Morphologie und Syntax (BA) - Universität Bielefeld

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Morphologie und Syntax (BA)
Morphologie und Syntax (BA)
PD Dr. Ralf Vogel
Fakultät für Linguistik und Literaturwissenschaft
Universität Bielefeld, SoSe 2008
[email protected]
7.4.2008
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Morphologie und Syntax (BA)
Gliederung
1 Einführung
2 Morphologie – Wortstruktur
3 Morphemtypen
4 Morphemtypen
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Morphologie und Syntax (BA)
Einführung
Morphologie + Syntax
• Morphologie und Syntax beschäftigen sich mit der Struktur
von Wörter, Phrasen und Sätzen, und den
Kombinationsmechanismen, mittels derer wir sie formen.
• Sprachliche Ausdrücke sind zusammengesetzt, wobei wir
mehrere Ebenen der Analyse unterscheiden:
•
•
•
•
•
Ein Text besteht aus Sätzen,
Ein Satz besteht aus Phrasen (und Wörtern),
Eine Phrase besteht aus Wörtern,
Ein Wort besteht aus Morphemen,
Ein Morphem besteht aus Phonemen
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Morphologie und Syntax (BA)
Einführung
Morphologie + Syntax
• Ein Text:
Das Radio nervte. Die Moderatoren begannen zu singen.
• Ein Satz:
Die Moderatoren begannen zu singen
Nominal-Phrase Verb
Verb-Phrase
• Eine Phrase:
Die
Moderatoren
Artikel Nomen
• Ein Wort:
Moderator -en
Stamm
Suffix
• Ein Morphem:
-en
/@n/
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Morphologie und Syntax (BA)
Einführung
Morphologie + Syntax
• Die Arbeitsteilung zwischen den linguistischen
Teildisziplinen:
Kombinatorik von . . .
ling. Teiltheorie
Texten:
Sätzen:
Phrasen:
Wörtern:
Morphemen:
Textlinguistik
Syntax
Syntax
Morphologie
Phonologie
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Morphologie und Syntax (BA)
Einführung
Morphologie + Syntax
• Für jede dieser linguistischen Ebenen gelten eigene
Kombinationsregeln.
• Eine Ausnahme sind Phrasen und Sätze: Beide sind aus
Wörtern und Phrasen zusammengesetzt.
(1)
a.
b.
Peters Fahrt nach Leipzig (Nominalphrase)
Peter fuhr nach Leipzig (Satz)
• Nicht wenige Linguisten nehmen auch an, dass die
Kombinationsmechanismen von Morphologie und Syntax
eng verwandt sind.
• Auf jeden Fall stehen beide in enger Wechselwirkung, wie
wir noch sehen werden.
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Morphologie und Syntax (BA)
Einführung
Morphologie + Syntax
• Die Kombinationsregeln für Wörter, Phrasen und Sätze
sind Gegenstand dieser Vorlesung.
• Eine Sprache besitzt Systeme von Kombinationsregeln für
Morpheme (Phonologie), Wörter (Morphologie), sowie
Phrasen und Sätze (Syntax).
• Eine Grammatik ist eine Theorie über die Gestalt dieser
kombinatorischen Systeme.
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Morphologie und Syntax (BA)
Einführung
Morphologie + Syntax
• Unter einer etwas abstrakteren und formaleren Sicht, kann
man eine Sprache wie folgt auffassen:
• Eine Sprache S besteht aus einem Lexikon und einem
System von Regeln.
• Die Regeln bestimmen,
1 wie Elemente des Lexikons zu größeren Einheiten
zusammengestzt werden können (Kombinationsregeln),
sowie
2 welche dieser zusammengesetzten Einheiten als korrekte
Ausdrücke der Sprache gelten (Wohlgeformtheitsregeln)
• Unter der Grammatik einer Sprache verstehen wir ihr
Regelsystem.
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Morphologie und Syntax (BA)
Einführung
Morphologie + Syntax
• Ein Beispiel – die Sprache S mit dem Lexikon L:
L = {A, B, C, D}
(d.h.: Das Lexikon enthält die „Wörter“ A,B,C,D)
Eine Kombinationsregel: x ◦ y = xy
(Die Verknüpfung von x und y ergibt die Sequenz
„xy“)
Wohlgeformtheitsregeln:
Regel 1: ∀x ∈ L : x ∈ S
(d.h.: Für alle Elemente von L – also A,B,C,D – gilt,
dass sie Ausdrücke der Sprache S sind)
Regel 2: ∀x, y ∈ L : x ◦ y ∈ S
(d.h.: Wenn x und y aus L stammen, dann ist die
Sequenz „xy“ ebenfalls ein Ausdruck der Sprache
S, also AA, AB, AC, AD, BA . . . )
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Morphologie und Syntax (BA)
Einführung
Morphologie + Syntax
Regel 3:
∀x ∈ L: y = . . . xx. . . → y 6∈ S
(d.h.: Wenn x aus L stammt und y die Sequenz „xx“ –
bspw. AA – enthält, dann ist y kein Ausdruck der Sprache S)
• Regel 3 steht in Konflikt mit Regel 2, die ja Ausdrücke der
Form „xx“ erlaubt.
• In Standard-Grammatiken sind Regeln unverletzbar, d.h.
nur solche Ausdrücke sind wohlgeformt, die alle Regeln
erfüllen.
• Es existieren aber auch andere Grammatikmodelle, wie
beispielsweise die Optimalitätstheorie, die mit verletzbaren
Regeln arbeiten.
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Morphologie und Syntax (BA)
Einführung
Morphologie + Syntax
• In der Phonologie ist das Lexikon die Menge der Phoneme
einer Sprache, also etwa für das Deutsche @,b,p,l,m, aber
nicht bspw. A,ì,B,ò.
• Die phonologische Grammatik des Deutschen wird z.B.
herleiten, dass „Punkt“ (/puNkt/) ein im Deutschen
mögliches Wort ist, nicht aber „Tknup“ (/tkNup/).
• Das morphologische Lexikon enthält Morpheme, also
Wortstämme wie „Moderator“, „Hund“, „lauf“, sowie
Flexionsmorpheme wie „-en“ für den Plural bei manchen
Nomen („Moderator-en“) oder den Infinitiv von Verben
(„lauf-en“).
• Die morphologische Grammatik des Deutschen leitet
bspw. her, dass „Moderator-s“ (wie in „Die Stimme des
Moderators“) ein Wort des Deutschen ist, nicht aber
„s-Moderator“.
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Morphologie und Syntax (BA)
Einführung
Morphologie + Syntax
• Die syntaktische Grammatik des Deutschen sollte bspw.
folgende Kontraste herleiten (ein ‘*’ signalisiert
Ungrammatikalität):
(2)
a. Das alte Auto
b. *alte Auto das
(3)
a. Morgen regnet es bestimmt.
b. *regnet bestimmt morgen es
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Morphologie und Syntax (BA)
Einführung
Morphologie + Syntax
• Für die Herleitung solcher Kombinationsregeln spielt die
Kategorisierung der kombinierbaren Elemente des
Lexikons eine wichtige Rolle.
• Phoneme werden bspw. in Vokale und Konsonanten
aufgeteilt.
• Morpheme werden in Stämme und Affixe (Präfixe, Infixe,
Suffixe) sortiert.
• Wörter werden nach Wortklassen unterschieden (Nomen,
Verb, Adjektiv . . . ).
• Phrasen werden unterteilt bspw. in Nominalphrasen,
Verb-Phrasen usw.
• Zu den Sätzen zählen Hauptsätze, Nebensätze, infinitische
Nebensätze, Fragesätze, Befehlssätze etc.
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Morphologie und Syntax (BA)
Einführung
Morphologie + Syntax
• Wenn wir eine Grammatik für eine linguistische Ebene
einer Sprache entwerfen, dann befassen wir uns also im
Wesentlichen mit zwei Dingen:
1
2
Was ist das Lexikon und wie ist es strukturiert?
Was sind die Kombinationsmöglichkeiten für die Elemente
des Lexikons?
• Grammatiker beschäftigen sich darüber hinaus noch mit
der Frage, was die beste, eleganteste, einfachste,
allgemeingültigste Weise ist, eine Grammatik zu
formulieren.
• Dieser letzte Punkt ist der Hintergrund dafür, dass sich
unterschiedliche „Schulen“ herausgebildet haben.
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Morphologie und Syntax (BA)
Einführung
Morphologie + Syntax
• Wenn eine Grammatik herausarbeiten soll, was alle
Sprachen gemeinsam haben, dann wird man ihre Regeln
und Kategorien so formulieren, dass sie auf alle Sprachen
anwendbar sind, also bei ihrer Formulierung die
Unterschiede zwischen Sprachen berücksichtigen.
• Wer nur eine einzelne Sprache betrachtet, muss darauf
keine Rücksicht nehmen und kann eine
Beschreibungsweise wählen, die ideal für diese eine
Sprache ist, aber ansonsten unbrauchbar.
• Wir werden verschiedene Sichtweisen kennenlernen, die
mit sehr unterschiedlichen „Philosophien“ dann auch zu
sehr unterschiedlichen Formulierungsweisen für
grammatische Regelsysteme gelangen.
• Unser Hauptaugenmerk soll aber auf den sprachlichen
Phänomenen selbst liegen.
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Morphologie und Syntax (BA)
Morphologie – Wortstruktur
Was ist ein Wort?
(4)
Maria hat das Buch gepockelt.
• Wenn Sie einen Satz wie den obigen lesen, dann werden
Sie ein Wörterbuch zu Rate ziehen, um das Ihnen
unbekannte Wort „gepockelt“ nachzuschlagen.
• Sie werden dann aber nicht unter „gepockelt“ suchen,
sondern unter „pockeln“.
• Die Formen „gepockelt, pockeln, pockelte, pockelt,
pockelnd . . . “ sind bloss verschiedene Realisierungen
desselben abstrakter zu fassenden Wortes.
• Ein solches, abstraktes Wort nennen wir Lexem.
• Wir schreiben Lexeme in Großbuchstaben: POCKEL
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Morphologie und Syntax (BA)
Morphologie – Wortstruktur
Was ist ein Wort?
• Vom Lexem unterscheiden wir die Wortform.
• „gepockelt, pockeln, pockelte, pockelt, pockelnd . . . “ sind
verschiedene Wortformen des Lexems POCKEL.
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Morphologie und Syntax (BA)
Morphologie – Wortstruktur
Was ist ein Wort?
• Wörter werden aber auch im Hinlick auf ihre
grammatischen Merkmale und Funktionen klassifiziert.
Eine Wortform kann für verschiedene grammatische
Wörter stehen:
(5)
a.
b.
Maria spielt im Garten.
Ihr spielt auch im Garten.
3. Person Singular
2. Person Plural
• Eine Wortform kann aber auch zu zwei verschiedenen
Lexemen gehören:
(6)
a.
b.
Spiele bitte im Garten!
Verb
Solche Spiele mag ich nicht. Nomen
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Morphologie und Syntax (BA)
Morphologie – Wortstruktur
Was ist ein Wort?
• Die drei Verwendungen des Begriffes „Wort“ werden in der
folgenden Tabelle noch einmal veranschaulicht:
Lexem
Grammatisches Wort
Wortform
SPIELnomen
SPIELverb
SPIELverb
Nominativ Plural
1.Pers. Sing. Präsens
Imperativ Singular
spiele
spiele
spiele
SPIELnomen
SPIELverb
SPIELverb
Dativ Plural
Infinitiv
3. Pers. Plural Präsens
spielen
spielen
spielen
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Morphologie und Syntax (BA)
Morphologie – Wortstruktur
Das Morphem: die kleinsten bedeutungstragenden
Einheiten
• Wörter haben Struktur.
• Sie sind oft keine unteilbaren atomaren Einheiten, sondern
aus kleineren Bausteinen zusammengesetzt – und hier
sind nicht Phoneme gemeint.
• Natürlich gibt es morphologisch einfache Wortformen wie
„weil, Auto, das, ich, Schnee“.
• Aber andere Wortformen sind zusammengesetzt, wie z.b.
„Autos“, das aus den Bestandteilen Auto und -s
zusammengesetzt ist, und zwei verschiedene
grammatische Wörter zu dem Lexem AUTO realisiert
(Genitiv Singular, „des Autos“, und Plural „die/der/den
Autos“).
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Morphologie und Syntax (BA)
Morphologie – Wortstruktur
Das Morphem
• Mit der Variation zwischen „Auto“ und „Autos“ (hier als
Plural verstanden) geht ein Bedeutungsunterschied einher:
• „Auto“ steht für ein einzelnes Auto.
• „Autos“ steht für eine grössere Menge von Autos.
• Der Begriff Morphem bezeichnet die kleinsten, unteilbaren
Einheiten, denen eine bedeutungsunterscheidende oder
grammatische Funktion zugesprochen werden kann.
• Hier haben wir zwei Morpheme:
• Auto für das Lexem AUTO mit der entsprechenden
Bedeutung.
• -s für die Plural-Interpretation.
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Morphologie und Syntax (BA)
Morphologie – Wortstruktur
Das Morphem – woran erkennt man es?
• Das Morphem „Auto“ besteht aus vier Phonemen: /aUto:/.
• Bedeutung hat aber nur die Wortform als Ganze, nicht die
einzelnen Phoneme a,U,t,o:.
• Wann wissen wir, ob eine Lautsequenz ein Morphem ist
oder nicht?
• In dem Wort „unbesiegt“ steht „un-“ für ‘nicht’. Die
Bedeutung des Wortes, „nicht besiegt“, ist aus den
Bedeutungen von „un-“ und „-besiegt“ zusammengesetzt.
• In dem Wort „unter“ trägt die erste Silbe „un-“ keine
Bedeutung, genauso wenig wie „-ter“. Also ist „unter“ ein
Morphem, nicht aber Teile dieses Wortes.
• Das Morphem „un-“ taucht auch in anderen Wörtern auf:
ungenügend, unpräzise, unsicher, ungeschlagen . . .
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Morphologie und Syntax (BA)
Morphologie – Wortstruktur
Das Morphem – woran erkennt man es?
• Produktivität in in der Verwendung ist aber keine
notwendige Bedingung, um einem Affix wie „un-“
Morphemstatus zuzuerkennen.
• Ein Beispiel für ein unproduktives Affix ist „-icht“ in
„Kehricht, Dickicht“.
• Oder aus dem Englischen: „-dom“ in martyrdom, kingdom,
chiefdom.
• Das englische Wort „bishopric“ bedeutet „Diözese“.
• Es wurde postuliert, dass „-ric“ hier ein Morphem ist, das
nur in diesem einen englischen Wort vorkommt.
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Morphologie und Syntax (BA)
Morphologie – Wortstruktur
Das Morphem – woran erkennt man es?
• Manchmal lässt sich morphologische Struktur nur
historisch rekonstruieren:
• „Transfer, Konferenz, präferieren“ beinhalten die Sequenz
„-fer-“. Die Wörter stammen aus dem lateinischen, und -ferkommt von „ferre“, was soviel bedeutet wie ‘tragen,
bringen’.
• Ob diese Herkunft und die dadurch rekonstruierbare
Komplexität allerdings für heutige Sprecher des Deutschen
eine Rolle spielt, lässt sich sehr bezweifeln.
• Auf jeden Fall ist die ursprüngliche Bedeutung von „-fer-“
nicht mehr präsent.
• Für die morphologische Analyse ist es ratsam, nicht nur
das Kriterium des Bedeutungsbeitrags zu verwenden.
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Morphologie und Syntax (BA)
Morphologie – Wortstruktur
Das Morphem – woran erkennt man es?
• Ob das Präfix „un-“ in dem Wort „Unfall“ einen besonderen
Beitrag zur Bedeutung des Wortes leistet, ist zumindest
bezweifelbar.
• Trotzdem wird man eine morphologische Analyse
präferieren, nach der das Wort aus den beiden
Morphemen „un-“ und „-fall“ besteht, die ja auch in
anderen Wörtern erscheinen („Unsinn, Abfall etc.“).
• Man verwendet deshalb eine weiter gefasste Definition für
den Begriff des Morphems:
Morphem Das Morphem ist die kleinste Differenz in der
Gestalt eines Wortes, die mit der kleinsten
Differenz in der Wort- oder Satzbedeutung, oder
der grammatischen Struktur korreliert.
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Morphologie und Syntax (BA)
Morphologie – Wortstruktur
Morphe, Morpheme und Allomorphe
Morph Ein Morph ist die lautliche Form, die ein Morphem
in einer Sprache repräsentiert, ein wiederholt
auftretendes Phonem oder eine Sequenz von
Phonemen.
• In dem Wort „unbesiegbar“ identifizieren wir vier Morphe:
un-, -be-, -sieg-, -bar.
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Morphologie und Syntax (BA)
Morphologie – Wortstruktur
Morphe, Morpheme und Allomorphe – Ein Beispiel
• Im Englischen wird die verbale Flexionsmarkierung für die
einfache Vergangenheit durch drei verschiedene Morphe
vorgenommen:
1
2
3
/Id/, wenn das Verb in /t/ oder /d/ endet:
/bendId/, ‘bendid’; /peIntId/, ‘painted’
/d/, wenn das Verb mit einem stimmhaften Laut endet
(ausser /d/):
/kli:nd/, ‘cleaned’; /weId/, ‘weighed’
/t/, wenn das Wort in einem stimmlosen Konsonanten
endet (ausser /t/):
/pA:kt/, ‘parked’; /mIst/, ‘missed’
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Morphologie und Syntax (BA)
Morphologie – Wortstruktur
Morphe, Morpheme und Allomorphe
• Wenn verschiedene Morphe für dasselbe Morphem
stehen, dann bezeichnet man sie als Allomorphe.
• Die drei Morphe (/Id/,/d/,t/) sind Allomorphe des
Englischen Morphems für die einfache Vergangenheit.
• Ähnlich wie das Lexem ist also auch das Morphem eine
abstraktere Kategorie. Lexeme können durch
verschiedene Wortformen realisiert sein, und Morpheme
durch verschiedene Morphe.
• Ob Allomorphie vorliegt, erkennen wir an der
komplementären Verteilung der beteiligten Morphe:
• Von den drei Morphen für die englische einfache
Vergangenheitsform erscheint immer jeweils nur eines an
einem Verb, und dies in einer vorhersagbaren Weise.
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Morphologie und Syntax (BA)
Morphologie – Wortstruktur
Morphe, Morpheme und Allomorphe
• Allomorphische Variation ist häufig phonologisch
gesteuert. Wie im Folgenden Beispiel, erneut aus dem
Englischen:
Das englische Präfix ‘in-’:
/im-/
/in-/
/iN-/
impossible
impatient
immovable
intolerable
indecent
inactive
incomplete
incompatible
ingratitude
• Wir haben es hier mit einer regressiven Nasalassimilation
zu tun:
• Der Nasal des Präfixes „in-“ richtet sich in seinem
Artikulationsort nach einem nachfolgenden Konsonanten.
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Morphologie und Syntax (BA)
Morphologie – Wortstruktur
Morphe, Morpheme und Allomorphe
• Allomorphie kann auch grammatisch gesteuert sein.
• Ein Beispiel ist der Wortstamm „spring“ des Lexems
SPRING, das die Formen „sprang“ (in ‘ich sprang’) und
„sprung“ (in ‘ich bin ge-sprung-en’) annehmen kann.
• Hier wird die Wortform des Lexems durch die
grammatischen Merkmale des Verbs bestimmt
(Vergangenheitsform bzw. Partizip).
• Ein weiterer Fall von Allomorphie ist die Suppletion, die
lexikalisch bedingte Ersetzung einer Form durch eine
andere phonologisch nicht verwandte Form:
• Englisch: ox-oxen (*oxes), ‘Ochsen’; go-went (*goed), ‘ging’
• Deutsch: gut-besser (*gut-er); sein-bist (*sei-st)
• Solche Ersetzungs-Formen sind im Lexikon abgespeichert.
Sie blockieren die Anwendung der üblichen
Flexionsformen.
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Morphologie und Syntax (BA)
Morphemtypen
Morphemtypen – Wurzeln
• Wir unterscheiden zunächst einmal Wurzeln (Stämme) und
Affixe.
• Eine Wurzel ist der nicht reduzierbare Kern eines Wortes,
ohne dass noch etwas daran angehängt ist.
• Ein Beispiel ist das Wort „Bau“:
Der Bau
Der An-bau
Der Aus-bau
Das Bau-en
Der Bau-er
• Manchmal, wie in „Der Bau“, kann ein Wort auch bloß aus
einer Wurzel bestehen.
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Morphologie und Syntax (BA)
Morphemtypen
Morphemtypen – Wurzeln
• Wurzeln, die für sich alleine stehen können, sind freie
Morpheme.
• Weitere Beispiele sind „auf, süß, klein, Hund, sehr . . . “.
• Dies sind auch Beispiele von lexikalischen Morphemen,
Adjektive, Präpositionen, Adverbien, Nomen, Verben.
• Sie tragen die semantische Hauptlast eines Satzes.
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Morphologie und Syntax (BA)
Morphemtypen
Morphemtypen – Wurzeln
• Eine weitere Klasse von freien Morphemen sind
Funktionswörter.
• Beispiele für Funktionswörter sind
Artikel: der,die,das ein,eine
Demonstrativa: dieser,diese,dieses
Pronomen: er,sie,es ich,du,wir,ihr
sein,ihr wer,was,welche,welcher. . .
Konjunktionen: und,aber,oder,obwohl
etc.
• Der semantische Beitrag dieser Wortarten ist dabei
unterschiedlich: Pronomen tragen anders zur Bedeutung
bei als bestimmte Konjunktionen wie ‘obwohl‘.
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Morphologie und Syntax (BA)
Morphemtypen
Morphemtypen – Wurzeln
• Manche Wurzeln treten als gebundene Morpheme auf.
• Ein gutes Beispiel sind lateinisch-stämmige Wörter, deren
morphologische Komplexität uns erhalten geblieben ist,
wie die Wurzel „-fer“ in
• konferieren, präferieren, transferieren.
• Eisenberg (1998/2004) verzichtet auf den Begriff ‘Wurzel’
und verwendet den begriff ‘Stamm’ stattdessen.
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Morphologie und Syntax (BA)
Morphemtypen
Morphemtypen – Wurzeln
• Katamba/Stonham (1993/2006) unterscheiden Wurzeln,
Stämme und Basen wie folgt:
• Wurzeln sind Wortkerne wie oben beschrieben.
• Stämme sind die unflektierten Wörter, So ist beispielsweise
‘Haus’ der Stamm, der sowohl der Genitiv-Flektion
(‘Hauses’), als auch der Pluralflektion (‘Häuser’)
zugrundeliegt.
• Eine Basis ist der Ausgangspunkt für eine beliebige
morphologische Erweiterung oder Veränderung, nicht nur
Flektion, sondern auch bspw. Derivation, z.B. die
Transformation in eine andere Wortart: ‘Haus’ →
‘be-haus-en.
• Da nicht nur Wurzeln, sondern auch komplexe Wörter
flektiert und deriviert werden können, ist es zunächst
einmal sinnvoll, diese Fälle auseinanderzuhalten.
• Deshalb übernehmen wir hier die Begrifflichkeit von
Katamba/Stonham (1993/2006).
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Morphologie und Syntax (BA)
Morphemtypen
Morphemtypen – Affixe
• Wir unterscheiden Präfixe, Infixe und Suffixe.
• Ein Präfix steht vor einer Wurzel, einem Stamm oder einer
•
•
•
•
Basis:
unsicher versichern bestimmen Vorsicht Ex-Frau
Co-Trainer . . .
Ein Suffix wird an eine Wurzel, einen Stamm oder eine
Basis drangehängt:
richtig fälschlich bauchig spielte spielend Bauer Beamtin
Verhältnis Heiterkeit . . .
Ein Infix erscheint innerhalb eines Wortes.
Dies ist relativ selten in europäischen Sprachen, aber nicht
so selten in den Sprachen der Welt.
Ein Beispiel ist die amerikanische Sprache Nuuchahnulth,
wo die Infigierung eines ‘t’ den Plural markiert:
t’an’aa – ‘Kind’
t’atn’a – ‘Kinder’
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Morphologie und Syntax (BA)
Morphemtypen
Morphemtypen
• Eisenberg (1998/2004) gibt noch die Kategorie der Konfixe
an.
• Dies sind bspw. die beiden Bestandteile von „Bio-loge“.
Konfixe können miteinander kombiniert werden, andere
Affixe werden nur mit Basen kombiniert, die für ein Lexem
stehen.
• Wie man an Ausdrücken wie „Bio-Brot“ sieht, geht dies
auch mit Konfixen.
• Die Unterscheidung zwischen Wurzel, Stamm und Basis
ist wichtig, da ein Wort ja oft mehr als ein Affix haben kann.
• Da Affixe aber nicht beliebig an Wörter angehängt werden
können, ist häufig eine vorherige Affigierung die
Voraussetzung für die nächste.
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Morphologie und Syntax (BA)
Morphemtypen
Übungsaufgabe 1
• Analysieren Sie das Wort ‘unbedingte’ in dem Ausdruck
„unbedingte Unterstützung“!
Welche Morpheme sind hier miteinander kombiniert.
Welcher Art sind diese Morpheme?
Was ist die Funktion dieser Morpheme?
Überlegen Sie, welche kombinatorischen Beschränkungen
es für diese Morpheme gibt.
• In welcher Reihenfolge wurden die Morpheme miteinander
kombiniert?
•
•
•
•
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