Fachwissenschaftliche Grundlagen Vorlesung im Wintersemester 2011/2012, Universität Landau Roland Gunesch 6. Vorlesung Roland Gunesch (Mathematik) Fachwissenschaftliche Grundlagen 6. Vorlesung 1 / 36 Themen heute Sätze über injektive, surjektive, bijektive Abbildungen Umkehrabbildung Verkettung Bijektionen unendlicher Mengen Roland Gunesch (Mathematik) Fachwissenschaftliche Grundlagen 6. Vorlesung 2 / 36 Wiederholung: Abbildung Denition Eine Abbildung ist ein Tripel f = ( A, B , G ) von Mengen, wobei die Menge G erstens Teilmenge von A × B ist, d.h. G ⊆ A × B, und so dass G die folgende Eigenschaft hat: ∀x ∈ A ∃! Hierbei heiÿt A y ∈ B : (x , y ) ∈ G . Denitionsmenge, und B heiÿt Zielmenge. Denition Diese Menge G heiÿt der Graph(f ) = {(x , f (x )) | Roland Gunesch (Mathematik) x Graph von f . Es gilt: ∈ A}. Fachwissenschaftliche Grundlagen 6. Vorlesung 3 / 36 Wiederholung: Wertemenge, Bildmenge Denition Wenn f :A→B eine Abbildung (Funktion) ist, dann heiÿt die Menge f (A) die := {f (x ) | x ∈ A} Wertemenge oder die Bildmenge oder das Bild von f . Wir schreiben statt f (A) auch Bild(f Es gilt immer f (A) ⊆ B, Roland Gunesch (Mathematik) ) := f (A). aber nicht immer f (A) = B. Fachwissenschaftliche Grundlagen 6. Vorlesung 4 / 36 Wiederholung: Bild und Urbild von allgemeinen Teilmengen Wenn M ⊆A ist, dann ist das Bild der Teilmenge M gegeben durch f (M ) := {f (x ) | x ∈ M } = {y ∈ B | ∃x ∈ M : = y }. f (x ) Denition Wenn N ⊆B ist, dann denieren wir as f −1 Urbild der Menge N (N ) = {x ∈ A | ∃y ∈ N : f (x ) unter f durch = y }. Dazu muss f nicht invertierbar (Denition folgt heute) sein. Roland Gunesch (Mathematik) Fachwissenschaftliche Grundlagen 6. Vorlesung 5 / 36 Wiederholung: Injektiv Denition Sei f :A→B f heiÿt eine Abbildung. injektiv, wenn gilt: Jedes Element y ∈ B wird höchstens einmal von f getroen. Also: f (x ) = f (x̃ ) =⇒ x = x̃ . Äquivalent: x 6= x̃ =⇒ f (x ) 6= f (x̃ ). Es muss aber nicht jedes Element aus B getroen werden. Roland Gunesch (Mathematik) Fachwissenschaftliche Grundlagen 6. Vorlesung 6 / 36 Wiederholung: Surjektiv Denition Sei f :A→B f heiÿt eine Abbildung. surjektiv, wenn gilt: Jedes Element y ∈ B wird mindestens einmal von f getroen. Also: ∀y ∈ B ∃x ∈ A : f (x ) = y. Es muss aber nicht jedes Element aus B nur einmal getroen werden. Es ist erlaubt, dass manche Elemente mehrmals getroen werden. Roland Gunesch (Mathematik) Fachwissenschaftliche Grundlagen 6. Vorlesung 7 / 36 Wiederholung: Bijektiv Denition Sei f :A→B f heiÿt eine Abbildung. bijektiv, wenn gilt: f Dann gilt: Jedes Element y ist injektiv und f ist surjektiv. ∈B wird genau einmal von f getroen. Also: ∀y ∈ B ∃!x ∈ A : f (x ) = y. Für bijektive Abbildung sagen wir auch kurz Roland Gunesch (Mathematik) Bijektion. Fachwissenschaftliche Grundlagen 6. Vorlesung 8 / 36 Umkehrabbildung Wenn die Abbildung f :A→B bijektiv ist, dann denieren wir die Abbildung f (genannt −1 :B →A Umkehrabbildung) durch f −1 B →A f (x ) 7→ x . : Diese Vorschrift macht bei bijektiven Abbildungen Sinn und gibt dann wieder eine Abbildung. Deswegen: Für bijektiv können wir auch sagen . umkehrbar oder invertierbar Aber Vorsicht: es gibt mehrere Arten von Umkehrbarkeit. Roland Gunesch (Mathematik) Fachwissenschaftliche Grundlagen 6. Vorlesung 9 / 36 Umkehrabbilung (Beispiel) Beispiele: Die Abbildung f : {1, 2, 3} → {6, 7, 8} 1 7→ 6 2 7→ 7 3 7→ 8 ist bijektiv. Sie hat die Umkehrabbildung f Roland Gunesch (Mathematik) −1 : {6, 7, 8} → {1, 2, 3} 6 7→ 1 7 7→ 2 8 7→ 3. Fachwissenschaftliche Grundlagen 6. Vorlesung 10 / 36 Identität als Abbildung; Umkehrung davon Sei A eine beliebige Menge. Die Identitätsabbildung auf der Menge A ist gegeben durch idA : A → A, x 7→ x . Die Identitätsabbildung ist bijektiv. Sie hat die Umkehrabbildung −1 idA Roland Gunesch (Mathematik) = idA . Fachwissenschaftliche Grundlagen 6. Vorlesung 11 / 36 Zwei Bedeutungen von f −1 −1 ist nicht dasselbe wie das Urbild −1 (N ) mit N ⊆ B . (Mengenabbildung), also mit f −1 bedeutet also zwei verschiedene Dinge. Die Schreibweise f Die Umkehrabbildung f Das Urbild hat als Argument eine Menge von Punkten. Die Umkehrabbildung hat als Argument einen einzelnen Punkt. Was passiert jetzt, wenn wir in die Umkehrabbildung f −1 eine Menge einsetzen? Kommt dann etwas verschiedenes heraus als beim Urbild (welches ja auch f −1 heiÿt)? Es gilt zum Glück: Das Bild von N ⊆B unter der Umkehrabbildung f −1 ist −1 . Es kommt also genau das Urbild von N unter der Mengenabbildung f dasselbe heraus. Roland Gunesch (Mathematik) Fachwissenschaftliche Grundlagen 6. Vorlesung 12 / 36 Verkettung von Abbildungen Denition Wenn f :A→B denieren wir die eine Abbildung ist und g Verkettung von f g :B →C eine Abbildung, dann und g durch ◦f : A → C, (g ◦ f )(x ) := g (f (x )). Aussprache: g nach f. Zuerst wird f angewendet, dann g . Ausgewertet wird also von rechts nach links. Die Reihenfolge ist wichtig. Roland Gunesch (Mathematik) Fachwissenschaftliche Grundlagen 6. Vorlesung 13 / 36 Verkettung ist nicht kommutativ (Beispiel) Beispiel: f : Z → Z, x 7→x + 1 g : Z → Z, x 7→ x 2 . ◦ f : Z → Z gegeben durch x 7→ (x + 1)2 . 2 Dagegen wäre f ◦ g : Z → Z gegeben durch x 7→ x + 1. dasselbe (z.B. für x = 1). Dann ist g Dies ist nicht Es gilt also kein Kommutativgesetz. Roland Gunesch (Mathematik) Fachwissenschaftliche Grundlagen 6. Vorlesung 14 / 36 Verkettung ist assoziativ Für mehrfache Verkettungen gilt das Assoziativgesetz: Satz Seien f : A → B, g :B →C und h h ◦ (g :C →D Abbildungen. Dann gilt: ◦ f ) = (h ◦ g ) ◦ f . Beweis. Für jedes x ∈A gilt (h ◦ (g ◦ f )) (x ) = h ((g ◦ f ) (x )) =h (g (f (x ))) = (h ◦ g ) (f (x )) = ((h ◦ g ) ◦ f ) (x ). Roland Gunesch (Mathematik) Fachwissenschaftliche Grundlagen 6. Vorlesung 15 / 36 Verkettung mit sich selbst, beliebig oft Wenn f :A→A eine Abbildung ist mit gleicher Denitionsmenge und Zielmenge, dann darf f beliebig oft mit sich selbst verkettet werden. D.h. die Ausdrücke f f f f ◦f ◦f ◦f ◦f ◦f ◦f ... sind alle sinnvoll deniert. Wegen dem Assoziativgesetz müssen hier keine Klammern geschrieben werden. Roland Gunesch (Mathematik) Fachwissenschaftliche Grundlagen 6. Vorlesung 16 / 36 Sätze über Verkettung, Injektivität, Surjektivität, Bijektivität Satz Für alle Abbildungen f :A→B und g :B →C ◦f gilt: Wenn f und g injektiv sind, dann ist auch g injektiv. Beweis. Für beliebige x , x̃ ∈A gilt: Aus (g ◦ f )(x ) = (g ◦ f ) (x̃ ) g (f (x )) folgt = g (f (x̃ )). Wegen der Injektivität von g folgt daraus f (x ) = f (x̃ ). Wegen der Injektivität von f folgt daraus x Roland Gunesch (Mathematik) = x̃ . Fachwissenschaftliche Grundlagen 6. Vorlesung 17 / 36 Sätze über Verkettung, Injektivität, Surjektivität, Bijektivität Satz Für alle Abbildungen f :A→B und g Wenn f und g surjektiv sind, dann ist : B → C gilt: auch g ◦ f surjektiv. Beweis. ∈ C gibt es y ∈ B mit g (y ) = z . ∈ A mit f (x ) = y . ein x ∈ A mit g ist surjektiv, also gilt: Für jedes z f ist surjektiv, also gilt: Es gibt ein x Deswegen gibt es zu jedem z ∈C (g ◦ f )(x ) = g (f (x )) = z . Roland Gunesch (Mathematik) Fachwissenschaftliche Grundlagen 6. Vorlesung 18 / 36 Sätze über Verkettung und Injektivität, Surjektivität und Bijektivität Satz Für alle Abbildungen f :A→B :B →C auch g ◦ f und g Wenn f und g bijektiv sind, dann ist gilt: bijektiv. Beweis. Dies folgt aus den vorigen beiden Sätzen. Roland Gunesch (Mathematik) Fachwissenschaftliche Grundlagen 6. Vorlesung 19 / 36 Sätze über Verkettung, Injektivität, Surjektivität, Bijektivität Satz Für alle Abbildungen f Wenn g ◦f :A→B und g :B →C gilt: injektiv ist, dann ist auch f injektiv. Beweis. Wenn f (x ) = f (x̃ ) gilt, dann gilt auch g (f (x )) (g ◦ f )(x ) = (g ◦ f )(x̃ ). Injektivität von g ◦ f folgt daraus = g (f (x̃ )). Das ist dasselbe wie Wegen der x = x̃ . Also ist f injektiv. Roland Gunesch (Mathematik) Fachwissenschaftliche Grundlagen 6. Vorlesung 20 / 36 Sätze über Verkettung, Injektivität, Surjektivität, Bijektivität Satz Für alle Abbildungen f Wenn g :A→B und g :B →C gilt: ◦f surjektiv ist, dann ist auch g surjektiv. ◦f surjektiv ist, dann gibt es für alle z Beweis. Wenn g z Also gibt es ein y ∈B Roland Gunesch (Mathematik) ∈C ein x ∈A mit = (g ◦ f )(x ) = g (f (x )). mit g (y ) = z, nämlich y = f (x ). Fachwissenschaftliche Grundlagen 6. Vorlesung 21 / 36 Sätze über Verkettung und Injektivität, Surjektivität, Bijektivität Satz Für alle Abbildungen f Wenn g ◦f :A→B und g :B →C gilt: bijektiv ist, dann ist f injektiv und g surjektiv. Beweis. Dies folgt aus den letzten beiden Sätzen. Roland Gunesch (Mathematik) Fachwissenschaftliche Grundlagen 6. Vorlesung 22 / 36 Paarweise Zuordnung, präzise deniert Mit Abbildungen können wir unsere Idee der paarweisen Zuordnung präzise denieren: Denition Die beiden Mengen A und B heiÿen bijektive Abbildung f :A→B In diesem Fall heiÿt f eine und B . Wir sagen auch, f ist eine gibt. paarweise Zuordnung zwischen den Mengen A Bijektion zwischen den Mengen A und B . Es genügt auch, dass es eine Bijektion zwischen den Mengen B gibt, d.h. eine bijektive Abbildung g wenn es eine Bijektion f paarweise zuordenbar, wenn es eine :A→B : B → A. und A So ein g gibt es genau dann, gibt. Wenn es eine Bijektion f zwischen den Mengen A und B gibt und eine Bijektion g zwischen B und C, dann gibt es auch eine Bijektion zwischen A und C , nämlich g ◦f : A → C. Roland Gunesch (Mathematik) Fachwissenschaftliche Grundlagen 6. Vorlesung 23 / 36 Beispiele (Bijektion, paarweise Zuordnung) mit unendlichen Mengen Beispiele: Satz Die Mengen N0 und N sind paarweise zuordenbar mit der Bijektion f : N0 → N, x 7→ x + 1. Beweis. f ist injektiv: Wenn f (x ) und daraus folgt x = f (x̃ ), f ist surjektiv: Für jedes y so dass gilt: f (x ) dann gilt x + 1 = x̃ + 1, = x̃ . ∈N gibt es ein x ∈ N0 , nämlich x = y − 1, = y. Roland Gunesch (Mathematik) Fachwissenschaftliche Grundlagen 6. Vorlesung 24 / 36 Bijektion mit unendlichen Mengen Satz Die Mengen Z und N sind paarweise zuordenbar mit der Bijektion f :N→Z 1 7→ 0 2 7→ 1 3 7→ −1 4 7→ 2 5 7→ −2 6 7→ 3 7 7→ −3 ... wobei auf der linken Seite die Elemente von rechten Seite die Elemente von Z N aufgelistet sind und auf der aufgelistet sind. Bijektion mit unendlichen Mengen Beweis. f ist injektiv: Auf der rechten Seite steht jedes Element von Z (höchstens) einmal, kann also höchstens einmal getroen werden. f ist surjektiv: Auf der rechten Seite steht jedes Element von Z (mindestens) einmal, wird also (mindestens) einmal getroen. Denition Wenn die Menge M komplett aufgelistet werden kann (wie vorhin die Menge Z), und die Menge M unendlich viele Elemente enthält, dann gibt es eine Bijektion f :N→M und eine Bijektion g ist.) In dem Fall heiÿt die Menge M Roland Gunesch (Mathematik) : M → N. (Wobei g = f −1 abzählbar. Fachwissenschaftliche Grundlagen 6. Vorlesung 26 / 36 Cantors Diagonalverfahren Als nächstes zeigen wir den wichtigen Satz: Satz Die Mengen Q+ := {x ∈ Q | x > 0} und N sind bijektiv aufeinander abbildbar. Sowie den Satz: Satz Die Mengen Q und N sind bijektiv aufeinander abbildbar. Wir zeigen zuerst den (ähnlichen) Satz: Satz Die Mengen namens N×N und N sind paarweise zuordenbar mit einer Methode Cantors Diagonalverfahren. Roland Gunesch (Mathematik) Fachwissenschaftliche Grundlagen 6. Vorlesung 27 / 36 Cantors Diagonalverfahren Satz Die Mengen namens N×N Zum Beweis: 1 und N sind paarweise zuordenbar mit einer Methode Cantors Diagonalverfahren. N×N ist die Menge {(x , y ) | x ∈ N ∧ y ∈ N}. Bilde eine Tabelle, in beide Richtungen (x und y ) unendlich ausgedehnt. 2 Schreibe in x -Richtung für jedes n ∈N die Zahl n als Überschrift über die n-te Spalte. 3 Schreibe in y -Richtung für jedes m ∈N die Zahl m als Überschrift über die m-te Zeile. 4 Schreibe das Element (x , y ) an die Position (x , y ) in der Tabelle (also x -te Spalte und y -te Zeile). Das war noch nicht das Verfahren, das war die Tabelle, mit der das Verfahren funktioniert. Es geht so: Roland Gunesch (Mathematik) Fachwissenschaftliche Grundlagen 6. Vorlesung 28 / 36 Cantors Diagonalverfahren 1 2 Die Tabellenposition ganz links oben bekommt die Zahl 1 zugeordnet. Die Positionen (1, 2) und (2, 1) (welche eine kurze Diagonale der Länge 2 bilden) bekommen die Zahlen 2 und 3 zugeordnet. 3 Die Positionen (1,3), (2,2) und (3,1) (welche eine kurze Diagonale der Länge 3 bilden) bekommen die nächsten 3 ganzen Zahlen (hier also 4,5,6) zugeordnet. 4 Die Positionen (1,4), bis (4,1) (welche eine kurze Diagonale der Länge 4 bilden) bekommen die nächsten 4 ganzen Zahlen zugeordnet. 5 usw. Auf diese Weise wird jede Tabellenposition erreicht. Wir haben damit eine Abbildung f : N×N → N konstruiert. Die Abbildung f ist surjektiv: Nach Konstruktion. Die Abbildung f ist injektiv: Auch nach Konstruktion. Also ist sie bijektiv. Rationale Zahlen sind abzählbar Die Mengen Q+ := {x ∈ Q | x Cantors Diagonalverfahren: > 0} und N sind paarweise zuordenbar mit Beweis wie eben, wobei wir in jedem Schritt alle Brüche überspringen, die wir schon einmal erreicht hatten. Die Mengen Q und N sind ebenfalls paarweise zuordenbar mit Cantors Diagonalverfahren. Wir können also auch die rationalen Zahlen ≤0 dazunehmen. Die Mengen R und N sind nicht paarweise zuordenbar. Dies werden wir als nächstes beweisen. Roland Gunesch (Mathematik) Fachwissenschaftliche Grundlagen 6. Vorlesung 30 / 36 Dezimalschreibweise Zunächst müssen wir die reellen Zahlen besser verstehen. Es ist möglich, eine exakte Denition von R zu geben; das wird z.B. in Analysis getan. Hier beschäftigen wir uns mit etwas leichterem: der Frage, wann zwei reelle Zahlen, deren Dezimalschreibweise wir kennen, gleich sind. Dezimalschreibweise: π = 3, 1415 . . . 10 10 + 1 2 = 10000000000, 5 wobei hier ein Punkt zwischen Vor- und Nachkommateil verwendet wird. Es gibt 3 verbreitete Schreibweisen für Zahlen wie diese: international übliche (modernste): 10,000,000,000.5 ; 10 000 000 000.5 deutsche traditionelle: 10.000.000.000,5 deutsche modernere: 10'000'000'000,5 Leider sind diese Schreibweisen inkompatibel. (Was heiÿt 1.234 ? Was heiÿt 1,234 ?) Alle sind möglich, aber wir müssen uns auf eine festlegen. In dieser Vorlesung verwenden wir die deutsche modernere. Roland Gunesch (Mathematik) Fachwissenschaftliche Grundlagen 6. Vorlesung 31 / 36 Dezimalschreibweise von reellen Zahlen Simple Frage: Sind die beiden Zahlen a = 2, 7136 b = 2, 7203 gleich oder verschieden? Antwort: Natürlich verschieden. Die zweite Nachkommastelle ist verschieden, und die Dierenz ist Roland Gunesch (Mathematik) > 67 1 1000 . (Nämlich 10000 .) Fachwissenschaftliche Grundlagen 6. Vorlesung 32 / 36 Dezimalschreibweise von reellen Zahlen Knobelaufgabe: Sind die Zahlen a b = 0, 9999999 . . . = 1 = 1, 000000 . . . gleich oder verschieden? Wenn verschieden, wie groÿ ist die Dierenz? Antwort: Gleich. Denn 10a 9a = 9, 999999 . . . = 10a − a = 9, 9999 · · · − 0, 9999 · · · = 9 =⇒ Die Dierenz ist 0. Denn: Die Dierenz ist kleiner als Sogar kleiner als a = 1. 1 10 . 1 1 100 . Sogar kleiner als 1000 , usw. Deswegen ist die Dierenz gleich Null. (Das benutzt eine Eigenschaft der reellen Zahlen.) Roland Gunesch (Mathematik) Fachwissenschaftliche Grundlagen 6. Vorlesung 33 / 36 Dezimalschreibweise von reellen Zahlen Aus diesem Grund gilt folgende Vereinbarung: Wenn wir reelle Zahlen schreiben, dann verwenden wir nie die Schreibweise, wo irgendwann nur noch 9en kommen, sondern (sofern nötig) nur die Schreibweise mit 0en. Es gilt: Die Zahlen, die Vorkomma-Anteil 0 haben, sind genau das Intervall [0, 1[= {x ∈ R | Roland Gunesch (Mathematik) x ≥ 0 ∧ x < 1} ⊆ R. Fachwissenschaftliche Grundlagen 6. Vorlesung 34 / 36 Die reellen Zahlen sind nicht abzählbar Satz Es gibt keine surjektive Abbildung N → R. D.h.: Die reellen Zahlen lassen sich nicht abzählen. Beweis. Wir zeigen noch mehr: Schon das Intervall [0, 1[= {x ∈ R | x ≥ 0 ∧ x < 1} ⊆ R läÿt sich nicht abzählen. Annahme: es gebe eine surjektive Abbildung f : N → [0, 1[. Wir schreiben alle Werte in Dezimalschreibweise: Roland Gunesch (Mathematik) f (1) = 0, x11 x12 x13 . . . f (2) = 0, x21 x22 x23 . . . ... Fachwissenschaftliche Grundlagen 6. Vorlesung 35 / 36 Die reellen Zahlen sind nicht abzählbar Beweis. (Fortsetzung) Betrachte die Zahl r := 0, r1 r2 r3 · · · ∈ [0, 1[ die gegeben ist durch die Ziern ( ri := xii +1 0 Ist r eine Zahl aus der Liste? Gilt r Antwort: Nein, denn für jedes i ∈N für xii für 6= 9 xii = 9. ∈ Bild(f )? ist r von f (i ) verschieden (nämlich in der i -ten Zier). Die reellen Zahlen sind also wirklich mächtiger als die natürlichen Zahlen. Roland Gunesch (Mathematik) Fachwissenschaftliche Grundlagen 6. Vorlesung 36 / 36 Roland Gunesch (Mathematik) Fachwissenschaftliche Grundlagen 6. Vorlesung 36 / 36