Figurierte Zahlen und operative Bewei Beweise [nach Müller, Steinbring, Wittmann 2004, S.35ff] Eine für die Verwendung von „Plättchen“ besonders aufschlussreiche Phase in der Geschichte der Mathematik ist die „Arithmetik der Spielsteine“, die zu Beginn des 5. Jahrhunderts v. Chr. den Beginn der „beweisenden“ Mathematik markierte und als Wiege der Zahlentheorie bezeichnet werden kann.“ [Müller, Steinbring, Wittmann 2004, S.35] Operieren mit „Plättchen“ → Entdecken von Regelmäßigkeiten / Mustern in den Operationen → sprachliche Erfassung der Operationen → Operativer Beweis Univerität des Saarlandes WS 2009/2010 2. Vorlesung am 19. Oktober 2009 FR 6.1 Mathematik OStR Uwe Peters Didaktik II: Arithmetik und Algebra Folie 1 von 13 Eine gute Handvoll Beispiele Gerade Zahlen Ungerade Zahlen Die Summe zweier ungerader Zahlen ist eine gerade Zahl Univerität des Saarlandes WS 2009/2010 2. Vorlesung am 19. Oktober 2009 FR 6.1 Mathematik OStR Uwe Peters Didaktik II: Arithmetik und Algebra Folie 2 von 13 Quadratzahlen 1 1+3 1+3+5 1+3+5+7 1+3+5+7 +9 1 + 3 + 5 + 7 + 9 + 11 =1 =4 =9 = 16 = 25 = 36 Dreieckszahlen ∆1=1 ∆2=1+2 ∆3=1+2+3 ∆4=1+2+3+4 ∆5=1+2+3+4+5 Univerität des Saarlandes WS 2009/2010 2. Vorlesung am 19. Oktober 2009 FR 6.1 Mathematik OStR Uwe Peters Didaktik II: Arithmetik und Algebra Folie 3 von 13 Für alle n∈IN gilt: ∆n = ½ ⋅ n ⋅ (n+1) n n+1 Für alle n∈IN gilt: ∆n + ∆n+1 =(n+1)2 n+1 n+1 Univerität des Saarlandes WS 2009/2010 2. Vorlesung am 19. Oktober 2009 FR 6.1 Mathematik OStR Uwe Peters Didaktik II: Arithmetik und Algebra Folie 4 von 13 2n+1 1 Für alle n∈IN gilt: 1+4+9+...+n = n ⋅ (n + 1) ⋅ ( 2n + 1) 6 2 ½ n (n+1) In diesem Beispiel erschließt sich die Allgemeingültigkeit des Arguments nicht unmittelbar ! Univerität des Saarlandes WS 2009/2010 2. Vorlesung am 19. Oktober 2009 FR 6.1 Mathematik OStR Uwe Peters Didaktik II: Arithmetik und Algebra Folie 5 von 13 Wir haben gesehen, welche verblüffenden Einsichten in arithmetische Gesetzmäßigkeiten den figurierten Zahlen abzugewinnen sind. Was aber den figurierten Zahlen keineswegs abzulesen ist, das sind die Einsichten in die Gesetzmäßigkeiten der Erzeugungshandlungen ... Diese Handlungen sind vielmehr in jeder gelegten Flächenzahl verschwunden. Einsicht ist hier also nicht durch weitere erzeugende Legungen zu gewinnen, sondern nur durch die Reflexion auf das erzeugende Legen mit diesen spezifischen Elementen selbst. Diese Reflexion auf das erzeugende Legen selber setzt nun aber voraus, daß die Erzeugungshandlungen nicht jeweils in der gelegten Zahl als Produkt erlöschen, sondern eine Daseinsweise haben, die den Legeakt überdauert. Diese dauerhafte Daseinsweise können sie, ihrer Natur als Akte entsprechend, nur in einem Repräsentanten haben. Wenn nun die Sprache der Reflexion auf das erzeugende Legen die Erzeugungshandlungen dauerhaft und gegenständlich repräUniverität des Saarlandes WS 2009/2010 2. Vorlesung am 19. Oktober 2009 FR 6.1 Mathematik OStR Uwe Peters Didaktik II: Arithmetik und Algebra Folie 6 von 13 sentiert, so erfüllt sie damit die Funktion eines spezifischen Erkenntnismittels. Die gesetzmäßigen Beziehungen zwischen den Erzeugungshandlungen und den spezifischen Elementen dieser Arithmetik können entdeckt und selbst sprachlich abgebildet werden, weil es der Erkenntnis möglich ist, sich auf diese Erzeugungshandlungen und ihren Zusammenhang als Gegenstand zu beziehen, wenn die Handlungen in der Sprache gegenständlich repräsentiert sind. [Lefèvre, zitiert nach Müller, Steinbring, Wittmann 2004, S.38] Univerität des Saarlandes WS 2009/2010 2. Vorlesung am 19. Oktober 2009 FR 6.1 Mathematik OStR Uwe Peters Didaktik II: Arithmetik und Algebra Folie 7 von 13 Trapezzahlen Die n-te Trapezzahl Tn entsteht als figurierte Zahl, indem man auf die n-te Quadratzahl die (n-1)-te Dreieckszahl aufsetzt: 2 −n n 1 3 2 Tn = n + (n − 1) ⋅ n = 2 2 T1=1 T2=5 T3=12 T4=22 Für alle n∈IN gilt: Tn lässt bei Division durch 3 denselben Rest wie n. Univerität des Saarlandes WS 2009/2010 2. Vorlesung am 19. Oktober 2009 FR 6.1 Mathematik OStR Uwe Peters Didaktik II: Arithmetik und Algebra Folie 8 von 13 Ein operativer Beweis mit den Seiten n und n−1, das sich durch eine „Fastdiagonale“ wie bekannt zweimal in ∆n−1 zerlegen lässt. Da 3⋅∆n−1 durch 3 teilbar ist, lässt Tn insgesamt bei Division durch 3 denselben Rest wie n. n Trennt man von Tn links eine Säule der Höhe n ab, so lässt sich der Rest dreimal in die Dreieckszahl ∆n−1 zerlegen, denn unter der aufgesetzten (rot markierten) Dreieckszahl ∆n−1 liegt ein Rechteck Der analoge formale Beweis 3 2 1 3 2 3 2 1 Tn = n + (n − 1) ⋅ n = n − n = n − n + n = 3 ⋅ ∆n−1 + n 2 2 2 2 2 Vergleichen Sie die beiden Beweise miteinander! Univerität des Saarlandes WS 2009/2010 2. Vorlesung am 19. Oktober 2009 FR 6.1 Mathematik OStR Uwe Peters Didaktik II: Arithmetik und Algebra Folie 9 von 13 [Michael Stifel, 1553] Univerität des Saarlandes WS 2009/2010 2. Vorlesung am 19. Oktober 2009 FR 6.1 Mathematik OStR Uwe Peters Didaktik II: Arithmetik und Algebra Folie 10 von 13 Zahlen geschickt addieren [nach Müller, Steinbring, Wittmann 2004, S.55ff] Ein Beispiel: Summengleiche Teilmengen einer Menge aufeinanaufeinanderfolgender Zahlen Für welche natürlichen Zahlen n ist es möglich, die Menge Sn={1,2,3,...,n} in zwei summengleiche Teilmengen zu zerlegen? Das gleiche Problem in kindgerechter, „enaktiver“ Formulierung: Du sollst versuchen, die Stäbe aus einer Treppe so umzulegen, dass zwei gleichlange Stäbe entstehen. Du kannst dir aussuchen, mit welcher Treppe du beginnst. Univerität des Saarlandes WS 2009/2010 2. Vorlesung am 19. Oktober 2009 FR 6.1 Mathematik OStR Uwe Peters Didaktik II: Arithmetik und Algebra Folie 11 von 13 Eine mögliche Lösung des Problems Problems Eine Zerlegung ist nicht möglich, wenn die Summe der ersten n 1 natürlichen Zahlen, also n ⋅ (n + 1), ungerade ist. 2 Beweis der Summenformel mit figurierten Zahlen (s.o.) oder durch „geschicktes Addieren“: 1 + 2 + 3 + K + (n − 2) + (n − 1) + n n + (n − 1) + (n − 2) + K + 3 + 2 + 1 (n + 1) + (n + 1) + (n + 1) + K + (n + 1) + (n + 1) + (n + 1 1 Da entweder n oder (n+1) gerade ist, ist n ⋅ (n + 1) genau dann 2 gerade, wenn n oder (n+1) durch 4 teilbar ist. Wenn n bei Division durch 4 den Rest 1 oder 2 lässt, ist die Zerlegung also nicht durchführbar. Univerität des Saarlandes WS 2009/2010 2. Vorlesung am 19. Oktober 2009 FR 6.1 Mathematik OStR Uwe Peters Didaktik II: Arithmetik und Algebra Folie 12 von 13 Die Zerlegung ist möglich, wenn n bei Division durch 4 den Rest 0 oder 3 lässt. Dies lässt sich wiederum durch „geschicktes Addieren“ beweisen: 1+2+3+4 1+2+3+4+5+6+7+8 Wenn n durch 4 teilbar ist, lässt sich immer eine gerade Anzahl summengleicher Pärchen bilden. 1 + 2 + 3 + 4 + 5 + 6 + 7 + 8 + 9 + 10 + 11 Wenn n bei Division durch 4 den Rest 3 lässt, so lassen sich die letzten (n−3) Zahlen wie im ersten Fall zusammenfassen; die Zahlen 1, 2 und 3 lassen sich anschließend aufteilen. Univerität des Saarlandes WS 2009/2010 2. Vorlesung am 19. Oktober 2009 FR 6.1 Mathematik OStR Uwe Peters Didaktik II: Arithmetik und Algebra Folie 13 von 13