Band 1642 Deutschland ist heute ein demokratischer Staat im Herzen Europas. Den Weg zum heutigen territorialen und politischen Status als fortlaufende Darstellung nachzuzeichnen, scheint kaum mehr leistbar. Das vorliegende Buch schlägt einen anderen Weg ein: In acht nach Epochen gegliederten Kapiteln und in über 300 kurzen Leseeinheiten beschreibt es bedeutsame Ereignisse, Sachverhalte und Besonderheiten der deutschen Geschichte – von der Antike bis zur globalisierten Welt von heute. Neben Geschehnissen des politischen Lebens nimmt es auch maßgebliche Entwicklungen in Kultur, Gesellschaft und Wirtschaft in den Blick und stellt sie in Bezug zum weltgeschichtlichen Rahmen. So entsteht ein übersichtliches Nachschlagewerk, das auch Zusammenhänge, Konstanten und Brüche aufzeigt. Meilensteine der deutschen Geschichte Meilensteine der deutschen Geschichte Meilensteine der deutschen Geschichte Von der Antike bis heute Inhalt Vorwort 5 Was ist deutsche Geschichte? 12 1. Jh.–919 Antike und Völkerwanderungszeit Einführung 16 Kelten Germanen Römisches Germanien Völkerwanderung 18 18 20 20 Christianisierung der ­Germanen Fränkisches Reich Karolinger Herausbildung des »Regnum Teutonicum« 22 22 24 25 919–1495 Mittelalter Einführung 28 Heiliges Römisches Reich Könige und Kaiser Kurfürsten Hoftage Ottonen Salier Staufer Welfen Wittelsbacher Habsburger Luxemburger Adel Lehenswesen Ministerialen Ritter Friedensbewegungen Höfische Kultur 34 36 38 38 41 43 45 46 46 48 49 50 51 51 53 53 6 32 Kirche und Klerus Kirchenreform Investiturstreit Orden und Klöster Konstanzer Konzil Christliche Praxis Juden Bauern Grundherrschaft Städte Reichsstädte Bürger Kaufleute Hanse Zunftwesen »Schwarzer Tod« Universität Buchdruck Kunst und Kultur des Mittelalters 55 57 57 58 60 62 63 64 66 66 68 69 70 71 72 73 74 74 75 1495–1648 Konfessionelles Zeitalter Einführung Zeitalter der Reformation (1495–1555) Haus Habsburg Reichsstände Reichsreform Reichskreise Reichsgerichtsbarkeit Recht und Ordnung Eidgenossenschaft Humanismus Reformation Bauernkrieg Landsknechte Augsburgisches Bekenntnis Landesherrliches Kirchenregiment Schmalkaldischer Krieg Täuferreich von Münster Augsburger Religionsfriede Frühkapitalismus 80 Post Reichsmünzordnung 84 84 86 Zeitalter der Konfessionsbildung (1555–1648) Konfessionelles Zeitalter Katholische Reform Katholische Kirche Lutherische Kirchen Reformierte Kirchen Hexenverfolgungen Achtzigjähriger Krieg Kalenderreform Protestantische Union Katholische Liga Dreißigjähriger Krieg Die Friedenskongresse von Münster und Osnabrück Westfälischer Friede Auswirkungen des ­Dreißigjährigen Kriegs Kunst und Kultur des Barock 87 88 88 90 91 91 93 95 98 99 100 101 102 102 104 106 107 107 107 110 111 112 113 114 116 116 116 118 118 121 123 125 127 1648–1815 Zeitalter des Ancien Régime Einführung Zeitalter des Ancien Régime (1648–1763) Ancien Régime Hofleben Merkantilismus Landesausbau Türkenkriege »Zweiter Dreißigjähriger Krieg« Neunjähriger Krieg Kurhannover Kursachsen Spanischer Erbfolgekrieg Aufstieg Preußens 132 136 136 137 138 140 141 141 142 143 144 144 145 Österreichischer Erbfolgekrieg Schlesische Kriege Deutscher Dualismus Siebenjähriger Krieg Erste polnische Teilung Pietismus und Frühaufklärung Aufklärung und »Sattelzeit« (1763–1815) Aufklärung Menschen- und Bürger­rechte Bürgertum Lesegesellschaften Josephinismus Zeitalter der Revolutionen 147 148 149 150 152 153 154 154 155 155 157 157 158 7 Inhalt Mainzer Republik Revolutionskriege Reichdeputationshauptschluss Ende des Heiligen Römischen Reiches Rheinbund Code civil Preußische Reformen 160 161 162 163 164 164 165 Judenemanzipation Wirtschaft am Vorabend der industriellen Revolution Napoleonische Ära Befreiungskriege Wiener Kongress Wiener Klassik Weimarer Klassik Romantik 167 167 168 169 171 173 174 175 1815–1914 Bürgerliches Zeitalter Einführung Restauration und Revolution (1815–1848) Deutscher Bund Heilige Allianz Liberalismus Nationalismus Burschenschaften Turnbewegung Bundesfarben Vormärz Frühkonstitutionelle Verfassungen und Volksvertretungen Metternichsches System Politische Feste Entgrenzung der ständischen Gesellschaft Pauperismus Sozialer Protest Migration Eisenbahnbau Deutscher Zollverein Biedermeier Märzrevolution Frankfurter Nationalversammlung Reichsverfassung Deutsche Frage Wende der Revolution Ende der Revolution 8 180 184 184 186 187 189 190 191 192 192 195 196 197 199 201 202 204 205 207 209 210 213 215 218 219 222 Revolution von oben (1849–1871) Industrielle Revolution Soziale Frage Sozialismus Gewerkschaften Konservativismus und politischer Katholizismus Anfänge des Parteiensystems Reaktionsära Neue Ära Verfassungskonflikt in Preußen Europäische Konflikte ab den 1850er-Jahren Deutsch-Dänischer Krieg Deutscher Krieg Norddeutscher Bund Doppelmonarchie ÖsterreichUngarn Süddeutschland vor 1871 Deutsch-Französischer Krieg Reichsgründung Kaiserreich (1871–1914) Reichsverfassung Gründerjahre Etablierung des Nationalstaats Ausbildung des Parteiensystems Sozialdemokratie Innenpolitik Bismarcks Kulturkampf 224 224 227 228 230 232 234 236 236 236 237 239 240 241 242 243 244 246 248 248 250 251 253 255 256 258 Inhalt Sozialistengesetz Sozialgesetzgebung Frauenbewegung Hochindustrialisierung Verbandswesen Antisemitismus Außenpolitik Bismarcks Wilhelminische Ära 259 260 260 262 262 264 264 266 Gesellschaft der Wilhelminischen Ära Wissenschaft und Technik Kunst und Kultur Imperialismus Deutsche Kolonien Marokkokrisen Balkankriege 278 Außenpolitik Freikorps Reichswehr Republikanische und antirepublikanische Kampfverbände Brüchige Sozialpartnerschaft im Sozialstaat Krisenjahr 1923 »Hitlerputsch« Linkskritik und konservative Revolution »Goldene Zwanzigerjahre« Metropole Berlin Pressewesen Literatur und Theater Kunst und Musik Massenkultur und Massenvergnügen »Neue Frau« Weltwirtschaftskrise Zerstörung der Weimarer Republik »Demokratie ohne Demokraten« 268 269 271 272 273 274 275 1914–1945 Zeitalter der Weltkriege Einführung Erster Weltkrieg (1914–1918) Vorgeschichte und Kriegsbeginn Kriegsziele Militärische Dimension des Ersten Weltkriegs Politische Dimension des Ersten Weltkriegs Gesellschaftliche Dimen­sion des Ersten Weltkriegs Wirtschaftliche Dimension des Ersten Weltkriegs Kulturelle Dimension des Ersten Weltkriegs Innovationen im Ersten Weltkrieg Bilanz des Ersten Weltkriegs Weimarer Republik (1918–1933) Novemberrevolution Arbeiter- und Soldatenräte Revolutionsregierung »Spartakusaufstand« Nationalversammlung in Weimar Weimarer Verfassung Regierungssystem Parteien der Weimarer R ­ epublik Friedensvertrag von Versailles Reparationen Völkerbund 282 282 284 285 288 290 291 292 293 294 295 295 297 298 299 300 302 303 306 308 310 311 Nationalsozialismus (1933–1945) Nationalsozialismus »Machtergreifung« »Ermächtigungsgesetz« und »Gleichschaltung« Befestigung der national­sozialistischen Macht »Führerstaat« 311 313 314 315 316 317 319 320 321 322 323 324 325 327 328 329 331 334 335 335 337 339 341 342 9 Inhalt Diskriminierung und Verfolgung Konzentrationslager »Nürnberger Gesetze« »Reichspogromnacht« Gesellschaft und Wirtschaft Propaganda und politischer Kult Kirchen im Nationalsozialismus Widerstand gegen den Nationalsozialismus Wehrmacht im NS-Staat Außenpolitik des Nationalsozialismus 344 345 346 347 348 351 353 354 355 355 Revisionspolitik und Kriegsvorbereitungen Überfall auf Polen Das Deutsche Reich im Zweiten Weltkrieg Kriegswirtschaft und Raubkrieg Radikalisierung des NS-Herrschaftssystems und Besatzungspolitik Ermordung der europäischen Juden Flucht und Vertreibung 357 359 360 364 365 367 369 1945–1990 Bundesrepublik Deutschland und Deutsche Demokratische Republik Einführung Besatzung und Neubeginn (1945–1949) Kapitulation und Befreiung Besatzungszonen Potsdamer Abkommen Nürnberger Prozesse Entnazifizierung ­ und Umerziehung Entstehung der Länder Neuaufbau des Parteiensystems Marshallplan Währungsreform Berliner Blockade Prozess der Teilung Deutschlands Parlamentarischer Rat Integration in das »System der Blöcke« Gründerjahre in Ost und West (1949–1963) Grundgesetz Regierungssystem der Bundesrepublik Deutschland Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik 10 372 376 376 377 379 380 382 384 384 387 388 389 390 392 394 394 394 396 399 Regierungssystem der Deutschen Demokratischen Republik Soziale Marktwirtschaft Planwirtschaft Westintegration der Bundesrepublik Deutschland Europäische Gemeinschaften Ostintegration der Deutschen Demokratischen Republik Wiederbewaffnung Deutschlandvertrag und Pariser Verträge »Ära Adenauer« »Wirtschaftswunder« »Ära Ulbricht« Aufstand des 17. Juni Bau der Berliner Mauer Aufbruch und Annäherung (1963–1974) Kanzlerschaft Erhards und erste Große Koalition Jugendkultur Außerparlamentarische Opposition Gesellschaftlicher Wandel »Ära Brandt« Ostpolitik Internationale ­A nerkennung 400 402 404 405 407 409 410 412 413 415 416 418 419 421 421 422 424 425 428 431 433 Inhalt Stagnation im Wandel (1974–1990) »Ära Schmidt« Neue soziale Bewegungen KSZE-Prozess »Ära Honecker« »Ära Kohl« Wandel in den Ostblockstaaten »Wiedervereinigung« Fall der Berliner Mauer 434 434 436 439 440 443 446 448 451 Weg zur Einheit Gesellschaft der »Bonner Republik« Kunst und Kultur der »Bonner Republik« Gesellschaft der Deutschen Demokratischen Republik Kunst und Kultur der Deutschen Demokratischen Republik 453 456 458 459 462 seit 1990 Deutschland nach der »Wiedervereinigung« Einführung »Wiedervereinigung« und »Aufbau Ost« »Ära Schröder« »Ära Merkel« Einwanderung und Migration 466 468 469 471 472 Gesellschaft der »Berliner Republik« Finanzkrise Deutschland in der Europäischen Union Deutschlands Rolle in der Welt 473 474 475 476 Register 478 Bildquellenverzeichnis 512 11 Was ist deutsche Geschichte? Von Weitem sichtbar ragt das 1875 errichtete »Hermannsdenkmal« bei Detmold über den Teutoburger Wald. Mit hoch erhobenem Schwert zeigt es den Cheruskerfürsten Arminius im Augenblick des Triumphes über die römischen Besatzer. Im Streben nach der Einheit Deutschlands und einer nationalen Identität wurde der Bezwinger des römischen Feldherrn Varus und seiner Legionen im 19. Jh. zum ersten Deutschen verklärt. Heute ist unstrittig, dass Arminius aus dem germanischen Stamm der Cherusker weder als Deutscher noch als Urvater einer geeinten deutschen Nation angesehen werden kann. Auch Karl der Große war weder Deutscher noch Franzose, sondern Europäer – Herrscher über ein fränkisches Großreich, in dem Angehörige verschiedener Völkerschaften lebten und in dem verschiedene Sprachen gesprochen wurden. Erst nach dessen Teilung in ein westfränkisches und ein ostfränkisches Reich im 9. Jh. und dem Erlöschen der karolingischen Herrschaft über das Ostfrankenreich zu Beginn des 10. Jh. entwickelte sich rechts des Rheins allmählich das »Regnum Teutonicum« (»Deutsches Reich«). Genau genommen, lässt sich also erst ab dieser Zeit überhaupt von deutscher Geschichte sprechen. Ringen um Einheit Dennoch zeigen sich in der Varusschlacht zwischen einer Koalition germanischer Stämme und Rom, das große Teile des heutigen Westund Süddeutschland besetzt hatte, zwei Grund­elemente der deutschen Geschichte: Zum einen erscheint diese bis in die jüngste Vergangenheit hinein gekennzeichnet von stetem Ringen um politische und territoriale Einheit. Wenngleich dieses Ziel für unsere Zeit mit der Vereinigung der beiden deutschen Staaten im Jahr 1990 erreicht wurde, so bleibt das weitere gesellschaftliche Zusammenwachsen von Ost und West noch immer eine Aufgabe. Zum Zweiten kommt in Deutschland den Regio12 nen mit ihren spezifischen Eigenheiten, u. a. aufgrund ihrer jeweiligen kulturell-religiösen Prägung, seit jeher hohe Bedeutung zu. Dieser Umstand spiegelt sich heute auf politischer Ebene in der föderalen Organisation der Bundesrepublik Deutschland mit ihren sechzehn Ländern wider, die durch den Bundesrat am Gesetzgebungsverfahren beteiligt sind. Die Bedeutung der Regionen Seit seiner frühesten Besiedlung hat das Gebiet der heutigen Bundesrepublik Deutschland regional unterschiedliche Entwicklungen erfahren. Während die Kultur der Kelten bis zum Vorstoßen der Römer nach Gallien und ins Alpenvorland im 1. Jh. v. Chr. den Süden prägte, wurde der Norden von germanischen Stämmen beherrscht. Die Niederlage des Varus im Jahr 9 n. Chr. stellte die Weichen für den weiteren Verlauf der Geschichte, wenngleich neuere archäologische Funde belegen, dass die Römer weiterhin Präsenz in der Region zeigten. Westlich des Rheins und südlich des Mains entstanden mit Köln, Trier, Mainz oder Augsburg größere Städte und ein gut ausgebautes Straßennetz. Auf einer Länge von rund 550 km, zwischen Bad Hönningen am Mittelrhein und Regensburg an der Donau, bildete der gegen Ende des 1. Jh. errichtete Obergermanisch-Rätische Limes die Grenze zwischen dem Imperium Romanum und dem Siedlungsgebiet der germanischen Stämme. Zwar war der Grenzwall durchlässig für den Güter- und Warenverkehr, doch der kulturelle Einfluss Roms blieb auf das Gebiet diesseits des Limes beschränkt. Dies galt auch für neue religiöse Ideen: Finden sich etwa in Bayern schon zur Spätantike erste Zeugnisse für die Ausbreitung des Christentums, so wurde der Norden Deutschlands erst nach der Mitte des 8. Jh. allmählich christianisiert. Zu Beginn des 16. Jh. waren es dann vor allem die nördlichen Territorien, in denen die Ideen der Reformatoren wie Martin Luther auf fruchtbaren Boden fielen. Zwischen Krieg und Frieden Die Glaubensspaltung hatte tief greifende Folgen in Deutschland. Der Augsburger Religionsfrieden von 1555, mit dem das evangelische Bekenntnis anerkannt wurde, konnte bewaffnete Auseinandersetzungen zwischen protestantischen und katholischen Fürsten nicht verhindern. 1618 kam es zu Gefechten, die den Auftakt für den Dreißigjährigen Krieg bildeten, in den auch weitere europäische Mächte eingriffen. Als nach zähen Verhandlungen 1648 in Münster und Osnabrück der Westfälische Frieden geschlossen wurde, hatten Gewalt, Hunger und Seuchen manche Regionen Deutschlands nahezu entvölkert. Ab dem späten 17. Jh. entwickelte sich aus dem Kurfürstentum Brandenburg ein neues, überregional bedeutendes Staatswesen: Preußen. Ab 1701 Königreich, stieg es nach Österreich zur zweiten Macht im Deutschen Reich auf. Der österreichisch-preußische Dualismus prägte in der Folgezeit dessen Geschichte. In den napoleonischen Kriegen, die zum Untergang des Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation führten, gelang Österreich, Preußen und weiteren deutschen Staaten zusammen mit ihren Alliierten der Sieg über die französischen Truppen, aber das in den Befreiungskriegen beschworene deutsche Natio­nalgefühl sollte enttäuscht werden, der Wiener Kongress stellte 1815 die alte Ordnung wieder her. In den folgenden Jahrzehnten wurden die Rufe nach einer deutschen Einheit i­mmer lauter, die Demokratiebewegung erhielt immer mehr Zulauf. Doch die Revolution von 1848/1849, in deren Verlauf die erste demokratische Verfassung Deutschlands formuliert wurde, scheiterte am Widerstand der Fürsten und wurde vom Militär niedergeschlagen. Verwirklicht wurde die Einheit – unter Ausschluss Österreichs – schließlich von oben. Der preußische Ministerpräsident Otto von Bismarck setzte dafür auf Krieg: 1864 gegen Dänemark, 1866 gegen Österreich und 1870/1871 gegen Frankreich. Die Ausrufung des preußischen Königs Wilhelm I. zum Kaiser am 18. Januar 1871 war die Geburtsstunde des Deutschen Kaiserreiches. Einige Jahrzehnte später, am 28. Juni 1919, unterzeichneten die deutschen Abgesandten den Friedensvertrag von Versailles. Darin wurde dem Deutschen Reich die Alleinschuld am Ersten Weltkrieg zugesprochen und ihm wurden hohe Reparationszahlungen auferlegt, die die neue Weimarer Republik bis zu ihrem Untergang belasten sollten. Die politischen und wirtschaftlichen Krisen der späten 1920 er-Jahre bereiteten den Nährboden für den Aufstieg Adolf Hitlers und der NSDAP zur Macht. Auf die erste deutsche Republik folgte zwischen 1933 und 1945 das dunkelste Kapitel der deutschen Geschichte. Bevor die Alliierten Deutschland am 8. Mai 1945 von der nationalsozialistischen Diktatur befreien konnten, hatten der Zweite Weltkrieg und der industrialisierte Massenmord an den europäischen Juden, Sinti und Roma, Homosexuellen und Gegnern des Terrorregimes Millionen von Opfern gefordert. Diese Verbrechen hatten ihren Preis: Gemäß dem Potsdamer Abkommen bildete nun die Oder-Neiße-Linie die neue Ostgrenze eines deutlich kleineren Deutschland, das in vier Besatzungszonen aufgeteilt wurde. Daraus entstanden vier Jahre nach Kriegsende zwei voneinander getrennte deutsche Staaten. Die Bundesrepublik Deutschland suchte den Anschluss an ihre westlichen Nachbarn und die USA und entwickelte sich zu einem der Träger der Europäischen Gemeinschaften. Die Deutsche Demokratische Republik orientierte sich hin zur Sowjetunion und den sozialistischen Bruderländern. Im Kalten Krieg verschärften sich die Gegensätze zwischen Ost und West. Zum Symbol der deutschen Teilung wurde die 1961 gebaute Berliner Mauer. Nach dem Mauerfall 1989 und dem Beitritt der DDR zur Bundesrepublik ein Jahr später gibt es wieder einen deutschen Staat innerhalb der Grenzen der vier Besatzungszonen von 1949. Im Bewusstsein ihrer historischen Verantwortung wirkt die Bundesrepublik Deutschland als stabile Demokratie am Zusammenwachsen eines geeinten Europa mit und sieht sich angesichts der positiven wie der negativen Folgen der Globalisierung vor die Herausforderung gestellt, ihre Rolle in der Weltgemeinschaft zu bestimmen. 13 1. Jh.– 919 Antike und Völkerwanderungszeit 9 n. Chr. Der römische Feldherr Publius Quinctilius Varus gerät mit drei Legionen in einen Hinterhalt und wird von germanischen Kriegern unter der Führung des Cheruskers Arminius vernichtend geschlagen. 98 In seinem Werk »De origine et situ Germanorum« (kurz »Germania«) beschreibt der römische Geschichtsschreiber Tacitus die Sitten und Gebräuche der Germanen. 259/260 Vorstöße germanischer Stämme führen zur Aufgabe des römischen Grenzwalls Limes. 375 Der Ansturm der Hunnen leitet die große Völkerwanderung ein, die den Beginn des Frühmittelalters markiert. um 498 Nach seinem Sieg über die Alemannen bei Zülpich (Tolbiacum) empfängt der fränkische König Chlodwig von Bischof Remigius von Reims die Taufe. 587 Der Merowinger Guntram und sein Neffe Childebert einigen sich im Vertrag von Andelot über die Erbfolge und die Ausdehnung ihrer Herrschaftsgebiete. Dabei tauchen erstmals die Begriffe Austrien/Austrasien (»Ostreich«) und Neustrien (»neues Land im Westen«) auf. 754 Bonifatius, der »Apostel der Deutschen«, wird auf einer Missionsreise bei Dokkum von heidnischen Friesen erschlagen. 800 Der Frankenkönig Karl der Große wird von Papst Leo III. zum Kaiser gekrönt. Damit wird das römische Kaisertum im Westen wiederbelebt. 843 Im Vertrag von Verdun teilen die Söhne Ludwigs I., des Frommen, das Frankenreich in drei Teile auf. Ludwig II., der Deutsche, regiert das Ostfränkische Reich. 911 Mit dem Tod König Ludwigs IV., des Kindes, endet die Herrschaft der Karolinger im Ostfränkischen Reich. 919 Der Sachsenherzog ­Heinrich I. aus dem Geschlecht der Ottonen wird zum ersten nicht fränkischen König gewählt. Antike und Völkerwanderungszeit Einführung Im 1. Jh. v. Chr. unterwarfen die Römer Gallien und eroberten die angestammten Siedlungsgebiete der Kelten nördlich der Alpen. Doch die Stämme im Norden Germaniens blieben eine Dauergefahr für die Grenzen des Römischen Reiches. Die große, im späten 4. Jh. einsetzende Völkerwanderung der germanischen Völkerschaften ging mit dem allmählichen Zerfall der römischen Herrschaft und der Entstehung germanischer Königreiche einher. Das Fränkische Reich, das ab dem 8. Jh. von den Karolingern beherrscht wurde, spielte eine herausragende Rolle für die weitere Entwicklung Europas. Der Frankenherrscher Karl der Große legte an der Wende zum 9. Jh. mit der Erneuerung der Kaiserwürde im Westen und der Schaffung eines karolingischen Großreiches die Grundlagen für die weitere Entwicklung eines »Regnum Teutonicum«, eines »Deutschen Reiches«, rechts des Rheins. »Quinctilius Varus, gib die Legionen zurück!« Der römische Biograf Sueton (»Die Kaiserviten«) über die Reaktion des Kaisers Augustus nach Erhalt der Nachricht über die Niederlage in Germanien Abb. S. 14 /15: Die Porta Nigra, das »Schwarze Tor«, wurde um 180 n. Chr. von den Römern erbaut und diente als nördlicher Zugang zur Stadt »Augusta Treverorum« (heute: Trier). Für die Römer war Germanien ein Land mit dunklen, dichten Wäldern und unheimlichen Sümpfen, bewohnt von furchtlosen, kriegerischen Stämmen. Deren Leben, so schilderten es die römischen Geschichtsschreiber, war von Kindesbeinen an durch Abhärtung und strapaziöses Training bestimmt, um auf diese Weise körperliche Kraft und Ausdauer zu fördern. Spätere Vorstellungen der Germanen und ihrer Lebenswelt wurden nachhaltig durch diese Bilder geprägt. Auf der Suche nach einer gemeinsamen deutschen Identität im Zuge der nationalen Einheitsbestrebungen des 19. Jh. wurden die Germanen zu heldenhaften Urvätern verklärt. Während der nationalsozialistischen Diktatur wurde die »Forschungsgemeinschaft deutsches Ahnenerbe e. V.« eingerichtet, deren nach rassistischer Ideologie ausgerichtete Forschung die wissenschaftliche Bestätigung für die angebliche Überlegenheit der Germanen als Angehörige der »arischen Rasse« erbringen sollte. Dieser Missbrauch tabuisierte in der Nachkriegszeit zunächst eine seriöse Auseinandersetzung mit der germanischen Geschichte und wirkt bis heute belastend nach. Fest steht, dass die Germanen eine entscheidende Rolle für die historischen Entwicklungen im Gebiet des heutigen Deutschland spielten. 16 Römer und Germanen Der südliche Teil des heutigen Deutschland und die Rheinlande wurden nach ihrer Eroberung durch die Römer im 1. Jh. v. Chr. maßgeblich durch die römische Kultur geprägt. Um die festen Militärlager herum entstanden Siedlungen, die im Lauf der Zeit zu Städten anwuchsen. Trotz anfänglicher militärischer Erfolge gelang es den Römern nicht, die germanischen Stämme dauerhaft unter ihre Kontrolle zu bringen. Die Niederlage dreier Legionen in der Schlacht im Teutoburger Wald im Jahr 9 n. Chr. setzte der weiteren römischen Expansion in Germanien ein Ende. Die anhaltenden Spannungen führten zur Errichtung einer gewaltigen Wehranlange, des mehrere Hundert Kilometer langen Limes, an der Grenze zum freien Germanien. Mehrfach versuchten germanische Stämme, den Grenzwall zu überwinden und in das Reichsgebiet vorzudringen, was den Alemannen schließlich im 3. Jh. gelang. Langfristig trugen die Einfälle der Germanen zum Untergang des Römerreiches bei. Die gewaltige Größe des Imperiums erschwerte eine zentrale Verwaltung von Rom aus zusehends. Deshalb wurde es 293 in eine West- und eine Osthälfte aufgeteilt. Diese Teilung wirkte sich auch auf das römische Ger- 1. Jh. – 919 manien aus: Trier wurde zu Beginn des 4. Jh. zu einer kaiserlichen Residenz und einem der entscheidenden Verwaltungszentren erhoben. Roms germanische Erben Der Vorstoß der Hunnen, eines Reitervolkes aus der zentralasiatischen Steppe, nach Westen bildete um 375 den Auftakt der sogenannten großen Völkerwanderung. Der hunnische Ansturm bedrohte die germanischen Stämme und drängte sie zur Flucht aus ihren Siedlungsgebieten. Die Fluchtbewegung erhöhte den Druck auf die römischen Reichsgrenzen. Nach erbitterten Kämpfen gegen das römische Heer erwirkten die Germanen die Ausstellung von Verträgen durch den römischen Kaiser Theodosius I., die den Vertriebenen eine Ansiedlung im Gebiet des Imperium Romanum gewährte. Die jahrhundertelang anhaltenden Wanderbewegungen der Germanenvölker trugen schließlich zum Untergang des weströmischen Reiches im Jahr 476 bei. Der römische Verwaltungsapparat wie auch die Infrastruktur in den Provinzen des Imperiums bildeten die Fundamente für die Entstehung neuer Reiche unter der Herrschaft germanischer Könige. Der erste Schritt auf dem Weg zur Bildung eines eigenen Großreiches, das auch Teile des heutigen Deutschland umfasste, erfolgte im 6. Jh. durch das Geschlecht der Merowinger. Die Entstehung des Frankenreiches Dem Merowinger Chlodwig gelang es, sein Herrschaftsgebiet von den Pyrenäen bis über den Rhein hinaus und vom Atlantik bis zur Provence auszuweiten. Für die weiteren Geschicke des merowingischen Reiches war bedeutend, dass sich Chlodwig katholisch taufen ließ. Denn nicht nur unterschied er sich dadurch in Fragen des Glaubens von den übrigen germanischen Herrschern, die dem mit dem Katholizismus konkurrierenden Arianismus anhingen, sondern er knüpfte mit seiner Wahl der Papstkirche bewusst an die römische Tradition an. Für die Stabilisierung königlicher Macht begann die Unterstützung der katholischen Kirche eine herausragende Rolle zu spielen. Gleichzeitig damit wuchs die Bedeutung der Geistlichkeit im fränkischen Herrschaftsgebiet. Missionare trieben die Christianisierung im Gebiet des heutigen Deutschland maßgeblich voran. Die von ihnen begründeten Klöster wurden zu Zentren der politischen Herrschaftsausübung ebenso wie der Bildung. Nachdem das Herrschergeschlecht der Merowinger im 8. Jh. von den Karolingern abgelöst worden war, begann eine weitere Expansion des Fränkischen Reiches, das nun auch Gebiete im Norden des heutigen Deutschland einschloss. Diese Eroberung der zuvor von dem Volksstamm der Sachsen beherrschten Gebiete ging zugleich mit einer umfassenden Missionierung und intensiven Förderung des Klosterwesens einher. Die zahlreichen Eroberungen und die Notwendigkeit, das riesige Territorium gegen Feinde zu verteidigen, erforderten zugleich Veränderungen in der Kriegführung. Der vermehrte Einsatz schwer bewaffneter Reiter führte zur Herausbildung des Ritterstandes, der die Gestalt der mittelalterlichen Gesellschaft über Jahrhunderte hinweg prägen und politisch beeinflussen sollte. In enger Verbindung damit stand die Ausprägung des sogenannten Lehenswesens, in dem Grundherren den Bauern Schutz gegen die Abtretung von Land und dessen Erträge gewährten. Langfristig war es den karolingischen Herrschern nicht möglich, ein einheitliches Reich zu bewahren, denn nach traditionellem Erbrecht musste der Grundbesitz stets unter den erbberechtigten Nachfolgern aufgeteilt werden. So kam es zu verschiedenen Reichsteilungen, die schließlich den Weg zur Entwicklung des sogenannten Ostfränkischen Reiches zu einem eigenständigen »deutschen Reich« rechts des Rheins bereiteten. Nachdem der letzte ostfränkische König zu Beginn des 10. Jh. ohne Thronfolger gestorben war, fiel die Verantwortung zur Einsetzung eines neuen Herrschers auf die mächtigsten weltlichen und geistlichen Fürsten. Fortan bestimmte das Kräftemessen zwischen dem König und den Fürsten, von denen er gewählt worden war, die Möglichkeiten der königlichen Machtentfaltung und die politische Entwicklung des Reiches. 17 »Kein Krieg, den das Volk der Franken unternahm, ist mit solcher Ausdauer, Erbitterung und Anstrengung geführt worden.« Der fränkische Gelehrte Einhard (»Leben Karls des Großen«) über die Sachsenkriege Antike und Völkerwanderungszeit Kelten »Keltenfürst vom Glauberg« mit Blattkrone und Halsring (500 v. Chr., Museum der »Keltenwelt am Glauberg«) Während der späten Eisenzeit wurden weite Teile Europas von den Kelten beherrscht. Von ihren angestammten Siedlungsgebieten im heutigen Süddeutschland und Ostfrankreich erweiterten sie ihren Einflussbereich im Lauf des 5. Jh. v. Chr. bis auf die Iberische Halbinsel und nach Südengland sowie auf den Balkan bis hin zum Bosporus. Archäologische Stücke wie die in den 1990erJahren in Hessen gefundene lebensgroße Sandsteinstatue des »Fürsten vom Glauberg« zeugen von der keltischen Hochkultur, die bis heute noch nicht völlig erforscht ist. Obwohl die Kelten eine gemeinsame Sprache besaßen, bildete sich offenbar zu keiner Zeit eine politische Einheit unter einer gemeinsamen Oberherrschaft heraus. Vielmehr wurden die voneinander unabhängigen Stämme zunächst von Königen regiert, die ihre Macht immer mehr zugunsten der sich herausbildenden adligen Führungsschicht einbüßten. Die Druiden spielten nicht nur als Priester, sondern auch in politischen Belangen eine herausragende Rolle in der keltischen Gesellschaft. Die religiösen Vorstellungen und Praktiken der Kelten spiegeln ihre enge Verbundenheit mit der Natur wider. So weisen die erhaltenen Darstellungen keltischer Gottheiten, etwa eines bärtigen Mannes mit Hirschgeweih, enge Bezüge zur Tierwelt auf. Die Kelten lebten zumeist in kleineren Dorfgemeinschaften. Landwirtschaft und Viehzucht bildeten die wirtschaftlichen Grundpfeiler. Allerdings existierten auch stadtähnliche Siedlungen, die in den Werken römischer Geschichtsschreiber »oppida« (Singular: oppidum) genannt werden. An einem Verkehrsknotenpunkt gelegen, entwickelte sich das Oppidum von Manching in Oberbayern im 2 . Jh. v. Chr. zu einem Zentrum von Handwerk und Handel. Das Vorkommen von Eisenerz im benachbarten Feilenmoos lieferte den Rohstoff für eine blühende Metallverarbeitung. Daneben bildeten die Töpferei, Knochenschnitzerei und Glasherstellung die wichtigsten Gewerbezweige. Besondere wirtschaftliche Bedeutung kam der Stadt als Münzstätte zu. Eine mehr als sieben Kilometer lange Mauer aus Erde, Holz und Steinen 18 umschloss die Stadt, die sich auf rund 380 Hektar erstreckte. Wie Manching dienten auch kleinere Oppida mit ihren Wall- und Grabenanlagen, deren Überreste bis heute mancherorts noch sichtbar sind, der Bevölkerung des Umlandes als Zufluchtsstätten in Kriegszeiten. Waffen und Schmuck, die bei den Ausgrabungen ebenfalls entdeckt wurden, belegen die Kunstfertigkeit der keltischen Handwerker. Im 4. Jh. v. Chr. ließen sich Keltenstämme südlich der Alpen nieder. Um das Jahr 387 v. Chr. drangen keltische Krieger bis nach Rom vor. Nach der Schilderung des römischen Chronisten Titus Livius entging die Stadt nur knapp der vollständigen Eroberung und Plünderung, weil die schlafenden Römer vom aufgeregten Geschnatter der heiligen Gänse des Kapitolshügels gewarnt wurden. Mit der Ausweitung der römischen Vormachtstellung wurden auch die Kelten in Italien während des 3. Jh. v. Chr. unterworfen. Der Vorstoß römischer Legionen ins Voralpenland und die Eroberung Galliens unter Führung von Gaius Iulius Caesar bereiteten der keltischen Eigenständigkeit im 1. Jh. v. Chr. das Ende. Germanen Nördlich und östlich der keltischen Siedlungsgebiete lebten germanische Stämme. Die griechischen und römischen Geschichtsschreiber, die in ihren Werken von den »Germanen« berichten, verwendeten diese Bezeichnung zunächst keineswegs einheitlich. Um die Mitte des 1. Jh. v. Chr. unterschied Caesar in seinem Werk »Der gallische Krieg« deutlich zwischen den Kelten (»Galliern«, wie sie für das Gebiet des heutigen Frankreich genannt werden) und den Germanen, indem er Germanien östlich des Rheins verortete. Wie auch die »Kelten« – die Bezeichnung ging aus dem Namen »keltoi« hervor, wie griechische Schriftsteller im 6./5. Jh. v. Chr. die an Donau und Rhône lebenden Stämme nannten – erhielten also auch die »Germanen« ihren historischen Sammelnamen durch Fremde, die ihnen begegneten. Wenngleich die Germanen in der Antike nie eine politische Einheit unter einer überge- 1. Jh. – 919 römische Provinzgrenzen römische Provinznamen n Elbgermanen n an go Angri ba rde ten germanische L u W Rhein or Do Bodensee Raetia We ich se a n d a l e n annen arkom ordneten Herrschaft entwickelten, so zeigen unter anderem die Ereignisse im Umfeld der Varusschlacht, dass sich einzelne Stämme zu größeren Verbänden zusammenschlossen. An der Spitze solcher Stammesverbände standen Adlige wie der Cherusker Arminius. Die wachsende Bedeutung dieser Heerführer führte im 1. Jh. zur Herausbildung einer führenden Schicht. In diesem Rahmen kam den Herrschern ebenso militärische wie richterliche Funktion zu. Die germanische Gesellschaft bestand aus Freien, Halbfreien sowie rechtlosen Sklaven. Die Freien übten auf ihren Versammlungen (Thing) ein Mitspracherecht in Belangen der Gemeinschaft aus und wählten unter sich einen Anführer. Will man den Ausführungen des Tacitus in seiner »Germania« glauben, war bei den Germanen bereits eine monogame Lebensweise üblich. In den patriar­ chalisch strukturierten Siedlungsgemeinschaften kam den Sippen eine wichtige Bedeutung zu. Die germanischen Siedlungen bestanden aus hölzernen Langhäusern, in denen die Großfamilie gemeinsam mit ihren halb freien Knechten, den Sklaven und dem Vieh lebte. Die Dörfer waren in der Regel klein und zählten weit weniger Bewohner als die keltischen Oppida. Landwirtschaft und Viehzucht bil- I om rk Castra Batava (Passau) AugustaVindelicorum (Augsburg) Cambodunum (Kempten) an Castra Regina (Regensburg) Abusina Ma rch ne n E lbe Ma u na Iller sel Mo Sup i er r M Christi Geburt g i e r Confluentes (Koblenz) Tr i b o ke Goten Stämme um e Warth Hermunduren Aquae Mattiacae Main (Wiesbaden) Mogontiacum nn en (Mainz) Augusta oma ark Treverorum r M a k Nec (Trier) a Noviomagus en (Speyer) s w e b Divodurum (Metz) Argentorate (Straßburg) Germania Nordgermanen Saale Ma as Chat Oder-WartheGermanen nder gu ur N e Alesia B Oder- und Weichselmündungsgermanen en Got Oder Lech Ma r n Te n k t e r e r n i c Durocortorum (Reims) Semnonen er ei Rh B e l g m Ubier Ger n r C h e r u s ke r Colonia Agrippinensis (Köln) Inferior ania vari Rugie l ven ama Bataver Ch Brukterer Sugambrer Castra Vetera (Xanten) Usipeter Warnen Elbe Ems L en C h a u kWe e nA ser mp e s s i i v a rier r F r Chasuarie ar ist en Vindobona (Wien) Lauriacum Carnuntum (Enns) Noricum Qu Pannonia aden The iß 200 km Aduatuca (Tongern) Nordseegermanen Rhein-WeserGermanen nn Raetia 0 O s t s e e l ge e An hs Sac Limes Donau Aquincum deten die Lebensgrundlage der Germanen. Caesar zufolge bestand ihre Nahrung hauptsächlich aus Milch, Käse und Fleisch. Archäologische Zeugnisse belegen handwerkliche Tätigkeiten der Germanen. Zu diesen zählten vornehmlich die Metallverarbeitung und die Töpferei. Für den Warenaustausch mit den Römern sprechen Funde römischer Erzeugnisse und Münzen. Die wichtigsten Handelsgüter aus Germanien waren dabei wohl Honig, Wachs, Leder, Pelze und Bernstein. Blondes Frauenhaar zur Anfertigung von Perücken soll bei vornehmen Römerinnen äußerst begehrt gewesen sein. Die religiösen Vorstellungen und Kulte der Germanen waren insgesamt stark von der Verbundenheit mit der Natur geprägt, variierten jedoch nach Stamm und Siedlungsgebiet. Caesar betonte, dass die Germanen im Gegensatz zu den Kelten keine Druiden besäßen und ihre Götter ausschließlich aus sichtbaren Naturzeichen wie der Sonne, dem Mond oder dem Feuer herleiteten. In der später überlieferten nordischen Mythologie erscheinen unter anderen der Göttervater Odin/Wotan, der Donnergott Thor/Donar und die Liebesgöttin Freyja/Frigg. Als Kultplätze dienten heilige Haine, Seen oder Moore, an denen holzgeschnitzte Pfahlgötter aufgestellt und Opfer dargebracht wurden. 19 Um die Grenze ihres Herrschaftsgebiets zu kontrollieren, erbauten die Römer ab etwa 90 n. Chr. den ObergermanischRätischen Limes, der sich zwischen dem Imperium Romanum und dem »freien Germanien« über ca. 550 km von Bad Hönningen am Rhein bis zum heutigen Regensburg erstreckte. Antike und Völkerwanderungszeit Römisches geRmAnien Das »hermannsdenkmal« bei Detmold (1838 –1875) erinnert an den cherusker Arminius und die »Varusschlacht«. ArMinius war der sohn eines cheruskerfürsten — stand als Angehöriger einer berittenen einheit in den Diensten der Römer und besaß das römische Bürgerrecht — Führte 9 n. chr. Krieger verschiedener stämme zum Aufstand gegen Rom zusammen und vernichtete mit ihnen drei römische Legionen — wurde um 21 n. chr. nach Konflikten in der eigenen sippe ermordet Um 120 v. Chr. verließen die germanischen Stämme der Kimbern und Teutonen ihre angestammten Siedlungsgebiete im heutigen Dänemark. Auf ihrem Zug nach Süden besiegten sie 113 v. Chr. zwei römische Legionen in den Ostalpen bei Noreia im heutigen Kärnten. Während die Teutonen sich in der Folgezeit nach Gallien wandten, drangen die Kimbern bis in die Poebene vor. Schließlich gelang es Gaius Marius und Quintus Lutatius Catulus, die germanischen Invasoren mit ihrem Heer vernichtend zu schlagen. Der Einfall der Kimbern in Oberitalien bildete den Auftakt zu einem jahrhundertelangen Ringen der Römer, die Bedrohung des Imperiums durch die Germanen abzuwehren. Um 70 v. Chr. überquerten germanische Stammesverbände unter Führung des Ariovist den Oberrhein, bedrängten die keltischen Helvetier und stießen nach Gallien vor. Als römischer Prokonsul (Statthalter) in Gallien nahm Caesar diese Ereignisse zum Anlass, um zwischen 58 und 51 v. Chr. zunächst die germanischen Eindringlinge zurückzuschlagen und dann ganz Gallien zu unterwerfen. Unter der Herrschaft des ersten Kaisers Augustus wurde die römische Expansion nördlich der Alpen weiter vorangetrieben. Drusus und Tiberius, seine Stiefsöhne, führten die Legionen im Jahr 15 v. Chr. bis an die Donau und gründeten in der neu eingerichteten Provinz Rätien (Raetia) das Kastell Augusta Vindelicorum (Augsburg). Weitere Militärlager wurden entlang des Rheins und der Mosel eingerichtet. Zwischen 12 und 9 v. Chr. führte Drusus Feldzüge gegen die germanischen Stämme. Nach seinem Tod führte Tiberius die Unternehmungen fort und dehnte den Einfluss Roms zu Beginn des 1. Jh. n. Chr. bis zur Elbe aus. Auf dem Weg ins Winterlager geriet der römische Feldherr Publius Quinctilius Varus im Jahr 9 n. Chr. mit drei Legionen in einen Hinterhalt der Germanen unter Führung des Arminius. Nach dieser verheerenden Niederlage gaben die Römer ihre nördlichen Vorposten auf, zeigten jedoch auch weiterhin militärische Präsenz und unternahmen gelegentliche Feldzüge in germanisches Gebiet. 20 Gegen Ende des 1. Jh. begannen die Römer, ihre Grenzen nach Germanien an Rhein und Donau mit Wallanlagen, Palisaden, Wachtürmen und Kastellen zu sichern; das Herzstück dieser Grenzbefestigung bildete der ca. 550 km lange Limes. Er diente vor allem der Kontrolle des Warenverkehrs zwischen den römischen Provinzen im Süden und Germanien und weniger als schützendes Bollwerk. Konnten die Römer in den Markomannenkriegen zwischen 166 und 180 die germanischen Einfälle auf das Gebiet des Imperium Romanum abwehren, so hielt der Limes dem weiteren Ansturm nicht stand. Nach dem Vorstoß der Alemannen um 259/260 gab Rom seine Grenzbefestigung auf. Am Ende des 3 . Jh. ordnete Kaiser Diokletian die Teilung des Römischen Reiches in eine Ost- und eine Westhälfte an, die jeweils von einem »Augustus« sowie einem »Caesar« als dessen Unterregenten beherrscht werden sollten (Tetrarchie). Constantius I., Augustus des Westreichs, wählte 306 Trier an der Mosel zu seiner Residenz. Sein Sohn, Kaiser Konstantin I., der Große, knüpfte an das Werk seines Vaters an und sorgte für den weiteren Ausbau der Stadt, die als Wirtschafts- und Kulturmetropole mit geschätzten 80.000 Einwohnern auch »Rom des Nordens« genannt wurde. VöLKeRwAnDeRung Mit dem Einfall der Hunnen, kriegerischer Reiternomaden aus dem Norden Chinas, in das Reich der germanischen Ostgoten im Süden Russlands und der Ukraine setzte 375 die sogenannte große Völkerwanderung in Europa ein. In der neueren Forschung geht man inzwischen davon aus, dass vor allem mehr oder weniger große und aus verschiedenen Ethnien bestehende Kriegerverbände an den ausgedehnten Migrationsbewegungen beteiligt waren. Die Verschmelzung dieser Gruppen zu Völkerschaften (gentes) unter Herausbildung einer gemeinsamen Identität erfolgte in einem allmählichen Prozess. Nach ihrer erneuten Sesshaftwerdung bildeten sich voneinander unabhängige Herrschaftsgebiete unterschiedlicher Größe (regna, Singular: reg- 1. Jh. – 919 Die im Taunus bei Bad Homburg liegende Saalburg gilt als eines der am besten rekonstruierten Römerkastelle des Limes. num, wörtlich Reich) wie etwa das der Bajuwaren, der Schwaben oder der Franken heraus, die in der Folgezeit ihr Recht schriftlich niederlegten. Auf der Flucht vor dem Ansturm der Hunnen bedrängten west- und ostgotische sowie alanische Krieger die Grenzen des Imperium Romanum an der Donau und besiegten 378 in der Schlacht bei Adrianopel, dem heutigen Edirne in der Türkei, das römische Heer. In der Folge gewährte Kaiser Theodosius I. den Westgoten per Vertrag (foedus) die Ansiedlung auf dem Reichsgebiet. Unter Führung ihres Königs Alarich stürmten und plünderten die Westgoten 410 Rom. Danach zogen sie in den Südwesten Galliens weiter, wo sie als »Föderaten« ansässig wurden und Toulouse zu ihrer Hauptstadt machten. Um 407 brachen die Vandalen aus ihren angestammten Gebieten an der Theiß im Verbund mit Sweben und Alanen in Richtung Gallien auf. Die Römer vermochten den Eindringlingen kaum militärischen Widerstand entgegenzubringen, da die Legionen bereits im Kampf gegen die Goten in Italien gebunden waren. Auf ihrem Zug in Richtung der Iberischen Halbinsel hinterließen die germanischen Krieger in Gallien eine Spur der Verwüstung. Der weströmische Heermeister Flavius Aetius vernichtete 437 das germanische Burgunderreich am linken Mittelrhein mit dessen Hauptstadt Worms – sein Untergang lieferte den historischen Stoff für das im 13. Jh. entstandene »Nibelungenlied«, das wohl bekannteste mittelalterliche Heldenepos. Nachdem der weströmische Kaiser Valen­­ tinian III. der Forderung des hunnischen Königs Attila nicht nachgab, ihm seine Schwester Honoria zur Frau zu geben und die Hälfte seines Reiches abzutreten, fielen die Hunnen mit ihren germanischen Verbündeten in Gallien ein. In der Schlacht auf den Katalaunischen Feldern im heutigen Ostfrankreich brach Flavius Aetius mit seinem Heer aus Westgoten, Franken, Bretonen, Burgundern und weiteren in Gallien lebenden Föderaten 451 die hunnische Machtstellung in Europa. Bald nach dem Tod Attilas 453 zogen sich die Hunnen nach Osten zurück. Der Ostgotenkönig Theoderich der Große begann nach der Beseitigung des selbst ernannten Königs von Italien Odoaker, der 476 den letzten weströmischen Kaiser vom Thron gestürzt hatte, ab 493 mit dem Aufbau des Ostgotischen Reiches um die Hauptstadt ­Ravenna. 21 Varusschlacht Römischen Geschichtsschreibern zufolge wurden im Jahr 9 n. Chr. drei römische Legionen des Publius Quinctilius Varus von den Germanen unter Führung des Cheruskers Arminius in einem dichten Waldgebiet in einen Hinterhalt gelockt und vernichtet. Ende der 1980 er-Jahre wurden in Kalkriese bei Osnabrück archäologische Zeugnisse von Kämpfen zwischen Römern und Germanen zutage gefördert. Ob die Befunde ausreichen, den Ort als Schauplatz der »Varusschlacht« zu identifizieren, gilt unter den Historikern als nicht geklärt. Antike und Völkerwanderungszeit Christianisierung der Germanen Bonifatius War ein angelsäch­ sischer Mönch namens Winfried — Kam zu Beginn des 8. Jh. als Missionar zu seinem Landsmann Willibrord nach Utrecht — Wurde von Papst ­Gregor II. 719 mit der Christianisierung Germaniens betraut — Fällte die Donareiche bei Geismar, Mittelpunkt einer germanischen Kultstätte — Erlitt 754 in Friesland den Märtyrertod — Ist bekannt als der »Apostel der ­Deutschen« Bereits vor dem Verbot aller heidnischen Kulte durch Theodosius I. 391 waren die Germanen mit dem Christentum in Berührung gekommen. Zur Übersetzung der Bibel aus dem Griechischen ins Gotische schuf Bischof Wulfila um 370 ein eigenes gotisches Alphabet und wurde zum Wegbereiter des neuen Glaubens bei den Goten. Im frühen 7. Jh. begann dann verstärkt die Christianisierung der Germanen, nun vor allem durch Mönche von den Britischen Inseln. Für sie galt es als Zeichen höchster Frömmigkeit, die Heimat zu verlassen und auf Wanderungen in der Fremde (peregrinatio) die christliche Botschaft zu verbreiten. Vorreiter war der Ire Columban der Jüngere, der um 590 auf den Kontinent kam. Unterstützt von den merowingischen Herrschern gründete der irische Missionar Klöster in Annegray, ­Luxeuil und Fontaines. Um 610 wirkte er zunächst im Gebiet der Alemannen, um schließlich die Katholisierung der arianischen Langobarden in Italien einzuleiten. Die Nachfolger Columbans trieben die Christianisierung in der Folgezeit weiter voran. In der Nähe des Bischofssitzes Konstanz am Bodensee rief sein Schüler Gallus eine Einsiedelei ins Leben, die die Keimzelle für das Kloster Sankt Gallen bildete. Auf dem Gebiet des heutigen Bayern führten im 7. Jh. zunächst Kilian in Würzburg sowie Emmeram in Regensburg das Werk ihrer Vorgänger fort. Im 8. Jh. wirkten die Missionare Rupert in Salzburg, Korbinian in Freising und schließlich als später Vertreter der irischen Mission der 753 verstorbene Pirmin, Gründer der Bodenseeabtei Reichenau. Durch die Klostergründungen an den Rändern des Fränkischen Reiches wurden wesentliche Voraussetzungen für die weitere Christianisierung geschaffen. Als spirituelle, geistige und kulturelle Zentren dienten die Klöster der nachhaltigen Verankerung des christlichen Glaubens in der germanischen Gesellschaft. Am Ende des 7. Jh. setzte eine zweite Christianisierungswelle im Bereich des heutigen Deutschland ein. Ihr Ziel war die Bekehrung der Völker nördlich und östlich des Rheins. Das Werk des angelsächsischen Missionars 22 Wilfrith, der 678 begonnen hatte, das Evangelium unter den Friesen zu verbreiten, wurde von seinem Schüler Willibrord fortgesetzt. Dieser erhielt 692 den päpstlichen Auftrag zur weiteren Missionierung. Der fränkische Hausmeier Pippin der Mittlere förderte Willibrords Tätigkeit nach Kräften und setzte sich beim Papst für die Weihe des Angelsachsen zum Erzbischof »für das Volk der Friesen« ein. Bischofssitz wurde Utrecht, wo in der Folgezeit der Bau eines Klosters und einer Kathedrale begonnen wurde. Die bedeutendste Klostergründung unter Willibrord erfolgte 698 im heute luxemburgischen Echternach. Neuen Auftrieb erhielt die Christianisierung Germaniens durch den in Südengland geborenen Winfried, der 719 von Papst Gregor II. mit der Mission betraut wurde und als Zeichen seiner besonderen Verbundenheit mit dem Heiligen Stuhl den lateinischen Namen Bonifatius (»der gutes Schicksal bringt«) erhielt. Seine missionarische Entschlossenheit stellte er – so die Berichte – dadurch unter Beweis, dass er die Donareiche in Geismar fällte und damit die heidnische Kultstätte zerstörte. Trotz aller Bemühungen um die Einrichtung neuer Bistümer und die Anwerbung von Missionaren dauerte es weit über den Tod des Bonifatius im Jahr 754 hinaus, bis der christliche Glaube im Norden Deutschlands gefestigt war. Fränkisches Reich Der Franke Chlodwig I. aus dem Geschlecht der Merowinger regierte ab 481/482 als Kleinkönig in Tournai. Dadurch fiel ihm zugleich die Verwaltung über die römische Provinz Belgica Secunda zu, deren südlicher Teil jedoch zum Gebiet des weströmischen Heermeisters Syagrius zählte. Vier Jahre nach seinem Herrschaftsantritt zog Chlodwig mit seinen fränkischen Verbündeten gegen Syagrius zu Feld und besiegte ihn 486/487 in der Schlacht bei Soissons. Dieser Sieg legte den Grundstein für die Entstehung des Frankenreiches. Dank Chlodwigs Taufe in Reims, deren genaues Jahr strittig ist – 496, 498 oder 508 –, erhöhte sich die Bedeutung der Kirche für die politische und gesellschaftliche Ausgestaltung 1. Jh. – 919 Dänen 810 Grenze der Teilreiche nach dem Vertrag von Verdun (843) fränkisches Kerngebiet Eroberungen unter Chlodwig I. Bremen 4 73 s e n ie Fr Eroberungen unter Chlodwigs Söhnen Osnabrück 772/804 Sachsen Wi lze Teilung Lotharingiens nach dem Vertrag von Meerssen (870) n Magdeburg Die Zahlen bezeichnen das Jahr Minden der Besitzergreifung. HildesHalberstadt Münster heim Paderborn Thüringen Köln Meerssen Büraburg Erfurt Tournai Herstal Aachen 531 r Arras Fulda Cambrai A u s t r a s i e n So Tertry Mainz Tschechen Trier IngelRouen Ribemont Morawe heim Worms Verdun Soissons r Regensburg 496 Reims Metz 486 Toul Paris Eroberungen bis zum Tode Karls des Großen Dorestad Nimwegen Tours Nantes Vouillé u Clermont Bordeaux im pt Se Narbonne M I T T E LM E E R Barcelona an be ar l Ravenna Se Kirchenstaat i rb en Split t de is 77 n r e c 4 eic h n h) e s Spoleto Ki M rc e he e r ns Korsika t a Herzogtum Rom a t Benevent a 200 km i e n 759 Arles 536n c e a n 37/ ve 7 Pro an a go b en Venedig i 0 Kroat Mailand r Saragossa Gr Spa afs nis ch ch 795 a f t e e n Pavia Turin ( L Mark d Roncesvalles Kärnten A n i e Gascogne 531 Toulouse Pannonische 791/796 Awaren Salzburg t n Basken Ostm ark a y 536 e r n Genf Lyon Vienne 531 B S 536 I OZEAN q 7 a 50 t i ATLANTISCHER d n u 4 r g 53 B u 32/ 5 A A Besançon Autun Poitiers 506 m Angers Straßburg le Orléans wa Neustrien ch 786/799 i s o n rk et a Br M Elsass ch e Bretonen ( Armorica ) ne n n be n abhängige Völker Theodiscus Benevent Beherrscht von den Dynastien der Merowinger und Karolinger, vereinte das Fränkische Reich das römische Gallien und rechtsrheinische germanische Siedlungsgebiete. Durch Teilung entstanden aus ihm am Ende des 9. Jh. das Westfränkische Reich und das Ostfränkische Reich (der frühmittelalterliche Vorläufer des Heiligen Römischen Reiches). des Reiches entscheidend. Mit der Wahl des römischen Ritus brachte der König sein herrschaftliches Selbstverständnis zum Ausdruck und grenzte sich von der reli­giösen Praxis der germanischen Nachbarreiche ab, in denen das arianische Christentum vorherrschend war, eine Glaubenslehre, die sich in wesentlichen Punkten vom römischen Katholizismus unterschied. Darüber hinaus erleichterte die Hinwendung zum katholischen Glauben das Zusammenleben der romanischen mit den germanischen Bewohnern des Frankenreiches und stabilisierte so die Herrschaft. Chlodwigs Sieg über den westgotischen König Alarich II. in der Schlacht bei Vouillé im Sommer 507 führte zu großen Gebietsgewinnen. Nach der anschließenden Eroberung Westgalliens durch die Franken zogen sich die Westgoten auf die Iberische Halbinsel zurück. Bis zu seinem Tod 511 schuf Chlodwig so ein fränkisches Großreich, das von den Pyrenäen bis jenseits des Rheins und vom Atlantik bis zur Provence reichte. Dem traditionellen Erbrecht gemäß wurde das Gebiet unter den Söhnen des Königs aufgeteilt. Mehr als zwei Jahrhunderte lang herrschte die Dynastie der Merowinger; nach dem Tod König Dagoberts I. (638 oder 639) verfiel ihre Macht jedoch zusehends. Stattdessen lenkten die an Einfluss und Macht gewinnenden Hausmeier aus dem Geschlecht der Karolinger immer stärker die politischen Geschicke des Frankenreiches und zogen allmählich die Herrschaft an sich. Der Hausmeier Karl Martell wehrte 732 mit seinem Sieg über ein arabisch-berberisches Heer in der Schlacht bei Tours und Poitiers ein weiteres Vordringen der Muslime in Westeuropa ab. Zwar nahm Karl auch nach dem Tod des merowingischen Königs Theuderich IV. 737 den Königstitel nicht an, teilte aber kurz vor seinem Tod 741 das Frankenreich wie ein 23 Das Wort »theodiscus« erschien erstmals in einem Schriftstück Karls des Großen; es ist eine mittellateinische Ableitung von dem germanischen Sub­ stantiv »thiot« (Volk). Mit »theodisca lingua« wurde die fränkische Umgangssprache im Unterschied zum Latein der Romanen bezeichnet. Dem Geschichtsschreiber Einhard zufolge war sie die Muttersprache Karls des Großen. Später wurde die Bezeichnung »theodiscus« im Ostfränkischen Reich durch die althochdeutsche Form »diutisk« (deutsch) abgelöst.