Kapitel 1 - staff.uni

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Kapitel 1
Einleitung: Experimentelle
Hinweise auf die
Quantentheorie
c Copyright 2012 Friederike Schmid1
1.1
Historische“ Experimente
”
( historisch“: Aus der Zeit, in der die Quantentheorie entwickelt wurde)
”
1.1.1
Hinweise auf diskrete Strukturen in Atomen
a) Atomspektren (19. Jahrhundert, Kirchhoff und Bunsen)
Jedes Element hat ein charakteristisches Emissionsspektrum.
Es werden bestimmte Frequenzlinien emittiert
(großes Rätsel der Jahrhundertwende)
b) Hohlraumstrahlung und Plancksches Strahlungsgesetz (1900)
(Schwarzkörperstrahlung)
Hohlraum:
Klassisch erwartete Strahlungsintensität
(RayleighJeans): dI ∝ ν 2 dν
Tatsächlich: Abknicken
bei hohen Frequenzen
1
Prof. Dr. Friederike Schmid, Vorlesung Quantenmechanik (I), Universität Mainz, SS 2012.
Letzte Änderung der PDF-Datei am 21.05.12.
1
2
KAPITEL 1. EXPERIMENTELLE HINWEISE
Erklärung durch Plancksche Hypothese:
• Licht wird in Quanten der Energie E = h · ν emittiert und absorbiert.
h = Plancksche Konstante: h = 6.6 · 10−34 Js
• Zwischen Strahlung und Hohlraum besteht thermisches Gleichgewicht.
; Plancksche Strahlungsformel: dI ∝
ν3
dν
ehν −1
c) Franck-Hertz-Versuch (1914)
Nachweis stationärer Atomzustände. Interpretation:
• Bereich (I): Je höher die Spannung, desto mehr Elektronen gewinnen genug kinetische Energie, dass sie die Anode erreichen
können und nicht am Gatter abgefangen werden.
; Verluste durch elastische Stöße.
• Bereich (II): Einige Elektronen können einen Teil der Energie ein festgelegtes Quantum - in inelastischem Stoß an Hg-Atome
abgeben. Verbleibende kinetische Energie so klein, dass sie abgefangen werden.
; Verluste durch einen inelastischen Stoß.
• Bereich (III): Verluste durch zwei inelastische Stöße.
• etc.
Folgerung: Atome nehmen Energie inelastisch nur in festen Quanten
auf.
d) Stern-Gerlach-Versuch (1921)
Silberatomstrahl
teilt sich im inhomogenen Magnetfeld
auf.
Richtungs”
quantelung“
des
magnetischen Moments. (Kommt in
Kapitel 4 nochmal)
1.1.
HISTORISCHE“ EXPERIMENTE
”
1.1.2
3
Hinweise darauf, dass Licht aus Teilchen besteht
a) Photoeffekt (Hallwachs 1900, Erklärung nach Einstein 1905)
Beobachtungen (Hallwachs)
• Falls Elektroskop positiv geladen ; Licht bewirkt nichts
• Falls Elektroskop negativ geladen:
– sichtbares Licht, egal wie intensiv, bewirkt nichts
– UV-Licht auf Eisenplatte bewirkt nichts
– Aber: Bereits schwacher UV-Strahl auf Zink entlädt Elektroskop
Interpretation (Einstein)
• Licht besteht aus Quanten der Energie E = h · ν (Photonen)
• Lichtphotonen treten einzeln mit Elektronen in Wechselwirkung
• Zum Freisetzen eines Elektrons ist Austrittsenergie Vc notwendig. Falls Energie des Lichtquants ausreicht, das Elektron freizusetzen (E > Vc ), entweicht es (das ist der Fall bei UV-Licht
auf Zink). Andernfalls bleibt das Elektron gebunden (und die
Energie wird anderweitig dissipiert).
b) Compton-Effekt (1923)
Licht ändert Frequenz bei der Streuung an Elektronen.
Streuprozeß mit Energie- und
Impulserhaltung
Energie des Photons: E = h · ν
Impuls des Photons: p = h/λ
; Damit kann Compton-Effekt quantitativ verstanden werden.
NB: Nach der speziellen Relativitätstheorie müssen Teilchen mit Lichtgeschwindigkeit masselos sein. Das sollte natürlich auch für Photonen
zutreffen.
; Viererimpuls ( Ec , p~) hat Norm Null: p2 − ( Ec )2 = 0
2
√
2
2
; p2 = Ec2 = (hν)
= λh2
c2
4
KAPITEL 1. EXPERIMENTELLE HINWEISE
Fazit aus 1.1.2:
Lichtwellen, bzw. allgemeine elektromagnetische Wellen verhalten sich unter bestimmten Umständen so, als bestünden sie aus Teilchen. Andererseits sind es natürlich auch Wellen (d.h., sie zeigen Interferenzen etc.)
Bemerkung: Streng genommen ist weder der Photoeffekt noch der ComptonEffekt wirklich ein Beweis“ für den Teilchencharakter des Lichts. Beide
”
können auch innerhalb einer (Quanten-)Theorie erklärt werden, in der
elektromagnetische Wellen noch als reine Welle behandelt werden. Dennoch gehören diese Versuche hierher, weil sie für die Entwicklung der
Quantentheorie sehr wichtig waren.
1.1.3
Hinweise darauf, dass Materie Wellencharakter hat
Zunächst: von de Broglie 1924 postuliert (in seiner Doktorarbeit!).
Beziehungen E = h · ν und p = h/λ sollen für alle Teilchen gelten.
Experimentelle Hinweise:
a) Davisson-Germer (1927)
Bragg-Streuung“
”
von Elektronen an
einem Nickel-Kristall
b) Thomson (1927)
Debye-Scherrer-Ringe“ von Elektronen hinter einer Metallfolie
”
; Interferenzen bei Streuung von Elektronen an periodischen Strukturen
(Kristallen).
Fazit von 1.1.2, 1.1.3: Welle-Teilchen-Dualismus“
”
Je nach Experiment haben Materie oder Licht entweder Teilchen- oder
Wellencharakter.
Nutzen dieser Betrachtungsweise:
Erklärt Experimente, löst Probleme der Atomspektren (siehe Kapitel 2)
Nachteil: Interpretation/Deutung bis heute umstritten.
Man stößt auf Widersprüche, die nur schwer (oder gar nicht) aufgelöst
werden können (siehe z.B. Kapitel 3).
1.2.
MODERNERE“ EXPERIMENTE
”
1.2
5
Modernere“ Experimente
”
Zahlreich, hier nur ausgewählte Beispiele
1.2.1
Zum Wellencharakter der Materie
Interferenz von Fullerenen (Arndt, Nain, ... Zeilinger 1999)
Vorbemerkung: Doppelspaltversuch mit Elektronen
Frage: Könnte man denselben Versuch mit Fußbällen machen?
Fußball → Impuls p = h/λ groß → Wellenlänge λ klein
Interferenzmuster wird sehr
viel feiner als Fußball sein
; praktisch vermutlich nicht zu sehen
Nun zu Zeilingers Experiment (1999)
nicht gerade Fußbälle, aber C60 -Moleküle
- 60 Kohlenstoffatome, Durchmesser 1 nm
- 174 interne Schwingungs- und Rotationsmoden
- Masse nicht eindeutig (Kohlenstoffisotope)
Aufbau:
Entscheidend: Kollimatoren ; Strahl hat Divergenz von 10 µrad
Zahlenvergleich: C60 (1 nm): Schlitzgröße(50 nm) =
b Fußball : Tor.
Auf dieser Skala wäre Abstand Quelle-Detektor =
b Abstand
Erde-Mond.
6
KAPITEL 1. EXPERIMENTELLE HINWEISE
Ergebnis: Interferenzmuster (a: Mit Gitter, b: Ohne Gitter)
Späteres Experiment (selbe Gruppe, 2001)
Streuung von C60 an stehenden Lichtwellen
; Interferenzbilder
1.2.
MODERNERE“ EXPERIMENTE
”
1.2.2
7
Zum Teilchencharakter des Lichts
Photonen-Korrelations-Experimente
Aufbau (Hanbury, Brown, Twiss 1956)
Korrelator misst die Anzahl
n(τ ) der Photonen, die im Abstand τ in Detektoren registriert werden.
Beobachtungen
• Stellares Licht (auch sonst häufig)
Photon bunching“: Photonen korreliert,
”
treffen häufig zusammen ein.
Erklärung: Bose-Einstein-Statistik (siehe Kapitel 3)
Aber: Klassische“ Erklärung wäre auch möglich (fluktuierendes
”
elektromagnetisches Feld)
• Fluoreszenz einfacher Atome (auch künstlicher Atome“: Quanten”
dots)
Photon antibunching“
”
(Kimble, Dagenais, Mandel 1977)
kann klassisch nicht erklärt werden
; gilt endlich als Nachweis der Teilchennatur des Lichts.
Erklärung im Photonenbild ganz einfach:
Atom =
b Zwei-Niveau-System
Fluoreszenz → angeregtes Atom geht von Energie E1 zu E0
über, emittiert dabei ein Photon.
Nachdem das geschehen ist, kann nicht sofort ein zweites emittiert werden.
8
KAPITEL 1. EXPERIMENTELLE HINWEISE
1.3
Wissensfragen
1. Erläutern Sie ein Experiment, daß auf den Teilchencharakter von Licht
hindeutet.
2. Erläutern Sie ein Experiment, daß auf den Wellencharakter von Materie
hindeutet.
3. Was ist ein Photon? Welche Energie und welchen Impuls hat ein Photon?
4. Welche Bedeutung hat die Plancksche Konstante und wie groß ist sie?
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