5. Kartelle (kollektives Monopol) Fragen: • Warum enstehen Kartelle? • Welche Faktoren begünstigen ihre Entstehung bzw. ihren Niedergang? • Wie schädlich sind Kartelle? Gliederung 5.1. Anreizstruktur der Firmen 5.2. Kartellbildung 5.3. Kartellerhaltung 5.1. Anreizstruktur der Firmen Es besteht für die Firmen ein Anreiz, als Einheit gegenüber den Konsumenten aufzutreten, da eine Koordinierung des Angebots (= Angebotseinschränkung) für höhere Erlöse, niedrigere Kosten (sofern die Stückkosten steigend sind) und höhere Gewinne sorgt. Es besteht aber gleichzeitig der Anreiz, sich unkooperativ zu verhalten, da ein überhöhter Preis (p > AC) die Firmen dazu animiert, ihren Output auszudehnen. Es besteht somit ein Trittbrettfahrer-Problem, da Firmen, die sich nicht kooperativ verhalten bzw. ihr Angebot nicht einschränken, mehr profitieren, als Firmen, die sich kooperativ verhalten bzw. ihr Angebot einschränken. Das nachfolgende Zahlenbeispiel soll dies demonstrieren. Marktnachfrage: Q = 1000 - 20p bzw. p = 50 - 0,05Q Grenzkosten: q = -10 + p bzw. p = 10 + q Marktangebot: Q = -500 + 50p bzw. p = 10 + 0,02Q Die Tabelle zeigt, dass ein Kartell folgende Auswirkungen hat: - höhere Preise - Anstieg der im Gleichgewicht geltenden Preisnachfrageelastizität - weniger Output - höhere Gewinne - weniger Konsumentenrente - weniger Wohlfahrt - höherer relativer Wohlfahrtsverlust Bestimmung der Ergebnisse in Figure 5.2 1. Modellvorgaben Marktnachfrage: Q = 1000 - 20p bzw. p = 50 - 0,05Q Grenzkosten: q = -10 + p bzw. p = 10 + q 2. Angebote Gesamtmarkt: Q = 50q = -500 + 50p bzw. p = 10 + 0,02Q Kartell: Qk = (50-j)q = (50-j)(-10+p) bzw. p = 10 + (50-j)-1Qk Rest: Q0 = j·q = j(-10+p) bzw. p = 10 + j-1·Q0 3. kollektives Verhalten der 30 Kartellmitglieder Residualnachfrage D k (p) = D(p) − S0 (p) = 1000 − 20p − 20(−10 + p) = 1200 − 40p bzw. p = 30 − 0.025 ⋅ Q k gewinnmaximierendes Angebot MR k = MCk 30 − 1 1 ⋅ Q k = 10 + ⋅ Q k 20 30 Q k * = 240 bzw. q k * = 240 =8 30 sich daraus ergebender Marktpreis p* = 30 − 1 ⋅ 240 = 24 40 Gewinn des Einzelkartellmitglieds C 10q k + 0.5q k 2 AC k = = = 10 + 0.5q k = 10 + 4 = 14 qk qk Π k = (p * − AC k ) ⋅ Q k = 2400 bzw. πk = 2400 = 80 30 Preisaufschlag des Einzelkartellmitglieds p * −MC k p * −(10 + q k *) 24 − 18 = = = 25% p* p* 24 4. Verhalten der 20 Nichtmitglieder gewinnmaximierendes Angebot p* = MC0 24 = 10 + q 0 q 0 * = 14 bzw. Q0 * = 14 ⋅ 20 = 280 Gewinn des einzelnen Nichtmitglieds C0 10q 0 + 0.5q 0 2 = = 10 + 0.5q 0 = 10 + 7 = 17 AC0 = q0 q0 Π 0 = (p * − AC0 ) ⋅ Q 0 = 1960 bzw. π0 = 1960 = 98 20 5. aggregierte Ergebnisse Marktelastizität im Gleichgewicht ε= dQ p * 24 12 ⋅ = −20 ⋅ = − = −0.92 dp Q * 520 13 Elastizität aus der Sicht des Kartells im Gleichgewicht εk = dQ k p * 24 ⋅ = −40 ⋅ = −4 dp Q k * 240 Gesamterlös p*(Qk* + Q0*) = 24(240 + 280) = 12'480 Gesamtgewinn Πk + Π0 = 2400 + 1960 = 4360 Konsumentenrente 1 1 ⋅ [ D(0) − p *] ⋅ Q * = ⋅ [50 − 24] ⋅ 520 =6760 2 2 Gesamtwohlfahrt Gesamtgewinn + Konsumentenrente = 4360 + 6760 = 11'120 6. Wettbewerbsgleichgewicht Marktnachfrage: QD = 1000 - 20p bzw. p = 50 - 0,05Q Marktangebot: QS = 50q = -500 + 50p bzw. p = 10 + 0,02Q Marktpreis: Q D = QS 1000 − 20p = −500 + 50p p* = 21.43 Marktabsatz: Q D = 1000 − 20p = 1000 − 20 ⋅ 21.43 Q* = 571.43 Wohlfahrt beim Wettbewerb 1 1 ⋅ [ D(0) − S(0) ] ⋅ Q * = ⋅ [50 − 10] ⋅ 571.43 =11'429 2 2 Wohlfahrtsverlust DWL = 11'429 - 11'120 = 329 bzw. 2,6% von 12'480 5.2. Günstige Bedingungen für die Kartellbildung • Fähigkeit, Preise anzuheben, ohne Konkurrenz anzulocken d.h., unelastische Residualnachfrage der Kartellmitglieder εr = ε ⋅ Q Q − ηk ⋅ k Qk Qk - unelastische Marktnachfrage ε - hoher Marktanteil der Mitglieder (Qk/Q) - niedrige Angebotselastizität der Nichtmitglieder η k • niedrige Strafen • niedrige Organisationskosten, wenn ... - wenige Firmen, - hoher Konzentrationsgrad, - homogene Produkte, - im Verband organisiert. Quelle: Economist, 26. April 2002 5.3. Kartellerhaltung • günstige Bedingungen zur Kartellerhaltung • günstige Bedingungen zur Aufdeckung von Kartellverletzungen • Massnahmen zur Unterbindung von Kartellverletzungen Günstige Bedingungen zur Kartellerhaltung • unelastische Grenzkosten der Mitglieder • niedrige Fixkostenanteile • Vielzahl kleiner, häufiger Nachfrager • gemeinsamer Vertrieb günstige Bedingungen zur Aufdeckung von Kartellverletzungen • wenige Firmen im Markt • stabile Preisentwicklung • hohe Preistransparenz • niedriger Grad der vertikalen Integration Massnahmen zur Unterbindung von Kartellverletzungen • weitere Absprachen neben preisbezogenen • Marktaufteilung • Mindestpreisgarantien ("most-favored-nation clauses", "meeting-competition clauses") • Mindestpreis-Schwellen ("trigger prices") Aufgaben • Angenommen die Kartellmitglieder haben niedrigere Grenzund Durchschnittskosten als die Nichtmitglieder. Wie sieht die Residualnachfragekurve der Kartellmitglieder aus? Bestimmen Sie den Preis und die Menge, welche den Kartellgewinn maximieren. Unter welchen Bedingungen liessen sich die Nichtmitglieder vom Markt verdrängen? • Zeigen Sie, dass eine Erhöhung der Marktnachfrageelastizität die Monopolmacht eines Kartells senkt. • Inwiefern ähnelt ein Teilkartell dem Modell der dominanten Firma mit kompetitiven Randfirmen?