Westfälische Wilhelms-Universität Münster Mathematisches Institut Übungen zur Vorlesung Elementare Geometrie Sommersemester 2010 Musterlösung zu Blatt 12 vom 5. Juli 2010 apl. Prof. Dr. Lutz Hille Dr. Karin Halupczok erstellt von M. Holl, M. Möller, F. Springer, K. Halupczok Zu Aufgabe 1: Widerlegen Sie die folgenden falschen Behauptungen durch Angabe eines möglichst einfachen Gegenbeispiels: (a) Jede orthogonale Abbildung bildet einen Vektor 6= 0 auf sein Negatives ab. (b) Jede Gleitspiegelung ist die Komposition aus zwei zentrischen Streckungen. (c) Jede affine Abbildung bildet Kreise auf Kreise ab. (d) Jede Spiegelung, die ein regelmäßiges n-Eck auf sich abbildet, bildet auch mindestens einen der Eckpunkte auf sich ab. Lösung: R → R ist orthogonal, aber id(1) = 1 6= −1 (b): Betrachte R2 . Sei σ die Spiegelung an einer beliebigen (aber fest gewählten) Zu (a): id : Zu Achse. Dann ist σ eine Gleitspiegelung. Als orientierungsumkehrende Abbildung kann sie nicht Komposition zweier orientierungserhaltenden Abbildungen sein, insbesondere also nicht Komposition zweier zentrischer Streckungen. x 2 2 Zu (c): Man betrachte die lineare (und somit auch affine) Abbildung f : → , 7→ y 2x . Diese bildet Kreise auf echte Ellipsen ab. y R R Zu (d): Seien A, B, C, D die Eckpunkte eines Quadrats und σ die Spiegelung an der Geraden durch die Mittelpunkte von AB und CD. Dann gilt σ(ABCD) = ABCD, aber σ(X) = X für alle X ∈ {A, B, C, D}. 1 Zu Aufgabe 2: Einem Würfel der Kantenlänge a wird ein Tetraeder so einbeschrieben, dass die Tetraederkanten Diagonalen der Würfelflächen sind. Man betrachte eine Ebene, die im Abstand a parallel zu zwei Würfelseiten liegt. Zeigen Sie: 2 (a) Der Schnitt der Ebene mit dem Tetraeder ist ein Quadrat, dessen Seitenlänge die halbe Kantenlänge des Tetraeders beträgt. (b) Die Ebene schneidet das Tetraeder in zwei kongruente Teile. Lösung: Zu (a): O.B.d.A. sind die Koordinaten des Würfels die folgenden: (0, 0, 0), (a, 0, 0), (0, a, 0), (0, 0, a), (a, a, 0), (a, 0, a), (0, a, a), (a, a, a), des Tetraeders: (0, 0, 0), (a, a, 0), (0, a, a), (a, 0, a), und die Ebene ist gegeben durch: a 0 0 2 E = 0 + s 0 + t a2 a 0 0 2 Berechne nun die Schnittpunkte der Geraden, auf denen die Tetraederseiten liegen, mit dieser Ebene: a 1. Gerade durch (0, 0, 0), (a, 0, a) ist r 0 a a a a 0 0 2 2 r 0 = 0 + s 0 + t a2 ⇒ SP = 0 a a a 0 0 2 2 0 0 2. Gerade durch (0, 0, 0), (a, 0, a) ist r a ⇒ SP = a2 a a 2 a 0 a 3. Gerade durch (a, a, 0), (a, 0, a) ist 0 + r a ⇒ SP = a2 a a −a 2 a a a 2 0 ⇒ SP = a 4. Gerade durch (a, a, 0), (a, a, a) ist a + r a 0 −a 2 ⇒ Diese Schnittpunkte √ bilden, wie man leicht sieht oder nachrechnet, ein Quadrat mit Seitenlänge √a2 = 21 2a = 21 · Diagonalenlänge einer Fläche des Würfels = 12 Kantenlänge des Tetraeders. 2 Zu (b): Spiegelung an der aus (a) gegebenen Ebene lässt die Schnittpunkte aus (a) fix, da diese auf der Spiegelebene liegen, und schickt offensichtlich die Eckpunkte des Würfels auf die gegenüberliegenden Eckpunkte. Schließt man an diese Spiegelung noch eine Drehung um 90◦ um die Achse senkrecht zur Ebene durch zwei Flächenmittelpunkte an, so erkennt man, dass dadurch die beiden Tetraederteile ineinander übergehen. Dies ist offensichtlich eine Kongruenzabbildung. ⇒ Die beiden Teile sind kongruent. Zu Aufgabe 3: Auf die Seitenflächen eines Würfels der Kantenlänge a werden quadratische Pyramiden aufgesetzt. Wie hoch sind diese Pyramiden zu wählen, damit ein regelmäßiges Polyeder mit 12 kongruenten Rauten als Seitenflächen entsteht? Lösung: Wir betrachten das Dreieck, das durch die Mittelpunkte zweier gegenüberliegender Kanten auf einer Seitenfläche und die zugehörige Pyramidenspitze definiert ist. Dieses Dreieck muss gleichschenklig sein, damit die Pyramide gerade ist. Der Basiswinkel muss 45◦ groß sein, damit für die Seitenfläche der Pyramide mit der entsprechenden Seitenfläche der anliegenden Pyramide eine Raute entsteht und die beiden „Dreiecksflächen“ einen Winkel von 180◦ einschließen (90◦ + 45◦ + 45◦ , rechter Winkel des Würfels und die beiden Winkel der Dreiecke). Somit beträgt das Maß der Winkel des Dreiecks an der Pyramidenspitze ebenfalls 90◦ . Nach dem Satz des Thales liegt die Dreiecksspitze auf einem Halbkreis um den Mittelpunkt der Verbindungsstrecke (Länge a) und gerade über diesem. Die Höhe des Dreiecks entspricht also dem Radius des Thaleskreises, welcher a2 beträgt. Zu Aufgabe 4: Schreiben Sie die 12 Elemente der alternierenden Gruppe A4 als Produkt der Transpositionen (12), (13), (14). Lösung: 1 2 3 4 = (12)(12) 1 2 3 4 3 1 2 1 3 1 4 1 1 1 1 1 3 1 4 2 3 4 = (12)(34) = (12)(13)(14)(13) 1 4 3 Drehung um 180◦ um Ach2 3 4 = (13)(24) = (13)(12)(14)(12) sen durch Mittelpunkte ge4 1 2 genüberliegender Kanten 2 3 4 = (14)(23) = (14)(12)(13)(12) 3 2 1 2 3 4 = (24)(23) = (12)(14)(12)(12)(13)(12) = (12)(14)(13)(12) Drehung um 3 4 2 Symmetrieachse 2 3 4 = (23)(24) = (12)(13)(12)(12)(14)(12) = (12)(13)(14)(12) durch 1 4 2 3 2 3 4 = (14)(13) 2 4 1 Drehung um Symmetrieachse durch 2 2 3 4 = (13)(14) 2 1 3 1 2 1 4 2 3 4 = (14)(12) 4 3 1 Drehung um Symme trieachse durch 3 2 3 4 = (12)(14) 1 3 2 1 2 1 3 2 3 3 1 2 3 1 2 4 1 3 4 = (13)(12) 4 Drehung um Symmetrieachse durch 4 4 = (12)(13) 4 * Letzte Aufgabe * Welche Ornamentgruppe hat die folgende Figur als Fundamentalbereich? (a) (b) 4 2 Lösung: Zu (a): Zwei der Teile lassen sich mit zwei gespiegelten Teilen zu einem translativen Bereich zusammensetzen: Die eingezeichneten Geraden durch die Teile sind Achsen von Gleitspiegelungen, die das Muster in sich überführen. Es sind keine Spiegelungen oder Rotationen möglich, die dies schaffen. Daher haben wir die Ornamentgruppe pg vorliegen. Zu (b): Die Teile lassen sich so zusammensetzen, dass pro Teil drei Drehzentren erkennbar sind, die das Muster in sich überführen (dabei wird jeweils um 120◦ gedreht). Es sind keine Spiegelungen oder Gleitspiegelungen oder weitere Drehungen möglich, die das Muster in sich überführen. Daher haben wir die Ornamentgruppe p3 vorliegen. Die interaktive Webseite zum Malen in Ornamentgruppen: http://www.imaginary2008.de/interaktiv/Ornamente/Ornamente.html 5