Christoph Eschenbach Tzimon Barto Donnerstag, 26. März 2015, 20 Uhr Freitag, 27. März 2015, 20 Uhr ERLEBEN SIE DAS FRIDRICH ZEITGEFÜHL! Edelstahlgehäuse, Shell Cordovan Band, vergoldete Glashütter Dreiviertelplatine, vergoldete Zeiger, Sonderbodengravur Noch sind einige wenige Exemplare unserer NOMOS-Sonderedition aus unserem Jubiläumsjahr 2014 zu Jubiläumspreisen erhältlich: TANGENTE 33 und TANGENTE 38 Limitierte Auflage von jeweils 150 Stück TANGENTE 33: € 1.210,– statt € 1.360,– TANGENTE 38: € 1.450,– statt € 1.600,– T R AU R I N G H AU S · SC H M U C K · J U W E L E N · U H R E N · M E I ST E RW E R KST Ä T T E N J. B. FRIDRICH GMBH & CO. KG · SENDLINGER STR ASSE 15 · 80331 MÜNCHEN TELEFON: 089 260 80 38 · WWW.FRIDRICH.DE Wo l f g a n g R i h m Konzer t für Klavier und Orchester Nr. 2 1. Andante, cantabile, scorrevole, inquieto – Adagio 2. [attacca] Rondo, Allegro man non troppo Münchner Erstaufführung Anton Bruckner Symphonie Nr. 9 d-Moll WAB 109 1. Feierlich, misterioso 2. Scherzo: Bewegt, lebhaft 3. Adagio: Langsam, feierlich Fassung von 1894 (ohne das unvollendete Finale) Christoph Eschenbach, Dirigent Tzimon Barto, Klavier Donnerstag, 26. März 2015, 20 Uhr 5. Abonnementkonzer t b Freitag, 27. März 2015, 20 Uhr 6. Abonnementkonzer t d Spielzeit 2014/2015 117. Spielzeit seit der Gründung 1893 Valery Gergiev, Chefdirigent (ab 2015/2016) Paul Müller, Intendant 2 Wolfgang Rihm: 2. Klavierkonzert Die Antwort ist Gesang Susanne Stähr Wolfgang Rihm Lebensdaten des Komponisten (Geboren 1952) Geboren am 13. März 1952 in Karlsruhe; lebt daselbst. Konzert für Klavier und Orchester Nr. 2 1. A ndante, cantabile, scorrevole, inquieto – Adagio 2. [attacca] Rondo, Allegro man non troppo Münchner Erstaufführung Entstehung Wolfgang Rihm komponierte sein 2. Klavierkonzert als Auftragswerk des Salzburger Festspielfonds, des Gustav Mahler Jugendorchesters und des National Symphony Orchestra of Washington, D.C. Die Reinschrift der Orchesterpartitur beendete er am 29. April 2014. Widmung „Für Tzimon Barto“: Der unter dem Namen John Barto Smith jr. 1963 in Eustis (Florida / USA) geborene Musiker ist sowohl als Konzertpianist und Dirigent als auch neuerdings als Schriftsteller tätig. Uraufführung Am 25. August 2014 in Salzburg im Großen Festspielhaus im Rahmen eines Orchesterkonzerts der Salzburger Festspiele (Gustav Mahler Jugendorchester unter Leitung von Christoph Eschenbach; Solist: Tzimon Barto). 3 Wolfgang Rihm 4 Wolfgang Rihm: 2. Klavierkonzert „Denken Sie, es sei von Mozart“ Fragen wir zunächst den Komponisten selbst: Wie soll das Publikum, das erstmals Wolfgang Rihms Zweitem Klavierkonzert begegnet – also gewiss die überwältigende Mehrzahl der Hörerinnen und Hörer am heutigen Abend in der Münchner Philharmonie –, wie und mit welchen Voraussetzungen soll sich dieses Publikum seinem Werk nähern ? „Denken Sie, es sei von Mozart“, antwortet der Meister lakonisch – und was auf den ersten Blick wie ein Scherz wirken mag, enthält bei näherer Betrachtung viel mehr Wahrheit und Ernst, als man vermuten sollte. Natürlich: Wer daraufhin die spezifische Klangsprache Mozarts erwartet, sein schmeichelndes Melos und seine klassisch gebundene Harmonik, der muss enttäuscht werden. Rihm ist und bleibt Rihm und mutiert nicht zum Wiedergänger des 200 Jahre älteren Kollegen, so sehr er ihn auch schätzt und verehrt. Nimmt man aber den Begriff „Mozart“ als eine abstraktere Chiffre und verbindet damit etwa formale Strukturen, die Ausgestaltung eines musikalischen Dialogs oder auch die Anlage des Soloparts, dann finden sich durchaus Anknüpfungspunkte. Abschied vom Fortschritts­ denken Die Kenntnis der Geschichte und damit auch des musikalischen Erbes aus den vergangenen Jahrhunderten ist für Wolfgang Rihm eine Voraussetzung seiner kompositorischen Arbeit. „Nicht, dass man staunend in die Knie geht und sagt: ‚Oh, wie großartig, wir können heute nichts !‘ Sondern: Dem muss ich antworten können.“ Das Fortschrittsdenken, wie es insbesondere im 19. Jahrhundert Gültigkeit hatte, ist ihm dabei fremd: „Ich kann nicht sagen, Nono sei besser als Beethoven und Beethoven besser als Bach, Bach besser als Josquin“, führt er aus und verweist lieber auf das Bild des Wassers: „Wasser fließt immer nach unten. Natürlich geht es immer abwärts. Alles, was wir Künstler tun, ist ein Aufhalten dieses Hinabfließens.“ Dass sich ein Komponist dabei mitunter wie zum Scheitern verurteilt fühlen könnte, streitet er gar nicht ab. Und weiß doch: „Der verlorene Posten ist der, den man zu Beginn einnimmt. Die Lebensarbeit besteht darin, ihn zu einem nicht verlorenen Posten zu machen.“ Konzert ohne Titel Mit seinem überbordenden Schaffensreichtum, der für unsere Verhältnisse fast schon anachronistisch erscheint, ist dem heute 63-jährigen Rihm diese Mission längst geglückt. Mehr als 400 Kompositionen umfasst sein Werkverzeichnis mittlerweile, alle Sparten sind darin vertreten, vom Solostück oder vom intimen Klavierlied bis zur großbesetzten Orchesterpartitur und zum Musiktheater. Auch die „traditionsbelasteten“ Gattungen sparte er nicht aus. Wie etwa das Solokonzert: Allein im Jahr 2014 komponierte Rihm vier neue Beiträge zu diesem Genre, nämlich ein Hornkonzert, ein „Trio Concerto“ für Klaviertrio und Orchester, ein Trompetenkonzert und eben das 2. Klavierkonzert. Pflegte er vor allem in früheren Jahren die Form durch poetische Werktitel noch zu verschleiern – man denke etwa an seine Violinkonzerte „Gesungene Zeit“ und „Lichtes Spiel“ für Anne-Sophie Mutter oder „Coll’arco“ für Carolin Widmann –, so schreckt er inzwischen vor der konventionellen Wolfgang Rihm: 2. Klavierkonzert und prosaischen Gattungsbezeichnung, hier mit vorangestellter Ordnungsnummer, nicht zurück. Was nicht bedeutet, dass Rihm nun sklavisch den überkommenen formalen Gesetzmäßigkeiten folgen würde. Doch auch darin kann er auf prominente Vorbilder verweisen: Schon Robert Schumann hatte sein Klavierkonzert ursprünglich in einem, nicht aber in den traditionell vorgesehenen drei Sätzen geplant und überdies diverse frei angelegte Konzertstücke oder -phantasien vorgelegt. Rihm wiederum wählt für sein 2. Klavierkonzert einen zweiteiligen Zuschnitt; die beiden Sätze gehen indes nahtlos ineinander über, wobei der Wechsel vom fließenden, teils schwebenden Charakter des einleitenden „Andante“ zum rhythmisch prägnanteren und trennschärferen Rondo deutlich hörbar ist. „Weniger Boxkampf, mehr Kammermusik“ Bei der Besetzung des Orchesters entschied sich Rihm für einen schlanken Klangkörper: Je zwei Holzbläser zuzüglich einer Bassklarinette, zwei Hörner, eine Trompete, eine Posaune und zwei Schlagzeuger gesellen sich zu einem Streicherapparat, dessen Größe sich eher an Schumann oder Mendelssohn orientiert als an Bruckner oder Mahler mit ihrer symphonischen Hundertschaft. Und das überschaubare Personal, das er für seine Partitur vorsieht, wird obendrein nicht kompakt, sondern transparent geführt: Der Tonsatz bleibt stets durchhörbar und erlaubt eine leichte Orientierung. Rihm selbst räumte ein, dass sein 2. Klavierkonzert „der intimeren Gattungsart“ angehöre: „weniger Boxkampf, mehr Kammermusik“. Tatsächlich mag man sich bei den kammermusikalisch inspirierten Dialogen, 5 wie er sie zwischen dem Solopart und vor allem den Holzbläsern anstimmt, an die Mittelsätze vieler Mozart’scher Klavierkonzerte erinnert fühlen, die ganz dem Konversationsideal verpflichtet sind. „Weniger Boxkampf“ bedeutet aber zugleich, dass Rihm den Grundgedanken der Konzertgattung neu und eigensinnig justiert. Denn der Begriff „Konzert“ leitet sich ursprünglich vom italienischen Verb „concertare“ ab, zu Deutsch: „streiten, kämpfen, wetteifern“. Von einem solchen Streit oder einer Rivalität, vom Ringen um die Siegestrophäe, kann in diesem Klavierkonzert allerdings nicht die Rede sein. „Das exquisiteste Pianissimo“ Vielleicht auch deshalb, weil das Soloklavier von vornherein die Hauptrolle spielt und in dieser Position erst gar nicht infrage gestellt wird. 25 Minuten lang, vom ersten bis zum letzten Takt, ist es ununterbrochen im Einsatz, kaum eine Atempause wird ihm gegönnt. Gleichzeitig jedoch unterläuft Rihm alle Erwartungen an ein Virtuosenkonzert: Nie darf der Solist kraftvoll auftrumpfen oder seine Pranke vorführen, nie sollte er die Akkorde herausdonnern, viel eher muss er die Tasten streicheln und zarteste Anschlagsnuancen wagen – dynamisch bewegt sich das Werk über weite Strecken im unteren Lautstärkesegment. Und das hat auch mit dem Interpreten zu tun, der die Uraufführung im vergangenen Sommer bei den Salzburger Festspielen gestaltete und jetzt bei den Münchner Philharmonikern wieder zu erleben ist: mit Tzimon Barto, dem Rihm attestiert, er verfüge „über das exquisiteste Pianissimo, das sich denken lässt“. Übrigens befindet sich Rihm mit seiner 6 Wolfgang Rihm: 2. Klavierkonzert Abkehr von jeglicher exhibitionistischen Zurschaustellung der Fingerfertigkeit abermals im Einklang mit Mozart, dem es beim Klavierspiel vor allem um Geschmack und Empfindung ging. Als Mozart von Kaiser Joseph II. einmal zu einem Pianistenwettstreit mit Muzio Clementi aufgefordert wurde, bezichtigte er den Kollegen hinterher, „ein blosser Mechanicus“ zu sein. Virtuosität war für Mozart also mitnichten die höchste Herausforderung, und auch Rihm ist fest überzeugt davon, dass sein 2. Klavierkonzert viel schwerer zu spielen sei „als normales Virtuosenfutter: Das freie Linienspiel bleibt unberechenbar“. „Von Mozart. Oder von Rihm“ Ohnehin gleiche die Textur seines Werks eher einer „Fein-Zeichnung“ als der Arbeit mit dem „dicken Pinsel“, erklärt Rihm: „Das Virtuose bleibt eingebunden in den Gesang des Ganzen.“ Und damit wäre das zentrale Stichwort gefallen: Schon seit einigen Jahren ist für Wolfgang Rihm das Melos, die Fokussierung auf die horizontale Dimension der Musik, zu einem Lebensthema geworden. Damit steht er freilich quer zu einem Mantra der Nachkriegsavantgarde, die es für bedenklich, wenn nicht gar für illegitim hielt, überhaupt noch Melodien zu komponieren. Der singende Mensch bleibt dagegen das Leitbild in Rihms Arbeit, auch wenn er nicht für die Gesangsstimme schreibt. Und genau an diesem Punkt berührt er sich abermals mit Mozarts Klaviermusik, bei der die Interpreten ebenfalls imstande sein müssen, auf dem Tasten­ instrument zu „singen“. Am meisten aber bewundert Rihm an der Musik Mozarts, „dass sie sich immer entwickelt in einer Weise, die so nicht absehbar ist. Die Tonfolgen, die Materialien sind diejenigen von allen anderen Komponisten damals auch: gebrochene Dreiklänge, Tonleitern, Bassfiguren. Doch dann nimmt es bei Mozart eine Wendung, plötzlich ist man in einem anderen Gebiet. Diese Stimmungsumschwünge, dieses unvorhersehbare ‚klimatische‘ Reagieren auf das Geschehen kenne ich bei kaum einer Musik – höchstens noch bei Debussy.“ Oder kennt er es vielleicht doch auch von sich selbst ? An einem Wechsel der Gestalten und Charaktere herrscht jedenfalls kein Mangel in seinem 2. Klavierkonzert, und wenn sich bestimmte Motive oder Floskeln wiederholen, dann werden sie durch immer andere instrumentale Kombinationen in ein stets neues Licht gerückt und in ihren verschiedensten klanglichen Nuancen ausgelotet. Wolfgang Rihms Empfehlung, sich bei seinem 2. Klavierkonzert einfach Mozart vorzustellen, ist also keineswegs so abwegig, wie sie zunächst klingt. Das eingangs angeführte Zitat lautet übrigens komplett: „Denken Sie, es sei von Mozart. Oder von Rihm. Aber am besten: Sie hören einfach aufmerksam zu.“ Und das lohnt sich allemal ! 7 Die erste Partiturseite des 2. Klavierkonzerts 8 Der Komponist hat das Wort „Husch-quirl-bautz !“ Wolfgang Rihm Herr Rihm, was reizt Sie an der Gattung Klavierkonzert ? Wie ist Ihr Umgang mit der traditionellen Form ? Wenn wir uns die „traditionellen” Klavierkonzerte einmal genauer anschauen, hat jedes seine eigene Form. Genau das ist es, was mich reizt: etwas zu schaffen, das seine eigene Form ausprägt und dennoch in einer Form-Kontinuität steht. Welche Gestalt und welchen Charakter trägt das Werk ? Wie gesagt: eigene Gestalt und eigener Charakter. Aber vielleicht kann man sagen, dass es der intimeren Gattungsart angehört ? Weniger Boxkampf, mehr Kammermusik ? Können Sie den Kompositionsstil und die musikalische Faktur des Konzertes beschreiben ? Nein, denn ich bin ja kein Musikwissenschaftler. Aber wenn man das Stück hört, [...] wird wohl der gesangliche Charakter vieler Partien auffallen. Das eben erwähnte Kammermusikalische. Die Fein-Zeichnung eher als der AnstreicherPinsel. Das schließt ja nicht aus, dass die Linien­ züge manchmal galoppieren und „husch-quirlbautz !“ davonspringen. Das Virtuose bleibt aber eingebunden in den Gesang des Ganzen, sodass es nicht den Vordergrund bildet. Dadurch ist solch ein Stück natürlich viel schwerer zu spielen als normales Virtuosenfutter. Das freie Li- nienspiel bleibt unberechenbar, „virtuell”… der doppelte Boden als Resonanz-Kasten. Das Werk ist Tzimon Barto gewidmet – hat Sie das bei der Komposition inspiriert oder beeinflusst ? Ein außergewöhnlicher Künstler, höchst eigenschöpferisch ! Er verfügt über das exquisiteste Pianissimo, das sich denken lässt. Das hat sicher auf einige Partien meines neuen Stückes eingewirkt. Auch die vielen Gestalt- und Charakterwechsel des Tonfalls weiß ich bei Bartos pianistischer Intelligenz in den besten Händen. Gab es einen Austausch zwischen Ihnen und dem Interpreten während des Kompositionsprozesses ? Nein. Wenn ich komponiere, bin ich nicht „austauschbar”… Haben Sie einen kleinen Tipp oder eine kleine Hör-Hilfe für die Zuschauer, die das Werk zum ersten Mal im Konzert erleben ? Denken Sie, es sei von Mozart. Oder von Rihm. Aber am besten: Sie hören einfach aufmerksam zu. Die Fragen stellte Bjørn Woll Anton Bruckner: 9. Symphonie d-Moll 9 Abschied vom Leben Thomas Leibnitz Anton Bruckner Lebensdaten des Komponisten (1824–1896) Geboren am 4. September 1824 in Ansfelden (Oberösterreich); gestorben am 11. Oktober 1896 in Wien. Symphonie Nr. 9 d-Moll WAB 109 1. Feierlich, misterioso 2. Scherzo: Bewegt, lebhaft 3. Adagio: Langsam, feierlich Fassung von 1894 (ohne das unvollendete Finale) Entstehung Am 21. September 1887, unmittelbar nach der Voll­e ndung der Erstfassung seiner „Achten“, begann Bruckner mit der Komposition einer 4-sätzig geplanten 9. Symphonie, deren 3. Satz er allerdings erst sieben Jahre später, am 30. November 1894, abschließen konnte: Bedingt durch die langwierige Umarbeitung der 8. Symphonie blieb die Komposition der „Neunten“ viele Jahre unterbrochen. Am 24. Mai 1895 begann Bruckner schließlich mit einem 4. (und letzten) Satz, den er aber nicht mehr vollenden konnte. Fassungen und Rekonstruktionen 1906 veröffentlichte Ferdinand Löwe die Sätze 1–3 in einer verfälschenden Bearbeitung als „Originalfassung des Komponisten“. Erst 1934 gab sie Alfred Orel in ihrer Originalgestalt im Rahmen der (alten) Bruckner-Gesamtausgabe heraus und teilte im Sonderband „Entwürfe und Skizzen“ auch die damals bekannten Entwürfe zum 4. Satz mit; eine leicht revidierte Neuauflage brachte 1951 Leopold Nowak heraus. Im Jahr 2000 wurde eine nach dem Autograph grundlegend revidierte kritische Neuausgabe von BenjaminGunnar Cohrs nebst ausführlichem Revisionsbericht in der (neuen) Bruckner-Gesamtausgabe 10 Anton Bruckner: 9. Symphonie d-Moll veröffentlicht. Zum Finale hat man zahlreiche Ergänzungsversuche vorgelegt; als überzeugendste Rekonstruktion gilt diejenige von Nicola Samale, Giuseppe Mazzuca, John A. Phillips und Benjamin-Gunnar Cohrs, deren erste Fassung in den Jahren zwischen 1983 und 1985 entstand und die seitdem immer wieder anhand neuer Skizzenfunde aktualisiert wurde. 1994 wurden von John A. Phillips sämtliche erhaltenen Manu­ skripte des 4. Satzes in einer Faksimile-Ausgabe publiziert. Widmung Bruckners Originalpartitur enthält keine Widmung; nach einer (allerdings lediglich mündlich überlieferten) Mitteilung Bruckners sollte seine letzte Symphonie aber „Dem lieben Gott“ gewidmet sein. Uraufführung Uraufführung der von Bruckner vollendeten Sätze 1–3 in der Bearbeitung seines Schülers Ferdinand Löwe: Am 11. Februar 1903 im Großen Musikvereinssaal in Wien (Wiener „Concertvereinsorchester“ – die späteren Wiener Symphoniker – unter Leitung von Ferdinand Löwe). Uraufführung von Bruckners (noch unveröffentlichter) Originalpartitur in Gegenüberstellung mit Löwes Bearbeitung: Am 2. April 1932 in der Tonhalle in München (Münchner Philharmoniker unter Leitung von Siegmund von Hausegger). Ein erster Versuch, das Fragment des unvollendeten 4. Satzes aufzuführen, wurde 1942 unter Leitung von Hans Weisbach in Leipzig unternommen. Magische Zahl „Neun“ Die Zahl „Neun“ spielt in der SymphonieGeschichte ab Beethoven eine merkwürdige, fast mystische Rolle. Beethoven hinterließ neun Symphonien, Anton Bruckner ebenfalls, und Gustav Mahler zögerte, nach seiner großangelegten „Achten“ nun seinerseits eine „Neunte“ in Angriff zu nehmen. Statt dessen schrieb er „Das Lied von der Erde“ – eine eigene „Neunte“ folgte dennoch, sogar eine fragmentarische „Zehnte“. Zur Zeit Bruckners hatte sich das symphonische Werk Beethovens bereits unverrückbar zum klassischen Kanon verdichtet, und dem Vergleich mit Beethoven hatte sich jeder Symphoniker der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zu stellen. Obendrein wählte Bruckner mit d-Moll die gleiche Tonart wie Beethoven in seinem letzten symphonischen Werk. Das Faktum blieb nicht unbemerkt, und der Komponist äußerte sich dazu in seiner urwüchsigen Art: „Jetzt verdriaßt’s mi’ wirkli’, dass mir’s Thema zu meiner neuen Symphonie grad in d-Moll eing’fall’n is’, weil d’Leut sagen wer’n: Natürli’, die ‚Neunte‘ von Bruckner muaß mit der ‚Neunten‘ von Beethoven in der gleichen Tonart stehn...“ Eine „Unvollendete“ von Bruckner Der anekdotenhafte Charakter dieser Bemerkung sagt freilich wenig über das Wesen der Symphonie aus: Es ist ein Werk von monumentalen Zügen, bekenntnishaft und visionär. Bruckner konnte seine „Neunte“ nicht vollenden; doch im Gegensatz zu Schuberts „Unvollendeter“, die von Schubert offenbar bewusst – aus welchen Gründen auch immer – als Torso hinterlassen wurde, sollte Bruckners letzte Symphonie nach 11 Anton Bruckner zur Entstehungszeit der 9. Symphonie (um 1890) 12 Anton Bruckner: 9. Symphonie d-Moll dem Willen des Komponisten wie alle ihre Vorgängerinnen die klassische Vierzahl der Sätze aufweisen. Bruckner arbeitete trotz Alter und schwerer Krankheit bis zuletzt am Finale; der Tod nahm ihm die Feder aus der Hand – es blieb bei drei vollendeten Sätzen. Der Tendenz des 19. Jahrhunderts, in symphonischen Werken einer „poetischen Idee“ nachzuspüren, hatte sich Bruckner bereits in seinen früheren Symphonien weitgehend verweigert. Gelegentliche programmatische Bemerkungen muten eher wie Konzessionen an die zeitgenössische Erwartungshaltung als wie durchdachte und bewusst gestaltete Konzeptionen an. Im Falle der „Neunten“ fehlen Erläuterungen dieser Art völlig. Bruckner, dem der Umgang mit der Wortsprache zeitlebens schwerfiel, zog hier als Komponist die Bilanz seines Lebens, und dies konnte nur auf der Basis seines unerschütterlichen Glaubens geschehen. Welche Stellung die 9. Symphonie in seinem Denken einnahm, mag man an seinen Überlegungen zu einer möglichen Widmung des Werks ablesen: „Meine früheren Symphonien habe ich diesem und jenem edlen Kunstfreunde gewidmet; die letzte, die ‚Neunte‘, soll nun dem lieben Gott geweiht sein – wenn er annimmt...“ Apokalyptische Klangvisionen Gemäß dem Formkonzept der früheren Symphonien beginnt Bruckner auch in der „Neunten“ keineswegs mit dem Hauptthema selbst, sondern lässt es im Rahmen einer großangelegten Steigerungswelle gleichsam vor dem Hörer entstehen. Ein mystischer Klangraum wird eröffnet; über einem orgelpunktartigen Streicher- tremolo zeichnen die Hörner unisono erste thematische Linien, eine Ausfaltung des d-MollAkkords. Eine harmonisch kühne Überleitung führt zum Hauptthema, das hier – im Gegensatz zur symphonischen Konzeption der Klassiker – kein Ausgangspunkt, sondern bereits das Ergebnis von thematisch-harmonischen Entwicklungen ist. Mit seinen Oktavstürzen und Triolen­ motiven evoziert dieses Thema eine geradezu beklemmende Klangvision, ein tönendes Abbild des Jüngsten Gerichts. Pizzicati der Streicher leiten zur lyrischen „Gesangsgruppe“ über, die von kontrapunktischem Geist geprägt ist: „Haupt-“ und „Nebenstimme“ sind kaum voneinander zu unterscheiden. Der Gegensatz zwischen der dramatischen Wucht des Hauptthemas und der lyrisch-visionären Klangwelt der SeitenthemenGruppe bestimmt das gesamte Geschehen des Satzes, der großformal der klassischen Sonatensatzform entspricht. Wie in Beethovens „Neunter“, aber auch in Bruckners „Achter“, steht an zweiter Stelle nicht das Adagio, sondern das Scherzo. Ein dem Wagner’schen „Tristan-Akkord“ verwandter Holzbläser-Akkord leitet den Satz ein, der dynamisch die gesamte Skala vom geisterhaften Pianissimo bis zu wuchtigem, geradezu brutalem Fortissimo durchläuft. Pizzicato-Figuren beschwören eine beklemmende, totentanzartige Atmosphäre; eine kurze und intensive Steigerung führt zu einem stampfenden Motiv im gesamten Orchester – ein Klangbild von archaischer Wildheit, als hätte der strenggläubige Bruckner hier eine dämonische Vision erlebt. Wie in allen voran­g egangenen Symphonien ist aber auch dieses Scherzo bei aller Kühnheit der Harmonik und Instrumentation in formaler Hinsicht von Anton Bruckner: 9. Symphonie d-Moll klassischer Einfachheit: Die beiden ScherzoRahmenteile umschließen ein deutlich kontrastiertes Trio, das – um mit Bruckner-Biograph Max Auer zu sprechen – an „Tänze entkörperter Wesen“ denken lässt. Von ähnlicher Kühnheit ist der letzte vollendete Satz des Werks, das Adagio. Weite Intervallsprünge hatte Bruckner bereits früher in seinen Themenbildungen geliebt, doch niemals hatte ein Thema so wie hier mit einem Nonen-Sprung begonnen. Dem weit ausgreifenden Themenbeginn, unisono in den Streichern, folgt eine chromatische Weiterführung, an deren Ende erst das komplexe Themengebilde zur nunmehr klar ausgeprägten Grundtonart E-Dur findet. Sehnsucht, Suche, innerer Kampf – diese Assoziationen mögen sich beim Hören dieses Satzbeginns einstellen, und in der weiteren Entwicklung manifestiert sich keineswegs ein Idyll abgeklärter Altersweisheit, sondern ein höchst dramatisches, von Verzweiflungsausbrüchen durchsetztes Ringen. Der dynamische Höhepunkt des Satzes exponiert den höchst dissonanten TredezimenAkkord, unterlegt vom Nonen-Sprung des Satzbeginns. Diese von unaufgelösten Dissonanzen geprägte Stelle könnte durchaus als musikalisches Bild von der Not eines Sterbenden verstanden werden, wozu sich Bruckners Bemerkung fügt, die darauf folgenden, weihevollen SextHarmonien in den Tuben und Hörnern seien „sein Abschied vom Leben“. Die Coda erst, der traditionelle Schlussabschnitt des Satzes, vollzieht die Synthese des Vorangegangenen im Sinne eines friedvollen und verklärenden Abgesangs. 13 Posthumes Schicksal der Symphonie Am 11. Oktober 1896 starb Bruckner, der bis zuletzt an den Skizzen zum Finalsatz der „Neunten“ arbeitete. Obwohl bei seinem Begräbnis, an dem das gesamte musikalische Wien teilnahm, klar erkennbar wurde, dass man die Bedeutung des lange Verkannten und Belächelten nun nicht mehr länger leugnen wollte, dauerte es mehrere Jahre, bis sich ein Dirigent an Bruckners kompositorisches Vermächtnis, an die „Neunte“, wagte. Ferdinand Löwe hatte seit Jahrzehnten zu Bruckners Anhängern und Vorkämpfern gezählt, und er gehörte zu jenen Musikern, die der „Neunten“ nicht Lebensfähigkeit absprachen, sondern in ihr ein vollgültiges Zeugnis des großen Symphonikers sahen. Und dennoch – auch Löwe zögerte, das Werk in der vorliegenden Originalgestalt aufzuführen. Vieles, vor allem die Instrumentation, musste aus seiner Sicht gemildert, zurückgestuft, verfeinert werden. Löwe unterzog die gesamte Symphonie einer Revision und gab ihr eine völlig neue instrumentale Einkleidung. In dieser veränderten klanglichen Gestalt – sorgfältig und gekonnt durchgeführt, aber eben doch nicht Bruckners Intentionen entsprechend – erlebte die 9. Symphonie am 11. Februar 1903 in Wien ihre Uraufführung. „Eine ganz eigenartige, weihevolle Stimmung herrschte vor Beginn der Symphonie in dem überfüllten großen Musikvereinssaal, eine Stimmung, wie etwa in Bayreuth vor Beginn des ‚Parsifal‘ “, berichtete Max Auer. „Bis zum Schluss hielt das Werk jeden Hörer in Bann. Es übte einen Eindruck aus, der nicht tiefer und gewaltiger gedacht werden 14 Anton Bruckner: 9. Symphonie d-Moll kann, und überzeugte selbst die Zweifler, dass uns darin der Meister sein Erhabenstes, sein Heiligstes hinterlassen hat.“ Wiederentdeckung der Original­ fassung In Löwes Bearbeitung und Instrumentation trat nun Bruckners „Neunte“ ihren Siegeszug um die Welt an, und es war zunächst nur Eingeweihten bekannt, dass die Originalhandschrift des Werks, nach testamentarischer Verfügung des Komponisten aufbewahrt in der Musiksammlung der Österreichischen Nationalbibliothek, eine völlig andere Gestalt hatte als die allseits bekannte Version der Wiener Uraufführung. Erst 1932 wurde ernsthaft die Frage gestellt, ob die seinerzeit behauptete „Unspielbarkeit“ der Originalpartitur tatsächlich besteht. Um einen direkten Vergleich zu ermöglichen, spielten die Münchner Philharmoniker unter ihrem Chefdirigenten Siegmund von Hausegger die „Neunte“ zunächst in der bekannten „Löwe-Fassung“, gefolgt von der authentischen, dem Manuskript entnommenen Originalfassung Anton Bruckners. Das Ergebnis war verblüffend, und an der Gültigkeit und Spielbarkeit der Originalversion bestand fortan kein Zweifel mehr. Zur Aufführungsgeschichte 15 „Dem lieben Gott gewidmet“ Gabriele E. Meyer Bruckners „Unvollendete“ bei den Münchner Philharmonikern In diesem Streifzug geht es nicht um eine umfassende Darstellung des gewaltigen rezeptionsgeschichtlichen Spannungsbogens der letzten, unvollendet gebliebenen Symphonie Anton Bruckners, angesiedelt zwischen Klangopulenz und historisierender Durchsichtigkeit, zwischen unreflektierter bis unangemessener Vereinnahmung und objektivierender Strukturanalytik, so herausragend einzelne Interpretationen auch gewesen sein mögen. Im Mittelpunkt stehen vielmehr die wichtigen Stationen der Symphonie selbst innerhalb der Biographie der Münchner Philharmoniker: Etwa die erste Aufführung am 13. November 1903 in der Bearbeitung durch den Bruckner-Schüler Ferdinand Löwe, der weitere Wiedergaben noch im Dezember 1903 sowie anlässlich des „Bruckner-Festes“ 1905 folgten. Ein Jahr später setzte sie Wilhelm Furtwängler auf das Programm seines ambitionierten Debüts als Dirigent und Komponist. Zu den Höhepunkten in der Orchesterbiographie zählen ohne Zweifel die erstmalige Vorstellung der Originalfassung am 2. April 1932 und deren Einspielung sechs Jahre später unter Siegmund von Hausegger. Stellvertretend für alle Aufführungen nach 1945 soll an drei besondere Konzerte erinnert werden: Das erste fand im Rahmen eines Bruckner-Zyklus gleich nach Kriegs- ende statt, das zweite zum Gedächtnis an den verstorbenen Sergiu Celibidache, das dritte unter Christian Thielemann nach den Querelen um seine Vertragsverlängerung. 13. November 1903: Münchner Erstaufführung unter Bernhard Stavenhagen Noch im Jahr der Wiener Uraufführung vom 11. Februar 1903 durch das dortige Konzertvereins­ orchester unter Leitung von Ferdinand Löwe ereignete sich auch die Münchner Erstaufführung. Während Löwe das Werk (dargeboten in einer von ihm selbst durchgeführten Revision und einer „völlig neuen instrumentalen Einkleidung“) nach einer gehörig langen Pause mit dem „Te Deum“ als notgedrungenem Ersatz für das fehlende Finale koppelte, konfrontierte Bernhard Stavenhagen die „Neunte“ am 13. November 1903 im Rahmen eines „Modernen Abends“ mit „Taillefer“ von Richard Strauss, ebenfalls eine Erstaufführung; hinzugesellte sich noch das damals so beliebte „Hexenlied“ von Max Schillings unter Leitung des Komponisten. Glaubt man den Rezensenten der Tagespresse, die meist euphorisch urteilenden „Münchener Neuesten Nachrichten“ einmal ausgenommen, so scheinen in München die Konzertbesucher Bruckners „Unvollendete“ wesentlich nüchterner aufgenommen zu haben als in Wien. So be- 16 Zur Aufführungsgeschichte richtete die „Münchener Zeitung“ zwei Tage später, dass die Symphonie „mit ziemlich lebhaften Beifallsspenden aufgenommen [wurde], allerdings mehr mit jener inneren Wärme und sympathischen Kundgebung, wie sie von den einer Sache mit ihrem Empfinden persönlich Nahestehenden ausgeht, als mit den lauten und geräuschvollen Aeußerungen einer einhellig für einen Gegenstand in Enthusiasmus geratenen Hörermenge.“ Heute würde man von einem Achtungserfolg sprechen. – Lob gab es für Orchester und Dirigent, für letzteren allerdings mit der kleinen Einschränkung, dass er „individuell dem Schaffen [Bruckners] wohl minder nahe stehen mag“. Immerhin aber hat Stavenhagen dem in den „MNN“ und der „Münchener Post“ geäußerten „dringenden Wunsch nach einer öfteren Wiederholung dieser neunten Symphonie“ noch im Dezember desselben Jahres entsprochen. 1905: Erstes „Bruckner-Fest“ Der uneingeschränkte Erfolg stellte sich wohl erst mit der Wiedergabe unter „Direktor“ Ferdinand Löwe ein. Drei Jahre vor dessen zweiter Amtszeit als Chefdirigent der noch „KaimOrchester“ genannten Münchner Philharmoniker wurde er, der „Bruckner-Dirigent par excellence“, für das erste „Bruckner-Fest“ verpflichtet. An zwei Tagen, am 20. und 21. Februar 1905, erklangen neben der „Neunten“ die 4. und 6. Symphonie sowie der 150. Psalm. „Es waren zwei denkwürdige Abende, wahrhafte Ruhmestage des vortrefflichen Kaim-Orchesters“, urteilte Rudolf Louis von den „MNN“. Wie sehr die damalige Bruckner-Rezeption auf den zeitbedingten Änderungen der Bearbeiter beruhte, beweist der Wunsch des Rezensenten, Ferdinand Löwes Art der Bruckner-Interpretation möge Schule machen: „Davon wird es abhängen, ob Bruckners Werke tatsächlich zu einem lebendigen Besitztum unserer Zeit werden können.“ 19. Februar 1906: Wilhelm Furt­ wänglers Debüt als Komponist und Dirigent Nur ein Jahr später, am 19. Februar 1906, debütierte ein junger Mann mit Bruckners „Neunter“, der später einer der bedeutendsten Dirigenten überhaupt werden sollte. Angekündigt war jener Abend als „Konzert des Münchner Komponisten Wilhelm Furtwängler, Sohn des hiesigen Universitätsprofessors und Direktors der Glyptothek“. Der junge Konzertgeber entschied sich für Beethovens Ouvertüre „Die Weihe des Hauses“ und Bruckners 9. Symphonie, dazwischen seine eigene „Symphonische Dichtung in h-Moll“. Dieses Programm, gleichsam ein Griff nach den Sternen, kündete nicht etwa von hybrider Selbstüberschätzung, sondern von Furtwänglers höchstem künstlerischen Anspruch an sich selbst, sah er sich doch primär als Komponist, und das Zeit seines Lebens. Interessant ist, dass Rudolf Louis dem Debütanten „eine starke allgemein musikalische Begabung attestierte“, wie er es auch nicht für ausgeschlossen hält, „daß der junge Künstler mit der Zeit noch einmal einen tüchtigen Dirigenten abgeben werde“. Zur Aufführungsgeschichte Der Bruckner-Zyklus der Spielzeit 1931/32 Das wohl größte Ereignis in der BrucknerRezeption des Orchesters vor der Uraufführung der Originalfassung der 9. Symphonie bildete die von dem Kritiker Paul Ehlers angeregte Veranstaltungsreihe der „Theatergemeinde München“, mit der man während der Konzertsaison 1931/32 erstmals sämtliche Symphonien (also auch die „Nullte“) zur Aufführung bringen woll- 17 te. „Es war das erste Mal in der Welt, daß das gesamte symphonische Werk Bruckners [die Ouvertüre in g-Moll und die „Vier Orchesterstücke“ ausgenommen] ohne Beimischung von Werken anderer Meister und von besonders berufenen Dirigenten dargeboten wurde.“ Siegmund von Hausegger, Chefdirigent der Philharmoniker seit 1920, präsentierte gleich am ersten Abend der Konzertreihe die 1. und 9. Symphonie „als Eckpunkte des zentralen symphonischen Denkens in Bruckners Schaffen“. Konzertankündigung zur Münchner Erstaufführung der 9. Symphonie 18 Zur Aufführungsgeschichte 2. April 1932: Uraufführung der Originalfassung Spätestens seit der Fertigstellung der nach Bruckners Manuskript eingerichteten „Urfassung“ der 9. Symphonie durch Alfred Orel stellte sich auch die Frage nach der Lebensfähigkeit dieser Originalfassung. Im Zuge der Vorbereitungen für das geplante Konzert – der Zusammenbruch des Benno-Filser-Verlags (Augsburg) hätte das Vorhaben beinahe verhindert – hatte Siegmund von Hausegger, künstlerischer Berater der (ersten) Bruckner-Gesamtausgabe, die Idee, beide Fassungen, die Löwe-Bearbeitung und die Originalfassung, einem „auserlesenen Kreise von Kennern und Sachverständigen aus Deutschland und Oesterreich“ zu Vergleichszwecken nacheinander vorzustellen. Das „eminent wichtige musikalische Ereignis“ sollte sogleich nach dem letzten Abonnementkonzert der Wintersaison stattfinden: „Der hochherzigen Einladung der Stadt München und des Münchner Konzert-Vereines folgend, veranstaltet die Internationale Bruckner-Gesellschaft am Samstag, den 2. April 1932, halb 11 Uhr vormittags, in der Tonhalle zu München die Erstaufführung der Urfassung der IX. Symphonie von Anton Bruckner unter Leitung von Geh. Rat Dr. Siegmund von Hausegger. Orchester: Münchner Philharmoniker.“ Die Zuhörer reagierten überwältigt. „Allen Anwesenden schien es“, resümierte Max Auer in seiner Bruckner-Biographie, „als ob das Riesengemälde des Werkes von einer dicken Schicht von Altersstaub befreit worden sei, so daß die früher verschwommenen Umrisse nun deutlich hervortraten und die Farben leuchtend und einfach, wie bei alten Kirchenfenstern, hervortreten würden.“ Willy Krienitz, langjähriger Leiter der Münchner Musikbibliothek, sprach in der „Allgemeinen Musikzeitung“ gar von einer Schicksalswende: „Der denkwürdige Vormittag, an dem diese in ihrer Art ganz einzig dastehende Veranstaltung der Ortsgruppe München der I.B.G. vor einem geladenen Kreise in der Tonhalle stattfand, wurde nicht nur zu einer Schicksalswende der Aufführungspraxis der Neunten, sondern aller Sinfonien überhaupt. Nach den beiden Aufführungen […] konnte kein Zweifel sein, daß in Zukunft ausschließlich die Bruckner’sche Originalpartitur als authentisch zu gelten hat.“ 1938: Erste Schallplatteneinspielung der Münchner Philharmoniker Dass die erste Plattenaufnahme des Orchesters Anton Bruckner galt, war weniger ein Zufall als eine fast natürliche Folge von Löwes und Haus­ eggers nie erlahmendem Einsatz für die Musik des österreichischen Komponisten in München. Vergegenwärtigt man sich allerdings die damaligen technischen Möglichkeiten im Vergleich mit Bruckners Satzdimensionen, so grenzt es an ein Wunder, dass es überhaupt zu Einspielungen gekommen ist. Wie die meisten der philharmonischen Aufnahmen bis 1944 wurde auch die 9. Symphonie während einer Konzertreise produziert. Man fuhr am 20. April 1938 um 8.00 Uhr am Münchner Hauptbahnhof ab und erreichte nach Konzerten in Bayreuth, Dresden, Breslau und Posen am Abend des 24. April Berlin. Der noch erhaltene Reiseplan bestätigt, dass die Symphonie zwei Tage später, am 26. April 1938, ab 10.00 Uhr im Beethoven-Saal an der Köthener Straße für die Firma „Electrola“ eingespielt wurde. Kaum zu glauben: schon am Zur Aufführungsgeschichte folgenden Tag reisten die Musiker zu ihrem nächsten Konzert. – Wie schon bei der Uraufführung hatte Hausegger auch hier einige der „praktischen“ Ideen Löwes beibehalten. Selbst 19 Oswald Kabasta, Hauseggers Nachfolger, begründete in einem Aufsatz „Mein Weg zu Bruckner und zu den Originalfassungen“ seine in manchen Details tolerante Einstellung zu den früheren Bearbeitungen. In diesem Punkt noch gewissermaßen „Kind seiner Zeit“, bevorzugte Kabasta andererseits ausgesprochen zügige Tempi, die den Vergleich mit modernen Aufnahmen nicht zu scheuen brauchen. Neuanfang: Der Bruckner-Zyklus von Hans Rosbaud Als absoluter Glücksfall für die BrucknerRezeption der Münchner Philharmoniker darf der anlässlich des 50. Todestags des Komponisten gebotene Gesamtzyklus in der Aula der Universität gesehen werden, wobei, mit Ausnahme der noch nicht erschienenen „Dritten“, alle Symphonien in ihren Originalfassungen erklangen. In seiner Ankündigung der Spielzeit 1946/47 stellte Hans Rosbaud, erster Chefdirigent nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs, seine Programm­ idee mit folgenden Worten vor: „Den Mittelpunkt unserer Konzerte wird der Bruckner-Zyklus bilden. […] In der Programmgestaltung dieser Reihe stehen die Riesenquader der 5. und 8. Symphonie für sich allein; die anderen Symphonien hingegen werden jedes Mal mit einem Werk verbunden, das zu der folgenden Bruckner-Symphonie in einer stilistischen oder inhaltlichen Beziehung steht.“ Für das Konzert mit Bruckners letzter Symphonie fand Rosbaud eine frappierende Lösung: „Schuberts ‚Unvollendete‘ vor der unvollendeten ‚Neunten‘ Bruckners: zwei unvollendet ,vollendetste‘ Schöpfungen.“ Leider gibt es keine Besprechung dieses programmatisch so interessanten Abends; die „Süddeutsche Zei- 20 Zur Aufführungsgeschichte tung“ erschien mangels Papier noch längst nicht jeden Tag, und der „Münchner Merkur“ startete erst 1948. Doch existiert eine Kurzkritik für das Konzert mit der „Achten“, in der Hans Rosbaud als „hervorragender Bruckner-Interpret“ gerühmt wird: „Er dient diesem Meister mit der gleichen einfühlsamen Werktreue, dem gleichen eindringenden Verständnis und sichern Stilgefühl, der gleichen inneren Wärme, mit denen er Beethoven und Brahms, Berlioz und Liszt, Strauß [sic] und Mahler, Hindemith und Schönberg zu tönendem Leben weckt.“ kompakten, gleichwohl filigranen Streicherklang. – Diese Symphonie auch im österreichischen St. Florian „unmittelbar über Bruckners Sarkophag“ zu musizieren, wie es sich Celibidache gewünscht hatte, war ihm nicht mehr vergönnt. „Er hätte den Raum der barocken Stiftskirche durch musikalische Langsam- und Ausführlichkeit klingend so gefüllt, daß die architektonischen Bauprinzipien und Formteile der Musik bei aller Nachhall-Monumentalität faßlich geblieben wären“ (Wolfgang Schreiber in der „SZ“). 9. September 1996: Gedenk­konzert für Sergiu Celibidache 15. Oktober 2009: Thielemanns „Neunte“ – ein Konzert voll innerer Wut Selten haben die Münchner Philharmoniker Anton Bruckners 9. Symphonie mit so viel Anteilnahme, ja Inbrunst gespielt wie an jenem 9. September des Jahres 1996. Zubin Mehta erhob den Taktstock zum Gedenkkonzert für Sergiu Celibidache, den drei Wochen zuvor verstorbenen Künstlerischen Leiter des Orchesters. Alles, was die Musiker unter „ihrem“ Maestro erarbeitet, erkämpft, erschaffen hatten, verdichtete sich nun zu einer unwiederbringlich eindrucksvollen Ehrung. – In München hatte Celibidache Bruckners „Unvollendete“ letztmalig zu Beginn der Saison 1995/96 dirigiert. „Manche Celibidache-Bewunderer von einst sind enttäuscht, weil das virtuose Element eine geringere Rolle denn je spielt“, vermutete die „Frankfurter Rundschau“; jedoch: „Für den wachen, offenen Zuhörer bedeutet es: immer näher, menschlicher.“ – Uneingeschränktes Lob ward dem Orchester gezollt. Allenthalben sprach man von dessen „Bruckner-Kompetenz“. Man rühmte die Bläser, vor allem das Blech, pries den Christian Thielemanns erster Auftritt in der Spielzeit 2009/10 war Anton Bruckners letzter Symphonie gewidmet. Diesem Abend waren wochenlange, teilweise höchst unerquicklich geführte Auseinandersetzungen zwischen Orchester und Chefdirigent vorausgegangen, welche endlich das Scheitern der anstehenden Vertragsverlängerung für den Generalmusikdirektor bedeuteten. Nur wenige Tage vor dem Konzert hatte das sächsische Kunstministerium Thielemanns Verpflichtung als Chefdirigent der Dresdner Staatskapelle bekannt gegeben. Kurz und unterkühlt der zeremonielle Begrüßungsapplaus an jenem 15. Oktober 2009. Beim Auftreten der Konzertmeister wurden die Philharmoniker gar mit einem Buh-Sturm des versammelten Publikums abgestraft; ostentativer Jubel, durchsetzt von einigen wenigen Missfallenskundgebungen, hingegen für den noch amtierenden Chef. Beinahe jeder Zuhörer stellte sich die Frage, ob es in einer solch aufgela- Zur Aufführungsgeschichte denen Situation überhaupt möglich sei, ein derart komplexes Werk angemessen wiederzugeben. Doch Thielemann kam rasch zur Sache, und das kaum für möglich Gehaltene geschah – trotz anfänglicher Unsicherheiten und verständlicher Nervosität. Die Intensität des Musizierens auf beiden Seiten, basierend auf dem in langjähriger Annäherung erworbenen Wissen um die Partitur, riss auch diejenigen im Saal mit, die sich noch an Celibidaches transzendentale Sichtweise erinnerten. „Überwältigend waren alle Stellen düsteren Brütens, grandios der verzweifelte Zusammenbruch auf dem Höhepunkt des Adagios mit dem Aufschrei des Tredezimenakkords“, wie Robert Braunmüller in der „AZ“ befand. Thielemann aber, bei Bruckner ohnehin mehr dem großen Klang und der Dramatik des Themenaufbaus zugetan, war von der Aufführung schlichtweg überwältigt. Er umarmte sämtliche Konzertmeister und verabschiedete sich von jedem Stimmführer mit Handschlag. Beim Gang vom Podium schüttelte er einige Male den Kopf, als könne er immer noch nicht begreifen, was da in den letzten Monaten passiert war… Die „Neunte“ – trotz „Unvollendet­ heit“ vollendet ? Bis auf den heutigen Tag wurde Bruckners „Neunte“ bei den Münchner Philharmonikern immer als dreisätziges Werk aufgeführt, obwohl es Bemühungen um die Rekonstruktion bzw. Vervollständigung des Finales aus dem erhaltenen Skizzenmaterial gab und gibt. Immerhin zeigt es fast lückenlos den Formverlauf bis weit in die Reprise. Allerdings fehlen jegliche Hinweise auf die Coda, den für Bruckner entscheiden- 21 den Schlussteil. Alle bislang (allerdings nicht in philharmonischen Konzerten) vorgestellten Vervollständigungsversuche müssen aber letztlich unbefriedigend bleiben, weil sich Bruckners schöpferische Vision auf einer Ebene bewegt, die menschliches Vorstellungsvermögen weit übersteigt. Könnte es sein, dass der Komponist im langsamen Satz (nach dem beinahe exzessiven Scherzo) schon etwas ganz anderes ausdrücken wollte – und darum das Finale trotz aller Überlegungen „kein Thema“ mehr war ? „Mit ,Abschied vom Leben‘“, so Reinhard Schulz, „hat hier Bruckner eine Passage, eine absteigende Linie in Hörnern und Tuben, bezeichnet. Am Schluss des Satzes scheint der Klang schwerelos zu werden, ein rückblickendes Zitat auf seine 7. Symphonie, seine erfolgreichste, beschließt das Adagio. […] In merkwürdiger Logik konnte die Symphonie, die ‚dem lieben Gott‘ gewidmet war, keine abgeschlossene, keine endliche werden.“ 22 Die Künstler Christoph Eschenbach Dirigent Holstein Musik Festival inne, dessen Orchesterakademie er als Principal Conductor bis heute leitet. Christoph Eschenbach begann, gefördert von George Szell und Herbert von Karajan, seine Musikerlaufbahn als Pianist. Seit 1972 verfolgt er eine ebenso erfolgreiche Karriere als Dirigent, die ihn zu regelmäßigen Gastengagements bei den Wiener und New Yorker Philharmonikern, bei der Staatskapelle Dresden, beim London Philharmonic, beim Concertgebouworkest Amsterdam und beim Chicago Symphony Orchestra führt. Als einer der führenden Dirigenten unserer Zeit wurde Christoph Eschenbach mit Beginn der Saison 2010/11 zum Music Director des National Symphony Orchestra und des John F. Kennedy Center for the Performing Arts in Washington, D.C. berufen. Davor stand er neun Jahre lang in gleicher Position dem Orchestre de Paris vor. Weitere bedeutende Chefpositionen hatte Christoph Eschenbach in der Vergangenheit beim Philadelphia Orchestra, beim Tonhalle Orchester Zürich, beim NDR Sinfonieorchester Hamburg sowie als Künstlerischer Leiter beim Schleswig- An der New Yorker Metropolitan Opera, am Mariinsky-Theater St. Petersburg, an der Lyric Opera Chicago und bei den Bayreuther Festspielen u. a. trat er als Operndirigent auf. Als Klavierbegleiter auf dem Gebiet der Liedinterpretation verbindet Christoph Eschenbach eine fruchtbare Zusammenarbeit mit Sängern wie Matthias Goerne. Zahlreiche, zum Teil preisgekrönte Einspielungen dokumentieren seit über 40 Jahren seine künstlerische Arbeit als Pianist und Dirigent. Christoph Eschenbach wurde zum „Commandeur dans l‘Ordre des Arts et des Lettres“ und zum „Chevalier dans l‘Ordre de la Légion d‘Honneur“ ernannt und ist Träger des Bundesverdienstkreuzes. Außerdem erhält er in diesem Jahr den renommierten Ernst-von-Siemens-Musikpreis. Die Künstler 23 Tzimon Barto Klavier Der internationale Durchbruch erfolgte Mitte der 1980er Jahre, als Tzimon Barto auf Einladung Herbert von Karajans im Wiener Musikverein und bei den Salzburger Festspielen auftrat. Seitdem konzertierte Tzimon Barto mit beinahe allen international bedeutenden Orchestern und ist gern gesehener Gast bei den großen Musikfestivals. In seiner nunmehr gut 25-jährigen Karriere arbeitete er häufig als Solist wie auch als Duopartner mit Christoph Eschenbach zusammen, mit dem ihn eine ebenso lange Freundschaft verbindet. Tzimon Barto spielte zahlreiche CDs ein; in jüngster Zeit sind Aufnahmen mit Werken von Schubert, Haydn, Rameau und Ravel erschienen. Als entschiedener Förderer der zeitgenössischen Musik rief Tzimon Barto 2006 einen eigenen Kompositionspreis für Klavier solo ins Leben. Der 1963 geborene amerikanische Pianist Tzimon Barto wuchs in Florida auf, wo er im Alter von fünf Jahren ersten Klavierunterricht von seiner Großmutter erhielt. Sein Studium absolvierte er an der New Yorker Juilliard School bei der renommierten Klavierdozentin Adele Marcus. Bereits als Student gewann Tzimon Barto zwei Mal hintereinander den internationalen Gina Bachauer Klavierwettbewerb für junge Pianisten und profilierte sich gleichzeitig als Dirigent, wofür ihn das Tanglewood Institute mit dem „Most Outstanding Student Award“ auszeichnete. Der vielseitig interessierte Pianist spricht fünf Sprachen fließend, liest Altgriechisch, Latein und Hebräisch und lernt derzeit Mandarin. Zusätzlich zu seiner Musikerkarriere betätigt sich Tzimon Barto als Schriftsteller und hat eine Gedichtsammlung, einen Roman und eine Novelle veröffentlicht. e ilh a Bl rm ät on te is r ch Ph 24 Auftakt „Ewig jung“ Die Kolumne von Elke Heidenreich Eine Fülle wunderbarer Konzerte können Sie in den nächsten Wochen bei den Münchner Philharmonikern hören, wohlbekannte alte und herausfordernde neue Musik, und es ist für mich immer wieder ein schönes Wunder, dass die Konzertsäle, wo auch immer, fast voll werden mit Zuhörern. Da spielen Menschen für andere Menschen Musik, die man doch auch zuhause auf CD oder im Radio hören könnte – aber nein, man macht sich auf in den Konzertsaal, zahlt sogar Eintritt, nur, um zusammen zuzuhören. Das klingt altmodisch und ist es auch – schon etwa seit dem 17. Jahrhundert gibt es diese Art Konzerte. Früher fanden sie in Kirchen oder an Fürstenhöfen statt, und dann kam um die Mitte des 17. Jahrhunderts in England ein Mr. Bannister auf die Idee, Konzerte in Tavernen, in Kneipen spielen zu lassen, gegen einen kleinen Eintritt. Das wurde ein großer Erfolg, auch Mozart hat noch in Tavernen gespielt, als er London besuchte. Und so, kann man sagen, kam die Musik endgültig unters Volk. Bis heute können wir wählen zwischen einem Jazzoder Rockkonzert, einem Konzert von Helene Fischer oder den Wiener Sängerknaben, zwischen klassischem Konzert mit Bekanntem oder Konzerten, die neue Musik anbieten. Oft wird das Neue mit dem Alten gemischt, damit es eine Chance hat, auch gehört zu werden, und ich habe schon Konzerte erlebt, wo man sich nach Beethoven vor dem „Neutöner“ fürchtete und dann nach dem Neuem eigentlich nichts Altes mehr hören wollte. Wir kennen so viele Stücke, aber im Konzertsaal live klingen sie plötzlich wieder anders, je nach Dirigent schon sowieso. Ich frage mich oft – und ja nicht nur ich – ob das Konzert eine aussterbende, eine altmodische Gattung ist. Aber dann sehe ich in Köln, wo ich lebe, über tausend Menschen donnerstags zu den kostenlosen Mittagskonzerten in die Philharmonie strömen – oft ungeübte Zuhörer, die einfach mal eben vom Bahnhof oder Dom nebenan für eine halbe Stunde reinschneien. Und München bietet in Kooperation mit Kulturraum Konzerte für sozial schwache Menschen an, die Philharmoniker gehen unter der Überschrift „Spielfeld Klassik“ gezielt auf junge Hörer in Schulen, der Uni oder sogar Kindergärten zu, spielen in Clubs und Off-Locations, jungen und alten Menschen wird der Besuch von Generalproben ermöglicht, und all diese Angebote werden dankbar angenommen. Also: von wegen, das klassische Konzert ist ein Anachronismus! Sein Ende wurde schon oft heraufbeschworen – als die Mäzene an den Fürstenhöfen wegfielen, als Radio und Schallplatte aufkamen, aber die Begegnung Künstler-Publikum hat überdauert. Die Zahl der in Deutschland jährlich gespielten Konzerte geht in die Tausende, die der Besucher liegt bei rund vier Millionen, nach den letzten Zahlen, die ich kenne. Sie gehören dazu. Eine gute Entscheidung! Ph Orchesterakademie Wir haben drei neue Akademisten: Johannes Treutlein (Kontrabass) wird ab März Mitglied unserer Orchesterakademie sein, Philipp Lang (Trompete) und Vicente Climent Calatayud (Posaune) ab April. Folgende Orchesterakademie-Stipendien sind noch ausgeschrieben: Flöte (Probespieltermin: 11.06.15), Oboe (Probespieltermin: 01.07.15), Klarinette (Probespieltermin: 20.04.15) und Fagott (Probespiel termin: 07.05.15). Bewerbungen bitte an: [email protected]. Leitbild Auch wir haben nun ein Leitbild, das in den letzten Monaten von einem Gremium aus Orchestermusikern und Kollegen der Direktion erarbeitet wurde. Verabschiedet wurde dieses Leitbild feier- 25 lich mit einem Neujahrs-Umtrunk nach einem Konzert. Einzusehen ist unser Leitbild auf www.mphil.de Herzlichen Glückwunsch Die Münchner Philharmoniker gratulieren ihrem ehemaligen Solo-Bratschisten Sigfried Meinecke zum 99. Geburtstag! Fußball Wetterbedingt wurden die Trainingseinheiten unserer Fußballmannschaft auf Eis gelegt. Aber auch bei uns wird die Winterpause zu harten Verhandlungen genützt: die Termine für die nächsten Trainingsstunden mit Konstantin Sellheim stehen! Sollte der Frühling noch so sonnig werden – die Fußballmannschaft der Staatsoper kann sich schon mal warm anziehen. MPhil vor Ort Egal ob Club oder Hofbräuhaus, wir sind dabei! Im Januar gab es ein weiteres Konzert in der MPhil vor Ort-Reihe mit Holleschek+Schlick, dieses Mal im Postpalast an der Hackerbrücke. Erst Beethovens 6. Symphonie und „The Light“ von Philip Glass, anschließend Fest mit Disc- und Video-Jockeys und einem Überraschungs-Auftritt um 1 Uhr. „Ehrensache“ ist wieder das Konzert der Blas musik der Münchner Philharmoniker im Hofbräuhaus. Beginn ist am 29.3. um 11 Uhr, Karten gibt’s bei MünchenTicket. e Herzlich Willkommen Quirin Willert (Wecheselposaune) und unser ehemaliger Akademist Thomas Hille (Kontrabass) treten ab März ihren Dienst bei uns an. Wir freuen uns und wünschen alles Gute für das Probejahr! Auch unsere ehemalige Akademistin Yushan Li (Viola) kehrt zurück. Direkt nach ihrem bestandenen Probespiel ging sie in ein halbes Jahr in Babypause, im April beginnt sie ihr Probejahr. Ihr Ehemann Valentin Eichler, ebenfalls Bratschist bei uns, geht dafür in Elternzeit. ch is on m er ar ätt ilh Bl Philharmonische Notizen e ilh a Bl rm ät on te is r ch Ph 26 Wir gratulieren... ...Mia Aselmeyer und Jano Lisboa zum bestandenen Probejahr Mia Aselmeyer wurde 1989 in Bonn geboren, wo sie auch aufwuchs. Ihren ersten Hornunterricht erhielt sie im Alter von neun Jahren bei Rohan Richards, Hornist des Beethoven Orchesters Bonn. Während eines einjährigen High-School-Aufenthalts in Michigan, USA, feierte sie mit mehreren Ensembles verschiedene Wettbewerbserfolge. Vor dem Abitur war sie Jungstudentin bei Paul van Zelm an der Kölner Musikhochschule und wechselte dann an die Hochschule für Musik und Theater Hamburg, wo sie bei Ab Koster ihr Hauptfachstudium absolvierte. Währenddessen war sie Mitglied der Jungen Deutschen Philharmonie, des Orchesters des Schleswig-Holstein-Musik-Festivals sowie zahlreichen Kammermusikensembles. Von 2011 bis 2013 war sie Mitglied der Giuseppe-Sinopoli-Akademie der Sächsischen Staatskapelle Dresden. Außerdem war sie Stipendiatin des Vereins Yehudi Menuhin Live Music Now. Ihre Orchestertätigkeiten führten Mia Aselmeyer an bedeutende Konzerthäuser Europas, Amerikas und Asiens. Für die Saison 2013/14 erhielt sie einen Zeitvertrag bei den Münchner Philharmonikern, seit Beginn der Saison 2014/15 ist sie festes Mitglied der Horn-Gruppe. Ph ch is on m er ar ätt ilh Bl 27 Geboren in Viana de Castelo in Portugal, bekam Jano Lisboa im Alter von 13 Jahren Viola-Unterricht. Er setzte seine Ausbildung bei Kim Kashkashian am New England Conservatory in Boston fort und schloss sein Studium in den USA mit dem Master of Music ab. Außerdem studierte er Streichquartett bei Rainer Schmidt (Hagen Quartett) an der Reina Sofia Music School in Madrid. Regelmäßig tritt Jano Lisboa bei Solo – und Kammermusikkonzerten in Europa, USA, Brasilien und Afrika auf. Jano Lisboa arbeitete mit Tigran Mansurian an dessen Violakonzert „…and then I was in time again“, führte Fernando Lopes-Graças „Viola Concertino“ mit dem Orquestra do Norte und das Viola-Konzert von Alexandre Delgado mit dem Gulbenkian Orchestra in Lissabon auf. Er ist Gewinner des „Prémio Jovens Músicos“ (Lissabon), des „NEC Mozart Concerto Competition“ (2006, Boston, USA) und des „Watson Forbes International Viola Competitions“ (2009, Schottland). Darüber hinaus wurde Jano Lisboa mit der Bürgerverdienstmedaille seiner Heimatstadt ausgezeichnet. Jano Lisboa war Mitglied des Münchener Kammerorchesters und Künstlerischer Leiter des Kammermusik-Festivals Viana in Portugal. Seit September 2013 ist er der Solobratschist der Münchner Philharmoniker. Er spielt eine Bratsche von Ettore Siega von 1932 mit einem Bogen von Benoît Rolland. e Wir gratulieren... e ilh a Bl rm ät on te is r ch Ph 28 Symposium in Buchenried Das Musiksymposium am Starnberger See Simone Siwek Von 3.–6. Januar 2015 trafen sich zum zweiten Mal Neugierige, Musikinteressierte und Profis am Starnberger See in Buchenried, einem Haus der Münchner Volkshochschule. Im Januar 2014 startete die Reihe mit dem Titel „Musik ist Kommunikation“, das diesjährige Thema lautete „Musik ist Idee“. Haus Buchenried bietet nach dem Umbau attraktive Seminarräume, aber auch Übernachtungsmöglichkeiten – beides in großartiger Lage. So entstand die Idee, in Kooperation zwischen der Münchner Volkshochschule, dem Kulturreferat der Landeshauptstadt München und den Münchner Philharmonikern ein Projekt für diesen Ort zu entwickeln. Das Musiksymposium bietet eine besonders persönliche und ambitionierte Beschäftigung mit Aspekten des Musizierens in einem Kreis zwischen 30 und 40 Teilnehmern – für die Menschen, die sie rezipieren ebenso wie für diejenigen, die sie zu ihrem Beruf gemacht haben. Idee und Konzept zum Musiksymposium stammen von Gunter Pretzel, Bratschist der Münchner Philharmoniker: Drei Tage im allerersten Beginn des Jahres, noch außerhalb jeder Zeit, fern jeden Alltags; drei Tage voller Klang, Ideen, Bildern und Begegnungen; eine Auszeit im Innersten der Musik: dies sind die Symposien in Buchenried am Starnberger See. In diesem Jahr war es der Intuition gewidmet und damit der Frage nach dem Entstehen von Musik im Moment ihres Erklingens. Denn nicht jede erklingende Notenfolge ist zugleich auch schon Musik. Musik kann entstehen – oder auch nicht. Was ge- schieht im Entstehen von Musik? Wie erarbeitet sich der Musiker das Werk, wie geht er auf die Bühne, was muss er tun, dass Musik entstehen, dass Musik sich ereignen kann? Dabei ist die Frage nach dem Entstehen von Musik im Moment ihres Erklingens das Leitmotiv, das alle diese Symposien verbindet. Sie ist wahrlich nicht einfach zu beantworten, wenn es denn überhaupt möglich ist. Aber wenn die Dozenten und Interpreten bereit sind, in aller Offenheit sich mitzuteilen, dann führt diese Fragestellung zu einer Nähe von sich Mitteilenden und Hörenden, die sonst kaum zu erreichen ist. Gunter Pretzel und Prof. Peter Gülke Das Wort ist hier nur eines von vielen Formen der Mitteilung: kommentierte Proben, in denen der Musiker sein Denken dem Publikum eröffnet, Klangspaziergänge, die zu eigenem kreativen Hören anstiften, Performances, in denen das Thema wie ein Ph ch is on m er ar ätt ilh Bl 29 künstlerisches Motiv aufscheint und Anleitungen zu konzentriertem Hören umschreiben das Gemeinte vielfältig und facettenreich. Ein Begriff wie der der Intuition, der sich ja jedem sprachlichen Zugriff entzieht, bleibt so gewärtig, ohne sein Geheimnis und damit seine Faszinationskraft zu verlieren. Mit einer offen gebliebenen Frage bleibt auch die Wahrnehmung geöffnet. So wird sie mitgenommen in alle weiteren Begegnungen mit Musik, auf die der Hörer sich in dem dann folgenden Jahr einlässt. Er wird feststellen, wie sich sein Hören sensibilisiert hat und er wird noch intensiver bereit sein, sich auf das Mit-Teilen des Künstlers einzulassen. Die Programme von SPIELFELD KLASSIK wollen Neugierigen die Möglichkeit geben, der Musik zu begegnen und gemeinsam Entdeckungen zu machen. Daher wurde die Idee von Gunter Pretzel gerne in die Tat umgesetzt. Er gestaltet die Tage jeweils gemeinsam mit Marianne Müller-Brandeck (MVHS), Heike Lies (Kulturreferat München) und Simone Siwek (Münchner Philharmoniker). Neben den Inhalten und allem Organisatorischen liegt der Fokus auch darauf, interessante Dozenten und Mitwirkende zu gewinnen. Allen voran Ernst von Siemens Musikpreisträger, Dirigent und Musikwissenschaftler Prof. Peter Gülke, der das Symposium seit seiner Premiere im Januar 2014 mit Vorträgen und Gesprächen prägt. Auch für die Fortsetzung im Januar 2016 hat er seine Teilnahme wieder bestätigt. Weitere Mitwirkende sind Daniel Ott und Manos Tsangaris (Leitung der Münchner Biennale ab 2016), Prof. Denis Rouger (Professur für Chorlei- HAUSCHKA während der Probe mit Florentine Lenz und Traudel Reich tung an der Musikhochschule Stuttgart), Dr. Thomas Girst (BMW Group, Kulturengagement), Komponist und Pianist HAUSCHKA, Komponist und Jazztrompeter Matthias Schriefl. Musikerinnen und Musiker der Münchner Philharmoniker sind in Ensembles beteiligt und gehen musikalische Experimente ein, wenn sie z.B. auf den Jazztrompeter Matthias Schriefl oder Pianist HAUSCHKA treffen. Beide komponierten eigens für diesen Anlass und arbeiteten mit den Ensembles vor Ort. Die Planungen für 3.–6.1.2016 sind in vollem Gange. Weitere Infos erhalten Sie unter spielfeld-klassik.de e Symposium in Buchenried e ilh a Bl rm ät on te is r ch Ph 30 Orchestergeschichte Ein Konzert zwischen Königreich und Republik Gabriele E. Meyer Am 7. November 1918 kam es im Zusammenhang einer Friedenskundgebung auf der Theresienwiese zu einem Massenaufstand, der noch am selben Abend die Herrschaft der Wittelsbacher beenden sollte. An jenem Abend dieses „Schicksalsmoments“, so Bruno Walter in seinen Erinnerungen, fand auch ein Konzert der Münchner Philharmoniker (damals noch unter dem Namen Konzertvereinsorchester musizierend) statt. Hans Pfitzner, der gegen Ende des Ersten Weltkrieges Hals über Kopf seine Straßburger Stellung als Opernchef, Orchesterleiter und Konservatoriumsdirektor aufgeben musste und zunächst notdürftig in der Residenzstadt München untergekommen war, hatte die Leitung übernommen. Auf dem Programm standen Haydns B-DurSymphonie von 1782, Schumanns 4. Symphonie und Webers „Oberon“-Ouvertüre, sodann die „Nachtigallen“-Arie aus Händels Oratorium „L’Allegro, il Pensieroso ed il Moderato“. Zu hören waren außerdem Klavierlieder von Brahms und vom Komponisten selbst, wobei Pfitzner auch als Liedbegleiter auftrat, eine damals noch gängige Praxis in Orchesterkonzerten. Angesichts der sich überschlagenden Schreckensnachrichten schon tagsüber machten sich verständlicherweise nur unerschrockene Konzertbesucher auf den Weg in die Tonhalle, unter ihnen auch die Musikrezensenten von der „Münchner Post“ und den „Münchner Neuesten Nachrichten“. Zu Beginn des Konzerts lebte man noch im Königreich Bayern, am Ende hatte Kurt Eisner bereits die Republik ausgerufen und den Freistaat Bayern proklamiert. Von den ohnehin nicht zahlreichen Zuhörern scheint angesichts der bis in den Saal vernehmbaren Schießereien nur eine Handvoll bis zum letzten Programmpunkt ausgeharrt zu haben. Erst sehr viel später, am 20. bzw. 26. November, erschienen die beiden Besprechungen. Der just zu der Zeit als Kritiker der „MP“ tätige Musikwissenschaftler Alfred Einstein sprach „von Kunsterlebnissen höchster Art, wie sie nur ein geniales Musikertum vermitteln kann“. Diesen Eindruck bestätigten fast acht Tage später auch die „MNN“. „Pfitzner hat es vermocht“, ließ R. W. die Leser wissen, „mit der Symphonie in B-dur von Haydn, der Oberon-Ouvertüre von Weber und ganz besonders mit der hinreißend schwungvoll gestalteten Symphonie in d-moll von Schumann das Publikum zu begeistern. Man erlebte es einmal wieder, was es bedeutet, wenn eine schöpferische künstlerische Persönlichkeit von der Bedeutung Pfitzners zum Dirigentenstab greift.“ Insbesondere die trotz aller straffen und strengen Rhythmik elastisch federnde Agogik, die feine Dynamisierung und die ungewohnt rascheren Allegrotempi hatten es dem Rezensenten angetan. Solistin des Abends war die Dresdner Sopranistin Gertrud Meinel, die, neben der „Nachtigallen“-Arie, noch einige Lieder „von Pfitzner hervorragend schön am Klavier begleitet“ sehr „empfindungsfähig“ vortrug. Pfitzner musste eigentlich zufrieden sein. Der hypersensible Komponist aber stand, nicht zum ersten Mal in seinem Leben, unter dem Eindruck, „daß nur ihm eine solche revolutionäre Unannehmlichkeit“ (Bruno Walter), wie er sie an jenem 7. November erlebt hatte, passieren könne. Ph ch is on m er ar ätt ilh Bl 31 Komponist und Pianist HAUSCHKA Volker Bertelmann Als mich Heike Lies vom Münchner Kulturreferat zum ersten Mal anschrieb, ob ich nicht Lust hätte, bei einem Symposium in Buchenried mit Musikern der Münchner Philharmoniker zu arbeiten, da fiel diese Anfrage genau in eine Zeit, in der mein Interesse für die Zusammenarbeit mit klassischen Musikern in ein neues Stadium kam. Ich hatte gerade ein Angebot beim MDR Symphonieorchester in Leipzig (Anm: als Artist in Residence) angenommen und war somit schon auf der Suche, wie ich Klang im skulpturalen Sinne in eine Komposition einbringen und wie deren Umsetzung aussehen kann. Ich sagte zu und war sehr schnell mit Gunter Pretzel und Simone Siwek im Gespräch über inhaltliche Fragen bezüglich experimenteller Musik und über die Besetzung. Eine der maßgeblichen Fragen, die mich umtreibt, ist: wie bekomme ich den Sound aus meinen präparierten Klavierstücken in ein Ensemble oder Orchester transportiert? Denn viele der Sounds, die sich in meinen Kompositionen entwickeln, entstehen erst vor Ort und auch in Abhängigkeit von Instrument und Raum. Ich habe mich für verschiedene Stufen der Arbeit in den nächsten Jahren entschieden, in denen ich den Klang des Orchesters mit fertig notierten Kompositionen für mich auslote und gleichzeitig freie Improvisationen als Inspirationsquelle, aber auch als Zulassen des Zufallsereignisses in meine Musik und Arbeit mit klassischen Musikern einbaue. Bei meiner Zusammenarbeit mit Hilary Hahn ist es zum Beispiel ein wunderbares Gefühl für uns beide, aus unserem Fundus an musikalisch erlerntem Wissen zu schöpfen und es gezielt abzurufen, ohne Themen aus unserer gemeinsamen CD (Anm: „Silfra“ Hilary Hahn & Hauschka, 2012) zu vergessen. Mit all den Gedanken traf ich mich nun zur Improvisation mit acht Musikerinnen und Musikern der Münchner Philharmoniker und versuchte herauszufinden, wie die Psychologie in unserer Gruppe funktioniert. Wie erlangt man Zugang zu dem Repertoire, das man in sich trägt, welches aber oft mit Ängsten und Zweifeln besetzt ist? Oft ist das Wissen in vielen Jahren abtrainiert worden und muss wieder reaktiviert werden. Wir spielten etwa eineinhalb Stunden und ich hatte große Freude, denn es waren allesamt Menschen, die Lust auf Neues hatten, die Lust hatten, Unsicherheiten zu überwinden – und es waren alles wundervolle Musiker! Es ging hier nicht – wie gerne angenommen wird – darum, irgend etwas zu revolutionieren oder die übliche Art Musik zu machen in Frage zu stellen. Sondern um einen Teil, der auch zum Musikmachen dazugehört, nämlich mit Kraft nach dem eigenen Ausdruck zu suchen und vielleicht etwas zu formen, das unserer gemeinsamen Vorstellung von Musik entspricht. Viele Pläne gibt‘s und ich hoffe, die Zusammenarbeit geht weiter. e Das letzte Wort hat... 32 Fr. 10.04.2015, 20:00 Uhr 6. Abo c Sa. 11.04.2015, 19:00 Uhr 7. Abo d So. 12.04.2015, 19:00 Uhr 6. Abo f Felix Mendelssohn Bartholdy „Elias“ op. 70 Andrew Manze, Dirigent Sally Matthews, Sopran Daniela Sindram, Mezzosopran Christian Elsner, Tenor Michael Volle, Bariton Philharmonischer Chor München, Einstudierung: Andreas Herrmann Vorschau Sa. 18.04.2015, 13:30 Uhr 5. ÖGP So. 19.04.2015, 11:00 Uhr 7. Abo m Mo. 20.04.2015, 20:00 Uhr 4. Abo k5 Di. 21.04.2015, 20:00 Uhr 5. Abo e5 Carl Nielsen Ouvertüre zur Oper „Maskarade“ Pjotr Iljitsch Tschaikowsky Konzert für Violine und Orchester D-Dur op. 35 Igor Strawinsky „Scherzo fantastique“ op. 3 Dmitrij Schostakowitsch Symphonie Nr. 1 f-Moll op. 10 Paavo Järvi, Dirigent Joshua Bell, Violine Impressum Herausgeber Direktion der Münchner Philharmoniker Paul Müller, Intendant Kellerstraße 4, 81667 München Lektorat: Christine Möller Corporate Design: Graphik: dm druckmedien gmbh, München Druck: Color Offset GmbH, Geretsrieder Str. 10, 81379 München Gedruckt auf holzfreiem und FSC-Mix zertifiziertem Papier der Sorte LuxoArt Samt. Textnachweise Susanne Stähr, Thomas Leibnitz, Gabriele E. Meyer, Elke Heidenreich, Monika Laxgang, Simone Siwek, Gunter Pretzel und Volker Bertelmann schrieben ihre Texte als Originalbeiträge für die Programmhefte der Münchner Philharmoniker. Lexikalische Angaben und Kurzkommentare: Stephan Kohler. Künstlerbiographien: Christine Möller. Alle Rechte bei den Autorinnen und Autoren; jeder Nachdruck ist seitens der Urheber genehmigungs- und kostenpflichtig. So. 26.04.2015, 11:00 Uhr 6. KaKo „Britische Ansichten“ Joseph Haydn Klaviertrio D-Dur Hob. XV:24 Graham Waterhouse „Bells of Beyond“ Frank Bridge „Miniatures“ George Onslow Klaviertrio C-Dur op. 3 Nr. 2 Verdandi-Trio: IIona Cudek, Violine Elke Funk-Hoever, Violoncello Mirjam von Kirschten, Klavier Bildnachweise Abbildungen zu Wolfgang Rihm: © Universal Edition / Eric Marinitsch; Wolfgang Rihm, 2. Klavierkonzert für Klavier und Orchester, © Copyright 2014 by Universal Edition A.G., Wien/UE 36442 www.universaledition.com. Abbildungen zu Anton Bruckner und zur Aufführungsgeschichte seiner 9. Symphonie bei den Münchner Philharmonikern: Leopold Nowak, Anton Bruckner – Musik und Leben, Linz 1995; Gabriele E. Meyer, 100 Jahre Münchner Philharmoniker, München 1994; Archiv der Münchner Philharmoniker; Künstlerphotographien: Eric Brissaud (Christoph Eschenbach), Malcom Yawn (Tzimon Barto), Leonie von Kleist (Heidenreich), Andrea Huber (Buchenried), Ralf Dombrowski (Buchenried), Mareike Foecking (HAUSCHK A), privat (Aselmeyer, Lisboa) Sonderkonzert Dienstag, 28.04.2015, 20 Uhr Philharmonie im Gasteig Martin Grubinger Percussion Eivind Gullberg Jensen Dirigent Mikhail Glinka Ouvertüre zu „Ruslan und Ljudmila“ Bruno Hartl Konzert für Schlagwerk und Orchester op. 23 Modest Mussorgskij „Bilder einer Ausstellung“ (Instrumentierung: Maurice Ravel) Weiterer Termin: Mittwoch, 29.04.2015, 20 Uhr Karten € 61 / 51,50 / 45 / 36,90 / 31,20 / 18,10 / 12,30 Informationen und Karten über München Ticket KlassikLine 089 / 54 81 81 400 und unter mphil.de 117. Spielzeit seit der Gründung 1893 Valery Gergiev, Chefdirigent (ab 2015/2016) Paul Müller, Intendant