Prof. A. Togni, D-CHAB, HCI H 239 AC I (AC) – HS 2011 – Übungen + Lösungen – Serie 11 Koordinationschemie – B Vorbemerkung: Die Aufgaben 1. und 2. befassen sich mit Gleichgewichtsberechnungen mit schwerlöslichen Salzen (siehe Praktikum) bzw. mit dem Löslichkeitsprodukt. Dieses Kapitel, ursprünglich als Kapitel 5 der Vorlesung vorgesehen, ist nun in Kapitel 4 (Komplexe) integriert und nur summarisch auf Folie 25 behandelt. 1. Silberbromid und Silberrhodanid (SCN–-Anion) sind zwei schwerlösliche Salze mit ähnlichen Löslichkeitsprodukten (KSO(AgBr) = 5.0⋅10–13; KSO(AgSCN) = 1.0⋅10–12). Berechnen Sie die Konzentration aller beteiligten Spezies im Gleichgewicht, nachdem die festen Salze gemeinsam in Wasser aufgeschlemmt wurden und sich Gleichgewicht eingestellt hat. Lösung Gegeben sind die zwei Löslichkeitsprodukte: KSO(AgBr) = [Ag+][Br–] = 5.0⋅10–13 KSO(AgSCN) = [Ag+][SCN–]= 1.0⋅10–12 Ferner gilt die Ladungsbilanz gelöster Spezies (unter strikt pH-neutralen Bedingungen): [Ag+] = [Br–] + [SCN–] Somit sind bereits drei Gleichungen für drei Unbekannte gegeben. Einsetzen ergibt: [Ag+] = (KSO(AgBr)/[Ag+]) + (KSO(AgSCN)/ [Ag+]) oder [Ag+]2 = KSO(AgBr) + KSO(AgSCN) ½ ⇒ [Ag+] = {KSO(AgBr) + KSO(AgSCN)} = 1.22⋅10–6 M Durch Einsetzen werden [Br–] = 4.10⋅10–7 M und [SCN–] = 8.20⋅10–7 M ermittelt. 2. Die Löslichkeit von Cadmiumiodat (Cd(IO3)2) beträgt bei 20°C i) in reinem Wasser 4.03⋅10–4 mol/L und ii) in 0.1 M Cd(NO3)2-Lösung 6.3⋅10–5 mol/L. a) Berechnen Sie das Löslichkeitsprodukt Kso von Cadmiumiodat aus den Angaben für Lösung i) und für Lösung ii). Geben Sie eine qualitative Erklärung für den gefundenen Unterschied. b) Wird die Löslichkeit von Cd(IO3)2 in 0.1 M KBr, grösser oder kleiner sein als in H2O ? Warum ? 1 Lösung – a) Cadmiumiodat in H2O ergibt: [Cd2+] = 4.03⋅10–4 M und [IO3 ] = 2[Cd2+] = 8.06⋅10–4 M; – daraus resultiert: Kso = [Cd2+]⋅([IO3 ])2 = 2.618⋅10–10 – Cadmiumiodat in 0.1 M Cd(NO3)2 ergibt: [Cd2+] = 0.1 M und [IO3 ] = 2⋅6.3⋅10–5 M = 1.26⋅10–4 M; daraus resultiert : Kso = [Cd2+]⋅([IO3–])2 = 1.588⋅10–9 Der Unterschied lässt sich durch die unterschiedliche Ionenstärke der zwei Lösungen erklären. b) Die Löslichkeit von Cadmiumiodat in 0.1 M KBr wird grösser sein als in Wasser. Grund: Bildung von Bromokomplexen (CdBrn(2-x)+; x = 1-4), die Cd2+ dem Löslichkeitsgleichgewicht entziehen (siehe auch Folien 17-19). 3. Bestimmen Sie die d-Elektronenkonfiguration (d0, d1,….., d10) des Übergangsmetallzentrums in folgenden Komplexen: a) [PtF6]; b) [Pt(PEt3)3]; c) [PtH(PEt3)3]+; d) [PtH2(PEt3)2]; e) [PtCl(CH3)3]4; f) trans-[PtCl(SnCl3)(PEt3)2]; g) [NEt4][Nb(CO)6]; h) K2[NbF7]; i) [IrCl3(PPh3)3]; j) [ReCl3(PPh3)3]; k) [Mn(EDTA)(OH2)]2–; l) [VO(acac)2]; m) [WH2(Cp)2] Lösung 4 a) [PtF6], Pt(+VI), oktaedrisch, d b) [Pt(PEt3)3] , Pt , trigonal-planar, d (0) + (+II) C 10 , quadratisch-planar, d Pt 8 Cl c) [PtH(PEt3)3] , Pt d) [PtH2(PEt3)2], Pt(+II), quadratisch-planar, d e) [PtCl(CH3)3]4, Pt(+IV), oktaedrisch mit (μ3-Cl)6 Liganden (siehe abgebildete Struktur), d f) trans-[PtCl(SnCl3)(PEt3)2], Pt(+II), quadratisch-planar 8 (SnCl3–-Ligand durch Sn-Atom an Pt gebunden) , d g) [NEt4][Nb(CO)6], Nb , oktaedrisch, d ; h) K2[NbF7], Nb(+V), überkappt trigonal-prismatisch, d i) [IrCl3(PPh3)3], Ir(+III), oktaedrisch, d j) [ReCl3(PPh3)3], Re(+III), oktaedrisch, d k) [Mn(EDTA)(OH2)]2–, Mn(+II), pentagonal-bipyramidal, d ; l) [VO(acac)2], V(IV), quadratisch-pyramidal, d m) [WH2(Cp)2], W(+IV), pseudo tetraedrisch (Cp– = [η5-C5H5]–, siehe Folie 7), d 8 [PtCl(CH3)3]4 6 (–I) 0 6 4 5 1 2 2 4. Gewisse Ni-Komplexe des Typs [NiX2(PR3)2] – X– ist ein Halogenidoligand, R = Alkyl- oder Arylgruppe – existieren in zwei Formen (siehe M.C. Browning et al. J. Chem. Soc. 1962, 693). Die rotfarbige Form ist diamagnetisch, d.h sie enthält keine ungepaarten Elektronen. Die grün-blaue Form ist paramagnetisch und muss deswegen ungepaarte Elektronen aufweisen. Machen Sie Aussagen über die Struktur/Geometrie der zwei Isomeren unter Berücksichtigung ihres magnetischen Verhaltens. Lösung Für Komplexe des Typs [NiX2(PR3)2], oder genereller [ML4], gibt es entweder eine quadratisch-planare oder eine tetraedrische Anordnung der vier Liganden um das Metallzentrum. Bei der quadratisch-planaren Geometrie gibt es zusätzlich für [NiX2(PR3)2] zwei Isomere, cis und trans. tetraedrisch quadratisch-planar X R3P Ni X X X PR3 Ni PR3 PR3 X Ni PR3 PR3 cis trans X Hier handelt es sich um Ni(+II)-Komplexe, die deshalb eine d8-Elektronenkonfiguration des Metallions aufweisen. Die Verteilung der 8 Elektronen im tetraedrischen bzw. quadratischplanaren Ligandenfeld ergibt sich wie abgebildet. Es ist klar zu erkennen, dass für eine d8Elektronenkonfiguration die quadratisch-planare Geometrie nur zu diamagnetischen Verbindungen führen kann. Zwei ungepaarte Elektronen könnte man nur durch die Beförderung eines Elektrons in das energetisch sehr hochliegende dx2-y2-Orbital erreichen. Die cis- und trans-Isomere im quadratisch-planaren Fall weisen grundsätzlich eine ähnliche Elektronenkonfiguration und beide sind diamagnetisch. Paramagnetische [NiX2(PR3)2]Komplexe müssen also eine tetraedrische Geometrie aufweisen. dx2-y2 t2 (dxy, dxz, dyz) dxy e (dx2-y2, dz2) dz2 dxz, dyz tetraedrische Ligandenfeldaufspaltung und Elektronenkonfiguration für ein d8-Metallion quadratisch-planare Ligandenfeldaufspaltung und Elektronenkonfiguration für ein d8-Metallion 3