Seminar: Dozentin: Werkstattbericht der Arbeitsgemeinschaft: Testen & Entscheiden Prof. G.H. Franke Monique Lathan, Daniela Stösslein und Denise Theska Rehapsychologie M.sc. - WiSe 2008/2009 2 Struktur 1. Definition of the Problem – Störungsbegriff 2. Available Assessment Strategies – kurzer Überblick 3. Physiologische Verfahren & Assessment of Risk 4. Falldarstellung und Beispiele für verwendete Verfahren in Deutschland 5. Zwischenbilanz 6. Literatur 3 Definition of the Problem y Sexual Deviations ~ Störungen der Sexualpräferenz y nach DSM IV - 302 Paraphilie (früher Perversionsbegriff) y Charakteristische Zusammenhänge: y 90% sind Männer y Hochgradig heterogenes Störungsbild y Häufig unfreiwillige oder erschwerte Diagnostik und Therapie y Kompliziertere Behandlungsverläufe in „ungewöhnlicherem“ Setting 4 Störungsbegriff y ICD 10 - F65 „Es treten über einen längeren Zeitraum – mind. 6 Monate – ungewöhnliche sexuell erregende dranghafte Bedürfnisse oder Verhaltensweisen auf, die sich 1. auf ungewöhnliche Objekte, 2. auf Kinder oder andere Personen beziehen, die nicht einwilligungsfähig oder willig sind. Diese Fantasien, Bedürfnisse oder Verhaltensweisen verursachen in unterschiedlichen Funktionsbereichen Leiden und Beeinträchtigungen bei den Betroffenen oder ihren Objekten. -Die […] Störungen finden sich überwiegend oder fast ausschließlich bei Männern.“ (ICD 10, 6. überarbeitete Version, 2004-2008, S. 266) 5 Störungsformen im Kurzvergleich ICD 10 Störung der Sexualpräferenz DSM-IV Paraphilien F65.0 Fetischismus 302.81 Fetischismus F65.1 fetischistischer Transvestitismus 302.3 fetischist. Transvestitismus F65.2 Exhibitionismus 302.4 Exhibitionismus F65.3 Voyeurismus 302.82 Voyeurismus F65.4 Pädophilie 302.2 Pädophilie F65.5 Sadomasochismus 302.83 sexueller Masochismus 302.84 sexueller Sadismus 302.89 Frotteurismus F65.6 multiple Störung d. Sexualpräferenz F65.8 sonstige Störung d. Sexualpräferenz F65.9 nicht näher bezeichnete Störung 302.9s nicht näher bezeichnete Paraphilie 6 Störungsbegriff y Ausschluss: Probleme im Zusammenhang mit der sexuellen Orientierung y In beiden Diagnosesystemen wird eine Störung festgestellt, wenn das sexuelle Begehren sein Objekt praktisch nie in einem Sinn von Gegenseitigkeit erreicht. Æ Beziehungsaspekt Æ Abgrenzung: z.B. erotische Praktiken im gegenseitigen Einverständnis 7 Störungsbegriff y delinquentes Verhalten und juristische Bezüge Æ sexuell delinquent sind diejenigen, die Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung anderer Menschen begehen y Sexualdelikte gegen Kinder machen bedeutenden Anteil aller angezeigten Sexualstraftaten aus Æ sowie weiterhin der sexueller Missbrauch, Vergewaltigung und Exhibitionismus (Fiedler, 2004, S. 184) y Dissexualität: „sich im Sexuellen ausdrückendes Sozialversagen“, welches verstanden wird als Verfehlen der (zeit- und soziokulturell bedingten, damit veränderlichen) durchschnittlich erwartbaren Partnerinteressen 8 Störungsform: F65.4 Pädophilie „Sexuelle Präferenz für Kinder, die sich zumeist in der Vorpubertät befinden, aber auch jünger sein können. […] Pädophilie kommt selten bei Frauen vor. […] Ein einzelner Vorfall erfüllt für die Diagnosestellung geforderte anhaltende oder vorherrschende Veranlagung nicht, insbesondere wenn der Handelnde selber noch ein Jugendlicher ist. Unter den P. gibt es auch Männer, die eigentlich erwachsene Sexualpartner vorziehen, bei der Aufnahme geeigneter Kontakte dauernd frustriert werden und sich deshalb ersatzweise Kindern zuwenden.[…]“ (ICD 10, 6. überarbeitete Version, 2004-2008, S. 268) 9 Störungsbegriff Unterschiede zw. „situationsbedingten“ & pathologischen Sexualstraftätern 10 Epidemiologie y Wahre Prävalenzrate wird nie festzustellen sein Æ hohes Dunkelfeld y Häufigkeiten schwer zu ermitteln da: y sehr wenig der Betroffenen Hilfe suchen oder einen Hilfebedarf verspüren y Scham-und Schuldgefühle auftreten y Furcht vor Stigmatisierungen y Furcht vor juristischen Konsequenzen 11 Epidemiologie y USA: y zwischen 30-70% der Frauen im Collegealter sind Opfer von verschiedensten (sexualisierten) Gewalttaten y Aber der Großteil der Opfer ist unter 16 Jahre Æ unter den Jüngeren liegt die Prävalenzrate bei bis zu 39% y In der Mehrheit sind Frauen betroffen, aber auch Männer bzw. Jungen Æ so sind bis zu 30% der Opfer männlich y Deutschland: y Geschätzte Prävalenzraten für sexuellen Kindesmissbrauch Æ 6% bis 62% 12 Assessment Strategies y kein verfügbarer Test hat es geschafft einen Sexualstraftäter - klar zu beschreiben Æ es gibt unterschiedliche Verfahren mit sehr unterschiedlichen Qualitäten y Sexualstraftäter stammen aus allen Gesellschaftsschichten und haben so viele verschieden Persönlichkeiten (Stile), wie jede andere ausgesuchte Bevölkerungsgruppe 13 Assessment – Review of the Material y da Sexualstraftäter oft nicht das ganze Ausmaß ihrer abweichenden Fantasien und Verhaltensweisen offenbaren, ist es sehr wichtig vor dem ersten Interview möglichst viel des verfügbaren Materials/Infos zu sichten Æ Infos über die Rechtsakte, inklusive der Polizeiberichte, aktuelle Untersuchungen und institutionelle Akten, evtl. vorherige psychologische Gutachten Æ Berichte der aktuellen Straftat, aber auch Hinweise zu früheren Straftaten, Hinweise zu Substanzmissbrauch und früherer Behandlung 14 Assessment Stategies - short Overview y Das klinische (Erst-) Interview, teils kombiniert mit Selbstberichten (Self-Reports) y Physiologische Verfahren y Psychologische Tests y Intelligenz- und Persönlichkeitstests y Psychopathologische Verfahren 15 Physiologic Tests y The Plethysmograph y The Abel Assessment y The Polygraph y The Assessment of Risk 16 The penile plethysmograph (PPG) 17 PPG – Durchführung y Association for the Treatment of Sexual Abusers (ATSA) hat Richtlinie zur Anwendung des PPG herausgegeben y Ablauf: es werden Bilder, Film- oder Audiosequenzen dargeboten (eindeutig sexuelles Material und nichtsexuelles Material) y Währenddessen wird der Penisumfang kontinuierlich aufgezeichnet und ins prozentuale Verhältnis zur vorhergehenden Erektion gesetzt y Verfahren kann mehrere Stunden beanspruchen 18 PPG – Nutzen y Unterschiede zwischen Straftätern, die sich sexuell zu Kindern vs. zu Erwachsenen hingezogen fühlen y Unterschiede zwischen Männern, die Kinder belästigen und Vergewaltigern (allgemein) y Prognoseinstrument: Zusammenhang zwischen abweichenden Erregungswerten und Rückfallwahrscheinlichkeit 19 PPG – Schwierigkeiten & Kontroversen y über 30% derer, die Kinder belästigen, zeigten entweder normale PPG-Ergebnisse oder keinerlei Reaktionen auf jeglichen Stimuli y Korrelation der PPG-Ergebnisse mit der tatsächlichen Rückfällig nicht immer hoch y Stichproben oftmals zu klein y nicht ausreichend standardisiert y künstliche Testsituation, indiskret, transparent (verfälschbar) y nur inhaftierte Straftäter getestet 20 Abel-Assessment / Visual-Reaction-Time (VRT) y Misst Reaktionszeiten auf visuelle Stimuli y Weniger indiskret als PPG y Bilder, auf denen bekleidete Menschen zu sehen sind y Reaktionszeit des Anschauens und Bewertens (Skala von 1=extrem abstoßend bis 7=extrem interessant) y Annahme: je länger Bild angesehen wurde, desto größer das Interesse 21 VRT – Stärken und Schwächen y misst sexuelles Interesse und nicht sexuelle Erregung (unterschiedliche Konstrukte) y akzeptable Reliabilität und Validität y Zweifel an Interpretierbarkeit y Keine Studie konnte Zusammenhang zwischen VRTErgebnis und Rückfälligkeit bestätigen y VRT ist verfälschbar aufgrund hoher Transparenz y Stärken: standardisierte Stimuli, einfach zu benutzen, weniger indiskret, grundsätzlich mehr Akzeptanz 22 Polygraph - Lügendetektor y Während Befragung wird Puls, Blutdruck, EKG und GSR (galvanic skin response) gemessen y Indiskret y Keine vollständige Validität y Dennoch als Zusatzinformationsquelle häufig eingesetzt 23 Assessment of Risk y Minnesota Sex Offender Screening Tool – Revised (MnSOST-R) y Rapid Risk Assessment of Sexual Offenders Recidivism (RRASOR) y Static-99 y Sex Offender Need Assessment Rating (SONAR) y Hanson und Harris (2001) 24 SONAR – dynamische Faktoren y Stabil-dynamische Faktoren: y Intimitätsdefizite y Negative soziale Einflüsse y Haltung gegenüber sexuellen Übergriffen y Sexuelle Selbstregulation y Generelle Selbstregulation y Akut-dynamische Faktoren: y Substanzmissbrauch y Negative Stimmungen (Angst, Depressionen) y Ärgerneigung y Möglichkeiten des Opferzugangs 25 Empirische Bewährung ausgewählter Prognoseinstrumente Prognose- Umfang instrument empirischer Objektivität Vorhersage- Empirische güte Belege aus Bewährung Dtl. Static-99 Hoch Ja Moderat Mehrere RRASOR Hoch Ja Moderat Nicht valide MnSOST-R Hoch Ja Moderat Nicht valide SONAR Gering Ja Unklar Nein (Dahle, Schneider & Ziethen, 2007) 27 5. Falldarstellung und Beispiele für verwendete Verfahren in Deutschland Fallbeispiel Herr M. y 40 Jahre alt, keine Geschwister oder Lebensgefährtin y gelernter Maurer y versuchte Vergewaltigung von 4 Mädchen im Alter von 9-10 Jahren in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Kindern y Übergriffe erfolgten bei ihm unbekannten Mädchen, Verschleppung in seinem Auto, in meist ländlichen abgelegene Gegenden y Hr. M. wählte bewusst (max.) vier Mädchen aus, da er keine lebenslängliche Haftstrafe erhalten wollte 28 5. Falldarstellung und Beispiele für verwendete Verfahren in Deutschland Fallbeispiel Herr M. y Taten erfolgten im Alter von Mitte dreißig – Hr. M. gab an, bereits vor seinem zwanzigsten Lebensjahr Fantasien und den Wunsch diesen nachzugeben gehabt zu haben y außerdem starke Fokussierung auf weiße Unterwäsche – teilweise auch von der Mutter benutzt y ausgeprägte Tendenz sich mit seinen Taten zu rühmen und sich über das Leid seiner Opfer zu wundern/erfreuen y sehr großes Interesse an den Auswirkungen seiner Taten, allerdings nicht auf die Opfer bezogen 29 5. Falldarstellung und Beispiele für verwendete Verfahren in Deutschland Diagnostik • ausführliche Anamnese (Schwerpunkt Sexual- und Sozialanamnese) • Testpsychologische Persönlichkeitsdiagnostik • Somatostatus (Testosteronwertbestimmung) Æ verwendete Verfahren: MSI (Multiphasic Sex Inventory) PCL-R (Hare Psychopathy Checklist-Revised) SVR-20 (Manual for the Sexual Violence Risk – 20) MMPI 2 (Minnesota Multiphasic Personality Inventory 2) HAWIE-R (Hamburg-Wechsler-Intelligenztest für Erwachsene-Revision 1991) 30 5. Falldarstellung und Beispiele für verwendete Verfahren in Deutschland MSI y in Anwendung seit 1996 von H. R. Nichols, I. Molinder deutsche Bearbeitung von G. Deegener y Umfasst 300 Items y Durchführungszeit liegt bei etwa 45 Minuten y erfasst psychosexuelle Merkmale zur sexuellen Devianz von sexuellen Missbrauchern, Vergewaltigern und Exhibitionisten 31 5. Falldarstellung und Beispiele für verwendete Verfahren in Deutschland MSI- Subtests y Phantasie- und Suchverhalten, sexueller Angriff/Übergriff sowie erschwerter sexueller Angriff y außerdem Erfassung atypischen Sexualverhaltens, sexueller Dysfunktionen sowie Wissen und Überzeugungen über Sexualität y im Rahmen von Validitäts-Skalen werden zusätzlich Lügenund Rechtfertigungstendenzen, Behandlungsmotivation, soziale Sexual-Erwünschtheit, sexuelle Zwanghaftigkeit sowie kognitive Verzerrung/Unreife untersucht Æ Kognitive Verzerrung/Unreife sehr bedeutsam, aufgrund möglicher fehlender Tateinsicht und damit verbunden Einfluss auf Behandlungsmotivation und Behandlungsverlauf 32 5. Falldarstellung und Beispiele für verwendete Verfahren in Deutschland MSI- Subtests y Phantasie- und Suchverhalten, sexueller Angriff/Übergriff sowie erschwerter sexueller Angriff y außerdem Erfassung atypischen Sexualverhaltens, sexueller Dysfunktionen sowie Wissen und Überzeugungen über Beispiel aus dem amerikanischen Raum: Sexualität ABCS – Abel & Becker Cognition Scale (1984) y im Rahmen von Validitäts-Skalen werden zusätzlich LügenÆ Misst die kognitiven Einstellungen/ Verzerrungen bei Kindesbelästigern und Rechtfertigungstendenzen, Behandlungsmotivation, soziale Sexual-Erwünschtheit, sexuelle Zwanghaftigkeit sowie kognitive Verzerrung/Unreife untersucht Æ Kognitive Verzerrung/Unreife sehr bedeutsam, aufgrund möglicher fehlender Tateinsicht und damit verbunden Einfluss auf Behandlungsmotivation und Behandlungsverlauf 33 5. Falldarstellung und Beispiele für verwendete Verfahren in Deutschland MSI y Validität – „[...] überzeugende Validität[...] (Deegener, G., 1996, S. 35) y „[...] no published research could be found on the validity [...] of the test.“ (Lanyon, R., 2001, S. 255) y Reliabilität – „Die Gesamtreliabilität über aller Items des MSI hinweg beträgt .86 [...] der MSI scheint recht reliabel über die Zeit zu sein“ (Deegener, G., 1996, S. 35) „[...] could have potential utility with men who fully admit their deviance.“ (Lanyon, R., 2001, S. 255) Æ „[...] faulted for ist transparency.“ (Maletzky & Steinhauser, 2004, S. 208) y 34 5. Falldarstellung und Beispiele für verwendete Verfahren in Deutschland Merkmal SSE Soziale Sexual-Erwünschtheit SZ Sexuelle Zwanghaftigkeit L-SMK Lügen-Sexueller Missbrauch von Kindern L-V Lügen-Vergewaltigung L-E Lügen-Exhibitionismus L-IN Lügen-Inzest KVU Kognitive Verzerrung und Unreife RF Rechtfertigung BE Behandlungseinstellung SMK Sexueller Missbrauch an Kindern SMK-P Sexueller Missbrauch an Kindern-Phantasie SMK-S Sexueller Missbrauch an Kindern-Suchverh. 35 5. Falldarstellung und Beispiele für verwendete Verfahren in Deutschland Merkmal SSE Soziale Sexual-Erwünschtheit SZ Sexuelle Zwanghaftigkeit Æ Ergebnisse Herr M.: SSE – 22 Punkte von möglichen 35 Punkten (20-23 Punkte verleugnet sexuelle Antriebe und Interessen) SZ – 0 Punkte von möglichen 20 Punkten (0-2 Punkte auffälliger Bereich, Sexualität spielt angeblich in seinen Gedanken gar keine Rolle mehr) 36 5. Falldarstellung und Beispiele für verwendete Verfahren in Deutschland Merkmal SSE Soziale Sexual-Erwünschtheit SZ Sexuelle Zwanghaftigkeit L-SMK Lügen-Sexueller Missbrauch von Kindern L-V Lügen-Vergewaltigung L-E Lügen-Exhibitionismus L-IN Lügen-Inzest KVU Kognitive Verzerrung und Unreife RF Rechtfertigung BE Behandlungseinstellung SMK Sexueller Missbrauch an Kindern SMK-P Sexueller Missbrauch an Kindern-Phantasie SMK-S Sexueller Missbrauch an Kindern-Suchverh. 37 5. Falldarstellung und Beispiele für verwendete Verfahren in Deutschland Merkmal L-SMK Lügen-Sexueller Missbrauch von Kindern L-V Lügen-Vergewaltigung Æ Ergebnisse Herr M.: L-SMK – 10 Punkte von möglichen 13 Punkten (8-13 Punkte unehrlich gegenüber sexuell devianten Interessen) L-V – 9 Punkte von möglichen 13 Punkten (8-13 Punkte unehrlich gegenüber sexuell devianten Interessen) 38 5. Falldarstellung und Beispiele für verwendete Verfahren in Deutschland Merkmal SSE Soziale Sexual-Erwünschtheit SZ Sexuelle Zwanghaftigkeit L-SMK Lügen-Sexueller Missbrauch von Kindern L-V Lügen-Vergewaltigung L-E Lügen-Exhibitionismus L-IN Lügen-Inzest KVU Kognitive Verzerrung und Unreife RF Rechtfertigung BE Behandlungseinstellung SMK Sexueller Missbrauch an Kindern SMK-P Sexueller Missbrauch an Kindern-Phantasie SMK-S Sexueller Missbrauch an Kindern-Suchverh. 39 5. Falldarstellung und Beispiele für verwendete Verfahren in Deutschland Merkmal KVU Kognitive Verzerrung und Unreife RF Rechtfertigung BE Behandlungseinstellung Æ Ergebnisse Herr M.: KVU – 8 Punkte von möglichen 21 Punkten (4-9 Punkte kognitive Verzerrungen; Unreife) RF – 9 Punkte von möglichen 24 Punkten (7-10 Punkte ausgeprägte Rechtfertigung sexueller Devianz) BE – 3 Punkte von möglichen 8 Punkten (3-5 Punkte motiviert, aber Tendenz zu eher nicht motiviert) 40 5. Falldarstellung und Beispiele für verwendete Verfahren in Deutschland Merkmal SSE Soziale Sexual-Erwünschtheit SZ Sexuelle Zwanghaftigkeit L-SMK Lügen-Sexueller Missbrauch von Kindern L-V Lügen-Vergewaltigung L-E Lügen-Exhibitionismus L-IN Lügen-Inzest KVU Kognitive Verzerrung und Unreife RF Rechtfertigung BE Behandlungseinstellung SMK Sexueller Missbrauch an Kindern SMK-P Sexueller Missbrauch an Kindern-Phantasie SMK-S Sexueller Missbrauch an Kindern-Suchverh. 41 5. Falldarstellung und Beispiele für verwendete Verfahren in Deutschland Merkmal SMK Sexueller Missbrauch an Kindern SMK-P Sexueller Missbrauch an Kindern-Phantasie SMK-S Sexueller Missbrauch an Kindern-Suchverh. Æ Ergebnisse Herr M.: auszugsweise SMK-S – 0 Punkte von möglichen 10 Punkten (negiert damit vollkommen derartiges Verhalten) 42 5. Falldarstellung und Beispiele für verwendete Verfahren in Deutschland Merkmal SMK-A Sexueller Missbrauch an Kindern-Angriff SMK-AE Sexueller Missbrauch an Kindernerschwerter Angriff SMK-I Sexueller Missbrauch an Kindern-Inzest SMK-M Sexueller Missbrauch an Kindern-Mädchen SMK-J Sexueller Missbrauch an Kindern-Jungen V Vergewaltigung V-P Vergewaltigung-Phantasie V-S Vergewaltigung-Herumsuchen V-A Vergewaltigung-Sexueller Angriff V-EA Vergewaltigung-erschwerter Angriff V-SM Vergewaltigung-Sado-Masochismus E Exhibitionismus 43 5. Falldarstellung und Beispiele für verwendete Verfahren in Deutschland Merkmal V Vergewaltigung V-P Vergewaltigung-Phantasie V-S Vergewaltigung-Herumsuchen V-A Vergewaltigung-Sexueller Angriff V-EA Vergewaltigung-erschwerter Angriff V-SM Vergewaltigung-Sado-Masochismus Æ Ergebnisse Herr M.: auszugsweise V-S – 5 Punkte von möglichen 8 Punkten (Patient ist davon überzeugt, dass er vergewaltigt hat bzw. wollte und lehnt daher möglicherweise den Missbrauchsgedanken ab) 44 5. Falldarstellung und Beispiele für verwendete Verfahren in Deutschland Merkmal E-P Exhibitionismus-Phantasie E-S Exhibitionismus-Herumsuchen E-A Exhibitionismus-Sexueller Angriff E-F Fortgeschrittener Exhibitionismus P-ASV Atypisches Sexualverhalten F Fetischismus VO Voyeurismus OT Obszöne Telefonanrufe FZ Fesselung und Züchtigung DYS Sexuelle Dysfunktion SU Sexuelle Unzulänglichkeit VE Vorzeitige Ejakulation 45 5. Falldarstellung und Beispiele für verwendete Verfahren in Deutschland Merkmal DYS Sexuelle Dysfunktion SU Sexuelle Unzulänglichkeit VE Vorzeitige Ejakulation PB Physische Behinderung I Impotenz WÜS Wissen und Überzeugungen über Sexualität Æ Ergebnisse Herr M.: auszugsweise SU – WÜS – 5 Punkte von möglichen 8 Punkten (gibt an als Erwachsener nie mit anderen Erwachsenen Sex gehabt zu haben; Schambesetzt und Versagensängste etc.) 14 Punkte von möglichen 24 Punkten (allgemeines Wissen über Sexualität unterdurchschnittlich) 46 5. Falldarstellung und Beispiele für verwendete Verfahren in Deutschland Merkmal PB Physische Behinderung I Impotenz WÜS Wissen und Überzeugungen über Sexualität Ökonomie: * 300 Fragen – 45 Minuten Zeit Æ nur 9 Sekunden für jede Frage * aufwendige Auswertung * Beachtung des Intelligenzniveaus des Probanden, evtl. Hilfestellungen bei den Fragen notwendig Objektivität: * gefördert durch z.B. standardisierte Testeinleitung, -anweisung und Testauswertung 47 5. Falldarstellung und Beispiele für verwendete Verfahren in Deutschland y Bsp. Auswertung: http://www.unifr.ch/ztd/HTS/inftest/WEB-Informationssystem/de/4de001/3533c093f50611d380fc005004431da2/examples.htm 48 5. Falldarstellung und Beispiele für verwendete Verfahren in Deutschland y Bsp. Auswertung: http://www.unifr.ch/ztd/HTS/inftest/WEB-Informationssystem/de/4de001/3533c093f50611d380fc005004431da2/examples.htm 49 5. Falldarstellung und Beispiele für verwendete Verfahren in Deutschland y Bsp. Auswertung: http://www.unifr.ch/ztd/HTS/inftest/WEB-Informationssystem/de/4de001/3533c093f50611d380fc005004431da2/examples.htm 50 5. Falldarstellung und Beispiele für verwendete Verfahren in Deutschland Ergebnisse Hr. M. Diagnostiziert wurden: Pädophilie F 65.4 • Sadomasochismus F 65.5 • Schizotype Störung F 21 • Hebephrene Schizophrenie F 20.1 • 51 5. Falldarstellung und Beispiele für verwendete Verfahren in Deutschland PCL-R (Hare, R.; 2005) Vorhersage von Gewalttätigkeit und genereller Rückfälligkeit bei allen Straffälligen y Zugrunde liegt die Psychopathiedefinition von Cleckley y dazu werden 20 Persönlichkeitsmerkmale aus den beiden Bereichen „psychopathische Persönlichkeit“ und „antisoziales Verhalten“ auf ihre Gültigkeit untersucht http://www.hare.org/images/pclr2nd.jpg y Fremdbeurteilungsbogen nach einem standardisierten, semistrukturierten Interview oder nach Aktenlage y Rating auf einer 3-Punkte-Skala:0=nein, 1=möglich, 2=ja 52 5. Falldarstellung und Beispiele für verwendete Verfahren in Deutschland PCL-R (Hare, R.; 2005) y PM1 Trickreich-sprachgewandter Blender mit oberflächlichem Charme y PM2 Übersteigertes Selbstwertgefühl y PM3 Stimulationsbedürfnis / ständiges Gefühl der Langeweile y PM4 Pathologisches Lügen (Pseudologie) y PM5 Betrügerisch-manipulatives Verhalten y PM6 Mangel an Gewissensbissen oder Schuldbewusstsein y PM7 Oberflächliche Gefühle y PM8 Mangel an Empathie / Gefühlskälte y PM9 Parasitärer Lebensstil y PM10 Unzureichende Verhaltenskontrolle 53 5. Falldarstellung und Beispiele für verwendete Verfahren in Deutschland PCL-R (Hare, R.; 2005) y y y y y y y y y y PM11 Promiskuität PM12 Frühe Verhaltensauffälligkeiten PM13 Fehlen von realistischen, langfristigen Zielen PM14 Impulsivität PM15 Verantwortungslosigkeit PM16 Mangelhafte Bereitschaft und Fähigkeit, Verantwortung für eigenes Handeln zu übernehmen PM17 viele kurzzeitige ehe(ähn)liche Beziehungen PM18 Jugendkriminalität PM19 Widerruf der bedingten Entlassung PM20 Polytrope Kriminalität 54 5. Falldarstellung und Beispiele für verwendete Verfahren in Deutschland PCL-R (Hare, R.; 2005) y US-amerikanische Studien weisen bei Werte > 30 ein erhöhtes Risiko aus, in D. sind geringere Werte anzunehmen y Ermittlung von zwei verschiedenen Faktorenstrukturen y F1: selbstsüchtig, Fehlen von Schuldbewusstsein, rücksichtslose Manipulation anderer,Dimension der Oberflächlichkeit und Großspurigkeit y F2: chronisch unbeständiger, antisozialer undsozial devianter Lebensstil, Dimension der Impulsivität und „Sensationseeking“ y Faktor 1 sehr geringe Korrelation mit Gewalttätigkeit (<0.2), bei Faktor 2 mit >0.30 deutlich besser 55 5. Falldarstellung und Beispiele für verwendete Verfahren in Deutschland SVR-20 Sexual Violence Risk (Boer et. al, 1997) ÆVorhersage sexueller Gewalttaten Zu erfassende Merkmale: •Psychosoziale Anpassung •Sexualdelinquenz •Zukunftspläne • Rating auf einer 3 Punkte Skala: 0 = nein; 1 = fraglich zutreffend; 2 = zutreffend ÆWerte > 20 weisen auf ein erhöhtes Risiko hin http://www.sfu.ca/~mhlpi/Publications/images/SVR-20-s.jpg 56 5. Falldarstellung und Beispiele für verwendete Verfahren in Deutschland SVR-20 y y y y y y y y y y y A. Psychosoziale Anpassung 1.Sexuelle Deviation 2.Opfer von Kindesmissbrauch 3.Psychopathy 4.Seelische Störung 5.Substanzproblematik 6.suizidale/homicide Gedanken 7.Beziehungsprobleme 8.Beschäftigungsprobleme 9.nicht-sexuelle gewalttätige Vordelinquenz 10.gewaltfreie Vordelikte 11.frühes Bewährungsversagen 57 5. Falldarstellung und Beispiele für verwendete Verfahren in Deutschland SVR-20 y y y y y y y B. Sexualdelinquenz 12. Hohe Deliktfrequenz 13. multiple Formen der Sexualdelinquenz 14. physische Verletzung der Opfer 15. Waffengebrauch / Todesdrohung gegen Opfer 16. Zunahme der Deliktfrequenz oder –schwere 17. extremes Bagatellisieren oder Leugnen 18. deliktfördernde Ansichten C. Zukunftspläne y 19. Fehlen realistischer Pläne y 20. Ablehnung weiterer Interventionen 58 5. Falldarstellung und Beispiele für verwendete Verfahren in Deutschland MMPI-2: Minnesota Multiphasic Personality Inventory 2 1. Auflage von S. R. Hathaway, J. C. McKinley, dt. Bearbeitung von R. Engel y Ab 18 Jahren y Einzel- und Gruppenverfahren y Verwendung in klinischer und forensischer Psychologie und Psychiatrie wie auch bei persönlichkeitsdiagnostischen Fragen allgemeiner Art y http://www.testzentrale.de/?mod=detail&id=694 60 Zwischenbilanz y jede Klinik hat ihre Erfolgsstory, mehrere Untersuchungen konnten signifikante Erfolge aufzeigen zur Reduzierung des Rückfallrisikos unter den behandelten Sexualstraftätern im Vergleich zu unbehandelten oder Behandlungsabbrechern Æzu optimistisch sollte man dies Daten jedoch nicht handhaben, da Erfolge bei Situationstäter höher sind, als bei räuberischen /pathologischen Sexualstraftätern ÆVergewaltiger, sowie homosexuellen Pädophilen als die gefährlichsten haben anscheinend die höchste Rückfallquote, besonders unter denen die keine Therapie machten 61 Zwischenbilanz y Besorgniserregend ist, dass 17% der homosexuellen Pädophilen-Therapieabbrecher und 75% der Vergewaltiger wieder solch ein Verbrechen begehen werden y Vergewaltiger gelten in der Praxis als besonders schwer zu behandeln, da sie noch heterogener sind als die Sexualstraftätergruppe es ohnehin schon ist 62 Literatur Dahle, K-P, Schneider, V. & Ziethen, F. (2007). Standardisierte Instrumente zur Kriminalprognose. Forens Psychiatr Psychol Kriminol 1: 15–26. y Dilling, H., Mombour, W., Schmidt, M.H. (2004/2008). Internationale Klassifikation psychischer Störungen. ICD-10 Kapitel V (F) Klinisch diagnostische Leitlinien. Bern: Verlag Hans Huber. (WHO). y Deegener, G. (1996). Multiphasic Sex Inventory: Fragebogen zur Erfassung psychosexueller Merkmale bei Sexualtätern; Handbuch. Göttingen, Bern, Toronto, Seattle: Hogrefe Verlag für Psychologie y Fiedler, P. (2004). Sexuelle Orientierung und sexuelle Abweichung. Weinheim Beltz Verlag. y Fromberger, P., Krippl, M., Stolpmann, G. & Müller, J. L. (2007). Neurobiologie der pädophilen Störung – eine methodenkritische Darstellung bisheriger Forschungsergebnisse. Forens Psychiatr Psychol Kriminol. y Hanson, R. K. & Harris, J. R. (2001). A Structured Approach to Evaluating Change Among Sexual Offenders. Sexual Abuse: A Journal of Research and Treatment, Vol. 13, No. 2. y Hutwelker, E. (2008). Automatische Kognitionen zu deliktrelevanten Konzepten bei sexuellen Kindesmissbrauchern und Gewaltstraftätern. Dissertation. Jena: Fridrich-Schiller-Universität. URL: http://www.dbthueringen.de/servlets/DerivateServlet/Derivate-14513/Diss_Abgabeversion_09_05_2008.pdf y Lanyon, R.I. (2001). Psychological Assessment Procedures in Sex Offending. In Professional Psychology: Research and Practice 2001, Vol. 32 No. 3, 253-260 y Maletzky, B. M., Steinhauser, C. (2004). Sexual Deviations. In: Hersen (Ed.) (2004). Psychological Assessment in Clinical Practice. Chapter 9. S. 197-241. y Payk, T.R. (2007). Psychopathologie. Vom Symptom zur Diagnose. (2. Auflage). Heidelberg: Springer Medizin Verlag. Bilder y http://www.atsa.com/ [Zugriff: 06.12.08] ; http://www.unifr.ch/ztd/HTS/inftest/WEBInformationssystem/de/4de001/3533c093f50611d380fc005004431da2/examples.htm [Zugriff am 23.11.2008] y http://www.sfu.ca/~mhlpi/Publications/images/SVR-20-s.jpg; http://www.hare.org/images/pclr2nd.jpg y http://www.bewaehrungshilfe-bayern.de/archiv/landestagung06/workshop1risikoeinschaetzung.pdf[Zugriff am 27.11.2008] y