x Division durch u ( x ) ϕ ( t ) liefert i ∂ϕ ( t ) 1 2 ∂ 2 E= const. ⋅ = − +V ( x) u ( x) = 2 u ( x ) 2m ∂x ϕ ( t ) ∂t bzw. = f ( t ) g= ( x ) const. und damit zwei getrennte Gleichungen für ϕ ( t ) und u ( x ) . • Die Lösung der Gleichung für ϕ ( t ) ist mit E = ω recht einfach: i ⇔ ∂ϕ ( t ) ∂t ∂ϕ ( t ) ∂t mit der Lösung = ωϕ ( t ) = −iωϕ ( t ) 33 = ϕ ( t ) A exp( −iωt ) und der Amplitude A . Die Lösungen der SGL oszillieren also zeitlich mit der Frequenz ω . • Die verbleibende Differentialgleichung für u ( x ) wird als zeitunabhängige SGL bezeichnet 2 ∂ 2 +V ( x) u ( x) = E u ( x) − 2 2m ∂x oder kurz H u ( x) = E u ( x) • Die zeitabhängigen Lösungen sind dann = Ψ ( x,t ) u ( x ) e − iωt ≡ Ψ ( x ) e − iωt 3.4 Erwartungswerte und Operatoren • In der Quantenmechanik werden die Eigenschaften von Quantenteilchen durch Wellen funktionen Ψ ( r ,t ) vollständig beschrieben. • Zur Berechnung von Ψ dient die SGL 2 ∂ ∆ + V ( r ) Ψ ( r= ,t ) i Ψ ( r ,t ) − ∂t 2m mit dem Hamilton-Operator H=− 2 ∆ +V (r ) 2m • Abspalten des zeitabhängigen Faktors exp ( −iωt ) führt auf die zeitunabhängige SGL H Ψ ( r ) =E Ψ ( r ) Die Anwendung von H auf Ψ (Voraussetzung: man kennt V ( r ) ) liefert als Ergebnis die Energieeigenwerte E . 3.4.1 Operatoren und Eigenwerte • Die Wellenfunktion Ψ hat die Bedeutung einer Wahrscheinlichkeitsamplitude. • Der Mittelwert < x > der Ortskoordinate, d.h. der Erwartungswert von x für viele Messungen, ist <x> = ∞ ∫ Ψ ( x ) x Ψ ( x ) dx * −∞ • Die Wahrscheinlichkeitsdichte war P ( x) = Ψ ( x) 2 In diskreter Notation ist Pi ( xi ) die Wahrscheinlichkeit, das Teilchen im Ortsintervall xi anzutreffen. 34 Wahrscheinlichkeitsverteilung Pi ( xi ) • Für den Schwerpunkt x der Verteilung gilt mit x = ∑ P =1 i xP ∑ = ∑xP ∑P i i i i i Der Übergang zur integralen Schreibweise ergibt < x >= ∫ xP ( x ) dx= xP ( x ) dx= Ψ xΨ dx ∫ ∫ ∫ P ( x ) dx ∞ ∞ * −∞ −∞ • In allgemeiner Form gilt für den Erwartungswert einer nur von x abhängigen Funktion f ( x) : ∞ < f ( x ) >= ∫ Ψ f ( x ) Ψ dx * −∞ • Bsp.: Erwartungswert des Impulses px ∞ < p x > = − ∫ Ψ*i −∞ mit px Ψ = −i ∂ Ψ dx ∂x ∂ Ψ ∂x Analog erfolgt die Erwartungswertbildung auch für Funktionen g ( px ) . • Allgemeines Ergebnis: Wenn eine Funktion A ( x, px ) vom Ort und Impuls abhängt, so ist der zugehörige Erwartungswert < A >= ∞ ∫ Ψ ( x ) A Ψ ( x ) dx * op −∞ mit Aop als der zu A gehörende Operator. 35 • Anforderungen an Operatoren: − Operatoren sind allgemein alle Rechen- bzw. Differentialvorschriften, z.B. ∂ ∂x , x, π , die Zahl 1 („Identitätsoperator“) usw. − Operatoren müssen linear sein, da auch die SGL linear ist: A ( c1Ψ1 + c2 Ψ 2 )= c1 AΨ1 + c2 AΨ 2 − Die mit Hilfe von Aop gebildeten Erwartungswerte müssen reell sein, da sie physikalischen Messergebnissen entsprechen. Dies bedeutet ( * * < A > =Ψ ∫ Aop Ψdx =∫ Ψ Aop Ψdx ) =∫ ( A Ψ ) Ψdx * * op Solche Operatoren heißen „hermitesch“. + − Hermitesche Operatoren sind immer selbstadjungiert, Aop = Aop • Fazit: Zu einer messbaren Größe A , die sich als Funktion von x und p darstellen lässt, existiert ein hermitescher Operator Aop . Das Ergebnis einer Einzelmessung liefert den Eigenwert a von Aop : Aop Ψ = aΨ Das gemittelte Ergebnis vieler Messungen ist < A > . • Beispiele für hermitesche Operatoren: Messgröße klassisch quantenmechanisch T = p 2 ( 2m ) = r × p − 2 ( 2m ) ∆ −i r × ∇ x bzw. r p Ort Impuls kin. Energie Drehimpuls x bzw. r − i ∇ Für die vektorielle Schreibweise wurde statt ∂ ∂x usw. der Nabla-Operator ∇ benutzt: ∇ = ( ∂ ∂x, ∂ ∂y , ∂ ∂z ) Werden zwei Operatoren sukzessive auf Ψ angewendet, so kommt es im Allgemeinen auf die Reihenfolge an. Die Vertauschungsklammer [] bedeutet [ A,B=] AB − BA Falls [ A,B ] = 0 meint dies dass A und B „vertauschbar“ sind, die Reigenfolge dann also egal ist. 36 • Bsp.: Vertauschbarkeit von p und x [ p,x ] Ψ ∂ ∂ ( xΨ ) + x i Ψ ∂x ∂x = −i = ∂ ∂ −i Ψ + x Ψ + x i Ψ ∂x ∂x = −i Ψ ≠ 0 d.h. [ p,x ] = −i , die Größen p und x sind also nicht vertauschbar. • Allgemein gilt die „Nichtvertauschbarkeit“ für alle Größen, die durch eine Unschärferelation verknüpft sind, d.h. für Größen, die nicht simultan exakt messbar sind. Hintergrund ist ein wichtiges Ergebnis der Quantenmechanik: Die Messung eines Parameters „präpariert“ das untersuchte System in einen neuen Zustand, so dass eine nachfolgende Messung eines weiteren Parameters unter Umständen einen anderen Messwert liefert. Daher kommt es i.allg. auf die Reihenfolge der Messungen an. 3.4.2 Drehimpulse • In der Quantenmechanik spielen Drehimpulse (z.B. Kernspin, Bahndrehimpuls, Elektronenspin) eine zentrale Rolle. Wie für die Energie gelten auch für Drehimpulse Erhaltungssätze. • Der Drehimpuls ist definiert durch = r × p ⋅. mit den Komponenten x , y , z und Betrag = • Betrachte z -Komponente z = z x p y − y px bzw. ˆ z = ˆx ˆpx − ˆy ˆpx = x ∂ − y ∂ ∂x i ∂y für den Operator ˆ z . Die Schreibweise mit „∧„ (gesprochen: „Dach“) ist eine gängige Kennzeichnung in der Literatur für Operatoren. • Der Operator für den Drehimpuls lautet dann ˆ ˆ x = ˆ y = −i ( r × ∇ ) ˆ z • In der Quantenmechanik wird häufig der Betrag von benötigt; der Operator lautet ˆ 2 = ˆ 2x + ˆ 2y + ˆ 2z • Der zugehörige Erwartungswert ist (Herleitung erfolgt später) < ˆ 2 > = ∫Ψ * ˆ 2 Ψ dx = ( + 1) 2 Die Zahl ≥ 0 ist die Drehimpulsquantenzahl. 37 • Für Drehimpuls gelten die Vertauschungsrelationen ˆ x , ˆ y = i ˆ z ˆ 2 , ˆ j 0 für j x, y,z = = Aus der zweiten Beziehung folgt, dass der Betrag und eine (beliebige) räumliche Komponente (z.B. z ) gleichzeitig exakt messbar sind. 3.5 Anwendungen 3.5.1 Freies Teilchen • Auf ein „freies“ Teilchen wirkt keine Kraft, d.h. F = 0 = − grad V bzw. V ( x ) = const . • Wahl des Energienullpunkts (Bezugspotential von V ) so, dass V ( x ) = 0 gilt. • Die zeitunabhängige SGL lautet dann − ∂2 Ψ ( x ) =E Ψ ( x ) 2m ∂x 2 Die kinetische Energie des Teilchens mit Geschwindigkeit v ist = E 1 2 p2 = mv 2 2m und mit der De-Broglie-Beziehung p = k folgt E= 2k 2 2m • Die SGL wird so zur bekannten (klassischen) Wellengleichung ∂2 Ψ ( x ) =−k 2 Ψ ( x ) ∂x 2 mit der ebenfalls bekannten (zeitabhängigen) Lösung Ψ= ( x,t ) c1 exp ( i ( kx − ωt ) ) c2 exp ( −i ( kx − ωt ) ) • Anmerkung: Die zeitunabhängige SGL gilt für alle Zeiten t und liefert exakte Energiewerte E , d.h. es ist ∆E = 0 für Zeiten ∆t → ∞ in Übereinstimmung mit der Unschärferelation. 3.5.2 Rechteckpotential • Die beiden typischen Beispiele sind hier ein Kastenpotential mit entweder unendlich hohen oder aber endlich hohen Wänden. • Zunächst: Potential mit unendlich hohen Wänden V ( x ) E= = pot ( x ) { 0 ∞ 0≤ x≤a sonst Lösungen sind wieder Ψ = ( x ) c1 exp ( ikx ) + c2 exp ( −ikx ) 38 mit den Randbedingungen ⇒ Ψ ( x ≤ 0) = Ψ ( x ≥ a ) =0 Ψ(x = 0) = c1 + c2 = −c2 0 ⇔ c1 = Ψ ( x= a ) = ⇔ c1 exp ( ika ) + c2 exp ( −ika )= 0 sin ( ka ) = 0 ⇔ ka = np , n =1, 2 , 3, np x = c sin mit c 2ic1 a = ⇒ Ψ ( x) d.h. stehende harmonische Wellen im Intervall x ∈ [ 0 ,a ] mit Wellenzahlen kn = nπ a und Wellenlängen λn = 2a n sowie Energieeigenwerten En = 2 kn 2 2m und der Nullpunktenergie 2 π 2 = E1 >0 2m a 2 Diese Nullpunktenergie ist eine Folge der Unschärferelation, d.h. der Lokalisierung des Teilchens auf einen Bereich der Breite ∆x ≅ a. • Nun: Potentialtopf mit endlich hohen Wänden V ( x) = − { 0 V0 0≤ x≤a sonst Gebiet I Gebiet II Die Lösungen lauten + c2 exp ( −ikx ) Ψ I= ( x) c1 exp ( ikx ) Ψ II= ( x) ) + c4 exp ( −ikx ) c3 exp ( ikx und erfüllen die Gleichung ∂2 Ψ ( x) + ∂x 2 ⇔ mit − 2m 0 ( E − V0 ) Ψ ( x ) = 2 ∂2 0 Ψ ( x ) − α 2Ψ ( x ) = 2 ∂x α= 2m (V0 − E ) = ik Eine sinnvolle Forderung ist eine endliche Eindringtiefe in den Bereich der Potentialwände, Ψ ( x → −∞ ) und Ψ ( x → ∞ ) =0 : Ψ II ( x= ) = Ψ II ( x ) c4 exp ( −a ( x − a ) ) x≥a c3 exp (a x ) x≤a 39 − An den Wänden müssen die Lösungen stetig differenzierbar sein: Ψ ( x = 0) − = c1 + cc ′ Ψ* ( x = a ) = c1 exp ( ika ) + c2 exp ( −ika ) = c4 Ψ′ ( x = 0 ) = ik ( c1 − c2 ) = a c3 Ψ′ ( x = a ) = ikc1 exp ( ika ) − ikc2 exp ( −ika ) = a c4 Aus und folgt c3 = 2ik c1 ik + α und aus und c3 = 2ik exp ( ika ) c1 ik − a Gleichsetzen liefert ik − a = exp ( ika ) ik + a ⇔= a ik 1 − exp ( ika ) ka = k tan 1 + exp ( ika ) 2 • Die Teilchen dringen also mit der Tiefe α −1 in die Potentialwände ein. 3.5.3 Potentialschwelle • Betrachtet wird nun die Situation, wenn ein Teilchen auf eine Potentialschwelle der Breite a und Höhe E0 trifft. Die Energie des Teilchens kann sowohl höher als auch niedriger als E0 sein. Hier wird der Fall E < E0 betrachtet. Eine Welle der Energie E trifft von links auf eine Potentialschwelle der Breite a und Höhe E0. • Die Lösungen lauten analog zu vorher Ψ I (= x) c1 exp ( ikx ) Ψ II = ( x) c3 exp (α x ) + c4 exp ( −α x ) Ψ III ( x ) = c5 exp ( ikx ) + c2 exp ( −ikx ) 40 Im Gebiet III hinter der Schwelle ist die Lösung auf eine nach rechts laufende Welle beschränkt. • Wie zuvor müssen die Lösungen stetig differenzierbar sein Ψ I ( 0) = Ψ II ( 0 ) , Ψ II ( a ) = Ψ III ( a ) Ψ′I ( 0 ) = Ψ′II ( 0 ) , Ψ′II ( a ) = Ψ′III ( a ) • Die Transmission T nach rechts ( x > 0 ) durch die Potentialschwelle ergibt sich aus dem Verhältnis der nach rechts laufenden beiden Teilwellen T= c5 c1 2 2 unter Berücksichtigung der obigen Randbedingungen zu T= 1 − E E0 (1 − E E0 ) + ( E0 4 E ) sinh 2 (a a ) • Offensichtlich ist T > 0 , d.h. das Teilchen kann die Energiebarriere E0 > E mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit überwinden. Dieser Effekt wird „Tunneleffekt“ genannt. Im klassischen Bild wäre dagegen T = 0 . • Ein Beispiel für den Tunneleffekt ist der α -Kernzerfall: Das α -Teilchen (He-Kern, 2 Protonen + 2 Neutronen) befindet sich im stark anziehenden Kernpotential, durch eine Potentialschwelle getrennt vom (schwächeren) abstoßenden Coulomb-Potential. Tunneleffekt beim α-Zerfall. 41 3.5.4 Harmonischer Oszillator • Klassischer mechanischer Oszillator F = −gradV = − Dx V ≡ E pot 1 2 Dx = 2 Eigenfrequenz ω = D m • Quantenmechanische Behandlung mit Hilfe der SGL − mit 2 ∂ 2 1 Ψ ( x ) + Dx 2 Ψ ( x ) ≡ E Ψ ( x ) 2 2m ∂x 2 D = mω 2 Einführung der dimensionslosen Koordinaten mω 2E = x x= , ε ω führt mit ∂ 2 mω ∂ 2 = ∂x 2 ∂x 2 auf ∂2 Ψ (ξ ) + ( ε − ξ 2 ) Ψ (ξ ) = 0 ∂ξ 2 • Eine Lösung für ε = 1 ist Ψ 0 (xx ) = exp ( − 2 2 ) • Weitere Lösungen erhält man mit dem Ansatz Ψ = (xxx ) H ( ) exp ( − 2 2 ) mit der zunächst unbestimmten Funktion H (ξ ) . • Einsetzen in die SGL liefert ∂2 ∂ H (ξ ) − 2ξ H (ξ ) + ( ε − 1) H (ξ ) = 0 2 ∂ξ ∂ξ Dies ist die sogenannte „Hermitesche Differentialgleichung“. Lösungen H n (ξ ) sind die (über die Wahl von cn normierbaren) Hermite-Polynome dn H n (xxx cn ( −1) exp ( ) n exp ( − 2 ) )= dx n = H 0 (ξ ) 1 4 π 2 , = H1 ( ξ ) 4 1 ξ, = H 2 (ξ ) 4π 4 1 2ξ 2 − 1) ( 4π 42 • Zu jedem Index n bzw. Hermite-Polynom H n gehört ein Wert ε n und damit ein Energieeigenwert En . Zur Berechnung von En werde H n als Potenzreihe dargestellt: n H (ξ ) = ∑ aiξ i i =0 Die Zahl n ist endlich, da sonst H (ξ ) → ∞ geht. Einsetzen in die SGL und Koeffizientenvergleich Terme mit ξ 1 : 0 ( 2 ⋅ 3) a3 − 2a1 + (ε − 1) a1 = Terme mit ξ 2 : 0 ( 3 ⋅ 4 ) a4 − 4a2 + (ε − 1) a2 = Dies liefert die allgemeine Rekursionsformel ( i + 1) ( i + 2 ) ai +2 = ( 2i − (ε − 1)) ai • Es existiere ein größtmöglicher Energieeigenwert, d.h. eine größte vorkommende Potenz 0 usw. ξ n , also an ≠ 0, an +1 = Dann ist an + 2 = 0 ⇔ ( 2n − (ε − 1)) an = 0 0 ⇔ 2n − (ε − 1) = ⇔ n= 1 (ε − 1) 2 • Mit ε = 2E ( ω ) folgt dann 1 E= n n + ω 2 also äquidistante Energieniveaus und eine Nullpunktenergie E0 = 1 ω 2 Niedrigste Energiezustände des quantenmechanischen harmonischen Oszillators. 43 3.6 Korrespondenzprinzip • Das Korrespondenzprinzip beschreibt den Zusammenhang von klassischen und quantenmechanischen Größen: − Quantenmechanische Aussagen gehen für große Quantenzahlen in die klassische Theorie über. − Auswahlregeln (s. Kap. 7.2) der klassischen Physik gelten auch in der Quantenmechanik. • Beispiele zum Korrespondenzprinzip − Harmonischer Oszillator Die Aufenthaltswahrscheinlichkeitsdichte Ψ 2 geht für große n in die klassische Trajektorie über. Für große Quantenzahlen nähert sich die quantenmechanische Aufenthaltswahrscheinlichkeit (Betragsquadrat der Wellenfunktion) dem klassischen Fall (rote Kurve) an. − Bahndrehimpuls des Elektrons Die klassische Bohrsche Theorie besagt = n . Die Schrödinger-Gleichung fordert dagegen = Für große n gilt − n ( n − 1) . n ( n − 1) ≈ n . Umlauffrequenz des Elektrons Für große Quantenzahlen n entspricht die klassische Umlauffrequenz des Elektrons auf einer Bohrschen Bahn („Rydberg-Atome“) der quantenmechanischen Frequenz v = ∆E h 44 4. Wasserstoffatom 4.1 Schrödinger-Gleichung im Zentralpotential • Ziel ist die Beschreibung von Einelektronensystemen ( H, He , Li + 2+ , …) in einem kugelsymmetrischen Potential V ( r ) , d.h. hier dem Coulomb-Potential. • Für diesen Fall eines „Zweiteilchensystems“ kann die SGL exakt gelöst werden. • Magnetische Momente (Elektronenspin, Kernspin, Bahnmoment des Elektrons) werden zunächst nicht berücksichtigt. 4.1.1 Schwerpunktkoordinaten ( • Das H-Atom besteht aus dem Elektron ( −e, me ) am Ort r1 und dem Kern + e, m p ) am Ort r2 . Im Hamilton-Operator sind die beiden kinetischen Energien sowie die CoulombWechselwirkung zu berücksichtigen: − 2 2 e2 1 ∆1Ψ − ∆2Ψ − Ψ = ΕΨ ( r1 , r2 ) 2me 2m p 4pe 0 | r1 − r2 | • Wegen der Radialsymmetrie von V ( r ) werden Kugelkoordinaten benutzt: x= r sin v cos ϕ r= = y r sin v sin ϕ = ⇔ v = ϕ r cos v = z x2 + y2 + z2 ( arccos z x2 + y2 + z2 ) arctan ( y x ) • Kern und Elektron rotieren um den gemeinsamen Schwerpunkt, daher werden der Abstandsvektor r= r1 − r2 sowie die reduzierte Masse µ eingeführt: m= me m p me + m p • Mithilfe der obigen Transformationsgleichungen Kugelkoordinaten ausgedrückt werden: = ∆ kann der Laplace-Operator ∂ ∂ ∂2 1 ∂ 2 ∂ 1 1 + + r v sin ∂v r 2 sin 2 v ∂ϕ 2 r 2 ∂r ∂r r 2 sin v ∂v • Damit lautet die SGL für die Wellenfunktion Ψ ( r , v, ϕ ) in Kugelkoordinaten: ∆Ψ + 2µ (Ε −V (r)) Ψ = 0 2 Beschrieben wird also die Relativbewegung von Elektron und Kern. in 45 4.1.2 Separationsansatz • In einem ersten Schritt erfolgt die Separation der Wellenfunktion in Radialanteil R und Winkelfunktion Y („Kugelflächenfunktion“): Y ( r, v, ϕ ) = R ( r ) ⋅ Y ( v, ϕ ) • Einsetzen in die SGL liefert ⇔ Y 1 ∂ 2 ∂R r r 2 ∂r ∂r + R ∂ ∂Y sin v r sin v ∂v ∂v + R ∂ 2Y r 2 sin 2 v ∂ϕ 2 + 2µ = ( Ε − V ( r ) ) RY 0 2 + 2µr 2 (Ε −V (r)) 2 1 ∂ 2 ∂R r R ∂r ∂r = 2 1 Y ∗ r2 RY 1 ∂ 1 ∂ 2Y ∂Y sin v ∂v sin v ∂v + sin 2 v ∂ϕ 2 Die DGL separiert also in zwei Terme, die jeweils nur von r bzw. von ( v, ϕ ) abhängen. C ( + 1) gesetzt. Dabei wird hier Beide Terme werden gleich der Konstante = vorweggenommen, dass die rechte Seite nur dann Lösungen liefert, wenn die Konstante C gerade als Produkt ( + 1) mit ganzzahlig positiven -Werten darstellbar ist. • Die Radialgleichung lautet dann 1 d 2 dR 2 µ r 2 ) ) ( + 1) r + 2 ( Ε − V ( r= R dr dr Nur hier taucht der Energieeigenwert Ε auf. • In einem zweiten Separationsansatz setzen wir Y ( v, ϕ ) = Θ ( v ) ⋅ Φ (ϕ ) −1 ΘΦ ⇔ 1 ∂ 1 ∂ 2Φ ∂Φ sin v Φ + Θ = ( + 1) sin v ∂v sin 2 v ∂ϕ 2 ∂v 1 ∂ 2Φ ∂ ∂Θ 1 sin v − sin v + ( + 1) = ∂v Φ ∂ϕ 2 Θ sin v ∂v 2 Hier wird für die Separationskonstante C ′ = m 2 gewählt, da wie später gezeigt wird nur dann die rechte Seite Lösungen liefert. • Damit erhält man die Azimutgleichung d 2Φ + m 2 Φ =0 2 dϕ und die Polargleichung 1 d dΘ m2 sin 1 0 v + + − = ( ) Θ sin v dv dv sin 2 v 46 4.1.3 Lösung der Azimutgleichung • Die DGL entspricht einer Schwingungsgleichung mit der allgemeinen Lösung Φ m (ϕ ) = c1 eimϕ + c2 e − imφ Die Aufenthaltswahrscheinlichkeit ist proportional zu Ψ 2 und damit auch zu Φ m ; diese 2 soll/darf nicht vom Winkel ϕ abhängen. Eine spezielle Lösung ist dann Φ m (ϕ ) = c e ± imϕ mit der Normierungskonstante c , welche aus der folgenden Normierung folgt: 2π ∫Φ 2 dϕ == 1 2π c 2 ⇔ c= 0 1 2π • Die Lösungen lautet also Φ m (ϕ ) = 1 imϕ e 2π mit m = 0, ± 1, ± 2, Hier ist m die „magnetische Quantenzahl“ ( → Kap. 5). • Die Lösungen sind orthogonal und eindeutig: 2π ∫Φ * m Φ n dϕ = d mn 0 Φ m (ϕ + 2π ) =Φ m (ϕ ) 4.1.4 Lösung der Polargleichung • Zu lösen ist die DGL 1 d dΘ m2 sin v − = − ( + 1) Θ sin v dv dv sin 2 v • Es wird zunächst der Fall m = 0 betrachtet und „geschickt“ substituiert. Es sei ⇒ ξ = cos v dξ dv = − sin v und ⇒ 1 d sin v dv sin v d dv d = − dξ = − sin 2 v d d = − (1 − ξ 2 ) dv dξ Dies führt auf die sogenannte Legendresche Differentialgleichung d 2 dΘ (1 − ξ ) + ( + 1) Θ =0 dξ dξ • Lösungen sind die Legendre-Polynome P (ξ ) , welche sich als (endliche) Potenzreihe darstellen lassen: Θ = P (ξ ) = c0 + c1ξ + c2ξ 2 + + cξ 47 • Für den Fall m ≠ 0 sind die Lösungen die sogenannten „assoziierten“ Legendrem Polynome P (ξ ) , für die man eine Bestimmungsgleichung angeben kann: c (1 − ξ (ξ=) m P 2 ) m2 m d P (ξ ) m dξ Da P ein Polynom bis zur Ordnung ξ darstellt, muss aufgrund der oben enthaltenen Ableitung gelten m ≤ bzw. − ≤ m ≤ • Der Vorfaktor c folgt wieder aus der Normierung π ∫ P ( cos v ) m 2 sin v dv = 1 0 Hier stammt der Faktor ( sin v ) aus der Definition des Raumwinkels d Ω =sin v dv dϕ , da für die Normierung der gesamten Kugelflächenfunktion gilt ∫ Y ( v, ϕ ) 2 d Ω =1 Die Kugelflächenfunktionen Ym beschreiben die Winkelabhängigkeit der Aufenthaltswahrscheinlichkeitsdichte: m Y = Pm ( cos v ) Φ m (ϕ ) ( v, ϕ ) • Niedrigste Lösungen für Ym (i) = 0,= m 0 = Φ0 1 , = Θ0 P0 = (ξ ) c0 2π Einsetzen von P0 in die DGL zeigt, dass c0 zunächst beliebig gewählt werden kann. Die Normierung fordert jedoch wieder: π ∫c 2 0 1 ⇔ c0 = 2 sin v dv = 1= 2c02 0 1 ⇒ Y00 ( v, ϕ ) = 2 π Die fehlende Winkelabhängigkeit bedeutet hier Kugelsymmetrie von P0 . (ii) = 1,= m 0 Φ0 = Einsetzen: d dξ 1 , Θ1 = c0 + c1 ξ 2π ( (1 − ξ ) c ) + 2 ( c 2 1 0 + c1ξ ) = 0 ⇒ c0 = 0, c1 zunächst beliebig 48 Die Normierung fordert π 2 2 ∫ c1 cos v sin v dv= 1= 0 = Y 10 π 2c12 −c12 cos3 v = 0 3 3 3 ⇔ c1 = 2 1 3 3 = cos v cos v 2π 2 2 π Y 10 beschreibt demnach ein keulenförmiges Potential in z -Richtung. Übersicht der niedrigsten Kugelflächenfunktionen. 49 Grafische Darstellung der Legendre-Polynome nach einer Rücktransformation in kartesische Koordinaten. s-Orbitale mit l=0 haben Kugelsymmetrie, während sich für l=1 keulenförmige p-Orbitale entlang der x-, y- und z-Richtung ergeben. • Mathematische Begründung der diskreten Quantenzahlen m, i) Magnetische Quantenzahl m DGL: φ ′′ + C ′ φ = 0 allg. Lsg.: = φ ( A exp ±i C ' ϕ ) Die Lösungen müssen bzgl. des Azimutwinkels ϕ eindeutig sein, d.h. φ (ϕ + n= ⋅ 2π ) φ (ϕ= ) , n 0, 1, 2, bzw. und damit ( ) exp ± i C ' n 2p = 1 C ' = m mit m ∈ ii) Drehimpulsquantenzahl DGL: d dΘ + C Θ =0 1−ξ2) ( dξ d ξ allg. Lsg.: Θ= c0 + c1ξ + c2ξ 2 + 50 Es war ξ = cos v mit v ∈ [ 0, π ] , d.h. die möglichen ξ -Werte liegen zwischen −1 und +1 . Damit Θ z.B. für ξ = 1 endlich bleibt, reicht es zu fordern, dass die Potenzreihe endlich ist, es also einen höchsten Term c ξ gibt. Der Reihenansatz für Θ wird in die DGL eingesetzt und ein Koeffizientenvergleich durchgeführt. dΘ dξ =+ c1 2c2ξ + 3c3ξ 2 + 4c4ξ 3 + 5c5ξ 4 + (1 − ξ ) ddΘξ = c1 + 2c2ξ + 3c3ξ 2 + 4c4ξ 3 + 5c5ξ 4 + 2 − c1ξ 2 − 2c2ξ 3 − 3c3ξ 4 − d dΘ 1−ξ2) ( dξ dξ = 2c2 + 6c3ξ + 1 2c4ξ 2 + 2 0c5ξ 3 + − 2c1ξ − 6c2ξ 2 − 1 2c3ξ 3 − Vergleich der Terme mit ξ n in der Legendreschen DGL ξ 0 : 1 ⋅ 2c2 + Cc0 = 0 ξ 1 : 2 ⋅ 3c3 − 1 ⋅ 2c1 + Cc1 =0 ξ 2 : 3 ⋅ 4c4 − 2 ⋅ 3c2 + Cc2 = 0 ξ 3 : 4 ⋅ 5c5 − 3 ⋅ 4c3 + Cc3 = 0 Ergebnis allgemein dargestellt für ξ k liefert wieder eine Rekursionsformel: ( k + 1) ( k + 2 ) ck + 2 − k ( k + 1) − C ck ⇔ ck + 2 = ck 0 = k ( k + 1) − C ( k + 1) ( k + 2 ) Die Potenzreihe bricht bei (bzw. hinter) c ≠ 0 ab, d.h. c + 2 = 0 ⇒ 0 = c ( + 1) − C ( + 1) ( + 2 ) C ( + 1) ⇔ = • Warum heißt „Drehimpulsquantenzahl“? Der Drehimpulsoperator in kartesischen Koordinaten war = ˆ i r × ∇ ( mit ) ∂ ∂ ˆ x = −i y −z usw. ∂y ∂z Für die entsprechende Darstellung in Kugelkoordinaten müssen partiellen Ableitungen umgerechnet werden. Ein Beispiel: ( x, y , z ) bzw. die 51 ∂z z= r cosnn ⇔ = − r sin ∂n ⇔ ∂ −1 ∂ = ∂z r sin nn ∂ y = r sin v sin ϕ also ist y ∂ ∂ = − sin ϕ ∂z ∂n Insgesamt erhält man für ̂ in Kugelkoordinaten ∂ ∂ i sin ϕ + cot n cos ϕ ∂n ∂ϕ = ˆ x ∂ ∂ i − cos ϕ = + cot n sin ϕ ∂n ∂ϕ ˆ y ˆ z = −i ∂ ∂ϕ und für das Betragsquadrat ˆ 2 = ˆ 2x + ˆ 2y + ˆ 2z 1 ∂ ∂ ∂2 1 = − 2 + v sin ∂v sin 2 v ∂ϕ 2 sin v ∂v Dies entspricht aber gerade dem winkelabhängigen Anteil des Laplace-Operators, welcher, angewendet auf den winkelabhängigen Teil der Wellenfunktion (d.h. auf Ym ), C ( + 1) ergab. gerade die Separationskonstante= Die Kugelflächenfunktionen Ym sind also gerade die Eigenfunktionen zu ̂ 2 , also ˆ 2Ym (ν= , ϕ ) 2 ( + 1) Ym (ν , ϕ ) Die „Messvorschrift“ mit Hilfe des Operators ̂ 2 für das Drehimpulsquadrat liefert also als mögliche „Einzelmesswerte“ das Ergebnis = ( + 1) Dies ist die quantenmechanische Drehimpulsquantelung. • Wie groß ist die z -Komponente des Drehimpulses? Diese Frage ist berechtigt, da wegen ˆ 2 , z = 0 neben dem Betrag von auch eine weitere Komponenten, wie hier gewählt in z -Richtung, gleichzeitig zu Es ist ∂2 ˆ 2z = − 2 ∂ϕ 2 2 Damit sind nun Φ m (ϕ ) Eigenfunktionen zu ˆ z : ˆ 2z φm (ϕ ) = 2 m 2 φm (ϕ ) Mögliche Messwerte für z sind also Vielfache von . messbar ist. 52 • Damit ergeben sich die folgenden Zustände: m Bezeichnung Entartung 0 0 s 1-fach 1 0, ± 1 p 3-fach 2 0, ± 1, ± 2 d 5-fach 3 0, ± 1, ± 2, ± 3 f 7-fach • Entsprechend der Vertauschungsrelation sind 2 und z gleichzeitig messbar. Dies bedeutet im Umkehrschluss, dass die Richtung von im Raum nicht definiert ist. Darstellung der Orientierung des Drehimpulsvektors L im Raum. Gleichzeitig messbar sind der Betrag und (nur!) eine der räumlichen Komponenten (z.B. z-Achse). Die genaue Orientierung von L im Raum ist daher unbestimmt. 4.1.5 Lösung der Radialgleichung Nur in der Radialgleichung ist der Energieeigenwert E enthalten; die möglichen Energiezustände sind also unabhängig von (ν , ϕ ) und hängen nur vom Radius r ab. Zu lösen ist die DGL d 2 dR 2 µ r 2 0 r + 2 ( E − V ( r ) ) − ( + 1) R = dr dr mit dem Coulomb-Potential −e2 1 V (r) = 4π e 0 r Es wird die dimensionslose Koordinate ρ eingeführt: r = 2κ r mit κ 2 = − 2µ E 2 Die enthaltene Festlegung auf E < 0 berücksichtigt Energiebezugspunkt ist üblicherweise V ( r → ∞ ) =0 . gebundene Zustände. Der 53 Dann ist d d = 2κ dr dr ⇒ 2κ und r 2 = 1 4κ 2 r2 d 2κ 2 dR 2 −1 2 µ e2 ρ + + − ( + 1) R = 0 ρ κ ρ 2 2 2 d ρ 4κ dρ 4κ 2π e 0 2κ 2 dR B −1 2 d R ⇔ 2ρ +ρ + ρ 2 + ρ − ( + 1) R = 0 2 dρ dρ κ 4 µ e2 B= 4π e 0 2 mit ⇔ d 2 R 2 dR 1 B 1 1 + + − + − ( + 1) 2 R =0 2 dρ ρ dρ 4 κ ρ ρ Für große Abstände ( r → ∞ bzw. ρ → ∞ ) fallen die Terme ∝ ρ −1 und ∝ ρ −2 weg. Es bleibt eine DGL vom Typ R′′ = cR übrig, deren Lösung Exponentialfunktionen sind. Der folgende Ansatz berücksichtigt daher, dass die Wellenfunktionen R für r → ∞ exponentiell abklingen: R (= ρ ) exp ( − ρ 2 ) u ( ρ ) Einsetzen in die Radialgleichung führt auf eine DGL für die gesuchte Funktion u ( ρ ) : du B d 2u 2 1 ( + 1) 0 + − 1 + − 1 − u= 2 dρ ρ2 ρ ρ d ρ κ Eine allgemeine Lösung ist wieder eine Potenzreihe der Form u (ρ ) = ∑aj ρ j j Einsetzen und Koeffizientenvergleich liefert ρ −2 : ( + 1) a 0 0 = ρ −1 : a1 = a0 1− B κ 1 ⋅ 2 − ( + 1) ρ0 : a2 = a1 2−B κ 2 ⋅ 3 − ( + 1) ρ1 : a3 = a2 3− B κ 3 ⋅ 4 − ( + 1) und damit die Rekursionsformel a j = a j −1 j−Bκ j ( j + 1) − ( + 1) 54 Damit u ( ρ ) endlich bleibt (und damit auch R ) muss die obige Reihe abbrechen. Es sei a j = 0 für j = n , aber a j −1 ≠ 0 . Die Summe läuft dann bis j= n − 1 und enthält nur Potenzen j < n bzw. j ≤ n − 1 . Für den Fall j = wird der Nenner Null; daher muss gelten a −1 = 0 oder allgemein a j = 0 für j < . Dann tragen nur Koeffizienten j ≥ zur Potenzreihe bei. Insgesamt ist die Potenzreihe damit beschränkt auf den Bereich ≤ j ≤ n − 1 ; u(ρ) = n −1 ∑a j = j ρj Damit gilt für die Drehimpulsquantenzahl ≤ n −1 Aus der oberen Schranke j = n (gemeint ist damit a j = n = 0 ) folgt mit der Rekursionsformel an= 0= an −1 n−Bκ n ( n + 1) − ( + 1) ⇔ n = Bκ ⇔ κ2 2µ E = B 2 n2 = − 2 Damit erhält man die Energieeigenwerte µ e4 1 µ e4 1 − 2 2 2 = − En = 2 2 8e0 h n ( 4πe 0 ) 2 n 2 Die Energie wird also allein durch die „Hauptquantenzahl“ n bestimmt. Die so erhaltenen diskreten Energiewerte sind eine unmittelbare Folge der Beschränkung der Aufenthaltswahrscheinlichkeit auf ein begrenztes Volumen, d.h. der mathematischen Forderung R ( r → ∞ ) → 0 . Die Radialwellenfunktionen lauten dann = Rn ( r ) N n exp ( −κ n r ) un ( r ) mit den Quantenzahlen n, und ≤ n − 1 und der Normierungkonstante N n , so dass gilt ∞ ∫ R (r) n 2 r 2 dr = 1 0 Die Eigenfunktionen R ( r ) werden auch als Laguerre-Polynome bezeichnet. Auch wenn es für n > 1 immer mehrere Lösungen bzw. Eigenfunktionen aufgrund der Quantenzahl gibt, ist die Energie beim H-Atom nur abhängig von n . 55 Übersicht der niedrigsten Funktionen Rnl(r). Die Funktion R ( n ) gibt die radiale Wahrscheinlichkeitsamplitude an, das Elektron im Abstand r vom Kern anzutreffen Die radiale Wahrscheinlichkeit ist dann R ( r ) 4π r 2 2 und die Wahrscheinlichkeit, das Elektron im Intervall [ r1 , r2 ] zu finden P= r2 ∫ R (r) 2 4π r 2 dr r1 Größe der radialen Aufenthaltswahrscheinlichkeitsamplitude R(r) verschiedener Zustände. 56 4.2 Quantenzahlen und Wellenfunktionen • Die Wellenfunktion (Aufenthaltswahrscheinlichkeitsamplitude) des Wasserstoffatoms lautet insgesamt Ψ nm ( r ,n , ϕ ) = Rn ( r ) Pm ( cosn ) eimϕ mit den drei Quantenzahlen n : Hauptquantenzahl : Drehimpulsquantenzahl m : magnetische Quantenzahl • Die möglichen bzw. erlaubten Quantenzahlen sind beschränkt: n = 1, 2, 3, 0 ≤ − ≤ m ≤ n −1 ≤ • Zu jedem durch die Hauptquantenzahl n bestimmten Energiewert En gibt es ( 2 + 1) gleichwertige (d.h. entartete) Zustände. Unter Berücksichtigung des noch zu behandelnden Elektronenspins mit seinen zwei möglichen Richtungen kann jeder entartete Zustand mit zwei Elektronen besetzt werden. • Diese Entartung ist charakteristisch für das Coulomb-Potential. Sie wird aufgehoben z.B. bei den Alkalispektren (Li, Na, …), da hier durch teilweise Abschirmung der Ladung durch andere Elektronen das Potential verändert wird. Darstellung des effektiven Potentials Veff bei den Alkalispektren. Durch die endliche Aufenthaltswahrscheinlichkeit der äußeren Elektronen für kleine Radien r wird die Ladungsabschirmung der inneren Elektronen teilweise aufgehoben. Die effektive Ladung ist damit kleiner als (Z-1)e, das effektive Potential weicht vom Coulomb-Potential ab. • Zustände mit = 0 haben immer Kugelsymmetrie. Summiert man für ein festes n über alle erlaubten Werte für und m , so hat die gesamte Wellenfunktion ebenfalls wieder Kugelsymmetrie (vollbesetzte „Elektronenschalen“). 57 Elektronenzustände des Wasserstoffatoms. Zustände mit gleichem n aber verschiedenen Quantenzahlen l und m sind (energetisch) entartet. • Bezeichnung von Zuständen: Zustand m Zustand 0 1 2 3 s p 0 1 2 3 σ π δ ϕ d f Bsp.: Grundzustand: 1ss angeregte Zustände: 2ss , 2 pσ , 2 pp usw. Übersicht der niedrigsten (vollständigen) Eigenfunktionen des Wasserstoffatoms. 58 4.3 Aufenthaltswahrscheinlichkeit • Der Grundzustand 1ss hat Kugelsymmetrie. Für die Wahrscheinlichkeitsdichte gilt Ψ ( r ,ν , ϕ ) −− R10 exp ( −κ r ) 2 Damit ist der Ausdruck maximal für r = 0 , d.h. am Ort des Kerns. Die Aufenthaltswahrscheinlichkeit in Kernnähe ist daher von Null verschieden. Die Konsequenz ist eine starke Beschleunigung des Elektrons. Daher müssen relativistische Massenänderungen und Korrekturen bei der Berechnung der Energiewerte berücksichtigt werden. • Die Wahrscheinlichkeit W ( r ) dr , das Elektron im Intervall [ r , r + dr ] zu finden, lautet: 2π π W ( r )= dr ∫ ∫ Ψ ( r, n , ϕ ) 2 dV 0 0 2π π 2 2 d dϕ dr ∫ ∫ Ψ ( r, n , ϕ ) r sin nn 0 0 = = 4π r 2 R ( r ) dr 2 Der Grundzustand n = 1 , = 0 , m = 0 ist = Ψ100 1 1 p a0 32 exp ( − r a0 ) mit dem Bohrschen Radius = a0 o 4πε 0 2 ≈ A 0, 53 me e 2 Für die radiale Wahrscheinlichkeitsdichte folgt dann 2 W100 ( r ) dr = = 1 1 3 2 r 2 exp ( −2r a0 ) dr 4p p a0 4 2 r exp ( −2r a0 ) dr a03 • Das Maximum dieser Verteilung erhält man durch d (W ( r ) ) =0 dr ⇔ rmax = a0 Das Maximum von W ( r ) entspricht also genau dem ersten Bohrschen Radius. Im Gegensatz zur Bohrschen Annahme ist hier aber mit = 0 der Drehimpuls Null. 59 Berechnung des Erwartungswerts < r > aus der Wellenfunktion: ∞ * * 2 ∫ Ψ r ΨdV = 4p ∫ Ψ r Ψd dr <r> = 0 ∞ 1 r 3 exp ( −2r a0 ) dr 4p 3 ∫ p a0 0 = = 3 a0 2 Hinweis (Bronstein): ax 3 = ∫ e x dx 1 3 ax 3 ax x 2 2 x 2 xe − e − 2 + 3 a a a a a Der mittlere Abstand < x > (d.h. das gemittelte Ergebnis vieler Messungen) entspricht also nicht dem „wahrscheinlichsten“ Messwert rmax . Darstellung der radialen Aufenthaltswahrscheinlichkeit für s-, p- und d-Zustände. 60 • Die Aufenthaltswahrscheinlichkeit des Elektrons innerhalb einer Kugel mit Radius r = a0 ist allgemein a0 2 Wn ( r ≤ a0 ) = ∫ Rn ( r ) r dr 2 0 s -Zustände ( = 0 ) = W10 ( r ≤ a0 ) 0, 32 , = W20 ( r ≤ a0 ) 0, 034 p -Zustände W21 ( r ≤ a0 ) = 0, 0037 Relativistische Korrekturen sind also insbesondere für den Zustand Ψ100 bedeutsam. Hier führt die relevante Aufenthaltswahrscheinlichkeit des Elektrons in Kernnähe zu hohen Geschwindigkeiten und daher zu einer relativistischen Massenzunahme. 4.4 Relativistische Korrekturen • Bei nicht vernachlässigbarer Wahrscheinlichkeit W ( r ) dr für kleine Radien r nahe dem Kern macht sich die Beschleunigung des Elektrons auf große, relativistische Geschwindigkeiten bemerkbar. Dies führt energetisch zu einer kleinen (negativen) Energieverschiebung bzw. -absenkung, die spektroskopisch leicht messbar ist. • Ohne relativistische Korrektur lautet der Energieterm p2 + V (r) 2m E= nr • Der relativistische Energieterm lautet (ohne Herleitung) = E c me 2c 2 + p 2 − me c 2 + V ( r ) Berücksichtigt wird hiermit die relativistische Massenzunahme me′ = me 1 1 − ν 2 c2 Wegen p 2 me2 c 2 erfolgt die Näherung E= me c 2 p2 1 + 2 2 − ,e c 2 + V ( r ) me c 2 1 p2 1 p2 − me c 2 + V ( r ) ≈ me c 1 + − + 2 2 2 2 m c m c 2 8 e e 2 p4 8me3c 2 = Enr − = Enr − ∆Er mit dem relativistischen Korrekturterm ∆Er . 61 Der quantenmechanische Operator zu ∆Er enthält entsprechend den Term (∆) 2 = ∇4 . Die quantenmechanische Rechnung liefert dann das Ergebnis („Darwin-Term“): = ∆Er Enr Z 2α 2 n 3 1 − 4n + 1 2 mit der Kernladungszahl Z und der Sommerfeldschen „Feinstrukturkonstante“ = α e2 4πe 0 c ≈ 1 137 Die Zahlenwerte der Korrektur sind n =1, =0 : ∆Er = 9 ⋅ 10−4 eV n = 2, = 0 : ∆Er = 1,5 ⋅ 10−4 eV = 1 : ∆Er = 5, 2 ⋅ 10−5 eV • Durch die relativistische Korrektur wird also die Energieentartung wieder aufgehoben. 62 5. Magnetfeld und Elektronenspin • Ziel dieses Kapitels ist die Beschreibung des magnetischen Verhaltens von Atomen in äußeren Magnetfeldern. Dazu müssen die Eigenschaften der Energieniveaus Enm im Magnetfeld H bzw. der Flussdichte B diskutiert werden. • Experimentelle Hinweise auf magnetische Eigenschaften von Atomen sind: − makroskopische Magnetisierung von Festkörpern − Richtungsquantelung magnetischer Momente, z.B. von Silberatomen im Stern-GerlachVersuch − Feinstruktur von Spektrallinien (aufgrund der Kopplung der magnetischen Momente von Spin- und Bahndrehimpuls) − Aufspalten von Spektrallinien im Magnetfeld; wird z.B. im Zeeman-Effekt beobachtet. 5.1 Magnetisches Moment • Bei vielen Spektrallinien beobachtet man anstatt einer einzelnen Linie sogenannte „Dubletten“: Die Energieniveaus En spalten häufig in zwei Terme auf (ausgenommen = 0 ). Bekanntes Beispiel ist die Aufspaltung der Natrium-D-Linie in die D1 - und D2 Linie mit ∆ν = 0,63nm . Ursache ist die Kopplung elementarer 17 cm -1 bzw. ∆λ = magnetischer Momente. Feinstruktur bei der Emission von Na (z.B. bei der Natrium-Dampflampe). Die gelbe D-Linie (Übergang 3p3s) bei λ=589 nm spaltet in zwei eng benachbarte Teillinien (D1, D2) auf. • Dies führt zu den Forderungen bzw. Folgerungen: − Zu jedem Bahndrehimpuls ≠ 0 gehört ein magnetisches Moment µ ≠ 0 (Kap. 5.1). − Elektronen besitzen einen Eigendrehimpuls oder Spin s , zu dem ebenfalls ein magnetisches Moment µ s gehört (Kap. 5.2). − Die magnetischen Momente µ und µ s sind gekoppelt, d.h. sie stehen parallel oder antiparallel zueinander. Zu den beiden Möglichkeiten gehören (leicht) verschiedene Energiewerte (Kap. 6). 63 • Betrachtet wird der Strom I eines Elektrons, welches mit Geschwindigkeit v auf einer Kreisbahn rotiert. Für die Frequenz gilt dann ν 2π r −e v = −eν = 2π r Q ⇒ I= T v = Ist A der Flächenvektor der umkreisten Fläche A = π r 2 , so lautet das magnetische Moment −e vr = IA nˆ 2 = A A = m mit nˆ Für den Bahndrehimpuls gilt = r × p = me r v nˆ Das zu gehörende magnetische Moment ist dann −e mm = = − B 2me = − g mB mit dem „Bohrschen Magneton“ mB = e 2me und dem gyromagnetischen Faktor des Bahndrehimpulses g = µ µ B = 1 Der Faktor g bestimmt die Proportionalität zwischen Bahnmoment und magnetischem Moment, gemessen jeweils in den zugehörigen Grundeinheiten. • Im äußeren B -Feld wirkt auf µ ein Drehmoment = µe × B D welches zu einer Ausrichtung von µ führt. Damit verbunden ist die potentielle Energie = − m ⋅ B E pot = e ⋅B 2me ( • Es sei B = ( 0, 0, B0 ) und = x , y , z ) mit z = m . Dann ist 64 E pot = e mB0 2me = mm B B0 Für einen Zustand mit Quantenzahl m ändert sich demnach im B -Feld die Energie um ∆Em = mm B B0 Damit wird für einen Zustand mit der Quantenzahl die ( 2 + 1) -fache Entartung von Zuständen mit verschiedenen m im Magnetfeld aufgehoben („Zeeman-Effekt“). 5.1.1 Normaler Zeeman-Effekt • Die Energiewerte des H-Atoms im Magnetfeld lauten En= En + mm B B0 m Diese Aufspaltung heißt normaler Zeeman-Effekt. • Da der Drehimpuls= ( + 1) im Magnetfeld wegen z = m mit m ≤ niemals genau in z-Richtung zeigen kann, wirkt auf µ ein Drehmoment D = µ × B Als Folge präzediert – analog zum mechanischen Kreisel – der Vektor unter dem Winkel α um die z-Achse, ist also nicht mehr zeitlich (in der Richtung) konstant. µ Sowohl Drehimpuls als auch zugehöriges magnetisches Moment präzedieren um die Richtung eines äußeren Magnetfeldes. Die jeweiligen Komponenten in Feldrichtung sind dabei gequantelt. 65 • Übergänge zwischen Energieniveaus erfolgen durch Absorption und Emission von Photonen. Dabei gilt sowohl Energie- als auch Drehimpulserhaltung. • Auf ein Atom im Magnetfeld fällt Licht mit Ausbreitung entlang der z-Richtung. Für die Lichtpolarisation gilt: zirkulare Polarisation: + E und H um ± p / 2 s − − Licht, Photonenspin + s − Licht, Photonenspin − phasenverschoben lineare Polarisation: E und H in Phase {π − Licht, Überlagerung von + − und − − Licht ss Übersicht der Polarisationsrichtung der beim normalen Zeeman-Effekt in transversaler und longitudinaler Richtung emittierten Photonen. • Absorption/Emission von σ -polarisierten Photonen erfordert ∆m = ±. ± 1 bzw. ∆ z = Bei linearer Polarisation gilt ∆m = 0. 0 und ∆ z = • Als Folge spaltet jede Spektrallinie im B -Feld für Übergänge zwischen = 1 und = 2 in drei Linien auf. Diese Linien besitzen σ + -, σ − - und π -Polarisation. Für den Wellenlängenabstand gilt ∆ν= ∆E µ B B0 = „Vergessen“ wurde aber bisher der Elektronenspin. Als Folge wird beim H-Atom (und anderen Atomen) stattdessen der „anormale“ Zeeman-Effekt beobachtet (Kap. 6.2.1). 5.2 Elektronenspin • Wasserstoff in atomarer Form verhält sich im Magnetfeld paramagnetisch, d.h. das äußere Feld wird durch parallele Ausrichtung atomarer magnetischer Momente leicht verstärkt. Da im Grundzustand (= n 1,= 0 ) kein Bahnmoment vorhanden ist, bleibt als Ursache der Elektronenspin bzw. das damit verbundene magnetische Moment. 66 • Die Existenz des Spins wurde von Stern und Gerlach 1921 mit Silberatomen nachgewiesen. Silber mit Z = 47 verteilt seine ersten 46 Elektronen auf die Niveaus n = 1 bis n = 4 (2+8+18+18=46 Elektronen, 4f-Schale ist leer) und das 47. Elektron auf den Zustand 5s1 , also n = 5 , = 0 . In abgeschlossenen (Unter-) Schalen ist das gesamte magnetische Moment gleich Null (Kugelsymmetrie). Ein verbleibendes magnetisches Moment kann also nur vom 5s1 -Elektron durch dessen Elektronenspin bewirkt werden. • Stern-Gerlach-Versuch Silberatome werden verdampft und fliegen als Atomstrahl durch ein inhomogenes B Feld, welches entlang der z-Achse orientiert ist. Quantenmechanisch bedeutet dies eine Zustandsmessung: Die enthaltenen Spins richten sich parallel bzw. antiparallel zur zAchse aus (dies gilt für die z-Komponente des Spins). Atome mit parallelem bzw. antiparallelem Spinmoment werden in Richtung zunehmender bzw. abnehmbarer Feldstärke abgelenkt und treffen danach auf einen Beobachtungsschirm. Die im Silberatomstrahl enthalten magnetischen Spinmoment führen im inhomogenen Magnetfeld des Stern-Gerlach-Versuchs zu einer Aufspaltung in zwei Linien. • Genau wie alle Drehimpulse ist auch der Spin s in der Quantenmechanik gequantelt: s = s ( s + 1) = 3 2 mit der Spinquantenzahl s = 1 2 (Elektronen sind „Fermionen“ und haben daher halbzahligen Spin). Zum Spin gehört ein magnetisches Moment ms = − g s e s 2me mit dem (in der Größe überraschenden) gyromagnetischen Faktor g s = 2, 0023 67 Der Spin hat im äußeren B -Feld zwei Einstellmöglichkeiten s z = ms , ms = ± 1 2 mit der magnetischen Quantenzahl ms . Damit ist mmm s , z =− g s ms B ≈ ± B Das magnetische Moment des Elektronenspins entlang der z-Achse ist also (fast) exakt so groß wie µ ,z für = 1 . Eigenschaften des Elektrons. Zu dem Eigendrehimpuls oder „Spin“ gehört ein magnetisches Moment. Beide Größen sind in der Quantenmechanik gequantelt. 5.2.2 Einstein-De-Haas-Effekt • Als gyromagnetisches Verhältnis wird die Größe der magnetischen Momente von Spin bzw. Bahndrehimpuls zum Spin bzw. Bahndrehimpuls selbst bezeichnet: µs bzw. µ = γs s = γ Die Größe von γ wird im Einstein-de-Haas-Versuch bestimmt. Als überraschendes Ergebnis findet man γ s ≈ 2γ • An einem Torsionsdraht hängt ein Eisenzylinder, welcher sich im B -Feld einer Spule befindet. Magnetische Momente im Eisen sind praktisch nur durch die Spinmomente der Leitungselektronen vorhanden. Im Feld der Spule werden diese alle antiparallel zu B ausgerichtet, die makroskopische Magnetisierung geht in Sättigung. Beim Umpolen des Spulenfeldes klappen alle N Momente um, die messbare Magnetisierung ändert sich um ∆= M 2 M max = 2 N ms, z 68 Beim Einstein-de-Hass-Effekt wird ein Eisenzylinder durch eine äußere Spule ummagnetisiert. Dabei klappen die Spins der für den Magnetismus (überwiegend) verantwortlichen Leitungselektronen um, die Größe der Magnetisierung kann mit einer Detektorspule gemessen werden. Gleichzeitig müssen auch die zu den magnetischen Momenten gehörenden Drehimpulse der Elektronen umklappen. Dies resultiert in einem Drehimpulsübertrag auf das Torsionspendel, durch dessen Ausschlag die Größe des Gesamtdrehimpulses gemessen und mit der Magnetisierung verglichen werden kann. Beim Ummagnetisieren klappen auch alle N Elektronenspins (Eigendrehimpulse) um. Der resultierende Gesamtdrehimpuls muss durch den Eisenzylinder kompensiert werden: ∆s =2 Nsz =N =− L =I ω mit dem Trägheitsmoment I des Eisenzylinders. Damit wird die Rotationsenergie E= rot L2 N 2 2 N 2 2 = = mR 2 2I 2I auf den Zylinder übertragen, welche durch die maximale Verdrillung des Torsionspendelfadens mit dem Torsionsrichtmoment Dr gemessen wird: Erot = E pot = −ϕ Dr 5.2.3 Formale Beschreibung • Unabhängig von der Bezugsrichtung liefert eine Einzelmessung des Spins immer die Messwerte ± 2 . • Die quantenmechanische Beschreibung liefert zusätzlich die Wahrscheinlichkeit, einen bestimmten Eigenwert ( ± 2 ) zu erhalten. Für ein unpolarisiertes Ensemble ist diese jeweils 0,5. • Die Wellenfunktion ψ muss um einen zusätzlichen Freiheitsgrad für die Spinstellung erweitert= werden:ψ ψ= ( r , v , ϕ , s ) ψ n m ( r , v , ϕ ) χ ( s ) = ψ ψ= ( r,ν , ϕ , s ) ψ ( r,ν , ϕ ) χ ( s ) mit der Spinfunktion χ ( s ) , welche die beiden Eigenwerte + 2 und − 2 besitzt. 69 Gesucht ist der Operator ŝ für den Spin, so dass χ 2 sˆz χ = ± sˆ 2 χ 3 2 χ 4 = Als quantenmechanischer Drehimpulsoperator muss ŝ die üblichen Vertauschungsrelationen erfüllen: sˆx , sˆ y = i sˆz sˆ 2 , sˆz = 0 usw. Anstatt s wird der dimensionslose Vektor σ eingeführt 2 s = ss ⇔ = s 2 ⇒ sˆ z χ = ± 1χ sˆ 2 χ = 3χ Zu den beiden Eigenwerten ± 1 gehören die Eigenfunktionen 1 0 = χ + = χ− , 0 1 Operatoren, die auf χ ± wirken, sind dann 2 × 2 -Matrizen. Dies sind hier die „Paulischen Spinmatrizen“ 0 1 0 −i 1 0 σˆ x = , σˆ y = , σˆ z = 1 0 i 0 0 −1 Ein beliebiger Spinzustand ist dann α + χ (s ) = α +χ + +α −χ − = − α Hier geben α ± die Wahrscheinlichkeiten an, „Spin-Up“ bzw. „Spin-Down“ zu messen. Die gesamte Wellenfunktion des H-Atoms lautet dann α + − α ψ ( r , v, ϕ , s ) = ψ nm ( r , v, ϕ ) Die Erwartungswerte des Spins sind =∫ χ *sˆ χ dV <s > < sˆx > =∫ χ *sˆx χ dV * χ sˆ x χ 2 = + + − 0 1 α , α α ( ) 1 0 α − 2 = = ( * +* − α α + α− α+ 2 ) 70 6. Feinstruktur und Hyperfeinstruktur • Die quantenmechanische Rechnung in Kap. 4 liefert als Lösung der Radialgleichung die Energieeigenwerte En . Diese entsprechen den Energien im Bohrschen Atommodell. Sie stellen allerdings nur eine Grobstruktur dar; genauere Messungen und erweitere Modelle zeigen kleine Abweichungen: Feinstruktur und Hyperfeinstruktur. Hochauflösende Spektroskopie am Beispiel einer Linie der Balmer-Serie. Ursachen hierfür sind: − Relativistische Massenzunahme (Kap. 4.4) − Kopplung von Spin- und Bahnmomenten: „Feinstruktur“ − Quantenelektrodynamische Korrekturen: „Lamb-Shift“ − Kopplung von Elektronen und Kernmomenten: „Hyperfeinstruktur“ Die ersten beiden Korrekturen werden auch mit dem Begriff „Dirac-Theorie“ beschrieben. 71 6.1 Spin-Bahn-Kopplung • Für ≥ 1 beobachtet man beim H-Atom eine Aufspaltung der Spektrallinien in zwei Komponenten („Dubletts“). Ursache hierfür ist die Ausrichtung des magnetischen Spinmoments in dem durch die Bahnbewegung des Elektrons erzeugten Magnetfeld. • Die formale Beschreibung erfolgt in zwei Stufen: − halbklassisches Modell: Annahme fester Bahnradien mit zugehörigem Drehimpuls, Kopplung von und s zum Gesamtdrehimpuls j= + s . − Ersetzen des auftretenden Bahnradius r −3 durch den zugehörigen Erwartungswert < r −3 > . • Das magnetische Moment eines mit der Geschwindigkeit v auf einer Kreisbahn mit Radius r umlaufenden Elektrons ist e 2me m = − mit = me r × v • Betrachte das Ruhesystem des Elektrons: Kern mit Ladung Ze kreist mit Frequenz v um das Elektron. Nach dem Biot-Savartschen Gesetz ist das Magnetfeld dann dd µ0 I ds × r µ0 I B = = ∫ 4π Kreis r 3 2r Für den Kreisstrom I gilt = I Q = Zev T mit der klassischen Umlauffrequenz 1 v = v = = T 2π r 2π me r 2 Damit ist das Magnetfeld m0 Ze B = 4π me r 3 • Die Energie des Spinmoments im Magnetfeld ist dann ∆E = − m s ⋅ B = Ze g mm − − s B s ⋅ 0 3 Z 4π me r ≈ m0 Ze 2 ⋅s 4π me2 r 3 • Die möglichen Einstellrichtungen des Spins in Richtung des B -Feldes sind dabei durch sz = ± 2 festgelegt. • Die Rücktransformation in das Ruhesystem des Kern liefert einen Zusatzfaktor 1 2 („Thomas-Faktor“), der eine Folge der relativistischen Rechnung ist: ∆ = E s m0 Ze 2 ⋅s 8π me2 r 3 72 • Die Spin-Bahn-Korrektur bzw. Feinstruktur hängt also von der Orientierung von und s zueinander ab. Der Gesamtdrehimpuls j= + s ist (bei nicht zu großen B -Feldern) eine Erhaltungsgröße. Wie für jeden quantenmechanischen Drehimpuls gilt = j jz j ( j + 1) = mj Bei der Spin-Bahn-Kopplung koppeln Bahn- und Eigendrehimpuls zum Gesamtdrehimpuls j. • Es ist 2 j = ⇔ s ⋅= = 2 2 + s + 2 ⋅ s 1 2 ( 2 2 2 j − − s ) 1 2 j ( j + 1) − ( + 1) − s ( s + 1) 2 • Für die Energieeigenwerte gilt dann En= s = En + ∆Es En + a j ( j + 1) − ( + 1) − s ( s + 1) 2 mit der Spin-Bahn-Konstante a= m0 Ze 2Z 2 8π me2 r 3 • Beispiel: 2 p -Zustand mit= n 2, = 1 1 s= ± 2 ⇒ 1 j = und 2 3 j= 2 Es erfolgt also eine Aufspaltung des 2 p -Niveaus in 2 p1/ 2 und 2 p3/ 2 . 73 Beispiel für die Spin-Bahn-Kopplung. Das p-Orbital mit l = 1 spaltet durch Kopplung mit dem Spin s = ±1/2 des Elektrons in die beiden Zustände p1/2 und p3/2 auf. • Für die quantenmechanische Beschreibung wird nun r −3 durch den Erwartungswert < r −3 > ersetzt: a = = = m0 Ze 2Z 2 1 8π me2 < r 3 > m0 Ze 2Z 2 1 ψ n*m 3 ψ nm dV 2 ∫ 8π me r − En Z 2a 2 n ( + 1 / 2 ) ( + 1) mit der bereits bekannten Feinstrukturkonstante α= µ0ce 2 1 ≈ ≈ 10−2 4π 137 Die Größe dieser Korrektur liegt damit in der Größenordnung (10−5 − 10−4 ) eV . • Betrachtet wird die s -Aufspaltung für zwei Zustände mit j= + 1 2 und j= − 1 2 . Dann ist δ ∆ E s = ∆ E = j −1 2, s − ∆ E = j +1 2, s a ( + 1 / 2) = Z 2a 2 1 = − En ∝ 3 2 n ( + 1) n da En − n −2 gilt. Für feste Werte n nimmt die Aufspaltung mit größer werdenden ab. • Die Gesamtenergie unter Berücksichtigung der vollständigen Feinstruktur („DiracTheorie“, d.h. einschließlich relativistischer Effekte) ist dann Z 2α 2 En s = En 1 − n 3 1 Z 2α 2 1 j ( j + 1) − ( + 1) − s ( s + 1) − 4n + 1 2 − n 2 ( + 1) ( + 1 / 2 ) Z 2α 2 1 3 = En 1 + − = Enj n j + 1 / 2 4 n ( ) Damit sind nun Zustände mit gleichen Quantenzahlen n, j bzw. s1 2 und p1 2 entartet. 74 Diese Entartung wird aber durch eine weitere Feinkorrektur, die sogenannte LambVerschiebung, wieder aufgehoben. Diese ist eine Folge der Quantenelektrodynamik. 6.2 Anomaler Zeeman-Effekt • Ohne äußeres Magnetfeld ist der Gesamtdrehimpuls j= + s eine Erhaltungsgröße. Im Magnetfeld | B | = Bz präzediert j um die z-Achse. Voraussetzung ist hierfür, dass das äußere Feld schwächer als das durch die Bahnbewegung vom Atom selbst generierte Magnetfeld ist. Ist dies nicht erfüllt, so hebt das äußere starke Feld die Spin-BahnKopplung auf. • Im schwachen äußeren Feld präzediert also j um die z-Achse und und s jeweils um die Richtung von j . Aufgrund der verschiedenen g-Faktoren = ( g 1, g s ≈ 2 ) stehen dann aber j und µ j nicht mehr parallel: mmm = j s + e g s s + g = − 2me ( ) Beim Normalfall des anormalen Zeeman-Effekts präzediert der Gesamtdrehimpuls j und das zugehörige magnetische Moment µj um die Richtung des Magnetfeldes. 75 Der zeitliche Mittelwert < µ j > ist die Projektion von µ j in Richtung von j , also < mj > = = mj ⋅ j j ⋅ j e s⋅ j g s + g 2me j j Als Folge des ungewöhnlichen g-Faktors des elektronischen Spinmoments von 2,0023 stehen Gesamtdrehimpuls und zugehöriges magnetisches Moment nicht mehr parallel. Die auftretenden Skalarprodukte lassen sich leicht ausrechnen. Mit g s = 2 folgt < mj > = − = e 3 j ( j + 1 ) − ( + 1) + s ( s + 1) 2me 2 j ( j + 1) j ( j + 1) m B g j mB j gj = mit dem Landé-Faktor j ( j + 1) − ( + 1) + s ( s + 1) 2 j ( j + 1) Für reinen Bahnmagnetismus = s 0,= j gilt g j = 1 , für reinen Spinmagnetismus ( = 0, s= j= 1 2) gilt g j = 2 . Für die z-Komponente von j gilt g j= 1 + ( = jz m j mit ) − j ≤ mj ≤ j 76 Entsprechend ist dann das magnetische Moment < mm j > z = −m j g j B mit der Zusatzenergie im äußeren B -Feld − < m j > z Bz Em j = = m j g j m B Bz Die Aufspaltung der Spektrallinien hängt also wegen g j = g j ( j , ) mit s= j − von j und ab. Dieser „Normalfall“ ist der anomale Zeeman-Effekt. • Bsp.: Feinstruktur der Na-D-Linie − D1 -Linie: Übergang 3 p3 2 → 3s1 2 − D2 -Linie: Übergang 3 p1/ 2 → 3s1 2 Niveaus mit j = 1 2 spalten 2-fach auf, solche mit j = 3 2 4-fach. Mit der Forderung ∆m j = 0, ± 1 ergeben sich vier Linien für D1 und sechs Linien für D2 . Beim H-Atom ist das Verhalten völlig analog. • Bisher wurden schwache äußere B -Felder angenommen. Ein starkes Feld hebt die Kopplung von und s dagegen auf, d.h. und s präzedieren dann unabhängig um die Richtung von B . Dies ist der Paschen-Back-Effekt mit der magnetischen Zusatzenergie E= pb ( m + 2ms ) mB Bz 77 Beim Paschen-Back-Effekt präzedieren Spin und Bahndrehimpuls unabhängig voneinander um die Richtung eines starken äußeren Magnetfeldes. Dies ist immer dann der Fall, wenn das äußere Feld stärker ist als das des elektronischen Bahnmoments, in welchem sich bei der Spin-Bahn-Kopplung das Spinmoment orientiert. 6.3 Hyperfeinstruktur • Genau wie Elektronen besitzen auch Atomkerne einen Drehimpuls und ein zugehöriges magnetisches Moment, den Kernspin I : = I I ( I + 1) Die Zahlenwerte I können halb- oder ganzzahlig sein. • Die z-Komponente ist wieder gequantelt = I z mI − I ≤ mI ≤ I Die Quantenzahl mI ändert sich in ganzzahligen Schritten. • Zum Kernspin I gehört das magnetische Moment mI e I 2m p I = g I mK = gI mit dem g -Faktor g I des Kernspins und dem „Kernmagneton“ µ K als Grundeinheit = mK mB e = 2m p 1836 78 Der Unterschied zum „Bohrschen Magneton“ µ B folgt aus der Protonenmasse m p ≈ 1836 me • Das magnetische Moment des Kerns besitzt ebenfalls wieder diskrete Einstellmöglichkeiten ( mm I ) z = g I mI K mit dem Maximalwert mm I ,max = g I I K • Beispiel: − Proton (Kern des H-Atoms) = I 1= 2 , µ I ( 1 H ) 2, = 79 µ K , g I 5, 58 Der große g I -Faktor ist von Bedeutung für die Kernspin-Tomographie, da hier im Wesentlichen die Verteilung und Bindungsart von Protonen detektiert wird. − Kaliumkern 40 K I = −1, 29 , g I = −0, 32 4 , µ I ( 40 K ) = • Analog zur Spin-Bahn-Kopplung gibt es eine Wechselwirkung von Gesamtdrehimpuls j des Elektrons I mit dem F= I + j zum resultierenden Drehimpuls F des Gesamtatoms. • Im Magnetfeld des Elektrons B j am Kernort hat das magnetische Kernmoment µ I die Energie = − µI ⋅ B j EHFS = I ( I + 1) µ K B j cos F( I , j ) gI Es ist cos F( I , j ) = = EHFS = I⋅ I j j 1 F ( F + 1 ) − I ( I + 1 ) − j ( j + 1) 2 I ( I + 1) j ( j + 1 ) Α F ( F + 1) − I ( I + 1) − j ( j + 1) 2 mit der Hyperfeinkonstante Α= g I µK B j j ( j + 1) Bei der klassischen Atomuhr wird ein Hyperfeinübergang des Cäsiumatoms als Frequenznormal verwendet. Cäsium hat im Grundzustand die Elektronenkonfiguration Xenon-5s1. Der Bahndrehimpuls des äußeren Elektrons ist damit l = 0 und der Spin s = 1/2, der elektronische 79 Gesamtdrehimpuls der Elektronenhülle entsprechend J = 1/2. Die Kopplung mit dem Kernspin I = 7/2 führt auf die beiden Hyperfeinlinien mit F = 3 und F = 4 im Grundzustand. Die zugehörige Aufspaltungsenergie ist klein gegen die thermische Energie bei Raumtemperatur und entspricht der Mikrowellenfrequenz 9.192,631770 MHz. Beide Zustände sind daher bei Raumtemperatur nach der Boltzmann-Verteilung nahezu gleich stark besetzt. Zu den beiden Gesamtdrehimpulsen F gehören wiederum magnetische Momente µF, so dass in einem räumlich inhomogenen Magnetfeld eine räumliche Trennung der beiden Einstellungen von F möglich ist. Verwendet werden hierfür häufig Sechspolmagnete, womit einerseits die saubere Präparation z.B. des Zustands F = 3 möglich wird, andererseits aber auch eine Richtungsfokussierung und Geschwindigkeitsselektion der aus einem Verdampfungsofen stammenden Cäsiumatome ermöglicht wird. Ein zweites inhomogenes Magnetfeld fokussiert alle Atome mit F = 3 auf einen geeigneten Detektor. Werden in dem zwischen den beiden inhomogenen Feldern befindlichen Mikrowellenresonator durch Einstrahlung der passenden Frequenz Übergänge F = 3 F = 4 induziert, so wird am Detektor ein Intensitätseinbruch registriert. Dieses Minimum wird als Regelsignal verwendet, um die Mikrowellenfrequenz exakt auf den Hyperfeinübergang abzustimmen: So aufgebaute Cäsiumatomuhren erreichen eine relative Frequenz- bzw. Zeitgenauigkeit von etwa 10-14. Da äußere Magnetfelder im Resonatorbereich nur schwer vollständig abschirmbar sind, wird dort ein homogenes Feld (aus historischen Gründen „C-Feld“ genannt) überlagert und der Hyperfeinübergang zwischen den aufgespaltenen Unterniveaus F = 3, mF = 0 F = 4, mF = 0 ausgewählt. 6.4 Lamb-Verschiebung Einen weiteren Beitrag zur Hyperfeinstruktur liefert der sogenannte „Lamb-Shift“, welcher 1947 von Lamb und Retherford (Professor und Doktorand) experimentell gefunden wurden. Diese Korrektur ist eine Folge der Quantenelektrodynamik (QED), in der die Wechselwirkung von Atomen mit dem Strahlungsfeld, insbesondere auch dem Nullpunktfeld, beschrieben wird. Die Wechselwirkung basiert auf dem Austausch virtueller Photonen zwischen dem Atom und dem Strahlungsfeld. Erfolgen Emission und Absorption hinreichend schnell in der Zeit ∆t , so bleibt nach der Unschärferelation ∆ t < ∆ E =ω −1 der Energiesatz noch erfüllt. 80 Ein geladenes Teilchen wie das Elektron des Wasserstoffatoms absorbiert und emittiert permanent Photonen aus dem Nullpunktfeld. Dies führt zu einer kleinen Verschiebung der Energieterme En . Qualitativ lässt sich die Lamb-Verschiebung durch den ebenfalls übertragenen Photonenimpuls verstehen, der zu einer Art Zitterbewegung des Elektrons auf seiner Kreisbahn führt. Die Bahnabweichung δ r verschwindet zwar im zeitlichen Mittel, d.h. < δ r > =0, für die potentielle Energie gilt aber < E pot > =< V ( r + δ r ) > = e2 ≠ < V (r) > 4peδ < r + r > 0 1 Der Einfluss von δ r ist stärker für kleine Radien r , daher ist die Korrektur am größten für s-Niveaus. Im experimentellen Nachweis von Lamb wird atomarer Wasserstoff durch Elektronenstoß in den Zustand 2s1 2 angeregt. Dieser ist metastabil ( t ≈ 1s ) , da er wegen ∆ = 0 optisch nicht nach 1s1 2 zerfallen kann. Durch Einstrahlen einer Mikrowelle mit f = 1, 05 GHz kann ein Übergang 2 s1 2 → 2 p1 2 induziert werden. Der Zustand 2 p1 2 ist kurzlebig ( t ≈ 10 s ) , −9 so dass die Anregungsenergie leicht durch Photonen abgegeben wird. Der Resonanzfall bei f = 1, 05 GHz wird dann durch Auftreten der zugehörigen Lyman- α -Strahlung detektiert. 81 Mit E = hf =⋅ h 1, 05 ⋅ 106 s −1 folgt für die energetische Aufspaltung (und Aufhebung der Entartung) der Zustände 2 s1 2 , 2 p1 2 ∆ELamb = 4, 37 ⋅ 10−6 eV Für höhere Zustände liegt die Korrektur bei nur noch − 10−8 eV . Feinstruktur und Hyperfeinstruktur beim Wasserstoffatom. 82 6.5 Magnetische Resonanzmethoden Im äußerem statischen Magnetfeld spalten die Energiezustände eines Atoms in mehrere Zeeman-Niveaus auf. Für den Elektronenspin erfolgt eine ( 2 + 1) -fache (Zeeman-Effekt) bzw. ( 2 j + 1) -fache Aufspaltung (anomaler Zeeman-Effekt). Im Fall des Kernspins ist die Aufspaltung für alle nicht sehr schwachen Felder 2 ⋅ ( 2 I + 1) -fach. 6.5.1 Elektronenspinresonanz (ESR, EPR) Bei der Elektronenspinresonanz (ESR, engl.: electron paramagnetic resonance) werden Übergänge zwischen aufgespalteten Zeeman-Niveaus induziert und über auftretende Resonanzen detektiert. Die Aufspaltung war ∆E = g j m j m B Bz 1 , der durch ein mit dem g j -Faktor des Übergangs. Für einen Übergang mit ∆m j = magnetisches Dipolfeld induziert werden kann, ist = ∆E g j µ= hv B Bz mit der Frequenz v . Für typische Felder Bz ≈ 1T liegt v im Mikrowellenbereich von einigen GHz. Experimentell wird meist die Mikrowellenfrequenz von z.B. v ≈ 10 GHz konstant gehalten und die Stärke des Magnetfeldes Bz variiert. Zur Erhöhung der Empfindlichkeit werden Mikrowellenresonatoren verwendet. Durch die ESR-Messung wird die Größe g j bestimmt, womit Rückschlüsse auf die in einer Probe vorhandenen paramagnetischen Atome möglich sind (Bsp.: Detektion von Verunreinigungen in Si-Einkristallen). Ebenfalls möglich ist die Präzisionsbestimmung von g und g s . 83 Beispiel: ESR-Spektroskopie des Cr3+-Ions im Kristall AlCl3 * 6H2O - Grundzustand L=3, S=3/2, J=3/2, ergibt das Termsymbol 2S+1(L=3)J = 4F3/2 - Einbauort ist auf Al-Platz im durch 6 Cl-Atome geformten Oktaeder: dadurch Kristallfeldaufspaltung in 3 Niveaus 4T1g, 4T2g, 4A2g - Das Niveau 4A2g hat Bahndrehimpuls L=0, daher ist hier J=S - Oktaeder ist zusätzlich etwas gestreckt: Ausspaltung um Energie ∂ 84 6.5.2 Kernspinresonanz (NMR) Analog zum Elektronenspin ist die Energiedifferenz zwischen benachbarten Einstell möglichkeiten des Kernspins I im Feld Bz mit ∆mI = 1 nun ∆E = g I µ K Bz und damit um ca. 3 Größenordnungen kleiner als bei der ESR. Für Bz ≈ 1T ist ∆ E ≈ 10−7 eV ; wegen der Boltzmann-Verteilung sind alle Unterniveaus nahezu gleich stark besetzt. Einfallende Strahlung induziert fast gleich starke Absorption wie Emission, daher ist das verbleibende Nettosignal sehr schwach. Daher werden starke Felder Bz ≈ 12 T und Frequenzen v ≈ 500 MHz verwendet. Moderne Kernspinspektrometer verwenden zusätzlich kurze Hochfrequenzpulse („π/2Pulse“), um eine entlang der z-Richtung präzedierende Magnetisierung in die xy-Ebene zu drehen. Diese Magnetisierung kann mit sehr empfindlichen Magnetfelddetektoren zeitabhängig gemessen werden. Alle drei Magnetfeldrichtungen liegen senkrecht zueinander, siehe Bild unten. Durch Wechselwirkung der nun in der xy-Ebene präzedierenden Kernspinmomente mit der Umgebung (dieses wird hier als „Gitter“ bezeichnet) kommt es zur sogenannten Spin-Gitter-Relaxation, bei der die Kernspins als Ensemble langsam wieder in die z-Richtung zurückdrehen („relaxieren“). Die Geschwindigkeit dieser Relaxation hängt stark von der chemischen Umgebung der betreffenden Atome (aufgrund des sehr großen Kernspins ist dies meist Wasserstoff bzw. Protonen) ab. Moderne Kernspintomographen errechnen mittels FFT aus der Relaxation der über die Detektorspule gemessenen Magnetisierung M (t ) in der xy-Ebene das zugehörige Frequenzverhalten M (ω ) . Hierüber sind dann Rückschlüsse auf z.B. den Wassergehalt von biologischem Gewebe und der chemischen Umgebung des Wasserstoffs möglich. 85 6.6 Atome in elektrischen Feldern: Linearer und quadratischer Stark-Effekt Bei der Beschreibung der Energiezustände von Atomen und Molekülen in äußeren elektrischen Feldern lassen sich zwei Fälle unterscheiden: − Das Atom bzw. Molekül besitzt ein permanentes elektrisches Dipolmoment, welches im äußeren Feld diskrete Einstellmöglichkeiten aufweist. Die Energieverschiebung ist proportional zur Feldstärke und wird linearer Stark-Effekt genannt. Der Effekt tritt nur beim H-Atom auf. − Im äußeren Feld wird ein elektrisches Dipolmoment induziert, welches sich anschließend ausrichtet. Bei diesem quadratischen Stark-Effekt, der bei allen Atomen auftritt, ist die Energieverschiebung proportional zum Quadrat der Feldstärke. 6.6.1 Quadratischer Stark-Effekt In allen Atomen außer Wasserstoff (sowie He+, Li++ usw.) ist die -Entartung aufgehoben, da kein Coulomb-Potential mehr vorliegt. Im zeitlichen Mittel besitzen solche Atome kein elektrisches Dipolmoment. Im äußeren Feld Eel werden aber Atomkern und Elektronenladungswolke gegeneinander verschoben; das induzierte Dipolmoment lautet pel = α Eel mit der atomaren Polarisierbarkeit α . Die Zusatzenergie im äußeren Feld ist dann 1 d ddd ∆E =− ∫ pel Eel ⋅ dEel =− α Eel 2 ( ) 2 In der Quantenmechanik kann man zeigen, dass hierdurch die (2 j + 1) -fache Entartung eines Zustands aufgehoben wird. Da das Vorzeichen der Quantenzahl m j keine Rolle spielt, spaltet jedes Niveau in ( j + 1 2) Linien auf. Alle Linien werden aufgrund des Minuszeichens zu kleineren Energien verschoben. Entsprechend der größeren Polarisierbarkeit α nimmt der quadratische Stark-Effekt mit der Hauptquantenzahl n zu. Er spielt insbesondere bei Rydberg-Atomen sowie in der Störstellenspektroskopie in Kristallen eine wichtige Rolle. Quadratischer Stark-Effekt am Beispiel der Natrium-D-Linie und n = 3. 86 Der quadratische Stark-Effekt ist von Bedeutung für manche Laserkristalle. Wird z.B. ein Cr3+-Ion in den Wirtskristall Al2O3 eingebaut, so entsteht Rubin. Die großen elektrischen Felder im Kristall am Einbauort des Chroms führen zu einer starken Energieverschiebung und der sogenannten „Kristallfeldaufspaltung“ des oberen Laserniveaus. Die meisten d -Übergangsmetallionen zeigen ein ähnliches Verhalten. 6.6.2 Linearer Stark-Effekt Beim Wasserstoffatom tritt der lineare Stark-Effekt auf. Durch ein äußeres Feld Eel wird das Coulomb-Potential leicht modifiziert und damit die vorliegende -Entartung aufgehoben. Zur Beschreibung der Energiezustände und Wellenfunktionen in einem leicht gestörten Coulomb-Potential macht man die Annahme, dass sich die neuen Wellenfunktionen ψ aus den Funktionen ϕ des ungestörten Problems entwickeln lassen: ψ (r ) = ∑c ϕ (r ) i i i Die Koeffizienten ci lassen sich durch quantenmechanische Störungsrechnung erhalten. Als Beispiel dient das Niveau n = 2 des H-Atoms im äußeren Feld Eel = ( 0, 0, Ez ) . Gemischte Zustände bestehen dann aus überlagerten s - und p - Orbitalen, also z.B. = ψ 1, z 1 (ϕs + ϕ pz ) 2 = ψ 2, z 1 (ϕs − ϕ pz ) 2 Die kohärente Überlagerung („Mischung“) einer symmetrischen und einer antisymmetrischen Wellenfunktion ergibt einen Zustand, welcher aufgrund der resultierenden asymmetrischen Aufenthaltswahrscheinlichkeit auch ein permanentes elektrisches Dipolmoment besitzt. Die Wahrscheinlichkeitsamplitude des Orbitals pz besitzt in ± z-Richtung verschiedene Vorzeichen. Damit haben die gestörten Orbitale ψ 1,z und ψ 2,z ebenfalls eine in positiver bzw. negativer z-Richtung verschobene mittlere Aufenthaltswahrscheinlichkeit. Dies entspricht zwei entgegengesetzt großen zugehörigen (permanenten) elektrischen Dipolmomenten, deren Orientierung im Feld Eel zwei verschiedenen (aufgespaltenen) Energiewerten entspricht. Die - Entartung wird aufgehoben; es treten ( 2 + 1) Zustände von s-Orbitalen mit px oder p y unverschoben bleiben. Linien auf, da gemischte 87 Kohärente Mischung eines s-Orbitals und eines pz-Orbitals zur Illustration des elektrischen Dipolmoments beim linearen Stark-Effekt. Im äußeren elektrischen Feld besitzen die beiden verschobenen Ladungsverteilungen (Dipole) unterschiedliche Energie. Das zuvor ungestörte Energieniveau spaltet also in zwei leicht energetisch verschobene Zustände auf. 88 7. Emission von Lichtquanten Die stationären Energiezustände ψ nmms ( r , v, ϕ , s ) mit den zugehörigen Eigenwerten Enm bzw. Enj seien bekannt. Aufgrund der Energieerhaltung sind Spektrallinien in Emission oder Absorption möglich für hv =∆E =Ek − Ei Die experimentelle Untersuchung zeigt, dass nicht alle nach dem Termschema möglichen Übergänge tatsächlich auftreten. Zudem haben Spektrallinien sehr unterschiedliche Intensitäten oder Linienstärken. Die Linienstärke ist durch die Größe der zugehörigen Übergangswahrscheinlichkeit gegeben. Diese lassen sich aus den beteiligten Energiezuständen ψ k und ψ i in Form sogenannter „Übergangsmatrixelemente“ berechnen. Weiter lassen sich hieraus Auswahlregeln für Übergänge ableiten, d.h. welche Bedingungen für die beteiligten Quantenzahlen gelten müssen. 7.1 Übergangswahrscheinlichkeiten Betrachtet wird ein Übergang in einem 2-Niveau-System ( Ek , Ei ) , welches sich in einem elektromagnetischen Strahlungsfeld mit der spektralen Energiedichte w ( v ) befindet. Zwischen dem Grundzustand Ek und dem angeregten Zustand Ei sind drei Arten von Übergängen möglich: • Absorption mit der Wahrscheinlichkeit Wki = Bki w ( v ) und dem Einstein- Koeffizienten Bki für Absorption • induzierte Emission mit Wik = Bik w ( v ) • spontane Emission mit Wiksp = Aik , welche unabhängig vom Strahlungsfeld erfolgt. Induzierte und spontane Übergänge eines Zwei-Niveau-Systems. Die Besetzungszahlen N folgen der Boltzmann-Statistik. 89 Die Besetzungszahlen beider Zustände seien N i , N k . Im Gleichgewicht (stationärer Zustand) sind Emissions- und Absorptionsrate gleich: N k Bki = w ( v ) N i ( Aik + Bik w ( v ) ) Die Besetzungszahlen N folgen aus der Boltzmann-Verteilung: Ni Nk − ( Ei − Ek ) gi exp gk k BT = v gi exp − gk k BT = Hier ist = g 2 j + 1 das statistische Gewicht, in dem hier betrachteten Fall von atomaren Energiezuständen der Entartungsgrad des Zustands. Einsetzen in die Gleichgewichtsbedingung liefert unter Ausnutzung von w ( v ) → ∞ für T → ∞ die Gleichung: w (v) = = Aik Bik gi gk Bik Bki ( exp ( ) − 1) hv k BT 8p hv 3 1 3 c exp ( khvBT ) − 1 Der oben durchgeführte Vergleich mit dem Planckschen Strahlungsgesetz liefert dann die folgenden Relationen zwischen den Einstein-Koeffizienten Aik 8π hv 3 = Bik c3 Bik = gk Bki gi Falls also gi = g k so ist die Wahrscheinlichkeit für (induzierte) Absorption und induzierte Emission gleich groß. 7.1.1 Übergangsmatrixelemente Die Wechselwirkung eines Atoms mit dem elektromagnetischen Feld erfolgt überwiegend aufgrund des oszillierenden elektrischen Feldes. Dieses wird in erster Näherung durch einen schwingenden elektrischen Dipol beschrieben: = p qr = p0 sin ( ω t ) Die mittlere abgestrahlte Leistung des Dipols ist P= 2 ω4 p 2 mit 3 3 4pε 0c p2 = 1 2 p0 2 und p als Mittelwert des elektrischen Dipolmoments. In der quantenmechanischen Beschreibung des elektrischen Dipolmoments eines Atoms Kern und Elektron muss p durch den Erwartungswert für den Zustand i = ( n, , m , ms ) ersetzt werden: 90 ddd < p > = e < r > = e ∫ ψ i* r ψ i dV Für den Übergang Ei → Ek müssen die Wellenfunktionen ψ i und ψ k berücksichtigt werden; < pik > ist dann der Erwartungswert M ik des sogenannten Übergangsdipolmoments M ik = d d M ik = e ∫ ψ i* r ψ k dV Die vom Atom beim Übergang Ei → Ek abgestrahlte Leistung ist dann entsprechend Pik M ik d.h. die Größe M ik 2 2 bestimmt die Linienstärke eines Übergangs. Ein Übergang ist grundsätzlich möglich, wenn mindestens eine Komponente des Vektors M ik ungleich Null ist. Für alle möglichen Übergänge im Termschema eines Atoms lassen sich die Vektoren M ik in M ik -Werte einer Matrix anordnen. Die „Übergangsmatrixelemente“ bezeichnet. werden daher oft einfach als 7.2 Auswahlregeln: Magnetische, Paritäts-, Spinquantenzahl Als Beispiel wird der Einfall einer in z-Richtung polarisierten Welle E = ( 0, 0, E0 ) auf ein HAtom betrachtet. Entscheidend ist dann die Änderung ( M ik ) z . Die Eigenfunktionen waren 1 Rn ( r ) Pm ( v ) eimϕ 2π ψ nm = und ( M ik ) z mit = e ∫ ψ i* z ψ k dV z = r cos v dV = r 2 sin v dr dv dϕ Dann ist ( M ik ) z = e 2p R ∫R i Rk r 3 dr 0 p ⋅ ∫ Pmk k Pmi i sin v cos v dv 0 2p ⋅ ∫ exp ( i ( mk − mi ) ϕ ) dϕ 0 Übergänge Ei → Ek finden statt, wenn alle drei auftretenden Faktoren ungleich Null sind. Diese Bedingung führt auf verschiedene Auswahlregeln für optische Übergänge. Für die hier betrachtete lineare Polarisation in z-Richtung lautet die Auswahlregel dann ∆m = mk − mi = 0 91 da nur dann der dritte Term ungleich Null ist. Die Absorption von Licht, welches sich z.B. entlang der z-Achse mit zirkularer Polarisation ausbreitet, kann durch Linearkombination der Matrixelemente ( M ik ) x und ( M ik ) y ausgedrückt werden. Für das elektrische Feld gilt E±= Ex ± i E y σ und für die Absorptionswahrscheinlichkeit ( M ik ) x ± i ( M ik ) y= * * e ∫ yyyy i x k dV ± ie ∫ i y k dV * = e ∫ y i*r sin v cos ϕ yy k dV ± e ∫ i r sin v ( i sin ϕ )y k dV = e 2p ∞ p 0 0 m m * 3 2 ∫ Ri r Rk dr ⋅ ∫ Pi i Pk k sin v dv 2p ⋅ ∫ exp ( i ( m k − mi ± 1) ϕ ) dϕ 0 Der dritte Term ist ungleich Null für mk − mi ± 1 =0 ⇔ ∆m =mk − mi =±1 Die Absorption von σ + - bzw. σ − -Licht erfordert also eine Änderung ∆m =±1 . Zirkular polarisierte Photonen besitzen den Drehimpuls ± ; die Auswahlregel folgt damit auch klassisch aus der Drehimpulserhaltung des Gesamtsystems. Da linear polarisiertes Licht eine Überlagerung von σ + und σ − ist, ändert sich der Erwartungswert des Photonendrehimpulses nicht. Der erste Term der Übergangsmatrixelemente enthält die Integration über die Radialwellenfunktionen und liefert immer einen Beitrag ungleich Null. Das zweite Integral liefert auch für ∆m =±1 nur dann einen nicht verschwindenden Beitrag, wenn die Auswahlregel ∆ = i − k =±1 erfüllt ist. Diese Bedingung lässt sich durch die Symmetrie der Wellenfunktionen erklären. Damit ein Integral über den gesamten Raum nicht Null ist muss gelten ∞ ∫ f ( x ) dx ≠ 0 für f ( x= ) f ( −x ) −∞ Der Integrand muss also gerade sein, d.h. er besitzt „gerade Parität“. Der Dipoloperator m* m p = er ist ungerade, also muss auch ψ i* ψ k bzw. P i i P k k ungerade sein. Dies ist erfüllt, wenn die Wellenfunktionen ψ i und ψ k verschiedene Parität besitzen. Wasserstoffwellenfunktionen haben die Parität ( − 1) , ist also ungerade. Da Photonen den Drehimpuls ± besitzen, kann und muss sich also um ± 1 ändern. Da sich der Spin eines Elektrons - in einem Mehrelektronensystem entsprechend der Gesamtspin - bei optischen Übergängen nicht ändern kann, gilt weiter ∆s =0 Übergänge vom Singulett-System mit S = 0 in das Triplett-System mit S = 1 sind also verboten.